SGA/ALEXA: Ghosts of the Past

Ghosts of the Past Cover Gut!

 

Ghosts of the Past

Serie: Stargate Atlantis – Alexa Saga
Series Order: 12
Characters: Sheppard, McKay, Teyla, Ronon, Woolsey, Keller, Lorne, OC, diverse andere Bekannte des SG(A)-Verse
Genre:OC, ein bisschen AU, Adventure, Friendship, Action
Rating: R-16
Wortanzahl: ca. 80.400 Worte

Kurzinhalt: Alexa und ihr Vater, der General, wollen ihrer alten Akademie einen Besuch abstatten und Erinnerungen wachrufen. Dabei wundert John sich noch immer über das Verhalten von Alexa. Seit sie an Weihnachten in ihm hatte lesen können, und seine Gefühle für sie erkannte, tut sie offenbar alles, um ihn auf Abstand zu halten und weist ihn sogar teilweise ab. Dennoch begleitet er Alexa und ihren Vater zu den alten Beinahe Ruinen und macht dort hochinteressante Entdeckungen. Doch durch diese, erscheint es John, als sei Alexa nun endgültig für ihn verloren…

 

~~~///~~~

Schon seit Stunden saßen Richard und Tristanius zusammen, um die letzten Pläne und Regelungen für das geteilte Kommando durchzugehen. Es war eine Art Gemeinschaftsidee, die man gegen Ende des ersten Besuchs der Antiker auf der Erde entwickelt hatte und von allen positiv aufgenommen wurde. Ganz besonders von Tristanius, denn er sollte schließlich wieder zu seinem Kommando zurückkehren. Auch wenn es zu Anfang eher einer Probezeit glich und nun auch einiges anders laufen würde, als er es von früher kannte und handhabte, so freute er sich sehr darauf. Mit den meisten Neuerungen und Regelungen schien er auch einverstanden zu sein und das Übrige akzeptierte er zähneknirschend. Aber auch einige seiner Vorschläge wurden gerne angenommen und umgesetzt oder befanden sich noch in der Verhandlung- oder Planungsphase.

Am meisten beschäftigte ihn jedoch das seiner Meinung etwas zu lockere militärische Protokoll. Doch wenn er recht überlegte, war es Sheppards Angelegenheit. Er wurde in alle wichtigen Entscheidungen und Entwicklungen bezüglich der Stadt und nun auch der gesamten Expedition eingeweiht und man räumte ihm gegenüber den Expeditionsmitgliedern auch ein gewisses Entscheidungsrecht und Befehlsgewalt ein, doch Sheppard war und würde weiterhin der Militärkommandant bleiben. Tristanius hatte da als General des lantianischen Militärs kaum großen Handlungsspielraum. Sein Kommando war ab nun eher ziviler Natur. Wie das von Richard Woolsey.

Nur was er mit seiner Tochter machen sollte, wusste er noch immer nicht so recht. Alexa hatte einst denselben Posten wie Sheppard inne. Er wusste, sie würde ihre Arbeit ohne große Probleme verrichten und würde auch mit Sheppard gut zusammenarbeiten können. Doch es würde auch bedeuten, sie raus auf Missionen zu schicken und einer Gefahr auszusetzen, die man noch nicht einmal in Worte fassen konnte.

Er bedauerte, dass es seiner Tochter nicht gut ging. Er sah, wie sie mit ihren Erinnerungen kämpfte, mit denen die zurückkehrten und sogar mit denen, die ihr fehlten. Er sah, wie sie immer wieder von diesen Schmerzen gepackt wurde und wie sie noch immer um den Menschen trauerte, den sie einst geliebt hatte. Er sah sogar ihre Sorge und ihre unsägliche Furcht vor dem, den sie wohl den unheimlichen Fremden nannten, wenn sie ihn nicht in der Nähe glaubten. Es tat ihm richtig weh, sie so leiden zu sehen und er wusste, dass er diese Leiden beenden konnte. Er musste es tun und doch … Manchmal verstand er selbst nicht, warum er schwieg. Und das schmerzte ihn noch mehr.

Er wusste, dass er und seine Familie einen gewissen Wert und Vorteil für die Menschen der Erde hatten, er wusste, sie waren wichtig und sie würden wohl einiges tun, um ihn und seine Familie zu unterstützen und sogar zu beschützen. Aber mit Wehmut erinnerte er sich daran, dass er schon immer Schwierigkeiten mit dem Vertrauen hatte. Tief in seinem Inneren wusste er jedoch, dass er den Menschen hier in der Stadt und auf der Erde vertrauen konnte, sein Blut sprach geradezu zu ihm und versicherte ihm, dass seine Entscheidung, seine Tochter unter den Schutz von John Sheppard zu stellen, richtig und notwendig war. Trotzdem zögerte er, die ganze Wahrheit zu offenbaren.

Seine Gedanken rasten und wurden abrupt unterbrochen, als gerade John Sheppard das Büro betrat. Er setzte ein kurzes begrüßendes Lächeln auf, bevor er sich lässig in den letzten freien Sessel niederließ und von Richard in ein kurzes Gespräch verwickelt wurde.

„Colonel, wir besprechen gerade die letzten Schliffe des zu teilenden Kommandos. Haben Sie schon Ihren Leuten Bescheid gegeben?“

„Mein Team, Lorne und dessen Jungs wissen Bescheid. Der Rest wird ´ne Email von mir kriegen“, erwiderte John und überreichte Richard den kleinen Tablett-PC, auf dem er ein kurzes Rundschreiben verfasst hatte.

Richard beäugte und begutachtete das kurze Schreiben, nickte zufrieden und reichte das Tableau an Tristanius weiter, der ebenfalls seinen prüfenden Blick darüber schweifen ließ. Doch letztendlich schien auch er zufrieden und gab es einverstanden nickend an John zurück.

Mittlerweile war Sheppard es gewohnt, dass Woolsey für alles und jedes einen Bericht oder eine Kopie haben wollte. Er fand es diesmal nur etwas übertrieben, dass man vorab einen Blick über die Info-Rundmail werfen wollte, die jeden darüber in Kenntnis setzen sollte, dass der antikische General sehr bald auch Befehle erteilen konnte. Zumal Woolsey selbst ebenfalls eine Infomail in Umlauf bringen würde. Andererseits war da auch ein kleiner Funke in ihm, der ihm Verständnis mitteilen sollte. Richard war nun mal ein Bürokrat.

„Im Übrigen sind der General und ich gerade am diskutieren, wer sein Assistent werden sollte. Ich habe Amelia an meiner Seite und der General spielt mit dem Gedanken, Chad an Bord zu holen. Ach Chad!“, rief Richard zum Kontrollraum hinaus.

John ahnte bereits, was nun geschehen würde und verzog amüsiert das Gesicht. Um aber auch nicht gesehen zu werden, verbarg er es hinter seiner Hand und machte sich darauf gefasst, was nun käme, denn er konnte sich denken, dass der arme Chuck allmählich genug hatte, dass man ihn ständig für einen `Chad´ hielt. Tristanius flüsternde Stimme ließ ihn wieder kurz aufsehen.

„Aber er heißt doch Chuck.“

„Mhm“, war alles, was John entgegnen konnte und verbarg sein Grinsen wieder hinter seiner Hand, auf die er sich stützte, als er sah, welche Reaktion auf Woolsey zukam.

Mit schnellen sicheren Schritten betrat `Chad´ das Büro und blieb wie angewurzelt vor Richards Schreibtisch stehen. Erst jetzt hob dieser den Kopf und blickte sogleich auf einen weißen Zettel, der dem armen Mann auf der Stirn klebte und auf dem mit einem tiefen rot nur allzu deutlich `Chuck´ geschrieben stand.

„Was zum … “

„Sir, bei allem Respekt. Aber wenn das die einzige Möglichkeit ist, von nun an nicht mehr Chad genannt zu werden, bleibt mir wohl keine andere Wahl, als für den Rest meines Lebens so herumzulaufen“, gab Chuck beinahe verzweifelt von sich und John musste sich noch stärker auf die Zunge beißen.

Doch als er sah, dass es auch den General zu amüsieren schien, konnte er nicht mehr an sich halten und ihm entwich ein leichtes prusten. Richard schielte ertappt und betroffen zu den beiden in den Sesseln und atmete tief durch.

„Chuck … es tut mir wirklich, wirklich aufrichtig leid. Ich kann mir einfach nicht erklären, warum ich Sie immer mit diesem Namen bedenke. Ich … ich verspreche, es wird nicht mehr vorkommen.“

„Tut mir leid, Sir, aber das bleibt abzuwarten“, erwiderte Chuck zweifelnd und dachte gar nicht daran, den Zettel wieder abzunehmen.

„Und jetzt wollen Sie wirklich die ganze Zeit mit diesem Zettel auf der Stirn rumlaufen? Ich könnte es noch verstehen, wenn Sie sich einen Anstecker an die Jacke heften, aber das …“, meinte Richard und sah noch immer bestürzt zu dem jungen Mann.

„Bei allem Verständnis für Ihren Missmut, aber als mein Assistent und gewissermaßen auch als mein Adjutant ist eine solche Zur Schau Stellung nicht gerade angebracht“, erklärte Tristanius und versuchte dabei so ernst wie möglich zu bleiben, was ihm jedoch schwer fiel.

„Ich weiß, Sir, nur … Adjutant?“, kam es verständnislos von Chuck.

„Nun, Sie wissen doch, dass Mister Woolsey und ich uns demnächst das Kommando über die Stadt und die Expedition teilen werden. Und da Mister Woolsey bereits Amelia Banks an seiner Seite weiß, wäre es nur recht, wenn ich auch einen fleißigen, aufmerksamen und vertrauenswürdigen Assistenten an meiner Seite habe“, erläuterte Tristanius weiter und schien erfreut, als sich bereits ein zaghaftes Lächeln um Chucks Mund bildete.

„Im Ernst? I- ich meine-„

„Es ist mir ernst. Mister Woolsey und ich haben bereits darüber gesprochen und ich habe dabei gleich an Sie gedacht. Sie machen mir einen vernünftigen, sehr Intelligenten, umsichtigen und vertrauenswürdigen Eindruck. Genau das, was ich von einem Adjutanten erwarte.“

„Das … das … ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

„Sagen Sie nur, dass Sie den Posten annehmen. Über die restlichen Tätigkeiten, das wie, wann und wo, das auf Sie zukommt, können wir ein andermal sprechen. Es gibt da schon das eine der andere, dass ich gerne beibehalten würde und ich Ihnen erst erklären muss, aber es ist mit Sicherheit nichts, das gegen die neuen Regeln und Prozeduren verstößt oder nicht machbar wäre. Abgesehen davon, werden Sie und Amelia Banks auch weiterhin gut zusammenarbeiten können“, erklärte Tristanius weiter, worauf sich auch Chucks Grinsen verbreiterte.

„Klar nehme ich an!“, war alles, was der junge Mann hervorbringen konnte.

Freudestrahlend bedankte er sich bei dem General und auch bei Woolsey, verabschiedete sich bei den Anwesenden und wollte schon das Büro verlassen, als er just im Türrahmen auf Alexa traf. Diese blickte ihn stirnrunzelnd an und blinzelte einige Male bedeutungsvoll.

„Ist das ein weiteres Spiel von der Erde? `Wer bin ich?´“, fragte sie und starte weiterhin auf den Zettel, der Chuck noch immer auf der Stirn klebte.

„Hm? Oh! Das … das war nur als … äh-“

„Verstehe schon. Eine Erinnerungsstütze“, schlussfolgerte Alexa und nickte, während Chuck den Zettel nun endlich abnahm. „Die werden Sie bei meinem Vater aber nicht brauchen.“

„Nein, natürlich nicht, nur … Sie wissen es? Sie … Sie wissen schon, dass er-“

Alexa lächelte nur und freute sich für und mit dem jungen Techniker, der bald eine weitere neue Aufgabe übernehmen würde.

„Störe ich?“, fragte Alexa schließlich, als beide ihren Weg fortsetzen wollten.

„Nein, natürlich nicht“, antworteten Richard und Tristanius unisono und schossen geradezu aus ihren Sitzplätzen.

Auch John erhob sich ebenfalls und schien zunächst verlegen, als er seinen unsicheren Blick über die junge Antikerin schweifen ließ, die sich jedoch nicht zu trauen schien, ihn anzusehen. Seit dem Ausflug zum Festland vergangene Weihnacht und dem Zwischenfall im Schnee, als sie in ihm gelesen hatte, ging sie ihm aus dem Weg und mied ihn, wo es nur ging. Und es waren noch nicht einmal ganz zwei Wochen her. John hatte immer wieder versucht an sie heran zu kommen, mit ihr zu sprechen, sich zu erklären, doch Alexa hielt ihn auf Abstand. Sie versteckte sich regelrecht und manchmal wies sie ihn sogar ab. Es wurmte John und er spürte, wie sich allmählich Verzweiflung in ihm auftun wollte, denn er musste mit ihr sprechen und die Dinge klarstellen.

Er hatte nicht gewollt, dass sie all das in ihm lesen konnte und dass sie sich so darüber erschreckte. Mittlerweile wünschte er sich schon beinahe, dass sie es vielleicht niemals hätte erfahren sollen. Er hätte mit diesem Emotionen vielleicht bis ans Ende seines Lebens leben können, wenn sie ihn jedoch nur nicht meiden würde. Aber nun … nun hatte sein Vater ihn nach dem Ausflug zum verschneiten Festland in ein Gespräch verwickelt und ihn mit seinen Fragen vor vollendete Tatsachen gestellt. Dadurch wurde er sich über etwas bewusst, das so tief in ihm verborgen lag und nun wie ein unkontrollierbares und beinahe alles verzehrendes Feuer in ihm brannte. Er empfand etwas für Alexa. Er hatte Gefühle für sie, die weit über Freundschaft und Kollegialität hinaus gingen. Er liebte sie.

John rief sich wieder zur Ordnung, verdrängte seine Gedanken und drängte auch seine Gefühle zurück. Ganz tief in sein Innerstes, wo Alexa sie hoffentlich niemals wieder finden würde. Doch das war schwer, denn Alexa beherrschte ihre empathischen Fähigkeiten von Tag zu Tag besser.

„Äh Chuck!“, rief Tristanius den Techniker zurück, der auch prompt wieder erschien.

„Ein Befehl vorab. Wohl der wichtigste überhaupt. Wenn ich Ihnen einmal sagen sollte, dass ich durch nichts und niemanden gestört werden möchte, dann gilt das selbstverständlich nicht für meine Familie. Nur dass Sie das schon einmal wissen.“

„Ja, Sir. Geht klar“, erwiderte der Techniker und verschwand wieder, als man ihn nickend entließ.

„Ist etwas geschehen? Kann ich etwas für dich tun?“, fragte Tristanius, als er seine Hand nach Alexa ausstreckte und sie etwas näher zu sich zog.

Er setzte sich wieder, als seine Tochter den angebotenen Sitzplatz ablehnte und sich stattdessen auf der Armlehne seines Sessels niederließ.

„Ich wollte dich etwas fragen. Ich … habe eine Bitte.“

„Was denn, Kleines? Raus damit.“

„Ich würde gerne nach M4S-879 reisen …“, erklärte Alexa und sah, wie Tristanius überrascht zu ihr aufsah.

Angestrengt überlegten John und Richard. M4S-879 war schon einmal in einem Gespräch gefallen, aber nun wollte sich kein Geistesblitz rühren und ihnen verraten, was es mit diesem Planeten auf sich hatte und warum Alexa dort hin wollte. Der Ausdruck auf Tristanius Gesicht aber verriet ihnen, dass auch er mehr wissen musste.

„… ich möchte es sehen, Pa. Ich würde gerne sehen, ob … ob noch etwas übrig ist. Ich will sehen, ob die Akademie noch steht und mich vielleicht ein wenig umsehen. Vielleicht hilft es mir ja, wenn ich mich ein wenig umsehe und in Erinnerungen schwelge.“

Tristanius nickte langsam und atmete tief durch. Er zog die Lippen kraus und schien selbst noch angestrengt nachzudenken. Doch seine Miene wandelte sich von der leichten Härte in eine Weichheit, wie sie nur ein Vater zeigen konnte.

„Ich will ehrlich sein, Alexa. Es interessiert mich selbst, zu sehen, wie es nun dort aussieht. Aber es sind mehr als dreizehntausend Jahre vergangen. Das ist viel Zeit, Kleines, und ich befürchte, es wird von der Akademie wohl nicht mehr viel übrig sein.“

„Ich weiß. Aber … ich hatte letzte Nacht einen Traum. Einen ziemlich merkwürdigen. Es war … es war, als sei ich wieder dort … damals … und ich habe mich dort selbst gesehen und … keine Ahnung. Wahrscheinlich hat es gar nichts zu bedeuten, aber trotzdem will ich so gerne dorthin.“

Wieder atmete Tristanius tief durch, überlegte und musterte seine Tochter aufmerksam. Richard musste schmunzeln, als er den bittenden Blick der jungen Frau sah. Offenbar wusste sie genau, wie sie ihren Vater um den Finger zu wickeln hatte und man konnte sehen, wie er schwach wurde.

„Na gut. Aber du wirst nicht alleine gehen. Ich werde dich begleiten. Nur für den Fall … na ja, dass du wieder so eine Attacke erleidest und … ich möchte einfach nicht, dass du alleine dorthin gehst. Außerdem möchte ich mich auch ein wenig dort umsehen.“

„Ich bin sicher, Colonel Sheppard wird Sie ebenfalls mit Freuden begleiten“, warf Richard ein und sah bedeutungsvoll zu John, der einverstanden nickte.

Auch wenn es ihm nicht so ganz behagte, so verstand er doch ihren Wunsch, die Vergangenheit zu erforschen und möglicherweise einige Erinnerungen wachzurufen. Abgesehen davon, war auch er selbst irgendwie neugierig, diese alte antikische Militärakademie zu besichtigen. Vorausgesetzt, es existierte noch etwas von ihr. Und dann war doch die Sache zwischen ihm und Alexa. Auf diese Art und Weise wäre es vielleicht schwierig für sie, ihm aus dem Weg zu gehen. Vielleicht könnte er sich ihr so nähern und endlich ein Gespräch mit ihr führen.

„Ja, mein Team, ich und eine Marine-Einheit“, gab John zurück, sah zu Alexa, die abermals seinem Blick auswich.

„Wann möchtest du dorthin reisen?“, fragte Tristanius weiter und ahnte die Antwort bereits.

„So schnell wie möglich. Am liebsten noch heute, aber-„

„Aber ich denke, Morgen wäre auch vertretbar, hm? Dann können Mister Woolsey und ich noch unsere Angelegenheiten bezüglich des Kommandos klären und dann haben wir auch genügend Zeit, uns in Ruhe umzusehen.“

Einverstanden nickte Alexa, drückte ihrem Vater vor Dankbarkeit einen Kuss auf die Wange, was diesen etwas verlegen dreinschauen und räuspern ließ. Er war immer noch zu sehr Offizier und ein Kuss aus Dankbarkeit oder der Gleichen von seiner Tochter, war nichts, was in den Dienst gehörte. Schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Aber er hatte es schon oft angesprochen und wusste mittlerweile, dass es seiner Tochter und auch seiner Frau, die auch des Öfteren mal die eine oder andere Zärtlichkeit durch ein liebevolles Streicheln über die Wange oder einen Kuss zeigte, herzlich egal waren, was er davon hielt. Es würde keinen Sinn machen, also würde er sich wohl oder übel damit anfreunden und sich daran gewöhnen müssen.

Alexa verabschiedete sich und verließ eilig das Büro. John wartete einige Augenblicke und entschuldigte sich dann mit der Information, schon einmal das Team für den morgigen Ausflug zu informieren. Doch tatsächlich folgte er Alexa und konnte sie auch kurz vor ihrem Quartier einholen.

„Alexa!“

Stöhnend blieb Alexa zunächst stehen. Sie hatte gehofft, er würde ihr nicht folgen, hatte gehofft, er hätte sie nicht mehr einholen können, hatte gehofft, nicht mit ihm sprechen zu müssen, aber … verdammt, der Kerl war hartnäckig. Sie drehte sich nicht um, sah nur starr zu Boden und versuchte sich gleich die Worte zurecht zulegen, um ihn möglichst schnell wieder los zu werden. Doch er war schneller bei ihr, als sie dachte.

„Warum gehen Sie mir aus dem Weg? Ich … wir sollten wirklich dringend reden und-„

„Colonel bitte. Ich kann jetzt nicht. Ich … ich fühle mich nicht wohl. Ich möchte alleine sein.“

„Alexa … ich habe nicht gewollt, dass Sie das alles-“

„Colonel! …“

Alexas Stimme war schriller und lauter als sie es beabsichtigt hatte und sie sah, wie er offenbar überrascht zusammenzuckte.

„… Bitte … ich … ich kann nicht. Ein andermal … bitte“, brachte sie nun leiser hervor und hatte nur für den Bruchteil einer Sekunde zu ihm gesehen, was ihm offenbar nicht entging.

John konnte gar nicht so schnell reagieren, wie sie in ihr Quartier getreten und die Tür praktisch vor seiner Nase verschlossen hatte. Sprachlos und enttäuscht blieb er davor stehen, nicht wissend, dass Alexa mit tränenverschleierter Sicht an der anderen Türseite zu Boden rutschte und leise zu weinen begann.

~~~///~~~

Der nächste Morgen hatte für John ziemlich früh begonnen. Er sah keinen Sinn darin, noch länger im Bett zu bleiben, da er ohnehin in der vergangenen Nacht kaum Schlaf gefunden hatte und auch der Wecker in einer halben Stunde klingen würde. Das Gespräch, das er am vorigen Abend noch mit seinen Eltern hatte, hatte ihn auch nicht wirklich viel genutzt. Er berichtete davon, wie er seit Weihnachten versuchte, an Alexa heranzukommen um mit ihr zu reden. In seiner Verzweiflung sprach er sogar davon, seine Gefühle, die sie hatte erspüren können, einfach auszusprechen, zu offenbaren und sie somit vor vollendete Tatsachen zu stellen und sie zu einer Reaktion zu zwingen. Doch seine Mutter riet ihm eindringlich davon ab. Alexas Verhalten und momentane Gefühlswelt sei unter anderem durch ihre immer stärker werdenden empathischen Fähigkeiten noch etwas labil und sie würde sich unter Umständen noch mehr zurückziehen.

Auch wenn sie sich offenbar auf dem Wege der Besserung befand und schon viel sicherer und stärker wirkte, so hätte sie noch immer einen langen Weg vor sich. Sie fand anscheinend nur langsam zu Sicherheit, Stabilität und einer gewissen Kontrolle ihrer Fähigkeiten und in einen gewissen Alltag hinein. Zeit solle er ihr also lassen. Doch John fragte sich, wie viel Zeit sie wohl brauchen würde. Wie viel Zeit ihm noch bliebe, bevor er es nicht mehr aushielt und womöglich irgendeine Dummheit machen würde, durch welche er sie vielleicht gänzlich verlieren würde.

So sehr es ihn auch wurmte, schmerzte und widerstrebte, aber er nahm sich vor, den Rat seiner Mutter zu befolgen und sie nicht mehr darauf anzusprechen und sich so weit es eben möglich war, von ihr fernzuhalten. Nur war das eben der schwierigste, wenn nicht sogar unmögliche Part, denn immerhin wollte und sollte er auf sie aufpassen. Er wollte sie beschützen und ihre Sicherheit gewährleisten. Nicht nur auf dem kleinen Ausflug, der heute auf dem Plan stand, sondern auch hier in der Stadt. Überall, heute, Morgen, übermorgen … er würde für den Rest seines Lebens auf sie achten, wenn es sein musste, und noch mehr. Er würde es sich niemals verzeihen, wenn ihr etwas zustieße, oder dieser unbekannte, verrückte Kerl ihr zu nahe käme. Abgesehen davon hatten O´Neill und Landry ihm auch den Schutz der jungen Antikerin befohlen und er hatte es auch General Thalis geschworen und daran würde er sich verdammt noch mal halten.

Wieder einmal wunderte er sich, welche Gedanken ihn in der letzten Zeit geradezu heimsuchten. Auch die plötzlich auftauchenden Gefühle, Neigungen und sogar Wünsche irritierten ihn noch immer. Tief in seinem Inneren ahnte, besser gesagt, spürte er, dass eine Veränderung in ihm vorging. Es war befremdlich und faszinierend zugleich. Auch die Tatsache, dass es ihm nichts auszumachen schien, dass es ihn nicht sorgte oder gar ängstigte, verwunderte ihn. Irgendetwas ging vor sich und John wusste, dass es zum Besten sei. Zum Besten für ihn und vor allem zum Besten für Alexa. Diese Gewissheit gab ihm Kraft, sein Bedürfnis, sich mit Alexa auszusprechen, nach hinten zu stellen und sie vorerst nicht mehr so zu bedrängen. Aber fernhalten würde er sich nicht von ihr können. Er würde in ihrer Nähe bleiben, ob es ihr passte oder nicht.

~~~///~~~

Nach einigen nachgeholten Berechnungen, da auch dieser Planet innerhalb der letzten dreizehntausend Jahre ein wenig gedriftet war, fand sich John mit einigen Marines nun im Kontrollraum wieder und wartete auf die restlichen Teammitglieder, die sich im Gegenteil zu Johns Familie jedoch Zeit ließen. John hatte ein etwas mulmiges Gefühl und so entschied er kurz entschlossen, aus einem Marine-Team, zwei zu machen. Außerdem galt es noch auf die Auswertung der MALP-Übertragungen zu warten, um die sich McKay und Dorian kümmerten.

„Wir haben doch gestern schon darüber gesprochen. Ihr könnt nicht mit“, erklärte John und wunderte sich darüber, wie seine Geduld schon am frühen Morgen derart auf die Probe gestellt werden konnte.

„Herrgott, John! Wie gefährlich kann es schon sein? Es ist ein alter Planet, der früher mal von den Antikern bevölkert wurde. Was soll da denn passieren?“, fragte Patrick.

„Es könnte dort mittlerweile ebenso gut ein Vorposten der Wraith existieren. Oder Riesenwürmer, oder … Weltraumzecken oder sonst was. Schon mal daran gedacht? Mit dem MALP können wir nicht alles feststellen.“

„John, ich sterbe gleich vor Langeweile. Diese Stadt mag ja noch so groß und schön sein, aber leider darf ich auch hier nicht überall hin, also … fällt mir bald die Decke auf den Kopf. Ich möchte doch nur mal ein bisschen raus und mal was anderes sehen. Und deiner Mutter geht es genauso. Sie hat auch keine Lust, 24 Stunden am Tag die Nase in die Bücher zu stecken.“

„Dad-“

„Colonel, ein Vorschlag zur Güte“, wandte Richard ein, der dem kleinen Disput schon eine Weile gefolgt war. „Wie wäre es, wenn Sie sich auf dem Planeten zuerst etwas umschauen. Sind dort keine Wraith zu finden und auch sonst keine Gefahren auszumachen, kann Ihre Familie nachkommen und sich, wie die Antiker in Ihrer und der Begleitung der Marines ein wenig umsehen. Vorausgesetzt, der General ist ebenfalls damit einverstanden.“

John kniff die Lippen zusammen und atmete tief durch. Zunächst war er schon etwas perplex und auch leicht verärgert, als er glaubte, dass ihm nun auch noch Woolsey derart in den Rücken fiel. Doch je länger er sich seine Familie und Woolsey ansah, desto klarer wurde ihm so einiges. Sein Vater würde wohl nicht aufgeben und ständig weiter fragen, nörgeln und regelrecht betteln und Woolsey wollte wohl nicht dazwischen stehen und sich das ganze Tamtam auch nicht antun.

Die beiden Männer verstanden sich zwar, aber John wusste, sein Vater konnte manchmal unerbittlich und seltener auch eine Nervensäge sein. Das hatte Richard wohl schon herausgefunden und versuchte, ihm so zu entkommen. Ein Blick zu General Thalis und John wusste, dass dieser keine Einwände zu haben schien.

„Na schön“, erwiderte John. „Wir werden uns dort erst in Ruhe umsehen. Ist es sicher, lasse ich euch rufen. Ihr werdet dann in Begleitung kommen und euch an das halten, was man euch sagt, wenn man es euch sagt.“

„Ja ja. Was glaubst du denn, mit wem du redest, hm?“

„Dad, das ist mein Ernst. Ihr haltet euch strikt daran oder euer Ausflug ist gestrichen.“

Patrick hob parierend die Hände und wollte schon antworten, als endlich auch das restliche Team mit Tristanius und Alexa im Schlepptau den Kontrollraum betrat und Dorian das Wort ergriff.

„Also, das MALP zeigt so weit keine Wraithaktivität und der Jumper ist nicht wirklich eine Option. Über die Jahrtausende hat sich um das Gate ein kleines aber dichtes Wäldchen gebildet und wir haben die Baumfällfähigkeit der Jumper noch nicht wirklich ausprobieren können, also-“

„Also wird es wohl ein kleiner Fußmarsch. Ist das nicht großartig? Genau das, was ich mir für heute gewünscht habe“, schloss sich Rodney meckernd an.

„Die Akademie ist nicht weit vom Gate entfernt, Doktor McKay. Es wird kein langer Fußmarsch sein“, beruhigte Tristanius ihn und überprüfte seine Waffe und die Ausrüstung.

„Ob lang oder kurz, es ist im allgemeinen doch wohl alles relativ“, gab Rodney zurück und verabschiedete sich mit einem entsprechenden Blick von Jennifer. Tristanius und Alexa taten es ihm gleich und verabschiedeten sich von Elisha und Dorian, während John seine wartende Familie um Geduld bat und die Marines nochmals kurz instruierte.

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg nach unten zum Gate, als Alexa sich nochmals an ihren Vater wandte.

„Der Fußmarsch dürfte Rodneys kleinste Sorge sein, wenn er erst einmal den Berg sieht, auf den wir hinauf müssen“, flüsterte sie leise und hoffte, McKay hätte es nicht mitbekommen. Doch sie irrte.

„Was?!“

~~~///~~~

Nach ein paar hundert Meter hatte die Gruppe das kleine Wäldchen hinter sich gelassen und sich sogleich auf einem Dorfplatz wieder gefunden. Es wunderte die Antiker am meisten, dass sich auf diesem Planeten eine Gruppe Menschen niedergelassen und eine Dorfgemeinschaft gegründet hatte. Dabei mieden diese jedoch die Überreste der ehemaligen Militärakademie, die zum Teil wie eine ständige Mahnwache auf dem Berg hinter dem Dorf zu sehen war.

„Ein Geist haust in diesem Gemäuer. Schon lange ist niemand mehr dorthin gegangen“, erklärte Amron, der Dorfälteste voller Ehrfurcht.

„Ein Geist? Was lässt sie so sicher sein, dass es ein Geist ist? Vielleicht ist es irgendein Tier oder … oder-“, zweifelte Rodney.

„Kein Tier. Er sieht aus wie wir … wie Sie“ brachte Amron wieder hervor und erklärte weiter. „Der Vater meines Großvaters hat ihn zum ersten Mal gesehen. Damals glaubte unser Volk in diesem Gemäuer Schutz vor dem Wetter und vor den Wraith zu finden und so wollte man das Gebäude besichtigen. Doch er und die anderen wurden verjagt. Sie erzählten von einem Geist, der sich zuerst aus dem Nichts in ein Licht verwandelte und plötzlich da stand. Groß und stark. Wie ein Mensch, ein Mann. Er hat sich nur kurz gezeigt aber niemals gesprochen. Er hat niemanden verletzt und doch bestand er darauf, dass man die Gemäuer verlässt und niemals zurückkehren solle.“

„Wie kommen Sie darauf, wenn er doch nichts gesagt hat?“, fragte Rodney erneut.

„Sie zweifeln?“, fragte Amron leicht amüsiert.

„Ähh … ja.“

„Dort oben ist niemand willkommen. Immer wieder gingen einige von uns zu dem Bau und immer wieder erschien der Geist und verjagte uns. Irgendwann haben wir es aufgegeben.“

„Und dieser Geist, dieser Mann hat wirklich niemals irgendetwas gesagt?“, fragte Sheppard skeptisch, machte sich aber dennoch seine Gedanken.

„Nein.“

„Und hat niemals jemanden verletzt oder …?“

„Nein.“

„Hat sich dieser Geist denn auch einmal hier im Dorf gezeigt?“, wollte Teyla wissen, die dem Gespräch mit wachsender Beunruhigung gefolgt war.

„Nein, auch das nicht. Aber …“

„Aber? … Ihr müsst euch nicht fürchten. Ihr könnt uns alles sagen.“

„Dieser Geist muss schon vor unserer Ankunft hier gewesen sein. Wir sind vor vielen Generationen von unserer eigentlichen Heimatwelt vor den Wraith hier her geflohen. Wir hofften, hier Unterschlupf und in den Gebäuden Schutz vor den Wraith zu finden. In dem Gemäuer sind wir nicht erwünscht, doch in unserem Dorf sind wir in sicher vor den Wraith.“

„Also das müssen Sie mir jetzt erklären“, gab Rodney wieder zurück.

„Die Wraith kamen oft hierher, aber seit wir auf dieser Welt sind, können sie uns nichts tun. Der Geist verjagt und zerstört sie.“

„Wie?“, kam es nun von Tristanius, dessen Aufmerksamkeit ebenfalls von Minute zu Minute stieg.

„Ihre Jäger fliegen plötzlich nicht mehr und fallen vom Himmel oder werden zerstört, sodass nichts mehr übrig bleibt. Viele Male haben sie versucht, uns gefangen zu nehmen. Sie kamen mit ihren Schiffen, ihren Jägern, zu Fuß, aber etwas Unsichtbares hält sie von unserem Dorf fern. Viele glauben es sei der Geist.“

„Sie nicht?“, hakte Ronon nach.

„Ich weiß nicht. Manchmal glaube ich, dass es für alles eine Erklärung gibt. Nur scheinen wir nicht würdig zu sein, die Wahrheit zu kennen.“

Alexa hatte bisher kaum die Veranlassung, ihre empathische Fähigkeit dauerhaft einzusetzen und doch spürte sie ganz plötzlich eine heftige Reaktion. Nur für einen Moment wusste sie nicht so recht, von wem sie dieses Gefühl der Anspannung, der Hemmung und des gequält seins zuordnen sollte, doch dann glitt ihr Blick zu ihrem Vater, der sich jedoch nichts anmerken ließ. Natürlich hatte sie noch immer Schwierigkeiten, einzelne Emotionen auseinanderzuhalten und zu unterscheiden, doch bei ihrem Vater schien sie immer wieder die gleichen Gefühle in immer ähnlichen Situationen oder bei ähnlichen Themen erspüren zu können und das beschäftigte und verwirrte sie ungemein. Erst als Tristanius zu ihr sah, wich sie seinem Blick aus und machte sich auf den Weg nach draußen.

„Ich brauche frische Luft.“

„Entschuldigt uns“, meinte John und folgte Alexa mit dem restlichen Team.

Sie verließen das Haus, das als Versammlungsort der Dorfältesten diente, und gingen einige Schritte zum Dorfplatz und kamen an einem Brunnen zum stehen. Alexa hingegen setzte sich auf den Brunnenrand, richtete ihren Blick wieder zu der alten Akademie und schien in Gedanken zu versinken.

„Alexa, ist alles in Ordnung mit dir? Geht es dir nicht gut?“, schreckte sie die Stimme ihres Vaters auf.

„Doch, ich habe nur … was könnte dort oben sein, dass die Dorfbewohner für einen Geist halten? In der Datenbank steht doch, dass die Akademie von Onkel Marsilius geschlossen und verlassen wurde. Er hat doch auch gesagt, dass wir zuerst dort hinkommen sollen“, wandte Alexa wieder ein.

„Das sollten wir, wenn wir noch zu unseren Zeiten aufgewacht wären. Er hat aber bestimmt nicht damit gerechnet, dass dreizehntausend Jahre vergehen würden“, erwiderte Tristanius leise.

„Und selbst wenn? Onkel Marsilius hat doch später bestimmt alles verschlossen und versiegelt. Nichts und niemand hätte das Gelände oder zumindest nicht die Gebäude betreten können. So wie bei Celtes.“

„Kann man ja auch nicht, oder?“, kam es von Rodney, der daraufhin verwirrte und fragende Blicke erntete. „Hallo?! Der Dorfälteste hat doch es doch gerade eben schon erklärt. Muss ich wieder des Rätsels Lösung herbeizaubern? … Also, jedes Mal wenn einer der Dorfbewohner versucht einen Fuß in eines der Gebäude zu setzen, taucht wie aus dem Nichts ein Geist auf. Er spricht nicht, er tut niemanden etwas, er verscheucht nur. Was, wenn er nicht zu mehr fähig ist, weil er vielleicht gar kein Geist ist?“

„Was dann?“, fragte Teyla, die angestrengt nachdachte, doch es war John, der mit einer Vermutung überraschte.

„Ein Hologramm.“

„Genau!“, stimmte Rodney mit erhobenem Finger zu und fuhr fort. „Und Wraithjäger verjagen und zerstören kann ein Hologramm höchstwahrscheinlich nicht. Aber womöglich ein-„

„Eine Art Kraft- oder Energiefeld wie auf 677“, schlussfolgerte John weiter, was Rodney ein kleines Grinsen entlockte, dann wandte er sich wieder an Tristanius und Alexa.

„Gab es damals so eine Art Kraftfeld, das die Akademie und die Umgebung vor Angriffen geschützt hatte?“

„Ja. Es gab ein Schutzschild, das im größten Notfall die Akademie vor Angriffen und anderem beschützt hätte, aber es hätte nicht gereicht, um auch Teile des Planeten zu schützen. Offenbar muss kürzlich an dem Schildgenerator gearbeitet worden sein“, erklärte Tristanius.

„Ja. Nur wer hat daran herum gewerkelt? Und läuft es über ein ZPM und können wir es mitnehmen?“, fragte Rodney enthusiastisch und begann sofort mit einigen Scans der Umgebung.

„Ob mit ZPM oder ohne, wir können es nicht mitnehmen oder ausschalten oder sonst was. Die Dorfbewohner brauchend den Schutz des Schildes. So was hatten wir doch schon mal, Rodney. Mich interessiert aber etwas anderes“, erklärte John bestimmt und wandte sich wieder an Amron, der den Ausführungen der Besucher bisher nur verwirrt folgen konnte. „Wie sah das Hologramm- der Geist. Wie sah er aus?“

„Er war sehr groß und schien sehr stark zu sein. Er hatte sehr kurze dunkle Haare und dunkle Augen. Und er trug eine Art Gewand. Ein helles Gewand. Mehr kann ich nicht sagen. Niemand hatte jemals die Zeit oder den Mut, ihn sich genauer anzusehen.“

„Könnte das Hologramm ein Abbild von diesem Marsilius sein?“, fragte John und sah abwartend zu Tristanius und Alexa, die noch immer seinem Blick auswich, aber mit dem Kopf schüttelte.

„Nein, ich denke nicht, dass es Marsilius ist. Marsilius hatte zwar dunkles Haar, aber so kurz war es niemals. Und er war auch nicht besonders groß oder übermäßig stark“, erklärte Tristanius, doch sicher war er sich dennoch nicht.

„Und er hatte blaue Augen. Helle, leuchtend blaue Augen. Keine dunklen“, schloss sich Alexa an, die wieder zum Berg hinauf sah.

„Nun, ich denke, das bringt alles nichts. Wir werden uns einmal mehr dort oben umsehen“, gab John zurück und sah nun selbst zu dem alten Gebäude hinauf.

„Aber der Geist! Er wird auch euch verjagen“, warnte Amron, der den Besuchern zum Dorfplatz folgte.

„Soll er es versuchen“, gab Ronon zurück und schwang mit einer Hand seine Waffe gekonnt in kleinen Kreisen.

„Vielleicht wird er diesmal nicht so freundlich sein. Ihr könntet verletzt werden.“

„Wie schon gesagt, Amron, dort oben gibt es keinen Geist. Nur ein Hologramm. Eine Technologie der Antiker, die euch glauben lässt, es sei ein Geist. Aber in Wirklichkeit ist dort oben gar nichts. Und euer Dorf wird auch nicht von einem Geist beschützt, sondern von einem Kraftfeld, das die Technologie der Wraith außer Kraft setzen kann. Das ist alles.“

„Antiker? Ihr meint die Vorfahren? Wir hatten schon immer die Vermutung, dass dieses Gemäuer von den Vorfahren errichtet wurde … Wenn das so ist, dann kann nur ein Vorfahre es sicher betreten.“

„Tja, dann sind wir ja gleich doppelt auf der sicheren Seite“, gab Rodney zurück, schielte kurz zu Tristanius und Alexa und wollte sich auf den Weg machen.

„Was meint ihr damit?“

„Zufälligerweise haben wir ganz gute Beziehungen zu den Vorfahren. Wir kommen aus der großen Stadt Atlantis und ich kenne mich mit der Technologie der Antiker ganz gut aus. Also, was soll schon geschehen?“

„Keine Angst. Wir kommen zurecht“, versuchte nun auch Teyla den Dorfältesten zu beruhigen, während Sheppard zwei der Marines zum Gate beorderte und sich dann ebenfalls auf den Weg machte.

~~~///~~~

Es kam, wie es kommen musste und wie Alexa und das restliche Team bereits befürchteten. Rodney ließ keine einzige Gelegenheit und auch keine einzige Minute aus, um seinen Unmut über das hinauf klettern auf den Berg Ausdruck zu verleihen. Dabei mussten ihm Tristanius und Alexa teilweise schon recht geben.

Vor dreizehntausend Jahren gab es mehrere Zugänge, wie Treppen und andere Pfade zum Gelände der Gebäudekomplexe. Doch mit der Zeit waren die Wege überwuchert und kaum noch wieder zu finden. Der Aufstieg stellte sich durch das ständige Suchen nach sicheren Tritten und dem Ausweichen von Gebüschen, Bäumen und Geröll schwieriger heraus, als gedacht. Doch nach etwas mehr als einer halben Stunde war es geschafft und nun hatte man einen umfassenden Blick auf die Vorderseite des größten Gebäudekomplexes.

Trotz der Jahrtausende schienen Zeit, Wind und Wetter den Bauwerken kaum etwas ausgemacht zu haben. Noch immer strahlten die Wände unter den Efeuranken und anderem Gewächs, das sich in den vielen Jahrtausenden gebildet hatte, in einem hellen, leuchtenden Weiß und Grau. Während die Fenster aus teils farbigem Glas der Vorderseite größtenteils erhalten geblieben waren und durch das hineinfallende Sonnenlicht wohl bunte Lichtspiele an Wände und Boden zauberten, so waren manche Fenster an den Seiten zerbrochen und ließen einzelne Sonnenstrahlen ungehindert in das Innere dringen.

Sprachlosigkeit breitete sich im Team aus. Zum Teil aus Verwunderung, dass die Gebäude so gut erhalten waren, und zum anderen waren erst jetzt die eigentliche Größe und das Prestige zu erkennen. Es war geradezu paradox. Während John glaubte, die Erhabenheit, die Würde und die Hingabe, die während des Baus und der Betriebsamkeit hier herrschen musste, förmlich greifen zu können, konnte er irgendwie nicht recht glauben, dass an diesem Ort einst Soldaten ausgebildet wurden und sich hier auch ein großer Teil der Militärgeschichte der Antiker etablierte.

Auch Tristanius und Alexa schwiegen andächtig und ließen ihren Blick über das größte Gebäude, das Hauptgebäude schweifen.

„Beinah so, als ob niemals etwas gewesen sei … als ob es erst gestern war“, meinte Alexa, die ihren Blick nun auch zum umliegenden Gelände gleiten ließ.

„Ja … ich erinnere mich noch gut daran, wie ich hier zum ersten Mal stand und mich wunderte. Ich dachte, ich sei hier falsch und es sei gar nicht die Militärakademie. Für einen kurzen Moment glaubte ich, an eine zivile Forschungseinrichtung oder eine höhere zivile Lehranstalt geraten zu sein. Und ich war nicht der einzige. Umso größer war die Überraschung, als uns der Leiter der Akademie höchstpersönlich über den Platz herüber zu sich zitierte und uns für unsere Verspätung zuerst zurechtwies und dann willkommen hieß“, erzählte Tristanius lächelnd und in Erinnerungen schwelgend.

„Hast du deshalb damals darauf bestanden, mich hier her zu begleiten und mich anzumelden?“, fragte Alexa.

„Ja. Ich habe mir schon gedacht, dass ein solcher Anblick bei dir die gleiche Reaktion hervorrufen könnte und ich wollte dir eine mögliche Zurechtweisung von einem aufgebrachten und meist schlecht gelaunten Akademieleiter an deinem ersten Tag ersparen. Außerdem … wollte ich wieder ein bisschen in Erinnerungen schwelgen … so wie jetzt.“

„Es ist wirklich erstaunlich, wie gut der Bau nach all den Jahrtausenden erhalten geblieben ist. Zumindest von außen. Aber so schön und erstaunlich der Anblick auch ist, ich schlage vor, wir sehen uns das alles mal genauer an. Mal sehen, ob wir bald Besuch bekommen“, meinte John und machte sich auf den Weg zum offensichtlichen Haupteingang.

Tristanius und Alexa schlossen direkt auf und übernahmen die Führung, was John nur recht sein konnte. So konnte er den Ausführungen, Erklärungen und Beschreibungen der beiden besser folgen und was noch wichtiger war, er hatte Alexa so ständig im Auge.

Das Gebäude mitsamt der Einrichtung schien geradezu unberührt. Als hätten sich damalige Bewohner, Studenten, Kadetten, Ausbilder, einfach jegliches menschliche Leben von jetzt auf gleich in Luft aufgelöst und die Zeit sei stehen geblieben. Wenn da nicht die vielen Spinnweben und Pflanzenranken wären, die überall von den Decken, Säulen, Balken und von dem einen oder anderen Gemälde und Statue hingen. Auch der Staub und Schmutz der letzten Jahrtausende versperrte den einen oder anderen Weg und dennoch sah es im inneren der großen Halle besser aus, als man nach all dieser Zeit erwarten konnte. Und vor allem waren auch hier im Inneren das Design und die Einrichtung, die den nagenden Zahn der Zeit überstanden hatten, dem in Atlantis äußerst ähnlich. Von den Mauern, ihrer Farbe und dem Material, bis hin zu den teils vollständig metallenen Türen. Das lantianische Design war einfach unverkennbar.

„Diese Gänge führten einst zu den unterschiedlichsten Administrationen. Meist die Büros der Ausbilder und Lehrer und anderer Beschäftigter dieser Einrichtung“, erklärte Tristanius und wies zuerst auf die hellen, von buntem Licht durchflutete Gänge links und rechts neben dem Eingang.

„Und dort hinten? Was liegt hinter dieser Tür“, fragte Teyla und wies auf eine übergroße milchgläserne Tür, die auf der gegenüberliegenden Seite des Haupteingangs lag.

„Das war das Büro des Akademiekommandanten. Es ist auch das größte überhaupt. Die Treppen daneben führten zu einzelnen Unterrichtsräumen und Bibliotheken“, erklärte Tristanius weiter und registrierte am Rande, wie seine Tochter zielstrebig den linken Gang zur Administration ansteuerte.

Während Rodney, Ronon und Teyla das große Büro untersuchen wollten, wies John die restlichen Marines an, auszuschwärmen und sich ebenfalls ein wenig umzusehen. Tristanius folgte seiner Tochter, dicht hinter ihm John, der sich aufmerksam, aber noch immer mit wachsendem Unbehagen umsah.

Beinahe ehrfürchtig blieb sie vor dem zweiten Raum an der rechten Seite stehen und wagte es scheinbar kaum, die schwere metallene, mit buntem Glas verzierte Tür zu berühren. Ihr Gesichtsausdruck zeugte kaum noch von gedankenvoll, sondern vielmehr von Wehmut und Kummer.

Langsam begann sie die Pflanzenranken, den Schmutz und den Staub von dem kristallenen Schild an der linken Seite des Türrahmens zu entfernen und keuchte leise auf, als sie den Schriftzug und dessen Bedeutung offenbar erkannte.

„Schon damals wurde sein Büro versiegelt und auch Marsilius hat es später niemals jemand anderem zugewiesen“, sagte Tristanius leise, als er einen Schritt näher an Alexa trat.

„Was steht dort?“, wollte John wissen und beobachtete, wie Alexa die Tür zu öffnen versuchte. Doch erst als sie die Verkleidung der Steuerkristalle abnahm und eine Überbrückung herstellte, glitten die Türen stockend und mit einem ächzenden und schleifenden Geräusch auf.

„Ein Name … Darius Pelon. Er war hier einst ein Ausbilder“, erklärte Tristanius bedrückt und sah seiner Tochter nach, die langsam den dunklen und stickigen Raum betrat.

~~~///~~~

Es war ruhig und eine angenehme warme Brise ließ die hohen Gräser vor dem einst großen Platz vor dem Hauptgebäude in einem sanften ruhigen Takt hin und her schwingen. Vögel zwitscherten, Insekten surrten und summten und nichts deutete auf eine unheimliche Umgebung hin, wie die Dorfbewohner ihren Besucher glauben machen wollten.

Wäre da nicht ein helles gleißendes Licht, das aus dem Nichts erschien und sich in einen hochgewachsenen, kräftig gebauten Mann in hellen Gewändern verwandelte. Nur wenige Augenblicke blickte er suchend zu dem großen Hauptgebäude und hatte sein Ziel schnell gefunden.

„Endlich.“

Ohne die Besucher aus den Augen zu lassen, verschanzte er sich hinter einem großen Baum und konnte dank der großen Fenster, die die Gänge der Administration ausreichend belichteten, dem Treiben in der alten Akademie folgen. Er sah zunächst zwei Männer, wobei er den älteren sofort wiedererkannte. Den zweiten sah er nun zum ersten Mal und doch wusste er, wer er war. Was er war. Er wusste alles über ihn und seine Kameraden und das gab ihm einen gewissen Trost.

Neugierig und auch angespannt ließ er seinen Blick weiter über das Gebäude und die Besucher streifen, in der Hoffnung, einen Blick auf sie zu erhaschen. Es dauerte eine ganze Weile, seinem Empfinden nach eine kleine Ewigkeit, bis er eine erneute Regung bei den beiden Männern ausmachen konnte und plötzlich war der Blick frei …

„Alexa …“, wisperte er erleichtert. „Mea Amaris.“

Da stand sie. Zunächst mit dem Rücken zu ihm, doch dann drehte sie sich zu ihrem Vater um und er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Es machte sogar einen kleinen Sprung, als er ein verhaltenes Lächeln sah. Sie war noch immer so schön, wie damals, doch in ihren Augen lag eine merkwürdige Leere und Trostlosigkeit, die ihn fast selbst schmerzte. Er kannte den Grund. Er kannte ihn nur zu gut, denn er selbst war die Ursache. Oder zumindest ein Teil davon.

Er konnte den Blick nicht von ihr lassen und der Drang, zu ihr zu gehen, sie zu berühren, sie in seine Arme zu schließen, sie zu küssen, ihre Stimme zu hören wurde immer größer. Es war tröstlich, sie unter den wachsamen Augen ihres Vaters und auch John Sheppards zu sehen und doch wusste er, dass es vielleicht nicht ausreichen würde. Er musste handeln. Das war der Grund seines Hierseins.

„Ja, ich weiß. Ich darf nicht. Aber wenn ihr ihren Schutz wollt, dann müsst ihr mir auch vertrauen“, meinte er, als er Zwiesprache mit den anderen seiner Art hielt. Auch wenn sie nicht zu sehen waren, so wusste er, dass sie ihn beobachteten und führten.

~~~///~~~

John entschied, sich die weiteren Räume in diesem Gang anzusehen und ließ Vater und Tochter für einen Moment alleine. Abgesehen davon fühlte er sich immer irgendwie unwohl, wenn der Name Darius Pelon fiel. Und das schon beim ersten Mal, als er Alexa eher vergebens half, mehr über ihn herauszufinden. Er kannte den Mann nicht, was auch nicht verwunderlich war, denn immerhin lebte er vor dreizehntausend Jahren und war nun mindestens genauso lange tot. Doch die Tatsache, dass er für Alexa eine besondere Bedeutung zu haben schien, beschäftige ihn immer mehr und auf eine unangenehme Art und Weise, wie er es nur äußerst selten empfand.

„Die Sicht aus dem Fenster zum großen Garten wird wohl durch irgendetwas blockiert“, meinte Tristanius und machte sich daran, selbiges zu öffnen.

Es dauerte nicht lange, bis er den Übeltäter in Form stark und dicht gewachsenen Efeuranken grob niedergerissen hatte und so auch gleichzeitig wieder ein wenig mehr Licht und Luft in den Raum lassen konnte.

„Wenn du willst, kannst du dich hier noch ein bisschen umsehen. Vielleicht gibt es etwas, was du gerne mit nach Atlantis nehmen möchtest“, meinte Tristanius, als er sich wieder zu seiner Tochter wandte und sah, wie sie einzelne Gegenstände auf dem großen Schreibtisch und dem Regal berührte und andächtig betrachtete und dann wieder behutsam zurückstellte.

„Hatte ich damals nicht schon einiges mitgenommen?“

„Ja. Aber vieles wurde von der restlichen Administration nicht freigegeben. Jetzt … nun ja, ist niemand mehr da, der Einwände erheben könnte.“

„Ich … ich denke, ich muss mir das wirklich alles in Ruhe ansehen. Es gibt noch so viel, dass ich gerne sehen würde und vielleicht gibt es hier noch mehr, dass ich gerne mitnehmen möchte oder dass wir auf Atlantis gebrauchen könnten. Ich wünschte nur-“

„Was?“

„Nichts … nichts.“

„Aber du hast doch was. Komm sag´s mir.“

„Ich dachte nur, es wäre noch jemand hier“, meinte Alexa kopfschüttelnd, als sie wirklich glaubte, eine weitere andere Präsenz als die des Teams und der Marines zu spüren. Irgendetwas Mächtiges, etwas, dass sie anzog, etwas Warmes, Helles und Freundliches. Fremd aber doch merkwürdig vertraut. Ganz anders als diese dunkle, boshafte Präsenz, die sie in der Vergangenheit gelegentlich gespürt hatte. „Es ist nichts. Meine Fantasie oder Empathie spielt mir wohl wieder einen Streich“, beruhigte sie ihren Vater weiter.

Tristanius fragte nicht weiter nach und griff stattdessen selbst nach einem kristallenen Bildnis, das hinter dem Schreibtisch an der Wand hing. Er pustete den Staub weg und strich über das glatte gläserne Material.

„Darius war wirklich ein außergewöhnlicher Soldat … und ein außergewöhnlicher Mann“, gab er leise von sich und reichte das kristallene Bildnis, das eine Urkunde darstellen sollte, an Alexa weiter, die sich gerade noch im letzten Moment dagegen entschied, in dem großen staubigen Sessel hinter dem Schreibtisch Platz zu nehmen.

„Du hast ihn doch gar nicht ausstehen können.“

„Das stimmt nicht … nun ja, ich muss zugeben, am Anfang fiel es mir schon schwer, ihn zu akzeptieren. Immerhin wollte er mir meinen kleinen Schatz wegnehmen, aber dann … habe ich gesehen, wie glücklich du bei ihm und mit ihm bist. Ich wäre sehr stolz gewesen, ihn als meinen Sohn anzunehmen und in unserer Familie willkommen zu heißen.“

„Darius hat dich verehrt und zu dir aufgesehen.“

„Aufgesehen? Der Mann war gut und gerne einen Kopf größer als ich.“

Alexa lächelte über die Aussage ihres Vaters und wollte schon etwas erwidern, als sie ein Funkspruch daran hinderte.

„Hier ist McKay, ich habe hier ganz plötzlich und ganz merkwürdige Anzeigen auf dem Scanner. Ich schlage vor, wie treffen uns wieder am Haupteingang. Könnte etwas Interessantes sein.“

Wortlos folgten Tristanius und Alexa dem Vorschlag des Wissenschaftlers und wollten gerade das kleine Büro verlassen, als John es betreten wollte. Prompt stießen er und Alexa zusammen, wobei Alexa kaum eine Möglichkeit hatte, wieder Abstand zu gewinnen, denn ihr Vater stand dicht hinter ihr und John schien, wie Alexa, durch den kleinen aber nicht besonders heftigen Zusammenstoß und der plötzlichen Nähe etwas verstört.

Sekunden vergingen, in denen John zu Alexa sah und sie noch immer hielt, da er reflexartig nach ihr gegriffen hatte, um sie vor einem Sturz zu bewahren. Diese aber vermied es, ihm direkt in die Augen zu sehen. Natürlich gab John sich die Schuld, denn er war viel zu schnell unterwegs und er rechnete auch nicht damit, bei der nächsten Biegung um eine Ecke, schon gleich derart auf jemanden zu treffen. Und zu dem war er noch zu sehr in seinen Gedanken vertieft gewesen.

„Colonel?“, rief ihn die Stimme des Generals wieder ins Hier und Jetzt.

„`Tschuldigung“, murmelte John, ließ sie los und trat einen Schritt zurück.

Schnell entfernte sich Alexa aus dieser für sie mehr als unangenehmen Situation und machte sich eilig auf den Weg zum Haupteingang. Dicht gefolgt von ihrem Vater und Sheppard.

Nur für einen winzigen Moment drehten sich Johns Gedanken um das gerade eben Geschehene. Und natürlich musste er innerlich fluchen. Für einen winzigen Augenblick hätte er die Möglichkeit gehabt, Alexa endlich zu einem klärenden Gespräch zu bewegen. Für einen winzigen Augenblick hatte er sie im Grunde genau da, wo er sie haben wollte. Bei sich, in seiner Nähe, sogar in seinen Armen und auch ohne die Möglichkeit ihm allzu schnell entkommen zu können. Aber wie immer kam es anders. Natürlich musste ihr Vater dabei sein und natürlich musste Rodney mit einer möglichen Hiobsbotschaft stören. Es war wie verflucht. John atmete tief durch, drängte seine Gedanken und Emotionen wieder zurück und tief in sein Innerstes und beschleunigte seine Schritte.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber aus ein paar Hundert Meter weiter in dieser Richtung, scheine ich so etwas wie ein Lebenszeichen zu bekommen. Ein bisschen schwach, aber-“, begann Rodney zu erklären und wies in Richtung des ehemaligen Kommandeurbüros.

„Vielleicht unser Geist“, meinte Ronon scherzend, ohne dabei jedoch besonders auffällig zu lächeln.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass weder Geister noch Hologramme Lebenszeichen von sich geben können“, gab Rodney zurück.

„Vielleicht doch ein Tier“, schloss sich Teyla den Vermutungen an.

„Ich weiß nicht … aber was auch immer es ist, wir finden es erst raus, wenn wir es uns näher ansehen“, sagte John, als er selbst einen Blick auf Rodneys Scanner geworfen hatte.

„Es scheint aus einem der Forschungsbereiche in einem der Nebengebäude zu kommen“, meinte Tristanius und betrachtete den Scanner genauer.

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu den Nebengebäuden und mussten auch dort über den relativ guten Zustand der äußeren Mauern und Bauwerke staunen.

„Hm, also wenn man hier mal mit ´nem Besen und einem Lappen dahinter geht, hier und da einen Hammer und Nägel gebraucht, und ein bisschen Farbe an die Wände streicht, würde es doch glatt wieder wie neu aussehen“, kommentierte John, der sich einen Weg durch allerhand Gestrüpp bahnte, dass sich einen Weg von außen in die inneren Räume gesucht hatte.

Doch schnell hatte man den hinteren Ausgang des Hauptgebäudes gefunden und sah sich auch dort wieder mit einer Menge Natur und Wildwuchs konfrontiert. Es dauerte eine kleine Weile den größeren, dicht mit Sträuchern, Gräser und vereinzelt kleinen Bäumen bewucherten Platz, der laut Aussage von Tristanius früher einst ein Exerzierplatz gewesen war, zu überqueren.

Die Tür zum Nebengebäude zu öffnen, schien Rodney anfänglich Schwierigkeiten zubereiten. Die simple Berührung der Kristalle brachte zuerst nichts und auch das Überbrücken der Steuerkristalle zeigte keine Wirkung. Doch erst als John und Ronon die Türen aufstemmen wollten, sie aber noch nicht einmal richtig berührt hatten, kippten die Schiebeelemente vorneüber und krachten laut zu Boden.

John, Ronon und Rodney husteten durch den aufgewirbelten Schmutz und Staub und wedelten die restlichen Wolken vor ihrem Gesicht weg.

„Ich glaube, es bedarf wohl mehr als nur Hammer, Nägel und Farbe“, meinte Rodney weiter hustend.

„Sind doch nur Kleinigkeiten“, murrte John halblaut vor sich hin und betrat mit erhobener Waffe die Räumlichkeiten.

„Sieht aus, als seien wir ganz in der Nähe, das Lebenszeichen wird deutlicher und stärker und … es kommt aus dieser Richtung“, erklärte Rodney leise und wies nach einer erneuten kurzen Überprüfung seiner Daten nach vorne.

„Wie praktisch“, kommentierte John und sah in den großen halbdunklen Raum hinein, der ebenfalls schon von der Natur und der langen Zeit in Besitz genommen wurde.

Auch hier mussten erst Schling- und Kletterpflanzen und anderes Gestrüpp aus dem Weg geräumt werden, um dann an die hintere Tür zu gelangen.

„Diese Tür führte einst zu einem Hochsicherheitstrakt der Forschungsabteilung. Nur Ausbilder und ausgesuchte Wissenschaftler hatten hier Zugang. Sie zu öffnen wird vielleicht nicht einfach sein“, erklärte Tristanius, der selbst an dem Öffnungsmechanismus herum spielte.

„Onkel Marsilius hat doch bestimmt nicht ohne Grund davon gesprochen und betont, dass wir zuerst hier herkommen sollen. Gut möglich, dass dein oder mein Zugangscode zumindest in einigen Bereichen noch immer gilt“, erwiderte Alexa und registrierte kurz darauf das plötzliche Erscheinen einer kleinen Schalttafel, die ihr Vater offenbar aktiviert haben musste.

Auch hierbei handelte es sich um eine Art Hologramm-Technologie, denn an der betreffenden Stelle, an der die Schalttafel wie aus dem Nichts auftauchte, konnten vorher keinerlei Anzeichen einer Öffnung oder sonstigem ausgemacht werden. Es war im Grunde die gleiche Technologie, wie die in der Jumperbucht, die Alexa dazu nutzte, ihren Fighter zu verstecken.

„Genau das hoffe ich“, entgegnete Tristanius lächelnd und gab eine Codekombination ein.

Tatsächlich regte sich etwas und die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Für John und Ronon war es ein leichtes, sie weiter aufzustemmen. Doch Johns unsicherer Blick zu den Türen ließ Tristanius erneut schmunzeln.

„Manchmal bedarf es auch nur eines Codes und eines Tröpfchen Öls, anstelle von Hammer und Nagel.“

„Das Lebenszeichen muss direkt vor uns sein“, meldete Rodney wieder und sah unsicher in das Dunkel hinein.

„Tja … ein Lebenszeichen hinter einer mit einem Code versiegelten Tür. Auf jeden Fall kein Wraith und bestimmt auch kein Tier. So langsam wird es wirklich spannend“, wisperte John leise, schaltete das kleine Lämpchen an seiner Waffe ein und betrat vorsichtig den Raum.

„Natürlich, lasst uns wieder ins dunkle Gruselkabinett gehen“, maulte Rodney leise und nahm nun selbst seine Waffe zur Hand.

Äußerst vorsichtig betrat man den Raum, leuchtete Wände, Decken und Ecken aus, besah sich alles ganz genau und ließ bei der Erforschung des unbekannten dunklen Raumes größte Vorsicht walten. John fiel auf, wie der General immer in unmittelbarer Nähe seiner Tochter blieb und sie immer im Blickfeld hatte.

Er erinnerte sich noch gut daran, wie der General ihn darum bat, seine Tochter zu beschützen, sollte er selbst einmal nicht mehr in der Lage dazu sein. Schon oft fiel ihm auf, wie er sich fast überbesorgt ihr gegenüber gab. Manchmal war sein Verhalten schon fast gluckenhaft. Natürlich wusste John, dass Alexa offenbar in Gefahr schwebte, wenn man an den mysteriösen Fremden dachte und auch der Vater war sich seiner Existenz bewusst. Und doch erwähnte er ihn bisher mit keiner einzigen Silbe. Und gerade jetzt konnte man meinen, als ob er jeden Moment damit rechnete, dass dieser Kerl plötzlich hinter irgendeiner Ecke hervor preschen und sich seine Tochter schnappen würde.

John war hin und hergerissen. Zum einen fand er die Sorge des Vaters etwas übertrieben, zum anderen aber gab es genügend Hinweise auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des rätselhaften Feindes. Es konnte einfach nicht anders sein: Der General musste ganz genau wissen, wer der Kerl war und wie gefährlich er sein musste. Also galt wohl: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

„Pa!“, rief Alexa und riss damit auch John aus seinen Gedanken.

„Ich sehe es, Kleines.“

Schnell stürmte John mit Rodney, Teyla und Ronon zu den beiden und musste erneut staunen.

„Ich schätze das erklärt das Lebenszeichen“, meinte Ronon und starrte auf den großen länglichen Gegenstand.

„Hier hat er sie also in Sicherheit gebracht. Als er Celtes versiegelt und das Kommando über die Akademie übernommen hatte, konnte Marsilius die Kapsel unbemerkt hier herbringen und verstecken, sodass sie nicht in falsche Hände geriet“, meinte Alexa, als sie sich neben die Kapsel hockte und sie genauer inspizierte.

„Ja, wie er es auf seiner letzten Aufzeichnung auch gesagt hatte. Ich hätte es wohl genauso getan“, erwiderte Tristanius.

„Aber wer liegt da drin?“, fragte Teyla.

„Machen wir sie doch einfach auf“, meinte Ronon.

„Äh, keine gute Idee. Zumindest solange kein Arzt hier ist, oder hast du vergessen, was damals passiert ist, als wir Alexa aus dem Ding holen wollten? Wer immer darin liegt, könnte bestimmt gut einen Arzt brauchen“, erwiderte Rodney.

„Und mitnehmen können wir sie auch nicht?“, fragte John nach.

„Vermutlich nicht. Sie hängt offenbar an einer Energiequelle. Ich muss erst prüfen, ob wir sie davon trennen können, ohne … dass der oder die jenige darin Schaden nehmen könnte. Und dazu brauche ich auch anderes Equipment.“

„Okay, wir kontaktieren Atlantis, lassen Jennifer und noch ein paar deiner Geeks mit deinem Kram kommen“, erklärte John, worauf sich Tristanius zu Wort meldete.

„Und Dorian. Die Erforschung der Stasekapseln war sein Projekt. Er wird Doktor McKay mit seinem Wissen und Erfahrungen unterstützen können. Und meine Frau würde sich bestimmt gerne den medizinischen Bereich ansehen wollen.“

„Ja, sicher. Und dann können wir uns auch die Akademie noch genauer ansehen. Vielleicht gilt es noch weitere, interessante Dinge zu entdecken. In der Zwischenzeit könntest du mal zusehen, hier ein wenig Licht herbeizuzaubern und den Schildgenerator finden“, meinte John, als er sich wieder an Rodney richtete, und ließ durch die beiden Marines am Gate eine Verbindung zu Atlantis herstellen.

Das Anfordern von Jennifer, Elisha als auch Dorian und weiteren Wissenschaftlern und Technikern mit entsprechender Ausrüstung stellte sich als leicht und problemlos heraus. Die Hartnäckigkeit von Woolsey, der sich wieder für einen Ausflug der beiden älteren Sheppards aussprach, zehrte dagegen sehr an Johns Nerven. Genauso wie es offenbar an Woolsey Nerven zehrte, Carol und Patrick los zu werden. Das konnte John eindeutig an Richards Tonlage und auch Wortwahl hören. John wusste am Ende nicht mehr, warum er sich des Expeditionsleiters erbarmte und ihn bat, Lornes Team als Begleitung und vor allem aber als Aufpasser für die beiden mitzuschicken. Doch er nahm sich vor, mit seiner Familie mal ein ernstes Wörtchen zu reden.

~~~///~~~

Die beiden Medizinerinnen, Dorian und einige andere Wissenschaftler als auch sein Team waren schnell bereit und auch Patrick und Carol ließen sich nicht zweimal bitten, sich für ihren gewünschten Ausflug zum alten Antiker-Planeten fertigzumachen. John hatte Lorne jedoch angewiesen, den beiden Einsatzkleidung und Schutzwesten zu verpassen. Patrick schien noch begeistert und durchwühlte neugierig die Taschen seiner Weste, währen Carol auf Kriegsfuß mit ihren Stiefeln stand.

„Ach … wie kann man darin nur gehen? Ich frage mich, wie John das den ganzen Tag aushält. Ich glaube, in einer Stunde habe ich Blasen an den Füßen“, meinte Carol und schnürte noch immer murrend an ihrem Stiefel, der ihr mehr als unbequem erschien. „Rick!“

„Hm?“, schreckte Patrick aus seiner Inspektion seiner Weste auf.

„Ich fragte, ob du mich trägst, wenn ich mir Blasen gelaufen habe.“

„Sicher Schatz“, erwiderte Patrick geistesabwesend und widmete sich weiterhin dem Erforschen der interessanten Überlebensutensilien. Doch seine Aufmerksamkeit wurde schnell auf Lorne gelenkt, als dieser den Umkleideraum betrat.

„Also … kriegen wir auch eine Waffe?“, fragte Patrick neugierig und wunderte sich kurz darauf über die stutzende Miene des Majors.

~~~///~~~

Nachdem John die Marines in die Nähe der Antiker beorderte, machte er sich mit Teyla auf den Weg zum Gate, um die Neuankömmlinge einzuweisen und auch um seine allzu neugierige Familie in Empfang zu nehmen. Dabei waren John und Teyla dem Vorschlag des Generals gefolgt und erkundeten eine weitere Zugangsmöglichkeit, die zu und von der Akademie führte. Der Weg stellte sich als wesentlich einfacher zu begehen heraus, war dafür aber auch etwas länger. Für die Techniker mit ihrem Equipment und Johns Familie wäre es jedoch wesentlich angenehmer.

„Ist alles in Ordnung, John?“, fragte Teyla, als sie eine ganze Weile stumm nebeneinander hergingen.

„Ja. Sicher. Warum fragst du?“

„Du scheinst in letzter Zeit sehr mit ernsten Gedanken beschäftigt zu sein.“

„Alles bestens“, erwiderte John beruhigend. Doch er ahnte schon, das Teyla mit ihrem Gespür auf etwas Bestimmtes abzielte.

„Dann sind die Probleme zwischen dir und Alexa also nicht so schlimm?“

Auch wenn er es schon geahnt hatte, musste John ertappt stehen bleiben und seine Teamkameradin überrascht ansehen. „Hat mein Vater etwas ausgeplaudert? Oder meine Mutter?“

„Nein. Ich denke, das wäre auch nicht notwendig … es ist nicht zu übersehen, das zwischen euch beiden irgendetwas vorgeht. Sogar Rodney ist es aufgefallen. Er hat schon gefragt, was du wieder angestellt hättest.“

Noch immer sah John verblüfft zu Teyla, bevor er über Rodneys Aussage den Kopf schütteln musste. Doch sehr schnell wurde ihm klar, dass wohl mehr dahinter stecken musste und das Teylas Sorge ernster zu sein schien, als bisher angenommen. Wenn sogar Rodney, der in letzter Zeit bis zum Hals in Arbeit und Beschäftigung steckte, schon die beinahe eisige Stille zwischen John und Alexa bemerkte, würde es wohl nicht lange dauern, bis die ganze Stadt wusste, was los war.

„Rodney übertreibt mal wieder. Ich habe gar nichts angestellt. Ich … es ist nichts.“

John würde sich an dem plötzlichen Schweigen der Athosianerin eigentlich gar nicht stören, wäre da nicht dieser fragende, geradezu bohrende Blick, mit dem sie ihn pausenlos bedachte. John stöhnte innerlich auf. Es war unfassbar, wie sehr Teyla manchmal mit ihrem Gespür und ihrer Art seiner Mutter ähnelte. Wahrscheinlich hatten die beiden wohl schon mehr Zeit miteinander verbracht, als er bisher glaubte. Ach verdammt! Was machte es jetzt noch aus, länger zu schweigen? Immerhin hatte sein Vater ihn schon ausgequetscht, seine Mutter saß ihm auch ständig im Nacken und Teyla konnte offensichtlich schon ahnen, was Sache sei. Abgesehen davon, waren Geheimnisse bei ihr sicher.

„Na schön, okay. Es ist etwas … vorgefallen. Aber nichts Schlimmes und ich habe auch nichts angestellt … denke ich.“

Teyla schwieg weiter, wusste dabei jedoch ganz genau, dass sie dadurch etwas mehr aus John kitzeln konnte. Wenn er denn wollte. Sie kannte ihren Teamleader in- und auswendig und wusste, wie weit sie bei ihm gehen konnte, und wusste auch, dass sie John damit nicht wirklich zum reden zwang. Wenn John wirklich nicht wollte, dann schwieg er sich auch schon mal aus und Teyla akzeptiert es. Aber manchmal, wenn auch selten, wollte John reden. So wie an diesem Tag. Nur musste man ihn dann ganz geschickt und vorsichtig in die richtige Richtung dirigieren.

„An Weihnachten … als wir auf dem Festland waren … da hat Alexa Empathie-Ding gut funktioniert. Wirklich verdammt gut und ich … habe nicht aufgepasst.“

„Sie hat etwas spüren können?“, fragte Teyla und spekulierte gleich weiter. „Bei dir? Sie hat etwas in dir lesen können, nicht wahr? Etwas Bestimmtes … etwas, was sie vielleicht nicht spüren sollte?“

„Etwas, von dem ich nicht dachte, dass … dass sie es jemals spüren könnte“, gab John leise zurück und vermied es, ihr in die Augen zu sehen.

Eine ganze Weile betrachtete Teyla ihrem Teamkameraden, doch durch Johns ausweichende Blicke wurde ihr sehr schnell klar, was die Antikerin in John hatte lesen können.

„John, es ist doch nicht schlimm, Gefühle für jemanden zu haben. Zumal zwischen dir und Alexa schon eine besondere Verbindung existiert.“

„Oh ja und was für eine“, meinte John leicht abschätzig und trottete weiter.

„John, du kannst ihr helfen, wenn sie mit ihren empathischen Fähigkeiten überlastet ist und nur du kannst sie aus ihrer Starre befreien und du kannst spüren, wenn sie eine dieser Schmerzattacken erleidet. Du bist immer für sie da und kümmerst dich-“

„Vielleicht ist genau das das Problem“, erwiderte John bitter und stolperte fast über eine kleine Baumwurzel. „Sie geht mir seitdem aus dem Weg und meidet mich. Ich dachte … ich dachte, dass sie sich vielleicht erschreckt haben könnte, immerhin ist das Gefühle lesen noch neu für sie und … ich wollte mir ihr reden, aber …“

„Du glaubst, sie erwidert deine Gefühle nicht?“, fragte Teyla und erntete ein Schulterzucken seitens John, das mehr verzweifelt wirkte, als lässig. „Vielleicht liegt es auch nur daran, dass sie eine schwere Zeit hinter sich hat, John. Sie braucht Zeit.“

„Teyla, hast du eine Ahnung, wie oft ich das in letzter Zeit schon gehört habe? Von meiner Mutter, von meinem Vater … wenn ich ganz viel Glück habe und ich überhaupt so weit komme, gibt mir sogar Alexa selbst einen kryptischen Hinweis diesbezüglich – weil sie mich dann wieder abweist.“

„Vielleicht empfindet sie es einfach noch als zu früh, um sich auf etwas Neues einzulassen. Sie hatte mit diesem Darius wohl eine besondere Beziehung und als er dann gestorben ist-“

„Ja, vor dreizehntausend Jahren“, gab John etwas abschätzig zurück.

„Nicht aus ihrer Sicht. Für sie starb er in dem Augenblick, als sie sich wieder an ihn und seinen Tod erinnern konnte. Wenn du in ihrer Lage wärst, könntest du einfach so vergessen und dich jemanden anderem so schnell anvertrauen?“, fragte Teyla und bemerkte, wie es in John arbeitete.

„Keine Ahnung. Vielleicht … vielleicht bin ich auch nicht ihr Typ. Wenn ich in ihrer Lage wäre, würde ich mich wohl fragen, ob ich mit einem Kerl wie ich es bin, etwas anfangen könnte.“

„Nicht John. Mach dich nicht selbst schlecht. Du bist ein guter Mann. Du hast den Geist eines Entdeckers und das Herz eines Kämpfers. Du bist ein Mann mit Ehre, Anstand und Mut. Du kümmerst dich um die Menschen, die um dich sind, hilfst ihnen und setzt dich für sie ein. Du bist ein guter Freund für uns, dein Team und mein Volk und das vieler anderen. Das schließt auch Alexa und ihre Familie mit ein und das weiß sie. Das wird bestimmt einen großen Wert für sie haben und ihr viel bedeuten … Sie hat gespürt, was du für sie empfindest. Sie weiß es. Gib ihr Zeit, es auch zu verstehen und zu akzeptieren … und dann wird sie deine Gefühle auch erwidern können“, erklärte Teyla weiter und sah, wie ihre Worte offenbar Wirkung zeigten und John in Gedanken verfiel.

Der Rest des Weges verlief wieder schweigend, während jeder seinen eigenen Gedanken nachging. Während Teyla wohl an die Antiker und die Akademie und auch an Kanaan und Torren dachte, drehten sich Johns Gedanken immer noch um Alexa. John musste Teyla recht geben. Auch wenn sie nicht die Erste war, die ihn auf die Kombination Zeit, Erinnerung und Bedeutung bei Alexas Rehabilitation ansprach. Auch seine Familie hatte ihn bereits darauf angesprochen, doch John war diesbezüglich nur schwer zu überzeugen. Wieder etwas, was ihn an ihm neu aber doch nicht besorgniserregend erschien.

~~~///~~~

Es war Lornes Gesichtsausdruck, als dieser aus dem Gate zu ihm trat, der John ganz und gar nicht gefiel und ihm Übles schwanen ließ.

„Lorne?“, fragte John erkundigend nach.

„Waffen, Sir. Ich hab´s versucht. Ich habe es wirklich versucht. Aber es ist, als würde ich – Verzeihung, Sir- mit einer Wand reden.“

„Wovon reden Sie? Ich weiß nicht, was Sie meinen.“

„John! Wieso kriegen wir nicht auch Waffen? Was ist, wenn was passiert und wir uns verteidigen müssen?“, wetterte Patrick los, kaum dass er mit Carol den Planeten betrat.

„Oh! Das meinen Sie! Vergessen Sie, was ich gesagt habe“, meinte John und sah verständnisvoll zu Lorne, bevor er sich wieder tief durchatmend an seinem Vater richtete.

„Kurze Version: Nein! Lange Version: Das hatten wir doch bereits geklärt. Lorne, sein Team und ich sind immer in eurer Nähe und haben euch im Auge. Wenn was ist, tut ihr, was man euch sagt. Ansonsten denke ich nicht im Traum daran, dir eine Waffe in die Hand zu drücken, bevor du nicht eine oder besser gesagt mehrere Trainingseinheiten am Schießstand hinter dich gebracht hast. Und ja, ich habe bereits daran gedacht, mit dir darüber zu sprechen und dich und Mom für eine Einheit einzuschreiben.“

„Trainingseinheiten? Ist das ein Witz? John, ich kann mit Waffen umgehen oder hast du die vielen Sommer bei Tanners vergessen, in den wir immer Tontauben geschossen haben? Du weißt, ich habe nie eine verfehlt.“

„Wir sind hier nicht bei Tanners, sondern in der Pegasus-Galaxie. Hier gibt es keine Tontauben, dafür aber Wraith und anderes. Da kommt man mit einer alten Repetierflinte nicht sehr weit. Abgesehen von der Tatsache, dass wir sie hier auch nicht haben. Wir nutzen hauptsächlich P-90, Beretta und andere halb automatische oder automatische Waffen und Gewehre. Und für diese wirst du geschult werden müssen … falls du überhaupt irgendwann in eine Situation kommen solltest, in der du eine Waffe gebrauchen müsstest.“

„Ja, aber-“

„Dad, ich werde nicht mit dir darüber diskutieren. Du wolltest mal was anderes sehen und hier hast du die Chance dazu. Es ist relativ sicher hier, und solange du in meiner Nähe, oder der Nähe von Lorne, seinem Team oder den Marines bleibst, und tust, was wir dir und Mom sagen, wird euch auch nichts passieren. Akzeptiere es, oder der Ausflug ist gleich wieder zu Ende.“

„Also John, jetzt-“

„Sergeant, wählen Sie Atlantis wieder an“, befahl John und sah, wie sein Vater einknickte.

„Schon gut, schon gut“, wandte Patrick ein und hob abermals ergebend die Hände. „Vergiss es … ich finde nur, dass du ganz schön übertreibst. Immerhin stehen wir nicht unter deinem Kommando.“

„In dem Fall schon. Ich bin für euch und eure Sicherheit verantwortlich. Hör zu … Wir haben uns da oben schon ein wenig umgesehen und bisher nur die fünfte Stasekapsel der Antiker gefunden. Aber die Dorfbewohner hier glauben, dass in der Akademie da oben ein Geist haust. Sie wollten sich dort oben umsehen, wurden aber immer wieder von diesem Geist verjagt. Er hat niemals jemanden verletzt, aber sie dürfen diese Mauern offenbar nicht betreten, werden aber vor den Wraith beschützt. Wir glauben, dass es weniger ein Geist ist, als vielmehr eine Art Hologramm und Schildgenerator. Nur das Hologramm hat sich noch nicht gezeigt und den Generator haben wir auch noch nicht gefunden. Also sind wir mit unserer Suche und Untersuchungen noch nicht fertig, was bedeutet, dass ich nicht weiß, was noch auf uns zukommen kann. Trotzdem halte ich es sicher genug, dass ihr euch da auch ein wenig umsehen könnt. Unter der Voraussetzung, dass ihr niemanden stört, immer in unserem Blickwinkel bleibt und eure Hände bei euch belasst. Okay?“

Patrick bedachte John mit einem mehr als ungläubigen und etwas tadelnden Blick, doch John war es mehr als Ernst.

„Okay. Na schön. Aber für die Zukunft hoffe ich doch, das wir ganz oben auf der Liste stehen, was das Training an der Waffe angeht.“

„Klar Dad, gleich an erster Stelle, aber du kriegst trotzdem nicht bei jeder Gelegenheit eine Waffe. Vor allem nicht, wenn ich oder anderes Militär dabei ist“, erwiderte John lächelnd und machte sich mit seiner Familie nach einer kurzen Vorstellung des Dorfes und dem Dorfältesten auf den Weg. Teyla hatte Elisha, Dorian und Jennifer bereits über die bisherigen Entdeckungen und Erkenntnisse informiert und bildete mit den weiteren Wissenschaftlern und Technikern die Nachhut.

Einige andere Zivilisten des Diplomatischen Corps und Soldaten zu deren Schutz blieben im Dorf und unterhielten sich mit Amron und anderen Dorfbewohnern. Immerhin bestand Aussicht auf diplomatische Beziehungen, Handelsbeziehungen und kulturellem Austausch.

~~~///~~~

Der Weg zurück zur Akademie stellte sich trotz des leicht zu begehenden Weges als nervlich aufreibend heraus. Erst recht als mehrere Wissenschaftler und Techniker sich über den langen Weg beschwerten und glaubten, er sei unbegehbar. John verlor fast die Geduld, als er ihnen mehrmals zu erklären versuchte, dass es tatsächlich noch weitere Wege gäbe, die jedoch wegen des Tragens der teils schweren Ausrüstung und Gerätschaft nicht in Frage kämen. Und als sei das nicht schon schlimm genug, fiel ihm kurz darauf auf, dass seine Mutter leicht hinkte.

„Was ist los? Hast du dir weh getan?“

„Es ist nicht so schlimm, keine Sorge. Mir passen die Stiefel offenbar nicht richtig.“

„Eigentlich sind die Stiefel recht bequem und wir haben viele unterschiedliche Größen da. Wie können sie dir nicht richtig passen?“, fragte John stutzend.

„Ähm … keine Ahnung“, meinte Carol, ahnte jedoch schon den Grund für die Blase, die sie sich gerade lief. Verdammt, mit Socken würde das wohl nicht passieren. „Keine Sorge, Schatz. Dein Vater hat mir versprochen, dass er mich trägt, wenn ich mir Blasen gelaufen habe.“

„Hm? Was? Wann habe ich das denn versprochen?“, kam es von Patrick, der sich wirklich nicht an solche Worte zu erinnern schien.

Schmunzelnd gingen John und Carol weiter, während Patrick sich noch immer zu erinnern versuchte. Doch seine Überlegungen wurden unterbrochen, als der Anstieg beendet und die Sicht auf die Akademie frei war. Auch die Techniker und Wissenschaftler hielten staunend inne, während Elisha und Dorian auch in Erinnerungen schwelgten. Wieder war es an John, Bewegung in die Gruppe zu bringen und die Geeks daran zu erinnern, das ein sehr leicht reizbarer und ungeduldiger Chefwissenschaftler auf Unterstützung und Gerätschaft wartete.

Auch der Weg durch die Gänge und Räume zu den wartenden Teammitgliedern wurde durch ständiges Stehenbleiben und Bewundern unterbrochen, doch dann, nach einer gefühlten Ewigkeit hatte John die Techniker und Wissenschaftler endlich zu dem Raum mit der Stasekapsel gebracht.

„Na endlich! Was hat denn das so lange gedauert?“, wetterte McKay los und wies mit schnipsenden Fingern einige seiner untergebenen Wissenschaftler und Techniker in ihre Aufgaben ein, während Elisha und Dorian schon die Stasekapsel umrundeten und ihre Untersuchungen starteten. Es war Johns mahnender Blick, das sein murren und knurren unterbrach und ihn mit einem kurzen Bericht fortfahren ließ. „Na schön. Also, ich habe in diesem Bereich zumindest das Licht einschalten können.“

„Ja, das sehe ich, Rodney. Was noch? Was ist mit dem Schildgenerator?“, fragte John weiter und spürte, wie diese elenden Kopfschmerzen allmählich verschwanden, die ihn schon seit geraumer Zeit immer wieder quälten.

Doch John empfand es nicht wichtig oder vielleicht auch nicht schlimm genug, das ganze medizinisch checken zu lassen. Abgesehen davon, verschwanden merkwürdigerweise die Kopfschmerzen in Alexas Nähe immer. Er ahnte, dass sie wohl ebenfalls zu den Veränderungen gehörten, die schon seit einiger Zeit in ihm vorgingen. Somit glaubte John, dass ihm wohl niemand eine plausible Erklärung liefern und ihm auch kein Arzt helfen konnte.

„Den sehe ich mir jetzt an. Der General will uns zum Versorgungsraum dieser Anlage führen.“

„Gut“, meinte John und richtete sich danach an die beiden Ärztinnen und Dorian. „Wann können wir mit Ergebnissen oder weiteren Informationen rechnen?“

„Sobald wir mit unseren Untersuchungen weiterkommen oder sie abgeschlossen haben“, antwortete Dorian und tippte weiterhin munter auf seinem Computer herum. Den leicht mahnenden Blick seines Vaters, dem die etwas tadelnd klingende Tonlage seines Sohnes nicht gefiel, bekam der junge Antiker gar nicht mit. Jennifer und Elisha lächelten.

„Gib uns ein bisschen Zeit, John. Wir melden uns, sobald wir was haben.“

John akzeptierte Jennifers Antwort nickend und versuchte sich in Geduld zu üben. Es fiel ihm auch tatsächlich nicht schwer, denn so weit bestand für niemanden akute Gefahr, es galt noch viel Interessantes zu entdecken und seine Kopfschmerzen hatten sich beinahe gänzlich verzogen, kaum dass er Alexa wieder in Sichtweite hatte. Wirklich merkwürdig. Oder eher erstaunlich?

John schüttelte kaum merklich den Kopf und schob die Gedanken daran beiseite. Dann machte er sich mit Rodney, weiteren Wissenschaftlern, dem General, Alexa, seiner Familie und Lornes Team auf den Weg zum Versorgungszentrum der ehemaligen Akademie.

~~~///~~~

„Ahh, das ist fantastisch!“, entfuhr es Rodney, der breit grinsend vor dem Schildgenerator stand und die Ergebnisse studierte.

„Lässt du uns auch staunen oder sollen wir raten?“, fragte John.

„Ein ZPM! Ein schönes halb volles ZPM. Das ist wunderbar. Jetzt haben wir-“

„Gar nichts, Rodney. Wir haben gar nichts. Das ZPM sorgt für den Schutzschild, von dem die Dorfbewohner profitieren. Wir können es nicht einfach wegnehmen und die Leute da unten ihrem Schicksal überlassen.“

„Wir können die Leute doch auf einen anderen-„

„Nein! Können wir nicht und werden wir nicht. Rodney, das hatten wir doch schon.“

„Entschuldigung, Gentlemen“, wandte Tristanius ein und ging zwischen die beginnende Keiferei der beiden Männer. „Ich denke, die Technologien und Einrichtungen meines Volkes unterliegen letzten Endes meiner Entscheidung.“

Es klang beinahe wie eine Maßregelung und genauso sahen die beiden Männer nun auch aus der Wäsche. Patrick und Carol hingegen unterdrückten ein schmunzeln und sahen sich weiter um und Alexa sah tief durchatmend ins Leere.

„Ich werde allerdings keine Entscheidungen treffen, solange ich nicht mehr Informationen habe … nun, zu meiner Zeit war der Generator, wie gesagt, nicht fähig, ein Schild in einer solchen Größe zu generieren, dass er auch Teile des Planeten mit einbeziehen konnte. Das muss später geändert worden sein und ich möchte wissen wie, von wem oder zumindest wann. Dann sehen wir weiter“, erklärte Tristanius und wandte sich wieder an John. „Colonel?“

„Rodney“, wandte sich dieser an den Wissenschaftler.

„Schon gut, schon gut. Ich werde sehen, was sich rausfinden lässt. Vielleicht finde ich irgendwelche Hinweise auf Eingriffe in die Programmierung oder so etwas.“

„Ich möchte mir noch andere Bereiche ansehen“, meldete sich auch Alexa nach langem wieder zu Wort. „Vielleicht die Trainingsräume, Bibliotheken, die Schlafsäle oder-“

„Warum sagen Sie nicht gleich `alles´?“, fragte John und biss sich sogleich auf die Zunge, denn ihm selbst fiel der merkwürdig musternde Blick der jungen Antikerin auf. Ob er sich in seinem Tonfall vielleicht vergriffen hatte? „Das kann jetzt wohl anders raus, als es beabsichtigt war, hm?“

Alexa ging nicht weiter auf John ein und sah stattdessen zu ihrem Vater, der etwas irritiert zwischen seiner Tochter und dem Colonel hin und her sah. „Gibt es etwa Probleme zwischen Ihnen beiden?“

„Nein“, ertönten unisono die Stimmen von John und Alexa.

„Es ist also alles in Ordnung?“, fragte Tristanius noch ein weiteres unsicheres Mal nach und wieder antworteten sie gleichzeitig.

„Bestens.“

Mit strengem Blick musterte Tristanius die beiden und nickte dann. Wenn auch nicht sehr überzeugt. „Nun gut. Gehen wir zuerst zu den Trainingsräumen.“

Alexa folgte ihrem Vater auf dem Schritt, nachdem sie einen geradezu undefinierbaren Blick zu John warf. Dieser jedoch atmete kurz durch, sah ihr kopfschüttelnd nach und kassierte sofort einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Was zum Teufel sollte denn das?“, entfuhr es Patrick verärgert.

„Was? Ich habe doch gar nichts-“

„Du solltest erst denken, dann sprechen. Wieso fährst du sie plötzlich derart an? Junge, wenn du sie für dich gewinnen willst, solltest du besser aufpassen, was du sagst … oder tust!“

„Dad!“, entfuhr es John, sah dann zähneknirschend an ihm vorbei zu Rodney, der von einem Ohr zum anderen grinsend zu ihnen sah. Genau wie Lorne und sein Team. Großartig. Es dauerte wohl nicht mehr lange, und die ganze verdammte Galaxie wüsste, was los sei.

Grimmig und mit mahlendem Kiefer sah John zu wieder zu seinem Vater, der ihn noch immer missmutig beäugte, kurz darauf die Augen verdrehte und dann mit seinem Daumen in Richtung Ausgang zeigte.

„An die Arbeit, Rodney! Und ich will kein Wort hören. Zu niemandem, verstanden?“, murrte John, während er sowohl Rodney als auch Lorne und seinen Männern mahnende Blicke zuwarf. Dann ließ er sich murrend und knurrend von seinem Vater nach draußen dirigieren, während Lorne und seine Männer genügend Abstand hielten.

„Also, was ist los?“, fragte Carol besorgt.

„Gar nichts. Ich … es ist mir einfach so rausgerutscht. Ich hatte es noch nicht einmal so gemeint. Ich weiß auch nicht.“

„Aber irgendetwas stimmt doch nicht mit dir, John“, sprach Carol weiter und trat näher an John.

„Mit mir ist alles Ordnung, Mom. Mir geht´s gut.“

„John“, mahnte Carol leise und zeigte John somit gleich, dass sie keine Lust auf seine Ausflüchte, oder sein herunter spielen hatte. Sie hatte bei ihrer Ankunft auf diesem Planeten deutlich sehen können, dass es ihm nicht gut ging. Und wenn sie nicht alles täuschte, hatte er wohl Schmerzen. „Hör auf mit diesen Spielchen. Die haben schon nicht mehr funktioniert, als du zwölf warst. Also?“

„Ich hatte nur Kopfschmerzen, das ist alles.“

„Und jetzt sind sie weg? … Ich habe den Eindruck, dass du in letzter Zeit des Öfteren Kopfschmerzen hattest.“

„Halb so schlimm. Sie kommen und gehen. Kein Grund zur-“

„Seit wann genau kommen und gehen sie? Und wie schlimm sind sie wirklich?“, erkundigte sich Carol weiter, ignorierte Johns Augenrollen mit einem entsprechenden Blick, der ihn schon als Kind immer ermahnte und sich besinnen ließ.

Vielleicht war es besser, doch mal darüber zu reden und vielleicht auch mal die eine oder andere Untersuchung durchführen zu lassen. Es wäre bestimmt interessant herauszufinden, was genau los sei und inwiefern Alexa damit zu tun hatte. Auch wenn John tief in seinem Inneren wusste, dass alles in Ordnung war und wirklich kein Grund zur Sorge bestand, so würde es zumindest seine Mutter beruhigen.

„Seit ein paar Tagen“, antwortete John, korrigierte sich aber gleich wieder, als er die verengten Augen seiner Mutter sah. „Etwa `ner Woche.“ Carols rechte Augenbraue schoss mahnend in die Höhe. „Na schön! Etwas mehr als einer Woche … seit … seit Alexa dieses Empathie Ding am Laufen hat und sie verschwinden immer wenn …“

John sah zu Alexa, die mit ihrem Vater schon ein gutes Stück entfernt war.

„Wenn sie in der Nähe ist?“, schlussfolgerte Carol, worauf John nickte.

„Und du hast seitdem nichts gesagt?! … Hast du es wenigstens mal untersuchen lassen?“, wollte nun Patrick wissen und diesmal schüttelte John den Kopf.

„Es sind nur Kopfschmerzen! Harmlose, leichte Kopfschmerzen. Es lohnt sich nicht mal `ne Aspirin einzuwerfen“, meinte John abwehrend.

„Das glaube ich einfach nicht! Hast du einmal an deine Verantwortung, deine Diensttauglichkeit gedacht? Was wenn-“

„Weiß Alexa davon? Hat sie auch solche Kopfschmerzen?“, fragte Carol weiter und nahm ihrem Mann den Wind aus den Segeln, denn er war gerade dabei, eine hitzige Diskussion zu entfachen.

„Ich habe keine Ahnung, Mom. Ich komme ja nicht dazu, mit ihr zu reden oder … nichts!“

„Ich möchte, dass du dich untersuchen lässt. Deine Kopfschmerzen mögen nur leicht sein, aber sie scheinen etwas mit ihr zu tun zu haben und die Tatsache, dass sie immer dann auftauchen, wenn ihr beide über größere Distanzen getrennt seid und verschwinden, wenn sie in der Nähe ist, ist nicht normal“, entgegnete Carol entschieden, worauf sich auch Patrick wieder zu Wort meldete.

„Genau wie dein Verhalten vorhin. Das entspricht dir doch gar nicht. Was, wenn das irgendwie zusammenhängt?“

„Ich … ich weiß es nicht. Irgendwas geht vor sich, das … irgendwas verändert sich … in mir, das fühle ich, aber … können wir später darüber reden?“

„Oh, und wie wir das werden. Das kann ich dir versprechen, mein Lieber“, gab Carol zurück. „Aber bis dahin solltest du vielleicht den Rat deines Vaters befolgen und dich ein bisschen zusammenreißen, wenn dir wirklich etwas an ihr liegt.“

John nickte und schloss mit seiner Familie und Lornes Team zu den beiden Antikern auf, die bereits fleißig daran arbeiteten, den Eingang zu einer größeren Trainingshalle zu öffnen.

Es dauerte auch nicht lange, bis auch dieser Eingang frei war, auch wenn die Türen wieder aus ihren Halterungen und zu Boden fielen und eine Menge Staub und Schmutz aufwirbelten.

„Langsam frage ich mich, warum hier überhaupt noch etwas steht“, murmelte Alexa und ging einige Schritte in den großen Gang hinein, der links und rechts von Umkleide- und Sanitär- und kleineren Trainingsräumen gesäumt war.

„Ich frage mich, wo Waffen und anderes geblieben sind. Ich nehme an, man hat sie bei der Schließung fortgebracht … oder zumindest hoffe ich doch, dass sie gut versteckt wurden“, schloss sich Tristanius dem Gemurmel seiner Tochter an.

„Waffen?“, entfuhr es Patrick.

„Vergiss es, Dad!“

„Dies war einst eine militärische Ausbildungsstätte, Mister Sheppard. Ich bin sicher, auf der Erde ist es ähnlich“, meinte Tristanius, als er einen der Umkleideräume ausleuchtete und sich genauer umsah.

„Natürlich. Aber da sollten Sie wohl besser John fragen“, antwortete Patrick und sah wie Tristanius abwartend zu John.

„Waffen in der Grundausbildung und auch auf der Academy“, erläuterte John zähneknirschend.

„Nicht zu vergessen bei deinen Ausflügen zu den Special Ops“, schloss sich Patrick wieder an und wurde daraufhin beinahe mahnend von John beäugt.

„Dad, ungeachtet dessen, dass du erst vor Kurzem in meinem Gedächtnis umher spaziert bist, und ganz Atlantis zusehen konnte, gehören solche Infos zur Geheimhaltung.“

„Sind daher einige Stellen in Ihrer Akte … geschwärzt?“, fragte Tristanius, was John doch überraschte. Wann hatte der Mann sich denn Einblick in seine Akte verschafft?

„Ja.“

„Sogar Ihre Ausbildung für diese Special Ops?“

„Ja.“

„Dann nehme ich an, dass es Elemente in Ihrer Ausbildung und Ihrer Arbeit gibt oder gab, die selbst kommandierende, höherrangige Offiziere nicht erfahren dürfen. Auch Mister Woolsey nicht“, fuhr Tristanius fort und sah prüfend zu John.

„Tja, das hat sich ja jetzt erledigt … Was ist mit Alexa?“, fragte John ausweichend. „Gibt es in ihrer Akte denn nicht auch schwarze Stellen? Oder in Ihrer eigenen?“

Wieder sah Tristanius zunächst einschätzend zu John. Langsam legte sich ein leichtes Schmunzeln über seine Lippen. „Nein. Es gibt keine schwarzen Stellen in unseren Akten … sie sind stattdessen codiert, wie Sie sicher schon festgestellt haben und Doktor McKay wird nicht in der Lage sein, diesen Code zu knacken. Sie können Ihre Bemühungen also aufgeben.“

Wenn Tristanius glaubte, John einen ertappten Gesichtsausdruck entlocken zu können, so wurde er arg enttäuscht. Stattdessen war es nun an John, ein leichtes Lächeln zu zeigen.

„Hm … abwarten. So schnell werden wir nicht aufgeben. Abgesehen davon, wäre es doch nur fair, wenn wir auch ein bisschen mehr über sie erfahren … jetzt, nachdem Sie so viel über mich und die anderen wissen“, erwiderte John und hielt Tristanius Blick stand.

Es war ein erneuter, diesmal etwas aggressiver Versuch, dem Mann mehr Informationen, mehr an Wahrheit zu entlocken und anfänglich schien sich Tristanius tatsächlich darauf einzulassen. Dummerweise hatte er das Spiel schnell durchschaut und den Spieß umgedreht. John fluchte innerlich, doch Tristanius leichtes, kaum merkliches Lächeln und Nicken zeugte von Anerkennung. Früher oder später würde dieses kleine Spielchen viel zu ernst werden und der Antiker wäre gezwungen zu reden.

„Wie Sie sagten … abwarten.“

Resigniert sah John zu seinen Eltern, die ebenfalls nur mit den Achseln zucken und ihm weiter folgten. Alexa hatte mittlerweile die große Trainingshalle betreten und schien mit ihrem kleinen Scanner nach etwas zu suchen.

Unsicher blieb Tristanius stehen und sah sich um. Die Decke wies einige Risse und sogar Löcher auf, wo die Bedachung in den letzten Jahrtausenden und unter dem Wetter enorm gelitten und dann nachgegeben haben musste. Einige Balken waren bereits eingestürzt und hingen an den letzten kleinen Halterungen und könnten jeden Moment herunter fallen. Der Boden hingegen war durch Schmutz und Pflanzen beinahe gänzlich befallen und überwuchert und auch durch hereinfallendes Regenwasser stark angegriffen und löchrig. Es würde ihn nicht wundern, wenn er gänzlich vermodert, morsch und nicht begehbar wäre. Es war eindeutig: Den Raum mit unbedachten Schritten zu betreten, wäre lebensgefährlich.

„Alexa, die Trainingshalle scheint mir vom Einsturz gefährdet. Teile der Decke und des Bodens sind schon eingestürzt. Hier ist es zu gefährlich. Du solltest schnell wieder herkommen.“

„Pa, ich habe den Scanner. Ich weiß, wohin ich treten kann, ohne Gefahr zu laufen, einzustürzen“, erwiderte Alexa.

„Und was ist mit dem Risiko, erschlagen zu werden? Das Dach ist auch ziemlich instabil. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es vollständig einstürzt. Ihr Vater hat recht, hier-“

John hielt inne als er ein lauteres Knarzen und Knirschen von oben hörte. Misstrauisch sah er zur Decke, doch eine Bewegung oder gar die Ursache des knarzenden Geräuschs konnte er nicht ausmachen. Aber es hörte sich an, als würde jeden Moment irgendetwas runterkommen.

„Hier ist es wirklich zu gefährlich“, fuhr John fort und sah, dass auch Alexa unsicher zum Dach sah.

Doch ihre Sturheit schien größer als ihre Sorge. „Ich bin auf der Suche nach den Waffen. In dieser Trainingshalle wurde man früher im Umgang mit Nahkampfwaffen unterrichtet und ich will wissen, wo diese Waffen und die Gerätschaft und alles-“

Wieder ertönte das knarzende Geräusch und diesmal konnte John auch die Quelle ausmachen. Ein Balken schien allmählich nachzugeben, denn er konnte diesmal sogar sehen, wie von der entsprechenden Stelle langsam und leise etwas Staub und Zement zu Boden rieselte.

„Alexa, raus da! Der Balken kommt gleich runter!“, rief John und sah zwischen ihr und dem Ungetüm an der Decke hin und her.

„Die andere Ausgangstür hinter dir! Schnell!“, schloss sich ihr Vater an und sie nickte.

Schnell wandte sie sich zur besagten Tür, die gerade mal drei oder vier Meter entfernt war, doch sie würde es nicht schaffen. Ein lauteres Krachen ertönte, als der Balken endgültig an einer Seite nachgab und in die Halle hinab schwang.

„Alex!“

John preschte hervor, stürmte mit einer Geschwindigkeit, die kaum zu verfolgen war, zu Alexa und warf sich auf sie um sie aus der Bahn des Balkens zu bringen. Dieser hatte die beiden nur um wenige Zentimeter verfehlt, prallte gegen die Wand an der Alexa zuvor noch stand und löste sich dann auch von den restlichen Halterungen.

„John!“

„Alexa!“

Hilflos mussten Carol, Patrick und Tristanius dabei zusehen, wie er mit einem lauten Dröhnen und einem noch lauteren Knall der Länge nach auf den Boden aufschlug, worauf dieser durch die Wucht und das Gewicht nachgab und mitsamt John und Alexa in die Tiefe stürzte.

„John!“

„Alexa!“

Immer wieder riefen Tristanius und die Sheppards nach den beiden, doch bisher erhielten sie noch keine Antwort oder sonst irgendein Lebenszeichen. Noch immer lag zu viel Staub in der Luft, Trümmer und Bruchstücke von Decke und Boden knirschten noch laut und übertönten alles.

„Colonel!“, rief Major Lorne und aktivierte das Funkgerät. „Colonel Sheppard können Sie mich hören? Colonel, bitte melden Sie sich, wenn Sie mich verstehen!“

„Um Gottes Willen! Wir müssen ihnen helfen. Sie könnten verletzt sein! Sie könnten verschüttet sein oder … oder unter den Trümmern liegen!“, meinte Carol und wollte schon in den großen Trainingsraum stürmen. Doch Patrick und Tristanius hielten sie auf.

„Nein nicht! Es ist hier zu instabil. Wir müssen zur anderen Seite. Vielleicht kommen wir auch durch den Eingang des Untergeschosses“, erklärte Tristanius und machte sich daran, die Trainingshalle zu verlassen. Patrick, Carol und Major Lorne mit seinem Team folgten ihm. Noch während er das Tempo anzog und schon zur anderen Seite des Gebäudes rannte, nahm er Verbindung zu seiner Frau auf.

„Elisha! Elisha bitte melde dich!“

„Was ist denn los? Was war das denn vorhin für ein Krach? Ist bei euch etwas geschehen?“

„Ja. Es gab einen Einsturz. Alexa und der Colonel könnten verletzt sein. Du musst sofort mit Doktor Keller zum Hinterausgang der großen Trainingshalle kommen.“

~~~///~~~

-Oh nicht schon wieder!- war Johns erster Gedanke, als er träge die Augen öffnete und zuerst einige Gebäudetrümmer zu sehen bekam. Doch dann erinnerte er sich, was geschehen war und er spürte, dass er nicht wirklich unter Schutt und Geröll begraben war.

Doch er lag auf dem Rücken und konnte kaum atmen. Noch immer wirbelte zu viel Staub und Schmutz in der Luft, der ihn in der Nase kitzelte und im Hals kratzte und zudem spürte er ein schweres Gewicht auf seiner rechten Seite liegen. Langsam drehte er den Kopf und sah direkt auf die braune, aber auch eingestaubte Haarpracht der jungen Antikerin.

„Alexa? … Alexa …“

„Wa- Was?“

„Alles in Ordnung?“, fragte John heiser und unterdrückte ein Husten.

„Ja … ja, ich denke schon. Bei Ihnen?“

„Weiß nicht. Habe mich noch nicht getraut, mich zu bewegen“, meinte John scherzhaft, doch wenn er recht überlegte, schien gerade das Gefühl in seinen restlichen Gliedern zurückzukehren. Und es war weiß Gott kein angenehmes Gefühl.

„Wie ich.“

„Am besten Sie bleiben liegen und rühren sich nicht, bis Jennifer und Ihre Mutter hier sind. Sie könnten verletzt sein.“

„Mir geht es gut. Ich bin nicht verletzt“, erwiderte Alexa und machte sich daran aufzustehen, was John schmerzvoll aufstöhnen ließ und Alexa in ihrem Bemühen sofort innehalten ließ. „Aber Sie offensichtlich.“

„Ich sagte ja, Sie sollten sich nicht rühren. Ich weiß nicht, was mit mir ist, aber ich möchte, dass Sie ruhig liegen bleiben. Sie könnten vielleicht doch verletzt sein und es nicht merken. Ganz zu schweigen von inneren Blutungen“, meinte John und sah vorsichtig zu seiner linken Seite und er entdeckte eine vom Boden aus nach oben ragende Stange. Ihm schwante Übles. Auch wenn die Schmerzen nicht extrem stark waren –vermutlich eine Art Schockzustand- so war er sich sicher, dass er dieser verdammten Eisenstange wohl näher gekommen war, als ihm lieb war.

„Ich hoffe so schlimm wird es nicht sein.“

„Hoffe ich auch. Aber wir haben gut und gerne sechs bis acht Meter oder mehr auf unseren Weg nach unten zurückgelegt. Das ist kein Pappenstiel.“

„Alexa? Colonel?“, ertönte eine Stimme von oben, ebenso das Geräusch von Räumungsarbeiten.

„Wir sind hier!“, rief John zurück, wurde jedoch gleich von einem schmerzhaften Husten gepackt. „Ahhh! … Und ich dachte schon, ich höre die Stimme Gottes.“

Alexa musste tatsächlich etwas lächeln. „Nein, es ist nur mein Vater.“

„Geht es euch gut? Seid ihr verletzt? Bewegt euch nicht! Wir sind gleich bei euch!“, ertönte Carols mehr als besorgte Stimme.

„Und das ist wohl die Stimme eines Engels, hm?“

„Ja, manchmal“, erwiderte John und musste erneut schmerzvoll aufhusten. Dann versuchte er, sich wieder umzusehen und sich einen Überblick zu verschaffen.

Viel konnte man nicht sehen, vereinzelt kämpften sich einige Sonnenstrahlen durch Trümmer, kleinere Balken und Gestänge. Doch es schien immer noch zu dunkel zu sein, um genauere Details ihrer Umgebung zu erkennen. Es war offenbar ein einziges Chaos, was nicht verwunderlich war, nach einem solchen Einsturz. Sein Blick glitt wieder zu seiner linken Seite, an der –oder womöglich auch aus der eine Eisenstange ragte.

„Verdammt!“

„Was ist?“, fragte Alexa und schien sich ebenfalls einen Überblick verschaffen zu wollen, ohne sich jedoch großartig zu bewegen und John womöglich noch mehr Schmerz zuzufügen.

„Ach nichts. Ich frage mich nur, warum wir beide immer fallen … oder rutschen. Oder warum es mit uns immer nach unten geht“, sagte John scherzhaft, um sich und Alexa abzulenken und zu beruhigen.

„Das gehört zu den Grundkräften der Physik. Das Gesetz der Schwerkraft, um genau zu sein. Manchmal geht es eben immer nur nach unten.“

„Hehe Ja. Au! … “, stöhnte John schmerzhaft, als er kurz lachen musste. „Ich glaube, auf uns trifft eher Murphys Gesetz zu.“

„Murphys Gesetz?“

„Alles, was schiefgehen kann, wird auch schief gehen.“

„Lautete dieses Gesetz denn nicht ursprünglich anders?“, fragte Alexa und spürte, wie sich Johns Kopf zu ihr drehte. „Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Aufgabe zu erledigen, und eine davon in einer Katastrophe endet oder sonst wie unerwünschte Konsequenzen nach sich zieht, dann wird es jemand genauso machen?“

„Kann sein … ja.“

„Dann bin ich wohl dieser jemand. Ich hätte diese Halle nicht betreten sollen. Oder zumindest … hätte ich gleich, nachdem mein Vater mich gewarnt hat, verschwinden müssen.“

„Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Was geschehen ist, ist geschehen und die Halle wäre so oder so eingestürzt.“

„Ja, aber hätte ich gehört, würden wir jetzt nicht hier liegen und … unsere Knochen zusammensuchen.“

Wieder vergingen einige Augenblicke, in denen die beiden sich schweigend umsahen, zumindest so weit es ihr sehr begrenzter Bewegungsradius es zuließ und zum ersten Mal war John sogar froh, dass ihr Rücken zu ihm gekehrt und sie nicht diese verdammte Stange erblicken konnte. Das würde sie mit Sicherheit aus der Bahn werfen und sie aufspringen lassen. Doch Alexa rührte sich ein wenig, hielt dann aber plötzlich erstarrt inne.

„Äh … Colonel?“

„Ich schwöre bei Gott, es ist nur meine Waffe“, gab John zurück, worauf Alexa doch ein wenig lächeln und den Kopf schütteln musste.

„Apropos Waffe. Ich habe die Nahkampfwaffen und auch anderes gefunden.“

„Na dann hat sich dieser Ausflug ja wenigstens gelohnt.“

„John! Alexa!“, ertönten wieder die Stimmen von Carol und Patrick und auch Tristanius meldete sich wieder.

Noch immer hörte man wie Trümmer und Bruchstücke beiseitegeschafft wurden, um einen halbwegs sicheren Weg zu den beiden zu finden und allmählich schien es auch etwas heller zu werden. Genauso legte sich auch der umherwirbelnde Staub und man konnte etwas leichter atmen.

„Geht es euch gut?“

„Im Großen und Ganzen, ja, aber wie Alexa gerade meinte: Wir suchen noch unsere Knochen zusammen.“

„John! Um Gottes Willen!“, entfuhr es Carol, als sie ihren Ältesten endlich erreichte und neben ihm auf die Knie fiel. Auch Tristanius war schnell an Alexas Seite und ließ seinen Blick kritisch über sie gleiten.

„Bist du verletzt? Hast du Schmerzen?“

„Nein. Aber wenn ich mich bewege, schreit er“, erwiderte Alexa.

„Ich schreie nicht, ich … Sie liegen nun mal auf meinen Rippen und offenbar … sind die nicht ganz damit einverstanden.“

„Ich wollte ja aufstehen, aber-“

„Keiner von euch beiden rührt sich, bevor nicht Elisha und Doktor Keller mit den Untersuchungen begonnen haben und Entwarnung geben können“, erklärte Tristanius bestimmend und unterband somit die erneut aufkeimenden Streitigkeiten zwischen den beiden.

„Ganz zu Schweigen von deiner anderen Seite“, meinte Patrick und sah, wie Carol vorsichtig an Johns Seite begann zu nesteln, um sich seine mögliche Verletzung durch die metallene Stange genauer anzusehen.

John wollte schon antworten, als er bereits weitere Leute nahen hörte. Er musste zugeben, dass er erleichtert war, als er Jennifer und Elisha kommen sah –mit Dorian und McKay im Schlepptau.

„Wie ist denn das passiert?“, fragte Jennifer, die sich mit Elisha sofort ans Werk machte, als Carol und Tristanius abrückten und Platz schufen.

„Alexa wollte sich in der großen Halle umsehen, als sich ein Balken von der oberen Decke löste. Der Colonel konnte sie zwar noch aus seiner Bahn bringen, aber als der Balken zu Boden fiel, stürzte dieser ein und riss die beiden mit sich.“

„Einstürzende Gebäude haben es dir wohl angetan, was?“, kommentierte Jennifer und ließ nochmals den Scanner über John gleiten, der auf diesen eher lahmen Scherz nur müde lächeln konnte. „Wie sieht es bei Alexa aus?“

„So weit ich sehen kann, weder Knochenbrüche, noch innere Verletzungen oder Blutungen. Großes Glück würde ich sagen. Sehr großes Glück … vorerst“, gab Elisha zurück und sah eindringlich zu ihrer Tochter. „Kannst du aufstehen?“

„Nicht ohne, dass er schreit“, gab Alexa zurück, worauf John stöhnte.

„Ich schreie nicht!“, erwiderte John gereizt, doch Alexa musste gleich darauf das Gegenteil beweisen und rührte sich nur wenige Zentimeter und tatsächlich – John musste laut aufstöhnen. Auch wenn er sich noch so sehr auf die Zunge biss.

„Prellungen und Quetschungen. Sie sind ihm offenbar auf die Rippen gefallen. Ich gebe dir etwas von dem Schmerzserum, dann kann Alexa gleich mal versuchen, langsam aufzustehen.“

„Was ist mit der Stange? Das sieht nicht gut aus“, meldete sich Carol wieder zu Wort und verfolgte Jennifers Tun ganz genau.

„Sie hat ihn nur geschrammt oder besser gesagt, er hat sie geschrammt. Es sieht schlimmer aus, als es ist. Ich würde sagen, er hatte ebenfalls verdammt großes Glück.“

Jennifer injizierte John eine Dosis des neuen Schmerzzentrums und machte sich daran, seine Schutzweste um die Stange herum weiter aufzuschneiden, damit sie gleich einen Verband anlegen konnte. Es war tatsächlich nur eine Schramme. Zugegeben, eine relativ große Schramme, aber zumindest nicht tief und zum Glück auch nicht stark blutend. Nur Augenblicke später begann sich John etwas mehr zu entspannen, denn das Schmerzmittel wirkte und Alexa konnte langsam aufstehen.

„Ganz langsam … schön vorsichtig“, meinte Tristanius, als er seiner Tochter langsam auf die Beine half.

Doch auch wenn Alexa sich noch so langsam und vorsichtig bewegte, musste John aufstöhnen. Erst recht, als sich das Gewicht auf seinen malträtierten Rippen auflöste und er einen tiefen Atemzug machen wollte. Doch er hatte es schnell unter Kontrolle und ließ sich nun ebenfalls von einem von Lornes Männern und seinem Vater vorsichtig auf die Beine helfen und auf wackeligen Beinen nach draußen führen.

~~~///~~~

„Na ja, wenigstens weiß ich jetzt, wo die Waffen und so geblieben sind“, meinte Alexa, als sie sich von ihrem Vater zu einem größeren Felsen führen und darauf nieder ließ.

Tristanius warf seiner Tochter nur für einen Moment einen tadelnden Blick zu, bevor er dankbar das Wasser annahm, dass einer der Marines zwischen John und Alexa verteilte. Schnell suchte er ein Tuch aus seiner Schutzweste, befeuchtete es und begann das Gesicht seiner Tochter vom Staub und Schmutz zu befreien.

„Hier, trink etwas“, erwiderte er, als er erleichtert feststellte, dass sie keine offenkundigen Verletzungen davongetragen hatte.

„Ich hätte gleich auf dich hören sollen … Es tut mir leid, ich … ich schätze das wird noch Folgen nach sich ziehen, hm?“, gab Alexa leise zurück, nachdem sie die ersten Schlucke getrunken hatte.

„Ja, hättest du, akzeptiere ich und über die Folgen sprechen wir später“, erwiderte Tristanius, musste dann aber lächeln, als er sah, wie seine Tochter reumütig unter ihren verschmutzten Haarsträhnen hervor lugte. „Du hattest wirklich großes Glück.“

„Was ist mit dem Colonel?“, fragte Alexa leise und blickte zur Seite. Nur wenige Meter entfernt, ließ sich John gerade das Wasser über Kopf und Gesicht laufen, während Jennifer sich noch immer seiner verschrammten Seite widmete und Ronon, Rodney und die Marines ihren kommandierenden Offizier aufmerksam musterten.

„Hatte wohl nicht so viel Glück“, erklärte Elisha, die immer noch mit dem Scannen ihrer Tochter beschäftigt war.

„Neben den Prellungen und Quetschungen auf der einen Seite, entging er nur haarscharf der Eisenstange, die ihn auch hätte durchbohren können. Wahrscheinlich noch eine Gehirnerschütterung und dutzende von Schrammen und Kratzern.“

„Ich glaube deine Entschuldigung ist eher bei ihm angebracht“, schloss sich Tristanius an, worauf sich Alexa doch sehr wundern musste. Seit wann ergriff ihr Vater derart Partei für Sheppard? Und nicht nur das. Er schien auch besorgt um ihn, als sein prüfender Blick immer wieder zu dem Colonel glitt.

Lange konnte sich Alexa jedoch nicht darüber den Kopf zerbrechen, denn Dorian schloss zu ihnen auf und begann schon wieder Scherze zum machen. Sehr zu Alexas Leidwesen, denn sie war die Hauptleidtragende seiner schlechten Witze über das Fliegen ohne Fluggerät. Sein Vater unterband dies jedoch schnell.

„Was ist mit der Kapsel?“

„Äh … wir haben einen Weg gefunden, sie von der Energieversorgung zu trennen. Wir könnten sie also mit nach Atlantis nehmen und sie uns da genauer ansehen.“

„Dann bereite alles vor. Für heute ist der Ausflug in alte Gefilde beendet und ich möchte, dass sie gleich mitgenommen wird.“

Dorian nickte, und machte sich wieder an die Arbeit. Ein Transportmittel, um die Kapsel von dem Berg hinunter zum Gate zu bringen, hatte er auch schon gefunden und so dauerte es nicht lange, bis sich die gesamte Truppe zum Abmarsch bereit machte. Natürlich gab es noch eine kurze Diskussion mit Rodney, der unbedingt noch weiter an dem Schildgenerator werkeln wollte, doch John war für diesen Tag wirklich mehr als bedient und um so leichter fiel es ihm auch, Rodney durch einen entsprechenden Blick und mahnende Worte endlich spuren zu lassen.

Der Abstieg war fast geschafft und glücklicherweise brauchte John nicht gestützt oder sonst wie unterstützt zu werden. Seine Verletzungen waren offenbar wirklich nicht so schlimm wie anfangs angenommen und das Schmerzserum trug ebenfalls dazu bei. Doch das genaue Ausmaß würde wohl erst in Atlantis zum Vorschein kommen. Tatsächlich war es eher Carol, die langsam aber sicher immer heftiger hinkte. Sie fluchte innerlich und schwor sich, beim nächsten Mal auf richtige Kleidung zu achten.

Alexa hingegen, nutzte den Abstieg um sich noch einmal reumütig bei John zu entschuldigen. Auch wenn ihr die gesamte Situation ganz und gar nicht behagte und schon seit einiger Zeit lieber Abstand zu ihm halten wollte, so fühlte sie sich für den Einsturz und die daraus resultierenden Verletzungen des Colonels verantwortlich.

„Jetzt machen sie sich nicht verrückt. Es sind doch nur ein paar blaue Flecke und ein paar Schrammen. Ich bin schon mal unter Tonnen von Geröll eines Gebäudes begraben worden und ich habe es überlebt.“

„Aber diesmal hätte es schlimmer ausgehen können. Diesmal hätten-„
Alexa hielt inne und blieb alarmiert stehen. Sie schloss die Augen und schien zunächst nach innen gewandt, schien auf eine innere Stimme zu hören. John wusste aus vergangener Zeit, dass sie offenbar irgendetwas spüren musste. Etwas, dass ihr nicht behagte, denn sie entsicherte ihre Waffe.

„Was ist los?“

„Irgendwas ist hier. irgendwas … irgendjemand-“

„Geht das schon wieder los!“, stöhnte McKay.

„Rodney!“, unterbrach John die beginnende Meckerei. „Was ist es? … Was fühlen Sie?“

„Es ist jemand hier … ich … “

Auch Tristanius war nun alarmiert und rückte dichter an Alexa heran. „Konzentriere dich. Was genau kannst du empfangen?“

Wieder schloss Alexa die Augen, konzentrierte sich, horchte in sich hinein, ließ die Präsenz, die sie spürte näher an sich heran, ließ sie auf sich wirken. Erneut spürte sie diese Macht, Wärme, Freundlichkeit und Helligkeit, etwas Fremdes und doch Vertrautes.

„Alexa …“, sprach John und trat noch näher an sie heran. Er wollte nach dem mysteriösen Fremden fragen, doch die Worte wollten und sollten nicht so recht aus seinem Mund. Mit wissendem Blick sah sie zu ihm auf und schüttelte den Kopf.

„Es ist etwas … Freundliches, etwas, Warmes und Helles und-“

Und dann erblickte sie ihn. Gleich unten, am Rande des Dorfes. Groß, stark und in hellen Gewändern, versuchte der Mann sich mehr schlecht als recht zu verstecken, doch es war zu spät. Er rannte los und Alexa rannte hinterher.

„Alexa!“

John und Tristanius konnten gar nicht so schnell reagieren, wie Alexa die Verfolgung aufnahm und den restlichen Hügel hinunterlief. Fluchend schlossen sich die beiden Soldaten an.

„John! … Du kannst doch nicht …“, rief Carol noch hinterher, doch John war schon außer Reichweite.

Der Fremde schien ich einen Spaß daraus zu machen, Alexa zunächst um das Dorf herum und dann hindurchzuführen. Ein Hindernis nach dem anderen legte er mit einer einzigen Handbewegung in den Weg und Alexa sprang darüber hinweg oder rannte drum herum. Er zog das Tempo an und Alexa schloss immer dichter auf. Es würde nicht mehr lange dauern und sie hätte ihn erreicht.

Die Dorfbewohner waren in Panik, während Frauen und Kinder noch ängstlich schrien und alles fallen, stehen oder liegen ließen, machten sich die Männer daran, sich mit Äxten und Heugabeln zu bewaffnen. Doch der Dorfälteste blieb relativ ruhig und rannte auf die Atlanter zu.

„Das ist er! Das ist er! Der Geist!“

Alexa interessierte es in diesem Moment nicht. Alles, was sie bisher von ihm zu sehen bekam, war die große und kräftige Statur und das helle Gewand. Sie wusste nicht, wer er war, denn sein Gesicht lag selbst während der Flucht tief unter der Kapuze verborgen. Sie wusste nur, dass es ein merkwürdig vertrautes Gefühl war, dass er ihr offenbar vermittelte – und dann noch während der rasanten und wilden Verfolgungsjagd.

Er bog um die Ecke eines Hauses und kaum, dass auch Alexa die Biegung hinter sich gebracht hatte, folgte eine weitere lässige Handbewegung. John, der sich aus einer anderen Richtung schnell näherte, sah die Gefahr als erstes, doch alles, was er noch tun konnte, war sie zu warnen.

„Alex!“

Sie sah die große Holzpalette auf sich zufliegen, doch aus einem unerfindlichen Grund konnte sie sich nicht mehr ducken. Stattdessen drehte sie sich aus dem Lauf um die eigene Achse und trat mit aller Wucht gegen die nahende Palette, sodass sie in unzählige Splitter und Bruchstücke zerbarst.

„Mein Gott! Hast du das gesehen?! Das Ding muss doch mindestens 100 Kilo gewogen haben!“, entfuhr es Patrick, der mit Carol in seinen schützenden Armen der Szenerie besorgt folgte und von den Marines, sowie Ronon und Rodney flankiert wurde.

Ohne sich weiter daran zu stören, setzte Alexa die Verfolgung fort. Noch einige Meter rannte sie ihm hinterher, bevor sie einige Warnschüsse mit der Waffe abfeuerte.

„Stehenbleiben!“

Und tatsächlich blieb der Fremde stehen, drehte sich zu ihr herum und entledigte sich seiner Kapuze. Alexa schlitterte über den kiesbedeckten Boden, landete dich vor ihm auf ihrem Allerwertesten und sah wie vom Donner gerührt zu ihm auf.

„Hallo Alexa.“

Und dann waren sie wieder da. Die Schmerzen, die sie in die Schwärze der Bewusstlosigkeit trieben.

 

~~~///~~~

John hatte gesehen, wie Alexa von einer Schmerzattacke ergriffen worden und bewusstlos zusammengesackt war und er sah auch, dass dieser geisterhafte Fremde sich ihr nun nähern wollte.

„Keine Bewegung!“, befahl John, als er Alexa endlich erreichte und mit seiner Waffe auf den Fremden zielte, sodass dieser langsam wieder einen Schritt zurückging. Beruhigt stellte er fest, dass Tristanius nur wenige Schritte hinter ihm war und ebenfalls heraneilte. Den Fremden im Auge behaltend und ohne die Waffe zu senken, ging John neben Alexa in die Hocke und checkte ihren Puls und ihre Atmung.

„Ich kann ihr helfen“, meinte der Fremde mit ruhiger Stimme.

„Sie bleiben, wo Sie sind“, erwiderte John und registrierte am Rande, wie Tristanius Schritte deutlich langsamer wurden und er schließlich erstarrt stehen blieb. So auch Elisha und Dorian, als sie die Dorfmitte und somit die kleine Gruppe erreichten.

„Sie hat Puls und atmet regelmäßig“, informierte John ihn, wobei Tristanius Blick streng prüfend über den Fremden Blick und er sich dann blinzelnd aus seiner Erstarrung löste.

„Du? … Wie ist das …?“

„Eine lange Geschichte, General“, erwiderte der Fremde.

„Die Waffe runter, Colonel“, bat Tristanius ohne den Blick von dem Mann zu lassen. John traute seinen Ohren nicht recht und zögerte. „Ich sagte, Sie sollen die Waffe senken. Ich wiederhole mich nicht gerne.“

Weiterhin misstrauisch kam John der Bitte nach und sah irritiert zwischen dem General und dem Fremden, der ihm doch irgendwie bekannt vorkam, hin und her. „Sie kennen ihn?“

„Wie er schon sagte, es ist eine lange Geschichte … die wir auf Atlantis klären sollten. Ich versichere Ihnen, er stellt keine Gefahr dar.“

„Ich kann dort auf Sie warten.“

„Nein … du wirst uns … auf dem üblichen Weg begleiten. Wir hatten schon genug Aufregung für heute“, erwiderte Tristanius bestimmend, worauf der Fremde ergeben nickte.

Tristanius beugte sich zu seiner Tochter, nahm sie behutsam auf seine Arme und setzte sich in Bewegung. Dicht gefolgt von dem Fremden, der von John noch immer mehr als misstrauisch beäugt wurde.


Atlantis

Richard Woolsey war überrascht, als das Stargate von außen angewählt und er über die Rückkehr von Colonel Sheppard und seinen Leuten informiert wurde. Wenn er recht überlegte, war es meist kein gutes Zeichen, wenn das Eliteteam – und nun auch noch in Begleitung der Antiker und der restlichen Sheppards – vorzeitig zurückkehrte. Irgendwas muss wohl schief gegangen sein und seine Befürchtungen wurden jäh bestätigt, als der General mit seiner bewusstlosen, verschmutzten Tochter auf seinen Armen, und ein ebenfalls vollkommen verschmutzter, erschöpfter und verschrammter Colonel die Stadt betraten. Auf den Fremden, der von den beiden flankiert und von allen anderen teils erstaunt, teils argwöhnisch gemustert wurde, achtete er zunächst nicht.

„Was ist passiert?“

„Sie hatte wieder eine Schmerzattacke. Außerdem befand sie sich mit dem Colonel ein einem Gebäude, das einstürzte. Sie muss sofort zur Krankenstation“, erklärte Tristanius, worauf Woolsey nickte.

„Und unser Besucher?“

„Ich schlage vor, wir bringen ihn erst einmal in den Isolationsraum. Da kann er uns dann seine lange Geschichte erzählen“, meinte John und musterte den Fremden misstrauisch von der Seite.

Dieser jedoch schien unbeeindruckt und sah ruhig und abwartend zu Tristanius, der nach kurzem Zögern nickte. „Wir werden uns gleich unterhalten, aber zuerst kümmere ich mich um Alexa. Folge ihnen … es wird nichts geschehen.“
Wieder nickte der Fremde ergeben und ließ sich ohne Protest oder weitere Anstalten zu machen, von einigen Sicherheitsleuten zum Isolationsraum führen.

„Äh … General, das Protokoll sieht vor, dass Besucher vorher angekündigt werden müssen. Dann werden sie überprüft, und wenn sie die Stadt betreten dürfen, müssen sie sich ebenfalls einer medizinischen Untersuchung unterziehen. Ich nahm an-„

„Mister Woolsey, ich kenne das Protokoll, glauben Sie mir“, erwiderte Tristanius und machte sich auf den Weg zur Krankenstation, während er weitersprach, als er merkte, dass Richard ihm folgte, „Und Sie können mir auch glauben, dass eine Überprüfung, und eine medizinische Untersuchung ohne besorgniserregende Ergebnisse verlaufen würde. Ich kenne den Mann und somit … verbürge ich mich für ihn. Sobald ich sicher bin, dass es meiner Tochter gut geht und sie und der Colonel medizinisch versorgt wurden, werden der Besucher und ich Ihnen gerne alles erklären“, meinte Tristanius, als sie endlich die Krankenstation erreichten und seine Tochter behutsam auf eine Liege legte, sodass sich Elisha sofort um sie kümmern konnte.

Auch John murrte nur kurz, als Jennifer ihn zu einer Liege bugsierte und ihn aufforderte, sich seiner Waffen, Ausrüstung und der Oberbekleidung zu entledigen. Beinahe gleichzeitig wurden beide von den großen lantianischen Ganzkörperscannern durchgecheckt und bei beiden wurden glücklicherweise keine Knochenbrüche, innere Verletzungen oder gar inneren Blutungen gefunden. Doch die Untersuchungen waren noch nicht fertig, ganz zu schweigen, von Johns übler Schramme. Carol und Patrick entspannten sich jedoch immer mehr, als sie sahen, dass es John recht gut ging.

„Der Scan zeigt nichts an, aber ich will sie mir selbst noch genauer ansehen. Sie ist einige Meter tief gestürzt und hat sich ein rasantes Rennen durch das Dorf geleistet. Ebenso möchte ich ihre Gehirnaktivität genauer überprüfen. Es muss ein heftiger Anfall gewesen sein“, erklärte Elisha, worauf Tristanius nickte und sich daran machte, den Vorhang um die Liege seiner Tochter zu drapieren, um ihre Intimsphäre zu schützen. Elisha würde bei ihrer augenscheinlichen Untersuchung sehr gründlich vorgehen wollen.

Er selbst blieb draußen, bat seinen Sohn, frische Kleidung für seine Schwester aufzutreiben und beobachtete den Colonel, der sich mehr oder weniger geduldig von Jennifer untersuchen und behandeln ließ.

„Ist etwas mit ihr?“, erkundigte sich Richard, der bisher nachsichtig die Untersuchungen abwartete und beobachtete.

„Nichts allzu Schlimmes, aber meine Frau möchte sich unsere Tochter noch genauer ansehen und die Gehirnaktivität genauer untersuchen. Wie sieht es bei dem Colonel aus?“, fragte Tristanius, was eigentlich überflüssig war.

Er konnte die verschrammte Seite zunächst zwar nicht genauer sehen, dafür begann Johns rechte Brustseite, langsam aber sicher eine rot bis tiefblaue Farbe anzunehmen. Das würde wohl ziemlich schmerzen.

„Wie ich auf dem Planeten schon vermutete. Nur ein paar Prellungen und blaue Flecke, die Stange hatte ihn wirklich nur geschrammt und er hat eine leichte Gehirnerschütterung. Nichts was wir nicht hinkriegen und den Colonel lange außer Gefecht setzen sollte. Es sieht wirklich schlimmer aus, als es ist“, erklärte Jennifer, als sie sich daran machte, die Wunde zu säubern, was John mit einem zischenden Aufstöhnen quittierte.

„Gut. Ich bin erleichtert, dass es offenbar bei niemandem allzu schwere Verletzungen gibt. Also, würde man mir nun freundlicherweise erklären, was vorgefallen ist“, bat Richard und sah abwechselnd zu Tristanius und John.

Tristanius erbarmte sich, gerade als John sprechen wollte. Während der General erzählte, was sie in der Akademie gefunden hatten und was später in der Trainingshalle und im Dorf geschah, versuchte John sich ein wenig zu entspannen. Doch es gelang ihm nicht. Immer wieder drifteten seine Gedanken zu dem Mann im Isolationsraum und zu Alexa, deren Reaktionen auf ihn mehr als ungewöhnlich waren. Und das gefiel ihm gar nicht.

Tristanius hatte seinen Bericht gerade beendet, nun drehte sich das Thema um den Fremden. Der Antiker erbat sich ein Gespräch unter vier Augen mit ihm, bevor er weitere Fragen beantworten und weitere Erklärungen abgeben würde. Zögernd willigte Richard ein, worauf sich Tristanius auf den Weg zum Isolationsraum machte.

„Colonel?“

„So weit stimmt alles, was er gesagt hat“, bestätigte John, „Alexa hatte seine Anwesenheit wahrgenommen, noch bevor sie ihn gesehen hat und schon ist sie ihm quer über Flur und Wiese und ins Dorf hinter hergejagt.“

„Die Tatsache, dass er die Befehle des Generals befolgt, lässt darauf schließen, dass es wohl ein Bekannter der Familie sein muss. Ich frage mich nur, wie das möglich ist“, erwiderte Richard, wurde dann aber gleich von Elisha überrascht.

„Es stimmt, er ist ein Bekannter unserer Familie“, meinte sie und trat hinter dem Vorhang hervor, „aber es ist eine lange Geschichte. Dennoch habe auch ich einige Fragen, außerdem will ich meinen Mann darüber informieren, das Alexa keine Verletzungen hat … Dank Ihnen. Sie hat keinen einzigen Kratzer davon getragen … Ich weiß zwar nicht, wie Sie das gemacht haben, aber … Danke.“

John nickte. „Was ist mir ihrem Kopf?“

„Ihre Gehirnaktivität hat wieder zugenommen. Sie liegt nun bei 17 Prozent. Ich weiß noch nicht, welche Auswirkungen es auf sie hat. Sie muss erst wieder zu sich kommen.“

„Ich werde gerne nach ihr sehen“, bat Jennifer an, worauf Dorian auch schon freudig in Stellung ging. Elisha wusste, dass auch er neugierig war und Fragen hatte. Alexa war bei Jennifer in guten Händen uns so nickte sie dankbar und machte sich auf den Weg.


Isolationsraum

Man konnte meinen, dass es eine Art von Unsicherheit oder auch Unglaube war, das Tristanius im Gesicht geschrieben stand, als er den Isolationsraum betrat.

„Nun … ich muss sagen, ich bin … durchaus überrascht“, gab Tristanius in seiner Muttersprache bekannt.

„Auch wenn Sie sich denken können, was damals geschah … und warum ich hier bin?“

„Du hast offenbar etwas erreicht, wonach viele von uns streben … gestrebt haben und den Grund für dein Hiersein ahne ich ebenfalls. Nur frage ich mich, warum du es getan hast“, meinte Tristanius, als er seine Hände hinter seinem Rücken verschränkte und im Isolationsraum spazierte.

„Ich habe es nicht … Es war nicht meine Entscheidung, General.“

„Nicht deine Entscheidung? Es war nicht deine Entscheidung, aufzusteigen? Soll das bedeuten, dass du … was, um alles in der Welt hat das zu bedeuten?“

„Das kann ich Ihnen nicht erklären. Es … ich … ich darf es nicht.“

Tristanius nickte, hatte er sich diese Antwort doch denken können. „Du darfst es nicht … hast du überhaupt daran gedacht, was du Alexa sagen willst? Wie willst du ihr deinen Aufstieg, deine Anwesenheit erklären?“

Tristanius erhielt keine Antwort. Stattdessen sah sein Gegenüber ratlos zu Boden und sah erst wieder auf, als sich die Türen des Isolationsraumes öffneten und Elisha in Begleitung von Dorian hineintraten.

„Ich glaube es einfach nicht! … Alter!“, entfuhr es Dorian, der lachend auf Darius zulief. Freudig umarmten sich die beiden.

„Ich habe es schon damals nicht gemocht, wenn du mich Alter genannt hast.“

„Na, jetzt passt es wenigstens.“

„Wie es auch zu dir passt“, gab der Besucher zurück.

„Ich bin immer noch jünger als du.“

„Ist es wirklich wahr?“, fragte Elisha, die sich nur zögerlich näherte, „Bist du wirklich zurück gekehrt?“

Auch Elisha umarmte ihn freudig und strahlte über das ganze Gesicht, selbst wenn ihr Gegenüber nur mit einem Lächeln antwortete.

„Alexa?“, fragte Tristanius an seine Frau gerichtet, die sich wieder aus der Umarmung löste.

„Ist noch weggetreten. Sie ist nicht verletzt. Sie hat nicht einmal den kleinsten Kratzer. Lediglich einen winzig kleinen blauen Fleck an ihrem rechten Knöchel, der höchstwahrscheinlich von dem Tritt gegen die Holzplatte herrührt. Aber er ist wirklich kaum zu sehen und Alexa wird ihn wohl auch kaum spüren. Um ehrlich zu sein, wundere ich mich sehr. Aber ihre Gehirnaktivität hat zugenommen. Sie liegt bei 17 Prozent.“

Tristanius sah abwartend zu Darius. „Dein Werk?“

„Es ist Colonel Sheppard zu verdanken, dass sie unversehrt blieb.“

„Dann hattest du nichts mit dem Einsturz der Halle zu tun?“

„Nicht auf die Weise, wie Sie vielleicht glauben. Ich würde niemals ihr Leben gefährden.“

„Du hast die Palette nach ihr geworfen“, entgegnete Tristanius missbilligend.

„Sie hätte sie nicht getroffen. Ich hatte alles unter Kontrolle. Ich habe … ich wollte Alexa testen. Sie hat sich verändert. Sie ist … schwächer geworden. Die Sache mit der Halle war wirklich ein Unfall. Ich wusste zwar, die Halle würde einstürzen, aber ich konnte nicht viel tun. Nicht, wie ich es gewollt hätte. Ich durfte nicht eingreifen. Alles, was ich tun konnte, war die Stange vor dem Einsturz ein wenig weiter zu verschieben, sodass nicht beide von ihr … durchbohrt wurden. Colonel Sheppard hat Alexa geschützt. Er muss sich während des Sturzes so gedreht haben, dass er das meiste abbekam. Ihre Unversehrtheit ist allein sein Verdienst … Er nimmt seinen Schwur ernst, General.“

Tristanius blickte auf und musterte sein Gegenüber aufmerksam. „Du weißt davon? Du weißt, dass … dass er-„

„Ich weiß es und ich weiß mehr über ihn, als er über sich selbst. Ich weiß alles.“

„Du weißt alles … dann nehme ich an, das du auch weißt, dass ich mit den Menschen hier noch nicht über … du weißt ja wen oder was gesprochen habe. Willst du mich mit deinem Auftauchen, deiner Anwesenheit dazu zwingen?“

„Wenn es nötig ist.“

„Willst du es ihnen sagen? Das ist intervenieren auf einer niederen Ebene, Darius. Das wird erfahrungsgemäß nicht geduldet. Ist es deine Absicht, auf diese Weise zurückgeschickt zu werden?“

„Alexa würde sich so sehr freuen“, meinte Elisha hoffnungsvoll.

„Es würde sie umhauen. Schon wieder“, fügte Dorian hinzu.

„Du bist in ihren Armen gestorben, Darius. Sie hat um dich getrauert. Sie hat so sehr … sie hat lange gebraucht, um wieder in ihr Leben zurückzufinden und selbst dann war sie nie mehr … du sagtest es selbst. Sie ist schwächer geworden.“

„Ich weiß. Ich weiß auch, was getan wurde. Ihre Anfälle haben mit dem, was damals getan wurde, zu tun.“

„Wir sind daran schuld?“, entfuhr es Elisha.

„Nein, nicht direkt. Aber die lange Stase brachte Probleme mit sich. Wie die Menschen hier vermuten, ist die Kapsel einem Phänomen im Weltall zu nahe gekommen. Was sie nicht wissen, ist, dass die Programmierung durcheinandergeriet und dadurch Auswirkungen auf die Konfiguration von Alexas Erinnerungen hatte. Ihr Unterbewusstsein … es versucht an diese konfigurierten Erinnerungen zu gelangen. Aber da dies unmöglich ist …“

„Erleidet sie jedes Mal diese Schmerzen“, ergänzte Dorian. „Dann erlangt sie diese Erinnerung doch zurück.“

„Sie wird sich an das erinnern, woran sie sich erinnern soll. Insoweit funktioniert die Konfiguration noch immer sehr gut und es ist unmöglich an sie zu gelangen, aber ihr Unterbewusstsein weiß nun jedoch, dass es etwas gibt und die Zeit drängt. Sobald sie all ihre Erinnerungen zurückgewonnen hat, wird ihr selbst bewusst, dass etwas nicht stimmt, dass es noch mehr gibt … sie ahnt es allerdings bereits schon jetzt und das kann nicht nur sie, sondern alle schwächen und irritieren, wenn es auf dem falschen Wege ans Tageslicht kommt. General … er ist gefährlicher, als je zuvor. Er hatte den Aufstieg erreicht.“

„Und du und die anderen habt es zugelassen?“

„Er hat den Aufstieg nicht mit Hilfe eines Aufgestiegenen geschafft. Wir konnten es ihm nicht verwehren. Unglücklicherweise … hat Alexa ihm dabei geholfen.“

„Niemals!“

„Sir, er hat sie gejagt und sie hat ihn gejagt. Sie haben gesehen, was er mit ihr gemacht hat … wozu er sie gezwungen hat, wozu er in der Lage war. Er hat früh gemerkt, dass Alexa nicht aufgeben würde, nach ihm zu jagen und ihn in zu vernichten. Er wusste, er würde auf Dauer keine Chance gegen sie haben, also …“

„Also hat er sie benutzt … er hat Alexas Rachedurst, ihre Unnachgiebigkeit, ihren Willen und ihre Stärke für seine eigenen Zwecke gegen sie genutzt“, wisperte Elisha entsetzt.

„Wie die Ori“, flüsterte Dorian und zog fragende Blicke auf sich. Darius jedoch nickte. „Die Ori haben Macht aus der Anbetung der Menschen gewonnen. Er hat aus Alexas Willen Kraft für den Aufstieg gewonnen.“

„Er täuschte Alexa seinen Tod vor und stieg auf. Wir konnten ihn nur beobachten und mussten abwarten, bis ihm ein Fehler unterlief. Dabei wusste er jedoch ganz genau, wie weit er gehen konnte. Aber irgendwann … wurde er zurückgeschickt. Allerdings besitzt er noch immer enormes Wissen und er konnte auch einiges an Macht vor den anderen verstecken. Die Menschen hier ahnen bereits, dass er zumindest zur Hälfte aufgestiegen sein muss … und gewissermaßen haben sie recht. Seine Macht steigt wieder stetig an und ich befürchte, dass es sehr schwer sein wird, ihn aufzuhalten. Vielleicht sogar unmöglich.“

„Eines verstehe ich nicht. Wenn er doch aufgestiegen war, wäre es für ihn doch ein leichtes gewesen, Alexa zu ergreifen. Ganz zu schweigen von den dreizehntausend Jahren in denen sie, wie wir in der Kapsel quer durchs All schwebte“, gab Dorian zurück.

„Er hat es mehrmals versucht, aber wir konnten es immer verhindern oder-“

Darius hielt alarmiert inne.

„Was ist los? Die Anderen? Wollen sie nicht, dass du mit uns sprichst?“, fragte Tristanius.

„Sie wissen, dass ich hier bin. Sie wissen auch, dass ich mit euch spreche, auch wenn es ihnen nicht gefällt und ich werde beobachtet. Nein, es ist etwas anderes. Alexa erlangt das Bewusstsein wieder.“


Krankenstation, zur gleichen Zeit

„Okay, die Scans zeigen nichts an. Organisch liegen keinerlei Störungen oder Verletzungen oder sonst etwas vor, was erklären würde, warum du ihre Anfälle kurz vorher erspüren kannst oder warum du Kopfschmerzen hast, wenn sie weiter weg ist. Bist du sicher, dass das alles mit Alexa zu tun hat?“, fragte Jennifer.

Mittlerweile war John untersucht und auch seine Wunde war mit Hilfe der lantianischen Geräte versorgt worden. Doch dann hatte er sich tatsächlich dazu entschlossen, die junge Ärztin auf seine andauernden Kopfschmerzen anzusprechen. Größtenteils auch, weil Carol und Patrick ihm mit mahnenden Blicken und Andeutungen im Nacken saßen.

Ebenso berichtete er auch über seinen Verdacht, Alexas Schmerzanfälle kurzfristig vorausahnen und ihre Probleme während der ein oder anderen emphatischen Krise erspüren zu können. Dabei beschrieb John es eher als eine Art Ruf seitens Alexa, den er glaubte wahrnehmen zu können, kurz bevor sie jedes Mal in diese Starre verfiel.

„Ja ziemlich. Ich weiß nicht, wie das möglich sein kann. Vielleicht hat es etwas mit dem Antiker-Gen zu tun.“

Jennifer überlegte kurz. „Möglich. Du bist, die Antiker selbst ausgenommen, der stärkste Genträger. Was mich daran erinnern lässt, dass wir den Grund für deine Gen-Stärke noch nicht nachgegangen sind. Jetzt wo deine Familie … wieder zur Verfügung steht …“

„Worüber redet ihr beide?“, wollte Carol wissen und sah, wie Jennifer abwartend zu John sah, der kurz darauf nickte.

„Als wir Alexa damals fanden und ich sie untersuchte, stellte ich bei Vergleichsuntersuchungen fest, dass Johns Antiker-Gen in seiner Stärke, beinahe dem, der Antiker selbst glich. Es ist nur minimal schwächer und man muss schon genauer hinsehen, um den Unterschied überhaupt zu sehen. Würde man es nicht wissen und ihn nicht kennen, könnte man ihn selbst für einen Antiker halten. Und das verwundert mich ehrlich gesagt.“

„Und da die Antiker sich vor zehntausend Jahren unter die Menschen mischten, habe einige von uns noch dieses Gen. Aber nach einer so langen Zeit, dürfte es wohl nicht mehr so stark sein“, schlussfolgerte Patrick, der sich vor John auf dessen Liege gesetzt hatte.

„Richtig. Damals konnten wir keine Untersuchungen diesbezüglich anstellen. Sehen Sie, damit John das Gen in dieser Stärke hat, müssen sie beide es ebenfalls haben. Vielleicht sogar noch stärker, als er. Jetzt sind sie wieder da und wir könnten weitere Nachforschungen anstellen.“

„Also, an mir soll es nicht liegen. Forschen Sie, untersuchen Sie, ich stehe zur Verfügung“, gab Patrick bekannt, worauf Jennifer lächelte. Aber auch Carol meldete sich wieder zu Wort.

„Ich habe auch nichts gegen weitere Forschungen und ich nehme an, auch Dave würde keine Einwände haben, wenn er auch einen Teil zu den Forschungen beitragen müsste. Aber helfen diese Forschungen denn auch bei dem aktuellen Problem?“

„Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Wir können es versuchen, allerdings befürchte ich, dass es uns nicht großartig weiterbringt. Wir haben sämtliche Tests und Untersuchungen bezüglich der Antiker-Gen Forschung gemacht, die uns möglich waren. Vor allem wenn es um die Entwicklungen der mentalen Fähigkeiten und deren Einsatz geht. Wir stoßen langsam an unsere machbaren Grenzen.“

„Und was ist mit Elisha und Alexa selbst? Elisha kann uns doch bestimmt weiterhelfen, sie kann doch ein besseres Verständnis über das Gen haben, als wir. Immerhin leben sie länger damit. Ganz zu schweigen von den technologischen Mitteln, die sie nutzt und Alexa ist das beste Beispiel für Fortschritte bei den mentalen Fähigkeiten“, brachte Carol wieder ein.

„Nein. Ich will die Antiker nicht darin involviert haben.“

„Ja, aber John-“

„Mom, ich will nicht mit Elisha und Alexa darüber reden. Alexa hat genug mit sich selbst zu tun. Wenn sie erfährt … sie weiß schon, dass ich ihre Anfälle vorausahnen kann und sie weiß auch, dass ich … es … spüren kann, wenn sie in diese Starre fällt. Ich will sie nicht noch mit meinen Kopfschmerzen belasten. Und Elisha … ich kriege das Gefühl nicht los, das hier mehr vorgeht. Mehr als ein mysteriöser Fremder und ein schweigsamer und misstrauischer General. Informieren wir Elisha, setzen wir die Antiker womöglich noch mehr unter Druck. Das Risiko kann ich nicht eingehen. Nicht wegen Kopfschmerzen, für die sich nicht mal ´ne Tablette lohnt.“

„Du denkst, das alles hängt zusammen?“, fragte Carol, doch sie erhielt nur einen ratlos schweigenden Blick von John. „Na schön. Es ist deine Entscheidung, John. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass diese Entwicklungen eine physiologische, genauer gesagt, neurochemische Veränderung aufweisen können.“

„Und … das heißt?“, fragte John stutzig nach.

„Das heißt, dass deine Mutter gerade ganz schön auf Zack ist“, gab Patrick stolz lächelnd zurück, worauf Carol ihn kurz und schmunzelnd ansah.

„Hat man deine Gehirnaktivität schon einmal untersucht?“

„Ja, vor ein paar Jahren hat Carson ebenfalls wegen des Gens ein paar Untersuchungen gemacht. Er meinte, es wären 9 Prozent oder so und es gäbe nichts Auffälliges.“

„Das war, bevor Alexa hier war. Die Scans sind noch in deiner medizinischen Akte gespeichert“, erklärte Jennifer. „Wir könnten dich noch einmal untersuchen. Dann sehen wir ja, ob es mittlerweile Unterschiede gibt. Ich erinnere mich auch an eine Untersuchung mittels Liquorentnahme durch Lumbalpunktion …“

John stöhnte gequält auf, erinnerte er sich doch noch gut an diese unangenehme Prozedur. „Nicht schon wieder. Muss das sein?“

„Nein, das muss nicht sein. Ich weiß, es ist nicht angenehm. Es ist deine Entscheidung. Außerdem kann es sein, dass durch die Untersuchung mit dem Aufstiegsmesser schon einiges geklärt wird.“

„Gut. Dann schließ mich an den Aufstiegsmesser an und dann sehen wir ja, ob sich was getan hat. Ansonsten hat sich das Thema für mich größtenteils erledigt. Ich habe keine Ausfallerscheinungen, die Kopfschmerzen sind wirklich harmlos und ich bin immer noch diensttauglich … wenn man von meinen Rippen mal absieht. Also, keine große Sache. Sehen wir einfach … wie sich das ganze weiter entwickelt und wohin es mich bringt. Ich weiß einfach nicht. Ich … irgendwie weiß ich, dass es keine schlechte Sache ist.“

„Ja, vor allem weil sowohl du als auch Alexa Nutzen daraus ziehen kann“, pflichtete Patrick ihm bei.

Es war ein leises Geräusch, das aus Alexas Richtung kam und die vier sofort verstummen ließ. Glücklicherweise, denn Elisha kam auch schon um die Ecke gerannt und kümmerte sich sofort um die aufwachende Antikerin. Schnell injizierte sie ihr eine Dosis des Schmerzserums und streichelte sachte über ihren Kopf.

„Alexa … Alexa, Schatz … alles in Ordnung. Dir geht es gleich besser.“

Innerhalb weniger Minuten waren Alexas Kopfschmerzen beinahe gänzlich verschwunden und zurück blieb eine etwas verwirrte und noch immer leicht benommene junge Frau, die ihre Mutter mit undefinierbaren Blicken bedachte. Als ob Elisha ihre Gedanken lesen konnte, begann sie zu lächeln.

„Es ist wahr, Schatz. Er ist im Isolationsraum und wartet auf dich.“

Diese Bestätigung brachte Alexas Puls als auch ihre Atmung zum rasen und trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie begann allmählich, zu hyperventilieren. Ihr Blick glitt schnell und ziellos umher, sie registrierte noch nicht einmal die Sheppards oder Jennifer, die wenige Meter von ihr entfernt waren. Sie spielte geistesabwesend mit ihrer Decke, mit der sie zugedeckt war. Zupfte einzelne Fäden heraus, strich sie wieder glatt und konnte keinen klaren Gedanken fassen, bis Elisha ihr Gesicht berührte und sie zwang, sie anzusehen.

„Ganz ruhig, ganz ruhig, Schatz. Jetzt atme erst einmal tief durch und dann verspreche ich dir, das alles wieder gut wird.“

„Aber … wie… wie …“

„Das solltest du ihn besser selbst fragen. Nachdem du dich erst frisch gemacht und angezogen hast, natürlich. Dein Bruder hat dir frische Kleidung besorgt und ich werde dir im Badezimmer helfen. Ich glaube, ich kann dich jetzt eh nicht mehr zur Ruhe bewegen, und da du mir noch zu sehr schwanken wirst …“

Wenige Augenblicke später waren Alexa und Elisha in den angrenzenden Duschräumen der Krankenstation verschwunden.

John und seine Familie vereinbarten mit Jennifer einen Termin für die weiteren Untersuchungen bezüglich des Antiker-Gens. Doch es erstaunte ihn wenig, als Jennifer und Carol darauf bestanden, die Untersuchung seiner Gehirnaktivität gleich durchzuführen. Ein kurzer Blick in Richtung Duschraum genügte, um sicher zu sein, dass die Zeit reichen würde. Der Scan war schnell durchgeführt und überraschte mit seinem Ergebnis.

„Vierzehn Prozent?!“

~~~///~~~

John betrat den Beobachtungsraum über dem Isolationsraum und konnte nur wenige Augenblicke später beobachten, wie sich dessen Tür öffnete und eine mehr als unsicher und verwirrt wirkende Alexa kaum einen Schritt vor den anderen tun konnte. Tristanius hingegen warf dem Besucher einen langen schweigsamen Blick zu, bevor er seine Tochter aufmerksam musterte, ihren Arm zärtlich drückte und dann mit Dorian den Raum verließ.

Nun stand sie da und wagte es kaum, dem Mann ins Gesicht zu sehen. Ihr Blick haftete sich an seiner Statur fest, sie schluckte, was ihr nur schwer gelang, denn sie hatte das Gefühl, als würde sich ihre Kehle zuschnüren. Immer wieder schnappte sie nach Luft, wollte etwas sagen, doch sie wusste beim besten Willen nicht was.

Nur langsam, mit sehr kleinen und vorsichtigen Schritten trat sie mehr in den Raum und entfernte sich von der Tür, bis sich diese endlich schloss, was sie etwas erschreckte.

Darius wollte zu ihr gehen, doch auf jeden Schritt, den er tat, machte Alexa einen Schritt zurück, bis sie beinahe die Wand erreicht hatte. Wieder atmete sie ein, öffnete den Mund, doch sprechen konnte sie nicht.

„Alexa …“

Seine Stimme schreckte sie aus ihrer Verwirrung. Klang sie doch so vertraut und vermisst. Ihr Blick traf endlich den seinen und sie vergaß beinahe das Atmen. Sie begann zu zittern und sie glaubte ihre Knie würden weich.

„Wie …“, wisperte sie tonlos.

„Ich weiß, du musst durcheinander sein … ich muss dich sehr erschreckt haben.“

„Du … das ist … das ist nicht möglich. Du … du bist …“

„Ich bin hier … bei dir.“

„Nein … nein, du bist nicht … du kannst nicht … du bist … tot. Das … das kann nicht sein.“

„Es kann sein, Alexa. Ich bin doch hier.“

„Nein. Du bist … tot. Du bist gestorben. Ich habe es gesehen. Ich habe gesehen, wie du gestorben bist. Ich … ich war dabei. Ich …“

~~~///~~~

„Sein Name ist Darius Pelon“, begann Tristanius zu erzählen, als Richard, John, seine Familie und sein Team auf die ersehnte Erklärung warteten. Ohne den Blick von den beiden im Beobachtungsraum zu nehmen, fuhr er fort.

„Er … war einst Soldat der lantianischen Streitmacht. Ich selbst habe ihn einst für die militärische Laufbahn und eine exzellente Ausbildung an der Akademie rekrutiert. Er wurde zu einem sehr guten, erfolgreichen und hochdekorierten Soldaten. Er hatte schon in jungen Jahren enorme Fähigkeiten gezeigt und so verwunderte es niemanden, dass man ihm später mehrmals den Posten eines Ausbilders anbot. Er lehnte die ersten drei Angebote ab, sagte aber bei dem vierten zu und begann auf der Akademie in Nahkampf und Waffentechnik zu unterrichten. Er galt als ein sehr strenger und harter, aber auch als fairer Ausbilder. Die Kadetten konnten ihn nicht ausstehen“, erzählte Tristanius weiter und musste selbst durch die Erinnerungen schmunzeln.

„Viele kamen immer wieder mit Blessuren, manchmal sogar ernsten Verletzungen aus dem Training. Aber er stellte sicher, dass sich seine Kadetten später exzellent verteidigen und kämpfen konnten und ihre Arbeit gut verrichteten. Auch Alexa hatte er unterrichtet und sie hat ihn gehasst. Sie hatte ihn wirklich gehasst. Aber sie schloss ihre Ausbildung ab. Sogar mit Auszeichnung. Danach begann sie mit ihrer Arbeit unter meinem Kommando und ich merkte sehr oft, dass sie von dem harten Training bei Darius profitierte. Ich schloss daran an und baute ihr Training später weiter aus. Nach einigen Jahren, als Alexa bereits den Rang eines Commanders inne hatte und die Leitung des Geheimdienstes übernahm, fiel die Akademie einer Naturkatastrophe zum Opfer. Viele Kadetten und Ausbilder haben ihr Leben verloren, doch es war von Anfang an klar, dass die Akademie wieder aufgebaut werden würde. Darius war einer der wenigen, die überlebten. Er ließ sich nach Atlantis versetzen. Er und Alexa hatten mittlerweile den gleichen Rang und ich dachte, es könne nicht schaden, wenn sie zu zweit rausgehen. Alexa sprach sich mehrmals gegen meine Entscheidung aus, denn sie hatte noch immer einen Hass auf ihn. Ich machte es ihr aber auch nicht leicht. Entweder sie akzeptierte meine Entscheidung oder sie hätte aus ihrem aktiven Dienst zurücktreten müssen. Zähneknirschend akzeptierte sie, aber wir, die Bewohner und die Stadt haben ganz schön darunter leiden müssen.“
Wieder lachte Tristanius auf und auch Elisha und Dorian mussten lachen und teilweise mit dem Kopf schütteln.

„Das vergesse ich nie. Die beiden haben alle in den Wahnsinn getrieben. Manchmal hat die ganze Stadt unter ihren Streitereien gebebt. Es war kaum noch auszuhalten. Waren sie am Nordpier, hat man ihre Streitigkeiten noch am Südpier irgendwie wahrnehmen können. Unglaublich“, erzählte Dorian kopfschüttelnd. Tristanius fuhr fort.

„Ja, das ist wahr. Die beiden hatten heftige Auseinandersetzungen und ich fragte mich oft, wie lange es noch dauerte, bis mir die ersten Berichte über körperliche Auseinandersetzungen zwischen den beiden vorgetragen wurden. Sie hatten sich wegen jeder Unwichtigkeit und dem Allerkleinsten gestritten. Manchmal Tage- oder sogar wochenlang. Aber irgendwann wurden sie ruhiger und besonnener. Es entwickelte sich eine sehr enge und produktive Zusammenarbeit zwischen ihnen beiden. Sie wurden Kollegen … dann Freunde, enge Freunde …“

~~~///~~~

„Ich weiß, Alexa. Ich weiß und ich wünschte, ich hätte es dir ersparen können“, sprach Darius weiter und versuchte sich ihr wieder zu nähern. Aber wieder wich Alexa ihm aus und begann zu weinen. Sie verstand einfach nicht, was hier geschah. Sie verstand nicht, was damals geschehen sein musste. Oder doch?

„Du bist nicht … du bist nicht hier … du bist nicht real … Das kann einfach nicht sein.“

„Ich bin hier, Alexa. Ich bin real. Du kannst mich hören, du kannst mich sehen … du kannst mich sogar berühren, wenn du willst“, sprach Darius leise weiter. „Komm zu mir, berühre mich und du weißt, ich bin wirklich hier.“

Es dauerte unzählige Augenblicke bis Alexa sich rühren konnte und sich tatsächlich traute, zaghaft auf ihn zuzugehen. Ihr Arm schien bleiern zu sein, als sie vor ihm stand und ihn berühren wollte. Ihre Hand zitterte, als sie seiner Brust, seinem Herzen immer näher kam. Sie schluckte, als nur wenige Zentimeter fehlten. Noch einmal zögerte sie, sah zu ihm auf, sah die Wärme und Freundlichkeit in seinen braunen Augen, in denen sie sich einst verliebt und verloren hatte. Erst als er ermutigend nickte, fand sie ins Hier und jetzt zurück. Ihr Hand setzte sich wieder in Bewegung und ihre Finger strichen überzärtlich über sein Gewandt. Ihre Berührung wurde fester und sie spürte den Widerstand.
Alexa japste auf, taumelte zurück und schüttelte fassungslos den Kopf. Es war zu viel. Es war unmöglich. Wie um alles in der Welt konnte das sein?

„Du weißt wie“, erwiderte Darius ruhig, als er ihre Gedanken empfing.

Kaum ausgesprochen löste er sich in ein weiß glühendes Leuchten auf, schwebte über die kurze Distanz, die zwischen ihm und Alexa lag, durch den Raum und nahm direkt vor ihr wieder die menschliche Gestalt an. Mit großen Augen und nach Luft schnappend presste sie sich gegen die Wand und schüttelte den Kopf.

„Das kann nicht sein. Du …“

„Ich bin hier, Alexa … ich bin bei dir …“

Alexa weinte und zitterte, schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf, bis Darius zärtlich unter ihr Kinn griff und ihren Kopf anhob.

„Ich bin immer bei dir.“

Er war es wirklich. Sie sah seine gebräunte Haut, seine dunklen kurzen Haare, seine Größe und seine Stärke. Als sie ihm über die Arme und Brust strich, konnte sie seine starken Muskeln spüren. Zaghaft griff Alexa wieder nach ihm, fasste ihn am Gewand, krallte sich daran fest, als ob sie fürchtete, ihn wieder zu verlieren, während eine Hand über seinem Herzen zum ruhen kam.

„Es hat nie aufgehört für dich zu schlagen“, wisperte er und Alexa konnte auch seinen Atem an ihrer Haut spüren.

~~~///~~~

„Dann waren sie ein Liebespaar. Sie haben sich einander versprochen. Ich glaube, Sie nennen es eine Verlobung. Vier Tage vor der Hochzeit … starb Darius in einem Kampf … Er starb in Alexas Armen“, fügte Tristanius bitter hinzu.

„Oh Gott!“, wisperten Carol und Jennifer entsetzt.

~~~///~~~

Sie spürte die Wärme seiner Hände auf ihrem Gesicht, sie roch sogar seinen Duft und sie sah wieder zu seinen braunen warmen Augen, in denen sie sich erneut verlor.

„Ich bin bei dir, Mea Amaris“, wisperte Darius erneut, beugte sich zu ihr hinab, bis sich ihre Lippen berührten.

~~~///~~~

Johns Kiefer mahlten, sein Griff um die metallene Stange, an die er sich gelehnt hatte, wurde so eisern und fest, dass seine Knöchel weiß hervor traten und das Metall sogar zu knirschen begann. Mit ausdrucksloser Miene drehte er sich auf dem Absatz herum und verließ mit schnellen Schritten den Beobachtungsraum.

 

~~~///~~~

Es waren nicht ganz zehn Minuten, die John auf dem kleinen Balkon in der Nähe der Krankenstation verbrachte, um seine Gedanken wieder zu sortieren und seinen rasenden Puls zu beruhigen. Noch immer lehnte er sich an die Reling, ließ sich die kühlende Meeresbrise ins Gesicht und durch die Haare wehen, als er die Stimme seines Vaters hinter sich vernahm.

„Hast du wirklich geglaubt, sie hätte vor dreizehntausend Jahren nicht auch schon ein Leben gehabt?“

„Nein … natürlich nicht. Nur …“

„Nur? … Hast du nicht gedacht, dass es gar so weit ging? Dass sie verlobt war und eine eigene Familie gründen wollte? Oder wolltest du es schlicht und ergreifend nicht wahr haben?“

„Vielleicht“, murrte John leise durch die Zähne.

„Wir haben alle gesehen, wie mitgenommen sie war, als sie sich offenbar wieder an ihn erinnern konnte. Es war zu Vermuten, dass sie zumindest eine enge Beziehung zu ihm hatte“, schloss sich Carol an, als sie sich neben John an die Reling stellte und seinem Blick folgte.

„Warum hat sie nicht darüber gesprochen? Warum … warum hat sie mir nichts davon gesagt?“

„Du meine Güte, Junge! Sie bringt dich wirklich um den Verstand, was?“, lachte Patrick ungläubig auf. „Sie hat in dir gelesen! Sie hat deine Gefühle für sie erfahren und dann soll sie dir was von diesem Darius erzählen? Ist das dein Ernst?“

„Warum denn nicht? Sie empfindet … sie empfindet anscheinend nicht so für mich wie ich … für sie. Es hätte ihr wohl nichts ausgemacht, mir von ihm zu erzählen.“

„Hör auf dir selbst etwas vorzumachen, John“, erwiderte Carol ernst. „Natürlich empfindet sie etwas für dich. Wer spürt es denn, wenn sie in Schwierigkeiten gerät? Wen ruft sie denn, wenn der empathische Input zu groß ist? Wen lässt sie so nah an sich heran, so dass es ihm möglich ist, sie aus ihrer Starre zu holen. Wem vertraut sie ihre psychische Stabilität an? … Dir, John! Nur bei dir lässt sie all das zu. Noch nicht einmal ihr eigener Vater kann so etwas bei ihr bewirken. Zugegeben, ich weiß nicht, ob sie wirklich das gleiche für dich empfindet, wie du für sie, aber zwischen euch beiden existiert definitiv etwas, was tiefer und unergründlicher ist, als … das hat bestimmt etwas zu bedeuten.“

„Tja, das spielt jetzt wohl keine Rolle mehr. Jetzt ist ja … ihr Versprochener wieder da“, zischte John wieder.

„Hm, ich weiß nicht. Darius machte auf mich einen ziemlich … aufgestiegenen Eindruck.“

„Was soll denn das heißen?“

„Ich glaube nicht, dass es nach mehr als dreizehntausend Jahren so einfach sein wird, die menschliche Form wieder anzunehmen.“

„Du meinst, er wird nicht bleiben?“

„Ich weiß es nicht. Aber es wäre doch möglich. Was natürlich die Frage aufwirft, warum er überhaupt hier ist.“

„Sie hätte es fast geschafft“, meinte John kopfschüttelnd. „Sie wäre fast wieder auf die Füße gekommen und dann … taucht er auf und verdreht ihr wieder den Kopf und wenn er dann verschwindet, hinterlässt er ein Häufchen Elend und sie kann wieder von vorne anfangen. Ich kann nicht verstehen, dass sie das nicht begreift.“

„Wer sagt, dass sie es nicht begreift? Sie ist nicht dumm, John. Mag sein, dass sie im Moment ein wenig geblendet ist und die Dinge und die Tatsachen so sieht, wie sie sie sehen will. Aber sie wird sich letztendlich nicht vor der Wahrheit verschließen können.“

„Dein Vater hat Recht“, schloss sich Carol an. „Wenn Darius erst wieder zu seiner Ebene zurückgekehrt ist, wird auch Alexa wieder zu sich selbst finden können. Aber bis dahin heißt es abwarten und den Dingen ihren Lauf lassen, auch wenn es dir schwer fällt. Wichtig ist, dass du dich jetzt nicht aus der Fassung bringen lässt.“

„Und wenn er nicht wieder verschwindet?“, fragte John, als er kurz darauf ein leichtes Schwindelgefühl vernahm.

Isolationsraum, zur gleichen Zeit

Wärme, Schutz, Geborgenheit, Liebe und Glück – all das empfand Alexa, als sie noch immer die enge Umarmung und die zärtlichen Küsse ihres Versprochenen genoss. Noch immer hielt sie sich eisern an seinem Gewand fest, schmiegte sich eng an ihn und wagte es kaum, sich von ihm zu trennen. Es war so schön –zu schön um wahr sein. Jetzt die Augen zu öffnen, würde bedeuten, dass dieser Traum enden würde.

Seufzend beendete Darius den Kuss, lehnte seine Stirn gegen die Alexas und musste schmunzeln, als er ihre geschlossenen Augen sah.

„Alexa … Amaris, sieh mich an“, bat er wispernd, doch Alexa schüttelte den Kopf. „Warum nicht?“

„Wenn ich jetzt die Augen öffne … dann bist du nicht mehr da. Nichts von dem ist passiert und-“

„Doch, ich bin noch da. Du spürst mich doch und du hörst mich und ich verspreche dir, wenn du die Augen öffnest, bin ich noch da. Du vertraust mir doch oder? Du weißt, ich halte meine Versprechen.“

„Wirklich? Du hast mir versprochen … wir haben uns einander versprochen. Wir wollten unsere Leben zusammen verbringen. Wir wollten uns ein eigenes Leben aufbauen, aber du … du bist nicht mehr zurückgekommen. Du hast mir versprochen, immer bei mir zu sein, aber dann … sag mir, dass das nicht wahr ist. Sag mir, dass das nur ein Albtraum war.“

Darius Hände berührten ihr Gesicht und hoben ihren Kopf an, doch Alexas Augen waren noch immer geschlossen. Wieder berührten seine Lippen die ihren und raubten ihr den Atem.

„Fühlt sich das wie ein Albtraum an? Fühlt sich das nicht real an? … Sieh mich an, Alexa, ich bitte dich“, wisperte Darius und Alexa folgte seiner Bitte. „Es ist wirklich geschehen und ich weiß, wie sehr es dich geschmerzt hat. Aber jetzt bin ich hier. Ich bin bei dir. Ich war immer bei dir und ich werde immer bei dir sein.“

„Warum bist du … warum hast du das getan? Warum bist du gegangen und warum kommst du erst jetzt zurück?“

„Das ist schwer zu erklären, Mea Amaris. Vor allem darf ich es dir nicht erklären.“

„Aber-„

„Alexa, ich existiere nun auf einer anderen Ebene. Es gibt Gesetze und Regeln, denen ich mich fügen und unterwerfen muss. Aber ich versichere dir, es gibt für alles einen Grund. Ich habe es nicht gerne getan. Ganz bestimmt nicht. Ich wollte bei dir bleiben, ich wollte … ich wollte niemals, dass du so etwas durchleidest und wenn ich könnte … du wirst es irgendwann verstehen, das verspreche ich dir.“

„Du kannst wieder zurückkommen! Du kannst die menschliche Form wieder-“

„Dafür ist es zu spät. Es ist zu viel Zeit vergangen und außerdem kann ich auf dieser Ebene, auf diese Weise mehr erreichen-„

Alexa verstand nicht wirklich etwas von dem, was Darius ihr zu erklären versuchte und sie wollte auch nichts mehr hören. Alles, was für sie von Bedeutung war, war die Tatsache, dass ihr Darius wieder bei ihr war. Der Rest hätte Zeit bis später. Sie könnte ihn bestimmt zu einer anderen Entscheidung bewegen. Jetzt war er bei ihr. Alles andere war bedeutungslos.

„Es ist mir egal, Darius. Du bist wieder hier“, wisperte sie, schlang ihre Arme um seinen Nacken und zog ihn enger an sich, um sich wieder einem leidenschaftlichen Kuss hinzugeben. „Jetzt … bei mir und auf meiner Ebene und ich werde dich nicht mehr gehen lassen.“

Im Moment schien es wohl kein herankommen an Alexas Vernunft und Verständnis zu geben und so konnte er nicht mehr tun, als die Umarmungen und Zärtlichkeiten seiner Geliebten zu genießen und zu erwidern. Doch dann stöhnte Alexa auf, der Kuss endete abrupt, als Alexa mit Schmerzen in seinem Armen zusammenbrach.

„Alexa? … Alexa!“

Schnell nahm er sie auf seine Arme, löste sich auf und materialisierte Augenblicke später auf der Krankenstation.

~~~///~~~

„John? Was ist denn?“, fragte Carol, als John etwas taumelte und sich an der Reling festhielt.

„Alexa …“

John stürmte los und traf auf der Krankenstation sofort auf Darius, der Alexa behutsam auf eine Liege legte.

„Sie erlitt wieder diese Schmerzen“, erklärte Darius und trat zur Seite, damit Elisha ihre Arbeit verrichten konnte.

„Aber ich habe ihr doch das Serum gegeben!“

„Es ist meine Schuld. Mein Erscheinen ruft wohl vermehrt ihre Erinnerungen wach … aber ich kann ihr helfen.“

Mehrere schweigsame Augenblicke vergingen, bevor Tristanius sein wortloses Einverständnis in Form eines Nickens gab. Doch John traute der Sache nicht und griff nach seiner Waffe, was natürlich dem General auffiel. Er sagte jedoch nichts und wandte sich wieder an Darius.

Die Tatsache, dass der General und Elisha solch großes Vertrauen zu ihm zeigten, beruhigte John nicht wirklich. Er traute diesem Darius nicht über den Weg und John war sich nicht sicher, ob es daran lag, dass er ein Aufgestiegener war oder an der Tatsache, dass er Alexa einst näher war, als er selbst es wahrscheinlich je sein würde.

Auch wenn sich Johns Waffe noch immer in ihrem Holster befand, so verstärkte sich sein Griff um selbige, als sich Darius Hände weniger Zentimeter über Alexas Stirn bewegten und hellgoldenes Licht ausströmten. Innerhalb weniger Augenblicke normalisierten sich die Werte, die auf den Monitoren abzulesen waren und auch Alexa selbst schien sich zu entspannen, während Carol und Patrick sowie das medizinische Personal noch immer staunend zu ihm sah.

„Sie wird diese Schmerzen nicht mehr erleiden. Ich habe die Ursache neutralisiert“, erklärte Darius und wunderte sich nur kurz über Tristanius stutzende Miene. „Es ist alles in Ordnung … alles ist wie früher. Sie wird gleich wieder aufwachen.“

Obwohl Darius zurücktrat, blieb John angespannt. Ebenso auch seine Familie. Allen voran Patrick, der die ganze Zeit über zu seinem Sohn schielte und sah, dass sich sein Griff um seine Waffe nicht gelockert hatte. Johns Reaktionen, die er neuerdings zeigte, wenn es um Alexa ging, waren zunächst interessant, vor allem aber intensiv und das wiederum war besorgniserregend. Patrick hatte John noch niemals in einem solchen Zustand erlebt. Gewiss, es gab den einen oder anderen Moment in der Vergangenheit, in dem John in seiner unnachahmlichen Art und Weise seine Gefühle derart kontrollierte oder unterdrückte. Selbst wenn eine so starke und schmerzhafte Emotion wie Eifersucht in ihm rumorte. John war ein Meister der Kontrolle und Selbstbeherrschung.

Aber jetzt? Jetzt schien er jeden Moment die Kontrolle zu verlieren. Und das wegen einer Frau, die schon vor Jahrtausenden einem anderen gehören sollte. Patrick könnte der ganzen Situation durchaus etwas Romantisches abgewinnen, wenn da nicht dieses Faszinierende und doch Merkwürdige zwischen seinem Sohn und Alexa war, das nun mit dem Auftauchen des lange Totgeglaubten Geliebten auf eine harte Probe gestellt wurde und in die Extreme ging.

Seine Frau hatte irgendwie Recht. Es bestand eine Art Verbindung zwischen den beiden. John spürte ihre Attacken und ihre empathische Starre voraus, doch nur er war in der Lage, Zugang zu ihr zu finden und sie aus dieser Schwärze zu holen. Nur ihm vertraute sie sich und ihr Bewusstsein und vielleicht sogar das Unbewusste an, und wenn sie ihm nicht nahe genug war, verspürte er Kopfschmerzen. Ein Mysterium.

Patrick wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als Darius sich an seine Frau wandte.

„Darf ich?“

„Was denn?“, fragte Carol verdutz nach.

„Ihr Fuß. Sie haben sich verletzt.“

„Oh, das … das ist nur eine Blase. Es ist nicht schlimm“, brachte Carol abwinkend entgegen.

„Noch nicht“, murmelte Patrick halblaut vor sich her, während Darius abwartete. Unsicher sah Carol zu Patrick und Jennifer, die hingegen ratlos mit den Achseln zuckte. Im Moment könnte die junge Ärztin wohl nicht viel tun und die Beschwerden würden in den nächsten Tagen wirklich schlimmer werden. Darauf könnte sie jedoch gut verzichten, also hopste Carol kurz entschlossen auf eine Liege und entledigte sich ihres Stiefels. Und wieder wuchs Johns Anspannung, was der Mutter nicht entging.

„Ich weiß nicht, wie du und die Jungs das anstellen, John. Wir macht ihr es nur, dass ihr euch in diesen Dingern keine Blasen lauft?“, fragte Carol ablenkend.

„Wir tragen darin keine Feinstrumpfhosen, Mom. Versuchs das nächste Mal mit Baumwollsocken“, erwiderte John, wobei er gar nicht merkte, wie er wieder nach seiner Waffe griff.

Darius schmunzelte leicht, als er seine Heilkräfte einsetzte und die wunde, schmerzende Stelle an Carols Fuß in wenigen Sekunden verschwinden ließ. Erstaunt strich Carol danach darüber und lächelte erfreut.

„Danke.“

Darius nickte wieder ergeben und wandte sich danach an John. „Colonel, die Hämatome an Ihrer Seite werden Ihnen in den nächsten Tagen arge Probleme bereiten. Wenn Sie erlauben, kann ich-„

„Nein Danke“, knurrte John. „Ich verzichte.“ Damit drehte er sich auf dem Absatz um und verließ eilig die Krankenstation.

„Einstürzende Gebäude machen ihn immer ganz unleidlich“, meinte Patrick entschuldigend.

Nachdem Alexa wieder aufwachte, der General seine Tochter bat, sich auszuruhen und sie für den Rest der Woche vom Dienst freistellte, verschwand sie daraufhin mit Darius. Auch die Sheppards machten sich auf den Weg, nachdem Elisha die beiden mit einem kleinen Döschen wohltuender Salbe versorgte hatte, die für Johns Rippen gedacht war. Sie hofften inständig, dass John wenigstens das akzeptieren und sich damit behandeln lassen würde.

„Was ist mit der Kapsel?“, verlangte Tristanius zu wissen, als er seine Frau zum nächsten Raum begleitete.

„Wir untersuchen sie noch, aber unsere Möglichkeiten sind bald erschöpft. Bald werden wir entscheiden müssen, ob wir sie öffnen oder …“

„Warum sollten wir sie nicht öffnen?“, fragte Tristanius verdutzt.

„Weil ich nicht weiß, wer oder … was darin liegt. Geschweige denn, wie lange schon. Ich weiß auch nicht, ob die Stase für denjenigen den gleichen Effekt hatte, wie für uns. Wir sind kaum bis gar nicht gealtert, während es für diese Person ganz anders sein kann. Es wäre möglich, dass sie den Prozess nicht übersteht.“

„Kann diese Kapsel auch geöffnet werden, ohne den Staseprozess zu unterbrechen?“

„Weiß ich nicht. Dorian untersucht es gerade. Allerdings mehr schlecht als recht. Darius Rückkehr macht ihn ganz … hibbelig“, erklärte Elisha weiter und lachte über Tristans fragende Miene. „Seine Worte, nicht meine. Aber ich muss ihm zustimmen. Sein Auftauchen wirft Fragen auf.“

„Ja, das tut es. Ich werde mich bald noch einmal mit ihm unterhalten. Ich dachte nur, dass … er und Alexa Zeit für sich haben wollen.“

Elishas Gesichtsausdruck wurde ernst und sie atmete tief durch. „Es wird hart, wenn er sie wieder verlässt.“

„Wie kommst du darauf, dass er sie verlässt?“

„Ich bitte dich Tristan. Muss ich dir das wirklich erklären, wo du es tief in dir drin doch selbst weißt? … Er hat es doch selbst gesagt. Es war nicht seine Entscheidung aufzusteigen, also wird man ihn auch nicht her bleiben lassen. Abgesehen von der Tatsache, dass so viele Jahrtausende vergangen sind. Die anderen wissen, dass er hier ist und er steht unter Beobachtung. Vermutlich ist er mit irgendetwas beauftragt worden.“

„Natürlich ist er das. Er ist ihr Agema“, erwiderte Tristan bestimmt, als er sicher war, von niemandem sonst gehört zu werden.

„Nein, ist er nicht“, gab Elisha zurück. „Als ich vorhin zur Krankenstation kam, habe ich zufällig eine Unterhaltung zwischen dem Colonel, seiner Familie und Jennifer mitbekommen. Wie du weißt, kann der Colonel Alexas Schmerzattacken kurzfristig vorausspüren, genauso wie er eine Art Ruf von Alexa empfängt, wenn sie Schwierigkeiten mit ihrer Empathie hat. Außerdem kann nur er sie aus ihrer Starre befreien. Aber seit neuestem quälen ihn Kopfschmerzen, wenn die räumliche Distanz zwischen ihm und Alexa größer wird. Nicht so stark, dass es seine Diensttauglichkeit gefährdet, aber doch stark genug, dass seine Mutter wohl auf eine Untersuchung bestand.“

„Und diese Untersuchung … Haben sie dabei etwas herausgefunden?“

„Ja, das haben sie. Sie können nur nichts damit anfangen. Ich habe erfahren, dass Colonel Sheppards Gehirnaktivität zu Beginn der Expedition bei etwa 9 Prozent lag. Nun liegt sie bei 14 Prozent. Ich … ich habe einen Verdacht diesbezüglich, aber ich kann dem nicht nachgehen … Nicht ohne die alte Schrift.“

„Die alte Schrift“, prustet Tristan amüsiert. „Elisha, ich bitte dich. Das sind Ammenmärchen. Niedergeschrieben von verträumten Philosophen, Poeten und fehlgeleiteten Geschichtsschreibern, die an solche übertriebene Romantik und Esoterik glaubten. Seit Tausenden von Generationen existiert keine einzige Aufzeichnung über Personen, die durch ein solches Band aneinander gebunden sind.“

„In der alten Schrift schon.“

„Elisha-“

„Sieh dir deine Tochter an, Tristan! Und hast du Sheppard gesehen? Er ist beinahe aus seiner Haut gefahren, als Darius Alexa geküsst und geheilt hat. Er spürt die Auswirkungen seiner Bestimmung, aber hat keine Ahnung, was mit ihm geschieht und das ist nicht fair … Es ist mir egal, woran du glaubst, Tristan. Alle Anzeichen sprechen dafür und ich werde der Sache weiter nachgehen. Mit oder ohne deine Hilfe. Ich werde mich mit Darius unterhalten. Er ist ebenfalls ein Agema und nun, da er aufgestiegen ist, weiß er sicherlich mehr darüber. Vielleicht ist das der Grund für sein Erscheinen, was mich zum nächsten Punkt bringt. Sollte sich mein Verdacht tatsächlich erhärten oder gar bestätigen, werde ich nicht mehr schweigend zusehen.“

Und damit drehte sich Elisha um und ließ einen missmutigen und murrenden General stehen.

~~~///~~~

Mit Alexa auf seinen Armen materialisierte Darius in ihrem Quartier und ließ seine Liebste langsam wieder zu Boden. Noch immer klammerte sich Alexa an ihn und dachte nicht im Traum daran, ihn wieder loszulassen. Was Darius erneut schmunzeln ließ.

„Willst du im stehen schlafen? Ich frage nur, weil du mich nicht loslässt. Nicht, dass ich mich beschweren will, nur … das wird auf Dauer ziemlich unbequem für dich.“

„Mir egal. Ich will nur nicht schlafen. Ich habe dreizehntausende Jahre geschlafen. Das reicht.“

„Dein Vater sagte, du sollst dich ausruhen.“

„Ich brauche keine Ruhe. Ich brauche dich.“

„Nun … ich bin hier.“

„Ja, das bist du. Du hast mich lange warten lassen. Tu das nie wieder. Verlass mich nie wieder.“

„Alexa … du weißt doch, dass ich nicht bleiben kann. Ich muss bald wieder zurück.“

„Nein, musst du nicht. Du kannst hier bleiben, solange du willst. Du bist aufgestiegen. Du kannst tun und lassen, was du willst.“

„Nein, das kann ich eben nicht. Ich habe es dir doch schon zu erklären versucht, Amaris. Ich muss mich an die Regeln und Gesetze halten. Man hat mir nur ein paar Tage auf dieser Ebene erlaubt. Ich werde bald wieder gehen müssen.“

„Nein. Du kannst nicht gehen. Du darfst nicht gehen. Du hast mir etwas versprochen. Du hast dich mir versprochen, Darius. Das sind unsere Regeln und Gesetze und die willst du jetzt brechen? Du kannst wieder ein Mensch werden. Wie Doktor Jackson, wie die Sheppards! Und dann machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben.“

„Alexa…“, versuchte Darius ein letztes mal zu erklären, doch Alexa wich aus.

„Weißt du was? Lass … lass uns morgen darüber reden, ja? Ich bin doch ziemlich müde“, meinte sie und löste sich allmählich von Darius. „Bleibst du hier? Bleibst du bei mir?“

„Ich bin hier, wenn du wieder aufwachst.“

„Nein, bleibe bei mir. Halt mich fest“, bat Alexa, worauf Darius wieder schmunzelte. Er konnte ihr nichts abschlagen. Das konnte er schon damals nicht und so materialisierte er mit Alexa in seinem Armen auf dem Bett.

„Versprich, bei mir zu bleiben“, wisperte Alexa, die allmählich vom Schlaf übermannt wurde und sich noch enger an ihn schmiegte.

„Ich bin doch immer bei dir, Amaris.“

Zärtlich küsste er ihre Stirn, ließ mit einer einzigen Fingerbewegung und doch gänzlich ohne Berührung die Decke über sich und seine Amaris gleiten und bereute bereits zum zweiten Mal an diesem Tag seine Offenbarung gegenüber seiner Alexa.

~~~///~~~

„Hier bist du“, entfuhr es Patrick, als er nach endlos erscheinender Suche und ein paar Tipps der Wachen seinen Sohn in der Waffenkammer fand.

„Du hast hier nichts zu suchen, Dad.“

„Tonart!“, mahnte Patrick, dem die kurz angebundene und tadelnde Stimme und Wortwahl seines Ältesten nicht gefiel.

„Was willst du?“, fragte John weiter und bemühte sich um mehr Ruhe und Gelassenheit.

„Ich dachte wir beiden könnten rauf gehen und ein bisschen am Black Hawk schrauben.“

Inständig hoffte Patrick, John wäre einverstanden und die beiden könnten wieder etwas mehr Zeit miteinander verbringen. Hauptsächlich um ein ernstes Gespräch zu führen, dass John ein bisschen mehr beruhigen und stabilisieren sollte. Seine Anspannung und Gereiztheit schien neue Ausmaße angenommen zu haben, als er wie besessen eine Kiste nach der anderen öffnete und durchwühlte und sich auch weiteren Boxen, Westen und Holstern der Einsatzkleidung widmete.

„Ich habe keine Zeit. Ich muss mich um ein Problem kümmern. Irgendwas ist da neulich bei der Inventur schiefgelaufen und ein Stunner fehlt und ich muss meinen Bericht schreiben.“

„Okay. Das mit dem Stunner kann ich noch nachvollziehen. Ich habe es auch immer gehasst, wenn in meiner Firma etwas den Anschein machte, dass es verloren ging oder vielleicht gestohlen wurde. Aber seit wann widmest du dich derart freiwillig gerne dem Schreiben von Berichten?“

John antwortete nicht und warf seinem Vater stattdessen einen derart wütenden Blick zu, dass es ihm für einen Moment kalt den Rücken runter lief. Dann drehte er sich wieder um und machte sich daran die Spinde des angrenzenden Umkleideraumes zu durchsuchen.

„Verdammte Scheiße! Was ist denn das hier neuerdings für ein Chaos?! Wie zum Teufel verschwindet denn ein Stunner einfach so?!“ , entfuhr es John, als er eine der Spindtüren zuschlug.

„Hey hey! Ganz ruhig, ja? Bestimmt hat nur jemand vergessen, ihn nach einem Einsatz zurückzulegen.“ Patrick entschied die Situation schnellstens unter Kontrolle zu bekommen, bevor sie gänzlich eskalierte, und half ihm beim suchen.

„Vergessen? So was vergisst man nicht. Wir sind hier nicht in der Grundausbildung oder im Trainingslager. Das hier ist ein Kriegsgebiet verdammt noch mal!“

„Okay, jetzt reicht´s. Komm schon. Wir gehen an die frische Luft, bevor du alles auseinandernimmst und ich die Sicherheit rufen muss.“

„Ich werde nirgendwo hingehen, bevor nicht der verdammt Stunner wieder aufgetaucht ist.“

„Und wie du das wirst. Los, komm schon. Major Lorne ist hier und ich bin sicher, er kann auch nach dem Stunner suchen oder suchen lassen. Später kann er dir ja berichten, wer der Übeltäter war“, meinte Patrick, der den Major als erstes hereinkommen sah. Doch Johns geradezu bohrender Blick haftete immer noch auf Patrick. „Was?“

„Habe gehört, unser hoher Besuch war mal mit dem Commander li- oookay“, meinte Lorne stockend und schluckte, als John seinen 2IC ins Visier nahm.

Sekunden vergingen, in denen Lorne sich fragte, was gerade vor sich ging und ob sein kommandierender Offizier vielleicht unter Fremdeinfluss stünde. Doch Patricks warnendes Kopfschütteln und die stummen Gesten – er solle besser den Mund halten – ließen ihn übles schwanen und schweigen.

„Major …“, knurrte John mit größter Mühe. „Finden Sie den verdammten Stunner und berichten Sie mir dann, wer der Idiot war, der ihn hat verschwinden lassen.“

„Ja Sir!“ ertönte Lornes geradezu bellende Stimme, als er Haltung annahm und seinem Vorgesetzten den Weg freigab.

„Er war schon wieder in einem einstürzenden Gebäude. Heute ist einfach nicht sein Tag“, bemerkte Patrick achselzuckend und versuchte dann John einzuholen.

In seiner Rage steuerte John den nächsten Balkon an, lehnte sich an die Reling und atmete mehrmals tief durch.

„Himmel, John!“

„Was ist nur mit mir los, Dad?“

„Ich weiß nicht, Junge. Ich würde ja gerne behaupten, du wärest nur eifersüchtig, aber-“

„Oh bitte!“, schnaubte John, doch die rechte, hochgezogenen Augenbraue seines Vaters hatte schon immer eine entweder mahnende oder bestätigende, von allen Zweifeln befreiende Wirkung.

„Es ist schon etwas extrem.“

„Ich kann … ich traue dem Kerl irgendwie nicht. Ich kann ihn nicht ausstehen. Ich bin schon einige Male auf Leute getroffen, die ich … mit denen ich nicht zurechtkam, aber so … ich hatte noch nie so etwas … starkes gefühlt. Und schon gar nicht …“

„Eifersucht. Ich erinnere mich da allerdings an eine Situation mit Nancy. Ich muss zugeben, es war neu für mich, dich so zu sehen, aber selbst damals hattest du dich mehr und besser unter Kontrolle als jetzt. Irgendwas stimmt nicht und ich habe auch schon mit deiner Mutter darüber gesprochen. Sie macht sich Sorgen und ich auch. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn du es selbst mit ihr besprichst.“

„Ja, vermutlich“, murmelte John. „Ich könnte … ich würde ihm am liebsten den Hals umdrehen.“

„John …“

„Ich meine es ernst, Dad. Ich weiß nicht warum, aber … jedes Mal wenn ich den Kerl sehe, dann würde ich ihn am liebsten erschießen oder … oder …“

„Durchatmen … tief durchatmen. Er ist bald wieder weg, okay?“, versuchte Patrick ihn zu beruhigen, als er sah, wie sich Johns Handknöchel durch den festen Griff um die Reling weiß verfärbten.

„Er ist nur hier, um ihr wehzutun.“

„Das weißt du doch gar nicht. Der Mann wollte heiraten und ist kurz vorher im Kampf gefallen. Ich glaube nicht, dass ihm das gefallen hat oder dass er gerne gestorben ist.“

„Jetzt ist er aufgestiegen und macht, was er will. Er macht mit ihr, was er will.“

“Denkst du wirklich, es steckt eine böse Absicht hinter seinem plötzlichen Auftauchen? Wenn er sie doch liebt, warum sollte er ihr wehtun?“

„Ich weiß nicht, Dad. Ich weiß einfach nicht …“

„John … wenn du sie wirklich liebst, kann ich verstehen, dass du so reagierst und die Dinge so … extrem siehst. Aber deinem eigenen Seelenheil zuliebe solltest du vielleicht versuchen, ihr zu vertrauen. Auch wenn sie im Moment im siebten Himmel schwebt, glaube ich nicht, dass sie alles mit sich machen lässt. Warte ab und lass den Dingen ihren Lauf, John. Und vor allen Dingen atme tief durch.“

John folgte den Anweisungen, atmete einige Male tief durch und beugte und streckte sich. Seine Kiefer mahlten, sein Blick war kalt und starr auf den Horizont gerichtet. Für Patrick hatte es den Anschein, als würde John einen inneren Kampf ausfechten. Als würde er versuchen, mit allen Mitteln dieser Emotionen Herr zu werden. Er war mehr als nur besorgt, doch helfen konnte er ihm nicht wirklich. Er ließ seinem Sohn Zeit, beobachtete ihn und stand einfach nur an seine Seite.

„Oder versuch es doch mal so zu sehen: Vielleicht kam er nur zurück, weil er sie mal sehen wollte oder … oder noch besser: weil er sie von diesen Attacken befreien wollte.“

„Ja… ja vielleicht.“

Eine ganze Weile betrachtete John seinen Vater und musste letztendlich doch leicht schmunzeln und den Kopf schütteln. Erstaunlich, wie sehr sein Vater sich verändert hatte. Normalerweise wäre er ihm wegen eines solchen Verhaltens aufs Dach gestiegen und hätte ihm in seiner unnachahmlichen Art und Weise wieder in Erinnerung gerufen, dass ein Sheppard unter allen Umständen die Haltung zu wahren hatte. Jetzt aber…

„Du hörst dich fast an wie Mom.“

„Die Ehe mit einer Psychologin hinterlässt nun mal Spuren. Ist es dir vielleicht lieber, wenn ich dir wieder die Leviten lese oder wir uns in die Wolle kriegen, wegen etwas, was ich nur zu gut verstehen kann?“

„Muss nicht sein.“

„Gut … Geht’s wieder? Sag mir bitte, dass die frische Luft dich wieder ein bisschen runtergebracht hat.“

„Ja … ja, es geht schon wieder. Vielleicht hast du recht. Vielleicht sollte ich mich wirklich eine Weile von Alexa und ihrem … Versprochenen fernhalten.“

„Auf jeden Fall. Wir können uns ja in die Jumperbucht verziehen, wenn die beiden hier herumschleichen. Oder wir machen was anderes. Schach zum Beispiel. Habe schon lange nicht mehr gespielt, und da du McKay schon mehrmals geschlagen hast … würde ich eine Herausforderung gerne annehmen.“

„Ja. Gute Idee, aber zum Thema Herausforderung …“, meinte John und sah, wie Patrick stutzig wurde. „Wenn du mir noch einmal vor meinen Leuten eine Kopfnuss verpasst oder mir eine solche Predigt hältst, wie auf dem Planeten heute Morgen, oder noch mal auf die Idee kommst, mir zu sagen was ich tun oder lassen soll und das im Beisein von Lorne oder einem anderen, dann war das heute dein erster und dein letzter Ausflug. Klar?“

~~~///~~~

Alexa schlief tief und fest, als Darius entschied, einen kleinen Spaziergang machen zu wollen. Schmunzelnd musste er den Kopf schütteln, als er merkte, dass es selbst für ein höheres Wesen nicht so einfach werden sollte, sich der geradezu fesselnden Umarmung einer schlafenden Frau zu entziehen.

Ihr Kopf lag auf seiner Brust, ihr rechter Arm quer über die selbige und seiner Schulter bis zur anderen Bettseite und ihr rechtes Bein lag angewinkelt über den seinen. Eigentlich lag sie mehr auf ihm, als dass sie auch nur ein wenig die eigentliche Matratze berührte. Nicht dass sich Darius beschweren wollte –immerhin war sie nicht besonders schwer, sie wärmte ihn und das Gefühl der Nähe und das Spüren des Anderen hatte er so sehr vermisst, dass es nun umso schöner war, als all die Erinnerungen über die Jahrtausende hinweg. Sie hatten schon des Öfteren die eine oder andere Nacht zusammen verbracht, tauschten Körperwärme aus, wenn sie aufgrund eines Auftrages unter freiem Himmel schlafen mussten oder einer der beiden schlich sich des Nachts klangheimlich in das Quartier des anderen. Aber das war bisher auch alles, was zwischen ihnen geschah. Auch wenn die Vertrautheit zwischen ihnen schon sehr groß war, so wollten sie mit der eigentlichen sexuellen Intimität bis zur Hochzeit warten. Schon alleine wegen Alexas Unerfahrenheit.

Ganz vorsichtig drang er in ihren ruhenden Geist und ließ sie tiefer in ihren Schlummer fallen, bevor er eher umständlich als leicht unter ihr hervor kroch und nach einem weiteren Lächeln das Quartier verließ.

Es tat gut, wieder durch die Flure der großen Stadt zu schlendern. Doch niemand störte sich an dem Spaziergänger. Was wohl daran lag, dass er sich in einen Zustand begab, in dem er von niemandem außer den anderen seiner Art wahrgenommen werden konnte. So stattete er der Bibliothek einen Besuch ab, um dort seinen neugierigen Blick über die vielen Bücher und Zeitschriften der Erde gleiten zu lassen und besuchte die Kantine, um die Menschen bei der Gestaltung ihrer Freizeit und ihren Pausen zu beobachten und das delikat duftende Essen zu betrachten. Er selbst verspürte seit seinem Aufstieg keinen Hunger mehr, dennoch musste er zugeben, dass ihm bei der einen oder anderen Speise schon das Wasser im Munde zusammenlief. Alexa für ein kleines gemütliches Abendessen zu zweit zu überreden, wäre bestimmt nicht schwer.

Auch die Krankenstation lag auf seiner Route und erfreut stellte er fest, dass Elisha noch immer mit Leidenschaft ihrer Arbeit nachging und ihr Wissen und Können gerne mit den Ärzten der Erde teilte. Mit einem Lächeln blickte er der älteren Antikerin über die Schulter, während diese Jennifer Keller während einer Blinddarmoperation mit lantianischen Instrumenten und Geräten anleitete.

Er warf auch einen Blick in die Trainingsräume, schüttelte entweder enttäuscht oder belustigt den Kopf über den einen oder anderen Soldaten, der ungemütlich auf der Matte landete und durch Ronon blaue Flecke und andere Wehwehchen kassierte. Der Sateder war gut in Form. Darius wusste, dass er ein wirklich ernst zu nehmender Gegner sein konnte und die Versuchung, einzuschreiten und einen kleinen Schaukampf zu bestreiten war wirklich groß. Wie lange hatte er sich schon nicht mehr derart beschäftigt …

Doch er entschied sich wehmütig dagegen und besuchte auch die vielen wissenschaftlichen Labore, beobachtete und staunte über den Wissensdurst die Neugier und den Einfallsreichtum der Erdenmenschen. Letztendlich amüsierte er sich über das Hin und Her zwischen Dorian und dem kanadischen Astrophysiker, während sie die Kapsel aus der Akademie weiter untersuchten. Die beiden würden im Ernstfall ein gutes Team abgeben. Da war sich Darius sicher.

Darius entschied sich auch für einen kleinen unbemerkten Besuch im Kontrollraum, sah den Technikern bei ihrer Arbeit zu und beobachtete wie ein Erkundungsteam losgeschickt wurde und ein anderes zurückkehrte. Auch die Gespräche zwischen Woolsey und dem General waren zeitweise interessiert. Die beiden Männer ahnten noch gar nicht, wie ähnlich sie sich in manchen Dingen doch waren.

Es lief alles so, wie es sollte. So, wie es der große kosmische Plan vorsah. So, wie er es vor Jahrtausenden in die Wege geleitet hatte. Es gab ihm ein kleines Gefühl von Sicherheit und Zufriedenheit. Doch die Sorge um die weitere Zukunft und seine geliebte Alexa war dennoch größer. Seine Möglichkeiten waren allerdings stark begrenzt und weitere Überschreitungen und Zuwiderhandlungen konnte und durfte er sich nicht leisten. Allerdings gab es da noch etwas, was er erledigen wollte und so materialisierte er sich aus dem Labor und machte sich an seine Arbeit.

~~~///~~~

„Ah, da sind ja meine Männer! Wo wart ihr denn so lange?“, entfuhr es Carol, die am Herd stand und dem Abendessen den letzten Schliff verpasste.

„Haben frische Luft geschnappt“, erwiderte Patrick, während John sich erschöpft am Esstisch niederließ.

Er schien nicht großartig in Gesprächslaune zu sein und das hatte Patrick auch mit einem entsprechenden Blick Richtung Carol deutlich gemacht. Auch wenn er seine Wut und seinen Zorn über den neuen Besucher mittlerweile ganz gut im Griff zu haben schien, so wussten die beiden, dass John jederzeit die Geduld verlieren konnte. Dennoch wollte Carol einen Versuch wagen, John mit der Salbe zu behandeln.

„Gut, dass du hier bist, John. Elisha hat mir vorhin etwas für dich mitgegeben. Für deine schlimme Seite.“

„Ich brauche nichts“, erwiderte John.

„Elisha hat die Salbe hergestellt. Sie ist speziell für Prellungen und Hämatome. Sie wirkt schmerzlindernd und beschleunigt die Heilung.“

„Ich habe gesagt, ich brauche nichts. Ich will das Zeug nicht.“ John erhob sich beinahe fluchtartig vom Stuhl, was ihn augenblicklich die Zähne zusammenbeißen und aufstöhnen ließ.

„Jetzt hör mal zu, mein Lieber. Wenn du glaubst, ich würde mir seelenruhig ansehen, wie du dich in den nächsten Tagen durch die Gegend schleppst, weil du nicht richtig aufrecht gehen kannst, täuschst du dich gewaltig. Ich möchte nicht, dass du deinen Unmut über den Besuch von Darius an anderen auslässt … oder an dir selbst mit diesem stoischen Gehabe.“

„Tu ich doch gar nicht!“, verteidigte sich John, als er überrascht zu seiner Mutter sah. Doch diese blieb ruhig.

„Runter mit dem Hemd.“

„Mom …“

„Noch mal sag ich es nicht, John“, erklärte Carol mit Nachdruck aber immer noch ganz ruhig.

Die Hartnäckigkeit seiner Mutter war beispiellos. Schon oft hatte man ihm dieselbe Hartnäckigkeit vorgeworfen und verglich ihn in Kinder und Jugendjahren sogar mit ihr. Aber John glaubte immer, dass seine Mutter in dieser Hinsicht unerreichbar sei. Und er sollte Recht behalten, als er schlussendlich Carols bohrenden Blicken auswich und sich daran machte, das Hemd aufzuknöpfen und sich dann auch des T-Shirts entledigte.

„Junge, junge“, entfuhr es Patrick, als er das rot-blauviolett auf Johns Rippen sah. Schnell griff er in seine Hosentasche und zog einige Schmerztabletten hervor. „Hier, schluck ein paar von denen. Die haben wir von Jennifer. Sind auch für deine Rippen und deine Gehirnerschütterung.“

John setzte sich auf die Armlehne des Sessels und zog scharf die Luft ein, als Carol begann, die Salbe vorsichtig an seinem seitlichen Rücken zu verteilen.

„Ich mache schon so vorsichtig, wie ich kann.“

„Ich weiß, Mom“, brachte John mit zusammengebissenen Zähnen hervor.

„So wie das aussieht, wundert es mich doch sehr, dass nicht schon ein Blick Schmerzen verursacht. Vielleicht hättest du doch besser mal … Darius rangelassen“, gab Patrick zurück, der John gegenüber an einem Sessel lehnte. Doch John bedachte ihn nur mit einem grimmigen Blick.

„Was glaubst du? Warum reagierst du so extrem auf ihn?“, fragte Carol leise, während sie noch immer die Salbe auf Johns blauen Flecken verteilte.

„Ich weiß nicht. jedes Mal wenn ich ihn sehe, würde ich ihm am liebsten eine Kugel verpassen oder ihm den Hals umdrehen. Er hat mir nichts getan und trotzdem … ich kann es nicht erklären.“

„Hasst du ihn oder siehst du ihn nur als eine Art Nebenbuhler an? Glaubst du, es geht eine Gefahr von ihm aus?“

Carol entschied sich lieber zu fragen, anstatt ihn mit seinen Empfindungen und seinem Verhalten zu konfrontieren. Das hatte früher schon ganz gut funktioniert und abgesehen davon bediente sie sich dieser Methode auch schon in ihrer Praxis. Zum einen erfuhr sie so mehr und zum anderen gab es dem Einzelnen die Möglichkeit, die eigenen Gedanken und Empfindungen selbst zu erforschen und zu hinterfragen und somit große Fortschritte oder gar Erfolge zu erzielen.

John atmete tief durch. „Ich hasse ihn nicht, ich sehe ihn auch nicht als … als Feind oder Gefahr … jedenfalls nicht für Alexa.“

„Aber du siehst ihn als etwas, was dem, das zwischen dir und Alexa ist, gefährden könnte“, schlussfolgerte Patrick.

„Ich weiß es nicht. Es ist zum Teil wie mit ihrem Vater. Auf der einen Seite so, auf der anderen Seite wieder anders … und trotzdem ist da etwas … ich kann es einfach nicht nennen.“

„Ablehnung?“, kam es diesmal von Carol.

„Nicht so direkt. Bei ihrem Vater ist es ohnehin etwas anderes. Ich weiß, er ist ein guter Kerl, er würde ihr niemals etwas antun oder ihr wehtun, aber bei dem Typ … Verrückt! Tief in mir drin, ist etwas, dass mir sagt, dass ich dem Kerl vertrauen kann und ein anderer Teil von mir wünscht ihn sich weit weg. Am besten zurück auf seine Ebene oder in sein Grab. Ganz egal, Hauptsache weit weg von Alex. Das ist einfach so … Ich habe so etwas noch nie …“

„Empfunden? Was beschäftigt dich mehr? Das jener Teil von dir sagt, dass du ihm vertrauen kannst oder dass er verschwinden soll?“

„Wenn Dad Recht hätte und ich wäre wirklich …“

„Du bist wirklich eifersüchtig“, fuhr Carol bestimmend fort, womit John sich nur widerwillig einverstanden gab.

„Schön, von mir aus. Dann bin ich eben … eifersüchtig.“

„Obwohl noch gar nichts zwischen dir und Alexa läuft“, fuhr Patrick fort.

„Und genau das ist das Problem. Ich verstehe nicht, dass es so … intensiv ist. Ich verstehe nicht, warum ich Alexas Probleme spüren kann und warum ich so-“

„Total verdreht und extrem reagierst? Vielleicht liegt es daran, dass du so scharf auf sie bist“, erläuterte Patrick amüsiert. Doch John schien wenig belustigt und sah wieder grimmig zu seinem Vater.

„Ich glaube da steckt mehr dahinter. John, gehört das zu den Veränderungen, die du vorhin erwähnt hast? Veränderungen, die du glaubst, in deinem Inneren zu spüren?“, wolle Carol wissen und John nickte bedächtig.

„Ja. Ich spüre richtig, wie sich etwas in mir verändert und das hat nichts damit zu tun, das ich … sie … mag.“

Carol schmunzelte und schüttelte den Kopf. John konnte immer noch nicht zugeben, dass da mehr als Mögen war.

„Man sieht nichts und mir selbst fällt äußerlich auch nichts auf, aber trotzdem ist vieles anders oder neu für mich. Ich weiß nicht was und ich kann es noch nicht einmal richtig benennen. Ich weiß nur, dass es so ist und dass ihr Vater und dieser Kerl irgendwie etwas damit zu tun haben.“

„Vielleicht weil sie Antiker sind und du das Gen hast“, fuhr Patrick fort.

„Kein Ahnung. In dem Moment, in dem ich dem General gegenüberstand, da habe ich seine Abneigung mir gegenüber gespürt und trotzdem war da noch etwas anderes. Etwas Gegenteiliges. Und so ähnlich ist es mit dem Besucher. Ich mag ihn nicht und trotzdem ist das Gefühl, das ich bei hm habe, so wie bei … bei Ronon oder Rodney, sogar Dave. Das käme dem Ganzen wahrscheinlich am nächsten“, erklärte John.

„Ein vertrautes Gefühl also? Familiär? Freundschaftlich, brüderlich?“, definierte Carol fragend.

„So was in der Art. Ich kann es einfach nicht beschreiben.“

„Diese Veränderungen … seit wann spürst du sie?“, fragte Carol weiter.

„Ganz ehrlich?“

„Oh ja, das wäre wunderbar“, neckte Carol.

„Ich glaube, es geht eine ganze Weile so. Seit … seit Alexa hier ist.“

„Hm … und du bist dir sicher, dass sie nicht irgendwelche Auswirkungen haben, die dich in deiner Arbeit behindern könnten?“

„Ziemlich sicher. Eigentlich trifft das komplette Gegenteil zu. Ich habe das Gefühl, als sei ich … besser als früher. Auch körperlich geht es mir besser. Ich bin schneller und stärker. Ich kann mich besser konzentrieren, in meinem Training mit Ronon und Teyla habe ich mich auch steigern können und so wie es aussieht, schadet es auch nicht, wenn ich diese komische Verbindung zu Alexa habe. Wenn sie in Schwierigkeiten kommt, weiß ich es als erstes.“

„Okay. Aber wir sollten diese Veränderungen im Auge behalten. Und dich auch. Ich möchte, dass du alles so gut du kannst dokumentierst und mit mir besprichst, sobald dir etwas auffällt.“

„Was? Ich soll Tagebuch führen?“, entfuhr es John leicht schmunzelnd.

„Wenn du es so nennen willst, ja. So können wir vielleicht besser nachvollziehen, was mit dir geschieht und vielleicht kommen wir auch dahinter, was letztendlich der Grund dafür ist.“

„Na schön. Wenn es unbedingt sein muss“, murmelte John vor sich hin und glaubte dann etwas zu riechen. „Was ist denn das? Was riecht hier so?“

„Hm? … Oh Gott! Mein Braten!“, entfuhr es Carol panisch, die Patrick dann das Salbendöschen in die Hand drückte und schnell zur Küche eilte. „Hier, mach du weiter. Ich muss mich um das Fleisch kümmern.“

„Ja, aber …“ unsicher sah Patrick zu John, der ihn nur abwartend betrachtete. Kaum merklich mit den Achseln zuckend, machte sich Patrick an die Arbeit, was John augenblicklich aufstöhnen ließ.

„Entschuldigung. Ich habe leider nicht die zarten Hände deiner Mutter, aber … ich bemühe mich, okay?“

John verdrehte nur die Augen und ließ sich mehr oder weniger geduldig mit der Salbe einreiben.

„Tut mir leid, dass ich heute das eine oder andere Mal zu weit ging und dich … deine Autorität gegenüber deinen Leuten so …“

„Das hatten wir doch eben schon, Dad.“

„Ja, ich weiß. Trotzdem, ich wollte nur, dass du es weißt. Ich habe dich so selten erlebt, dass du so … dass du Befehle erteilst und diese Art von Verantwortung übernimmst. Das ist irgendwie neu für mich.“

„Weil du nie gedacht hast, dass ich es so weit bringe?“

„Nein. Das stimmt nicht. Ich mag es früher vielleicht das eine oder andere Mal gesagt haben und heute weiß ich auch, dass es nicht gerade die feine Art war, aber … ich wusste immer, dass du es weit bringen würdest. Ich habe es mir immer erhofft und darum gebetet, das es einmal so weit kommt und nun hast du es auch geschafft und das … macht mich stolz.“

„Vielleicht sollten wir so eine Art Codewort oder was anderes ausmachen, wenn du mir wieder etwas sagen willst oder wenn ich wieder kurz davor stehe-„

„Was dummes zu tun oder zu sagen?“, fuhr Patrick fort. „Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass mir dieser Darius nicht gerade unsympathisch ist, aber dennoch hoffe ich, dass er wirklich bald wieder verschwindet. Um deinetwillen … Also, wie wäre es mit einem ganz unverfänglichen Räuspern? Schwer zu überhören und doch ganz subtil.“

Einverstanden lächelte John. „Gut, dann werde ich mich räuspern, wenn du dir vor meinen Leuten wieder zu viel herausnimmst.“

„Okay. Dann denke ich, sind wir hier fertig“, meinte Patrick und verschloss das kleine Döschen wieder. Kaum dass John nach seinem T-Shirt griff, ertönte der Türsummer.

„Verzeihung, Sir. Man sagte mir, dass ich den Colonel hier finden würde“, sagte Lorne, als Patrick die Tür zum Wohnquartier öffnete und ihn dann eintreten ließ.

„Major“, grüßte John seinen 2IC diesmal in besserer Stimmung.

„Sir, tut mir leid, wenn ich störe. Aber ich habe eine gute und eine weniger gute Nachricht“, informierte Lorne ihn.

„Lassen Sie mich raten. Der Stunner ist aufgetaucht, aber der Schuldige bleibt weiterhin unentdeckt.“

„Ja, Sir“, seufzte Lorne. „Der Stunner wurde in einem der leeren Spinde gefunden und nichts schließt auf den Deppen hin, der ihn dort abgelegt hatte. Ich gehe mal von einer allgemeinen Unachtsamkeit aus. Kurz abgelegt, dann aber vergessen.“

„Das wievielte Mal gehen Sie davon aus, Major?“

„Das zweite Mal, Sir.“

„So geht das nicht, Major. Ob es jetzt einer unserer Leute war oder ein Zivilist … ein Stunner ist eine Waffe und die kann man nicht einfach so irgendwo ablegen und dann vergessen“, erklärte John etwas aufgebracht, als zum zweiten Mal der Türsummer ertönte.

„Hast du jemanden zum Essen eingeladen? Das hättest du mir sagen sollen, John“, kam es von Carol, die immer noch mit Kochen beschäftigt war.

„Nein, ich habe niemanden eingeladen. Wir reden gleich weiter, Major“, gab John zurück und öffnete die Tür, nur um dann von einem aufgebrachten kanadischen Wissenschaftler fast über den Haufen gerannt zu werden.

Weder grüßte Rodney, noch bat er um Erlaubnis, das Quartier der Sheppards zu betreten. Mit dem Tableau unter dem Arm geklemmt und hastigen Schritten rauschte er an John vorbei und sah dann fassungslos zu seinem Teamkameraden.

„Hallo Rodney, komm doch rein“, entfuhr es John flapsig, worauf er die Tür wieder schloss.

„Hm? Oh … nein jetzt nicht.“

Fassungs- und auch ratlos sah John zu seinem Vater, der nur grinsend den Kopf schüttelte. Dann wandte er sich wieder an den Wissenschaftler.

„Rodney?“

„Der Code … er ist geknackt.“

„Was für ein Code?“, harkte John nach.

„Der Code in den Akten der Antiker! Hallo! Wovon rede ich denn die ganze Zeit?“

„Das frage ich mich manchmal auch. Aber wie dem auch sei –du hast den Code geknackt?“

„Ja. Das heißt eigentlich … nein.“

„Jetzt komme ich gar nicht mehr mit. Ich könnte schwören, dass Jennifer meinte, es sei nur eine leichte Gehirnerschütterung.“

„Oh, meine Güte! So schwer kann das doch nicht sein. Du hast mich doch beauftragt, den Code in den Personalakten der Antiker zu knacken.“

„Ja, hauptsächlich in Alexas und der des Generals. Und du hast das wirklich hingekriegt?“

„Wir drehen uns irgendwie im Kreis, finde ich“, gab Rodney missmutig zurück.

„Dann verdammt noch mal sag endlich, was Sache ist!“, entfuhr es John.

„Das tue ich doch!“

„Rodney!“

„Oh Grundgütiger! Wenn das die letzten Jahre ständig so lief, wundert es mich wirklich, dass hier noch alles steht und funktioniert“, murmelte Patrick und tauschte mit Lorne amüsierte Blicke aus.

„Ich habe nun Zugang zu den kompletten Akten … fast … aber nicht durch mich“, fuhr Rodney fort.

„Ich traue mich gar nicht mehr zu fragen“, murmelte John halblaut. „Aber ich muss, als erkläre mir das.“

„Ich habe was Besseres. Ich zeige es dir“, meinte Rodney und reichte das Tableau an John weiter.

„Ich habe extra noch das eine oder andere Programm geschrieben, als ich merkte, dass es wohl schwieriger sein würde, die Codierung aufzuheben, als gedacht und wir reden hier schließlich von mir, nicht wahr?“

Carol schüttelte über die Selbstsicherheit des Kanadiers nur den Kopf und schob das Backblech wieder in den Ofen.

„Trotzdem muss ich zugeben, dass die Codierung unglaublich gut ist. Ich hätte Jahre damit verbringen können und wäre kein Stück weiter gekommen. Der Code ist nicht zu knacken.“

„Aber du hast doch gerade gesagt-„

„Irgendetwas oder irgendjemand hat mir unbemerkt Zugang zu den Akten verschafft.“

„Warum?“

„Keine Ahnung.“

„Wie?“, fragte John weiter.

„Äh, mit einem Zugangscode würde ich sagen, denn die Decodierung läuft immer noch im Hintergrund“, erklärte Rodney und tippte für John einige Befehle in das Tableau. Es zeigte, wie die verschiedensten Programme tatsächlich noch immer auf Hochtouren liefen.

„Ich nehme an, das ist dein Privattableau und du hattest es die ganze Zeit in deinem Quartier“, folgerte John ratend.

„Natürlich! Was glaubst du eigentlich, wer vor dir steht?“

„Auch das frage ich mich manchmal. Du hast natürlich gecheckt, wer oder was dir Zugang zu deinem Quartier verschafft hat, aber nichts gefunden.“

Rodneys Blick sprach von Zustimmung, als er stumm und mit den Händen in den Hosentaschen vor John stand.

„Eines verstehe ich nicht“, meldete sich Lorne zu Wort. „Warum macht sich jemand die Mühe uns Zugang zu den Akten zu verschaffen, stoppt dann aber nicht die Decodierung oder gibt seine Identität Preis.“

„Weil er uns wahrscheinlich einfach nur eine Information zukommen lassen wollte“, antwortete Patrick, der noch immer auf der Couch saß. „In all den Jahren als Geschäftsmann habe ich einiges gelernt. Darunter auch, dass man manchmal nicht nach dem Wer, Was, Wie oder Warum fragen, sondern einfach nur die Info nehmen und das Beste daraus machen sollte.“

„Was steht in den Akten?“, verlangte John zu wissen.

„Du wirst staunen, das kann ich dir versprechen.“ Wieder tippte Rodney auf das Tableau und die gewünschten Daten erschienen in Massen.

„Whoah!“

„Wie gesagt, sie sind zum größten Teil decodiert. Es gibt in jeder der vier Akten jeweils nur einen Vermerk, der nicht entschlüsselt wurde und nach genauerem Hinsehen … kann ich die Programme auch ebenso gut stoppen. Da ist nichts zu machen.“

„Was ist, wenn gerade das etwas Wichtiges ist?“, kam es herausfordernd von John, während er noch immer die enormen Daten sichtete und dann das Tableau wieder an Rodney reichte. „Übersetzung.“

Schnell tippte Rodney wieder etwas ein und das Stück Technologie wanderte wieder zurück zu John.

„Tja, tut mir leid. Ich gebe es nur ungern zu, aber der General hatte wohl recht, als er meinte, man könne die Bemühung den Code zu knacken aufgeben. Ich … ich kann einfach nicht glauben, dass ich das gesagt habe. Noch weniger, dass es mir nicht gelungen ist! Ich habe versucht, hinter diese Decodierung zu kommen und das einzige was ich raus fand, war die Tatsache, dass es sich um einen gültigen Autorisationscode handeln muss. Ein lantianischer Code. Aber ich weiß nicht, zu wem er gehört. Nur dass er dazu diente, die Eintragungen zu entschlüsseln und gleichzeitig einzelne Informationen zu verschleiern.“

„Vielleicht war es Alexa“, meinte Carol.

„Alexa weiß nicht, dass ich Rodney damit beauftragt habe“, antwortete John und studierte weiter die Einträge.

Für ihn waren eigentlich nur zwei Akten von größtem Interesse. Die des Generals und die Alexas und beide waren über und über mit Informationen gefüllt und beinahe identisch. Auch wenn er noch immer nichts mit den vielen Namen und Bezeichnungen anfangen konnte, so wunderte er sich doch sehr. Der General hatte wirklich nicht gelogen, als er dem IOA bei seinem Besuch auf der Erde mitteilte, dass die Ausbildung an der Akademie sehr anspruchsvoll gewesen sei. Vor allem aber offensichtlich abwechslungsreich und vielfältig.

„Rodney, du hast nicht zufälligerweise nach diesen ganzen Begriffen mal … gedatenbankt?“

„Gedatenbankt? … Das ist ein Witz, oder?“, meinte Rodney und nahm das Tableau wieder an sich. Seufzend tippte er wieder einige Befehle ein. „Gedatenbankt! Tss!“

„Was denn? Dir gefällt das? Ich dachte mir, da wir hier noch kein Google oder Wiki à la Atlantis oder McKay haben …“

„Sehr witzig. Ich kann nicht überall sein. So was dauert und außerdem-„

„Haben wir eben unsere Datenbank“, gab John spitzbübisch zurück und las dann die von Rodney recherchierten Daten. Doch das kleine verschmitzte Lächeln machte bald einem faszinierenden Staunen Platz. Langsam ließ sich John auf der Couch nieder.

„Nicht schlecht, hm? Ich sagte ja, du wirst staunen“, gab Rodney zurück und sah wie sein Teamleader die Informationen wie ein Schwamm aufsaugte. Doch seine Faszination wandelte sich immer mehr in Besorgnis.

„John … was ist denn?“, entfuhr es Carol.

„Das ist … das Alexa einiges drauf hat, war mir schon recht früh klar geworden. Auch beim General, aber das … “

„Willst du uns auch einweihen? … Oder musst du dich mal räuspern?“, fragte Patrick, der mit einem unsicheren Blick von John bedacht wurde.

„Ich habe selbst noch nicht alle Daten durch. Aber … wenn ich so über die Eintragungen der Ausbildungen und Erfahrungen des Generals und Alexa fliege … Wir sollten Woolsey Bescheid geben. Lorne, informieren Sie ihn, dass ich ihn in einer Stunde sprechen muss … mit den anderen Führungsoffizieren. Kein Wort zu den Antikern.“

„Ja, Sir“, gab Lorne zurück und eilte aus dem Quartier.

 ~~~///~~~

Leicht erschöpft betrat Tristanius an diesem frühen Abend die Krankenstation. Seine Fragen und seine Neugier mussten endlich ein Ende haben und so entschied er, die Kapsel öffnen zu lassen.

„Bist du dir wirklich sicher, Tristan? Sollten wir nicht auf die anderen warten?“, fragte Elisha unsicher.

„Die Kapsel entstammt unserer Technologie und unabhängig, wer sich darin befinden mag … ich will wissen, wer sich darin befindet. Ich übernehme die Verantwortung.“

„Also gut. Dorian und ich haben so weit alles vorbereitet. Aber ich kann wirklich nicht garantieren, dass er oder sie den Prozess überleben wird.“

„Ich habe verstanden. Tu einfach, was du tun musst. Dorian …“, wandte sich Tristanius dann an seinen Sohn, der darauf einige Befehle in seinen kleinen Computer eingab.

Ein kurzes Piepen folgte und obere Verkleidung der Kapsel löste sich in Luft auf. Die Sicht auf einen stark gealterten Mann wurde frei. Lange, weiße Haare und ein nicht minder kürzerer Bart. Tiefe Falten durchfurchten sein Gesicht und doch glaubte Tristanius, ihn irgendwie zu erkennen.

„Elisha?“

„Er lebt!“, entfuhr es ihr erstaunt. „Seine Werte sind zwar etwas schwach, aber …“

„Kannst du ihn aufwecken?“

„Ich kann es mit einem sehr milden Mittel versuchen, aber ich weiß wirklich nicht, ob das nicht schon zu viel für ihn sein könnte.“

„Bitte versuche es“, bat der General und beobachtete wie seien Frau ein leichtes Aufputschmittel bereitete und es dem scheinbar schlafenden Injizierte.

Es dauerte eine kleine Weile, bis der Alte träge die Augen öffnete und zunächst gegen das grelle Licht blinzelte. Dann sah er sich um. Sein Blick schweifte umher, bis er Dorian visierte.

„Dorian!“, entführ es ihm heiser.

„Sie … Sie kennen mich?“

„Das will ich doch wohl meinen“, gab der Alte zurück und sah zu Elisha. „Ah … Elisha! Die Erleuchteten sind dir wohl immer noch so gut gesonnen. Gut siehst du aus. Wie einst.“

„Wie bitte?“

„Tristanius! Du hast dir aber Zeit gelassen, hm?“

„Wer sind Sie?“, fragte Tristanius, obwohl er die Antwort bereits ahnte.

„Sehe ich wirklich so schrecklich aus, dass man mich nicht mehr erkennt? Ich weiß, dass viel Zeit vergangen ist, aber das trifft mich nun doch sehr.“

~~~///~~~

Nach einem kurzen Gespräch schlief der Alte schnell wieder ein und die Familie zog ich in einen angrenzenden Raum zurück.

„Ich kann nicht glauben, dass er … dass er das getan hat!“, platzte es aus Dorian heraus.

„Ich auch nicht“, stimmte Tristanius seinem Sohn leise zu, während er nachdenklich aus dem Fenster starrte.

„Warum? Warum hat er das getan?“, wollte Elisha wissen.

„Das fragst du wirklich? … Bei dem, was auf uns zukommen wird … Es würde mich nicht wundern, wenn Darius dahinter steckt.“

„Deswegen war er wohl auch die ganze Zeit in der Akademie. Er hat sie beschützt … und ihn“, schlussfolgerte Dorian.

„Wir sollten es Alexa sagen. Sie sollte wissen, dass er da ist“, meinte Elisha, als sie näher an ihren Mann trat. „Und auch den anderen. Wir können es ohnehin nicht geheim halten. Du hast ja gehört, er will die Stadt sehen.“

„Ja, aber wir sagen es ihr morgen früh. Darius ist noch immer bei ihr und ich will die beiden jetzt nicht stören. Außerdem will ich, dass sie sich noch ein wenig ausruht.“

„Ja, das wird sie nötig haben. Wenn erst Darius … und dann er … Das wird sie wirklich schwer treffen.“

„Uns alle, Dorian … uns alle.“

 

~~~///~~~

Das kleine gemütliche Abendessen der Sheppards war beendet und Carol schmunzelte leicht, als ihre beiden Männer immer wieder über ihre gut gefüllten Bäuche rieben und an ihren Gürteln und Hosenbünden nestelten. John und Patrick hatten das Essen derart hinuntergeschlungen –man hatte meinen können, sie hätten seit Tagen nichts zu essen bekommen.

Bei John war es nicht wirklich verwunderlich. Hatte Carol doch in letzter Zeit des Öfteren beobachten können, dass John sich nicht nur bei seiner Militärarbeit beinahe verausgabte und sich bei dem einen oder anderen Training auspowerte – nein, er packte auch in anderen Bereichen an. Er stand den Wissenschaftlern für Test zur Verfügung, half ihnen beim Tragen ihres Equipments und leistete teilweise körperlich schwere Arbeit bei alliierten oder befreundeten Völkern auf anderen Planeten. Ob Räumung, Evakuierung oder Aufbau eines Dorfes –John war mit Freuden und Muskelkraft dabei. Also war ein gesteigerter Energieverbrauch kein Rätsel mehr. Aber bei Patrick … Carol begnügte sich mit der Gewissheit, dass es ihrem Mann offenbar gut geschmeckt haben musste. Ja, die Zubereitung ihres allseits beliebten Pfefferbratens hatte sie immer noch drauf.

„Colonel, ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll“, meinte Richard, als man ihm über die entschlüsselten Akten der Antiker berichtete.

„Vielleicht wissen Sie es, wenn Sie sich das einmal angesehen haben“, antwortete John, tippte etwas auf dem Tableau ein und legte die Daten auf den großen Bildschirm im Wohnquartier der Sheppards.

Bisher diente der Bildschirm lediglich als eine Art Filmleinwand für Carol und Patrick, die sich den einen anderen Film ausgeliehen hatten und einen gemütlichen Abend verbringen wollten.

„Da bin ich mir nicht so sicher, John. Ich hatte gehofft, eine vertrauensvolle Beziehung zu den Antikern aufbauen zu können. Aber das … das … du meine Güte!“

Es war nicht nur Richard, dessen Gesichtszüge vor Erstaunen und Bewunderung geradezu entgleisten. Auch wenn John und Lorne in militärischen Belangen während dieser Zusammenkunft als Fachmänner galten, so waren auch Johns Team, Jennifer und Carson und auch Johns Familie verblüfft.

„Du großer Gott! Der Mann ist offenbar zu Recht zum General ernannt worden“, entfuhr es Patrick.

„Und das schon um die 30, Dad“, schloss sich John an und lehnte sich lässig an die Lehne der Couch.

„Ich kenne mich in dem Metier noch nicht so gut aus, um wirklich etwas dazu sagen zu können. Aber wenn man von den ganzen Eintragungen ausgeht, was die Ausbildung und Erfahrungen angeht und dann auch noch nach den Maßstäben der Antiker …“

„Sie sind für den Kampf geboren“, fasste Ronon Carols Erklärung kurz zusammen. „Besonders er.“

„Das macht mir Sorgen“, meldete John sich wieder zu Wort.

„Warum?“, wollte Richard wissen, als er für einen kurzen Moment seinen Blick von dem Bildschirm löste. „Befürchten Sie Probleme mit ihm? … Glauben Sie, er und seine Tochter stellen eine Gefahr für die Expedition und seine Teilnehmer dar?“

„Nein, das nicht. Sie wären wohl nicht so weit gekommen, wenn sie Schwierigkeiten mit ihrer Selbstbeherrschung und Kontrolle hätten. Ich denke, in deren Militär war es nicht anders, als es in unserem ist. Sie hätten ihr Offizierspatent erst gar nicht bekommen. Ich mache mir weniger Sorgen um ihn.“

„Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen.“

„Sehen Sie sich die Eintragungen in der Akte des Generals und seiner Tochter an. Sehen Sie sich McKays recherchierten Daten über die Bedeutung und die Informationen über ihr Training und ihre Fähigkeiten an … Aufklärung und Abwehr feindlicher Aufklärung, direkte Kampfeinsätze, konventionelle und unkonventionelle Kriegführung, Terrorismusbekämpfung, Befreiungs- und Rettungsoperationen-„

„Moment, Moment“, schaltete sich Carol ein und blickte fragend zu John. „Unkonventionelle Kriegsführung?“

„Unkonventionelle Kriegführung bedeutet beispielsweise verdeckte Operationen in gegnerisch kontrolliertem oder politisch schwierigem Umfeld, darunter auch Guerilla-Kriegsführung gegen wichtige Ziele hinter gegnerischen Linien ebenso auch psychologische Kriegsführung, Sabotage …“

„Das ist enorm, da gebe ich Ihnen recht, Colonel. Aber-„

„Enorm? Wenn ich mir das alles ansehe und summiere … entspricht es dem Training der Navy Seals … bei Weitem, wenn man sich die Erfahrungswerte und das Alter der beiden ansieht.“

„Seals? Die tolle Truppe, die ihr auf der Erde habt?“, fragte Ronon leicht amüsiert.

„Ja, die tolle Truppe auf der Erde … Sie haben eine durchaus vergleichbare Ausbildung und Training.“

„Hast du Seals hier unter deinem Kommando?“, wollte Carol wissen.

„Nein. Aber ich habe früher schon einige Male mit ihnen zusammengearbeitet. Ich kenne ein bisschen was über ihr Training und ihr Können“, erklärte John. „26-wöchige Kampfschwimmerausbildung, dann eine fünfwöchige Sprung- und Fallschirmschule. Hat man das geschafft, gilt es ein 15 Wochen dauerndes spezielles Marinekampfklassifikations-Training zu bewältigen. Ist auch das durchgestanden, ist man ein SEAL und erhält das Abzeichen. 70 bis 80 Prozent fallen durch und die meisten in der sogenannten Höllenwoche, in der man mit Schlafentzug konfrontiert wird und ein Training bis weit an seine Leistungsgrenze durchzustehen hat. Und dann gibt es immer noch ein Vertiefungstraining von etwa eineinhalb Jahren, bevor man für Einsätze zugelassen wird. Das gesamte Training und die Ausbildung gilt als das härteste und Anspruchsvollste der Welt … und diese beiden da … die beiden könnten es durch ihr Training und Erfahrung locker mit einem Zug Navy Seals aufnehmen und kämen vermutlich noch nicht einmal ins Schwitzen. Alleine Alexas Ausbildung dauerte fünf Jahre, die des Generals vermutlich etwas länger.“

„Nun gut. Sie sind also äußerst fähig“, gab Richard tief durchatmend zurück.

„Äußerst fähig, gut ausgebildet und erfahren, ja. Aber wenn es um den großen mysteriösen Fremden geht, geht den beiden der Arsch auf Grundeis. Besonders Alexa. Sie erinnert sich an nichts und niemanden, sie kennt ihn nicht und hat noch nicht einmal eine vage Vermutung, wer es sein könnte oder was er will und dennoch … fürchtet sie sich so sehr vor ihm.“

„Da fragt man sich, wer oder was dieser Kerl wirklich ist … wie gefährlich er sein muss, dass er ihnen solche Sorgen bereitet“, murmelte Carol in Gedanken versunken.

„Was mich auch ein bisschen stutzig macht, ist dieser einzelne Abschnitt das Training des Generals betreffend. Es ist das Einzige, das nicht decodiert wurde.“

„Doktor McKay?“, wandte sich Richard fragend an den Kanadier.

„Keine Chance. Wer immer für den freien Zugang zu den Akten verantwortlich ist, hat ganze Arbeit geleistet. Er wollte, dass wir das alles sehen, außer diesen einen Eintrag. Ich lasse zwar noch immer meine Programme laufen, aber ich mache mir da wenig Hoffnung. Die Codierung ist absolut sicher. Der General hatte recht … sie ist nicht zu knacken.“

„Dann bleibt nur die Frage, wer sich letztendlich Zugang zu Ihrem Quartier verschafft und einen Autorisierungscode eingegeben hat.“

„Oh, ich habe da eine Idee“, erwiderte Rodney. „Ich meine, es ist auf keiner Überwachungsaufnahme irgendetwas zu sehen. Also, wer in unserer kleinen Gesellschaft kann sich unsichtbar machen und hat einen noch immer gültigen Autorisationscode? Und wer hätte Interesse daran, uns Informationen zukommen zu lassen?“

„Dieser Darius? Aber warum sollte er uns auf diese Weise Informationen zukommen lassen? Warum spricht er nicht einfach mit uns?“, grübelte Teyla.

„Weil er ein Aufgestiegener ist“, murmelte John leise. „Schon vergessen? Die haben Regeln und Gesetze und die Interaktion mit uns niederen …“

„Aber er ist bei Alexa und … verbringt Zeit mit ihr. Heißt das, er wird die menschliche Form wieder annehmen?“, fragte Jennifer, die bisher ruhig und schweigend der Unterhaltung gefolgt war.

„Nein“, entgegnete John gedrückt. Es war eigentlich mehr ein Wunsch, eine Hoffnung, als er wieder diesen Groll aufkommen spürte.

Offenbar musste nur sein Name fallen und in John schien sich ein Schalter umzulegen. Er atmete einige Male tief ein und aus und versuchte seine Selbstbeherrschung zu wahren und hoffte, dass es niemanden auffiel. Doch er rechnete wieder nicht mit seiner überaus aufmerksamen Mutter, die ihm musternde Blicke zuwarf, während er zur Küche schlenderte, um sich ein Glas Wasser zu gönnen.

„Wieso ist er dann hier? Nur um uns diese Informationen zukommen zu lassen? Dazu hätte er sich nicht zeigen müssen. Andererseits kann ich es schon verstehen. Vermutlich hat er Alexa wohl so sehr vermisst, dass er es nicht mehr aushielt und-“

Es war ein klirrendes Geräusch, das Carson unterbrach und aus Richtung Küche zu kommen schien. Alles samt starrten teils erschrocken, teils überrascht zu John, der die Scherben des Wasserglases in das kleine Becken fallen ließ. Sein Kiefer mahlte und seine Atmung war gepresst, als er abwesend auf die blutende Hand sah.

„John! Was hast du denn jetzt angestellt?“

Eilig hastete Carol zu ihrem Ältesten und besah sich die Hand genauer. Auch Carson und Jennifer waren schnell an seiner Seite und ließen ihre prüfende Blicke über die Verletzung gleiten. Im Nu hatte Jennifer die Krankenstation informiert und ließ einige Medikamente, einen Scanner und andere Instrumente herbeischaffen, um sich um Johns leicht verletze Hand zu kümmern.

Dank der neuen lantianischen Geräte hatten Jennifer und Carson nicht zu Nadel und Faden greifen müssen. Der Zwischenfall kam John dennoch sehr ungelegen. Auch wenn niemand etwas sagte, so schien seinen Freunden und Kollegen doch klar zu sein, dass John mit einigen schwerwiegenden Gedanken und Problemen beschäftigt schien.

Nach langem Hin und Her und der anschließenden Einigung, die vergangenen Gespräche ebenfalls vor den Antikern geheim zu halten, verabschiedete man sich. Einige erledigten noch ein wenig Arbeit, andere trafen sich zu einem späten Mitternachtssnack oder gingen gleich zu Bett. Der nächste Morgen würde mit Sicherheit interessant werden.

 

Am nächsten Morgen

Amüsiert beobachtete Darius, wie Alexa langsam erwachte. Im Laufe der Nacht war es in dem schmalen Bett doch tatsächlich etwas eng geworden und so balancierte er auf seiner Seite liegend am Rand der Matratze. Er fand es schon früher erstaunlich, wie viel Platz Alexa benötigte und wie verdreht sie morgens immer aufwachte. Dass ihr nicht jedes einzelne ihrer Glieder schmerzte, wunderte ihn noch immer.

„Guten Morgen“, hauchte Darius lächelnd, worauf auch Alexa ein hinreißendes Lächeln zeigte.

„Morgen … du bist noch da.“

„Natürlich. Hast du gut geschlafen?“

„So gut, wie schon lange nicht mehr. Dank dir.“

„Ja, das kann ich mir denken. Eine Matratze schien letzte Nacht eher überflüssig.“

„Ich wollte nur sichergehen, dass du nicht einfach so verschwinden kannst, ohne dass ich es merke“, erwiderte Alexa und schmiegte sich wieder an seinen kräftigen Körper.

Darius schmunzelte zufrieden. Seine Amaris hatte offenbar nichts von seinem kleinen nächtlichen Ausflug mitbekommen. Doch wenn er daran dachte, wie sie wohl reagieren würde, wenn er wieder zu seiner Ebene zurückkehren würde …

Er unterdrückte ein Seufzen und ließ seinen Blick durch ihr Quartier schweifen. Überrascht stellte er fest, dass ihm gestern Abend und in der Nacht wohl entgangen sein musste, dass eine Box mit seinen früheren Habseligkeiten am Fenster stand.

„Du hast meine Sachen hier hergebracht?“

„Ich dachte mir, dass du vielleicht etwas anderes anziehen willst, als dieses … Ding“, antwortete Alexa und nestelte kurz an seinem Gewand.

„Was gibt es daran auszusetzen?“

„Einfach alles“, erwiderte Alexa mit gespielt verstimmter Stimme.“Deine Uniform ist darin … du hast immer sehr gut in ihr ausgesehen. Glaubst du, sie passt noch? … Würdest du sie wieder tragen? … Für mich?“

Da waren sie wieder. Die Worte die ihn zwar zum Lächeln brachten, ihn aber auch gleichzeitig schwach werden ließen. Er würde alles für seine Geliebte tun. Das hatte er sich geschworen, als ihm bewusst wurde, dass sie ihm mehr bedeutete als eine Kadettin, mehr als eine Kollegin, mehr als eine Freundin oder sogar mehr als eine Geliebte. Er würde einfach jede ihrer Bitten erfüllen, ihr jeden Wunsch erfüllen. Verdammt er würde ihr sogar jeden Wunsch von den Augen ablesen und er wusste, würde er ihr jetzt in die Augen sehen … es wäre um ihn geschehen und er würde sich in wenigen Minuten wieder vor dem Spiegel stehend wiederfinden und an seiner Uniform nesteln.

Er spürte ihre Ungeduld, spürte ihren abwartenden Blick und die geradezu bohrende Frage, während sie zu ihm aufsah. Er wollte nicht kämpfen und sich ihr verweigern und schon ertappte er sich dabei, wie er ihren Blick erwiderte und in ihre grün-blauen Augen sah.

„Bitte … zieh sie an … für mich.“

Ach verdammt! Jetzt war es geschehen. Ihr Blick, ihr Bitten, ihr Flehen … wie konnte er da widerstehen?

„Unter einer Bedingung! Ich darf deine Dusche benutzen … ich habe seit dreizehntausend Jahren nicht mehr in einen Spiegel gesehen, mich rasiert oder unter der entspannenden Dusche gestanden und … ich vermisse es irgendwie.“

Alexa lächelte erfreut. „Wirklich? Ich merke irgendwie nichts davon.“

„Ach nein?“

„Nein. Du siehst immer noch so gut aus, du riechst gut und du kratzt auch nicht.“

„Ich kratze nicht? … Bist du sicher?“, entgegnete Darius neckend und fiel sofort über Alexa her, als er sich über sie beugte und sie mit vielen Küssen über ihr Gesicht und ihren Hals bedachte.

Alexa lachte und krallte sich genießerisch an ihren Liebsten, bis Darius sich besann und das kleine Intermezzo rechtzeitig beendete, bevor es weiter ging, als er beabsichtigte. Außer Atem lag er über ihr und sah ihr wieder in diese faszinierend verführerischen Augen.

„Du bist noch genauso schön, wie damals.“

„Ein Schönheitsschlaf von 13.000 Jahren wirkt wahre Wunder, weißt du?“

„Schönheitsschlaf? So etwas hast du wirklich nicht nötig … was wollen wir heute machen?“

„Hm, ich weiß nicht … wie wäre es, wenn wir dieses Quartier nicht verlassen? … Oder das Bett …“

„Klingt verlockend … aber vielleicht verlegen wird das auf ein andermal. Wie wäre es mit einem Spaziergang durch die Stadt? Du kannst mir zeigen, was sich alles verändert hat und mir die Leute dieser Expedition vorstellen und wir könnten ein wenig Zeit an unseren Lieblingsorten verbringen. Das ist bestimmt nicht so anstrengend, dass dein Vater Einwände erheben könnte.“

Es hatte ihn nur wenig Mühe gekostet, sie von seinem Vorschlag zu überzeugen. Nun stand er unter der Dusche, genoss den warmen massierenden Wasserstrahl und fragte sich, wie lange er auf diesen und andere schöne Eindrücke hatte verzichten können. Nur für einen winzig kleinen Moment dachte er darüber nach, seiner Geliebten auch den sehnlichsten Wunsch zu erfüllen und wieder ein Mensch in Fleisch und Blut zu werden. Nicht, dass er nicht wusste, wie dies zu bewerkstelligen war, nein, es war viel einfacher. Einfacher, aber auch gefährlicher. Besonders für Alexa. So hatte er mehr Möglichkeiten, mehr Spielraum, mehr Einfluss und dennoch musste er auf sie verzichten …

Auch wenn er die Dusche genoss, so beeilte er sich, denn er wusste, dass Alexa noch immer im Bett lag, sich reckte und streckte und entweder bald wieder einschlief oder die Initiative ergriff und einen massiven Schritt wagte und ihn unter Dusche überraschte. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass ihr so etwas durchaus zuzutrauen war. Doch er musste sich immer wieder selbst einreden, dass dies nicht passieren durfte, dass sie nicht für ihn bestimmt war. So sehr es ihn auch schmerzte.

Alexa unterdrückte ein grinsen, als er in seiner Uniform aus dem Badezimmer trat. „Ich hatte Recht … du siehst immer noch gut darin aus.“

„Und dabei bin nicht einmal im Dienst.“

„Ich auch nicht. Aber wenn es dich beruhigt, werde ich auch meine Uniform anziehen“, erwiderte Alexa, als sie aus dem Bett kroch und ihrem Geliebten um den Hals fiel, um ihn einen leidenschaftlichen Dankes-Kuss zu geben. „Aus Solidarität … Ich bin gleich wieder da.“

Während Alexa ebenfalls eine kurze Dusche genoss, besah sich Darius melancholisch im Spiegel. Es war beinahe erschreckend, wie viel Zeit vergangen war und wie lange er nicht mehr diese Kleidung trug. Er musste schmunzeln, als er kurz eine Verbindung zu den anderen Erleuchteten aufnahm und diese einfach nicht verstanden, warum er einen solchen Hehl um die Vergangenheit machte, warum er nun wieder die Kleidung der Irdischen trug. Seine Antwort war kurz und knapp und brachte auch den Letzten zum Schweigen.

Darius wühlte in seiner Box, besah sich die einzelnen Gegenstände und erinnerte sich an jene Momente. Doch irgendwann war die Box ausgeräumt. Nur ein paar Kleidungsstücke lagen noch darin und ihm stockte der Atem. Mit zitternden Händen griff er zu den verschmutzten und blutverschmierten Fetzen. Wie konnte man nur so dumm sein, und seine alte Einsatzuniform mit hineinlegen? Die Unform, die er einst trug, als er … den Tod fand. Wie konnte man Alexa so etwas antun? Waren die Erlebnisse denn nicht schon schlimm genug? Musste man ihr mit diesem Fetzen abermals solche Schmerzen zufügen?

Er war sich sicher, dass niemand nahestehender für diesen Wahnsinn verantwortlich sein konnte. Ihre Familie hätte so etwas niemals getan und so schluckte Darius die Wut hinunter und beglückwünschte die arme Seele, die dafür verantwortlich war, schon das Zeitliche gesegnet und somit Sicherheit vor ihm gefunden zu haben.

Darius hörte, wie die Dusche abgestellt wurde. Es würde nicht mehr lange dauern und Alexa würde heraustreten. Er musste diesen alten Fetzen loswerden. Es war nur wenig Konzentration notwendig und schon lösten sich die betreffenden Kleidungsstücke in Luft auf. Wenigsten diesen erneuten Schmerz konnte er ihr ersparen.

Wieder fiel sie ihm glücklich und zufrieden lächelnd um den Hals, als sie aus dem Badezimmer kam und sich einem innigen Kuss hingab.

„Habe ich dir eigentlich schon einmal gesagt, wie gut du darin aussiehst?“, fragte Darius, als er sie in einer engen Umarmung hielt.

„Kann sein … ich erinnere mich nicht daran.“

„Wirklich? Nun denn … du bist die schönste, aufregendste und faszinierendste Frau, der ich je begegnet bin und die Uniform steht dir mindestens genauso gut wie mir.“

„Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie so eng ist und meinen dicken Hintern so betont“, erwiderte Alexa schmunzelnd, als sie vor den Spiegel trat und sich selbst darin musterte, während Darius hinter ihr stand.

„Dein Hintern ist nicht dick. Er ist perfekt … wie alles an dir …“, gab Darius hauchend zurück.

Eine seiner Hände glitt nach vorne über ihren Bauch, während die andere ihren Kopf sanft zur Seite drehte. Ihr Blick glitt zu seinen dunkeln Augen, sie verlor sich fast darin, während er sie enger an sich drückte. „Du bist perfekt.“

Der Kuss war zärtlich und intensiv zugleich. Er raubte ihr den Atem, den Verstand und zwang sie beinahe in die Knie. Lediglich Darius starke Arme hielten sie noch, als sich ihr Hunger lautstark zu Wort meldete.

„Ich glaube wir sollten mit einem Frühstück beginnen.“

„Ich dachte, dies sei das Frühstück“, hauchte Alexa in einen weiteren Kuss.

„Du bist wohl unersättlich, hm?“

„Du hast ja keine Ahnung.“

„Komm schon … Du hast schon lange nichts mehr zu dir genommen und dein Vater würde sehr böse werden, wenn du vor Hunger zusammenbrichst oder krank wirst, während ich nur daneben stehe.“

„Du hast doch nicht etwa Angst vor meinem Vater?“

„Nein, habe ich nicht. Nur einen gesunden Respekt.“

~~~///~~~

Das Frühstück war schon fast beendet. Auch wenn Darius keinen Hunger hatte, so hatte Alexa ihn nicht lange zum Essen animieren müssen. Tatsächlich hatte er das Müsli und die Früchte durchaus genossen. Nur der Kaffee sagte ihm nicht zu.

Er würde ihn wach machen, hatte sie gesagt. Darius bezweifelte dies nicht. Tatsächlich war dieses Getränk, mit seinem Koffein derart stark, dass er für die nächsten hundert Jahre durch Raum und Zeit nur so düsen konnte, ohne auch nur eine Pause einlegen zu müssen. Es wunderte ihn auch nicht, dass Alexa eine Menge Milch und Zucker zugab, um ihn so genießbar zu machen.

„Tu mir bitte einen Gefallen, Alexa und trink nicht zu viel davon. Ich habe den Eindruck, dass du sonst die nächsten dreizehntausend Jahre in einem äußerst aktiven Wachzustand verbringen könntest.“

„Du übertreibst. Darius trinkt am Tag mehrere Tassen davon. Genau wie McKay. Ich glaube 13 oder 14 Tassen sind bei ihm der untere Durchschnitt.“

„Das erklärt einiges“, gab Darius zurück und beobachtete wie ein eifriger und angespannter McKay einige Tische weiter an seinem Computer herum tippte und immer wieder zu ihnen herüber schielte.

Auch Ronon und Teyla, die dem Wissenschaftler Gesellschaft leisteten, sahen immer wieder zu ihnen herüber. Alexa wollte nicht über das Warum und Wieso nachdenken. Sie genoss es, in der Gegenwart ihres Darius zu sein und dort anzuknüpfen, wo vor vielen Jahrtausenden beinahe alles geendet hatte. Was andere dachten oder beobachteten, interessierte sie nicht. Darius hingegen wusste, was in ihnen vorging, behielt es jedoch für sich.

Das Frühstück war beendet, seine Alexa war noch ein wenig munterer geworden und guter Stimmung, während sie Händchen haltend durch die Stadt spazierten und entweder verstörende oder bewundernde Blicke auf sich zogen. Alexa schien an die Blicke gewohnt zu sein. Bedachte man sie doch kurz nach ihrem Erwachen aus der Stase doch genauso. Aber durch Darius Erscheinungsbild –groß, gut aussehend und muskelbepackt- war es nun noch ein wenig anders, da es hauptsächlich die weiblichen Expeditionsmitglieder waren, die den Antiker bewundernd musterten. Darius musste zugeben, es schon ein wenig zu genießen, während er sich gleichzeitig über die Eifersucht Seitens Alexa sorgte. Doch seine Amaris hatte entweder nur Augen für ihn oder genoss mit entsprechenden Gedanken ebenfalls die neidisch bewundernden Blicke.

Normalerweise würde ihr Spaziergang zum Kommandocenter führen, doch Tristanius hatte die beiden noch während des Frühstücks per Funk zur Krankenstation beordert.

„Hatte ich nicht etwas von Ausruhen gesagt? … Wieso trägst du nicht zivile Kleidung? Und wieso trägst du Uniform?“, fragte Tristanius schließlich an Darius gewandt. Doch der Gute kam erst nicht zu seiner Antwort.

„Ich habe mich ausgeruht, ich trage meine Uniform, weil er seine trägt und er trägt seine … weil … er so gut darin aussieht“, erklärte Alexa.

„Du hast ihr schon wieder keine Bitte abschlagen können, hm?“, fragte Dorian amüsiert, worauf Darius lächeln musste.

„Nein, konnte ich nicht.“

„Tja, wir haben dich ja vor meiner Schwester gewarnt“, meinte Dorian.

„Ja, das habt ihr“, erwiderte Darius noch immer schmunzelnd und wurde von Alexa irritiert angeschaut.

„Und hast du auf uns gehört?“, fuhr Dorian fort.

„Nein.“

„Hast du je auf uns gehört?“

„Nein.“

„Wirst du in Zukunft auf uns hören?“

„Nein.“

„Schön, dass wir das klären konnten“, gab Dorian zurück und hopste von der Liege.

„Wie viel von diesem Kaffee hast du heute schon getrunken?“, wollte Darius wissen.

„Nicht viel … Vielleicht eine Kanne … könnten auch zwei gewesen sein.“

„Warum hast du uns gerufen? Ist etwas passiert?“, wollte Alexa wissen, als sie das Geplänkel zwischen ihrem Bruder und Darius unterbrach. Auch wenn die beiden sich sonst immer gut verstanden –wenn sie erst einmal mit den Neckereien anfingen, war so schnell kein Ende in Sicht.

„Nicht direkt. Ich wollte dich gestern schon über etwas informieren, aber … ich dachte, dass du vielleicht mit Darius alleine sein wolltest“, sagte Tristanius und war erleichtert, als er Richard mit dem Führungsstab hereinkommen sah. „Ah, Mister Woolsey! Gut, dass Sie da sind. Ich habe Ihnen Darius noch nicht offiziell vorgestellt, nicht wahr?“

Während Tristanius dem ganzen Team den Besucher offiziell vorstellte, krampfte sich in John alles zusammen. Sogar seine Hände schmerzten schon, denn kaum, dass er die Krankenstation betrat und ihn Händchen haltend mit Alexa erblickte, ballte er die Hände so fest zu Fäusten, das er selbst das leise knacken der kleinen Knöchel hören konnte. Das Beste wäre, einfach umzudrehen und zu verschwinden, aber nun musste er da durch. Was um alles in der Welt war nur los mit ihm?

„Wie Sie wissen, ließ ich gestern eine Stasekapsel von der Akademie hier herbringen. Ich entschied, dass sie geöffnet werden sollte. Wie sich herausstellte, befand sich ein Mann darin … ein Mann, der mir und meiner Familie sehr bekannt ist …mehr als bekannt“, erklärte Tristanius und sah abwartend zu Darius, der selbst jedoch zunächst schwieg.

 „Was soll das heißen? … Darius?“

Erst als Alexa sich an ihn wandte und ihn geradezu mit fragenden Blicken durchbohrte, musste Darius das Wort ergreifen. „Es war sein Wunsch. Ich konnte es ihm nicht ausreden oder ihn daran hindern. Ich habe nur ein Auge auf ihn und die Akademie werfen und abwarten können.“

„Ich verstehe nicht … wer ist der Mann?“

„Du kennst ihn. Du kennst ihn nur zu gut, aber … in den vergangenen Jahrtausenden ist er im Gegensatz zu uns stark gealtert …“

„Wirst du es mir nun sagen oder soll ich raten oder …“

„Es ist besser, wenn du mit kommst. Er hat ohnehin nach dir gefragt“, erklärte Tristanius und führte seine Tochter zu dem Krankenzimmer. Darius nickte ermutigend und entschied, vor dem Zimmer zu warten.

Nur zögerlich näherte sie sich einige Schritte, doch Alexa erkannte den zu schlafen scheinenden Mann nicht. Erst als dieser die Augen öffnete und sie mit klaren und strahlendblauen Augen bedachte, traf sie die Erkenntnis.

„Marsilius? … Onkel Marsilius? Aber wie …“

„Auch wenn ein so langer Schlaf im Großen und Ganzen zwar ungemein gut tut, so hat er wohl nicht ganz so gut gewirkt, wie bei dir … Verzeih Alexa, ich bin ein alter Mann, aber du Kleines … du bist ja noch schöner geworden“, ertönte die raue Stimme des Mannes.

„Marsilius! Onkel Marsilius!“, entfuhr es Alexa und sie stürmte freudig strahlend auf das Bett zu.

Alexas überschwängliche Begrüßung wurde von Marsilius zwar freudig entgegen genommen, als sie ihm um den Hals fiel und sich an ihn klammerte, wie ein kleines Äffchen. Doch er merkte sofort, dass er nicht mehr ganz so robust war wie einst und Alexa nichts von ihrem feurigen Temperament eingebüßt hatte. Ein kurzes Gespräch hatte stattgefunden, aber es wurde nicht wirklich über das Warum und Wieso von Marsilius Entscheidung, sich in Stase zu begeben, gesprochen.

Sehnsucht, Hoffen und den Wunsch, seine Wahlfamilie noch einmal sehen zu können. Das waren Marsilius offizielle Gründe. Alexa akzeptierte sie zwar kurzerhand, doch in ihrem Hinterkopf rotierte die Ahnung, dass wohl mehr dahinter stecken musste. Immerhin war es eine schwere Entscheidung und ein gewagter Schritt, der gut hätte nach hinten los gehen können. Darüber wollte sie jetzt aber nicht nachdenken. Ihre Familie war hier, ihr geliebter Darius und ihr liebster Onkel, auch wenn er nicht wirklich ein Onkel war. Aber in Alexas Augen erfüllte er nun mal alle Voraussetzungen, und da weder ihre Mutter noch ihr Vater Geschwister hatten, musste eben Marsilius herhalten. Was er auch gerne tat.

Marsilius wurde aufgrund seines hohen Alters recht schnell müde und so hatte sich die Familie wieder zurückgezogen und gönnte dem mittlerweile alten Greis die Ruhe. Elisha hatte ihm aber noch versprochen, ihn später von der Last seines langen Bartes zu befreien und dann dafür zu sorgen, dass er wieder ein bisschen was von der Stadt zu sehen bekommt.

„Marsilius war nicht nur mein Adjutant, er war auch ein guter Freund der Familie. Eigentlich mehr als das“, brachte Tristanius hervor und man konnte sehen, wie schwer es ihm fiel, mit solcher Herzlichkeit und Zuneigung zu sprechen. „Er war wie ein Bruder. Wir sind zusammen aufgewachsen, gingen zusammen zur Akademie, haben zusammengearbeitet und gingen gemeinsam auf Missionen und fochten viele Kämpfe Seite an Seite aus. Als ich Elisha kennenlernte, bekam ich kurz darauf die Position des Ratsvorsitzenden und Kommandanten der Stadt und er nahm einen Posten an meiner Seite an. Kurz darauf lernte er Leana kennen, eine Wissenschaftlerin. Die beiden planten, sich auf Atlantis ein ruhiges und glückliches Leben als Familie aufzubauen. Sie heirateten, doch Leana hatte noch einen Forschungsauftrag auf einem unserer Raumschiffe. Danach wollte sie hier anhand der Unmenge an Daten, die sie gesammelt hätte, ihre Forschungen weiterführen. Marsilius konnte ihre Rückkehr kaum abwarten. Sie befand sich bereits auf dem Rückweg, als eine katastrophale Fehlfunktion in den Schiffssystemen zur Explosion führte. Sie und ihr ungeborenes Kind waren sofort tot und Marsilius … er stürzte in eine tiefe Trauer. Elisha und ich, wir versuchten ihn aufzufangen, zu trösten, für ihn da zu sein … wir nahmen ihn in unsere Familie auf und kümmerten uns um ihn. Es brauchte lange, bis er wieder in sein Leben zurückfand, doch ich glaube, den Tod seiner Frau und seines Kindes hatte er niemals wirklich gänzlich überwunden. Aber es gab Zeiten, da schien sein Schmerz zumindest für eine kleine Weile verschwunden oder zumindest gemildert. Besonders als mein Sohn und meine Tochter geboren wurden. Er war für die beiden immer ein guter Freund und Spielkamerad, passte auf sie auf und kümmerte sich um meine Familie, wenn sich eine Reise meinerseits nicht vermeiden lies. Ein Bruder für mich und meine Frau, ein Onkel für unsere Kinder, wie Sie mittlerweile gehört haben. Niemand anderem habe ich den Umgang mit meiner Familie, ihrer Sicherheit oder ihrem Leben … ganz zu schweigen von meinem eigenen, so anvertraut wie ihm.“

„Eine wahrhaft treue Seele, wenn er ein solches Risiko eingeht und Ihnen sogar über die Jahrtausende hinweg folgt“, entfuhr es Woolsey, der den Ausführungen des Generals gespannt folgte.

„Ja“, gab Tristanius leise zurück, während er zu seinem schlafenden Freund ins Krankenzimmer blickte.

„Und wie geht es jetzt weiter?“, wollte Richard wissen. „Wie ist sein Zustand?“

„Besser als ich dachte“, meinte Elisha. „Dennoch ist er sehr schwach. Wir können ihn ein bisschen aufpäppeln, aber …“

„Aber was?“

„Tristan … versteh doch. Er war schon sehr alt, als er sich in die Kapsel begab und die lange Stasezeit fordert ihren Tribut. Selbst wir waren nach dieser Zeit ein bisschen mitgenommen und Marsilius … ich fürchte wir können nicht mehr allzu viel für ihn tun.“

„Soll das heißen …“, versuchte Tristanius hervorzubringen. Doch tief in seinem Inneren wusste er um die Konsequenzen der Entscheidung, die sein Freund vor Tausenden Jahren getroffen hatte. Er schluckte und atmete tief durch, um wieder zu seiner Fassung zu finden. „Wie lange noch?“

„Kann ich nicht sagen. Ein paar Tage, vielleicht auch eine Woche allerhöchstens. Es kann auch ebenso gut jeden Moment geschehen. Wir kümmern uns um ihn so gut wir können, stärken ihn so weit es sein Zustand verlangt und auch zulässt und machen es ihm so angenehm wie möglich, aber wir sollten darauf gefasst sein, dass es sehr bald geschehen kann.“

„Wieso überhaupt hat seine Stasekapsel nicht auf die gleiche Weise funktioniert wie bei uns?“, fragte Tristanius an Dorian gerichtet, der auch prompt antwortete.

„Wer sagt denn, dass sie es nicht hat? Ich meine, er war doch schon ein Greis, als er in sie kletterte. Dennoch laufen noch einige Untersuchungen und Tests. Ich habe Anzeichen gefunden, die darauf schließen könnten, dass der Staseprozess irgendwie unterbrochen oder teilweise unterbrochen wurde. Genaueres kann ich aber noch nicht sagen.“

Die Gespräche zwischen den Antikern, Woolsey und dem Atlantis-Team dauerten noch ein wenig an, auch wenn Dorian und McKay sich sogleich wieder zu ihrer Arbeit begaben. John allerdings war der erste, der die Krankenstation verließ. Auch wenn er, was Marsilius betraf, schon neugierig war, so wollte er sich das Geturtel der beiden Verliebten nicht antun.

Alexa aber war während des ganzen Gesprächs eher nachdenklich geworden und bedachte Darius immer wieder mit grübelnden Blicken, was diesem natürlich nicht entging, zumal ihre Gedanken und Gefühle ohnehin ein offenes Buch für ihn waren. Sie war so nah an der Wahrheit und doch gingen ihre Ahnungen und Vermutungen in die verschiedensten Richtungen, was sie am Ende nur noch mehr schwächen und angreifbar machen würde. Darius musste bald handeln, auch wenn es ihm nicht erlaubt war.

„All die Zeit … er lag all die Jahrtausende in der Akademie in der Kapsel und du wusstest davon?“, entfuhr es Alexa fragend.

„Du hast es doch gehört, es war sein Wunsch, seine Entscheidung. Als ihm klar wurde, dass ihr damals in Celtes in die Kapseln gestiegen sein musstet, sicherte er die fünfte Kapsel und suchte nach euch. Er suchte all die Jahre, bis er spürte, dass es Zeit für ihn wurde. Er wollte euch so gerne wieder sehen, also … entschied er, sich trotz des Risikos selbst in Stase zu begeben. Ich konnte es ihm nicht ausreden. Alles, was ich tun konnte, war für seine Sicherheit zu sorgen und selbst das war schwierig, denn es war mir eigentlich nicht erlaubt“, erklärte Darius ruhig.

„Du konntest es ihm nicht ausreden? Soll das heißen, dass du all die Zeit … all die Zeit nach deinem … deinem was auch immer da warst, ihm Besuche abgestattet hast? Und mich im Glauben ließest, du seist tot? Und was ist mit den Jahrtausenden, in denen wir durchs Weltall schwebten? Hast du da auch nur zugesehen?“

„Das musste ich. Wie ich schon sagte, Alexa, ich darf nicht eingreifen.“

„Warum bist du dann jetzt hier?“

„Es ist kompliziert und ich darf es dir auch nicht sagen. Eigentlich dürfte ich noch nicht einmal hier stehen und mit dir reden.“

„Und warum tust du es dann?“, fragte Alexa weiter, während sie aus einem kleinen Fenster der Krankenstation auf das Meer hinausblickte, und spürte, wie Darius dicht hinter sie trat.

„Na ja, du kennst mich doch. Ich kann eine ganz schöne Nervensäge sein und die anderen meinten zum Schluss, dass ich wohl mehr Ärger machen würde, als die Konsequenzen, die eine mögliche Nichteinmischung nach sich ziehen könnten“, erklärte Darius lapidar und legte seine Arme um sie.

„Nichteinmischung? Dann hast du einen also wirklich einen Auftrag?“

„Alexa … lass gut sein“, sprach Darius leise und drückte sie enger an sich, „lass uns lieber unsere verbliebende gemeinsame Zeit genießen.“

„Verbliebende Zeit“, prustete Alexa, „warum kannst du nicht einfach zu mir zurückkommen? Wieder ein Mensch werden? Ist das auch eine Regel, ein Gesetz … ein Auftrag?“

„Ja.“

~~~///~~~

Die Expeditionsmitglieder und Ärzte als auch Elisha hatten sich schon zeitig zurückgezogen und sich wieder zu ihrer Arbeit begeben. Nur Tristanius blieb auf der Krankenstation, hielt aber Abstand und beobachtete gedankenvoll seine Tochter mit ihrem Versprochenen.
Auch wenn er nicht lauschen wollte, so war ihm nicht entgangen, worüber die beiden sprachen und welche Probleme seine Tochter mit Darius Entscheidung nun hatte. Tristanius kannte die Hintergründe und hatte nun selbst so seine Schwierigkeiten. Vor allem aber Fragen, die er alsbald beantwortet haben wollte und Darius sollte ihm diese Antworten liefern.

~~~///~~~

Patrick und John befanden sich in der Jumperbucht und schraubten wieder gemeinsam am Helikopter. Sheppard Senior hatte nicht viel Zeit und Mühe investieren müssen, um seinen Sohn zu ein wenig Ablenkung zu überreden. Wenn man es genau nahm, war es sogar Johns Idee, sich in die Werkstatt zurück zu ziehen. Patrick war nur mit getrottet, weil er zum einen ohnehin nichts zu tun hatte und zum anderen war er um jeden Meter Abstand, den John zwischen sich und diesen Darius brachte, froh. Ganz zu Schweigen von seiner Frau, die ihm im Nacken saß, und ihn bat, unauffällig ein Auge auf ihren Ältesten zu werfen. Nicht nur aus Sorge um seinen gesundheitlichen Zustand, der wesentlich besser aussehen würde, hätte er sein riesiges Hämatom behandeln lassen, nein, auch sein Gemütszustand, dass bisher kein Beispiele kannte.

Patrick hatte es bisher jedoch vermieden, John auf das turtelnde Paar in der Krankenstation anzusprechen, auch wenn er zu gerne erfahren wollte, wie es seinem Sohn zur Zeit gerade ging oder was in seinem Kopf gerade los war. Im Grunde war es auch nicht nötig. Patrick sah, wie es in John rumorte, auch wenn er sich nichts anmerken lassen wollte und sich gänzlich auf seine Arbeit zu konzentrieren versuchte. Das jedoch fiel ihm offenbar nicht leicht. Patrick erkannte seine Anspannung praktisch schon an seiner Miene und seine Geduld schien ihm auch fast gänzlich abhandengekommen zu sein, als er bei kleinen Lötarbeiten für die Elektronik der Cockpitanlagen beinahe ausrastete. Irgendwann schien John selbst einen Schlussstrich ziehen zu wollen, als er Geräte und Werkzeuge beiseitelegte, und sich mit geschlossen Augen halbwegs bequem in den Pilotensitz lümmelte.

Für Patrick hatte es zunächst den Anschein als wolle John meditieren oder ähnliches, dann kam ihm der Gedanke, dass ihn wieder diese Kopfschmerzen plagen könnten. Er stutzte nur kurz, nickte zustimmend, bevor er dann ebenfalls das Werkzeug aus den Händen legte und es seinem Sohn gleich tat. Es hatte durchaus etwas, einfach nur mal leise und nichts tuend da zu sitzen, seinem eigenen Atmen zu lauschen und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Es fehlte nur noch Dave, der sich auch noch den beiden anschloss und schon würde Carol über die drei lachen und sie mit den Drei Weisen vergleichen. Nicht Sehen, nichts hören, nichts sagen.

Vielleicht wäre das im Moment auch das Beste. Die Blicke, Kommentare und auch das Getuschel, das mittlerweile schon in der ganzen Stadt herrschte, reichten, auch wenn John diese geflissentlich ignorierte. Patrick hatte von seinem Ältesten eher ein gegenteiliges Verhalten erwartet. Er machte niemals ein großes Brimborium um etwas. Er schwieg lieber oder stritt es notfalls vehement ab. Nun aber schien sich eine gewisse Gleichgültigkeit breitzumachen. Er gab nichts zu, er stritt aber auch nichts ab. Und schon gar nicht, was seine Beziehung, oder vielmehr seine Gefühle zu Alexa betrafen.

Johns neuerliche und extreme Eifersucht war einfach nicht normal. Und seine Erklärung, es sei alles in Ordnung, es ginge wohl etwas in ihm und mit ihm vor, war nicht wirklich beruhigend. Auch wenn John noch so sehr beteuerte, es sei etwas Tolles, etwas Gutes, etwas, dass zu seinem und zu Alexas Gunsten sei.

„Wieder Kopfschmerzen?“, fragte Patrick leise und vernahm kurz darauf ein leises Brummen Seitens John.

„Ist nicht so schlimm.“

„Ich frage nur, weil du auch eine Gehirnerschütterung hast. Im Moment weiß man eigentlich gar nicht, wo man bei dir dran ist.“

John schwieg vor sich her und für einen Moment fragte Patrick sich, ob ein Sohn wieder zu seiner Ruhe und Beherrschtheit gefunden hatte, was er inständig hoffte oder ob er gerade auf dünnem Eis wandelte. „Bist du dir wirklich sicher, dass … dass das, was mit dir angeblich geschieht, etwas Gutes ist?“, fragte Patrick nach unendlich erscheinender Zeit.

„Angeblich geschieht?“

„Na ja, du hast ja wohl kaum irgendwelche Beweise, oder?“, brachte Patrick hervor und versuchte es nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen. Und John schien tatsächlich mittlerweile ruhig und entspannt genug zu sein, es auch nicht als solcher aufzufassen.

„Was ist mit der erhöhten Gehirnaktivität? Und der Tatsache, dass ich immer weiß, was mit Alexa los ist. Zumindest, wenn kurz davor steht, aus den Latschen zu kippen oder auf Stand-by zu gehen.“

„Dadurch hat aber eher sie Vorteile. Und was ist mit deinen Kopfschmerzen?“

„Was soll schon mit ihnen sein? Es ist auszuhalten und ich sie nur, wenn sie nicht in der Nähe ist.“

„Und wie groß kann diese Nähe sein, bis du vor unsagbaren Schmerzen zusammenbrichst und auf die Krankenstation gebracht werden musst?“, fragte Patrick weiter und beobachtete, wie Johns Geduldsfaden wieder dünner wurde und er ihn mit einer entnervten Miene ansah. „Ich … ich mache mir nur Sorgen, John. So wie deine Mutter. Es mag ja sein, dass dein Antiker-Gen jetzt irgendwie begonnen hat, richtig zu arbeiten, oder sich verändert und nun mutiert und es mag auch sein, dass du und Alexa nun Vorteile daraus ziehen könnt, aber wohin wird es führen? Was wird noch geschehen und vor allem, wann ist Schluss damit?“

„Keine Ahnung! Es ist nun mal so, Dad. Ich weiß einfach, dass keine Gefahr für Alex besteht.“

„Das ist ja gut, John. Aber ich spreche auch von dir, Junge … Hm! Das ist offenbar eine weitere Veränderung“, stellte Patrick erstaunt fest. „Ich wage mal zu behaupten, dass ich dich ganz gut kenne und nach allem, was ich bisher so beobachten und auch erfahren konnte, ist es dennoch erstaunlich, wie sehr du auf sie fixiert bist. Ich meine du hast dich auch früher mal ganz gerne für deine Freunde und Kollegen in die Schussbahn geworfen und Opfer gebracht, aber das jetzt … das grenzt schon an Besessenheit, findest du nicht?“

Johns Blick entsprach einer Mischung aus Amüsement und Entnervt sein, als er mit dem Kopf schüttelte und sich eines Kommentars enthielt.

„Du reagierst extrem, wenn es um sie geht, vor allem wenn andere Männer in ihrer Nähe sind. Darius ist da nicht das einzige Beispiel. Und hör auf, es abstreiten zu wollen, John“, meinte Patrick, als John abermals mit dem Kopf schüttelte. „Ich habe gesehen, welchen Blick du dem Sergeant auf dem Planeten zugeworfen hast, als er Alexa deiner Meinung nach wohl entweder zu lange oder zu intensiv ansah. Ich hatte schon die Befürchtung, dass du ihm an die Gurgel springst. Ganz zu schweigen vom Pfleger auf der Krankenstation heute Morgen, der sich nach ihr umdrehte. Wie lange geht das schon so?“

„Vermutlich auch, seit sie aus der Kapsel ist“, gab John kleinlaut zu.

„Oh gut! Das grenzt die Sache wirklich ein“, entfuhr es Patrick kopfschüttelnd. „Es ist erstaunlich, dass es bisher keine Meldungen über Verletzte oder womöglich Tote gibt.“

„Na wunderbar! Jetzt geht das schon wieder los! Du drehst dir die Sachen wieder so zurecht, wie du sie brauchst!“, entfuhr es John, doch Patrick lenkte schnell wieder ein.

„Das ist doch gar nicht wahr! Ich meine nur, es ist … Zum einen kam das jetzt anders raus, als ich es beabsichtigt hatte und zum anderen … es ist nun mal … na ja … es ist irgendwie beängstigend, John. Irgendetwas geht mit dir vor und niemand weiß, was oder wohin es führt. Und die, die es wissen, reden nicht und sollen aber auch nicht gefragt werden. Ich finde das irgendwie …“

„Verrückt.“

„Milde ausgedrückt“, stimmte Patrick zu. „Ich möchte nur, dass du weißt … ich … ich will … ich mache mir Sorgen, John.“

John sah, wie schwer es seinem Vater fiel, diese Worte auszusprechen. Er sah aber auch die Aufrichtigkeit in dessen Augen und wie ernst es ihm war. Und er wusste auch, wie haarscharf sie an einem weiteren Streit vorbeigeschrammt waren. John nickte und musste schlucken, bevor er wieder zu seiner Sprache fand. „Es geht mir gut, Dad. Wirklich. Ich weiß nicht warum oder wieso oder woher ich es weiß, aber es ist nun mal so. Es besteht keine Gefahr. Weder für Alexa …“, brachte John vor und beide mussten diesmal lächeln, als John sich nun selbst dabei ertappte, wieder zuerst an die Antikerin gedacht zu haben. „… noch für mich. Die Kopfschmerzen sind wirklich harmlos. Du hast Jennifer doch gehört und du warst bei der Untersuchung dabei. Außerdem lassen sie auch gerade nach.“

Nur wenige Augenblicke sahen sich Vater und Sohn an, als beide offenbar demselben Gedankengang folgten und aus dem Cockpit kletterten und tatsächlich – Sekunden später betrat Alexa die Jumperbucht. Dicht gefolgt von Darius.

„Du wirst begeistert sein. Ich habe nicht mehr viel Arbeit und dann kann die Testphase beginnen. Vielleicht noch ein paar Wochen und schon kann ich mit ihm den ersten Testflug in Angriff … Colonel! Ich wusste nicht dass Sie hier …“

Wieder konnte Patrick beobachten, wie schnell Johns Stimmung umschlug und es sogar in seiner Miene zu sehen war. John schwieg, die Hände zu Fäusten geballt und die Kiefer mahlend, drehte er sich um und atmete tief durch. Er bemühte sich krampfhaft, um wieder ruhig und gelassen zu wirken. Nach einigen Sekunden wandte John sich wieder an seinen Vater.

„Lass uns ein andermal weitermachen. Mom wartet bestimmt schon auf uns.“

Mit eiligen Schritten rauschte John in Begleitung seines Vaters an dem Paar vorbei und schien die Blicke von Alexa nicht mitzubekommen. Darius hingegen entging nichts. Weder die Emotionen, die ihm vom Colonel geradezu entgegenschlugen, noch die Gefühle, gegen die Alexa verzweifelt kämpfte und zu verbergen versuchte. Er blickte zu ihr, als sie die Unwissende mimte und mit den Achseln zuckte und sich wieder an die Codeeingabe am Terminal ihrer Werkstatt machte, während Darius mit Selbstvorwürfen kämpfte.

 

~~~///~~~

Johns Befürchtungen, auch während des gemeinsamen Mittagessens mit seiner Familie wieder auf die glücklichen Turteltauben zu stoßen, stellten sich schlussendlich als überflüssig heraus. Auch seine Eltern verkniffen es sich, ihn abermals auf die momentanen Begebenheiten anzusprechen und so konnte John ein ruhiges und fast schon entspannendes Mahl genießen, das ihn sogar am Ende wieder ein wenig abgelenkt hatte.

Dennoch musste er nun sein Versprechen gegenüber seiner Mutter einlösen und so begleitete er sie zu den Familienquartieren, in denen auch seine Eltern ein Zuhause gefunden hatten, und in dem sich Carol nun wieder seinen verletzten Rippen widmen wollte. John hatte es aufgegeben, sich gegen die Fürsorge seiner Mutter zu wehren. Dachte man bisher, er sei der unangefochtene Rekordhalter in Sachen Sturheit, so wurde man seit Carols Ankunft eines besseren belehrt. Insgeheim war John jedoch dankbar für die Pflege, denn er musste zugeben, die Salbe tat wirklich gut. Das schien auch Carol aufzufallen, die ihren Blick prüfend über Johns Seite gleiten ließ.

„Es sieht schon viel besser aus. Das Hämatom wird kleiner und das Blau scheint auch zu verblassen. Das scheint wirklich eine Wundersalbe zu sein.“

John schien in Gedanken versunken, sah durch das Fenster auf den Ozean hinaus und brummte nur halblaut vor sich hin.

„Hast du noch starke Schmerzen?“, fragte Carol weiter, während sie noch immer die Salbe mit aller Vorsicht über die malträtierten Rippen und den Rücken einmassierte.

„Nein, geht schon wieder“, antwortete John und richtete seine Aufmerksamkeit auf einen leeren Notizblock, der auf einem Tisch in seiner Nähe lag.

Ohne großartig auf die Massage seiner Mutter zu achten, beugte er sich vor, schnappte sich den Block und einen Stift und begann einige Notizen niederzuschreiben, während Carol sich stirnrunzelnd wieder ihrer Aufgabe widmete. Eine ganze Weile verfolgte sie Johns Notizen, doch wirklich Sinn ergaben sie in ihren Augen zunächst nicht.

„Hatte ich nicht gesagt, du solltest dir Notizen über die Veränderungen, die du bemerkst, machen? Das sieht mir nicht danach aus. Ehrlich gesagt werde ich auch überhaupt nicht schlau daraus.“

„Es sind auch keine Notizen über meine Veränderungen, aber keine Sorge, die kommen auch noch dran“, gab John zurück.

„Das hoffe ich. Also, was ist es nun?“

„Sagen wir, es sind Puzzleteile“, gab John abermals zurück, worauf Carol noch etwas neugieriger zu dem Papier sah.

„General Thalis, Elisha, Dorian, Marsilius, sogar Darius … alle in einer Reihe nur Alexa ist ganz unten. Nanu, das ist neu. Ich dachte sie käme neuerdings immer an erster Stelle“, witzelte Carol, verfolgte aber weiterhin neugierig Johns Aufzeichnungen. Dieser hingegen lächelte nur und notierte weiter. „Ah, ich verstehe. Das ist so etwas wie ein Profil. Du notierst deine Beobachtungen und Erkenntnisse, um hinter das Geheimnis dieser Familie zu kommen.“

„Und hinter die Identität und das Ziel des mysteriösen Fremden, ja“, gab John zurück, erhob sich, drückte seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und machte sich daran, wieder T-Shirt und Hemd anzuziehen. „Es sind mittlerweile so viele Dinge, die mir mehr als merkwürdig vorkommen, die aber irgendwie zusammenhängen und täglich kommt Neues dazu … und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass meine Veränderungen damit zu tun haben, dass mehr dahinter steckt und der Schlüssel direkt vor meiner Nase liegt.“ Prüfend blickte John in den kleinen Spiegel an der Wand, um den Kragen seines Hemdes zu richten und sich durch die Haare zu fahren.

„Na hoffentlich reicht da der Notizblock“, meinte Patrick, der es sich mit einem kühlen Getränk auf der Couch bequem gemacht hatte.

„Wenn nicht, wende ich mich an Rodney, der kann mir dann ein entsprechendes Programm schreiben oder so. Außerdem muss er mir noch einen Gefallen tun.“

„Lass mich raten … Marsilius.“

„Der Mann war sein Adjutant, sein Berater und sein bester Freund. Ich wette, er weiß, was Sache ist.“

„Und ich wette, er wird genauso verschwiegen sein, wie sein Vorgesetzter. Abgesehen davon, dass es Rodney nicht wirklich gelungen war, die Akten zu entschlüsseln. Glaubst du … Darius wird dir auch zu seiner Akte Zugang verschaffen?“, entgegnete Patrick.

„Werden wir ja sehen. Bisher haben wir nicht nach Marsilius gesucht. Aber ich wette, es ist mittlerweile kein Problem, auch an seine Akte oder andere Informationen heranzukommen.“

„Die allerdings auch zum größten Teil verschlüsselt sein könnten.“

„Ja, davon gehe ich aus. Es würde meinen Verdacht dann nur bestätigen. Es gibt auf jeden Fall eine Verbindung. Vielleicht hatte er einen Auftrag oder Befehle, irgendwas. Kein Mensch legt sich freiwillig dreizehntausend Jahre in eine Kiste, nur um seine Freunde wieder zu sehen.“

Patrick wollte gerade etwas erwidern, als ein Funkspruch durch die Räume hallte. „Colonel Sheppard, bitte melden Sie sich in der Kommandozentrale. Colonel Sheppard, bitte zur Kommandozentrale.“

John war schon aus dem Quartier geeilt, als Patrick seinen Kommentar nicht mehr zurückhalten konnte. „Und das von dem Kerl, der 800 Jahre in Stase war um eine Zeitreise von 48.000 Jahren zu machen.“

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John war nur kurz verwirrt über die Menschenmenge, die in Woolseys Büro herrschte. Die gesamte Antiker-Familie war anwesend und kaum, dass er näher trat, erkannte er auch den großen, hünenhaften Antiker, der wie eine Klette an Alexa hing. Sein erster Drang verlockte ihn beinahe dazu, diesem protzigen und offenbar aus der Art geschlagenen Aufgestiegenen auf die wohl undiplomatischste und unmissverständlichste Weise den Weg aus seiner Stadt zu zeigen. Unnötig zu erwähnen, dass mindestens eine seiner Fäuste dabei eine größere Rolle spielen würde.

Aber er würde sich des Anstands Willen doch lieber für den klügeren Weg entscheiden, der ihn eigentlich schnurstracks umkehren ließ und aus dem Büro hinausführen würde. Wenn da nicht Woolsey wäre, der ihn nun mit einem erfreuten Lächeln hereinwinkte.

Abermals haderte John mit seinen niederen Emotionen, oder waren es mittlerweile doch eher Instinkte, schluckte seine Wut hinunter und setzte sein bestes Poker-Face auf, dass er im Repertoire hatte.

Er ignorierte wieder einmal die Blicke, die Alexa ihm zuwarf und auch das desinteressierte Mienenspiel ihres Geliebten und konzentrierte sich stattdessen auf Marsilius, der im Rollstuhl sitzend die Kraft gefunden hatte, eine kleine Tour durch die Stadt zu machen. Er schien tatsächlich noch ein wenig munterer geworden zu sein und nun, wo Elisha ihn von seinem langen Bart befreit hatte, konnte John mehr aus dessen freundlichen Gesichtszügen lesen. Abgesehen von seinem Alter, glaubte John noch immer einen starken Willen und Intelligenz erkennen zu können. Und da war noch mehr. Ein merkwürdiges Gefühl, das er doch schon einmal empfunden hatte. John grübelte und überlegte und bekam fast nicht mit wie Woolsey ihn mit eben jenem Marsilius bekannt machte.

„… und das ist Colonel John Sheppard. Leitender Militärkommandant. Außerdem ein äußerst begabter Pilot und fähiger Soldat. Er führt unser Eliteteam, AR-1, dass Sie in Begleitung des Generals in der Akademie fand.“

John reichte dem alten Antiker die Hand und wieder stellte er erstaunt fest, dass in dem Greis noch eine Menge Kraft zu ruhen schien. Sein Händedruck war fest, genau wie sein leicht lächelnder Blick, der auf ihm ruhte. Ihm war, als könne dieser Marsilius geradewegs in ihn hinein sehen.

„Sie sind also John Sheppard. Soso.“ Marsilius ließ einen geradezu prüfenden Blick über John schweifen, was diesen schon etwas verwirrte. „Sie sind nun der leitende Militärkommandant. Alexa, er hat deinen Posten.“

„Weil es seine Leute sind, die nun hier leben und arbeiten. Aber es gibt auch Arbeit … die wir uns teilen. Irgendwie“, erwiderte Alexa mit einem leichten Lächeln, während Johns Blick von einer Person zur nächsten schweifte. Angefangen bei Alexa, die es sich in einem von Woolsey Sesseln gemütlich gemacht hatte aber nun wieder verstohlen zu ihren Händen in ihrem Schoß sah, hin zu ihrem Vater, der rechts neben ihr saß und auch zu Darius, der dicht bei Alexa an ihrem Sessel stand.

Der Eindruck, beobachtet zu werden, verwandelte sich allmählich in ein Gefühl, dass er schon lange nicht mehr verspürt hatte. Ein mulmiges Gefühl. Als stünde er vor einem Prüfungsausschuss oder erneut vor einer Anhörung, die ihn wieder nach McMurdo oder vielleicht sogar an einen schlimmeren Ort verfrachten könnte.

Während Alexa seinen mittlerweile seltenen Blicken noch auswich, räusperte sich Tristanius, während Darius offenbar tief durchatmen musste. Und mit einem Mal wurde John klar, woher er dieses vertraute und doch verwirrte Gefühl, das er bei diesem Marsilius empfand, kannte. Dieses Gefühl verspürte er auch bei seiner ersten Begegnung mit dem General, und wenn John ganz ehrlich war und es sich auch eingestehen würde, auch bei diesem verdammten Darius.

John hatte schon früh gelernt, ganz genau auf die Miene und Gestik seines Gegenübers zu achten und so entging ihm das kaum erkennbare aber merkwürdige Lächeln seitens Marsilius nicht. War es vielleicht eine Art von Wissen und Verständnis um seine Gefühle und Verwirrung, die er in dessen Augen zu erkennen glaubte? Was zum Teufel war hier los? Was hatte das zu bedeuten?

Ein Gespräch mit Marsilius unter vier Augen wäre sicherlich interessant, allerdings ahnte John, dass sein Vater womöglich recht haben könnte. Auch von Marsilius würde er keine Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen erhalten.

Eine kleine Weile noch wurde sich angeregt unterhalten, den größten Teil der Unterhaltung hatte John jedoch Fragen zu beantworten und nach wie vor kam er sich wie ein preisgekrönter Bulle bei einer Rindershow vor. Es war Woolsey, der die Gelegenheit nutzte und John über eine Entdeckung während einer Erkundungstour in einem Sektor im Westpier unterrichtete, welche Alexa wiederum ins Grübeln brachte.

„Es wundert mich, dass Sie sie bisher noch nicht entdeckt haben. Oder dass du dich nicht daran erinnerst“, meinte Tristanius irritiert und wandte sich zu seiner Tochter. „Obwohl … wenn du dich daran erinnert hättest …“

„Dann hätten man immense Schwierigkeiten gehabt, sie dort wieder heraus zu bekommen“, antwortete Dorian lächelnd.

Wenige Augenblicke später fand man sich in einer großen Halle, die sich als Schwimmhalle herausstellte, wieder. Für einen kurzen Augenblick schien John wieder seine Verwirrung und seine rumorenden Gefühle zu vergessen und staunte mit den anderen um die Wette, denn das Schwimmbecken hatte zum Teil olympische Maße. An der Seite konnte man Türme mit den Überresten von Sprungbrettern in den verschiedensten Höhen ausmachen und sogar ein relativ niedriges Becken für Kinder oder Nichtschwimmer war vorhanden. Allerdings befand sich all dies in einem eher bescheiden, um nicht zu sagen miserablen Zustand.

Beschädigungen, Schmutz, wuchernde Algen und sogar das eine oder andere bereits verwesende Meeresgetier zierten nun die Wände und den Boden. Es war kaum noch etwas von der ursprünglichen Verzierung oder Farbe der Halle zu erkennen.

„Das wieder hinzubekommen könnte eine Weile dauern“, meinte John, als er sich umsah und auch einen Blick in das größere Becken riskierte, indem jedoch nur eine steife, wabernde, braune und übel riechende Masse am Boden dümpelte.

„Ja, da haben Sie recht. Ich habe die Schwimmhalle allerdings auch in besserem Zustand in Erinnerung“, gab Marsilius von sich, als er von einem stöhnenden und keuchenden Dorian in die Räumlichkeiten geschoben wurde.

„Dorian, warum bringst du ihn hierher? Es ist doch viel zu anstrengend für ihn“, tadelte Tristanius seinen Sohn, der sich erschöpft auf seine Knie stützte und krampfhaft nach Atem rang.

„Für ihn?!“, japste Dorian antwortend, worauf Marsilius frech vor sich her grinste. Er würde sich hüten, zu gestehen, dass er sich mit Absicht schwerer machte, als er war. Marsilius hatte schon immer gerne harmlose Scherze gemacht. Zumeist auf Kosten von Dorian und er freute sich, noch einmal die Gelegenheit dazu zu haben.

„Ja … ja. Jetzt erinnere ich mich“, warf Alexa euphorisch ein und lächelte ihren Vater an. „Hier hast du mir das Schwimmen beigebracht.“

„Hier habe ich euch beiden das Schwimmen beigebracht. Dir und deinem Bruder.“

„Und hier hast du … auch mehrmals versucht … mich zu ertränken“, keuchte Dorian, der noch immer nach Atem rang und seine Schwester wütend anfunkelte.

„Wirklich?“

„Ja wirklich! Daran erinnerst du dich wohl nicht.“

„Nein, aber ich erinnere mich, meine Gründe gehabt zu haben. Außerdem habe ich dich bestimmt nur immer … gedippt.“

„Gedippt?! Du hattest es zwar immer als Spaß gemeint, aber ich hatte jedes Mal mehr Wasser geschluckt, als eine unsere Wasseraufbereitungsanlage an einem Tag verarbeitet!“

„Es gibt bestimmt viele Personen, die sich über die Möglichkeit dieser Freizeitbeschäftigung freuen würden“, wandte Tristanius ein und unterband so das Gezanke zwischen den Geschwistern.

„Ich wäre eine davon“, ertönte nun auch die Stimme von Sheppard Senior.

„Dad, was machst du denn hier?“, wollte John wissen und zischte laut auf, als er zu schnell umdrehte. Seine Rippen waren doch noch nicht so weit verheilt, wie er dachte oder vielmehr hoffte.

„In dieser Stadt machen Gerüchte schneller die Runde als ein Schiff im Hyperraum. Ich habe Gespräche über diese Entdeckung mitbekommen und dachte, ich sehe es mir mal an. Vielleicht kann ich auch bisschen was tun. Zumindest im Bereich des Ingenieurwesens. Obwohl … wenn ich mir das so ansehe …“ Patrick Enthusiasmus schwand allmählich, je länger er sich in der Halle umsah.

„Du könntest doch bestimmt …“, ertönte Alexas leise und flehende Stimme, als sie sich näher zu Darius begab und ihn bittend anhimmelte.

John wandte sich ab und verdrehte kopfschüttelnd die Augen. Er wollte und konnte sich einfach nicht ansehen, wie sie noch näher an ihn rückte und mit ihren flehenden Augen zu ihm aufsah. Und das gespielte Winden ihres … ach so Versprochenen … Mann, das war ja nicht auszuhalten.

„Ich werde ein paar unserer Geeks und Pioniere holen, die können sich mal die Schäden ansehen. Wenn es nicht zu schlimm ist, meldet sich bestimmt der eine oder andere freiwillig zur Mithilfe, diesen Saustall wieder hinzubekommen“, meinte John und machte sich auf den Weg, als er an dem Paar vorbeirauschte und krampfhaft versuchte, es nicht zu beachten. Dennoch vernahm er ein weiteres Mal die diesmal noch leisere Stimme von Alexa, die ihrerseits Johns Vorhaben ignorierte.

„Bitte … für mich.“

John war praktisch schon zur Tür raus, als Alexas Wimpernklimpern offenbar Erfolg hatte und er ein ergebenes Seufzen vernahm. Wider seinem besseren Wissens, drehte er sich noch einmal um und sah, wie Darius in die Hocke ging und den Boden berührte. Wie durch pure Zauberei wandelte sich der bisher verschmutzte und beschädigte Boden mit seinen Kacheln unter einem hellen Leuchten zu strahlender Reinheit und Makellosigkeit. Auch die Wände und sogar die Decke erstrahlten nach und nach in neuem Glanz und die Becken füllten sich mit frischem, klarem Wasser. Der Schmutz, die Algen, die Kadaver und sogar der Gestank waren mitsamt den Beschädigungen verschwunden.

„Du weißt ganz genau, dass ich dir nichts abschlagen kann. Schon gar nicht, wenn du mich mit diesen Augen ansiehst“, meinte Darius, der zu einer höchst erfreuten und bis über beide Ohren grinsenden Alexa sah. „Und ich denke nicht, dass ich allzu großen Schaden damit angerichtet habe, eine Schwimmhalle wieder instand gesetzt zu haben.“

„Wow, das ist … Wahnsinn!“, entfuhr es Patrick fasziniert und sah sich wieder um. Einige Palmen und andere Dekorationen und man würde sich hier ganz schnell wohlfühlen.

„Ja, hoch leben die Aufgestiegenen. Am besten so hoch, dass keiner mehr runterkommt“, murmelte John und stapfte dann endgültig davon. Nicht ahnend, dass Marsilius ihn beobachtet hatte.

Weiter zu Teil 2

Shahar Jones

Meine erste Fanfic schrieb ich über Stargate Atlantis. Mittlerweile mixe ich meine Storys auch gerne mal mit anderen Fandoms, wie dem Sentinel. Aber im Großen und Ganzen hänge ich immer noch in der Pegasus-Galaxie rum. Allerdings liebe ich es auch, die Leute zu überraschen ;)

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