Titel:Nächtliche Streifzüge oder Wenn der Colonel mit dem Doktor…
Serie: SGA
Genre: Gen., Humor
Rating: PG
Staffel: nach 5.20 Enemy at the Gate
Charakter: Sheppard, McKay, Beckett…das übliche Atlantis Personal. Kein OC!
Inhalt: Rodney ist durch das Suchen nach einer Möglichkeit für die Rückkehr von Atlantis in die Pegasus-Galaxie im Stress und verlässt kaum noch sein Labor. John will ihn etwas von der Arbeit ablenken und überredet ihn zu einem gemeinsamen Ausflug. Ob das gut geht?…
Anmerkung des Autors: Mein erster (zweiter, wenn die Weihnachtschallenge mitzählt) Beitrag zur FF-Challenge. Dies ist eine etwas ruhigere Story, es werden also keine Action oder Mord und Totschlag folgen *ggg*. Zudem hoffe ich bei den Recherchen um die Stadt San Francisco keine Fehler gemacht zu haben hoffe ebenfalls, dass sie Euch gefällt.
Diese Story hat bei der FF-Challenge den 1. Platz erreicht. Yay!
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Obwohl John es seit einigen Wochen hätte ruhig und locker angehen können, stand er noch immer in aller Herrgottsfrühe auf, um diesen spektakulären Anblick jeden Tag aufs Neue zu genießen.
Langsam schien der Vollmond in die Tiefe des Horizonts zu tauchen, um der Sonne für ihren Aufstieg Platz zu verschaffen. Doch zu erkennen war im Moment nur eine einzige graue Wand. Gemächlich lichtete sich aber der Nebel und ließ vereinzelt die oberen Enden der zwei über zweihundertzwanzig Meter hohen Pylone der Golden Gate Bridge durchscheinen.
An manchen Tagen verzog sich der Nebel recht schnell, doch es gab auch Tage, an denen Nachmittags noch immer dieses graue, wabernde Etwas die Sicht auf die Stadt verschleierte.
Heute allerdings, hatte es gerade mal zwei Stunden gebraucht, bis ein strahlend blauer Himmel, eine rötlich-orangene Golden Gate- Bridge und sogar vereinzelte Bäume des Golden Gate-Parks, neben den vielen anderen bekannten und weniger berühmten Gebäuden und Sehenswürdigkeiten von San Francisco zu bewundern waren.
John streckte und reckte sich gemütlich, ließ sich eine Zeit lang von den Sonnenstrahlen wärmen und vereinzelt noch wachkitzeln, bevor er sich ins Badezimmer verzog und sich für den letzten Tag seines Dienstes in dieser Woche fertig machte.
Viel Arbeit hatte er seit der Ankunft von Atlantis auf der Erde nur am Anfang gehabt. Doch jetzt blieben ihm nur noch vereinzelte Inspektionen, Berichterstattungen im Stargate-Center, einige Trainingseinheiten mit seinen Männern und abgesehen davon, quälte er sich auch noch durch die liegengebliebene Berichte, die sich schon in mehreren Stapeln auf seinem Schreibtisch sammelten und sehnsüchtig auf Erledigungen und Kenntnisnahme warteten.
Der Tag verging trotz des bürokratischen Papier- und Gesprächskrieges recht schnell und so kam es, dass er vor Langeweile durch die Gänge und Räume von Atlantis schlenderte. Doch ein bestimmtes Ziel hatte John nicht. Irgendwo würde er schon landen oder mit ein wenig Glück würde sich auch eine Aufgabe finden.
„Ich sage Ihnen, das funktioniert nicht“, wiederholte Radek Zelenka und fragte sich gerade, warum er noch immer versuchte, Rodney McKay von seinem Vorhaben abzubringen.
Doch es war vergebens.
Schon seit Wochen verbrachte der leitende Wissenschaftler fast die gesamte Zeit in seinem Labor und ließ eine Simulation nach der anderen laufen.
Immer mit selbigem Ergebnis.
Simulation fehlgeschlagen.
„Ja, ja, ja, Radek! Das haben Sie schon das letzte Mal gesagt.“
„Und offenbar hören Sie nicht auf mich“, entgegnete Zelenka entnervt.
„Warum sollte ich?! Sie haben wohl vergessen, mit wem Sie hier reden.“
„Nein, habe ich nicht. Genauso wenig, wie ich vergessen habe, dass Sie bereits einen Computer auf dem Gewissen haben. Mit Ihren pausenlosen Berechnungen und Simulationen schaffen Sie jeden Rechner. Außerdem brauchen Sie selbst eine Pause. Ich kann ohnehin nicht verstehen, dass Doktor Keller Sie nicht schon längst zur Ruhe gezwungen hat.“
„Sie verstehen vieles nicht, Radek. Das ist auch der Grund, dass ich der Chefwissenschaftler bin und Sie…nicht und es wohl auch nie werden mit Ihrer Quengelei und Ihrem Pessimismus.“
Radek verdrehte entnervt die Augen. Die ständigen Spitzen und Sticheleien seines Vorgesetzten war er ja schon gewohnt, auch wenn er hier und da schon sehr verletzend rüberkam. Doch McKay schien es seit der Ankunft von Atlantis auf der Erde, mit der Suche nach einer Möglichkeit für eine schnelle Rückkehr in die Pegasus-Galaxie wirklich auf die Spitze zu treiben. Es war kaum noch ein Auskommen mit ihm.
„Also das ist doch…Colonel Sheppard, sagen Sie ihm, er soll aufhören. Ich…ich kann das nicht mehr. Ich bin wieder so knapp davor, den Lebenswillen zu verlieren!“
Mit verschränkten Armen hatte John Sheppard schon einige Minuten im Türrahmen zum Hauptlabor gestanden und der Diskussion der beiden Männer gelauscht. Auch ihm waren der Übereifer und die geradezu zwanghafte Suche des Kanadiers nach einem Rückweg für die Stadt nicht entgangen. Abgesehen davon, dass er selbst am Morgen beim Frühstück zufällig erst das Gespräch zwischen Rodney und Jennifer mit angehört hatte und später Zeuge von Jennifers Kummer wurde, als diese sich mehr oder weniger bei einer Freundin ausweinte, wie wenig Zeit Rodney mit ihr verbrachte.
Doch obwohl John noch immer nicht ganz verstand, was die beiden aneinander fanden, machte es ihm Sorgen, dass es zwischen dem Paar wohl nicht mehr so gut zu laufen schien.
Es war eindeutig. Rodney hatte einfach zu viel Stress und setzte sich zu sehr unter Druck. Es war Zeit für eine Ablenkung, er brauchte eine Pause.
Schmunzelnd stieß sich der Soldat von Türrahmen ab und schlenderte zu Rodney und Radek hinüber.
„Soweit wollen wir es nicht kommen lassen, Radek. Wann haben Sie das letzte Mal etwas gegessen, Rodney?“
„Heute Morgen. Und dann noch heute Mittag…denke ich…“
John sah fragend zu Radek, doch dieser schüttelte nur mit dem Kopf, was Rodney offenbar entging.
„…ja, ich bin mir sogar sicher. Ich weiß nämlich noch, dass es Salisbury Steak gab und das gibt es immer mittwochs“, erklärte Rodney, ohne dabei seinen Blick auch nur ein einziges Mal vom Bildschirm schweifen zu lassen.
„Heute ist aber Freitag“, erwiderte der Tscheche.
„Okay, das reicht. Jetzt ist Feierabend. Schalten Sie den Computer aus, McKay. Die Berechnungen laufen schon nicht weg“, meinte Sheppard und merkte wie seine Besorgnis wuchs.
Ein McKay der mal nichts aß? Das kam schon äußerst selten vor und dann auch nur, wenn die Situation oder das Problem wirklich kritisch war. Aber jetzt…
„Nein, ich kann nicht. Ich bin so nahe dran.“
„Das werden Sie morgen auch noch sein. Ausschalten, mitkommen und abschalten“, gab John in einem leicht befehlenden Ton von sich und machte klar, dass er nicht so schnell aufgeben würde.
Doch Rodney wollte ebenso wenig nachgeben, als er glaubte, endlich die Lösung gefunden zu haben.
„Nein, nein… nein, nein. Nicht jetzt, Sheppard. Verstehen Sie, wenn ich diese Variable entferne…diese hier etwas verändere und anpasse, kann ich diese hinzufügen und schon funktioniert es!“
„Ist mir egal! Das können Sie auch noch ein andermal tun. Machen Sie sich `ne kurze Notiz und dann ist endlich Feierabend.“
„Nein nein, keine Notiz! Nur noch einen Moment – Dann habe ich es!“
„Das haben Sie beim letzten Mal auch gesagt und dann fiel der Computer aus. Heben Sie sich das für morgen auf und haben Sie erbarmen. Gönnen Sie sich und dem Rechner eine Pause, bevor Sie diesen auch noch schrotten und ich mich aus dem Fenster stürze“, flehte Radek förmlich, als er einen geradezu besessenen Rodney McKay wild auf der Tastatur einhämmern sah.
„Rodney!“, mahnte Sheppard, während Radek wie gebannt auf den Monitor starrte, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte.
„Halt! Hören Sie augenblicklich damit auf! Das System kollabiert!“
„Pah!… Das System kollabiert…ich bitte Sie, Radek! Diese simple Berechnung wird er doch wohl noch…oh nein.“
Rodney irrte.
Ein kurzer piepender Warnton ertönte und das Bild auf dem Monitor begann zu flackern, bevor er gänzlich schwarz wurde. Ein relativ leises Knacken, eine kleine Stichflamme und Qualm, die aus der Lüftung des kleinen Rechners hervortraten, zeugten endgültig vom Tod des Computers.
„Das darf doch nicht wahr sein!“
Ungläubig starrte McKay auf den eben qualvoll verendeten Rechner, während Radek und Sheppard zunächst eher schweigsam das noch immer qualmende Etwas ansahen und sich dann durch Armwedeln frische Luft verschafften.
„Tja… wie ich schon sagte…Feierabend!“, kommentierte John zwischen einigen Husteneinsätzen.
„Ja, Gott sei Dank. Nur schade, dass ein weiterer Rechner dran glauben musste, nach… gerademal zweiundfünfzig Stunden Dauereinsatz“, stimmte der Tscheche zu.
„Das ist…das ist… na schön. Ich habe die wesentlichen Variablen noch im Kopf. Ich kann sie ganz schnell mit einem neuen Rechner berechnen. Zum Glück habe ich vorher das entsprechende Programm noch kopiert, so dass keine Zeit verloren geht“, erklärte der Kanadier und wollte sich schon auf die Suche nach einem neuen Laptop begeben, als John erneut einschritt.
„Nein, ich habe eben schon gesagt, dass es für heute reicht. Hier…“
John nahm sich ein kleines Stück Papier zur Hand und überreichte es mit einem Kugelschreiber an Rodney.
„…notieren Sie die neue Variable und dann verschwinden wir.“
„Ich kann nicht verschwinden. Ich bin noch nicht fertig und außerdem warten noch so viele andere Projekte auf mich. Seit wir wieder auf der Erde sind… da ist die Air Force und das Stargate-Center, die ständig die neuesten Erkenntnisse und Forschungsergebnisse, Projekte…und was ist mit dem IOA? Die stehen auch fast jeden Morgen auf der Matte und wollen was sehen.“
„Dann sollen sie eben stehen und warten. Rodney, es ist Freitagabend, wir haben kurz vor sechs. Sie haben seit mindestens zwei Tagen nichts gegessen…“
„Doch heute Morgen!“
„Drei Tassen Kaffee zählen nicht als Mahlzeit. Genauso wenig wie die anderen neun, die Sie über den Tag verteilt haben.“
„Ich kann jetzt nicht aufhören, John. Ich bin so dicht davor, eine Möglichkeit zu finden, wie wir wieder zurückkommen. Teyla und Ronon verlassen sich auf mich! Ich kann jetzt nicht einfach so aufgeben. Teyla will zurück zu ihrem Sohn und Kanaan und Ronon…“
„Rodney… niemand verlangt von Ihnen, dass Sie aufgeben. Und es verlangt erst recht niemand, dass Sie sich bis zur totalen Erschöpfung hier austoben und einen Rechner nach dem anderen durchschmoren lassen. Teyla weiß, dass Sie alles daran setzen, um uns alle so schnell wie möglich wieder zurückzubringen. Aber sie ist nicht bereit, dass Sie ihre Gesundheit und Ihre Beziehung zu Jennifer opfern. Und Ronon hat mit Amelia einiges zu tun und …zu entdecken. Die machen einen Ausflug nach dem anderen. Etwas, was Sie mit Jennifer auch tun sollten, anstatt sich hier zu barrikadieren. Also… notieren Sie die Variablen, gehen Sie in Ihr Quartier, machen Sie sich frisch und ziehen Sie sich um, wir gehen aus“, erklärte John kurz und knapp und ließ dem Wissenschaftler kaum Zeit und Raum um aufzubegehren.
„Ja aber… und was ist mit Jennifer? Sie haben doch gerade selbst gesagt, dass…“
„Alles geregelt, Rodney. Los, notieren und umziehen, hopp hopp!“
Es dauerte noch einige Minuten und brauchte mehrere Anläufe, in denen Radek und John Rodney davon überzeugen mussten, endlich die Arbeit zu vergessen und das Labor zu verlassen. Doch nach gut einer Stunde waren der Militärkommandant und der leitende Wissenschaftler in einem kleinen lauschigen Restaurant in San Francisco angekommen und studierten nun die Speisekarte.
„Ich kann nicht fassen, dass ich mich von Ihnen habe breit schlagen lassen. Es mag ja eine gute Idee sein, mal abzuschalten, aber sollte ich das nicht mit Jennifer…ich meine, ich sollte mit Jennifer zusammen sein…“, gab Rodney kleinlaut zu ohne dabei jedoch von der Speisekarte hoch zu sehen.
„Machen Sie sich keine Gedanken Rodney. Ich habe gesagt, es ist alles geklärt.“
„Geklärt? Jennifer wird mir den Kopf abreißen, wenn sie das erfährt. Die ganze Zeit predigt sie mir, ich solle mal die Arbeit sein lassen und mit ihr zu ihrem Vater fahren oder meine Schwester besuchen und jetzt, wo ich die Arbeit wirklich sein lasse, sitze ich mit Ihnen hier…Nicht, dass ich das nicht zu schätzen wüsste, was Sie da tun oder dass es mir..unangenehm…mit Ihnen..ich meine…“
„Lassen Sie´s gut sein, McKay. Sie weiß es.“
„Sie… Was?!“
„Ich habe heute Morgen zufällig mitbekommen, wie Sie sich mit Jennifer unterhalten haben. Sie macht sich Sorgen um Sie… Wir alle tun das. Also habe ich mir was überlegt und Jennifer war einverstanden. Allerdings…“
„Oh ich wusste es! Jetzt kommt der Haken.“
„Kein Haken, eher ein übrigens.“
„Natürlich! Und welche unmenschliche Heldentat muss ich im Gegenzug dafür vollbringen?“
John verdrehte amüsiert die Augen und schüttelte kaum merklich mit dem Kopf.
„Ich habe Jennifer versprochen, dass Sie morgen mit ihr zu ihrem Vater fahren und übermorgen Jeanie besuchen. Vergessen Sie mal für zwei Tage die Arbeit und schalten Sie ab. Ihre Berechnungen laufen Ihnen schon nicht weg.“
„Nein, aber dafür läuft mir das IOA und das…“
Rodney sah sich prüfend um, bevor er flüsternd weitersprach.
„…Stargate-Center hinterher.“
„McKay, auch die wissen, dass Ergebnisse und Fortschritte nicht an einem Tag erzielt werden können. Außerdem sollen sie sich mit dem, was sie bisher haben vergnügen. Der Wurmlochantrieb ist `ne ganz schön harte Nuss. Damit werden die Monate beschäftigt sein und wir alle können erst mal abschalten. Wir sind wieder auf der Erde… das sollten wir ausnutzen“, erwiderte John und hatte ebenfalls seine Lautstärke etwas gesenkt.
„Ja…Ja, Sie haben ja recht. Nur…ich habe das Gefühl, dass ich es Teyla und Ronon schuldig bin. Sie haben sich freiwillig dazu bereiterklärt uns bei der Verteidigung der Erde gegen Wraith zu helfen und nun sind sie hier gestrandet. Es ist wohl das mindeste, wenn ich so schnell wie möglich einen Weg finde, sie wieder nach Hause zu bringen.“
„Rodney… Teyla und Ronon könnten jederzeit mit der Deadalus oder der Apollo zurückfliegen. Aber sogar die genießen ein paar Tage auf der Erde. Also, hören Sie auf zu nörgeln und an die Arbeit zu denken und suchen Sie sich stattdessen lieber was von der Karte aus.“
„Ha, Tage?! Wir sind schon seit Wochen hier und ich bin noch kein bisschen weiter gekommen. Die Energie des ZPMs reicht weder für den Hyperraumantrieb noch den Wurmlochantrieb aus. Aber wenn ich diese Berechnungen fertig bekomme…“
„Jetzt ist Schluss, McKay. Ab heute, bis Montag keinerlei Berechnungen, Hyperantrieb, Wurmlöcher oder sonstiges mehr. Ich will kein Wort mehr davon hören. Sie entspannen sich etwas, bringen das zwischen sich und Jennifer wieder in Ordnung und am Montag horchen wir mal im Stargate-Center nach, wie es um die Suche nach neuen ZPMs aussieht. SG-1 geht einigen Einträgen aus der Antiker Datenbank nach und ich kann mir vorstellen, dass sie sogar fündig werden. Dann wären die Berechnungen im schlimmsten Fall überfällig und die übrigen Rechner bleiben verschont. Verstanden?“
„Ja, ja, ja“, stöhnte McKay ergeben und widmete sich wieder der Speisekarte.
Bis das bestellte Essen serviert wurde, hatten sich die beiden Männer in endlose Gespräche über Gott und die Welt verstrickt. Mittlerweile hatte auch Rodney endgültig begriffen, dass er dringend Erholung brauchte. Bei alldem was in letzter Zeit jedoch passiert war und die Arbeit, in die er schon seit Wochen seine Zeit investierte, erforderte es schon mehr als einen lockeren entspannten Ausflug in die Metropolstadt San Francisco.
Das Essen war fast beendet, als das Gespräch in Richtung Vergangenheit und ihre Schul-, Studien- beziehungsweise Ausbildungszeit ging.
Sowohl Rodney als auch John erzählten sich nette Anekdoten aus ihrer Schulzeit, die mit eher harmlosen Streichen an Lehrern und Lehrerinnen begannen, zu den üblichen Schwärmereien für Klassenkameradinnen führten und mit ungerechter Notenvergabe, eingebildete und überfordert wirkende Professoren in den Universitäten und schleifende und knallharte Ausbilder beim Militär endeten.
Beide lachten und schienen zumindest für diesen Abend ihre Arbeit, den Stress und den Druck der vergangenen Wochen vergessen zu können und schließlich entschied man gemeinsam, den nachfolgenden Besuch in einer netten kleinen Bar ausfallen zu lassen, als John eine bessere Idee hatte.
„Ja okay…“, stimmte McKay zu.
„… Mir kann es nur recht sein. So wie ich Sie kenne, wäre es vermutlich sowieso eine Strip-Bar gewesen.“
„Strip-Bar?! Wie kommen Sie denn jetzt auf sowas?!“
„Ach kommen Sie! Als ob Sie nicht daran gedacht hätten…bei Ihnen weiß man schließlich nie.“
„Sie glauben ernsthaft, ich ginge in Stripbars? Wie kommen Sie darauf?“
„Naja…Sie sind in keiner Beziehung, waren nie verheiratet…“
John sah sein Gegenüber Ernst an und durschaute dessen Plan, ihn zum Reden zu bringen.
Zunächst wollte John schweigen, aber dann wurde ihm klar, dass Rodney wohl nicht so schnell aufgeben würde und er selbst schließlich dafür verantwortlich wäre, wenn durch sein hartnäckiges Schweigen über sein Privatleben eine Meinungsverschiedenheit, vielleicht sogar ein Streit ausbrechen würde. Denn immerhin schien Rodney etwas lockerer zu sein und hatte selbst schon so einiges über sich erzählt und John hatte vielleicht schon zu lange alles verschwiegen.
„Sie wissen doch ganz genau, dass das nicht wahr ist, McKay.“
„Also waren Sie wirklich mal verheiratet?“
„Jetzt kommen Sie schon. Das steht in meiner Akte, die Sie doch gelesen haben“, erklärte John.
„Woher wissen Sie das?“
„Weil ich Sie kenne, McKay. Sie haben sich noch vor Beginn der Expedition die Akten der meisten Expeditionsmitglieder angesehen. Das habe ich im Übrigen auch…wenn auch teilweise etwas später.“
Zuerst schweigend und leicht ertappt nickte McKay, bevor er dann zaghaft weiterfragte:
„Warum…warum haben Sie nie darüber gesprochen? Ich meine, eine Scheidung ist doch nichts Schlimmes. Gut, okay…schon…für die Betroffenen, aber…sowas kommt doch auch in den besten Familien vor, nicht wahr?“
John wartete noch ab, bis die Bedienung die nächste Bestellung der Getränke für beiden aufgenommen und auch gebracht hatte, bevor er sich dann kurzfristig dazu entschloss, Rodneys Frage zu beantworten.
„Ich habe es aus vielen Gründen nie erwähnt, Rodney. Zum einen, hat es zu dem Zeitpunkt als wir nach Atlantis gingen noch ziemlich gesessen, zum anderen ist es sehr privat…und dann hat man mich auch nie gefragt“, kam es mit einem schelmischen Lächeln von John.
„Was ist schiefgelaufen?…“, hakte Rodney nach.
„…Unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen?“
„Ja, so könnte man es nennen. Im Grunde hatten wir zwar die gleichen Vorstellungen, Erwartungen und auch Wünsche, doch ich hatte da noch einiges mehr und das…ließ sich mit dem anderen irgendwie nicht vereinbaren.“
„Die Fliegerei?“
John nickte, doch er sprach nicht weiter.
„Ist kompliziert, hm?
Wieder nickte John und Rodney wusste in diesem Moment, dass John nicht weiter darüber sprechen würde. Nicht weil er es einfach nicht wollte, sondern weil es ihn offensichtlich nach all den Jahren noch immer zu beschäftigen schien.
„Was ist mit Ihnen?“
„Mit mir?“
„Ja…wieso gerade Jennifer?“
„Was?“
„Wieso Jennifer? Ich meine, gut okay, sie ist eine attraktive, intelligente Frau und als Ärztin hat sie auch einiges auf dem Kasten, aber…was war mit Katie Brown? Sie wollten ihr einen Antrag machen. Was ist passiert?“
„Oh, das…das ist `ne lange Geschichte.“
„Sie haben´s vergeigt“, schlussfolgerte John schmunzelnd.
„Und wie…Der Antrag hat erst gar nicht stattgefunden. Aber ich denke, es musste wohl so sein. Verstehen Sie, Katie ist…war…eine tolle Frau. Sie war intelligent, hatte Humor und sah auch gut aus, aber es hätte so oder so nicht funktioniert. Ich glaube, damals war ich einfach noch zu sehr… ich weiß nicht wie es nennen soll. Anstrengend?…“
Fragend sah er zu John, doch dieser schwieg.
„…als die Quarantäne damals fälschlicherweise einsetzte und wir überall feststeckten, hatte ich eine Menge Zeit zum Nachdenken und kam zu dem Schluss, dass ich noch etwas Zeit für mich bräuchte.“
„Oh“, stöhnte John und verzog das Gesicht.
„Ja, der Beziehungskiller schlechthin. Ich weiß. Das habe ich in der Zwischenzeit auch schon erfahren. Aber Tatsache ist, dass ich im Grunde Recht hatte. Ich habe wirklich Zeit für mich gebraucht und ich habe doch mit Sicherheit einige Veränderungen gemacht. Ich meine, zu früher, oder nicht?“
Wieder sah der Wissenschaftler zum Soldaten, der diesmal mit einer entsprechenden Miene zustimmen musste.
Rodney hatte in den letzten Jahren wirklich einige Verwandlungen vollzogen. Er war etwas ruhiger geworden, demütiger, zurückhaltender und er zeigte auch mehr Interesse, Feingefühl und vor allem Sorge Anderen gegenüber. Er war viel umgänglicher geworden. Doch die gravierendsten Veränderungen machte er im letzten Jahr und John wusste, dass es Jennifers Einfluss war.
„Hätten diese Veränderungen während einer Beziehung mit Katie stattgefunden, wäre ihr Leben eine einzige Hölle gewesen und ich wäre wahrscheinlich auch nicht…das hätte sie nicht verdient. Jennifer dagegen hat mir nicht meine Fehler aufgezeigt und vorgehalten. Nicht dass das Katie getan hätte, aber Jennifer hat mir vielmehr gezeigt, dass es immer noch besser geht. Dass noch so viel mehr in mir steckt und dass ich auch mit den einfachen Dingen zufrieden sein kann. Sie ist wie ein Teil von mir, den ich die ganze Zeit vermisst habe. Unbemerkt vermisst wohlgemerkt. Außerdem…stehe ich auf Blondinen.“
John und Rodney lachten, wobei John auffiel, dass Rodney schon nach einem Glas Wein redseliger wurde. Soviel hatte er sonst nicht in einem ganzen Jahr von sich erzählt. Zumindest nicht, was sehr privat war oder wirklich in ihm vorging und John wusste, dass auch er selbst heute wohl noch mehr als einmal aus dem Nähkästchen plaudern würde.
Nach ein paar Cocktails, die McKay unbedingt mal probieren wollte und Mineralwasser für John, da er noch Auto fahren musste, verließen sie das Restaurant und statteten einer kleinen Tankstelle noch einen Besuch ab, so dass John noch einige Getränke und Knabbereien besorgen konnte. Somit war John auf der sicheren Seite, falls McKay während der Fahrt mit Hungergefühlen und daraus resultierenden Nörgeleien beginnen würde. Denn während Rodney alles versuchte, um zu erfahren, wo sie als nächstes hinfahren würden, verriet John nur, dass die Fahrt etwas länger dauern würde.
Eine schöne gemütliche Fahrt über die Golden Gate Bridge, die bei Nacht durch ihre Beleuchtung ihrem Namen alle Ehre machte, sorgte für andächtiges Schweigen der beiden Männer. John blieb nicht lange auf dem Redwood Highway und bog sehr bald auf den Shoreline Highway ab. Danach folgten noch einige Abzweigungen auf kleinere und weniger befahrene Straßen und schon war Endstation.
Für Rodney verging die Zeit wie im Fluge, denn er war während der Fahrt doch tatsächlich kurz eigenickt. John hatte schmunzeln müssen als er es bemerkte, aber er hütete sich auch, ihn zu wecken, denn er wusste, dass sein Freund wirklich schwer erschöpft sein musste und der Alkohol hatte sein Übriges dazu getan.
Als John den Wagen parkte, wachte Rodney auf und sah sich neugierig um.
„Sind wir etwa schon da?“
„Ja.“
„Okay…und wo sind wir?“
Wieder zeigte John ein regelrechtes Lausbubengrinsen und stieg aus. Nur die Wagenlichter ließ er an.
„Lassen Sie sich überraschen. Ich verspreche, es wird Ihnen gefallen“, erklärte John kurz und knapp während er zum Kofferraum ging.
Rodneys Verwirrung war komplett, als John ihm drei Decken in die Hand drückte und er sich mit einer Taschenlampe und einem Picknickkorb in Bewegung setzte.
„Wo sind wir hier?“ wiederholte Rodney und folgte dem Soldaten auf Schritt und Tritt.
„An einem schönen Ort! Passen Sie auf wo sie hin treten“, gab John zurück, doch zu Rodneys Pech kam diese Warnung etwas zu spät, denn er verfing sich in einem Grasgewächs, fuchtelte und wedelte daraufhin wie wild mit den Armen, bis er das Gleichgewicht wieder hatte. Fluchend schloss er sich John wieder an.
„Alles okay?“
„Ja, aber haben Sie diese Warnung nicht früher aussprechen können?“
John grinste.
„Kommen Sie McKay, bleiben Sie dicht hinter mir. Wir sind gleich da.“
„Wo sind wir gleich?“ kam es erneut von dem Wissenschaftler und ließ durch eine entsprechende Tonart wissen, dass seine Geduld gerade arg strapaziert wurde.
„Hören Sie es denn nicht?“
Rodney horchte.
„Ich höre so etwas wie Meeresrauschen…ein paar Grillen, die zirpen und abgesehen davon ist es saukalt, aber ich habe noch immer keine Ahnung, wo wir sind.“
„Piont Reyes!“, antwortete John knapp und beleuchtete ganz genau den Weg.
„Point Reyes?“, staunte der Kanadier und stolperte beinahe ein zweites Mal über etwas, von dem er lieber nicht wissen wollte, was es war.
„Wie sind Sie denn auf diese Idee gekommen?“
„Keine Ahnung, kam mir einfach so in den Sinn. Gefällt´s Ihnen nicht?“
„Das kann ich nicht beantworten, es ist stockduster! Wir sehen die Wagenlichter ja kaum noch.“
„Die Wagenlichter sind noch ganz gut zu erkennen. Nicht mehr lange, wir sind gleich da.“
„Das haben Sie schon vor einer Ewigkeit gesagt.“
„Übertreiben Sie nicht so.“
Rodney verkniff sich jedes weitere Kommentar, als sie kurz darauf an einer Klippe zum stehen kamen.
Tatsächlich schien es nun sogar noch etwas heller zu sein, als auf dem gesamten Weg vom Wagen bis hier her.
Rodney wusste natürlich, dass es nur der Mond und dessen Reflektion auf dem Meer unter ihnen sein konnte und nicht die beleuchtete Golden Gate Bridge, die teilweise, winzig klein und meilenweit entfernt noch gerade so zu sehen war. Auch der Leuchtturm in entgegengesetzter Richtung war zwar gut zu erkennen, aber ebenfalls weit entfernt.
Frische, kühle und salzige Meeresluft wehte ihnen um die Nase, als John den Picknickkorb abstellte, und mit Rodney gemeinsam einige Windlichter herausholte und damit gleichzeitig die auf dem Boden ausgelegte Decke vom davon wehen zu hindern.
Die Brandung schlug leise und beinahe in einem gleichmäßigen Takt gegen die hohe Steilwand der Klippen, während die Sterne am nächtlichen Firmament klar strahlten und funkelten und die beiden für einen Moment glauben ließ, wieder auf einem der Piers von Atlantis zu sein.
Wieder vergingen einige Stunden, in denen John gerade mal ein Bier aus dem Six-Pack, dass er an der Tankstelle gekauft hatte, trank, während Rodney schon die zweite Dose öffnete.
Wieder verfielen sie von einem Gesprächsthema zum nächsten. Doch irgendwann schwiegen beide vor sich hin, bis John einen unbestimmten inneren Druck verspürte und ihm schlussendlich nachgab.
„Sie wollte keine Kinder.“
„Hm?“
„Meine Exfrau. Sie wollte keine Kinder. Sie…hatte gerade eine Stelle im Büro des Verfassungsschutzes angetreten und setzte alles daran, dort zu bleiben oder besser gesagt, schnell voran zu kommen. Und ich…war ständig unterwegs.“
„Aber Sie wollten Kinder?“
John nickte träge.
„Sie hätten dafür Ihren Job geschmissen?“
„Ich weiß nicht…denke schon. Ich hatte darüber nachgedacht, aber Nancy hatte es immer kategorisch abgelehnt. Zumindest für die nächsten Jahre und dabei schob sie die Begründung immer auf mich und meine Arbeit…“
Rodney hörte schweigend zu und machte sich so seine Gedanken. Es war das erste Mal dass John so offen von seiner Vergangenheit sprach.
„…sie sagte immer, dass ich es wäre, der keine weiteren Verpflichtungen eingehen wolle, weil ich ständig irgendwo in geheimen Einsätzen wäre. Und wenn ich ihr sagte, dass ich darüber nachdenke, mir einen anderen Posten zu suchen, hieß es nur, dass es doch nur Gerede sei und ich mich nie ändern würde, verstehen Sie? Aber im Grunde war sie diejenige, die…Also dachte ich was soll´s. Sie war zu sehr in ihre Arbeit vertieft und ich…habe dann einfach weitergemacht und wurde ständig wo anders angefordert.“
Rodney nickte.
„Hätten Sie sich wirklich einen anderen Posten geben lassen? Ich meine, wenn sie doch Kinder hätte haben wollen?“
Nur kurz schien John nachzudenken, bevor er sich selbst sicher war.
„Ja… ja, das hätte ich. Ich hatte sogar schon Anfragen gestellt und Erkundigungen eingeholt… Dann kam der nächste Einsatz und ich hatte ihr und mir geschworen, dass danach endgültig Schluss sei. Und was Kinder betraf, da hätte ich sie vielleicht schon noch überzeugen können, aber als ich wieder nach Hause kam…hatte sie schon die Scheidung eingereicht. Es war vorbei…“
Wieder schwieg John für einen Augenblick und auch Rodney wusste nicht so recht, was er sagen sollte.
„Und für meinen Vater war ich wieder schuld daran und habe wieder einmal Mist gebaut, erst Recht als diese Sache in Afghanistan passierte…“
„Sie haben sich nicht gut mit Ihren Eltern verstanden?“, schlussfolgerte Rodney.
„Eigentlich schon, zumindest bis ich eingeschult wurde. Ab da galt es immer, der Beste zu sein und an vorderster Linie zu stehen. Und wehe es lief nicht so, wie mein Vater es wollte. Es gab nichts, was er nicht kontrollierte oder worüber er nicht bestimmte. Meine Mutter war die einzige, die…mich irgendwie verstanden hatte und…mich einfach machen ließ und mich unterstützte, egal worum es ging. Auch als ich mich für ein anderes College, als das, was mein Vater aussuchte, entschied. Sie war immer für mich da, selbst wenn sie riskierte, sich mit meinem Vater zu streiten…“
„Sie haben sich scheiden lassen?“
„Nein…nein. Sie haben sich sehr geliebt, auch wenn sie sich gestritten haben. Scheidung war niemals ein Thema zwischen ihnen. Nein, meine Mutter hatte einen Unfall, als ich siebzehn war. Ein Lastwagenfahrer hat die Ampel übersehen und ist in ihren Wagen reingefahren. Sie hat es nicht geschafft. Sie war…sie war zu schwer verletzt…“
Krächzend und mühevoll brachte John die Worte raus. Er spürte wie ihn diese Erinnerungen packten und ihn wieder in diese dunkle und kalte Welt voller Schmerz und Trauer zu ziehen drohten. Doch eine Hand, die sich auf seine Schulter legte, zog ihn wieder zurück und gab ihm die Sicherheit und Klarheit zurück.
Nachdem sich sowohl John und Rodney in ihre Decken gewickelt hatten, dauerte es nicht lange, bis auch Rodney mehr über sich und seine Familie verriet. Auch er hatte mit seinen Eltern kein gutes Los gezogen. Egal was es war, es wurde ihm für alles die Schuld gegeben. Sogar die Scheidung der Eltern wurde auf Rodneys Rücken ausgetragen, was John beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte.
Es gab keinen einzigen Moment, in dem John glaubte, dass ihm Märchen aufgetischt wurden, oder dass er übertreiben würde. Dafür kannte er den Wissenschaftler zu gut und außerdem konnte man es ihm ansehen, dass diese Ereignisse auch in ihm noch immer wühlten.
John und Rodney waren mittlerweile wieder in Atlantis angekommen und schlenderten äußerst angeheitert durch die Gänge. Ihr kleiner Spaziergang durch die Flure der Stadt wurde durch albernes Kichern im Wechsel mit lautstarkem Gelächter und schlingerndem Gang begleitet.
Eines stand für die beiden fest: Die Nacht war noch lange nicht zu Ende, denn John fand in seinem Kühlschrank noch ein weiteres Six-Pack Bier, andere Getränke und gute Tropfen und konnte Rodney überreden, mit ihm auf eines der Piere zu gehen und die herrliche Aussicht auf das nächtliche San Francisco und seine weltberühmte Brücke zu genießen.
Der Morgen allerdings war weit weniger angenehm und schön.
Zum ersten Mal seit der Ankunft von Atlantis auf der Erde und dessen Landung vor der Bucht von San Francisco, hatte John den Sonnenaufgang und das Spektakel um das langsame Verschwinden des für diese Metropole bekannten Nebels verpasst.
Was wohl hauptsächlich an der durchzechten Nacht und dem daraus resultierenden Kater lag.
Stöhnend drehte John sich um, als ihm die ersten Sonnenstrahlen ins Gesicht schienen, doch jede noch so kleine Bewegung verursachte ein schier unerträgliches hämmern, bohren, ziehend und explodieren in seinem Schädel, sodass er glaubte, für den heutigen Tag wie gelähmt im Bett liegen bleiben zu müssen.
Für eine weitere Stunde schlief er wieder ein, bevor die Natur unerbittlich rief und ihn zwang, sich unter noch größerem stöhnen und fluchen ins Badezimmer zu schleppen.
Da das Licht einfach zu grell und schmerzvoll in seinen Augen und seinem Kopf war, nestelte John regelrecht im Blindflug, mit geschlossenen Augen an seiner Hose herum, bevor ihm auffiel, dass er offensichtlich in seiner Kleidung geschlafen hatte.
So sehr er sich auch anstrengte, er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, wie er es in sein Quartier geschafft hatte. Er wusste nur noch, dass er und Rodney die größte Mühe hatten, nicht vom Pier ins Meer zu stürzen. Auch war der Weg zu Rodneys Quartier irgendwie länger und beschwerlicher, als er es in Erinnerung hatte. Aber dann erinnerte er sich noch wie er Rodney ins Bett schaffte, ihm die Schuhe auszog und dabei selbst fast quer durch dessen Quartier flog, als dieser ihm mit einem „Tritt“ nachhelfen wollte. Das es simple Schnürschuhe waren und keine Stiefel, fanden die beiden zu diesem Zeitpunkt wohl ziemlich amüsant.
Nachdem er sich Erleichterung verschafft hatte, machten sich die ersten Zweifel in ihm breit. Womöglich war er erst gar nicht in seinem Quartier gelandet, sondern war noch immer bei Rodney oder in einem Gästequartier. Viel schlimmer aber, er könnte in irgendjemandes Quartier sein, in dem er überhaupt nichts zu suchen hatte.
Doch kaum hatte John in seiner Hast die Badezimmertür wieder geöffnet und den Kopf in das Quartier hinaus gereckt, traf ihn ein einzelner Sonnenstrahl so unvermittelt und grell ins Gesicht, das er geblendet wurde.
„Oh verflucht!“
Der Schmerz in seinen Augen ließ ihn sofort rückwärts taumeln. Geradewegs bis an den Rand der Badewanne, an der er sich den Fuß anstieß, das Gleichgewicht verlor und rücklings reinfiel.
„Ahh! …Verdammt nochmal!…Aooww!“
Kam es stöhnend von John, der nicht mehr wusste, zu welcher schmerzenden Stelle er zuerst greifen sollte. Seinen Fuß, den er sich am unteren Wannenfuß angestoßen hatte, oder seinen Rücken, der den Beckenrand zu spüren bekam, oder seinen Kopf, der gegen die Wand geprallt war? Zudem machte sich auch sein rechter Ellenbogen bemerkbar, von dem er aber ausnahmsweise nicht wusste, wo er sich ihn angeschlagen hatte.
Einige Male atmete John tief ein und aus, starrte durch seine in die Höhe gereckten Beine hindurch an die Wand und wartete bis die Schmerzen allmählich nachließen. Gebrochen hatte er sich zum Glück nichts, dass konnte er mittlerweile schon selbst feststellen.
Erneut stöhnend und noch lauter fluchend, kämpfte er sich aus seiner mehr als lächerlichen Position in der Wanne heraus und überprüfte seine ramponierten Glieder. Blut konnte er keines entdecken, auch nicht an seinem Kopf, aber es würden ein paar nette blaue Flecke entstehen und die Beule, die sich bereits begann zu bilden, wäre auch nicht ohne.
Kopfschüttelnd lehnte er sich ans Waschbecken und sah in den Spiegel.
„Oh Gott….“, entwich es ihm, als er sein Spiegelbild erblickte.
„…was soll´s…ich kenne Dich nicht, aber ich rasier Dich trotzdem.“
„Und Sie glauben wirklich, dass mir Aspirin helfen, diese mörderischen Kopfschmerzen loszuwerden?!“, wetterte McKay.
Doch der schottische Arzt blieb gelassen und grinste in sich hinein.
„Nicht gänzlich, nein. Aber ich kenne da ein Mittel, dass wirklich immer wirkt.“
„Ah ja?“
„Ja,…nicht zu viel trinken! Dann bekommen Sie garantiert keinen Kater.“
Rodney verdrehte die Augen und kassierte sogleich heftige Kopfschmerzen.
„Ich sage ihnen Carson, Aspirin helfen mir nicht. Ich brauch da schon ein wenig mehr und abgesehen davon sollten Sie mal nach den Elektrolyten sehen. Die leiden nämlich als erstes, bei… Alkoholkonsum.“
„Ich bin sicher Ihren Elektrolyten geht es hervorragend, Rodney. Eine einzige Nacht dieser Art…richtet keinen allzu großen Schaden an…was man von Ihnen offensichtlich nicht behaupten kann, Colonel“, antwortete Carson und sah prüfend über John, der hinkend die Krankenstation betrat.
„Ach, ist halb so schlimm. Ich habe mir nur ein paar Knochen angeschlagen.“
„Kein Wunder bei diesem Ausflug“, kommentierte Beckett und blickte zwischen Rodney und John hin und her.
„Ausflug trifft den Nagel fast auf den Kopf“, gab John kleinlaut zu.
„Was ist passiert?“
„Nicht so wichtig, Doc. Geben Sie mir einfach `ne Aspirin und einen Eisbeutel und dann sind Sie mich wieder los.“
Kopfschüttelnd drehte Carson sich um, entnahm eines der blauen kühlenden Gelkissen aus dem Kühlschrank und reichte ihn zusammen mit einigen Schmerztabletten seinem neuestem Patienten. Doch als John sich den Eisbeutel auf den Hinterkopf hielt, statt auf seinen Fuß, wurde der Arzt stutzig.
„Einen Moment mal…jetzt mal raus mit der Sprache. Was ist passiert?“
„Ich sagte ja, es ist nicht so schlimm.“
„Das überlassen Sie mir…meine Güte! Das ist ja mal eine Beule…“, staunte Carson, als er John überrumpelte und den Eisbeutel zur Seite schob.
„…Wie haben Sie das denn fertig gebracht?!“
„Wurde geblendet, habe mir Fuß angestoßen und bin…in die…Wanne gefallen.“
„Geblendet…aha. Von was? Von Ihrem Spiegelbild?“, kam es spitzfindig von Rodney.
„Sie sehen auch nicht gerade besser aus!“, gab John etwas lauter von sich und zuckte durch einen dröhnenden Schmerz zusammen. Aber auch Rodney wich zurück und hielt sich den Kopf.
„Nicht so laut!“
Carson lachte kopfschüttelnd auf.
„Meine Güte! Ein paar Biere, etwas Wein und einige Cocktails und der leitende Militärkommandant und der leitende Wissenschaftler landen zusammen auf der Krankenstation…mit einem Kater… Ich habe hier zwei Alkoholleichen! Ein Bild der Götter!“, erklärte Carson und sah John und Rodney, die wie ein Häufchen Elend nebeneinander auf einer Liege saßen, grinsend an.
„Das amüsiert Sie, was?“
„Nein, was mich amüsiert, war der wankende Gang, die Sie beide die letzte Nacht durch die Flure der Stadt vollbracht haben.“
„Woher wollen Sie das wissen?! Sie waren ja nicht dabei! Außerdem war es gar nicht so schlimm.“
„Ja, und ich habe mir den Wein und die Cocktails ohnehin verkniffen. Ich musste schließlich noch den Wagen fahren“, verteidigte sich John.
„Ich habe Sie beide gesehen, wie Sie krampfhaft versucht haben, die Spur zu halten und Ihre Quartiere zu finden. Während Sie, Rodney, nach links wollten, irrten Sie, John, nach rechts. Wollten Sie dagegen nach rechts, stolperte John nach links. Und wenn Sie gerade ausgehen wollten, landeten Sie beide meist auf dem Hintern und haben alles versucht, das restliche Starkbier, als ob normales nicht schon ausreichte, zu retten. Dass Sie heil ankamen, und das erst heute Morgen passiert sein soll, wundert mich daher sehr“, erzählte Carson und wies auf Johns Kopf und Knöchel.
„Sehr witzig, wirklich. Sie haben ja nicht diese Schmerzen!“, regte McKay sich erneut auf.
„Hallo?!“, mischte John sich ein und richtete die Aufmerksamkeit auf seine verbeulten Glieder, worauf die beiden erneut durch die Lautstärke zusammenzuckten.
„Ja…ich Glücklicher! Aber ich bin sicher, hätte ich Ihnen beiden gestern Blut abgenommen, hätte die ganze Belegschaft von Atlantis mit dem Alkoholgehalt in Ihrem Blut ein Betriebsfest abhalten können. Und jetzt nehmen Sie Ihre Aspirin und sehen Sie zu dass Sie zu Jennifer kommen. Sie hat schon fertig gepackt und wartet auf Sie.“
Murrend schnappte sich McKay die Tabletten und verließ die Krankenstation, nicht ohne vorher noch einen Blick zu John zu werfen und ihm für den gestrigen Ausflug und die Ablenkung, die ihm im Grunde doch sehr gefallen und gut getan hatte, zu bedanken.
John ließ sich zur Sicherheit noch die restlichen malträtierten Knochen und Stellen untersuchen und den Fuß verbinden und ging dann zurück in sein Quartier.
Schnell hatte er sein Handy, das in den letzten Jahren nie in Gebrauch war, heraus gekramt und tätigte einen Anruf. Danach hatte er in einem Mordstempo eine kleine Reisetasche gepackt und machte sich daran, sich bei Woolsey abzumelden und die Stadt erneut zu verlassen. Die frische Luft, die er genießen konnte, als er den Mietwagen zurückbrachte, half seinem Kater etwas auf die Sprünge und ließ die Kopfschmerzen ein bisschen schwächer werden.
Das Taxi fuhr die lange Auffahrt entlang und nachdem John die Fahrt bezahlt und dem Fahrer noch ein großzügiges Trinkgeld gegeben hatte, stand er nun vor den riesigen Anwesen und ließ seinen Blick darüber gleiten. Zu lange war er nicht mehr hier gewesen und dennoch hatte sich kaum etwas verändert.
„John…“, rief ihn eine Stimme, worauf er sich abrupt umdrehte und erneut Kopfschmerzen kassierte. Von seinem Knöchel und dem Rücken ganz zu schweigen.
„…das ging ja schnell! Los komm rein.“
„Hi Dave“, erwiderte John und folgte seinem Bruder hinkend ins Haus.
„Das muss ja ein Einsatz gewesen sein. Du siehst mitgenommen aus“, stellte Dave fest, während John sich langsam und quälend auf der Couch niederließ.
„Nein, kein Einsatz. Nur…ein kleiner Unfall im Bad“, gab John zu.
„Unfall..soso. Willst du ein Bier oder Scotch oder…“
„Oh, bloß nicht!“, stöhnte John.
„… Hast Du nicht ein Soda oder Wasser für mich? Oder noch besser Kaffee!“
„Ah! Daher weht der Wind…klar. Kaffe ist noch da. Der vertreibt den restlichen Kater garantiert.“
John nickte nur und wartete auf seinen jüngeren Bruder, der mit zwei Tassen Kaffee zurückkam.
„Also, wie lange kannst Du bleiben?“
„Leider muss ich am Montag um acht wieder auf der Matte stehen.“
„Ich nehme nicht an, dass Du mir verraten könntest, wo genau diese Matte ist?“
Obwohl John für einen winzigen Moment daran dachte, seinem Bruder die Wahrheit zu sagen, vielleicht sogar zu zeigen, antwortete er mit einem eisigen, ablehnenden Blick.
„Verstehe…schon gut. Dann verrate mir wenigstens, wie es zu Deinem Kater kam“, bat Dave und erntete diesmal einen nicht ganz erstgemeinten tadelnden Blick von seinem Bruder.
„Habe einem Freund geholfen.“
„Geholfen? In dem Du ein paar Gehirnzellen ersäufst?“
“Oh, glaube mir, die Gehirnzellen von Rodney sind wertvoller“, antwortet John und fuhr sich über das Gesicht und die Haare bevor er aufstand und sich seines Jacketts entledigte.
„Rodney…aha. Das ist doch immerhin schon mal etwas. Wer ist dieser Rodney?“
„Ein ziviler Mitarbeiter…Wissenschaftler.“
Johns Antworten fielen im Gegensatz zu Daves Fragen eher knapp aus und er musste sich sogar sehr konzentrieren, um nicht doch irgendetwas auszuplaudern, was bei seinem noch immer vernebelten Verstand gar nicht so einfach war.
Natürlich konnte er Daves Wunsch, mehr zu erfahren, gut verstehen und nachvollziehen, doch er hatte zu lange darüber gegrübelt, für ihn eine Informationsfreigabe zu beantragen. Das wurde ihm erst recht bewusst, als sein Handy klingelte.
„Entschuldige“, unterbrach er seinen Bruder und nahm den Anruf entgegen.
„Sheppard…… sind Sie sicher, Sir?…..Ich verstehe, Sir……nein Sir,…..ja Sir, ich kümmere mich darum… Danke. Auf Wiederhören, Sir.“
„Schlechte Neuigkeiten?“, wollte Dave wissen und sah wie John das Gesicht verzog. Und doch lag eine gewisse Freude in den Augen seines Bruders.
„Nicht unbedingt“, antwortete John und begann eine kleine Textnachricht in sein Handy zu tippen.
„Du musst wieder verschwinden, oder?“
Daves Stimme klang resigniert und enttäuscht.
„Nein…aber es gibt eine kleine Planänderung. Ich …ich könnte noch ein paar Täge länger bleiben… Wenn Du mich hier haben willst…“
Daves enttäuschter Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein freudiges Lächeln.
Die Kopfschmerzen waren so gut wie verschwunden, als Rodney mit Jennifer bei ihrem Vater angekommen war. Der Mann freute sich sehr über den Besuch seiner Tochter und hatte auch Rodney mit überschwänglicher Freude begrüßt.
Nun saßen die drei gemeinsam im Esszimmer und unterhielten sich angeregt, als Rodneys Handy kurz piepte. Schnell entschuldigte er sich und las neugierig die Textnachricht.
-Mitchell und sein Team haben ersehnten Schatz gefunden. Berechnungen nicht mehr nötig. Verlängerter Urlaub bis Mittwoch 0800. Start für Sonntag angesetzt. Gruß an Jennifer und Jeanie. J. Sheppard-
The End