Serie: Alexa-Saga
Series Order: 14
Autor: Shahar
Warnings/Genre: Action, Drama, Friendship, Romance, Hurt/Comfort, virtuelle Season-Episode
Pairings/Charaktere: Multi-Charakter, OC
Disclaimer: Mir gehört nix, ich tue auch nicht so, als würde es mir gehören. Es ist alles nur aus Spaß und für Unterhaltung. Mich zu verklagen, bringt nix, wäre nur Geldverschwendung
Kurzinhalt: In Atlantis brodelt es. Tristanius ist mit wichtigen Gedanken und Entscheidungen beschäftigt, während Alexa noch immer in ihrem Gefühlschaos gefangen ist und dies nur allzu deutlich zeigt. Sehr zu Johns Leidwesen, denn er scheint im Mittelpunkt ihres Unmuts zu stehen. Doch dann verschlägt es beide durch einen Unfall auf einen einsamen, verlassen Planeten. Um zu überleben, müssen sie sich zusammenraufen.
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„Du musst ihr einfach Zeit lassen, John.“
„Das höre ich in letzter Zeit andauernd …“, entgegnete John seinem Vater.
Schon seit fast einer Stunde werkelten John und Patrick an dem alten Black Hawk und unterhielten sich über die verschiedensten Dinge. Patrick hatte geplant, den ziemlich demolierten Helikopter, den er John zu Weihnachten schenkte, als Mittel zum Zweck einzusetzen. Eine Möglichkeit, Zeit mit ihm zu verbringen, Gespräche zu führen und sich wieder näherzukommen.
Zugegeben, es waren nicht die Gespräche, die Patrick eigentlich im Sinn hatte. Gespräche, die für eine verkorkste Vater-Sohn Beziehung nützlich wären. Und es war auch nicht so, dass er solche Gespräche über Vergangenheit, Verfehlungen, Fehler, Vorwürfe und anderes, das für den Bruch zwischen Vater und Sohn verantwortlich war, besonders mochte. Aber manchmal musste man eben die Zähne zusammenbeißen und nehmen, was man kriegen konnte. Die Hauptsache war, dass sie überhaupt wieder miteinander sprachen und sich dabei nicht gegenseitig zermürbten. Doch dieses Gesprächsthema handelte, wie so oft in letzter Zeit mal wieder von den Antikern. Um genauer zu sein: Alexa.
Es hatte Patrick an Weihnachten eine Menge, Kraft, Ruhe und auch Nerven gekostet, seinem ältestem Sohn ein Geständnis zu entlocken und dabei musste er staunen, welch eine Wirkung sein Geschenk doch erzielte. Carol verstand den Hubschrauber als eine Art Bindeglied zwischen Vater und Sohn und Patrick musste gestehen, dass er es fast genau so sah, denn es hatte tatsächlich wirklich gut funktioniert, John dazu zu bringen, seine Liebe zu Alexa zu gestehen.
Doch John schien es mittlerweile anders zu sehen, denn er war in letzter Zeit erstaunlich oft hier zu finden und Patrick bekam das Gefühl nicht los, dass er sich regelrecht hier her flüchtete. Und zwar vor Alexa.
„… und wenn sie so weiter macht, wird sie bald mehr Zeit haben, als ihr lieb ist. Dann stecke ich sie nämlich wieder eine Zeit lang in die Kapsel. Da kann sie so mies gelaunt sein, wie sie will … oder ich verabreiche ihr noch ´ne kalte Dusche.“
„John, jetzt mach mal halblang. So schlimm wird es schon nicht sein“, entgegnete Patrick teils geschockt, teils amüsiert.
„Glaubst du?“, gab John spottend zurück. „Ich dachte, sie hätte sich nach der letzten nächtlichen Trinkaktion zumindest ein bisschen eingekriegt. Stattdessen werde ich den Eindruck nicht los, dass es immer schlimmer wird … sie ist mittlerweile eine Zicke, wie es im Buche steht. Ich erkenne sie fast nicht wieder! Egal was ich sage oder tue … ich bin der Böse, ich bin schuld an allem, ich mache ihr das Leben schwer, ich bin das Übel schlechthin. Sie weist mich ab, sie mault mich an, sie glaubt, mich belehren zu müssen, sie nimmt mich teilweise gar nicht ernst oder aber überhaupt nicht wahr.“
„Kann es vielleicht sein, dass du ein wenig übertreibst?“
„Willst du Beispiele? Na schön. Neulich gab es eine Unterhaltung über ihren Fighter und sie wollte McKay davon überzeugen, die Finger von ihrem Projekt zu lassen, bis er fertig ist und die endgültige Abnahme durch sei. Ich habe versucht, sie dabei zu unterstützen und mir Rodney ebenfalls zur Brust genommen. Ich habe mich dabei auch immer wieder an sie gewandt, aber sie tat so, als sei ich nicht da. Der eigentliche Knaller kam dann zum Schluss. Kaum dass McKay und die anderen weg waren und Alexa und ich alleine waren, drehte sie sich zu mir um und fauchte mich an, was mir denn einfiele, das Wort für sie zu ergreifen und sie wie ein kleines hilfloses Kind darzustellen. Sie sei nicht unfähig und bräuchte auch keine Hilfe und -jetzt kommt´s- schon gar nicht von mir.“
„Vielleicht hatte sie nur einen schlechten Tag.“
„Einen von vielen, wenn du mich fragst. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.“
Gerade als Patrick weiter sprechen wollte, betrat Alexa die Jumperbucht. Nur kurz schien sie überrascht, nicht alleine zu sein, warf John einen kaum zu deutenden Blick zu, nickte jedoch grüßend in Patricks Richtung und begab sich nach einer kurzen Codeeingabe an dem Terminal zu ihrer Werkstatt zu ihrem Fighter.
„Würde mich nicht wundern, wenn gleich wieder etwas käme“, murmelte John, sah auf seine Uhr und lehnte sich lässig abwartend gegen den Black Hawk.
„Man könnte meinen, du sehnst es dir herbei.“
„Warte ab.“
Tatsächlich dauerte es auch nicht lange, bis Alexa mit schnellen Schritten aus ihrer Werkstatt trat und eilig zu John ging.
„Colonel, waren Sie kürzlich in meiner Werkstatt?“
„Nein, war ich nicht.“
„Eines meiner Werkzeuge ist aber verschwunden.“
„Und schon geht es los. Das ist neuer Rekord“, meinte John, sah zu seiner Uhr, dann zu seinem Vater und dann wieder zu Alexa. „Vielleicht haben Sie es verlegt.“
„Nein, habe ich nicht“, gab Alexa zurück.
„Dann hat es jemand anderes genommen“, spekulierte John weiter.
„Es haben nur zwei Personen Zugang zu meiner Werkstatt. Ich und Sie, nachdem ich Ihnen den Zugangscode mitgeteilt hatte.“
„Ich war aber nicht in Ihrer Werkstatt, okay? Und Ihr Werkzeug habe ich auch nicht.“
„Jemand anderes kann es sich aber nicht geholt haben, weil eben nur wir beide Zugang haben. Und ein Werkzeug ist wohl kaum in der Lage von selbst hier raus zu marschieren.“
„Geben Sie den Dingen noch ein bisschen Zeit, dann dürfte so ziemlich alles in Ihrer Nähe Reißaus nehmen“, gab John gereizt zurück.
„Wie bitte?! Was soll das heißen?“
„Das heißt-“
„Verkneif´s dir, Junge“, meinte Patrick und ging zwischen die beginnende Keiferei, bevor er sich wieder zu Alexa wandte. „Sind Sie sicher, dass wirklich niemand anderer in die Werkstatt hätte kommen können?“
„Ja.“
„Nein! Als ich gestern hier rauf kam, stand die Werkstatt sperrangelweit offen und weit und breit war niemand zu sehen. Ich habe die Tür wieder verschlossen, aber wer weiß, wie lange sie zuvor schon für jedermann zugänglich war. Jeder hätte da rein und Ihnen Ihr Werkzeug stehlen können“, erklärte John und spürte allmählich Verärgerung aufkommen.
„Und was soll jedermann damit?! Es ist Spezial-Werkzeug, dass nicht für alles und jedes gebraucht werden kann.“
„Da haben wir es ja! Also kann ich Ihr verdammtes Werkzeug gar nicht haben, denn wir arbeiten hier seit Tagen schon mit Schweißgerät und Lötkolben und können es gar nicht gebrauchen“, verteidigte sich John aufgebracht.
„Und wie Sie das können! Mit meinem Werkzeug kann man ähnliche Arbeiten verrichten. Sie könnten besser und schneller damit arbeiten und das wissen Sie!“, meinte Alexa mit lauter Stimme.
„Ich habe Ihr verdammtes Werkzeug aber nicht!“, schrie John ein letztes Mal.
„Werden wir noch sehen!“, entgegnete Alexa drohend und stapfte wütend davon.
John schüttelte fassungslos mit dem Kopf, drehte sich mit ausgebreiteten und herausfordernden Armen zu seinem Vater, der mit vor Schock geweiteten Augen starrend vor ihm stand. „Brauchst du noch weitere Beweise oder können wir die Beweisführung abschließen?“
Patrick versuchte alles, um John wieder zu beruhigen. Doch es war schwer. Vor allem da John seit seiner Erkenntnis über seine Liebe zu Alexa eine ganz andere Sicht auf sie hatte. Die nun allerdings schwer getrübt wurde. Er konnte sehen, wie sehr ihm die kürzliche Auseinandersetzung zusetzte und auch die vergangenen Kabbeleien der letzten Tage zwischen den beiden beschäftigten ihn mehr, als er es zunächst zugeben wollte.
„Vielleicht ist es besser, wenn du dich eine Zeit lang von ihr fernhältst. Am besten so fern wie möglich.“
„Ich kann nicht“, erwiderte John gedrückt. “Der Befehl von O´Neill und Landry steht immer noch. Ich habe auf sie aufzupassen. Und ihrem Vater habe ich auch einen Schwur geleistet. Abgesehen davon, wer weiß, auf welche Wahnsinnsideen sie noch kommt. Die nächtliche Saufaktion war vielleicht nur der Anfang und-„
„Colonel Sheppard, bitte melden Sie sich unverzüglich in der Kommandozentrale“, ertönte ein Funkspruch über die stadtweite Kommunikationsanlage und unterbrach John bei seinen Ausführungen.
„Das glaube ich jetzt nicht“, meinte John.
Er ahnte schon, dass Alexa sich über das fehlen oder besser gesagt den angeblichen Diebstahl eines ihrer Werkzeuge beschweren würde, doch dass sie ihn nun offenbar ganz bewusst bei Woolsey des Diebstahls bezichtigte, konnte er wirklich nicht fassen.
„Sie ist wirklich in Fahrt“, meinte Patrick, als er sah, wie John wütend einen alten ölverschmierten Lappen in die nächste Ecke warf und davon stapfte.
John war noch nicht einmal die Treppe zum Kontrollraum ganz hinabgestiegen, da hatte er schon eine angeregte Diskussion im Büro hören können und zu seiner Überraschung hatte er kurz darauf auch Alexas Vater ausmachen können. Doch es war Richard, der ihn eilig zu sich winkte.
John betrat das Büro, verschränkte schon gleich abwehrend die Arme, kam vor dem Schreibtisch neben Alexa zum Stehen und warf ihr einen beinahe vernichtenden Blick zu.
Währenddessen setzte sich Patrick aufstöhnend in einen Sessel und sah unsicher, aber auch prüfend zwischen John und Alexa hin und her.
„Sie wissen wohl wirklich nicht, wann es zu weit geht, was? Was kommt den als Nächstes? Wird man in Handschellen vorgeführt? Oder starten Sie eine Inquisition, wenn Ihr Werkzeug nicht sofort wieder auftaucht?“, gab John zynisch zurück.
Doch Alexa schnaubte nur, verdrehte kopfschüttelnd die Augen und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust.
„Oh wie schön, Sie wissen bereits, worum es geht. Also Colonel, wie lautet Ihr Standpunkt?“, verlangte Richard zu wissen.
„Ich habe es nicht.“
„Sie haben es nicht“, bestätigte Richard und fuhr fort. „Commander Thalis machte deutlich, dass sie dieses Werkzeug auch nicht verlegt haben könnte. Bleibt immer noch die Frage: Wo ist es?“
„Woher soll ich das wissen? Irgendjemand hat es sich genommen. Ich allerdings nicht.“
„Nnngaarrr! Wer denn dann bitte schön?! Nur Sie und ich haben Zugang zu meiner Werkstatt.“
„Es sei denn, Tür und Tor stehen weit offen und Sie haben vergessen, sie zu verschließen! So wie gestern!“, erwiderte John und erhob, genau wie Alexa die Stimme. „Da hätte jeder rein können.“
„Ich lasse doch nicht einfach so meine Werkstatt offen. Der Fighter ist mein Projekt! Es galt einst als ein sehr sensibles und geheimes Projekt und für mich hat sich diesbezüglich nicht viel geändert. Für wie dumm halten Sie mich eigentlich?!“
„Wollen Sie eine ehrliche oder diplomatische Antwort darauf?“, platzte es auch John und Patrick räusperte sich, wie es einst mit John abgesprochen war, sollte er sich wieder einmal bei Alexa um Kopf und Kragen reden. Doch er wurde nicht gehört. Eigentlich wurde er eher ignoriert.
„Oh, Sie … Sie … Ich will mein Werkzeug zurück.“
„Was glauben Sie, was ich will?“, fragte John verärgert und trat dicht vor sie. Die Arme immer noch vor der Brust verschränkt, sah er ihr herausfordernd in die Augen. „Manchmal bekommt man eben
nicht das, was man will. Aber wem sage ich das?“
Patrick räusperte sich erneut und diesmal auch lauter, sodass es sogar Richard und Tristanius bemerkten. Doch die Ablenkung hielt nicht lange an und wirkte erst recht nicht bei John. Dafür schien die Provokation bei Alexa einzuschlagen, wie eine Bombe. Ihre Hände zu Fäusten geballt, das Kinn nach vorne gereckt, die mahlenden Kiefer –all das waren die ersten Anzeichen, die Tristanius verrieten, wie nahe sie davor stand, einem gewissen Colonel enorme Schmerzen zuzufügen. Ganz zu schweigen, dass ihm diese Szenerie derart surreal erschien. Surreal und doch merkwürdig vertraut.
„Wissen Sie was?“, fuhr John fort und breitete die Arme aus. „Durchsuchen Sie mich, wenn Sie wollen. Ich werde auch nicht lachen, wenn Sie mich kitzeln aber ich verspreche Ihnen, dass Sie ihr Werkzeug bei mir nicht finden werden … Ich werde nicht derjenige sein, der nach Ihrer Pfeife tanzen wird.“
Patricks Räuspern war sogar bis in den Kontrollraum zu hören und unmissverständlich. Mit einem mehr als empörten Gesichtsausdruck war es so laut und kräftig, dass Sheppard Senior sich fast daran verschluckte und husten musste. Doch die Reaktionen in Form von rätselnden Blicken und stummen Fragen kamen wieder nur durch Richard und Tristanius.
„Und ich werde dann auch nicht mehr auf die Knie fallen und um Verzeihung bitten … Das ist es doch, was Sie wollen, nicht wahr?“, fuhr John leise fort, als er den Abstand zu ihr noch weiter verringerte.
Nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander und John glaubte, ein Feuer in ihren Augen zu erkennen. Ein Feuer, das durch Wut, Verbitterung und Schmerz geschürt wurde.
„Sie sind ein wirklich mieses und verkommenes -“
„Schluss damit!“, entfuhr es Tristanius laut, als ein Knall das Büro durchzog. Die Anwesenden zuckten vor Schreck zusammen und die leichteren Gegenstände auf dem gläsernen Schreibtisch hüpften auf und fielen teilweise um. „Muss ich Sie beide wirklich um mehr Selbstbeherrschung bitten? Das alles nur wegen eines Werkzeuges? Das ist doch lächerlich!“
John löste seinen Blick nicht von Alexa, aber er trat einen Schritt zurück, während Richard mit zitternden Händen wieder Ordnung auf dem Tisch schaffte und dann den Knacks auf der Oberfläche entdeckte. Schuldbewusst erwiderte Tristanius den Blick des bestürzten Expeditionsleiters. Patrick hingegen hustete ein letztes Mal, was die Aufmerksamkeit wieder auf ihn zog. Doch er bedachte nur John mit einem mehr als entrüsteten Gesichtsausdruck, bevor er das Wort ergriff.
„Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte, um diesen unangenehmen Disput zu einem möglichen Happy End zu verwandeln?“
Erwartungsvolle Blicke ruhten auf Patrick, als er zu Alexa sah. „Sehen Sie sich die Überwachungsbänder an. Es wäre doch möglich, dass Sie die Werkstatt wirklich vergessen haben zu verschließen.“
Wieder lief ihm dieser kalte Schauer über den Rücken, als sich der abwartende Blick der jungen Frau in Empörung zu verwandeln schien. „Vielleicht waren Sie in Gedanken oder wurden abgelenkt oder sonst etwas. So etwas kann passieren. Immerhin sind wir doch alle nur Menschen, nicht wahr?“, sprach Sheppard Senior schnell weiter. „Wenn das der Fall war, ist auf den Aufzeichnungen bestimmt zu erkennen, ob und wer sich in der Werkstatt herumgetrieben hat.“
„Die Werkstatt wird nicht videoüberwacht. Wie ich gerade eben schon sagte, ist es ein geheimes Projekt. Welchen Sinn hätten dann Kameras?“, knurrte Alexa zwischen den Zähnen hervor.
„Aber die Jumperbucht wird doch sicher überwacht … Wenn die Einstellungen und der Winkel stimmen, dürfte es doch kein Problem sein, den Übeltäter auszumachen.“
„Colonel, wann ist Ihnen die offene Werkstatt aufgefallen?“, fragte Richard weiter nach.
„Irgendwann gestern Nachmittag zwischen 14:30 und 15: 00 Uhr. Ich habe mich noch darin umgesehen, ob sich vielleicht jemand da aufhalten würde, aber als ich niemanden sah, ging ich wieder raus und verschloss die Tür mit dem Code, den mir der Commander gab. Ohne Werkzeug.“
Gleichzeitig riefen die beiden älteren Kommandanten nach ihren Assistenten, die auch nur wenige Augenblicke später im Büro erschienen.
„Wir brauchen die Aufzeichnungen der Überwachungskameras der Jumperbucht, und zwar alle, die gestern Nachmittag zwischen 14 und 15 Uhr aufgezeichnet wurden. Und bitte schnell“, informierte Tristanius die beiden jungen Mitarbeiter, die sich auch sofort ans Werk machten. Sekunden später piepte es, als die Aufzeichnungen ins Büro geschickt und auf einen der größeren Bildschirme transferiert wurden.
Richard bemächtige sich der Fernbedienung, suchte nach der Aufzeichnung mit dem besten Blick in Richtung Werkstatteingang und ließ die Aufzeichnung schneller laufen, bis zu erkennen war, wie Alexa die Werkstatt verließ. Offenbar hatte sie es wohl eilig und war zudem noch in Gedanken versunken, denn sie hatte die Räumlichkeiten tatsächlich nicht wieder verschlossen.
Innerlich fluchend schloss Alexa die Augen. Wie konnte das nur passieren? Wie hatte sie nur vergessen können, diesen verdammten Raum zu verschließen? Wieso musste ausgerechnet jetzt so etwas passieren? Und dann auch noch diese Blicke, die ihr Vater und Sheppard ihr nun zuwarfen, als sie die Augen wieder öffnete. Am liebsten würde sie schreien … oder noch besser, sich in Luft auflösen. Aber das alles war noch nichts im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte.
Richard ließ die Aufzeichnung wieder weiter vorlaufen und schon sah man, wie etwa eine halbe Stunde nach Alexas Verlassen, jemand die Jumperbucht durchquerte und zunächst zögerlich vor der Werkstatt zum Stehen kam. Da nicht wirklich zu erkennen war, wer dieser Jemand war, hatte Richard eine andere Aufzeichnung suchen müssen, die mit dem Zeitindex übereinstimmte.
Dieser Jemand betrat die Werkstatt, blieb einige Minuten darin verschwunden und verließ dann im Eilschritt und mit dem gesuchten Werkzeug wieder die Räumlichkeiten. Der Expeditionsleiter stoppte die Aufzeichnung just in dem Moment, als das Gesicht des Diebes klar und deutlich erkannt werden konnte.
Würde man sie nun bitten, zu beschreiben, wie sie sich fühlte, so würde Alexa wohl kaum die passenden Worte finden. Sie würde eher augenblicklich explodieren. Oder in einen Weinkrampf fallen, oder noch besser -im Erdboden versinken. Vielleicht würde sie auch schreien oder auf etwas einschlagen. Sie würde alles tun. Ganz egal was. Nur hier, jetzt in diesem Raum wollte sie nicht mehr sein. Und schon gar nicht in der Gegenwart von John Sheppard. Sie musste nicht zu ihm sehen, um zu wissen, mit welchem Blick sie nun von diesem bedacht wurde. Und sie bräuchte auch keinen Spiegel, um sich selbst zu bestätigen, wie rot sie gerade anlief. Und es war nicht die Wut über den Diebstahl und den Verrat, der dies bewirkte, sondern vielmehr die Scham, einen Unschuldigen beschuldigt und sich derart der Lächerlichkeit preis gegeben zu haben. Schon wieder.
„Dorian, melde dich bitte in meinem … unserem Büro. Aber protinus!“, meinte Tristanius, als er seinen Sohn über Funk rief, aber den Blick nicht von seiner Tochter ließ. „Du lässt also nicht einfach so deine Werkstatt offen, hm?“
Der mehr als mahnende Blick ihres Vaters traf sie bis ins Mark, kaum dass sie sprechen wollte. Ja, es wäre vielleicht wirklich besser zu schweigen, zumal sie ohnehin nicht wusste, was sie sagen sollte. Ebenso war sie auch unendlich froh, dass es seitens des Colonels und seinem Vater ebenfalls nur bei stummen Blicken blieb. Die alleine waren schon schwer genug zu ertragen. Weitere Gemeinheiten dieses miesen und gemeinen Schufts … nein, das wäre wirklich zu viel. Wo war nur das Loch im Boden, wenn man mal eines brauchte?
Einige Augenblicke später erschien ein gut gelaunter junger lantianischer Wissenschaftler im Büro.
„Hey Leute! Was gibt´s neu – Ohhh Merdas!“, entfuhr es ihm, als er sich auf dem großen Bildschirm an der Seitenwand erkannte. Die gute Laune war auf einen Schlag verschwunden.
„Und das ist noch milde ausgedrückt, du … du … du bist doch wirklich die größte und bekloppteste und hohlste Nuss, die -“
„Ich dachte, mein Blick sei deutlich gewesen, Commander!“
„Hey, nicht gleich persönlich werden, Krümel!“
„Das gilt auch für dich, Dorian!“, entfuhr es Tristanius wieder etwas lauter. Er merkte, wie sehr diese Situation an seinen Nerven und seiner Geduld zehrte.
„Ja, schön! Aber woher soll ich wissen, welchen Blick du gemeint – oh, diesen Blick.“
Dorian schwieg sofort, Tristanius atmete tief durch und John schlenderte zum Fenster hinter den Sesseln und warf einen Blick in den Gateraum. Patrick hingegen schien die Ruhe und Geduld gepachtet zu haben, während Richard kaum den Blick von dem Knacks in der Glasplatte seines Schreibtisches lassen konnte.
„Durch deine altklugen Kommentare gehe ich mal davon aus, dass du weißt, worum es geht. Deine Schwester kam vorhin zu uns ins Büro und meldete das Verschwinden eines ihrer Werkzeuge. Sie war davon überzeugt, dass man es gestohlen haben musste.“
„Eigentlich habe ich es mir nur ausleihen – ich soll immer noch den Mund halten? … Natürlich, du hast ja auch immer noch diesen Blick … okay.“
Es war höchst selten, dass Tristanius von Kopfschmerzen geplagt wurde. Aber nun spürte er dieses bohrende, pochende und qualvolle Hämmern hinter seinen Schläfen, das sich wohl zu einem dieser von den Menschen verhassten Migräne-Anfälle entwickeln würde. Wunderbar! Das hatte gerade noch gefehlt.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass eure Mutter und ich euch den Unterschied zwischen richtig und falsch, gut und böse und dem was sich gehört und was nicht, beigebracht haben. Was ihr nicht bei Zeiten durch uns gelernt habt, haben euch eure Lehrer, Mentoren und Ausbilder gelehrt. Daher frage ich mich nun, ob und wenn ja, was schief gelaufen sein musste … Ich habe mir allerdings im Traum nicht ausmalen können, dass eines meiner Sprösslinge ein solches Verhalten an den Tag legen würde!“
„Weißt du, Pa, eigentlich -“
„Ernsthaft?!“, unterbrach Tristanius seinen Sohn herausfordernd, der an diesem Tage offenbar schwer von Begriff sein musste oder den mahnenden Blick nicht ganz ernst nahm. „Habe ich mich vorhin nicht deutlich genug ausgedrückt? Ich will nichts hören, bis ich euch etwas frage und dann will ich nur die Wahrheit … und das möglichst kurz, sonst werdet ihr eurer Mutter erklären, warum ich mit mörderischen Kopfschmerzen und Mordgelüsten auf die Krankenstation eingeliefert wurde.“
Tristanius war rasend vor Wut und Enttäuschung und diese peinliche Situation wirkte sich auch nicht gerade günstig auf sein Wohlgefühl aus. So schloss er für eine kurze Weile die Augen und atmete einige Male tief durch, bevor er seine Befragung startete.
„Dorian, hast du das Werkzeug deiner Schwester genommen?“
„Ja.“
„Warum?“
„Ich hatte es gebraucht. Ich wollte-„
„Ich gebe dir gleich was, du brauchst, du Idiot!“, meinte Alexa.
„Ruhe! Spreche ich in einer fremden Sprache oder wollt ihr mich wirklich herausfordern?!“
Die plötzliche Stille und die Blicke der beiden Assistenten und der Techniker im Kontrollraum waren wirklich nicht mehr verwunderlich. Der General musste so laut gebrüllt haben, dass man nun sogar auf der Krankenstation oder der Kantine Bescheid wusste, was los war. Das war also das berüchtigte Beben der Wände.
„Hattest du die Erlaubnis dazu?“
„Nein.“
„In deinem eigenen Interesse, Dorian, hoffe ich, dass du nicht wirklich den Vorsatz hattest, das Werkzeug deiner Schwester zu stehlen.“
„Nein, natürlich nicht. Ich wollte es mir nur ausleihen.“
„Warum hast du deine Schwester nicht darüber informiert?“
„Das wollte ich, sie war erst nicht da und dann habe ich sie einfach nicht erreicht. Ich habe sie überall gesucht, und als ich sicher war, dass sie in ihrem Quartier sein musste, da hat sie einfach nicht aufgemacht. Ich dachte, sie schläft schon oder wollte alleine sein. Also habe ich ihr eine dieser E-Mails geschickt.“
„Ich habe keine E-Mail erhalten“, gab Alexa zurück.
„Ich glaube eher, du hast noch nicht nachgesehen. Du bist in letzter Zeit so -“, antwortete Dorian, wurde aber gleich wieder von seinem Vater unterbrochen.
„Wo ist das Werkzeug jetzt?“
Tristanius sah keinen Sinn mehr darin, seine Brut zu ermahnen und wegen der ständigen Verstöße gegen seine Anordnungen zu maßregeln. Er wollte nur noch dieses Problem aus der Welt schaffen. Er wollte Ruhe und Frieden. Und eine Kopfschmerztablette, gefolgt von einer liebevollen Massage seiner Frau und reichlich Schlaf.
„Es ist noch in meinem Labor.“
„Zu deinen Gunsten gehe ich mal davon aus, dass du dir das Werkzeug wirklich nur borgen wolltest und dass du alles versucht hast, deiner Schwester Bescheid zu geben. Es ist nur ein kleiner Trost im Gegensatz dazu, dass mein Sohn sonst ein miserabler Dieb wäre“, erklärte Tristanius und wies mit seinem Daumen auf das Corpus Delicti in Form der Überwachungsaufzeichnung. „Aber sei es nun, wie es wolle, im Grunde ist es kein akzeptables Verhalten, Dorian. Ich bin sehr enttäuscht … Du hättest vorher fragen sollen. Dank dir und dem hitzigen Temperament deiner Schwester … keine Ahnung, wie ich es sonst nennen soll, war sie davon überzeugt, dass Colonel Sheppard das Werkzeug entwendet hat. Das heißt, du bist auch für den ganzen Disput der letzten Minuten mitverantwortlich. Du gibst das Werkzeug deiner Schwester sofort zurück … selbstverständlich mit einer angemessenen Entschuldigung bei den Anwesenden. Ist das klar?“
„Ja. Völlig klar. Das eine kann ich gleich erledigen.“
„Du wirst beides gleich erledigen, Dorian. Ich will dieses Problem vom Tisch haben. Und zwar heute noch.“
Dorian nickte und wandte sich geknickt an John.
„Es tut mir leid. Ich entschuldige mich, dass durch … mein Fehlverhalten eine solche Missstimmung entstanden ist und John … es tut mir leid, dass du da mit hineingezogen und beschuldigt wurdest. Das war so nicht beabsichtigt und ich wollte dir auch bestimmt keine Probleme bereiten.“
„Danke Dorian. Ich weiß, du hast es nicht böse gemeint.“
Alexa glaubte, aus allen Wolken zu fallen. Jetzt waren die beiden schon per Du? Schon schlimm genug, dass ihr Bruder sich einfach so an ihren Sachen bediente, ohne irgendeinen Ton von sich zu geben und nun fiel er ihr auch noch derart in den Rücken und verbrüderte sich mit diesem … das konnte doch nicht wahr sein!
„Dann werde ich mal das Werkzeug holen.“
„Du schuldest deiner Schwester noch eine Entschuldigung“, erinnerte Tristanius seinen Sohn, als er am Schreibtisch Platz nahm.
„Ich weiß, ich … hole nur das Ding und auf dem Weg lasse ich mir was Gutes einfallen.“
„Oh, bitte nicht“, stöhnte Alexa, als Dorian aus dem Büro eilte.
Dorian und Alexa hatten meist vollkommen unterschiedliche Vorstellung über die Definition von `was Gutes einfallen lassen´. Erfahrungsgemäß war es oft Alexa, die dann mit den Konsequenzen und den Nebenwirkungen konfrontiert wurde.
Wenn es nach ihr ginge, wäre der Fall erledigt und sie könnte sich wieder ihrer Arbeit widmen, oder noch besser, ins Bett oder in die Kapsel verkriechen und erst im nächsten Jahr, vielleicht auch im nächsten Jahrtausend wieder herauskommen. Sie hatte dreizehntausend Jahre geschlafen, was machte da eines mehr oder weniger aus? Hauptsache sie musste sich nicht mit diesem Colonel `Wünsch-dir-was´ abgeben. Aber es ging nicht nach ihr, als ihr Vater sie zurückrief, kaum, dass sie sich umdrehte und davon eilen wollte.
„Alexa … wo hin denn so eilig? Auch wenn geklärt wurde, wer dein Werkzeug letztendlich genommen hat, so besteht immer noch Gesprächsbedarf … Zurück ins Büro, aber schnell. Dorian ist nicht der einzige, der sich bei einigen Personen zu entschuldigen hat. Findest du nicht?“
Verdammt, wie sie diese ruhige aber eindringliche und maßregelnde Tonart an ihrem Vater hasste! Noch mehr, wenn er es vor versammelter Mannschaft tat. Der Drang, einfach alles Stehen und Liegen zu lassen und zu verschwinden wurde immer größer, aber das würde sie auch nicht weiter bringen. Und ein Loch im Boden war auch noch nicht in Sichtweite. Verdammt!
„Wir warten“, sprach Tristanius weiter, als Alexa zwar wieder ins Büro zurückkehrte, aber wie ein trotziges Kind mit verschränkten Armen vor dem Schreibtisch stand und ihren ausweichenden Blick schweifen ließ. „Mach nicht den Fehler, mich heute noch derart herausfordern zu wollen, Alexa. Mein Vorrat an Geduld und Verständnis ist stark erschöpft.“
Tief durchatmend und mit vor Ärger knirschenden Zähnen und einem Widerstreben, das sie noch nie in ihrem ganzen Leben gespürt hatte, drehte sie sich zu John und versuchte sich nicht an dem arrogant abwartenden Gesichtsausdruck des Colonels zu stören.
„Tut mir leid, dass ich Sie fälschlicherweise beschuldigt habe.“
Nur einige Sekunden wartete John. Sekunden, in denen er nichts dachte und nichts fühlte und nichts sagte. Aber dann strömten die Gedanken und Gefühle wieder durch seinen Kopf und seine Eingeweide und das so schnell, dass er sich kaum auf etwas Einzelnes konzentrieren konnte. Einzig und allein ein kleines unscheinbares Nicken brachte er zustande, dass Alexa offenbar falsch interpretieren musste, denn er glaubte, wieder dieses Feuer von Wut und Schmerz in ihren Augen zu erkennen. Was hatte er denn jetzt schon wieder falsch gemacht?
„Gut, nun zu Ihnen beiden. Unabhängig davon, dass es tatsächlich einen Diebstahl gab- und das ausgerechnet von Dorian- bin ich wirklich mehr als enttäuscht und schockiert über das Verhaltenen während des gesamten Vorfalls. Oder sollte ich es eher ein Theater nennen, dessen Zeuge Mister Woolsey, Mister Sheppard und ich, sowie der ganze Kontrollraum gerade wurden? Ich kann einfach nicht glauben, dass erwachsene, vernunftbegabte und gebildete Personen wie Sie beide wegen einer solchen Lappalie derart die Haltung verlieren und ein solches Benehmen zeigen. Und wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass die Stimmung schon seit mehreren Tagen, um nicht zu sagen Wochen so … angespannt und geladen zwischen Ihnen beiden ist. Um es mal so zu nennen“, meinte Tristanius und sah zwischen seiner Tochter und John hin und her.
„Ich will mich nicht lange mit diesem Thema auseinandersetzen. Weder will ich das Wie, das Was oder das Warum und Weshalb oder Wieso erfahren. Das wäre nur Verschwendung von Zeit und Ressourcen. Abgesehen davon habe ich bereits Kopfschmerzen, deren Erklärung meiner Frau wohl eher unglaubwürdig erscheinen wird. Aber ich rate Ihnen beiden, was immer es ist, schaffen Sie es aus der Welt. Und möglichst ohne Kollateralschäden. Ich will nicht noch einmal erleben oder darüber informiert werden, dass ein solcher Irrsinn die ganze Stadt und ihre Bewohner belästigt. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Ja.“
„Ja Sir.“
„Gut. Jetzt entschuldigen Sie mich. Ich brauche frische Luft, Kopfschmerztabletten, meine Frau und Ruhe“, meinte Tristanius knurrend, als er sich an Richard vorbeischob, seinem Blick folgte und wieder den Sprung in der gläsernen Platte erblickte. „Ich werde natürlich für den Schaden aufkommen.“
„Mh“, war alles, was der Expeditionsleiter seit Beginn der Streitschlichtung vorzubringen hatte.
Richard wusste nicht, worüber er mehr schockiert sein sollte. Über die Tatsache, dass sein geliebter schwerer mit Glas bedeckter Schreibtisch nun einen Knacks hatte, oder dass der General in der Lage war, diesen massiven Tisch mit einem einzigen Handschlag zu entzweien. Oder doch eher, dass es mindestens zwei Personen gab, die den sonst so geduldigen und besonnenen Mann bis aufs Blut reizen konnten?
Und der nächste Ärger schien nicht lange auf sich warten zu lassen, als John und Alexa das Büro verlassen wollten. Der Ein- beziehungsweise Ausgang des Büros war für die zwei streitenden Soldaten offenbar nicht groß genug. Während Richard mit angehaltenem Atem der Szenerie folgte und hoffte, nicht erneut Zeuge eines weiteren Streits zu werden, verbarg Patrick leise stöhnend das Gesicht in seinen Händen.
Es war John, der entweder klugerweise nachgab oder seinen Gentlemen-Charme spielen ließ, als er dem Commander den Vortritt ließ. Mit einem weiteren verächtlichen Schnauben verabschiedete sich Alexa und rauschte in erschreckendem Tempo davon. Kopfschüttelnd folgte John ihr ein Stück.
„Ich kann irgendwie nicht verstehen, warum der gute Mann Kopfschmerzen hat. Er hat doch Erfahrungen damit. Laut seinen Erzählungen musste es früher zwischen dem Commander und Darius andauernd irgendwelche Reibereien gegeben haben, bevor sie ein Paar wurden“, sprach Richard, der im Sessel gegenüber Patrick Platz nahm. Doch das kleine stumme Lächeln seines Gegenübers kam ihm irgendwie merkwürdig vor. „Was ist zwischen Ihrem Sohn und dem Commander?“
Patrick atmete tief und seufzend durch, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und konzentrierte sich dann darauf, die Tür zum Büro zu verschließen, was Richard verwundert eine Augenbraue heben ließ. Noch einmal dachte Patrick darüber nach, ob er dem Expeditionsleiter wirklich reinen Wein einschenken sollte.
„Er liebt sie.“
„Er … nun, das sah gerade allerdings nicht nach verliebt sein aus“, entgegnete Richard. Doch das Amüsement fehlte sowohl in seinem Ton als auch in seiner Mimik.
„Nein, nein. Über das verliebt sein, ist er schon weit hinaus … er liebt sie … er liebt sie mehr, als alles andere.“
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Rastlos tigerte Alexa vor dem Fenster ihres Quartiers hin und her und war so gar nicht in der Lage ihre Gedanken zu ordnen. Von ihrem Gefühlschaos ganz zu schwiegen. Sie wusste einfach nicht, auf wen sie wütender sein sollte. Auf Pa, der sie vor versammelter Mannschaft zurechtgewiesen hatte? Wenn auch mit Recht. Oder eher auf Dorian, der sich einfach so an ihren Gerätschaften bediente und sich mittlerweile mit ganz Atlantis mehr als bestens verstand oder vielleicht auf Sheppard, der sie mit seiner ganzen Art irgendwie … Oder sollte sie doch eher sich selbst schelten? Weil sie sich wieder einmal wie eine hysterische Närrin aufgeführt hatte und das auch noch vor aller Augen!
Warum nur musste jede Begegnung mit Sheppard sie derart aus dem Konzept bringen? Warum konnte er seine Gefühle nicht einfach sich behalten? Warum konnte sie sich nicht gegen seine Emotionen wehren?
Der Türsummer ertönte, aber Alexa war nicht nach Besuch zumute. Doch dann fiel ihr ein, dass es womöglich ihr Bruder sein könnte, der ihr das gestohlene Werkzeug zurückbringen würde.
Na warte! Der konnte was erleben.
Hätte Dorian nicht bereits ein mehr als schlechtes Gewissen – Alexas Gesichtsausdruck würde ihm sonst schnellsten dazu verhelfen. Dennoch bemühte er sich um Entspannung und Entschärfung der Situation, als er mit schuldbewusstem Blick zuerst das Werkzeug hervorholte und gleich darauf eine kleine Schachtel Pralinen folgen ließ.
Alexa wollte etwas sagen, wollte schimpfen, ihrem Unmut Luft machen, aber sie schloss den Mund wieder, verdrehte nur die Augen und ging zum Fenster zurück.
Dorian atmete tief durch und folgte seiner Schwester. Als er sicher war, dass sie ihn zumindest aus dem Augenwinkel heraus beobachtete, legte er Werkzeug und Pralinen auf ihre Kommode. „Hey … tut mir leid, dass ich mir einfach so dein Werkzeug geholt habe.“
„Du bist auch einfach so in meine Werkstatt spaziert, Dorian.“
„Ja … zu meiner Verteidigung sei aber gesagt, dass du deine Werkstatt auch einfach so offen hast stehen lassen. Das ist praktisch so etwas wie eine Einladung.“
„Du wusstest, dass es einst ein Geheim-Projekt war.“
„Ja. Aber wie schon gesagt, du hast sie einfach so offen stehen lassen. Wie geheim ist sie dann wohl noch?“
„Ach Dorian -“
„Hey! … Al, es tut mir leid. Es tut mir wirklich, wirklich leid. Okay?“
Alexa antwortete nicht, doch Dorian konnte eine gewisse Resignation erkennen. Natürlich machte er sich neben den Selbstvorwürfen auch Gedanken. Dass man ihn früher oder später wohl seines Fehlschrittes überführt hätte, war ihm klar, aber dass Alexa sich abermals auf John als den Übeltäter eingeschossen hatte …
Offenbar schienen die von ihm erteilte Lektion und das Gespräch nach ihrer kürzlich stattgefundenen nächtlichen Alkoholeskapade keine Früchte zu tragen.
„Du hast dich wieder mit Sheppard angelegt, oder?“, fragte Dorian leise und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die Wand neben dem Fenster. Alexa antwortete noch immer nicht. „Hast du geglaubt, er hätte das Werkzeug genommen? … Wieso?“
„Es lag nahe.“
„Mm. Weil er zufällig in der Jumperbucht war? Oder, weil er schon eine geraume Weile den Zugangscode zu deiner Werkstatt hat, den du ihm einst höchstpersönlich gegeben hast, er sie aber dennoch nie ohne dich betritt?“
„Worauf willst du hinaus, Momo?“
„Darauf, dass du immer noch dieses vollkommen unbedachte Verhalten zeigst. Ich dachte, du hättest dich mittlerweile mit ihm ausgesprochen.“
„Worüber soll ich denn mit ihm sprechen?“
„Der Mann hat Gefühle für dich! … Und du trampelst darauf herum!“
Alexa schnaubte nur, während Dorian selbst nur fassungslos mit dem Kopf schütteln konnte. „Ich habe es dir schon einmal gesagt, aber wahrscheinlich warst du zu diesem Zeitpunkt noch zu betrunken, als das es da oben hätte hängen bleiben können“, begann Dorian und tippte seiner Schwester gegen die Schläfe, die seine Hand daraufhin nur unwirsch abschüttelte. „Dann sag ich es dir eben noch einmal.“
„Oh Dorian!“, ächzte Alexa genervt, doch den Bruder störte es nicht weiter, als er fortfuhr.
„Du kannst ihm keinen Vorwurf machen, sich in dich verliebt zu haben. Du kennst deine Wirkung auf Männer selbst am besten und du weißt auch, was du einem Mann zu bieten hast. Aber wenn es dir zu schnell geht, sag es ihm. Wenn du seine Gefühle nicht erwidern kannst oder willst, aus welchem Grund auch immer, solltest du es ihm ebenfalls sagen. In einem ruhigen und normalen Gespräch. Ohne Aggressionen, ohne Wut oder Zorn oder was immer dich packt, wenn du sonst mit ihm zu tun hast … Allerdings rate ich dir lieber mal darüber nachzudenken, warum du seine Gefühle nicht erwidern kannst oder willst. Du kennst ihn vielleicht länger als ich und vor allem hast du mit deinen empathischen Fähigkeiten mir gegenüber auch einen Vorteil. Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass seine Gefühle aufrichtig sind … und ein netter Kerl scheint er mir auch zu sein … und wenn du mich fragst … wünsche ich mir nichts sehnlicher, als meine kleine Schwester wieder glücklich zu sehen.“
Und damit war Dorian aus ihrem Quartier verschwunden, während Alexa noch eine ganze Weile brütend auf den Ozean hinausblickte.
Die Entschuldigung ihres Bruders mag zwar angekommen sein und verziehen hatte sie ihm spätestens, als sie die Schokoladenpralinen erblickt hatte – Dorian kannte sie einfach zu gut. Doch sonst schien immer noch nur Chaos zu herrschen. Chaos in ihrem Kopf und in ihrem Herzen.
Jedes Mal wenn sie die Augen schloss, sah sie die beiden Männer vor sich. Darius und John. Ein Mann, den sie wollte, der sie aber verlassen hatte und ein Mann, der sie wollte, sie aber … ja was eigentlich? Lehnte sie ihn wirklich ab? Verschmähte sie ihn? Kränkte sie ihn wirklich mit ihrem Verhalten? Verstand er denn nicht, dass … oder war es vielmehr so, dass sie ihn nicht verstand?
Verstand sie seine Gefühle vielleicht falsch? … Sie wusste es selbst nicht. Alles, was sie wusste, war, dass sie dringend Entspannung brauchte.
Alexa trat ins Badezimmer, ließ heißes Wasser in die Wanne laufen und gab noch einen nach Vanille duftenden Zusatz hinzu. Schnell genehmigte sie sich noch die eine oder andere Praline, bevor sie sich ihrer Kleidung entledigte und ins entspannende Nass mit dem vielen Schaum glitt. Minuten später döste sie leicht vor sich hin.
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„Ich weiß einfach nicht, was ich noch machen soll, Mutter“, stöhnte Dorian verzweifelt, als er sich auf die Couch im Familienquartier fallen ließ.
Während Elisha mitfühlend zu ihrem Sohn sah und sich dann neben ihn setzte, seufzte Tristanius auf. Seine Kopfschmerzen wollten trotz der liebevollen Nacken- und Schulter-Massage seiner Frau nicht verschwinden, was vielleicht an seinem allzu wachen Geist lag. Zu viele Gedanken und Sorgen forderten ihn und die Lösungen wollten sich einfach nicht zeigen. Dann noch der kürzliche Ärger und die Aufregung … Sollte er wirklich schon die ersten Alterserscheinungen zeigen?
Dorian hatte sich zwischenzeitlich nochmals für sein Verhalten entschuldigt, und nachdem auch seine Mutter sich kurz über sein Verhalten brüskiert und ihre Meinung kundgetan hatte, bemerkte sie, dass sich ihr Sohn ernsthafte Sorgen um seine Schwester zu machen schien.
„Du kannst nichts tun, Dorian. Es ist etwas, womit Alexa selbst klarkommen muss.“
„Ich verstehe nur nicht, warum sie ihn derart ablehnt. Vor ein paar Wochen hatte man den Eindruck, dass die beiden sich ganz gut verstehen. Ich dachte sogar, dass sich mehr zwischen ihnen entwickeln würde. Und jetzt …“
„Jetzt macht sie sich selbst das Leben schwer“, pflichtete Elisha ihm bei. „Sie isst kaum noch etwas und wenn … dauert es nicht lange, bis der nächste Ärger vor der Tür steht und schon übergibt sie sich wieder. Sie hat schon enorm abgenommen … Ich weiß mir bald selbst keinen Rat mehr.“
„Das ihr das derart zusetzt? Früher hat sie sich von persönlichen Problemen nicht so leicht aus der Bahn werfen lassen und heute … heute zeigt sie fast nichts mehr von einer Elitesoldatin … Und das nur, weil Darius wegging?“, fragte Dorian nach, doch Elisha schüttelte den Kopf.
„Ich denke nicht, dass Darius Weggehen damit zu tun hat. Zumindest ist es nicht der Hauptgrund. Es hat schon lange vorher begonnen.“
„Ihre Empathie?“, fragte Dorian weiter.
„Zum Teil. Ich meine mich zu erinnern, etwas während meiner Studien gehört zu haben. Eine meiner Mentorinnen meinte, dass ein Agema es manchmal schwer haben kann, sich das Vertrauen und die Zuneigung seiner Initia zu verdienen und seinen Platz neben ihr einzunehmen.“
Tristan musste prustend auflachen. „Ein wahres Wort.“
„Ach jetzt auf einmal. Ist es die Erinnerung oder Überzeugung, dass dich mir recht geben lässt?“, fragte Elisha herausfordernd.
„Weder noch. Dennoch kann es ein Mann manchmal nicht leicht mit einer Frau haben und wenn Alexa auch nur ein wenig nach dir kommt …“
„Oh ich bitte dich, Tristan!“
„Ich hatte es auch nicht einfach, als ich dich kennenlernte. Wenn du dich nicht pausenlos gegen meine Anordnungen und Wünsche hinweggesetzt hast oder meine Entscheidungen erst mit mir diskutieren wolltest, hast du dich einfach so des Narkoseinjektors bedient und … mich außer Gefecht gesetzt.“
„Du warst verletzt und wolltest unbedingt wieder in den Kampf zurück.“
„Es war meine Pflicht!“
„Du hattest innere Verletzungen und Blutungen!“
„Äh Leute!“, unterbrach Dorian die Kabbelei seiner Eltern, die daraufhin nur amüsiert schmunzeln konnten. „So gerne ich mir eure früheren Kontroversen auch anhöre … manchmal jedenfalls … inwiefern hilft es Al? Und dem Colonel? Es war ja schon zwischen Al und Darius am Anfang nicht gerade … drollig, aber ich fürchte, dass es zwischen ihr und dem Colonel bald richtig rundgehen könnte … Steht denn nichts in der alten Schrift?“
„Nein, nichts. Marsilius hatte begonnen, das, was von der alten Schrift übrig ist, zu übersetzen und niederzuschreiben, aber er kam nicht sehr weit. Es ist wirklich nicht mehr viel von dem Buch übrig. Schon zu unseren Zeiten war es größtenteils auseinandergefallen oder die meisten Seiten fehlten. Das, was Marsilius niederschrieb, ist uns bereits bekannt oder nicht hilfreich. Zumindest nicht im Moment.“
„Abgesehen davon ist das Buch selbst nur eine Kopie. Wer weiß, ob überhaupt etwas Wahres darin stand“, antwortete Tristanius zweifelnd. Doch Elisha verdrehte nur die Augen und schüttelte mit dem Kopf. Die Sturheit ihres Mannes, sich zumindest etwas der alten Lehre zu öffnen erstaunte sie noch immer.
„Und jetzt?“, fragte Dorian weiter.
„Alles, was ich weiß, ist, dass der Colonel bereits die ersten Veränderungen durchlebt und auch selbst spürt. Während er sie jedoch offenbar akzeptiert und annimmt, hat Alexa Schwierigkeiten. Sie mag zwar auch Veränderungen spüren, aber sie kämpft dagegen an. Etwas, das sie eindeutig von dir hat.“
„Natürlich“, pflichtete Tristanius seiner Frau missmutig bei. „Wenn etwas nicht ist oder etwas nicht kann, ist immer Vater schuld daran, hm? Darf ich dich daran erinnern, dass auch du dir früher den einen oder anderen Kampf gegen mich geleistet hast?“
„Du wunderst dich immer noch darüber? So wie du dich mir gegenüber aufgeführt hast? … Zumindest wusste ich jedoch, was mit mir geschah –mit uns, während Alexa und der Colonel ahnungslos sind. Sie wissen noch immer nicht, wer sie wirklich sind. Was sie sind. Tristan, die beiden leiden … Sie zermürben sich gegenseitig … und ich weiß nicht, wie lange Alexa das durchhält oder wie viel Geduld der Colonel noch aufbringen kann.“
Tristanius seufzte betrübt und nickte langsam. Dann setzte er sich auf den Sessel und starrte nachdenklich zum Ozean hinaus.
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Was um alles in der Welt ist nur los mit ihr?
John stellte sich diese Frage immer und immer wieder. Stundenlang. Tagelang. Eigentlich schon seit Wochen. Eine Antwort hatte er jedoch nicht gefunden. Je mehr er jedoch darüber nachdachte, desto mehr kam er zu der Überzeugung, dass ihre Trennung von Darius kaum etwas damit zu tun hatte.
Auch die Tatsache, dass sie seine Gefühle für sie erspüren konnte, konnte kaum der Grund für ihre Temperamentsausbrüche sein.
Dieses merkwürdige Verhalten hatte schon vor seinem Erscheinen und wieder Verschwinden angefangen. Anfangs war es nicht so extrem, aber spätestens seit Weihnachten und diesem eigenartigem Moment im Schnee …
John erinnerte sich noch gut an das letzte Weihnachten. An diesen kleinen Moment auf dem Balkon. Während drinnen die Weihnachtsfeier im vollen Gange war, hatte John Alexa auf dem Balkon angetroffen und ihr sein Geschenk überreicht. Einen kleinen Stein … einen Stern, der vor Jahren während eines Sternschnuppenregens über Afghanistan vom Himmel fiel. Anfangs wollte sie sein Geschenk nicht annehmen, empfand es zu kostbar, zu … persönlich vielleicht. Doch John war sich sicher, dass er nun Alexa gehören sollte.
Dann erinnerte er sich an ihr Lächeln und wie sie sich noch mal zu ihm drehte, auf ihn zu kam und ihm einen zaghaften, freundschaftlichen Kuss zum Dank gab.
Er erinnerte sich auch an die vielen Tänze mit ihr, wobei er auch daran denken musste, dass sie ihm dabei mehr als einmal auf die Zehen trat und schlussendlich nicht mehr weiter tanzen wollte. Doch er hatte darauf bestanden. Einfach, weil er sie nicht aus seinen Armen lassen und weiterhin ihre Nähe spüren wollte. Die Schmerzen in seinen Füßen waren dabei immer mehr zur Nebensache geworden und irgendwann hatte er sie gar nicht mehr gespürt.
Dann dachte er an den Spaziergang im Schnee auf dem Festland und wie Alexa ihm die Bedeutung ihres Geschenks an ihn erklärte. Auch er erhielt einen kleinen Kristall nebst einem symbolischen Schlüssel inklusive Zugangscode zu ihrer Werkstatt mit dem Fighter.
Doch es war der Kristall und ihre drucksende Erklärung seiner Bedeutung, das ihn zum Lächeln brachte und ihn berührte. Er sollte ein Zeichen ihres Vertrauens zu ihm sein. Er war so klar und funkelnd- man hätte durchsehen und nicht einen einzigen Makel entdecken können. Und so erklärte sie es ihm auch. Ihr Vertrauen zu ihm sollte stärker und tiefer sein, als zu ihrer eigenen Familie.
Und dann … dann hatte er ihr nur noch in die Augen sehen können und zum ersten Mal wirklich diese merkwürdige Verbindung zu ihr spüren können, ohne dass sie dabei in Gefahr schwebte oder gar nach ihm rief.
Selbst als der Schnee nachgab und er mit ihr einen Abhang hinunterrutschte …
John schloss die Augen und ließ der Erinnerung freien Lauf.
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-Darius … er hält mich … er sorgt sich um mich … bin ich wirklich nicht verletzt? … Oh … so warm … so sicher … Aber da ist doch Schnee … wieso liegen wir im Schnee? …
John? Aber da war doch eben noch Darius … wo ist Darius? … Wieso ist John plötzlich hier? Und wieso hält er mich jetzt? … Und wo kommt der Schnee her? …
Darius?… Wieso ist jetzt plötzlich wieder Darius hier? Wo ist John hin? …
Darius …
Das kommt mir bekannt vor … das habe ich doch schon erlebt … Ja! Weihnachten … auf dem Festland … im Schnee. Aber damals war John dabei … nicht Darius … nein John …
John … Er ist so nah … er sieht besorgt aus … ich muss etwas sagen …
„Es ist wirklich alles in Ordnung. Ich bin nicht verletzt.“
„Gut … gut.“
Oh, diese Augen … wenn er mir doch nur nicht so sehr in die Augen sehen würde … und jetzt … was sieht er sich denn jetzt an? Etwa meine Lippen? … Was will er denn … er will doch etwa nicht … oh doch er will … immer näher … er kommt immer näher … oh dieser Duft. Was ist das? Aftershave? … Oh nein! Schwindlig! Warm … viel zu warm … viel zu nah … sein Atem … er will mich küssen … ja … nein … –
Prustend schreckte Alexa auf und hustete einige Male gegen das Badewasser, dass sie beinahe verschluckt hatte, während sie wohl eingeschlafen und tiefer ins Badewasser gerutscht war.
Dieser verdammte Kerl! Jetzt musste er auch noch in ihren Träumen auftauchen! Und wieso musste sie ausgerechnet von der letzten Weihnacht träumen?
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John schlug die Augen auf. Er hatte offenbar gar nicht mitbekommen, wie er sich auf das Bett gelegt hatte und eingeschlafen war.
Er atmete einige Male tief durch und versuchte seinen Herzschlag wieder auf ein normales Level zu bekommen. Nicht dass er einen Albtraum hatte, aber die Erinnerungen an die Geschehnisse vor einigen Wochen waren offenbar ziemlich intensiv. Sogar im Traum.
Wieso hatte er gerade von diesem Augenblick zwischen sich und Alexa im Schnee träumen müssen? … Und wieso hatten Dorian und Dave ausgerechnet in diesem Moment stören müssen?
John wurde nur allmählich richtig wach und konnte erst dann neue Vorsätze für den Umgang mit Alexa fassen, als er sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht geworfen hatte. Am besten wäre es, ihren Provokationen lächelnd und schweigend zu begegnen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie es selbst leid war, ihre Energie damit zu verschwenden.
Als er das Badezimmer verlies, glitt sein Blick wieder zu dem Stein, dessen zweiter Teil er Alexa schenkte. Begann er etwa wieder zu leuchten? …
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Die Entspannung war mit einmal Mal verschwunden und sie war sich ziemlich sicher, das nicht das mittlerweile kalte Badewasser dafür verantwortlich war. Schnell war Alexa aus der Wanne gestiegen und in ihren warmen Schlafanzug geschlüpft, als ihr Blick auf den Stein fiel, den sie von Sheppard geschenkt bekommen hatte.
Zunächst war es Groll, der wieder in ihr aufkommen wollte, doch dann fiel ihr eine Merkwürdigkeit auf. Dieser Stein hatte hell aufgeleuchtet, als Sheppard ihn ihr überreichte. Dieses Leuchten war faszinierend, fesselnd, wärmend und beruhigend. Doch dann hatte sie den Stein in ihrem Zorn Darius hinterhergeworfen, worauf er in unzählige Splitter zerbarst und das Leuchten schien selbst nach seinem wieder instand setzen für immer verschwunden zu sein.
Aber nun schien plötzlich ein winzig kleines Licht in seinem Inneren wieder aufzuflammen …
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Die Tage zogen sich dahin und im Nu war eine ganze Woche vergangen, in der John den Launen der jungen Antikerin relativ leicht und gelassen entgegentreten und sogar ausweichen konnte. Missionen sei Dank.
Alexa war noch immer verstimmt, dass sie vorläufig nicht mehr auf Außenmissionen gehen durfte, aber zumindest ließ sie ihren Unmut darüber nicht an ihm aus, und wenn John doch glaubte, bei ihr einen leichten Anflug von Groll beobachten zu können, verschwand er schleunigst durch das Gate.
Lieber legte er sich ein paar Runden mehr mit den Wraith und anderen üblen Kreaturen in dieser Galaxie an, als sich ihren Launen zu stellen. Doch er spürte, dass es ihm immer schwererfiel, sich währenddessen auf seine Arbeit zu konzentrieren. Die Kopfschmerzen wurden stärker je öfter und weiter er sich von Atlantis und von Alexa befand.
Mittlerweile schien jedoch kein Tag mehr ein guter oder gar erträglicher Tag zu sein. Die letzte Mission war gerade mal einen Tag her und John glaubte, noch immer dieses leichte kribbeln durch einen Wraith-Stunner in seinen Gliedern zu spüren. Es war pures Glück, dass ihn während dieser Rettungsmission für Lorne und sein Team dieser Schuss so kurz vor dem Gate traf und seine Leute ihn schnell nach Hause schleifen konnten und dabei nicht noch selbst verletzt wurden.
Nun sollte es sein freier Tag sein, doch Johns Geduld wurde abermals stark strapaziert, als Alexa bereits am frühen Morgen verlauten ließ, dass ihr Fighter fertig sei und sie auf einen ersten Probeflug bestand. Noch nie war John dem General dankbarer, als in dem Moment, in dem er seiner Tochter den Wind aus den Segeln nahm und zuerst auf einige Simulationen und Tests auf dem Boden bestand.
Dumm nur, dass in der Forschungseinrichtung Celtes ein speziell für diesen Fall geeigneter und fast einsatzbereiter Simulator stand und Alexa bereits die ersten Testergebnisse vorlegen konnte. Auch Rodney hatte wohl die eine oder andere Überstunde geschoben, als es darum ging, die Start- und Landebahn auf dem Nordpier zu reparieren und vorzubereiten und seinen Teamkameraden mit neugierigen Fragen zu quälen, dessen Antworten er lieber von John verlangte, als von einer cholerischen Antikerin.
So galt es nun, diese davon zu überzeugen, bis zum Eintreffen der Daedalus zu warten, damit John den Test in einer F-302 begleiten konnte. John war froh, dass sich der General in die Schusslinie warf, sich darum kümmern und seine Tochter solange an der kurzen Leine lassen wollte. Er schaffte es sogar, aus dem Radius ihres Grolls zu entgehen und zu entwischen, um mit seinen Eltern im Gateraum die Ankunft seines Bruders zu erwarten, der sich wieder für einige Tage angemeldet hatte.
Es herrschte bereits Aufregung und reges Treiben, denn die regelmäßigen Lieferungen der Erde standen auch noch an und David Sheppard kam auch nicht alleine. Doktor Carolyn Lam hatte sich bereits vor Wochen für einige Tage angemeldet, um die verschiedensten Operationsmethoden mit den unterschiedlichsten medizinischen Gerätschaften der Antiker zu beobachten und zu erlernen.
Tristanius hatte kaum die Zeit seine Frau für einige Tage zur Erde zu begleiten und es war ihm auch etwas unwohl zumute, sie für diese Zeit alleine reisen zu lassen und so stellte General Landry solange seine Tochter und Chefärztin des Stargate-Centers zähneknirschend frei.
Und Doktor Lam sollte nicht die einzige Entbehrung von General Landry sein. Auch Daniel Jackson fand sich wieder in Atlantis ein, um einige seiner Arbeiten mithilfe der Antiker-Datenbank voranzutreiben.
Während einige Leute schnellstens die Lieferungen entgegennahmen, überprüften und alles taten, um wieder Ordnung in das Chaos zu bringen und den Gateraum zu räumen, wurden die Gäste von Familie, den Antikern und Woolsey begrüßt. Es wurde sich kurz unterhalten, und gerade als man die Belagerung des Gateraumes aufgeben wollte, schoss Alexa um die Ecke und nahm den Colonel ins Visier. Wie John vermutete, wollte sie nicht so recht den Sinn darin sehen, geschweige denn verstehen, warum sie auf die Ankunft der Daedalus warten sollte, und Sheppard auch noch mit einer 302 mitmischen wollte. Aber John wollte sich auch nicht lumpen lassen. Er wollte auch seinen Spaß und glaubte, ihn auch mehr als verdient zu haben.
„Ihr Fighter soll doch angeblich einer 302 Konkurrenz machen können“, erklärte John, während er seinen Bruder und die anderen beiden Besucher zur Krankenstation begleitete. „Wäre es da nicht logisch, wenn er in einigen Basis-Manövern gegen eine 302 antritt?“
„Logisch? Was Sie schon für logisch halten …“, pfefferte Alexa ihm entgegen, doch John schüttelte nur den Kopf. Er spürte, wie schnell ihm plötzlich die Geduld abhandenkam.
„Hören Sie, es war nur ein Vorschlag meinerseits, okay? So haben Sie doch gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Während Sie Ihren Fighter ohnehin zum ersten Mal testen, fliegen sie auch gleich ein kleines Manöver gegen eine 302. Ich verstehe wirklich nicht, wo da das Problem ist.“
„Wo das Problem ist? … Wo das … Wo soll ich nur anfangen? Ah ja, richtig, fange ich doch damit an, dass ausgerechnet Sie sich mit dem Flug einer 302 einmischen wollen.“
„Ich mische mich bestimmt nicht ein. Alexa, das dient doch nur Ihnen und Ihrem Testflug“, verteidigte sich John und bemerkte gar nicht, wie Dave, Carolyn und Daniel ihn und Alexa neugierig musterten.
„Was habe ich verpasst?“, fragte Dave leise wispernd und wandte sich dabei seiner Familie zu.
„Eine ganze Menge“, antwortete Patrick nicht minder leise und lauschte weiterhin wie alle anderen den Ausführungen der Streitenden.
„Ich dachte, Sie freuen sich darüber, gleich ein paar Basis-Übungen damit zu drehen. Stattdessen … Wenn es Ihnen nicht passt, okay. Aber wenden Sie sich an Ihren Vater. Er hat meinen Vorschlag für gut und vernünftig befunden. Die letzte Entscheidung liegt sowieso bei ihm.“
„Wie kommen Sie dazu, zu wissen, worüber ich mich freue?“
„Stimmt. Ich weiß nicht, worüber Sie sich freuen. Wie auch? Sie schaffen es mit Ihrer miesen Laune sogar, die Sonne beim Aufgang zu vergrämen. Wie soll man sich da mal fünf Minuten in Ihrer Nähe aufhalten, ohne einen dauerhaften psychischen Schaden zu erleiden?“
„Oh Sie …!“
„Schluss damit“, entfuhr es Tristanius, als er die Krankenstation betrat. Schon von Weitem hörte er
die aufgebrachten Stimmen der beiden Streitenden. „Alexa, du kennst meinen Standpunkt. Lass mich keinen Befehl daraus machen. Die Daedalus ist in zwei Tagen hier. Bis dahin wirst du es doch wohl noch aushalten.“
Alexa ließ zunächst ihren perplexen Blick zwischen ihrem Vater und dem Amerikaner hin und her schweifen bevor sie ein fassungsloses „Nnnggaaarr!“ von sich gab und davon rauschte.
Tristan war nicht minder perplex, als er ihr hinterher rief. „Sie können wegtreten, Commander!“
Alexa, die jedoch schon längst um die nächste Ecke gebogen und nicht mehr zu sehen war, antwortete nur mit einem eingeschnappten „Ja, Sir!“ während auch John sich knurrend umdrehte und davon stapfte. Zurück blieben zwei peinlich berührte Familien und drei teils allzu neugierige und teils amüsierte Gäste.
~~~///~~~
Dave hatte – sehr zu Johns Leidwesen – alles über die vergangenen Tage und Wochen erfahren und ließ keinen Augenblick aus, seinen Bruder damit aufzuziehen. Hin und wieder kam die eine oder andere Spitze nicht besonders gut bei John an, aber die beiden Brüder konnten mittlerweile besser damit umgehen, als zu früheren Zeiten, in der meist der gesamte Haussegen schief hing.
Die zwei Tage waren um, und nachdem auch Colonel Caldwell mehr als neugierig auf den Fighter war, und daher äußerst bereitwillig eine F-302 seiner Staffel zur Verfügung stellte und auf das Nordpier beamen ließ, schloss John gerade den letzten Check-Up seiner 302 ab.
Natürlich war sein Vater mit von der Partie und ließ es sich nicht nehmen, selbst um die Maschine herumzuscharwenzeln, John ganz genau auf die Finger zu sehen und selbst hier und da ein prüfendes Auge zu beweisen. Johns Ermahnungen, die Finger bei sich zu belassen, waren bereits alle paar Sekunden wieder vergessen.
„John, muss das den wirklich sein? Musst du wirklich mit dieser … diesem Ding mitfliegen?“, fragte Carol, als sie hinter John trat.
„Wenn der Fighter wirklich Vorteile gegenüber der 302 haben sollte, werden wir sie so am besten sehen.“
„Trotzdem geht es mir nicht besser dabei.“
„Mach dir keine Sorgen, Mom. Ich bin schon so oft mit einer 302 geflogen. Außerdem fliegen wir nur ein bisschen um die Stadt herum. Ich mache mir mehr Sorgen um den Fighter und um …“
John brauchte den Satz nicht zu beenden. Carol wusste, dass John bei allem Verständnis für Alexas Enthusiasmus mehr um sie besorgt war, als um alles andere. Aber auch ihn hatte die Neugier gepackt, ganz zu schweigen von der Möglichkeit, sich selbst wieder in die Lüfte zu erheben.
Er blickte zu Alexa hinüber, die selbst mit den letzten Begutachtungen ihres Fighters beschäftigt war. Auch ihm war nicht entgangen, wie dünn sie geworden war. Der helle lantianische Pilotenzug zeigte dies nur allzu deutlich. Er sollte zwar – wie Johns Anti-g-Anzug besonders eng sein – aber doch schlug er an der einen oder anderen Stelle kleine Falten, und wenn ihn nicht alles täuschte, begann nun auch der General am Anzug seiner Tochter zu nesteln und seinen Unmut über ihre Abmagerung zu äußern. Zumindest glaubte John dies, da sie den Ausführungen ihres Vaters entweder mit Nicken oder mit genervtem Augenrollen begegnete. John hoffte es schon beinahe, denn sie wirkte langsam wirklich nicht mehr gesund und auf ihn und seine Äußerungen der Sorge würde sie im besten Falle gar nicht eingehen. Im schlimmsten Falle … John schüttelte die Erinnerung an ihrem letzten Temperamentsausbruch, der ihm einen kalten Schauer und Gänsehaut bescherte, wieder ab.
Zu jenem Zeitpunkt wollte er mit ihr nur die einzelnen Basis-Manöver , vielleicht auch das eine oder andere spezielle Manöver durchgehen. Aber spätestens als John glaubte, ihr seien einige Erdbezeichnung des Fliegerjargons fremd, wallte ihr Temperament wieder auf und John wurde abermals eines besseren belehrt.
„Sei vorsichtig“, meinte Carol und riss ihn somit aus seinen Gedanken.
„Bin ich immer“, antwortete John und drückte seiner Mutter einen scheuen Kuss auf die Wange, während diese nur ungläubig mit den Augen rollte und mit dem Kopf schüttelte. Dann kletterte er seine Maschine und traf die letzten Vorbereitungen zum Start.
Auch Alexa saß bereits in ihrer Maschine, zog sich den Helm über und schloss das Dach des Cockpits. Ihre Startvorbereitungen sollten schneller vonstattengehen und dennoch konnte John es selbst kaum abwarten, diesen Fighter in Aktion zu sehen.
Er wusste – würde der Fighter halten was auf dem Papier stand und Alexa versprach, wäre es eine Meisterleistung und auf der Erde würde man sich das Genick brechen, um an solch eine Maschine zu kommen.
„Commander, können Sie mich empfangen?“, fragte John in den Kommunikator.
„Ja, kann ich. Genau wie gestern während des Tests der Kommunikationsanlage“, antwortete Alexa in einem leicht gereizten Tonfall, der John tief durchatmen und die Augen verdrehen ließ. Ob es eine gute Idee sei, weiter zu sprechen?
„Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass wir nur ein paar kleine Basismanöver durchziehen-“
„Colonel, ich mag über dreizehntausend Jahre alt sein, aber Demenz wurde noch nicht bei mir diagnostiziert.“
Nein, es war offenbar keine gute Idee gewesen, sie daran zu erinnern. John schloss die Augen und atmete abermals gegen den Drang, wieder aus seiner Maschine zu klettern, rüber zu Alexa zu gehen, sie aus ihrer Maschine zu zerren und sie übers Knie zu legen. Seine nervliche Belastungsgrenze war für gewöhnlich mindestens genauso hoch wie seine Schmerzgrenze, doch Alexa schien es zu verstehen, diese Grenzen kalt lächelnd und mit solcher Selbstverständlichkeit zu überschreiten, dass John sehr bald für nichts mehr garantieren konnte.
„Colonel, Commander, hier ist die Flugkontrolle“, ertönte die Stimme des allzu enthusiastischen kanadischen Chefwissenschaftlers, der offenbar gänzlich in seine Rolle als des Chefbeobachters und Ingenieurs für die Start- und Landebahn gefunden hatte. „Sind Sie so weit?“
„Ich bin so weit“, antwortete John, „Ich denke, alle Augen warten auf den Commander.“
„Initiiere Startvorgang“, hallte Alexas Stimme durch das Funkgerät und schon konnte man beobachten, wie die seitlichen Trageflächen wie durch Zauberkraft aus dem Rumpf des Fliegers fuhren und in ihre Endposition gebracht wurden, bevor ein erstaunlich leises Summen zu vernehmen war, das sich gleich darauf in ein Dröhnen wandelte.
John wusste, dass der Antrieb des Fighters ähnlich dem eines Jumpers war und doch deutlich mehr Leistung vollbringen sollte und er war mehr als gespannt. Sekunden später sah er auch schon, wie zuerst das Fahrwerk mit Leichtigkeit gegen die Schwerkraft agierte, bevor sich die Maschine langsam aber stetig Meter für Meter in die Lüfte erhob.
„Komm schon … komm schon“, wisperte John leise, ohne auch nur für eine Sekunde den Blick von der Maschine zu lassen und als sie die abgemachte Höhe von nicht ganz fünfzig Metern erreicht hatte, erwischte John sich selbst mit einem Grinsen im Gesicht.
Ja, es schien wirklich ein kleines Meisterwerk zu sein, als er sah, wie der Fighter ruhig und stetig über dem Pier schwebte.
„Du bist dran, John“, rief ihn Rodneys Stimme ins Hier und Jetzt zurück.
Während Alexa mit ihrer Maschine einen Senkrechtstart vollziehen konnte, war John mit der 302 auf eine kurze Startbahn angewiesen. Schnell schloss er das Cockpit, sah noch einmal zu den Zuschauern und seiner Familie, winkte kurz und gab allmählich Schub. Augenblicke später schoss John geradezu über die Startbahn hinauf in die Lüfte.
Patrick hatte es irgendwie genossen, den Start beider Flieger zu beobachten und er musste zugeben, dass auch dieses Mal eine Portion Stolz in seiner Brust schwelte. Im Grunde hatte er John noch niemals irgendein Flugzeug fliegen sehen, wenn man von den geteilten Erinnerungen einmal absah. Ja, es machte ihn wirklich stolz, Johns unterschiedlichste Fähigkeiten zu erkunden.
Einzig und allein Carols eiserner Griff um seinen Arm verriet ihm, dass sie sich wohl immense Sorgen machte. Er blickte zu ihr und sah, wie sie sich die Augen vor den Sonnenstrahlen abschirmte und dennoch Ausschau nach den beiden Fliegern hielt. Zärtlich tätschelte er ihre beinahe verkrampfte Hand, als sie entschuldigend lächelnd zu ihm aufsah.
„Mach dir nicht so viele Gedanken. Er weiß schon, was er tut. Er ist schon oft dieses Ding geflogen und außerdem … ist es doch ihr großer Tag.“
„Ich weiß, ich weiß. Aber das ist wohl die Natur einer Mutter –Sorgen machen.“
Kaum war John auf Kurs, drehte auch Alexa langsam ihre Maschine in Richtung offenes Meer und gab vollen Schub. Mit einem tosenden Knall schoss sie davon und John konnte nur noch mit offenem Mund einem immer kleiner werdenden Punkt hinterher starren. „Woah!“
Dass auch die Zuschauer lauthals staunten und mit offenen Mündern der Szenerie folgten und sich auch ein stolzes Grinsen über Tristanius Mund legte, bekamen die beiden Piloten gar nicht mit.
Auch nicht, dass Dorian sich einen kleinen Spaß erlauben wollte, als er seinen Computer einschaltete und auf Play drückte. Schon hallten die ersten Orchestertöne über das Pier und ließen die Zuschauer sich zunächst irritiert umschauen, dann lachend den Kopf schütteln.
„Was um alles in der Welt ist das?“, verlangte Tristanius zu wissen, als er seinen Sohn mit missmutigen Blicken bedachte.
„Ich dachte, das passt doch ganz gut!“, erklärte Dorian lauter als er gegen das Dröhnen der Maschinen und den aufkommenden Wind angehen musste.
„Walkürenritt von Richard Wagner“, erklärte Caldwell schmunzelnd, doch Tristanius schien nicht wirklich etwas damit anfangen zu können, bis sich auch Woolsey zu Wort meldete.
„Richard Wagner, ein deutscher Komponist. Der Ritt der Walküren ist eine von ihm geschriebene Oper. Ein schönes Stück muss ich zugeben.“
Tristanius nickte. Sein Interesse war zwar geweckt, war er doch schon seit geraumer Zeit sehr an Opernmusik interessiert, doch nun schien es ihm eher unpassend.
„Schalte es ab, Dorian. Deine Schwester hört es ohnehin nicht. Außerdem ist sie Pilotin, keine … Walküre.“
„Bist du sicher? Manchmal sehe ich bei ihr wirklich keinen Unterschied!“, gab Dorian zurück und sputete sich sogleich, die Musik wieder abzuschalten, als ihn der finstere Blick seines Vaters traf.
~~~///~~~
Die 302 war zwar selbst ein kleines technologisches Meisterwerk, aber John hatte doch ein wenig mehr Schub geben müssen, zumal er nicht gleich von null auf hundert springen konnte, um den lantianischen Fighter einzuholen und für eine kurze Weile leisteten sich die beiden eine kleine Verfolgungsjagd.
John schien gänzlich in seinem Element zu sein, als er die Antikerin quer über das Meer und um die Stadt herum jagte und er musste zugeben, sie machte es ihm nicht gerade leicht. Warum auch? Es war auch nicht gerade am Boden einfach an sie heranzukommen, geschweige denn überhaupt in ihrer Nähe zu sein.
Alexa rollte und drehte sich, hing John mehr als einmal mit einem überraschenden Manöver ab und ließ es sich nicht nehmen, auch ihn mal zu jagen. Und das spürte John nur allzu deutlich, als sie ihn mit einem weiteren Manöver überraschte.
Alexa zog ihre Maschine schnell hoch und setzte sich im Nu durch einen Looping hinter die 302 und ließ das Zielsystem den Rest erledigen.
Johns verschlug es zunächst die Sprache, dann piepste sein Radarsystem laut auf und er musste schon zwei Mal blinzeln, um zu erkennen, was gerade geschehen war.
„Colonel …“, echote ihre Stimme durchs Funkgerät und John ahnte, was nun käme. „Sie haben großes Glück, wissen Sie das?“
„Ah ja?“
„Falls Ihnen es Ihr Radar noch nicht mitgeteilt hat … Ich hätte sie jetzt vom Himmel holen können … wäre dies kein Probeflug und mein Fighter mit Waffen aufgerüstet, natürlich.“
„Ach wirklich? Und zu welchem Zeitpunkt wären wir Feinde geworden?“, fragte John und ließ seine 302 nur kurz in den Sinkflug übergehen, bevor den Schub wegnahm und Alexa über ihn hinweg rauschte und er die Verfolgung wieder aufnahm.
Alexa fluchte leise, musste dem Amerikaner aber auch Anerkennung zollen. Sie wusste, dass er ein außergewöhnlicher Pilot war. Sie kannte seine Akte und sie kannte auch seine Erinnerungen, in denen sie sein Wissen und sein Können hatte gut beobachten können.
Sie zog seitlich weg, bevor sie ihre Maschine einige Male rollen ließ, und steuerte wieder in Richtung Stadt. Wohl wissend, dass sie den Colonel nun um so hartnäckiger im Nacken sitzen hatte. Auch sie ging in den Sinkflug über, korrigierte ihre Lage wieder und schoss nur wenige Meter über der Wasseroberfläche am Pier vorbei.
Es reichte gerade, um die allzu neugierigen und leichtsinnigen Zuschauer am Rande mit dem aufgewirbelten Wasser nass zu spritzen. Auch John wollte sich diesen Spaß gönnen, doch die meisten Leute waren bereits in Sicherheit gehechtet und zudem musste er auch bedenken, dass an seinem Heck viel zu gefährliche Antriebsdüsen ihr Werk verrichteten.
Wieder zog Alexa ihren Fighter steil nach oben, flog eine Kurve und nahm erneut Kurs auf die Stadt. Sie genoss das Gefühl, diese kraftvolle Maschine zu beherrschen. So lange hatte sie sich darauf gefreut, so viel Arbeit und Zeit hatte sie in sie reingesteckt … das war sicher der größte Lohn, nun die leichte Vibration im Stick in ihren Händen zu spüren und das leise Summen des Antriebs zu hören.
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Tristanius schwante Übles, als er sah, wie seine Tochter sich immer mehr der Stadt näherte und dann in wilden Ausweichmanövern -gefolgt von Sheppard- zwischen den Türmen hin und herflog. Aber als sie dann direkten Kurs auf den Hauptturm nahm, die Maschine wieder steil hochzog und nur mit einigen Metern Abstand am Gebäude vorbei in die Höhe schoss, schien Tristanius an seine Grenzen gelangt zu sein.
„Verdammt noch mal! Wie oft habe ich dem Kind gesagt, es soll nicht so dicht an die Gebäude fliegen!“, entfuhr es dem General, doch als auch John immer noch dicht an ihr dran blieb und ebenfalls den Turm zittern ließ, konnte er nur noch wütend schnauben. Elisha hingegen amüsierte sich über den Zornesausbruch ihres Mannes und streichelte über seinen Arm um ihn wieder zu beruhigen.
„Rege dich doch nicht so auf. Du kennst sie doch. Du weißt, sie ärgert dich gerne und lotet ihre Grenzen aus. Sie würde niemals jemanden absichtlich gefährden.“
„Und was ist mit ihr selbst?! Ob es nun ein Torschiff ist oder der Fighter. Ein solches Manöver ist und bleibt gefährlich und während eines Probeflugs völlig unnötig.“
„Ja, mein Lieber, ich weiß. Aber rege dich nicht auf, du wusstet doch, dass sie mit Sicherheit irgendwas im Schilde führten würde.“
Tristanius murmelte noch etwas Unverständliches vor sich her, bevor auch Dorian sich wieder zu Wort meldete.
„Sie es doch einmal so, Pa … Der Fighter funktioniert. In jeder Fluglage.“
Wieder traf ihn der nicht gerade amüsierte Blick seines Vaters und Dorian fragte sich nun ernsthaft, was er diesmal falsch gemacht hatte. Er zuckte nur unschuldig mit den Achseln, bevor er selbst wieder Ausschau nach den beiden Fliegern hielt.
Alexa und John machten sich durch weitere Kurskorrekturen zu einer weiteren Verfolgungsjagd bereit und auch dieses Mal ließ John keine Zweifel an seiner Absicht, ihr hinterher zu jagen.
Wieder gab Alexa vollen Schub, schoss mit einem weiteren Knall davon und wartete darauf, dass der Colonel sich an ihre Fersen setzte, was auch prompt geschah. Einige Male rollte sie den Fighter und versuchte die 302 abzuschütteln, doch John schien sich diesmal verbissen zu haben. Aber vielleicht würde ein weiteres Looping-Manöver funktionieren.
Alexa zog wieder hoch, als plötzlich ein alarmierendes Piepsen das Cockpit durchzog. Doch das war nicht das schlimmste Problem. Das Triebwerk schaltete sich plötzlich einfach aus und der Fighter war kaum noch unter Kontrolle zu halten, als er einen Schlinger zur Seite machte und dann rapide an Höhe verlor.
„Alexa, was ist los?“, wollte John wissen, der sehen konnte, wie das Leuchten des einen Triebwerkes flackernd nachließ.
„Ich weiß nicht … das Triebwerk ist ausgefallen. Ich habe es gleich wieder unter Kontrolle.“
Doch egal was sie tat, ihre Maschine kam immer mehr ins Trudeln und Schlingern und dann begann der unkontrollierte Sturzflug.
„Da stimmt was nicht“, meinte Tristanius, dessen Sorge nun ins Unermessliche stieg. „Alexa … Alexa was ist geschehen?“
„Ich habe alles unter Kontrolle“, gab die junge Frau zurück und versuchte Ruhe zu bewahren.
„Steigen Sie aus!“, schallte Johns Stimme aus dem Funkgerät.
„Ich habe es gleich“, gab Alexa nun ebenso aufgeregt zurück.
„Sie haben gar nichts. Sie haben die Kontrolle verloren … raus mit Ihnen!“
„Jetzt komm schon verdammt noch mal“, wisperte sie atemlos, während sie noch immer krampfhaft den Kontrollstick umschloss und sich auf das Triebwerk konzentrierte.
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„Meine Güte, nein!“, entfuhr es Elisha, die hilflos zusehen musste, wie die Maschine ihrer Tochter der Meeresoberfläche immer näherkam. „Tu doch was!“
„Ich kann nichts tun!“, gab Tristan nicht minder geschockt zurück. „Alexa … du musst die Maschine verlassen!“
„Nein!“
„Alexa …“, mahnte Tristanius noch einmal.
„Alexa, Sie knallen gleich auf die Oberfläche. Steigen Sie endlich aus!“, meldete auch John sich abermals.
„Ich werde meine Maschine nicht aufgeben! Ich brauche nur … einen … Moment … jetzt komm schon … ich weiß, dass du es kannst!“
„Verdammt Alex! Steig aus!“, schrie John, während seine Verzweiflung langsam überhand gewann. Er wollte etwas tun, wollte zu ihr, wollte sie aus der Maschine zerren, aber er konnte nur tatenlos zusehen, wie sie immer tiefer fiel. „Die Maschine kann ersetzt werden, aber du nicht. Raus jetzt!“
John wusste, dass es schon beinahe zu spät für einen Notausstieg mit dem Schleudersitz war, doch er hoffte, dass der Sturz ins Meer dennoch nicht allzu heftig würde, würde sie endlich die Maschine aufgeben. Doch sie schien nicht zu gehorchen. Johns Kehle schnürte sich zu, er konnte nicht atmen und doch raste sein Herz so schnell wie nie zuvor. Er wollte schreien, er wollte rennen, er wollte weinen … die merkwürdigsten Ideen und Bilder schossen ihm durch den Kopf und doch wusste er, dass er absolut nichts tun konnte.
„Alex bitte … steig endlich aus!“
Alexa antwortete nicht mehr und zog stattdessen immer noch an ihrem Kontrollstick, sie sah das Meer immer näherkommen, konnte sogar die einzelnen Wellen erkennen. Sie wusste, es war zu spät …
„Komm! … Komm!“
Sie unternahm einen letzten Versuch die Kontrolle wieder zu erlangen und sich auf das Treibwerk zu konzentrieren und plötzlich, mit einem ohrenbetäubenden Knall sprang das Triebwerk tatsächlich wieder an. Gerade mal einige Meter über dem Meer riss sie die Maschine nach oben und war in wenigen Sekunden wieder auf Kurs.
John blinzelte nur kurz, japste nach Luft und versuchte seine Gedanken zu ordnen, doch das war schwer, denn plötzlich stieg eine ungeahnte Wut in ihm hoch. „Wir landen … sofort. Der Spaß ist für heute vorbei.“
Alexa hatte dieses Mal keine Einwände und nahm sofort Kurs auf die Landebahn des Piers. Auch sie wollte kein Risiko eingehen, als sie das Bodenpersonal darüber informierte, die Landung mithilfe der Fanghaken durchführen zu wollen. Sie reagierte gewissenhaft auf Rodneys Korrekturvorschläge, als er die Fangseile in Position brachte und ihren Anflug genauestens beobachtete. Auch wenn sie es in Simulationen dutzende Male geprobt hatte, so schien doch der kürzliche Ausfall des Triebwerks auch ihr dünne Nerven beschert zu haben und so stieg auch ihre Nervosität, gegen die sie arg vorgehen musste. Doch sie schaffte es. Sie setzte die Maschine sanft ab und konnte sich mit ihrem Fighter in das zweite Fangseil einhaken, dass sie abrupt aber sicher abbremste.
Einmal atmete sie noch tief durch, rief sich dann aber zur Ordnung und fuhr ihren Fighter zur Seite, damit auch der Colonel seine Landung vollbringen konnte. Dass die Zuschauer klatschten, bekam sie gar nicht mit.
John ließ das Fahrwerk ausfahren, drosselte zunächst das Tempo und brachte die Nase der 302 ein wenig höher –genauso wie er es gelernt und in den letzten Simulationen auch getan hatte. Es war für ihn nichts Neues mehr und doch jedes Mal etwas Besonderes.
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Carols Entsetzen über den Beinahe-Absturz der jungen Antikerin hatte sie so sehr im Griff, dass ihre Angst sogar noch über die Landung ihres eigenen Sohnes anhielt. Mit angehaltenem Atem und einer Hand vor dem Mund beobachtete sie das Treiben des Bodenpersonals, hörte kaum die Instruktionen des kanadischen Wissenschaftlers, der auch John einige Kommandos zur Kurskorrektion gab, und konnte tatsächlich erst erleichtert aufatmen, als John sicher am Boden ankam und seine Maschine endlich zum Stillstand kam.
Auch Patrick atmete erleichtert auf, ließ sich dies allerdings nicht anmerken und sah dann zu seiner Frau und ihrer Hand, die immer noch eisern um seinen Arm geklammert war.
„Carol, Schatz … John ist sicher gelandet, beide sind sicher gelandet. Du kannst deine Nägel wieder aus meinem Arm ziehen.“
Ertappt sah Carol zu ihrer Hand und merkte erst jetzt, wie verkrampft sie war, schnell ließ sie ihren Mann los und streichelte entschuldigend über die malträtierte Stelle, bevor sie mit ihrem Mann und den Antikern zu den beiden Piloten stürmte.
Während Alexa gerade erst mal das Cockpit geöffnet hatte und einige Male tief die frische Meereslust einatmete, war John im Nu herausgeklettert und stürmte nun auf den lantianischen Fighter zu.
„Was zum Teufel sollte das?!“
„Colonel -“
„Sie hätten aussteigen sollen!“
„Ich hatte alles unter Kontrolle!“, verteidigte sich Alexa nun genauso laut, wie der Colonel seinem Unmut Platz machte.
„Sie hatten gar nichts! Sie wären fast drauf gegangen, verdammt noch mal!“
„Ach, reden Sie doch nicht so einen Unsinn! Glauben Sie, ich lasse meine Maschine einfach so im Stich?“
„Es gibt Momente, da muss man sich entscheiden, was wichtiger ist. Eine Maschine, die repariert oder ersetzt werden kann oder ein Menschenleben!“
„Ich kenne meinen Fighter!“
„Sie sind heute erst zum ersten Mal damit geflogen!“
„Und ich weiß genau, was er kann. Ich hatte alles unter Kontrolle. Ich wusste, das Treibwerk würde sich wieder einkriegen.“
„Zwanzig Meter über der Oberfläche! Wenn es nur eine Sekunde länger gedauert hätte … Ich habe Sie wirklich für klüger gehalten. Stattdessen gehören Sie zu den Selbstmordpiloten, die bis zur letzten Sekunde das Unmögliche versuchen und dann auf dem Boden aufknallen, weil sie sich geirrt haben!“
„Oh, wie gut, dass ich da nicht alleine bin! Was haben Sie denn bei Ihrem letzten Flug mit einer 302 gemacht? Sich fast von einem Wraith vom Himmel holen lassen!“
„Das war ja wohl etwas anderes!“
„Inwiefern? Sie wären auch beinahe abgestürzt und haben die Maschine wieder rechtzeitig unter Kontrolle bekommen!“
„Damals hing auch ein wenig mehr davon ab, verdammt noch mal.“
„Oh ja richtig. Natürlich! Sie durften ja nicht abstürzen, denn Sie wollten sich ja noch bereitwillig und heldenhaft durch die Explosion einer Atombombe opfern! Kommen Sie mir jetzt nicht mit Ihrem Heroismus! Das hier war ein Testflug und da ist gewohnheitsmäßig nun mal mit kleinen Problemen zu rechnen! Und für mich hängt auch ein wenig mehr davon ab!“
„Offensichtlich gehört Ihr Leben aber nicht dazu!“, entfuhr es John in seiner Aufregung. Er sah in dem ganzen Hin und Her auch keine einzige Möglichkeit, sich irgendwie zu beruhigen. Seine Emotionen schienen immer noch Achterbahn fahren zu wollen und Alexas Argumentation war für ihn so gar nicht verständlich. „Ach, was rege ich mich eigentlich auf! Sie werden nicht eher wieder in diese Maschine steigen, bevor der Fehler gefunden ist und selbst dann -“
„Ich denke, das haben nicht Sie zu entscheiden!“
„Da irren Sie sich gewaltig. Glauben Sie, ich lasse zu, dass Sie sich den Hals brechen, nur weil Sie beweisen wollen, dass Sie es drauf haben? Oder gibt es einen anderen Grund für diesen schwachsinnigen Leichtsinn? Verdammt noch mal, Alex!“
John schüttelte mit dem Kopf, als Alexa nichts mehr erwiderte und ihn stattdessen eiskalt ignorierte und sich auf die Instrumente in ihrem Cockpit konzentrierte.
Wütend stapfte er davon, gefolgt von seiner Familie, die ihn nur schwer einholen konnte.
„Wenn er nicht schon gesagt hätte, was er gesagt hat, würdest du von mir nun einige nicht minder eindringliche Worte hören. Du weißt, dass er recht hat.“
„Pa …“
„Du hättest heute sterben können, Alexa!“
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Kaum war er durch die große Tür ins Innere getreten, kreiste John einige Male um sich selbst, schnaufte wütend und warf ebenso wütende Blicke in Richtung Pier zurück. Doch plötzlich spürte eine merkwürdige Energie, die ihn durchflutete, seine Sicht verschwamm, seine Wut steigerte sich mit ungeheurer Geschwindigkeit zu etwas, dass er noch niemals empfunden hatte und meinem einem frustrierten Laut der rasenden Verzweiflung pfefferte er mit aller Macht seinen Helm gegen die nächste Wand.
„Hey! Hey … immer schön ruhig, Junge!“, brachte Patrick hervor.
„John!“, meldete sich auch Carol mit erschrockener Stimme. „Was ist denn plötzlich in dich gefahren?“
„Dieses … diese Frau treibt mich noch in den Wahnsinn! So etwas … so was Leichtfertiges … Unvernünftiges. Sie hätte sich fast umgebracht!“
„Es ist aber gut gegangen, okay? Es ist alles gerade noch einmal gut gegangen. Sie wird so schnell bestimmt nicht wieder mit einem defekten Flieger fliegen wollen. Also beruhige dich“, bat Carol, als sie versuchte, ihren Sohn zu erreichen.
Die Tür öffnete sich abermals und mit einem geradezu vernichtenden Blick rauschte Alexa tonlos an ihm vorbei und verschwand in den Fluren der Stadt.
„John, beruhige dich. Es ist nicht gut, sie jetzt noch einmal damit zu konfrontieren. Schon gar nicht, mit dieser Wut im Bauch. Du musst erst wieder runterkommen.“
„Ich kann nicht … ich weiß nicht. Ich schwöre, irgendwann lege ich sie übers Knie und …“
„Ich weiß, Schatz. Ich weiß. Komm.“
Einige Stunden später
John hatte noch immer eine unsägliche Wut im Bauch, doch zumindest der Drang diese an wehrlosen Gegenständen auszulassen, oder gar dieses Teufelsweib übers Knie zu legen hatte sich etwas gelegt. Ein kleiner Spaziergang durch die Stadt und vielleicht eine kleine Sparringrunde gegen den Sandsack würden auch die restlichen zornerfüllten Gedanken vertreiben.
Unglücklicherweise schien er jedoch nicht der Einzige mit dieser Idee zu sein. Kaum dass er die Trainingshalle betreten hatte, konnte er sehen, wie Alexa sich ebenfalls am Sandsack auszutoben schien. Und der arme Sack schien bereits das Zeitliche gesegnet zu haben, als er sah, wie langsam der Sand zu Boden rieselte.
Wunderbar. Der Wievielte war das nun?
„Es ist schon merkwürdig, wie oft Sie in letzter Zeit den Drang haben gegen alles und jeden zu kämpfen“, meinte John.
„Ah ja? Finden Sie es denn nicht merkwürdiger, dass Sie dabei immer in irgendeiner Weise involviert sind?“, gab Alexa fragend zurück, ohne dabei in ihrer Malträtierung des Sandsackes inne zu halten.
„Und ich frage mich auch warum.“
Alexa lachte höhnisch auf und schüttelte mit dem Kopf. „Ihre Arroganz ist genauso groß wie Ihre Begriffsstutzigkeit!“
„Schön … na gut. Sie haben was gegen mich. Ich weiß nicht recht, was ich Ihnen getan habe … aber okay. Nur … ich bin es leid. Ich bin es leid, mich ständig Ihrer Angriffslust und Ihrer Zicken auszusetzen.“
„Zicken?! Zick- … Sie haben keine Ahnung, was -“
„Was los ist? Nein, habe ich auch nicht!“, verteidigte sich John. „Wie sollte ich auch! Ich habe so oft versucht, mit Ihnen zu reden, aber Sie weichen mir immer aus oder flüchten geradezu vor mir. Ich würde die Gründe gerne verstehen, Alexa. Wenn es wegen dem ist, was ich damals über Darius sagte … dann tut es mir leid. Wirklich. Es tut mir leid, dass ich das gesagt habe, es tut mir leid, dass ich … mich in derart … in Ihr Leben gemischt habe. Es tut mir leid, dass …“
`Dass ich dich liebe´ das wäre ihm beinahe über die Lippen gekommen. Doch in dem Chaos seiner Gedanken und Gefühle war John nicht bereit sich für seine Gefühle und sein Herz zu entschuldigen.
„Gehen Sie einfach, Colonel“, gab Alexa diesmal in einem ruhigeren, ja, beinahe erschöpften Ton zurück, als sie sich wieder dem Sandsack zuwendete.
„Nein, ich denke nicht daran. Was immer es ist, Sie sagen es mir … hier und jetzt und ich räume es aus der Welt, nur lassen Sie mich verstehen, was in Ihnen vorgeht. Reden Sie … Reden Sie mit mir.“
Alexa nestelte an dem Tape, das sie sich um die Handknöchel gewickelt hatte, und versuchte das Chaos in ihrem Inneren irgendwie zu ordnen, doch es schien aussichtslos, zumal auch wieder diese seltsame Übelkeit in ihr rumorte. Nicht mehr lange und sie würde wieder diese innige Beziehung mit der Toilettenschüssel eingehen.
„Was ist es, Alexa?“, fragte John nach einer ganzen Weile, in der keine Reaktion von ihr beobachten konnte. „Was ist es, dass Sie immer kämpfen lässt?“
Noch immer reagierte sie nicht auf ihn. Doch in John schienen sich allmählich die ersten Verdachtsmomente breitzumachen. Während er jedoch das eine oder andere versuchte auszuschließen oder zu verstehen und nachzuvollziehen, fragte er sich selbst immer mehr, ob der Kampf der einzige Weg für sie war, sich auszudrücken. John fasste einen Entschluss.
„Na schön. Dann eben auf Ihre Weise …“, erklärte John und ging zur Seite, an der die Banto-Stöcke ordentlich gestapelt lagen. Schnell griff er sich zwei und begab sich in Angriffsposition. „… fangen wir an.“
Ausdruckslos hatte Alexa beobachtet, wie John nach den Stöcken gegriffen und sich in Position gebracht hatte. Wenn es ihr nicht schon so elend ginge, würde sie laut auflachen.
„Was wollen Sie mit dieser Lächerlichkeit erreichen, Colonel?“
„Ich will das Sie reden, Commander.“
„Reden? Wieso glauben Sie, mich ausgerechnet durch einen Kampf zum Reden zu bringen?“
„Ich habe Ihnen oft genug die Möglichkeit gegeben, mit mir zu reden. Stattdessen flüchten Sie oder gehen in den Angriff über. Und da Sie sich dabei offensichtlich am wohlsten fühlen …“
„Schon wieder diese arrogante Anmaßung“, brachte Alexa hervor, doch John ging nicht weiter darauf ein. „Als ob Sie beurteilen könnten, wobei ich mich am wohlsten fühle.“
„Vielleicht nicht, aber ich habe eine Ahnung, was mit Ihnen los ist … was mit Ihnen gerade geschieht.“
Er kam näher – vielleicht ein bisschen zu nah, wenn es nach ihrem Seelenfrieden ging- und blickte sie herausfordernd an. Dann legte sich ein kleines herausforderndes Lächeln auf seine Lippen.
„Den Teufel haben Sie! Und es geht Sie auch nichts an!“
Sein Lächeln wurde breiter, verführerischer. „Dann habe ich also recht? Es geht etwas in Ihnen vor?“
Oh, und wie sehr etwas in ihr vorging! John war es bisher nicht entgangen, wie sie ihn gelegentlich mit diesen verstohlenen, musternden Blicken bedachte, wenn sie glaubte, er würde es nicht bemerken und sie selbst mal nicht Reißaus nehmen konnte.
Nur einige Momente hatte Alexa ihn sprachlos angestarrt, bevor sie schluckte, und ihm wieder den Rücken kehrte. „Gehen Sie … lassen Sie mich zufrieden.“
„Nein. Jetzt ist Schluss, das habe ich Ihnen gesagt. Ich werde weder gehen, noch Sie hier raus lassen, bevor Sie es zugeben und aufhören gegen mich zu kämpfen.“
„Und Sie erwarten ernsthaft, das durch einen Stockkampf zu erreichen?“
„Ich gehe davon aus, dass es nicht bei den Stöcken bleiben wird.“
„Oh, ganz bestimmt nicht. Ich habe Sie schneller entwaffnet, als Sie glauben.“
„Gut, dann machen wir ohne Stöcke weiter.“
„Nicht nur begriffsstutzig und arrogant … jetzt überschätzen Sie sich auch noch maßlos.“
„Ich überschätze mich bestimmt nicht“, antwortete John.
„Dann unterschätzen Sie mich. Zu schade, dass Sie meine Akte und die meines Vaters nicht kennen. Dann wüssten Sie, dass ich nicht nur auf der Akademie ausgebildet … sondern auch von meinem Vater trainiert wurde.“
„Oh, das weiß ich. Und ich unterschätze Sie auch nicht, glauben Sie mir“, erwiderte John und vermied es, Alexa darüber zu informieren, dass er bereits auf wundersame Weise Einblick in ihre Akte erhalten hatte. Irgendwann gäbe es mit Sicherheit einen günstigeren Zeitpunkt und John müsste womöglich nicht einen weiteren Temperamentsausbruch über sich ergehen lassen. „Ich bin mir durchaus im Klaren, zu was Sie fähig sind.“
Alexa musste nun doch lächeln, als sie sich langsam zu ihm drehte. „Mein Vater kennt über 400 Methoden, einen Menschen mit bloßen Händen zu töten oder ihn zumindest zu verkrüppeln … wie viele dieser Techniken, glauben Sie, hat er mir wohl beigebracht?“
„Ich schätze, das werde ich gleich erfahren, oder?“, gab John zurück und hielt Alexa die Stöcke entgegen.
„Sie spielen mit dem Feuer, Colonel.“
„Ja … ja, mag sein. Aber ich werde auch mein Versprechen einhalten. Am Ende werden Sie zugeben, dass Sie etwas beschäftigt … und Sie werden Ihren Kampf gegen mich aufgeben.“
„Das werden wir noch sehen“, gab Alexa zurück und begab sich dann selbst in Position. Wenn der Mann unbedingt einen Kampf haben wollte, sollte er ihn auch bekommen.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, in denen sie sich aufmerksam musterten und gegenseitig ins Visier nahmen. Es war Alexa, die angriff. Ein Schlag hier, parieren dort, schlagen, parieren, schlagen, parieren. Es gab kein Pardon und auch Alexa hielt sich nicht zurück. Beide würden am nächsten Morgen mehr als nur einen blauen Fleck haben. Gut, bei Alexa wäre am nächsten Tag wahrscheinlich eher nichts mehr zu sehen, aber sie spürte die Hiebe definitiv, das wusste John, auch wenn sie sich nichts anmerken ließ. Doch irgendwann zögerte John mitten im Schwung seines nächsten Hiebes.
Ob aus Mitleid oder eher aus Nachlässigkeit, das konnte er beim besten Willen nicht sagen, als Alexa ihn mit zwei schnellen Drehungen und Schlägen die Stöcke aus den Händen riss und sie polternd zu Boden fallen ließ. John erstarrte vor Erstaunen und stierte mit offenem Mund die leeren Hände an.
Alexa wusste, dass sie kurzen Prozess machen und einen unmittelbaren Gegenangriff hätte starten müssen, stattdessen stand sie nur da, ließ die Stöcke hängen, während ihre Brust sich wild hob und senkte. Es wäre ein Standard Manöver im Stockkampf, dass sie bereits vor ihrem Training auf der Akademie beherrschte. Ihr Vater hatte es ihr beigebracht und Darius hatte darauf aufgebaut. Doch nach dem heutigen Training hatte sie kaum noch die Kraft, dieses Manöver – eigentlich eher ein kleiner Trick- auszuführen und John hatte bisher auch keinerlei Zugeständnisse gemacht und ihre körperliche Überlegenheit offen gegen sie ausgespielt, wodurch sie sich sonderbarerweise sehr verletzt fühlte.
Alexa ging zum Regal, in dem die Stöcke und andere Trainingswaffen gelagert wurden, und räumte ihre Stöcke weg. Vor einiger Zeit hätte sie seine Stöcke vermutlich mit aufgeräumt, wenn auch nur um John den Schmerz der Niederlage ein wenig zu versüßen. Jetzt aber straffte sie, der Erschöpfung zum Trotz, die Schultern und drehte sich zu ihm um.
„Sind wir fertig?“
John fuhr sich durch die Haare und grinste. „Nicht im Ansatz. Was denn? Haben Sie etwa Angst, dass Sie mir nicht entkommen?“
So schnell, wie der wallende Zorn in ihr überkochte, fasste sie hinter sich ins Regal und schleuderte eines von Ronons Wurfmessern, die neuerdings im Training Verwendung fanden, durch die Luft, so das es mit bebendem Schaft zwischen John und ihr in Bob dem Box-Dummy stecken blieb.
John sprang noch nach hinten und legte schützend seine Hände vor die Weichteile. „Gott verdammt, Alex!“
Ronon wäre vermutlich stolz, ihr Vater wäre furchtbar wütend, da sie sich derart gehen ließ und Woolsey – nun Woolsey würde sich eine neue Ausrede anhören müssen, warum der x-te Sandsack angefordert wurde und wie es dazu kam, dass der arme wehrlose „Bob“ Box-Dummy einen großen tiefen Schlitz an eben jener äußerst sensiblen Stelle hatte. Trotzdem war Johns Entsetzen jede Minute Arbeit wert, die es brauchen würde, sich halbwegs glaubhafte Ausreden einfallen zu lassen.
Alexas Mundwinkel zuckten, als sie seine defensive Haltung sah.
„Was denn? Haben Sie etwa Angst um Ihre Sheppard-Juwelen? Seien Sie ehrlich, Sheppard, Sie leiden an Größenwahn, oder?“
Sie zog eine Augenbraue hoch und imitierte mehr als überzeugend Johns Mutter Carol. Sie wusste, wie sehr er es hasste, hatte sie doch schon mehr als einmal die Wirkung einer solchen Augenbraue bei John beobachtet.
John sah die verfluchte Augenbraue abheben und spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg, während er sich aus seinem Uniformhemd schälte und „Bob“ von seinem Leiden befreite und das Messer herauszog. „Ich bin dran mit der Wahl der Waffen, Commander.“
Langsam kam er auf sie zu, ohne sie auch nur ein einziges Mal aus den Augen zu lassen. Es war zu viel, das bewundernde flackern in ihren Augen zur Kenntnis zu nehmen. Es wäre gemein und ehrlos. Aber süß, irgendwie.
Er kam so dicht an sie heran, dass er den feinen Duft ihres Haars riechen konnte. Vanille? Wie konnte sie nach dem ganzen Training und der letzten Aktionen immer noch so verführerisch nach Vanille duften? Alexa zuckte mit keinem Muskel, als er hinter sie fasste und das Messer zurücklegte.
Wieder lächelte John langsam. „Ich nehme …“ Seine Stimme wurde zu einem Flüstern, während er noch näher kam.
Zu seiner Überraschung zuckte Alexa mit keiner Wimper. Die meisten Frauen, die er kannte, würden dämlich kichern oder gar zittern und sonst wie auf seine Nähe reagieren. Alexa war da wohl aus härterem Holz.
Mit ihrer ganzen Willenskraft, die sie noch aufbringen konnte, hielt Alexa ihre Nerven im Zaum. Sie würde weder reagieren, noch irgendwie nachgeben. Kolya und seine Männer wollten ihr schon Schlimmes antun, aber auch die anderen Kerle, die es bereits vor dreizehntausend Jahren wohl versuchten und an die sie sich offensichtlich gerade nicht erinnerte, hatten sie bestimmt nicht brechen können. John Sheppard war im Vergleich dazu ein blutiger Anfänger.
Von dem kleinen verräterischen Teil ihres Verstandes einmal abgesehen, den seine Nähe erregte, der den männlichen Duft von gut aufgewärmtem Mann mit betörendem Aftershave zur Kenntnis nahm und sich danach sehnte, ihm mit den Händen durch die Haare zu streichen, der sich fast schmerzhaft bewusst war, dass er im hautengen T-Shirt, das seine Muskeln umspielte …
Was um alles in der Welt war auf einmal los mir ihr? Mit bloßer Willenskraft riss sich Alexa aus dieser plötzlich aus dem Nirgendwo aufgekommenen und ausweglosen Fantasiewelt.
„Was denn? Schwierigkeiten, einen ganzen Satz zu sagen, Sheppard?“ Wieder äffte sie seine Tonart nach. „Aber dem gesellschaftlichen Kreis auf der Erde, in dem Sie zuweilen verkehren, kommt es bei der Fortpflanzung wohl nicht auf die Geistesgröße an, oder?“
Ein Mundwinkel von John zuckte und für einen Augenblick dachte sie, er würde tatsächlich lachen. Doch dann setzte er wieder jene typische Sheppard´sche verschlagene und wissende Miene auf, die so viele Frauen geradezu verzückte, Alexa allerdings kalt ließ. Oder ihr wenigstens nicht heiß werden ließ. Meistens jedenfalls. Hoffentlich.
„Ich hätte da eine Idee“, sagte John. „Wie wäre es, wenn Sie mir jetzt endlich sagen, was mit Ihnen ist. Oder legen Sie immer noch lieber Ihre Hände um einen dicken … harten … “ Er griff wieder hinter sie. „Stab?“
John tänzelte geradezu ein paar Schritte nach hinten und nahm mit dem großen Kampfstab Angriffshaltung ein. Alexa blieb gerade noch Zeit, ihm einen unergründlichen Blick zuzuwerfen und sich ihrerseits einen Stab aus der Halterung zu nehmen, als der Schlag schon über ihren Kopf sauste und auf ihre Schulter prallte.
Ein taubes Gefühl schoss durch ihren Arm und fast hätte sie den Stab fallen lassen. Noch unfähig, ihren zur Verteidigung hochzustemmen, nutzte sie seinen nächsten Schlag, um sich unter seinem ausgestreckten Arm hinter ihn durchzurollen und konnte sie sich die Gelegenheit, ihm von hinten den eigenen Stab in die Kniekehlen zu schlagen natürlich nicht entgehen lassen.
Ach verdammt, sie hätte fester zuschlagen sollen. Aber zumindest verschaffte ihr sein Stolpern genügend Zeit, aufzustehen und sich auf seinen nächsten Angriff einzustellen, auch wenn ihr Arm noch immer prickelte und kribbelte.
John war besser mit dem Kampfstab, als sie gedacht hatte und sie merkte, wie die Hoffnung langsam schwand. Er würde nicht aufgeben, sie zum Reden bringen zu wollen. Zudem war der große Stab nicht ihre bevorzugte Waffe. Sie hatte ihn schon immer gehasst, da der Gegner über größere Reichweite und Körpergröße verfügte- was auf fast jeden zutraf.
Der einzige Weg zu gewinnen war, den Schlägen so lange auszuweichen und den Gegner Kraft verschwenden zu lassen, bis er langsamer wurde und ihm Fehler unterliefen. Die Wucht, mit der die Stäbe aufeinandertrafen, erschütterten ihre Hand-Fingerknochen, während sie nach einer Strategie, einer Möglichkeit oder einem Fehler suchte.
Das Regal mit den Pratzen und den Schlagpolstern drückte sich an ihren Rücken. Verdammt noch mal! Sie drückte sich unter den fortdauernden Schlägen durch und versuchte, sich an den Schlagpolstern vorbei zur Seite zu bewegen, aber irgendein Idiot hatte die Ausrüstung eher unordentlich weggeräumt. Alexas Haar verhedderte sich im Klettverschluss eines Schlagpolsters und eher sie sich versah, stürzte eine ganze Ladung von Pratzen und Schlagpolstern über sie herein und riss sie mit sich zu Boden. Und als sei diese Niederlage nicht schon schlimm genug, spürte sie, während sie gegen den sich auflösenden Regalinhalt rollte, wie John ihr mit dem Stab einen forschen Klaps auf den Hintern gab.
„Ein Punkt für mich“, krähte er geradezu.
Als sie sich inmitten des Durcheinanders aufsetzte und aus dem Haufen Polstern und Kissen auf lugte, war sie nicht sicher, was mehr wehtat. Der verletzte Stolz oder ihr Hinterteil.
„Wollen Sie jetzt reden?“
Lässig lehnte er sich auf seinen Stab und grinste sie abwartend an. Wieder hob und senkte sich Alexas Brust wie ein Blasebalg, während John nicht mal schwer atmete. Dieser … dieser … diese Ratte!
Sie musste zugeben, ein Teil von ihr wollte nicht mehr kämpfen. Was machte es schon? Sie würde aber auch nicht reden und er würde bestimmt nicht ewig hier mit hier sitzen und warten, dass sie den Mund aufmachte. Irgendwann würde zumindest jemand vorbeikommen oder einen von ihnen beiden rufen. Aber andererseits wusste sie nur zu gut, dass John dies als Eingeständnis sehen würde. Und das würde sie niemals zulassen. Vielleicht war es an der Zeit, den Spieß umzudrehen.
„Ich bin dran.“
Alexa stand auf und ging an ihm vorbei zum Regal mit den Trainingswaffen. Banto-Stöcke und Kampfstab hatten sie schon gehabt und zu einem unbewaffneten Nahkampf hatte sie nicht wirklich Lust. Es gab aber noch jede Menge Dolche und Messer, allesamt stumpf. Bis auf die Wurfmesser. Mit jeder Hand holte sie drei Messer heraus. Es war nicht so, dass Messerwerfern auf dem Trainingsplan der Akademie gestanden hatte und auch ihr Vater und Darius haben es ihr nicht speziell beigebracht. Nein, was sie diesbezüglich konnte, basierte auf Beobachtungen und üben. Immer wieder üben. Und nun beherrschte sie das Messerwerfen ganz passabel. Sie drehte sich um, die Hände hinter dem Rücken verborgen, und musterte Sheppard.
„Volles Risiko, hm?“
John sah sie nur stirnrunzelnd an. Dann legte sie den Kopf schief und zuckte mit einem winzigen Lächeln die Achseln. „Ganz wie Sie wollen.“
In einer solchen Geschwindigkeit, die wie prasselnder Hagelschlag auf Fenster und Dächer erklang, flogen die Messer an John vorbei, an die Wand auf der anderen Seite. John war förmlich erstarrt als das erste Messer an ihm vorbeirauschte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als auf Alexas Treffsicherheit zu vertrauen, nachdem er zu spät begriffen hatte, dass er direkt vor der Zielscheibe stand.
Aber wenn er genau darüber nachdachte, war es gar nicht so Furcht einflößend. Alexa hatte, seit er sie kannte, noch kein einziges Mal ihr Ziel verfehlt und John wusste, wenn er sich am Ende umdrehte, würde er seinen eigenen Umriss in kleinen aber tödlichen Messerschäften auf die Zielscheibe gepinnt sehen.
Als Alexa fertig war, ließ er den Kampfstab fallen und ging einige Schritte rückwärts, bis er sich mit dem Rücken an die riesige Zielscheibe presste. Im Gegensatz zu den Zielscheiben am Schießstand mit ihren konzentrischen Kreisen war auf dieser der Schattenriss eines Mannes zu erkennen, auf dem verschieden Regionen ausgewiesen waren. Für jeden sollte etwas dabei sein: Töten, verstümmeln und entwaffnen.
Alexa hatte die besagten Zielbereiche jedoch außer Acht gelassen und die Messer an beide Seiten seiner Schultern, neben die Hüften und wie sollte es anders sein – zur Hölle noch mal – genau zwischen seine Beine gesetzt. Machte fünf. Er hob eine Hand über den Kopf und zog das sechste Messer aus der Zielscheibe und nahm die Klinge zwischen die Fingerspitzen.
Alexa hingegen hatte sich noch nicht einmal vom Regal wegbewegt. Mit dieser verdammten hochgezogenen Braue stand sie da und hielt die Arme ausgebreitet wie der Schattenriss auf der Zielscheibe, während ihr Blick nur eines sagte: Komm trau dich und mach, was du willst, aber ich werde nicht reden.
Unglücklicherweise traute sich John nicht. Er war nicht gerade schlecht mit den Messern, aber auf diese Entfernung besaß er nicht Alexas Präzision. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, er hatte sich noch nie so richtig mit dem Messerwerfen befasst und sich stattdessen eher den Schusswaffen gewidmet und dort seine Treffsicherheit geschult. Eigentlich kannte er sich auch mit dem Kampfstab nicht so richtig aus. Er hatte Teal´C einige Male damit beobachtet und Alexa hatte er schlicht und ergreifend und mit ein wenig Glück einfach nur aus diesem Wettstreit manövrieren können.
So gerne er auch die Messer zurückgeworfen hätte, um ihr diesen selbstgefälligen Ausdruck aus dem Gesicht zu wischen … er konnte das Risiko nicht eingehen.
Am liebsten hätte er sie umgebracht, denn seine Geduld war arg erschöpft, aber … er konnte sie nicht umbringen. Im letzten Moment drehte er sich also um und jagte das Messer auf einen der Pfeiler zu, die mitten im Raum standen und die Räumlichkeiten über ihnen trug. Die Pfeiler waren kaum breiter als Alexa, was doch schon eine gewisse Treffsicherheit erforderte. Die Klinge drang tief in das Material des Pfeilers. „Eins.“
So schnell, wie er die Messer aus der Zielscheibe hinter sich ziehen konnte, schickte er sie in die nächsten Pfeiler. Mit jedem Treffer wuchs sein Stolz, denn das hier war mittlerweile mehr zu einem Wettstreit geworden, als zu dem unorthodoxen Versuch, sie zum Reden zu bringen. Doch bevor er das letzte Messer zwischen seinen Beinen herauszog, hielt er kurz inne und konnte sich ein vielsagendes Grinsen nicht verkneifen.
Doch Alexa schaute nicht mal in seine Richtung. Mit verschränkten Armen stand sie da und starrte mit gelangweilter Miene zu Boden und bohrte eine Schuhspitze in eine Turnmatte.
Ohne vorher das Ziel anzuvisieren, schleuderte John das letzte Messer los und musste entsetzt mit ansehen, wie das Messer mit absoluter Präzision das Kontrollpanel traf, mit dem man die Sandsäcke, die auch für einen kleinen aber toughen Indoor-Parkour genutzt wurden, auf und niederlassen und kontrollierte konnte.
Sandsäcke, die alles in allem gut und gerne mehrere Kilos, oder eher Zentner wogen. Sandsäcke, die hoch über Alexas Kopf hingen. Jenen Kopf, den sie gesenkt hatte um ihn mit gleichgültiger Langeweile, vielleicht sogar Trotz zu strafen.
Es war keine Zeit zu schreien, es war keine Zeit für Erklärungen. John sah noch gerade einen kleinen Funkenregen aus dem Kontrollpanel sprühen, als er sich durch den Raum warf. Oh verdammt, er war viel zu weit weg! Er würde sie nicht rechtzeitig …
Mit brutalem Griff riss er sie auf die Matte, rollte sich mit ihr in den Armen einige Male herum, bis das gigantische Gehänge mit den Säcken hinter ihnen zu Boden krachte und plötzlich alles in Dunkelheit versank.
Alexa konnte weder atmen, noch sehen und sich auch nicht bewegen und nur für einige Sekunden drehte ihr Verstand offenbar vor Panik durch, bevor sie sich mit ganzer Kraft konzentrierte.
Sie konnte nichts sehen, weil aus einem unerfindlichen Grund das Licht ausgegangen war und etwas Schweres war ohrenbetäubend krachend zu Boden gestürzt. Die Dunkelheit zusammengerechnet mit einem offensichtlichen Kurzschluss in dem Kontrollpanel der Sandsackhalterung ergab, dass sie gerade noch so dem Tod durch-herabstürzende-Halterung-der-Sandsackreihe entgangen war. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte sie direkt unter diesen Säcken gestanden. Was bedeutete, dass irgendetwas mit der Energieleitung, die durch den entsprechenden Pfeiler mit dem Kontrollpanel verlief, passiert sein musste. John.
Und der Grund, weshalb sie hier am Boden lag und keine Luft in den Lungen hatte? John.
Und das große warme Gewicht, das selbst jetzt noch ihre Gliedmaßen auf dem Boden festhielt? John.
Sie zwang sich zu einem ersten schmerzhaften Atemzug, dann ein zweiter, weniger schmerzhafter und auch John nahm spürbar Luft.
„Alles in Ordnung?“, fragte er und Alexa spürte, wie sein Atem ihr Gesicht streifte und sich seine Arme um sie schlossen und sie an seine harte Brust presste. „Sind Sie verletzt?“
„Nein“, flüsterte sie. „Ich glaube nicht.“ Geistesabwesend registrierte sie, dass auch sie ihn zu umarmen schien, als sie ihre eigenen Hände sah, die seine Schulter umklammerten.
Für einen kleinen Augenblick war sie so hingerissen und irgendwie auch benommen, dass sie ihm zur Antwort auch noch die Fingernägel in den Rücken grub. Er hält mich fast, als wäre ich … also will er mich wirklich?
Das Atmen fiel ihr immer noch schwer und wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer, so wie er auf ihr lag. Wie ein Liebhaber drückte er durch diese Umarmung ihre Brust an seine, während sein Knie zwischen ihren Beinen lag. Für einen Moment setzte ihr Denken vollkommen aus und sie fühlte nur noch. Fühlte, wie ihre Haut begann zu glühen, während seine Hitze die ihre nur noch anzustacheln schien. Nicht mehr lange und sie würde wie Wachs dahin schmelzen. Und dann roch er noch immer so gut. Mann und berauschendes Aftershave und ein klein wenig Schweiß. Eine kleine verräterische Stimme des Vergnügens schrie geradezu in ihrem Inneren: Nicht bewegen.
John konnte und wollte sich auch nicht bewegen. Seine Sinne waren vollkommen benebelt von dem süßlichen Vanilleduft ihres Haars und warmer Gefühle, die sich verzweifelt einen Weg nach draußen zu brennen drohten.
Er hatte sie nun genau da, wo er sie haben wollte. Ganz nah bei ihm, in seinen Armen, sogar unter ihm liegend und für einen Moment vergas er alles um sich herum und spürte nur seine stetig wachsende Erregung und gerade noch so ihre Hände, die auf seiner Schulter ruhten.
Seine Lippen waren nur Zentimeter von ihren entfernt und er hätte sie haben können. Er hätte sie jetzt einfach küssen können, hätte sie einfach überrumpeln können. Immerhin waren sie allein, lagen aufeinander und es war auch dunkel …
Dann gab sie einen kleinen Laut von sich, der ausreichte, ihn wieder ins Hier und Jetzt zu befördern.
„… runter von mir! Sie erdrücken mich!“ Ihre Stimme quiekte geradezu.
Sofort ließ er sie los und raffte sich mühevoll auf, bot ihr eine hilfreiche Hand, die Alexa jedoch mit wütenden Blicken ablehnte.
Alexa war bereits aufgestanden, als ihr etwas merkwürdig vorkam. „Woher kommt das Licht? Ist das die Notfallbel-“ Erschrocken brach sie ab. „Feuer!“
John wirbelte herum und starrte entsetzt auf das Malheur. Alexa hatte recht. Sie waren nicht nur unachtsam gewesen, sondern auch vollkommen sorglos, sogar grob fahrlässig. Aus dem Kontrollpanel sprühten noch immer einzelne Funken, von denen einige auf liegen gelassene Handtücher und auf die Schlagpolster gefallen waren und begonnen hatten, zu glimmen. Dabei musste John sich wundern, wie schnell entzündlich das Material doch war. Das Zeug würde wohl brennen wie Zunder.
Schnell liefen sie zu den Flammen und fingen an sie auszutreten und mit anderen Materialien zu löschen, aber das Feuer breitete sich schneller aus als gedacht.
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Eine halbe Stunde später, nachdem sich die Türen des Trainingsraums plötzlich geschlossen und durch Sheppard nur noch kurzgeschlossen werden konnten und das neue auf Wasser basierende Feuerbekämpfungssystem angesprungen war, durchschritten Tristanius und Woolsey den Raum, um den Schaden zu begutachten.
Alexa glaubte, ihren Vater genau zu kennen, doch als sie nun sah, wie er mit ernster Miene, hinter dem Rücken verschränkten Händen und geschürzten Lippen und gelegentlichem Nicken oder Kopfschütteln hin und her ging, schien seine Wut neue ungeahnte Höhen erreicht zu haben. Und auch in dem sonst so disziplinierten und geradezu stoischen Woolsey schien es zu brodeln, als er, wie der General die beiden Soldaten verärgert musterte. John hingegen schien noch recht locker und gelassen, während er ausgerechnet an jenem Pfeiler lehnte, in dem auch noch immer das Messer steckte.
Alexa konnte sich nicht entscheiden, ob sie schreiend das Weite suchen oder sich für die nächsten tausend Jahre doch lieber wieder in die Kapsel legen sollte. Sie würde alle möglichen Maßnahmen ergreifen, das nichts und niemand sie da je wieder herausbekommen würde. Die Verwüstung war absolut phänomenal.
Die Trainingsmatten auf dem Boden waren ruiniert, nicht nur dass der Aufschlag der enormen Halterung die meisten Matten regelrecht zerfetzt hatte, nein, ein Großteil der Matten war auch verkohlt. Ganz zu schweigen von den Sandsäcken und den unzähligen Pratzen und Schlagpolstern, die nun nicht mehr als geschmolzene Klumpen darstellten. Auch der besagte Pfeiler mit dem Kontrollpanel leuchtete nun in einem tiefen schwarz und es grenzte an ein Wunder, dass er noch immer eine tragende Stabilität liefern konnte. Einzelne Wände waren mit Ruß belegt und selbst der arme „Bob“ war nicht vor der einen oder anderen Flamme davon gekommen. Alexa versuchte erst gar nicht daran zu denken, wie die restlichen Matten und die riesige zentimetertiefe Pfütze unter jedem Schritt von Woolsey und ihrem Vater gegluckst und regelrecht geschmatzt hatten.
Die gigantische Halterung der Sandsäcke wirkte durch das nicht geschmolzene Metall auch nur noch, wie das letzte Aufgebot von … Alexa hatte keine Ahnung, wie sie das Gebilde nun beschreiben sollte.
Es war schlicht und ergreifend ein Desaster.
Woolsey und Tristanius blieben stehen, verschränkten die Hände auf dem Rücken und drehten sich mit vor Zorn sprühenden Augen zu ihnen um. Nach einem kurzen Blick zu Woolsey sprach Tristanius.
„Chaos, Feuer und Flut … an einem einzigen kurzen Abend. Ich muss sagen, ich hätte nicht gedacht, dass das zu schaffen ist.“ Sein Tonfall verhieß nichts Gutes.
Alexa rührte sich nicht. Sie rührte sich kein bisschen. Wo um alles blieb das verdammte Loch im Boden?
„Aber ich nehme an, wer es schon einmal in seiner Wut schaffte, beinahe ein ganzes Pier zu sprengen, muss wohl irgendetwas tun, um in Form zu bleiben, hm?“ Alexa sah ihn entsetzt an, aber kam nicht mehr dazu zu antworten, als Woolsey sich an Sheppard wandte.
„Ich nehme an, dass dieses … anfangs harmlose Training sich aus einem mir unerfindlichen Grund in eine Art … Wettstreit verwandelte, in dem Sie aus einem weiteren unerfindlichen Grund nicht aufgepasst haben oder auch nicht aufpassen konnten, was letztenendes die Zerstörung einer ganzen Trainingshalle nach sich zog.“
„Das fasst es ziemlich gut zusammen“, antwortete John. „Nur …“
Woolsey hob ruckartig die Hand und hinderte John an einer improvisierten Verteidigungsrede. John verstummt und sah sich beinahe Hilfe suchend nach Alexa um. Doch Alexa hatte den Blick auf ihre Schuhspitzen gesenkt. John war schon ein wenig enttäuscht, dass Alexa nach ihrem gemeinsamen Kampf gegen die Flammen offensichtlich nicht dieselben kameradschaftlichen Gefühle entwickelt hatte wie er. Oder irgendein anderes Gefühl …
Empfand sie womöglich tatsächlich nichts für ihn? Und bedeutete dieser kurze Moment auf dem Boden, bevor das Feuer ausbrach denn überhaupt nichts? John verdrängte die Gedanken schnell wieder. Womöglich war sie nur ein wenig durch den mehr als wütenden Vater eingeschüchtert. Immerhin schien seine Wut in den letzten Tagen wohl kaum an Intensität zu verlieren und wer wusste, mit welch drakonischen Strafen er noch aufwarten würde.
Woolsey und Tristanius beäugten ihn eingehend, aber John machte sich nicht die Mühe seine Ungeduld zu verbergen. „Wo liegt das Problem? Es war ein bisschen Training, das ein wenig … aus dem Ruder gelaufen ist.“
„Sie haben die Trainingshalle verwüstet!“, entfuhr es Woolsey, noch bevor Tristanius zu Wort kam.
John hob die Hände. „Ich ersetze die Matten und die ganze andere Ausrüstung und … „Bob“ und kümmere mich auch eigenhändig um eine neue Sandsackvorrichtung, in Ordnung?“
Die Blicke von Woolsey und Tristanius waren kühl. Ein wenig zu kühl, nach Johns Empfinden. Wie es schien, käme er aus dieser Nummer wohl nicht so schnell raus. Das würde vielleicht ernste Konsequenzen nach sich ziehen und die Predigt, die er sich trotz seines erwachsenen Alters und seines Ranges von seinen Eltern anhören würde müssen, würden ihm noch nächsten Monat in den Ohren klingeln.
„Und was jetzt? Eine Strafpredigt, ein Klaps auf die Finger? Kriegsgericht?“
Oh, das würde mit Sicherheit übel werden. Für ihn und für Alexa. Sehr, sehr übel. Schnell schüttelte er die Gedanken und die dunkle Vorahnung mit einer Kopfbewegung ab und zwang sich zu einem dieser sorglosen Sheppard´schen Grinsen. „Bewährung?“
Woolsey und Tristan erwiderten das Grinsen nicht, als Woolsey weiter sprach. „Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie bereits verurteilt wären. Noch nicht.“
Es traf John wie ein Schlag in den Magen. Noch nicht? Er gab die sorglose Fassade auf, während Tristanius nochmals zu Woolsey blickte. „Also, jetzt machen Sie mal …“
„Mangelnde Teamfähigkeit in der Zusammenarbeit mit Commander Thalis und mangelnde Teamfähigkeit in der Zusammenarbeit mit Colonel Sheppard“, geiferte Richard, als er sich abwechselnd an die beiden Soldaten wandte. Dann ergriff der General wieder das Wort.
„Wissen Sie, ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich Ihnen beiden einmal sagte, nein, eigentlich eher befahl, die Probleme zwischen Ihnen beiden, welche auch immer das seien, möglichst ohne Kollateralschäden beizulegen.“ Tristanius sah sich in dem immensen Chaos um. „Das scheint nicht funktioniert zu haben. Ehrlich gesagt interessiert es mich noch immer nicht, was da zwischen Ihnen vorgeht, aber ich habe nun genug. Ich habe genug von Ihnen beiden. Sie … Sie zanken sich wie die Kinder! Unreife verzogene Kinder! Dabei sollen Sie doch das Beste sein, was wir haben – das Beste, auf das wir je hoffen können, aber Sie scheinen vollkommen vergessen zu haben, was es heißt, Führungs- und Kommandopositionen inne zu haben!“
Tristanius verschränkte die Arme und blickte die beiden finster an. „Ist Ihnen noch nie in den Sinn gekommen, dass sie zumindest eine Kameradschaftlichkeit, von der Sie offenbar noch Lichtjahre entfernt sind, eines Tages vielleicht brauchen? Was ist mit Momenten, in denen es gerade darauf ankommt?“
John registrierte mit Unbehagen, dass Tristanius Blick dabei ganz besonders intensiv auf ihm ruhte und es schien mehr als ein Wink mit dem Zaunpfahl zu sein. Schlagartig erinnerte sich an den Moment im Stargate-Center, als er dem General den Schwur gab, Alexa vor allem und jeden zu beschützen. Offenbar steckte eine noch viel größere Bedeutung hinter all diesem Mysterium, als er bisher annahm.
Dennoch wollte John widersprechen, aber es gab nichts, was er zu seiner Verteidigung hätte vorbringen können, und das sich nicht noch dümmer anhörte, als alles, was er bereits von sich gegeben hatte. Mann, dieses mal hatte er sich aber gewaltig in die Bredouille gebracht.
Tristanius hingegen sah die beiden nur lange mit einer offenkundigen Enttäuschung an.
Aus reiner Gewohnheit und scheinbar unbekümmert, verschränkte John nun seinerseits die Arme vor der Brust. „Und was wollen Sie jetzt mit mir machen?“
„Uns“, ertönte eine weibliche Stimme neben ihm.
John sah zu einer blassen und offenkundig nervösen Alexa neben sich und runzelte die Stirn. Warum meldete sie sich nun zu Wort, wenn sie ihn doch gerade eben erst doch ans Messer geliefert hatte?
Nur kurz hob sie den Blick und sah ihn an. Ihre Augen waren dunkel und irgendwie geheimnisvoll und er hatte es bisher noch nie derart bemerkt.
Seine Beobachtung ging in Tristanius Worten fast unter.
„Jeder andere würde Sie beide auf der Stelle trennen und so weit voneinander getrennt halten, wie nur irgend möglich. Aber ich denke gar nicht daran, Ihnen diesen Gefallen zu tun … Morgen früh um sieben Uhr möchten Mister Woolsey und ich von Ihnen beiden jeweils einen detaillierten und glaubhaft nachvollziehbaren Bericht über die heutigen Ereignisse in diesen Räumlichkeiten. Um acht Uhr morgen Früh werden Sie beide dann zur Forschungseinrichtung Celtes reisen. Der Commander wird sich dort einigen Simulationen bezüglich ihres Fighters widmen, während Sie, Colonel, sie einfach nur begleiten werden. Und es ist mir egal, ob Sie sich dabei mit Worten oder Sonstigem zermürben, oder ob Sie sich – was ich allerdings im Namen aller Anwesenden hoffe- eisern anschweigen. Sie werden, ob Sie wollen oder nicht, lernen, miteinander umzugehen. Und wenn Sie dabei die ganze Stadt Stück für Stück auseinandernehmen, werden Sie sie wieder aufbauen. Und wenn Sie es tatsächlich schaffen sollten, die ganze verdammte Galaxie auseinanderzureißen, verspreche ich Ihnen hiermit, ich werde Doktor McKay und Dorian damit beauftragen, einen Weg zu finden, wie Sie auch diese wieder zusammenflicken können. Gemeinsam.“
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Frisch geduscht und vom Ruß und Schweiß befreit fiel Alexa nach einigen Stunden endlich und mehr als erschöpft ins Bett. Diese Stunden nach dem Debakel in der Trainingshalle verbrachte sie mit dem Spott, einer Rüge und dem daraus folgenden Ausdruck von brüderlicher Sorge seitens Dorian und einem nicht minder ausdrucksvollen Rüffel ihrer Mutter sowie einem mehr als betretenen Abendessen im Familienquartier, wobei ihr Vater sie wohl mit seinem eisernen Schweigen und Missachtung und gelegentlich Knurrlauten zu bestrafen versuchte. Alexa würde es jedoch niemals laut zugeben, dass sie das Schweigen ihres Vaters in diesen Augenblicken mehr als Segen anstelle einer Strafe betrachtete.
Und dann war da noch das schwer zu beschreibende aber glücklicherweise kurzgehaltene Gespräch auf der Krankenstation, in denen sie und Sheppard versuchten, sich darauf zu einigen, am nächsten Morgen halbwegs identische Berichte abliefern zu können. Ganz zu schweigen von den Fragen und den Blicken der Ärzte, die sie am Ende nur mit ein paar blauen Flecken einigen Scharammen und ganz leichten Rauchvergiftungen so schnell wie möglich wieder los werden wollten.
Alexa war das nur mehr als Recht, wollte sie doch nur noch schnell in ihr Bett, heulen und sich einwickeln und hoffen, zumindest ein paar Stunden Schlaf zu finden. Aber sie konnte weder das eine noch das andere und ihr graute es schon vor dem nächsten Tag.
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Wie immer, wenn AR-1 mit zwischenmenschlichen Problemchen beschäftigt war- was zwar selten, dafür aber umso heftiger vonstattengehen konnte- befand sich die gesamte Basis in orangefarbenen Alarm. Metaphorisch gesprochen.
Menschen wählten die Seiten, auf der sie stehen wollten auf ganz subtile Weise – was ziemlich unfair war, denn das Militärkontingent überwog mit seiner Anzahl die Zivilisten bei Weitem. War man früher noch grundsätzlich und unabhängig vom Status –militärisch oder zivil, männlich oder weiblich – auf Teylas Seite, so wurde der erlauchte Kreis um Alexa und Elisha und später auch um Carol Sheppard erweitert. Hatte man es sich nun also mit einer dieser vier Damen verscherzt, war man arm dran.
So fand sich John – neuerdings nicht zum ersten Mal – als Ausgestoßener oder viel mehr als Geächteter wieder und das unfaire daran war, dass seine eigenen Soldatinnen und Soldaten keinen Hehl daraus machten, zum Fanclub der Teufelinnen zu gehören.
Allerdings wurde John gleich doppelt und dreifach bestraft.
Wie bei jedem dieser Problemchen üblich, wurde auch dieses Mal jeder Zweifel über Atlantis als fühlendes Wesen gründlich ausgeräumt – weil ihre zwei Lieblingspersonen der ganzen gottverdammten Pegasus-Galaxie und natürlich auch der Milchstraße, wahrscheinlich des ganzen verdammten Universums nun mal John Sheppard und Alexa Thalis waren. Und wenn nur einer dieser beiden verärgert war, war Atlantis verärgert, und wenn Atlantis verärgert war, bekam die ganze Basis dies zu spüren.
Und Atlantis schien der Geduldsfaden langsam zu reißen.
Die unterschiedlichsten Systeme versagten ohne Grund oder drehten schlichtweg durch, das Duschen fiel entweder sehr kurz oder gänzlich aus, weil das Wasser entweder kochend heiß oder eisig kalt war – ein dazwischen gab es nicht. Kurz gesagt, das Leben auf Atlantis während einer solchen Zeit war schlichtweg die Hölle. Besonders als Wissenschaftler, Techniker und Mann für alle Fälle. Die Marines ärgerten Wissenschaftler aus Prinzip gerne und selbst die Wissenschaftler – Leute aus den eigenen Reihen – zeigten schon leichte Anflüge von Hass, da die letzte anständige menschenwürdige Dusche fast vierzehn Tage her war. Das hatten Rodney und Dorian bereits am eigenen Leib erfahren müssen, bekamen sie doch die Nörgeleien, Beschwerden und Unfreundlichkeiten meist als Erste zu hören. Aber sie gaben diese jedoch mit angemessenem Eifer gerne an entsprechende – in diesem Fall wirklich schuldige – Personen weiter.
So sah John sich bereits zum x-ten Mal zwei mehr als mies gelaunten Wissenschaftlern gegenüberstehen, die ihre Hände dieses Mal wirklich in Unschuld baden konnten, und hörte sich deren Ausführungen über die Beschwerden, Drohungen und Unfreundlichkeiten an, derer sich die restliche Expedition schon seit Tagen bediente.
Verdammt noch mal! ER WOLLTE DOCH NUR MIT ALEXA REDEN. Endlich. So schnell wie möglich. Irgendwann … Hoffentlich.
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John glaubte, dass es womöglich besser sei, sein Mittagessen in seinem Quartier einzunehmen. Nicht zuletzt wegen besagter Teufelinnen und deren intimsten Fans, die ihn schon beim Betreten der Kantine mit Blicken bedachten, die jede Galaxie hätten entvölkern können.
Er hatte schon den Morgen mit einer kalten Dusche, gefolgt von einem missmutigen Woolsey und einem nicht minder verstimmten Antiker-General begonnen, die so gar nicht überzeugt von seinem Bericht schienen. Gefolgt vom strafenden Schweigen, gelegentlichem Knurren und Murren und unverständlichem Gemurmel, das wahrscheinlich wieder Beleidigungen beinhaltete. Alexa war nicht im Ansatz daran interessiert, mit ihm über den gestrigen Tag, eine Bestellliste des zu ersetzenden Inventars, geschweige denn die Geschehnisse an Weihnachten zu sprechen. Stattdessen hatte sie sich den ganzen morgen über in den Simulator verzogen, dabei jedoch nur ihre Berechnungen am Computer im Sinn gehabt und John in seiner Langeweile schmoren lassen.
Vielleicht sollte er es als Fortschritt ansehen, dass Alexa ihm die Beleidigungen nicht mehr lauthals und im Beisein von Publikum an den Kopf warf.
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Trotz des Verdrusses und der giftigen Blicke konnten sich die Familien Sheppard und Thalis das Grinsen und Scherzen nicht verkneifen. Auch Daniel und Doktor Lam waren mittlerweile voll im Bilde und schlossen sich den Gesprächen, dem Tratsch und dem Spott an.
„Sehen Sie, Alexas Mann sollte ganz bestimmte Eigenschaften haben“, antwortete Elisha auf eine von Carols Fragen.
„Ja, die Haut eines Elefanten und den Kampfgeist einer Babyrobbe“, platzte es aus Dorian, worauf er mit schmunzelnden Blicken bedacht wurde.
„Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich so gut ist, die beiden jetzt erst recht aneinander zu ketten“, fragte Carol zweifelnd.
„Machen Sie sich mal keine Gedanken. Außerdem gibt es ohnehin keine andere Möglichkeit für die beiden. Mein Mann und Mister Woolsey haben es angeordnet. Früher oder später werden sie schon lernen, miteinander auszukommen“, erklärte Elisha.
„Ja, wahrscheinlich haben Sie recht.“
„Ich glaube, mein Vater würde es genauso machen wie General Thalis. Als Vala damals zu uns kam und durch Woolsey befragt und getestet wurde, ist er ihr dermaßen auf den Leim gegangen. Mein Vater ließ sie einfach machen und sah zu. Und wie es scheint, hat es keinem geschadet“, erzählte Carolyn, wobei Daniel ihr grinsend zustimmte. „Es scheint Woolsey noch gestärkt zu haben.“
„Ja, nur das zwischen John und Alexa ist etwas ganz anderes und scheint ernster zu sein“, meinte Carol.
Doch Elisha winkte ab. „Mag sein, aber glauben Sie mir, zwischen Alexa und Darius fing es auch so an.“
„Ja, und der Höhepunkt bestand aus einem explodierten Pier“, schloss sich Dorian an. „Danach ging es zwar noch ein Weilchen weiter, aber … ja, ich denke, das Pier stellte letztenendes einen Wendepunkt dar.“
„Alexa und Darius haben wirklich ein Pier gesprengt?“, fragte Daniel.
„Nein, Alexa hat es gesprengt. Darius war nur insoweit involviert, als dass sie sauer auf ihn war. Ziemlich sauer.“
„Bis heute kennen wir nicht die genauen Abläufe, die zu der Explosion führten. Wir können nur froh sein, dass die beiden alle noch rechtzeitig warnen konnten und niemand verletzt oder getötet wurde.“
„Hm! Und bei dem Colonel schaffte sie dann nur einen Trainingsraum?“, kam es von Carolyn, worauf alle Anwesenden grinsen mussten.
„Oh, keine Sorge“, schaltete sich Dorian wieder ein. „Der Trainingsraum diente nur zum Aufwärmen.“
„Es kann also noch schlimmer werden?“, fragten Carolyn und Dave unisono und grinsten sich daraufhin an.
„Darf ich vorstellen? Meine Schwester Alexa schlimmer-geht’s-immer Selina Thalis.“
„Und wir sind auf dem besten Weg zu `richtig schlimm´. Wenn die Stadt wirklich irgendwie empfindlich ist und fühlen kann, würde es wahrscheinlich auch die vielen Fehlfunktionen und Systemausfälle und all die anderen Probleme erklären. Sie ist wie wir mit den Nerven langsam am Ende“, schloss Patrick ab und alle stimmten nachdenklich nickend zu.
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Nach dem Mittagessen, als John auf dem Weg zum Büro war, um sich der nächsten Strafarbeit zu stellen, musste er seine Ansicht über einen möglichen Fortschritt bezüglich Alexas Verhalten ihm gegenüber wieder ändern.
Nur weil sie unterwegs aufeinandertrafen und John wieder einmal versuchte sie in einen harmlosen Small Talk zu verwickeln, der jedoch aus irgendeinem Grund wieder einmal in die falsche Richtung lief, wurde das Publikum abermals Zeuge ihrer lauten Stimme und ihres Temperaments.
„Sie können mich mal!“, hallte Alexas Stimme durch die Gänge.
„Ja? Wann und wo wäre es denn genehm?!“, bellte John zurück und kümmerte sich nicht darum, dass man die beiden sogar im Büro hören konnte, in dem Woolsey und Tristanius bereits kopfschüttelnd warteten. Von seinem eigenen Vater ganz zu schweigen, der das Gesicht zunächst in seinen Händen verbarg, ihm dann aber mit grollendem Blick bedachte und ein Räuspern hören ließ, das mehr einem gefährlichen Knurren glich.
„Deiner Mutter würde weder die Tonart noch die Wortwahl gefallen, Alexa“, mahnte Tristanius seine Tochter, die widerwillig vor dem Schreibtisch zum Stehen kam.
„Mutter ist nicht hier, also dürfte ihr meine Tonart und Wortwahl wohl egal sein.“
„Aber mir ist sie nicht egal … und du irrst dich“, erwiderte Tristanius erbost.
„Genauso wenig, wie mir dein Verhalten egal ist, junger Mann“, kam es von Patrick, der sich an John wandte.
„Ich dachte, wir hätten schon gestern Abend ausgiebig darüber gesprochen. Ganz zu schweigen davon, dass du mir heute Morgen vor meinem Quartier aufgelauert hast, um mir den ganzen Weg zum Gate weiter in den Ohren zu liegen. Hast du das nicht langsam satt?“, fragte John in einem nicht minder gereizten Ton.
„Ausnahmsweise, Colonel, haben Sie recht“, meldete sich Woolsey zu Wort. „Wir könnten unsere Zeit damit verschwenden, die Verfehlungen zu erläutern, die Sie beide sich im Trainingsraum geleistet haben. Nicht zu vergessen, welches Theater Sie sich schon seit Wochen leisten, aber ich denke, wir alle haben allmählich genug davon. Uns interessiert, was Sie beide in dieser Angelegenheit unternehmen wollen.“
John antwortete zunächst nicht, aber er sah, wie Alexa betreten zur anderen Seite sah. Beinahe hätte John es ihr gleichgetan. Doch dann ertönte eine leise Stimme von der Seite. „Aufräumen und renovieren. Ich habe bereits eine Liste über die beschädigten Sachen und die benötigten Materialien für einzelne Reparaturen erstellt … ich muss nur noch herausfinden, woher ich diese verfluchte Sandsackhalterung bekommen soll.“
Tristanius Mundwinkel zuckten und John sah, wie sich wieder ein Hauch dieser Weichheit in seiner Miene spiegelte und auch Woolseys Verdrossenheit schien etwas nachzulassen. Zumindest schien es, als sei Alexa nicht in ganz so großen Schwierigkeiten wie er, auch wenn der General und Woolsey noch eine ganze Liste an Strafarbeiten für sie beide haben würden. Dennoch war es irgendwie beruhigend zu wissen, dass sie nicht noch mehr Zorn ihres Vaters zu ertragen hätte. Und dafür war John dankbar. Er wandte sich wieder an Richard. „Sagen Sie uns einfach, was wir jetzt zu tun haben.“ Lässig ließ er sich dann in einem der Sessel im Büro nieder und legte die Beine übereinander. „Bestimmt etwas angemessen Unangenehmes.“
John musste nicht zur Seite sehen, um zu wissen, dass sein Vater ihn mit grollenden Blicken bedachte. Ein Benehmen, das eines Sheppards nicht würdig ist, schossen ihm die allzu vertrauten Worte durch den Kopf, die er als Kind immer wieder gehört hatte.
„Jetzt komm von deinem hohen Ross aber ganz schnell wieder runter, John. Was ist nur los mit dir?“
„Ich bin sicher, dass Ihnen Ihre nächste Aufgabe durchaus vertraut vorkommen und Ihnen sogar gefallen dürfte“, meinte Richard, als er dann zu Tristanius sah. „Nicht, dass uns das im Moment sonderlich interessiert, sollte es nicht der Fall sein.“
John spürte, wie er sich unbewusst auf die Zunge biss und einmal mehr tief durchatmete. Oh, das würde übel werden. Genauso übel wie die Langeweile am Morgen, die er trotzdem so gespannt wie ein Flitzebogen hinter sich gebracht hatte. Man wollte ihn wohl bei kleiner Flamme im eigenen Saft schmoren lassen.
Woolsey verkniff sich ein Lächeln, bevor er weitersprach. „Ihre nächste Aufgabe besteht darin, einen Jumper mit spezieller Ausrüstung, die auf dieser Liste steht und Sie erst zusammensuchen müssen, zu beladen, rüber zum neuen Alpha-Stützpunkt zu fliegen, die Ausrüstung dort ohne Hilfe der Wissenschaftler wieder auszuladen und einsatzbereit aufzubauen. Dann werden Sie die Wissenschaftler in einem kleinen Ausflug für ihre Untersuchungen im Orbit des Alpha-Stützpunktes begleiten. Und es kann gut sein, dass der eine oder andere Wissenschaftler Sie danach noch um Hilfe bei kleineren Problemen bitten wird.“
„Ohne Hilfe? Wir sollen uns also ohne jede Hilfe eines Wissenschaftlers oder einer seiner Leute um deren Ausrüstung kümmern? Was, wenn der eine oder andere wissen will, warum das so sein soll? Oder, wenn etwas schief läuft und uns erklären soll, wie das eine oder andere –“, fragte Alexa.
„Oh, wir gehen sogar davon aus, dass Fragen gestellt werden und wir überlassen es Ihnen, die Fragen halbwegs glaubwürdig zu beantworten- genauso wie Ihre beiden Berichte, die mir mehr haarsträubend als glaubwürdig erscheinen. Ihre Aufgabe, die ich Ihnen gerade aufgetragen habe, werden Sie jedoch ohne Hilfe, aber – wie gestern schon versprochen – gemeinsam erledigen.“
„Das ist doch Wahnsinn. Ich habe einen Fehler gemacht, okay, ich habe es kapiert. Aber ich sehe keinen Sinn darin, mir – uns – solche Aufgaben aufzutragen. Wenn Sie wissen wollen, wozu wir in der Lage sind-„
Tristanius verschränkte die Arme, was für Alexa ein sicheres Zeichen war, dass er kurz vor dem Verlust seines letzten Nervs war. „Ich – wir – haben gesehen, wozu Sie beide fähig sind. Im Trainingsraum. Und wozu meine Tochter alleine fähig ist, habe ich bereits vor dreizehntausend Jahren anhand eines explodierten Piers gesehen. Bei Ihnen, Colonel reichten mir die Einblicke in Ihre Erinnerungen. Aber im Moment können weder Sie beide zusammen noch einzeln mich von Ihren Fähigkeiten überzeugen. Das war die Mühen nicht wert.“
John ging nicht auf Tristanius Ausführungen ein, erkannte er doch, dass der Mann langsam aber sicher die Geduld zu verlieren schien und wer wusste, was Alexa auszuhalten hätte, wenn man den Mann unnötig reizte? Und doch konnte er sich nicht zurückhalten. „Dann werden wir jetzt also auf eine Art Schnitzeljagd geschickt? Kriegen wir am Ende wenigstens Milch und Kekse?“
Aus Alexas Richtung war doch tatsächlich ein kleiner erstickter Laut zu hören. Entweder aus Bestürzung oder sie musste sich krampfhaft das Lachen verkneifen. Letzteres würde John wirklich gut gefallen.
Richards Blick sprach Bände. Zum einen konnte man eindeutig Verärgerung darin erkennen, zum anderen schien er selbst langsam aufgeben zu wollen, als er John ein Blatt Papier in die Hand drückte. „Das ist die Liste, von der ich sprach. Wie Sie wissen, haben wir seit geraumer Zeit mit unzähligen technischen Fehlfunktionen zu kämpfen, und da die Mehrheit der Expedition zu der Ansicht gekommen ist, dass sogar die Stadt selbst allmählich genug von dem ganzen Wahnsinn hat, den Sie beide verbreiten, schlage ich vor, dass Sie sich so schnell wie möglich an diese Aufgabe machen und gerne den ganzen Nachmittag der Stadt fern bleiben können, damit die notwendigsten Reparaturen endlich ohne weitere Zwischenfälle vonstattengehen können. Wegtreten.“
Seufzend nahm John die Liste entgegen, schluckte schwer und drehte sich mit einem reumütigen Grinsen zu Alexa. „Sieht aus, als hätten wir genug zu tun. Machen wir uns an die Arbeit.“
Alexa prustete, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Büro. John atmete einmal mehr tief durch, schüttelte mit dem Kopf und versuchte sie wieder einzuholen.
Hinter ihnen standen ein Expeditionsleiter, ein General und ein Geschäftsmann unter der Tür des Büros und sahen zu, wie die beiden Elitesoldaten schon jetzt wieder aneinander rasselten, ohne auch nur schon mit Erledigung der Aufgabe angefangen zu haben. Richard schlug die Hände vor das Gesicht, Tristanius ließ sich seufzend auf einem Sessel nieder und Patrick lehnte eine breite Schulter an den Türrahmen und seufzte ebenfalls tief und beinahe resigniert.
„Glauben Sie, dass sich die beiden je wieder vertragen werden?“, fragte Richard.
Patrick drehte sich um und tauschte schweigende aber fragwürdige Blicke mit den beiden Männern aus.
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Alexa kochte vor Wut, während sie durch die Gänge von Atlantis eilte, hielt sich aber im Zaum. John hatte wie ein starrköpfiger Esel darauf bestanden, die Liste zu verwalten und glaubte wohl, sie hin und her scheuchen zu können. Glücklicherweise hatte sie nur einen Blick gebraucht, um sich mindestens die Hälfte der Artikel einprägen zu können, die sie nun zusammensuchte und in aller Ruhe in den Jumper verladen würde. Sheppard würde währenddessen den Rest zusammensuchen müssen. Allerdings verkniff sie es sich krampfhaft ihm in ihrer Schadenfreude davon zu berichten, dass seine Wege deutlich weiter und die Ausrüstung viel schwerer wäre, als ihre.
Eine zermürbende Stunde und ein weiterer Streit später begann das ungleiche Paar, die Ausrüstung in den Jumper zu verladen. Während Alexa darauf bedacht war, immer noch eine kleine Schneise zwischen Heck und Cockpit zu lassen, stapelte John die Boxen, Kisten und anderes unhandliches Gepäck wild aufeinander. Seine Sorglosigkeit hätte sie irritieren sollen, aber sie kämpfte noch immer mit einer Erschöpfung, die sie schon seit Tagen – ach, wem machte sie eigentlich etwas vor – Wochen spürte. Sie hatte schlichtweg keine Lust mehr mit ihm zu streiten und abgesehen davon sollte er sich doch mit dem teilweisen schweren Gerätschaften abmühen.
„Alexa?“, ertönte eine weibliche fragende Stimme am Eingang zur Jumperbucht. „Hier steckst du. Ich habe dich überall gesucht. Colonel.“
„Sergeant“, grüßte John die weibliche Soldatin zurück, auch wenn ihm der mehr als kurz angebundene und kalte Ton deutlich auffiel. Und als ob dies nicht genug sei, warfen Teufelin und Fan ihm immer wieder verachtende Blicke zu, als sie sich zu einer kurzen Konversation zurückzogen.
Er verstand zwar kein Wort, aber das schien auch nicht nötig. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, worüber sie sprachen, auch wenn für einen Moment Zweifel in ihm aufkamen, denn es machte den Anschein, als würde Alexa ein wenig vor sich her drucksen, nicht so recht mit irgendetwas herausrücken wollen oder vielleicht auch nicht mit etwas zufrieden zu sein. Also schien sie mit ihrer neuen Freundin wohl nicht über ihn und das ganze Heck-Meck zu sprechen.
Doch da waren immer wieder diese Blicke der beiden in seine Richtung, die ihm einen regelrechten Stich versetzten, denn während in den Augen des Sergeants noch kalter aber zurückhaltender Zorn funkelte, lag in Alexas Blicken Schmerz, Bedauern, Müdigkeit … all das, was einem Menschen schwer zusetzen konnte.
Johns Tag wurde von Minute zu Minute mieser. Immer wieder versuchte er sich zu sagen, dass nicht er Schuld an der ganzen Misere trug, denn es war hauptsächlich Alexas stures, uneinsichtiges, unnachgiebiges und zickiges Verhalten, das es ihnen beiden schwer machte. Und trotzdem fühlte er sich schuldig.
John seufzte und sah noch gerade so, wie Alexa eine kleine Kiste entgegennahm und auch für einen Moment ein freudiges Lächeln zeigte, als sie darin wühlte. Wieder konnte John weder etwas Deutliches vernehmen, noch erkennen, worum es sich handelte. Aber so sonderlich interessant war es für ihn nun auch wieder nicht.
Einige Momente später, behielt Alexa eine kleine vollgestopfte Tasche, gab die Kiste wieder zurück, verabschiedete sich von der Soldatin und schlurfte in den Jumper zurück.
„Na schön“, seufzte John und ließ sich in den Pilotenstuhl fallen. „Sehen Sie doch mal nach, ob wir auch den -“
„Wie bitte? Erwarten Sie ernsthaft, dass ich mich durch Ihr Chaos wühle, während Sie hier in aller Ruhe sitzen und den Stift schwingen und alles pflichtbewusst abhaken?“, schnitt Alexa ihm das Wort ab, als sie ihre Tasche neben ihrem Stuhl verstaute.
„Das ist kein Chaos. Das ist …“
„Die höchste Form informeller Ordnung, ja, ja. Behalten Sie Ihre armseligen Weisheiten besser für sich, Colonel. Wenn Sie wissen wollen, ob wir alles haben, sehen Sie selbst nach. Ich weiß, dass ich meine Hälfte der Liste ordentlich geladen habe. Was mit Ihrer Hälfte ist, ist nicht mein Problem.“
„Ich dachte, diese Aufgabe sollen wir gemeinsam meistern“, erwiderte John herausfordernd.
„Echt jetzt? Vorhin glaubten Sie, mir Befehle erteilen und mich durch das Heck jagen zu können.“
„Das stimmt doch gar nicht!“, verteidigte sich John. „Ich habe doch nur … ich wollte nur … ach, vergessen Sie´s! Wir werden schon alles haben“, murrte John und wandte sich den Kontrollen zu, während Alexa ihn nur misstrauisch von der Seite beäugte. „Was denn? Kein Kommentar, dass Sie fliegen wollen?“
„Nur weiter so, Colonel. Ich kenne meinen Vater und weiß mit ihm umzugehen. Sie allerdings …“
„Was soll das denn heißen?“
„Was glauben Sie, wird er sich noch alles einfallen lassen, um uns … keine Ahnung … Kameradschaftlichkeit näher zu bringen, hm?“
„Hey, an mir soll es nicht liegen. Ich tue alles, um mich mit Ihnen irgendwie zu arrangieren. Sie markieren hier doch die ganze Zeit die Unnahbare.“
„Unnahbar, ja? Andere Menschen würden auf die Idee kommen, dass ich in Ruhe gelassen werden will.“
„Andere Menschen würden so etwas klipp und klar sagen.“
„Ich habe es oft genug gesagt. Was kann ich dafür, dass Sie immer wieder Ihre Begriffsstutzigkeit demonstrieren müssen?“
„Ich korrigiere. Es ist keine Unnahbarkeit. Sie sind einfach nur eine Zicke.“
„Wie gesagt, Colonel, machen Sie einfach nur so weiter. Je länger das hier zwischen uns geht, desto länger wird sich der General neue Strafen und Maßnahmen ausdenken.“
„Oh, Sie geben also endlich zu, dass da etwas zwischen uns ist. Es ist zwar nicht das, was ich mir so vorstelle, aber ich sehe es mal als eine Art Fortschritt an, dass Sie es zumindest zugeben.“
Alexa verdrehte die Augen, seufzte und ließ sich in ihren Stuhl fallen. „Fliegen Sie einfach los, Colonel.“
John sah noch, wie sie trotzig ihre Arme vor der Brust verschränkte und vor sich her starrte, dann schüttelte er den Kopf und machte sich an die Vorbereitungen.
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Das Gate war bereits angewählt und der Jumper schwebte auch in den Gateraum, doch dann brach die Hölle aus.
Der Ereignishorizont zeigte starke Schwankungen, zuckte und stotterte geradezu, als würde das Gate sich jeden Moment abschalten wollen, doch dann schossen wiederum Blitze vom Gate und trafen den Jumper. Alarmsignale tönten durch den Jumper und auch im Kontrollraum war man mehr als beunruhigt. Irgendwas war ganz und gar nicht in Ordnung.
„Brechen Sie die Automatik ab“, hallte Alexas Stimme durch den Jumper.
„Was glauben Sie, was ich hier tue?“, fuhr John sie an und konzentrierte sich, während er wie wild die manuelle Steuerung bearbeitete.
„Colonel, brechen Sie die Automatik des Jumpers ab. Wir messen starke Energieschwankungen innerhalb des Gates“, echote Zelenkas Stimme durch den Funk.
„Ich arbeite daran, aber der Jumper reagiert nicht!“, gab John gereizt zurück.
Hilflos und mit groß aufgerissenen Augen konnten Zelenka und die anderen im Kontrollraum nur zusehen, wie der Jumper durch das Gate gezogen wurde, bevor es sich wieder schloss, als sei alles in Ordnung.
„Oh nein!“
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„Okay … das ist schon mal nicht die Alphaseite!“, meinte John, kaum dass der Jumper geradezu aus einem Gate das in der Umlaufbahn eines Planeten schoss.
„Und die Kontrolle haben wir auch nicht!“, erwiderte Alexa, die sich auf ihrer Seite um Aufklärung und Stabilität ihrer gemeinsamen Lage kümmerte. Doch jeder Versuch schien zwecklos.
„Und ich kriege sie auch nicht wieder!“, platze es aus John, der noch immer hoch konzentriert daran arbeitete, den Jumper in den Griff zu bekommen.
„Ich schätze, es dauert nicht mehr lange und wir haben ganz andere Probleme …“, wisperte Alexa, als sie aus dem Fenster sah.
John sah nur für einen Moment auf und folgte ihrem Blick. „Oder gar keine mehr“, stimmte er ihr zu.
Unkontrolliert rotierte der Jumper um seine eigene Achse, während er doch mit ungeheurer Geschwindigkeit dem Planeten entgegen raste.
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„Was ist passiert?“, verlangte Rodney zu wissen, als er und Dorian in den Kontrollraum stürmten. Dicht gefolgt von Tristanius und Richard.
„Sie … sie sind … weg“, wisperte Zelenka tonlos.
„Und wo ist das Problem?“
„Es … es gab Energieschwankungen und … und -“
„Energieschwankungen?“, fragte Dorian zweifelnd nach und Zelenka nickte nur träge.
„Extreme Energieschwankungen und dann haben Blitze den Jumper getroffen und –“
„Blitze?“
„Ich habe nichts machen können. Ich habe versucht, den Vorgang abzubrechen, habe dem Colonel gesagt, er solle die Automatik deaktivieren, aber dann wurde der Jumper einfach ins Gate gesogen … das können sie unmöglich überlebt haben.“
„Jetzt mal langsam“, bat Richard mit ruhiger Stimme, worauf sich Rodney sofort zu Wort meldete und Zelenka wirsch von seinem Platz verscheuchte.
„Woher sollen denn die Energieschwankungen kommen?“
„Ich weiß es nicht. Ich … mein Gott … sie sind …“, wisperte Zelenka noch immer unter Schock stehend.
„Wir haben schon seit Tagen mit Fehlfunktionen und Ausfällen zu rechnen, da war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch das Gate Ausfälle zeigt“, gab Richard zurück. „Doch ich weigere mich zu glauben, dass dem Colonel und dem Commander etwas geschehen ist.“
„Wenn es nur ein Ausfall gewesen wäre“, erwiderte Dorian, der an der Seite Platz genommen und stumm der Aufzeichnung des Gateraums gefolgt war. Auch wenn die Aufzeichnung nur wenige Augenblicke dauerte, war sie auch für den Expeditionsleiter und den General nicht besonders ermutigend. Tatsächlich spürte Tristanius, wie sich der zu Anfang kleine Knoten nun vergrößerte und ihn wie ein Bleigewicht fast in die Knie zwang. „Dann wären Sie jetzt noch hier.“
„Sie sind bestimmt wohlbehalten auf der Alphaseite angekommen. Doktor, was zeigt die Diagnose?“, verlangte Richard zu wissen.
„Laut Diagnoseprogramm gibt es keine Fehlfunktion“, verkündete Rodney.
„Wir haben die Aufnahme gerade erst gesehen, Rodney. Irgendwas ging da vor sich“, widersprach Dorian.
„Ja, ja. Ich sagte, es gibt keine Fehlfunktion. Ich sagte nicht, dass es keine gab.“
„Doktor –„, mahnte Richard milde.
„Laut Diagnostik ist mit dem Gate jetzt alles in Ordnung, aber sie zeigt auch an, dass vor wenigen Minuten etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.“
„Es zeigt an, das etwas nicht stimmte, aber jetzt alles wieder in Ordnung ist?“
„Ja. Das habe ich doch gerade gesagt, oder nicht?“
„Und was war nicht in Ordnung?“ hakte Tristanius nach.
„Tja, äh …“
„Wissen wir nicht“, gab Dorian zurück, kaum, dass er einen Blick auf die ersten Daten auf Rodneys Bildschirm erhaschen konnte. „Aber was es auch war, es war nicht ohne. Die Blitze könnten den Jumper irreparabel beschädigt haben und die Instabilität des Wurmlochs hat sein Übriges getan. Ich brauche wohl nicht zu erklären … das ein instabiler Ereignishorizont im schlimmsten Fall nicht mal Atome von etwas übrig lässt.“
Dorians Blick zu seinem Vater war zwar kurz, aber dafür drückte er all das aus, wovor sich die beiden Antiker und wohl auch die Menschen am meisten fürchteten. Dann wandte er sich dem DHD zu.
„Wählen wir die Alphaseite an und erkundigen uns, ob der Colonel und der Commander gut angekommen sind“, bat Richard, wurde aber sogleich von Rodney unterbrochen.
„Keine gute Idee. Wenn sie nicht dort angekommen sind, könnten ihre Muster noch im Puffer sein. Wählen wir jetzt ein anderes Gate an oder jemand wählt sich bei uns ein … werden diese Muster unwiederbringlich gelöscht.“
„Dann sollten wir das Gate besser deaktivieren, bevor es dazu kommt.“
„Was ist dann mit der Alphaseite? Wie sollen wir herausfinden, wo der Colonel und der Commander sind?“, fragte Zelenka leise.
„Ich fliege mit dem Schiff zur Alphaseite“, erwiderte Tristanius. „Wenn sie dort sind, bringe ich sie auch gleich zurück. Deaktiviert das Gate. Wir können keinerlei Risiko eingehen.“
„Sind schon dabei“, gab Rodney zurück und haute mit Dorian kräftig in die Tasten.
Doch sie waren nicht schnell genug, als das Gate von Atlantis von außen angewählt und ein stabiles Wurmloch hergestellt wurde.
„Nein! Nein!“, rief Dorian noch, ließ seine Finger schneller über die Tastatur fliegen als je zuvor, doch es reichte einfach nicht.
Sekunden später erschien schon Majors Pleskys Gesicht auf einem Monitor im Kontrollraum.
„Atlantis? Was ist denn los bei euch? Wir warten und warten …“
„Major Plesky …“, grüßte Woolsey träge und leise, doch richtige Wiedersehensfreude wollte nicht so recht aufkommen. „Der Colonel und der Commander … sind sie gut bei Ihnen angekommen, ja?“
„Sir? Der Colonel wollte kommen?“
„Ja, Major. Der Colonel und der Commander …“, begann Richard zu erklären, als ihm Pleskys fragende Antwort wie ein Faustschlag traf. „Sie … sie wollten heute die Lieferung übernehmen. Sie sind nicht bei Ihnen … angekommen?“
„Nein Sir. Niemand kam an.“
„Ich verstehe …“
Den Rest des Gesprächs – auch wenn es recht kurz war – bekam man im Gateraum gar nicht mehr mit. Während Richard mühsam eine kurze Erklärung der kürzlichen Ereignisse abgab und beobachtete, wie Plesky die Farbe aus dem Gesicht wich, sank Dorian auf seinen Stuhl zurück, während Tristanius wie betäubt vor sich hinstarrte.
Zelenka nahm seine Brille ab, ließ sie achtlos vor sich auf die Konsole fallen und verbarg sein Gewicht in den Händen, während Rodney nicht minder geschockt nach Worten rang. Doch kein Einziges wollte ihm über die Lippen kommen.
Das Gespräch mit Plesky war beendet, als Richard sich dem Team wieder zuwandte, doch auch er wusste nicht so recht, was er nun sagen sollte, daher kamen die Worte eher mühsam aus ihm heraus.
„Sind Sie sicher, was die Diagnose angeht? Ich meine, kann es sein, dass sie vielleicht doch noch irgendwo … im System stecken?“
Rodney war der Erste, der die Kraft fand, sich wieder in Bewegung setzen, wenn auch nur, um resigniert mit dem Kopf zu schütteln. Dennoch wandte er sich wieder seinem Computer zu und gab einige Befehle ein.
„Es gibt keine Chance, dass … wenn sie im Puffer waren … sind sie das jetzt nicht mehr.“ Er wandte sich Dorian zu, sah, wie der junge Mann fassungslos zum Gate starrte und auch dessen Vater schien regelrecht erstarrt.
„Es tut mir leid“, wandte sich Richard leise an den General, doch er reagierte nicht. Es schien, als sei er mit seinen Gedanken sehr weit weg oder aber gar nicht mehr präsent. „Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen oder für Sie tun kann, um …“
Erst als Dorian aufsprang und aus dem Kontrollraum stürmte, blickte Tristanius ihm nach, wollte ihn noch rufen, aber es wusste nicht, was er ihm sagen sollte und er würde wahrscheinlich auch nicht auf ihn reagieren.
Tristanius schluckte einmal, bevor er sich gänzlich ins Hier und Jetzt kämpfen konnte. „Ich … ich muss auf die Krankenstation. Ich muss … meine Frau … sie … ich muss sie informieren.“
„Kann ich irgendetwas für Sie –„
„Nein … ich meine … nein. Danke, Mister Woolsey.“
Richard sah dem Mann nach, der gerade seine Tochter verloren hatte, und sah dann zu Rodney, Zelenka und all den anderem im Gateraum, die ebenfalls einen Kommandanten, ein Teammitglied, einen Freund verloren hatten.
~~~///~~~
In Gedanken versunken und träge, geradezu betäubt brachte Tristanius den Weg zur Krankenstation hinter sich. Über den Tod hatte er bisher kaum nachgedacht. Bis auf die jüngste Vergangenheit, die ihm einmal mehr zeigte, wie vergänglich, wie gefährlich das Leben sein kann. Er wusste, für jeden käme einmal jener Tag. Für Soldaten war das Risiko, dass eben jener Tag früher anbrach, natürlich weitaus höher, doch er hatte sich stets geweigert, daran zu denken, dass er womöglich seine Tochter oder gar seinen Sohn überleben würde. Selbst als Alexa ihm mit ihrem Wunsch zur Militärakademie gehen zu wollen Tag und Nacht in den Ohren gelegen hatte. Ja, ihn hatte die nackte Furcht, die kalte Panik ergriffen, aber er glaubte, einst alles im Griff zu haben. Selbst als die Gefahr durch einen verrückt gewordenen Wissenschaftler seines eigenen Volkes stetig anwuchs und noch immer, wie eine unlöschbar scheinende Flamme vor sich hin loderte, plante er sein Leben gerne gegen das seiner Tochter und ihrer Sicherheit herzugeben.
Seine unerschütterliche Hoffnung, sein Glaube, jedes Problem lösen, jede Gefahr eliminieren zu können und seine Opferbereitschaft hatte ihm treu zur Seite gestanden. Jetzt hatte man ihn verlassen.
Tristanius betrat die Krankenstation, fand sogleich seine Frau und beobachtete, wie sie mit Dr. Keller und einigen anderen Assistenzärzten sprach. Er wusste noch immer nicht, wie er es ihr beibringen sollte.
„Tristan“, rief ihn die Stimme seiner Frau, und erst als sie ihn an der Wange berührte, zeigte er wieder eine Reaktion. „Ist alles in Ordnung? Du bist so blass.“
„Es … es ist … ich muss mit dir reden. Lass uns … lass uns in eines der Büros gehen.“
„Was ist denn passiert?“, wollte Elisha wissen, während der General sie in einen kleinen angrenzenden Raum führte.
„Tristan, jetzt sag mir doch endlich, was los ist. Du machst mir allmählich Angst.“
„Elisha … ich … ich weiß nicht … es hat eine Fehlfunktion gegeben. Eine Fehlfunktion am Gate.“
„Am Gate? Gab es Verletzte? Wieso ist kein Funkspruch –“
„Elisha … Alexa und der Colonel … sollten heute zur Alphaseite reisen.“
„Ja“, gab Elisha abwartend zurück und sah, wie ihr Mann sich um weitere Worte bemühte, die er jedoch kaum herausbrachte. „Tristan? … Können sie nicht zurück? Das Gate kann bestimmt repariert werden oder wir holen sie mit dem Schiff ab.“
Noch immer rang Tristan nach Worten, doch als er seine Frau nur schweigend mit jenem verhängnisvollen Blick bedachte, wurde ihr bewusst, warum ihr Mann derart mit sich kämpfte. Sie glaubte die kalte Hand des Todes zu spüren, die sich um ihre Kehle legte. „Nein … nein. Du willst mir doch jetzt nicht sagen, dass … nein, das kann nicht sein. Sie sind bestimmt auf der Alphaseite. Es ist alles gut gegangen.“
„Elisha … ich habe befohlen, das Gate zu deaktivieren, bis wir der Fehlfunktion auf dem Grund gegangen seien, aber, noch ehe das geschah, hat die Alphaseite uns angewählt. Elisha … sie sind nicht … sie sind nicht dort angekommen.“
„Nein … nein“, brachte Elisha hervor, während Tristan seine Frau nur noch in die Arme nehmen konnte.
Jennifer hatte sich noch ein wenig zurückgezogen und die Privatsphäre der beiden respektieren wollen und verstand die Worte, die gesprochen wurden, daher nicht, doch die Miene des Generals und Elishas Reaktionen ließen sie die Stirn runzeln. Irgendwas musste passiert sein.
„Rodney, hier ist Jennifer“, sprach sie leise in ihr Funkgerät. „Was ist los? Was ist passiert?“
Jennifer lauschte sprachlos den Worten ihres Freundes, während sie ihre Hand in einer erschütterten und fassungslosen Geste an ihren Mund führte.
Irgendwo auf einem fremden Planeten
Das Atmen fiel ihm schwer, als John aus der Bewusstlosigkeit erwachte, was möglicherweise am Rauch lag, der den Jumper erfüllte. Oder zumindest das, was noch vom Jumper übrig war.
Vage erinnerte er sich daran, was passiert war. Nur nach und nach ergänzte sich der gesamte Ablauf der letzten Stunden um ein Bild nach dem anderen. Der kleine Showkampf in der Trainingshalle, das Feuer in der Trainingshalle, die Verwüstung der Trainingshalle, die Wut und Enttäuschung von Woolsey und dem General, ganz zu schweigen von der Verständnislosigkeit seiner eigenen Familie, gefolgt von der Strafarbeit und nicht zu vergessen, Alexas durchgehende und anhaltende zickige Verhalten. Dann erinnerte er sich daran, dass er mit Alexa zur Alphabasis fliegen und dort neues Equipment abliefern sollte. Er erinnerte sich an die Blitze, wusste, dass irgendetwas schief gelaufen sein musste und dass nicht nur, weil Alexa ihm pausenlos mit Instruktionen zum Abschalten der Automatik oder zur Wiedererlangung der Kontrolle oder einer kontrollierten Bruchlandung im Ohr lag. Alexa hätte wahrscheinlich selbst …
Mit einem Mal war John hellwach.
„Alexa!“ Schnell ließ er seinen Blick durch das Chaos im Jumper gleiten, sah in die Richtung, in der er den Co-Pilotensitz vermutete, doch finden konnte er sie nicht. Wieder rief er nach ihr und hoffte auf ein Lebenszeichen von ihr. Doch jeder tiefe Atemzug brannte in seinen Lungen und seine Rippen fühlten sich auch nicht gerade gesund an.
Erst als John begann, sich unter den Transportboxen und Kisten hervor zu kämpfen, wurde ihm bewusst, dass es nicht gerade eine seiner besseren Bruchlandungen gewesen war und er sich dabei mindestens eine Rippe gebrochen haben musste. Die dutzenden blauen Flecke und Kratzer hatte er wahrscheinlich durch die umherfliegenden Kisten kassiert.
John schaffte es, die Orientierung wieder zu finden und kämpfte sich einen Weg zum Cockpit. Wie war er nur in den Laderaum gelangt? Während des Sturzfluges musste der Jumper offensichtlich ganz schön durchgeschüttelt worden sein. Auf halben Weg fand er auch endlich Alexa, die nicht minder unter all den Kartons und Boxen verschüttet lag. Schnell hatte er sie regelrecht ausgegraben, da erkannte er, dass sie noch immer bewusstlos war und eine böse Schnittwunde über ihrem rechten Auge hatte.
„Gottverdammt!“
Noch immer sprühten Funken aus den Kontrollen, doch als plötzlich Flammen auflodernden, war John froh, dass die Halterung des Feuerlöschers während dieses Höllenritts standgehalten hatte.
Schnell löschte er das kleine Feuer und machte sich wieder daran, Alexa wach zu bekommen.
„Alexa … Alexa kommen Sie schon. Wachen Sie auf. Verdammt noch mal, wach auf.“
Wieder ließ er seinen Blick über sie gleiten, doch abgesehen von der Schnittwunde und dem einen oder anderen blauen Fleck schien sie nicht schwerer verletzt zu sein. Dennoch kämpfte John sich noch einmal auf die Beine und hoffte, auch den kleinen Scanner an seinem vorgesehenen Platz zu finden. Glücklicherweise wurde er nicht enttäuscht und erinnerte sich daran, wie ein solcher Scanner für medizinische Zwecke umzuprogrammieren war. Rodney und Jeannie sei Dank.
Der Scan zeigt an, dass Alexa weniger Glück zu haben schien als er. Ein Schlüsselbein und ein Arm waren gebrochen und offensichtlich hatte sie auch eine anständige Gehirnerschütterung. Es bereite ihm zwar Sorge, doch er war auch froh, dass sie nicht noch schwerer verletzt war oder gar innere Blutungen hatte. Aber er musste sie unbedingt wieder wach bekommen.
„Alexa … hey … hey … aufwachen.“ Beinahe zärtlich tätschelte er ihre Wange und sprach immer wieder zu ihr, bis sie endlich eine erste Reaktion zeigte und ihren Kopf stöhnend drehte und beim ersten tieferen Atemzug zu husten begann.
„Langsam … ganz langsam“, sprach John und versuchte mehr Platz um sie herum zu schaffen.
„Was … was ist passiert?“, verlangte sie mit krächzender Stimme zu wissen.
„Erinnern Sie sich nicht?“
„Ich weiß noch …“, begann sie, wurde dann aber durch einen Hustenanfall unterbrochen, der John abermals besorgt zum Scanner greifen ließ. Ob sie womöglich doch innere Verletzungen hatte? „Ich erinnere mich, mit Ihnen zur Alphaseite zu müssen und dass irgendwas mit dem Gate nicht stimmte
… Blitze haben den Jumper getroffen … oder?“
„Ja … ja, das fasst es ziemlich gut zusammen. Das Gate hatte offensichtlich eine Fehlfunktion, die Automatik ließ sich nicht abschalten … wir sind auch nicht auf der Alphaseite herausgekommen und … stattdessen hier gelandet. Wo immer das ist.“
Alexa drehte ihren Kopf, registrierte die Schmerzen in ihrer Schulter und ihrem Arm, aber kommentierte dies nur durch ein leises Zischen.
„Ja, ich weiß“, sprach John weiter. „Es sieht nicht gerade nach einer meiner besten Bruchlandungen aus.“
„Hm … wenn man außer Acht lässt, dass die Kontrolle einfach nicht wieder zu erlangen war, ist das noch eine Untertreibung. Aber es sollte wohl für Sie sprechen, dass wir noch am Leben sind … halbwegs.“
Als Alexa sich aufsetzen wollte, drückte John sie wieder zurück und sie stöhnte schmerzvoll auf.
„Liegen bleiben. Sie haben sich offensichtlich ganz schön den Kopf angeschlagen. „Außerdem sind Ihr Schlüsselbein und Ihr Arm gebrochen.“
„Ich bin erschüttert“, platze es trocken aus der Antikerin. „Habe mich schon gefragt, was mich da zwickt.“
„Zwickt? Ich glaube, Sie unterschätzen das Ganze ein wenig. Während ihr Schlüsselbein noch geradewegs wieder heilen kann, müsste der Bruch an Ihrem Arm erst gerichtet werden. Und bei Ihren Selbstheilungskräften sollte das besser schnell geschehen.“
„Sind Sie jetzt Arzt? Da wundert mich diese Landung nicht mehr“, kommentierte Alexa, worauf John sich fragte, ob sie weiterhin die unnahbare Zicke spielte oder ob es die Schmerzen waren, die sie weiterhin so unausstehlich machten.
John atmete einmal tief durch, als er ihr einen bösen Blick zuwarf, an dem sie die junge Frau jedoch nicht störte. Stattdessen versuchte sie sich ein weiteres Mal aufzurichten, was John abermals unterbinden wollte.
„Wenn Sie mich noch einmal runter drücken, versichere ich Ihnen, finden Sie sich an dieser Stelle wieder und glauben Sie mir, ich brauche nicht einmal den kleinen Finger zu rühren, um Sie an Ort und Stelle zu halten – weil Sie dann nicht mehr in der Lage sind, überhaupt an Aufstehen zu denken. Und jetzt lassen Sie mich endlich aufstehen und mich um meinen Arm kümmern“
John reichte es, als er sie am Kinn packte und sie zwang, ihn anzusehen.
„Und wenn Sie nicht langsam dieses zickige und unausstehliche Verhalten ablegen, schwöre ich Ihnen, dass ich Sie jeden Tag übers Knie lege und Ihnen Ihren dürren Hintern versohle, dass Sie für den Rest des Jahres nicht mehr ans Sitzen zu denken brauchen. Und jetzt lassen Sie mich Ihnen helfen, sich langsam aufzusetzen, damit ich Ihre Wunde und Ihren Arm versorgen kann.“
John hatte keine Ahnung, woher diese Worte auf einmal kamen, aber es erschreckte ihn ein wenig, dass er es tatsächlich ernst meinte. Noch mehr überraschte ihn ihre plötzliche Sprachlosigkeit, und wenn er sich nicht sehr irrte und er einen längeren Blick in ihr Gesicht oder vielmehr in ihre Augen wagen würde, würde er sogar ihre Verblüffung erkennen. Er musste zugeben, dieser kleine Sieg in ihrem … John wusste noch immer nicht wie er das, was schon die ganze Zeit zwischen ihnen vorging, benennen sollte. Aber ja, dieser kleine Sieg tat gut. Vielleicht würden ein paar weitere dieser Siege ihr ja allmählich den Wind aus den Segeln nehmen und den Weg zu einem miteinander auskommen ebnen.
Mühsam und mit einer Menge unterdrücktem Stöhnen und Keuchen und Zähne zusammenbeißen, schaffte sie es, sich aufzusetzen und ließ sich mehr oder weniger geduldig erneut vom Colonel durch scannen.
„Und Ihre Diagnose, Doktor Sheppard?“
„Doktor Sheppard ist mein Vater, Sie werden sich mit mir begnügen müssen und Sie haben immer noch einen Bruch, der gerichtet werden muss“, erwiderte John lässig und machte sich auf die Suche nach dem Erste Hilfe Koffer, den er glücklicherweise nicht lange suchen musste. Kaum das er sich wieder zu ihr umdrehte, sah er, wie Alexa den Bruch an ihrem Unterarm betastete und sich ans Werk machen wollte. „Wagen Sie es ja nicht!“
„Was? Sie haben doch gesagt, er müsste gerichtet werden, und ob Sie es glauben oder nicht, ich stimme sogar mit Ihnen überein. Also …“
„Ich kümmere mich um Ihren Arm, aber zuerst …“
„Auf keinen Fall!“, erwiderte Alexa entschieden, als sie den Injektor in seiner Hand sah. „Das ist nur ein simpler Bruch und so etwas habe ich schon öfter getan. Ohne das Zeug.“
„Das Zeug ist das Schmerzserum, dass Ihre Mutter entwickelt hat. Sie wissen selbst, wie gut es wirkt und dass das Richten eines Bruches nicht gerade angenehm ist.“
„Das brauchen Sie mir nicht zu sagen. Aber Sie wissen wohl nicht, dass ich eine hohe Schmerzgrenze habe und das Serum besser für andere Situationen aufgehoben werden sollte. Wer weiß, wo wir hier sind oder was sonst noch geschieht.“
„Ja, da könnten Sie recht haben. Vielleicht wäre das Morphin eher etwas für Sie“, gab John salopp zurück.
„Morphin macht mich nur träge und schläfrig.“
„Ja genau. Es reicht also gerade so aus, um Ihren Bruch zu richten, Ihre Platzwunde zu versorgen und Sie ein wenig ruhig zu stellen, damit Ihre Brüche anfangen können, zu heilen. Wenn alles glatt läuft, geht es ihnen heute Abend schon besser.“
„Ich lasse mich bestimmt nicht von Ihnen einfach so ruhigstellen. Und was ist überhaupt mit Ihnen? Glauben Sie ja nicht, mir wäre entgangen, dass Sie jedes Mal krampfhaft auf die Zähne beißen und zucken, wenn Sie sich bewegen. Sie haben sich auch was getan. Warum nehmen Sie nicht das Morphium und ich begnüge mich mit dem Serum?“
„Weil es bei mir nicht ganz so schlimm ist, wie bei Ihnen“, log John und überprüfte die Dosierung der Spritze. „Also …“
„Von wegen. Ich kenne Sie doch. Sie würden selbst dann noch behaupten, es ginge Ihnen gut, wenn Ihr Kopf Ihnen hinterher rollen würde. Wagen Sie es ja nicht!“, platze es noch aus Alexa, als John sich daran machte, ihr die Spritze zu verpassen.
Aber John wagte es. Mit einem geradezu kalten Blick hatte er ihr die Spritze beinahe ins Bein hin eingerammt und injizierte ihr eine kleine Menge des Morphins, worauf Alexa ihn mit noch größerer Fassungslosigkeit ansah.
„Sie verdammter …“
„Gerne geschehen“, gab John lässig zurück und beobachtete, wie die Wirkung des Medikamentes beinahe sofort einsetzte. Ihre Augen wurden träge, ihre Bewegungen wurden schwerfälliger und bald war sie kaum noch wirklich ansprechbar. John hoffte inständig, dass er mit dem Morphin und ihrer Gehirnerschütterung nichts falsch gemacht hatte. Er wartete noch einige Minuten, bevor er Alexa noch einmal ansprach.
„Alexa … Alexa, verstehen Sie mich?“
„Mhm …“, war alles, was sie von sich geben konnte, abgesehen von dem halben Nicken.
„Ich werde Ihnen jetzt Ihren Arm richten und ihn dann in eine Schlinge legen, okay? Haben Sie verstanden?“
„Mhm …“
John bezweifelte, dass sie wirklich verstand, was er zu ihr sagte. Sie mochte vielleicht noch halbwegs wach sein, aber mitdenken oder logische Schlüsse ziehen konnte sie wohl nicht mehr. Sie war praktisch Macht- und hilflos und er wusste, dass ihr das gar nicht gefiel. Verdammt es gefiel ihm ja selbst nicht einmal. Weder bei sich noch bei ihr.
„Alexa … Alexa …“
„Hm?“
„Es wird wahrscheinlich immer noch ein bisschen weh tun. Aber nur kurz. Okay?“
„Okyyyy … was?“
„Ihr Arm. Ich kümmere mich jetzt um Ihren Arm“, erklärte John noch einmal kurz und griff vorsichtig nach ihrem linken Arm. Er betaste den Bruch genauer, fühlte die Bruchstelle ab und beobachtete ihre Reaktionen. Entweder war ihre Schmerzgrenze wirklich sehr hoch, oder das Morphin wirkte wahre Wunder oder die junge Frau ließ sich absolut nichts anmerken.
Es war nur ein simpler Griff und ein kleiner Ruck und die Knochen wären wieder an Ort und Stelle. Doch wie von John prophezeit tat es ihr weh und nicht nur ein bisschen. Alexa hatte sich aufgebäumt und sogar kurz aufgeschrien, sodass John sogar erschrak. Er atmete tief durch, wartete darauf, dass sein Herz wieder normal schlug, und lenkte seine Konzentration wieder auf die Antikerin, die nun mit der Stirn an seiner Schulter lehnte.
„Alexa … hey. Alles gut. Ist okay. Das war es schon. Ich werde Ihnen helfen, den Arm ruhigzustellen und dann können Sie sich ein bisschen ausruhen, okay?“
„Hm …“
Langsam und vorsichtig ließ er sie sich nach hinten an eine größere Box lehnen und kümmerte sich dann um ihre Armschlinge. Kaum war der Arm ruhiggestellt, machte er sich daran, die Platzwunde an ihrer Stirn zu säubern. Glaubte John anfangs noch, dass sie genäht werden müsste, so war John erleichtert zu sehen, dass sie bereits zu heilen begann, als er das meiste Blut und den Schmutz entfernt hatte. Heute Abend wäre wahrscheinlich kaum noch etwas davon zu sehen.
Alexa öffnete wieder die Augen und blickte ihn mit trägen und müden Augen an.
„Hey“, hauchte John leise, während er ein letztes Mal das Jod auf ihre Wunde tupfte. „Haben Sie noch starke Schmerzen?“
„Hm … nee. Warum sollte ich Schmerzen haben?“
John lächelte. Sie war offenbar immer noch auf diesem leichten Morphin-Trip. „Schon vergessen, hm? Sie haben sich den Arm und das Schlüsselbein gebrochen.“
„Oh? … Ja … aber wir fliegen doch noch.“
John lächelte immer noch, kannte er doch das merkwürdige Gefühl, das Morphin verursachte. „Nein, wir haben eine Bruchlandung hingelegt, aber ja, Sie fliegen wohl noch ein bisschen, während ich hier drinnen wieder ein bisschen Ordnung schaffe und rausfinde, wo wir sind. Also, genießen Sie Ihren Trip, ich bin gleich hier hinten.“
John verbrachte die nächsten Stunden mit einem Check-up seines eigenen Zustandes –glücklicherweise blieb es bei einer gebrochenen Rippe und den unzähligen blauen Flecken und Schrammen – dem Aufräumen und dem Begutachten des Jumpers. Letzteres fiel bei Gott nicht rosig aus. Wirklich gar nichts mehr war noch wirklich brauchbar und auch seine Versuche den Funk oder zumindest das Notsignal zum Laufen zu bringen blieben erfolglos. Auch die Lebenserhaltung stotterte nur noch vor sich hin, und gerade als John sich fragte, wie lange sie wohl noch durchhielt, fiel sie gänzlich aus.
„Großartig! Echt klasse! Also wenn schon alles den Bach runter geht, dann aber richtig, was?“, murrte John vor sich her und schlug dann resigniert auf die Konsole. Größere Schäden könnte er dadurch auch nicht mehr anrichten.
„Was … ist denn los?“, krächzte Alexa hinter ihm.
„Hey … na sind Sie wieder von Ihrem Trip zurück?“
„Sie meinen wohl den Trip, auf den Sie mich gegen meinen Willen geschickt haben!“
„Oh ja, Sie sind wieder da.“
„Könnte ich vielleicht mal eine anständige Antwort bekommen? Ich würde gerne wissen, was los ist“, forderte Alexa zu wissen und kämpfte sich mühevoll auf die Beine. John Hilfe schlug sie dabei wirsch aus.
„Sie sollten besser noch ein wenig liegen bleiben. Sie haben eine Gehirnerschütterung.“
„Ich bin sicher mein Gehirn erholt sich genauso schnell, wie der Rest meines Körpers. Ihrer auch?“
„Mein Angebot, Sie mal übers Knie zu legen steht immer noch“, erwiderte John leise und knurrend, die Alexa abermals leicht zusammenzucken ließ. „Wenn Sie sich wenigstens setzen, werde ich Ihnen gerne einen ausführlichen Bericht geben.“
Alexa musterte ihn nur wenige Sekunden und John konnte nicht wirklich sagen, was sie letztenendes dazu bewog, seiner Bitte folgen zu leisten. Als Alexa sich in den leicht wackligen und knirschenden Co-Pilotensitz sinken ließ, atmete John tief durch, öffnete und reichte ihr eine kleine Flasche Wasser und setzte sich ebenfalls wieder.
„Also, Ordnung habe ich geschafft, das eine oder andere der Ausrüstung hat die Landung nicht überlebt, aber das ist nicht so tragisch, wir können es vermutlich eh nicht gebrauchen. Es wundert mich ehrlich gesagt etwas, dass wir es in die normale Landeposition geschafft haben, aber wir haben die Antriebsgondeln verloren.“
„Wie kommen Sie denn auf die Idee?“
„Hauptsächlich, weil sie eben nicht mehr da sind, okay? Als ich die Atmosphäre gecheckt habe, habe ich mir den Jumper auch von außen ansehen können. Vor der Landung hatte ich es zwar noch geschafft, die Antriebsgondeln ausfahren zu lassen, aber genutzt hat es wohl nicht viel. Der Antrieb ist völlig hinüber. Anzeigen bekomme ich schon gar keine und es gibt mittlerweile kein System mehr im Jumper, das nicht beschädigt ist, die meisten sogar irreparabel und eben ist auch noch die Lebenserhaltung ausgefallen. So weit ich das sehe, ist es ein Wunder, dass der Rumpf noch an einem Stück und wir am Leben geblieben sind.“
„Klingt doch toll.“
„Ja, ich wusste, dass Ihnen das gefallen würde“, gab John nonchalant zurück und auch Alexa grinste eher gezwungenermaßen.
„Und wo sind wir?“, fragte Alexa, als sie den Blick aus dem Fenster wieder wagte.
„Das habe ich auch nicht herausfinden können. Die Alphaseite ist es jedenfalls nicht, aber dem ersten Anschein nach, sind wir hier in einer Wüste gelandet.“
„Oder einem Wüstenplaneten“, erwiderte Alexa leise und dachte mit Schrecken an ihren letzten Aufenthalt auf einem Wüstenplaneten zurück, der sogar mir riesigen ekligen Würmern aufwarten konnte.
„Wohl eher nicht. Während unseres so spektakulären Landeanflugs habe ich auch eine Menge grün und blau auf diesem Planeten ausmachen können. Wenn ich mich nicht zu sehr verschätze, dürfte eine grüne Landschaft mit angrenzendem großen Gewässer etwa ein, mit unseren Verletzungen vielleicht eher zwei Tagesmärsche in diese Richtung entfernt sein“, erklärte John, als er dann nach hinten zeigte.
„Wir sollen den Jumper verlassen und ihn hier zurücklassen, während wir durch die Wüste marschieren? Colonel, kann es sein, dass Sie sich auch den Kopf angeschlagen haben?“
John ging nicht auf diese erneute Spitze ein und warf ihr nur einen, wie er glaubte, mahnenden Blick zu. „Ich habe auch versucht das Gate in der Umlaufbahn anzuwählen, aber einige der Kristalle des DHDs haben ihre sonst so hübsche Farbe zu … schwarz und aschgrau gewechselt und ich gehe mal davon aus, dass keiner von uns das wieder rückgängig machen kann oder Ersatz dabei hat.“
Dieses Mal war es Alexa, die ihm einen mahnenden Blick zuwarf, auf den John dann nicht einging.
„Wie gesagt, der Jumper ist ein totaler Schrotthaufen und größtenteils nicht zu reparieren. Und wenn, nützt uns das hier in der Wüste nichts. Es scheint hier früh am Morgen zu sein, was bedeutet, dass die Temperatur noch gewaltig ansteigen wird. Bleiben wir hier, werden wir geröstet. Also, ich schlage vor, dass wir uns Proviant und Wasser einpacken und nur das noch mitnehmen, was wirklich nützlich für uns ist, und das wir uns zum Grün und Blau begeben. Wahrscheinlich finden wir dann auch noch ein paar Leute, die uns helfen können.“
„Haben Sie denn außer uns noch andere Lebenszeichen ausmachen können, oder haben Sie den Scanner nur eingesetzt, um Doktor zu spielen?“
„Im Moment sind wir die einzigen Lebewesen hier und die begrenzte Reichweite des Dings kennen Sie ja selbst.“
„Was ist überhaupt mit dem Funk? Dem Notsignal?“
John kramte ein beinahe gänzlich verkohltes Gerät hervor, von dem Alexa sofort erkannte, dass es einmal die Kommunikationsanlage gewesen sein musste.
„Sie haben eine hübsche Schleife vergessen“, witzelte Alexa trocken.
„Mein Fehler“, gab John ebenso lahm zurück, sah aber dann einen leichten Anflug von Sorge, vielleicht aber auch den Beginn einer Panik in ihrer Miene. „Hey, die werden uns schon finden.“
„Natürlich. Wir waren auch so intelligent und haben Brötchen ausgestreut, als wir auf Reisen gingen!“
„Brotkrumen“, berichtigte John sie.
„Das macht Ihnen wohl Spaß, was?“
„Oh ja, ich kringele mich vor Lachen. Während Sie Ihr Schläfchen eben genossen haben, habe ich nicht anderes getan um mich durch das, was vom Jumper noch übrig ist, lachend durch zu wälzen. Können wir jetzt gehen?“
„Woher weiß ich, dass Sie –“
„Jetzt machen Sie wohl Witze, was? Glauben Sie wirklich, ich lasse mir das alles einfallen? Glauben Sie, ich hätte das gewollt?! Sie denken wohl auch noch, ich hätte letzte Nacht das Gate manipuliert, sodass wir anständig durchgeschüttelt und gerüttelt hier in dieser gottverlassenen Pampa runterplumpsen, weil es mir wohl einfach so in den Kram passte.“
„Also jetzt machen Sie sich lächerlich.“
„Ich mache mich lächerlich?! Sie zweifeln doch alle fünf Minuten an dem, was ich sage! Falls ich bei Ihnen überhaupt mal dazu komme, etwas zu sagen!“
„Oh bitte!“
„Na schön! Lesen Sie doch in mir! Dann wissen Sie, dass ich die Wahrheit sage“, erwiderte John gereizt. Gott er hatte die paar Stunden Ruhe wirklich genossen. Kaum ausgesprochen spürte er schon Alexas Eindringen in seinen Geist und er musste überrascht und fassungslos den Kopf schütteln.
„Unfassbar! Ich hätte nicht gedacht, dass es wirklich einmal dazu kommt.“
„Was?! Sie wollten doch, dass ich in Ihnen lese!“
„Darum geht es nicht. Ich habe wirklich gedacht, dass trotz all diesem … Zickenwahn, der Sie in letzter Zeit befallen hat und von dem ich einfach nicht weiß, woher er kommt oder warum Sie sich und anderen das Leben so schwer machen, immer noch ein Mindestmaß an Vertrauen zwischen uns herrscht“, platzte es aus John, als er aufsprang und sich daran machte, einen Rucksack mit Wasser und Proviant zu packen.
„Vertrauen? Das haben Sie sich gerade verspielt, als Sie mir einfach so diese verfluchte Spritze verpasst haben. Kommen Sie mir doch jetzt nicht mit so was an.“
„Habe mich wohl gewaltig geirrt, hm? Das ist also der Dank dafür, dass ich nur daran dachte, Ihnen die größten Schmerzen zu ersparen …“
„Das ist alles, worum es Ihnen geht? Das ist alles, was Sie wollen? Dankbarkeit? Na, wenn das so ist -“
John seufzte, als er sie unterbrach. „Wissen Sie was? Vergessen Sie es einfach. Sie wollen doch gar nicht wissen, worum es wirklich geht. Es interessiert Sie nicht. Weiß der Teufel, was Sie mit Ihrem Verhalten wirklich bezwecken, aber … Botschaft angekommen. Vergessen wir das Ganze und lassen Sie uns einfach nur von hier verschwinden. Je eher wir hier wegkommen, desto schneller finden wir vielleicht Hilfe oder einen Ort, an dem wir auf Hilfe warten können.“
John hatte bereits einen Rucksack gepackt, als er sich daran machen wollte, auch Alexas Tasche mit Wasser, Medikamenten und Proviant zu bestücken. Doch Alexa herrschte ihn abermals an, dass sie schon alleine klar käme. John hob entschuldigend die Arme und kümmerte sich lieber um die Verteilung der Waffen und der Munition. Nach einer halben Stunde, in der alles verteilt und gepackt und auch die Außenschäden von Alexa in Augenschein genommen war, hatte John durch ein paar Steine, die er in der Umgebung fand, einen Pfeil in die Richtung, in die sie gehen würden, geformt.
Ein wenig Sorge bereitete es ihm schon, den Jumper so ungeschützt einfach stehen zu lassen, aber die Tarnung war ebenfalls dem Absturz zum Opfer gefallen. Andererseits gab es nun wirklich nichts mehr, was noch irgendwie gebraucht werden konnte, abgesehen von dem einen oder anderen Ausrüstungsgegenstand, aber auch darüber brauchte er sich nicht zu sorgen. Gefährlich werden konnte es ihnen nicht einmal, wenn es den Wraith in die Hände fallen würde. Inständig hoffte John, nicht auch noch denen zu begegnen.
Ein letzter Blick zu dem ausgedienten Jumper und die beiden Soldaten machten sich auf den Weg.