Negotiations
Serie: Stargate Atlantis – Alexa Saga
Series Order: 08
Characters: Sheppard, McKay, Teyla, Ronon, Woolsey, Keller, Lorne, OC, diverse andere Bekannte des SG(A)-Verse
Genre:OC, ein bisschen AU, Adventure, Friendship, Action
Rating: R-16
Wortanzahl: ca. 56.000 Worte
Kurzinhalt: Während John sich noch von seinem Zusammenstoß mit einer gefährlichen Pflanze erholt, werden auf der Erde schwerwiegende Entscheidungen getroffen: Das Stargate-Programm soll öffentlich gemacht werden. Außerdem entschließen sich die Antiker für einen Besuch auf der Erde um wichtige Gespräche und Verhandlungen zu führen. Doch als es darum geht, dass Dave seine Familie wieder im SGC treffen soll, taucht er nicht auf und ist auch sonst spurlos verschwunden. John setzt alles daran, seinen Bruder zu finden.
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Erde, Cheyenne Mountain, Stargate Center
General Hank Landry überflog gerade einen Missionsbericht eines Teamleaders eines seiner Dutzenden Stargate-Teams, als es an seiner Bürotür klopfte und Walter hereintrat.
„Verzeihen Sie die Störung, Sir. Mister Afram und Mister Coolidge vom IOA sind gerade …“
„Danke, den Rest bekomme ich selbst hin. General Landry, schön, Sie endlich einmal persönlich kennenlernen zu können. Afram. Lionel Afram. Internationales Aufsichtsgremium“, unterbrach ihn die Stimme des hochgewachsenen und sonnengebräunten Mannes, der mit ausgestreckter Hand vor seinem Schreibtisch zum stehen kam.
Landry sah ausdruckslos zur dargebotenen Hand, ließ seinen Blick dann in das fast aufdringlich grinsende Gesicht des forschen Mannes gleiten, bevor er einige Sekunden auf Coolidge zum Ruhen kam. Die Zurückhaltung und das peinlich berührt sein des IOA Verbindungsmannes Coolidge sprach beinahe Bände. Was immer mit dem Mann in Atlantis geschehen sein musste, oder was immer man ihm damals dort nahe legte- es musste ihm verdammt gut getan haben. Es würde auch diesem neuen, diesem Afram gut zu Gesicht stehen, sich etwas in Zurückhaltung und Good-Manners zu üben. Hank machte zunächst keine Anstalten, die Hand zu ergreifen, oder gar einige Worte zu erwidern. Stattdessen blickte er an den beiden Eindringlingen vorbei zu Walter, der sich von dem Ansturm der IOA-Leute erholt hatte.
„… eingetroffen und bitten um eine Unterredung mit Ihnen. Ich bin nicht sicher, Sir, aber es scheint wohl dringend zu sein“, beendete Walter und konnte sich eine spitze Bemerkung, begleitet mit einem wütenden Blick in Richtung Afram nicht mehr verkneifen.
„Tja, äh … wie ich schon sagte, Danke Walter“, erwiderte Afram, unfähig zu begreifen, dass seine stürmische Art in das Büro des Stützpunktkommandanten zu gelangen und Walter beinahe über den Haufen zu rennen, nicht gerade auf tosenden Applaus stieß.
„Für Sie Chief Master Sergeant Walter Harriman“, entgegnete dieser und konnte seine Gereiztheit gerade noch zügeln, was Landry doch immer wieder verwunderte.
„Danke Walter“, meldete sich nun der General endgültig zu Wort und entließ den gebeutelten Sergeant.
„Sie haben wirklich einige merkwürdige Leute in Ihrem Kommando, General“, erklärte Afram, während er sich die Freiheit nahm, Platz in einem Stuhl vor dem Schreibtisch zu nehmen. Was Landry nur ein hochziehen der Augenbraue entlockte.
„Unter meinem Kommando dienen keine merkwürdigen Leute, sondern nur die Besten. Meine Leute tun alles, damit ich ein glücklicher General bin, der niemals einen Grund hat, den gesamten Stützpunkt zusammen zu brüllen. Dabei brülle ich meine Untergebenen aber so gerne an. Gerade im Moment allerdings bedauere ich, dass Sie keiner meiner Untergebenen sind. Sonst würde ich Sie in Grund und Boden brüllen, bis Sie in China wieder rauskämen.“
„Wie meinen?“, begann Afram leicht zu stottern.
„Ganz egal wie wichtig oder dringlich die Gründe für Ihr persönliches Erscheinen in diesem Stützpunkt auch sein mögen, ich schätze es überhaupt nicht, wenn man meine Leute praktisch über den Haufen rennt und sich wie ein Elefant im Porzellanladen benimmt. Das können Sie gerne dem gesamten IOA ausrichten. Mir scheinen alle Ihre Mitglieder die gleichen … nennen wir es mal Symptome einer Krankheit zu haben. Aber keine Sorge, diese Krankheit lässt sich heilen. Fragen Sie Ihren Kollegen. Kaum in Atlantis angekommen, muss er wohl auf seinen Meister getroffen sein. Wie verwandelt ist er nun. Und Ihr Kollege Woolsey hatte auch einen langen Leidensweg. Er wurde ebenfalls geheilt. In Ihrem Interesse hoffe ich mal, dass auch Sie diese Krankheit loswerden. Wenn nicht, werde ich Sie ihnen beim nächsten mal persönlich austreiben“, erklärte Landry ruhig und wies danach Coolidge an, sich zu setzen.
„Verstehe. Ich entschuldige mich, General. Doch, wenn Sie erst erfahren haben, warum wir persönlich herkamen und Sie auch den kommenden Anruf von General O´Neill entgegen genommen haben, werden Sie vielleicht besser verstehen.“
„Na, da bin ich ja gespannt. Dann lassen Sie mich mal verstehen.“
„Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht …“
„Wenn Sie nicht wissen, wie Sie mir etwas mitteilen sollen, empfehle ich Ihnen, keine großen Reden zu schwingen und sich stattdessen ran zu halten oder noch besser. Sie verlassen mein Büro wieder. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“
„Dann werde ich es so kurz und schmerzlos machen, wie möglich, General …“
Atlantis
„Sehr gut, Colonel“, lobte die Physiotherapeutin ihren Patienten, der sich mit einem erschöpften Stöhnen auf eine kleine Sitzbank niederließ. „Sie erholen sich schneller, als gedacht. Ihre Fortschritte sind einfach unglaublich.“
„Heißt das, dass ich mich endlich von diesen Dingern trennen kann?“, fragte John und schielte abschätzig zu den Krücken, mit denen er sich schon seit einigen Tagen durch die Stadt bewegen musste.
„Tun Sie das denn nicht schon, wenn mal niemand hinsieht?“, gab die blonde Therapeutin lächelnd und wohl wissend zurück. „Ich habe Sie gestern Abend durch die Flure hinken sehen.“
„Deswegen haben Sie mich heute so … gequält“, schlussfolgerte John und erwiderte das Lächeln mit spitzbübischen Grinsen, das seiner Mutter, die schon eine Weile am Eingang zum Gymnastikraum stand, ein Kopfschütteln entlockte.
„Ich wollte mich auf offizielle Weise davon überzeugen, dass Sie auf dem besten Weg sind. Die Ärzte und ich haben eine Rehabilitationszeit von etwa zwei Wochen geschätzt, aber es ist noch nicht einmal eine ganze Woche vergangen und Sie brauchen kaum noch Ihre Gehhilfen. Ich habe schon mit sturen und verbissenen Patienten zu tun gehabt, aber Sie stellen alle in den Schatten.“
„Ich fasse das als Kompliment auf.“
„Wenn es nach mir geht, können Sie die Krücken weglassen, aber Sie lassen sich vorher nochmal auf der Krankenstation sehen, um die abschließende Meinung der Ärzte einzuholen. Aber vor allem sollten Sie es in den nächsten Tagen noch etwas ruhig angehen lassen. Überanstrengen Sie Ihr Bein nicht. Sonst kann es passieren, dass sich Ihr Erfolg in einen schlimmen Rückfall verwandelt.“
„Alles klar. Danke.“
„Wir sind noch nicht fertig. Sie haben noch ein paar Termine bei mir. Aber für heute sind Sie entlassen. Ruhen Sie sich ein bisschen aus und legen Sie Ihr Bein hoch.“
„Werde ich tun“, antworte John.
„Und wie du das wirst. Das garantiere ich“, warf Carol ein, die John gut genug kannte, um zu wissen, dass er in den nächsten paar Stunden sein Bein wieder mehr belasten würde, als er es in der Physiotherapie tat.
„Mom, wo kommst du denn her?“
„Ich wollte einen Spaziergang machen und dachte, ich komme mal vorbei und sehe, wie es dir geht.“
„Und Dad?“
„So wie ich ihn kenne, wird er gerade Rodney und seiner Mannschaft wegen der hiesigen Technologie auf die Nerven gehen. Seit er in der Stadt ist, hat er diesen besonderen Glanz in den Augen.“
John musste lächeln, als er sich daran erinnerte, dass dieser sogenannte besondere Glanz in den Augen seines Vaters immer ein Vorzeichen für das ständige Rausfliegen sämtlicher Sicherungen im Haus war. Und das nur, weil dieser seine Begeisterung für die neueste Technologie einfach nicht im Zaum und seine Finger nicht bei sich halten konnte. Rodney würde bestimmt seinen Heidenspaß mit ihm haben.
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Zelenka sah gerade von seiner Arbeit am Computer auf, als Patrick Sheppard eilig das kleine Labor betrat.
„Ah, Mister Sheppard. Schön, dass Sie wieder da sind. Dachte schon, Sie kämen nicht mehr.“
„Oh doch, doch. So etwas lasse ich mir doch nicht entgehen. Ich habe mich schon den ganzen Tag darauf gefreut und glauben Sie mir, es ist gar nicht so einfach, diese Freude zu verbergen. Wenn meine Frau und meine Söhne wüssten, dass ich aktiv mitmache … Wie ich sehe, ist Doktor McKay wieder nicht hier?“
„Nein, seit die Antiker wieder da sind, hängt er wie eine Klette an dem Wissenschaftler Dorian und liefert sich mit ihm einen wissenschaftlichen Wettstreit nach dem anderen“, antwortete Zelenka lachend, was auch Patrick leise auflachen ließ.
„Ja, Doktor McKay scheint mir wirklich ein sehr ehrgeiziger und wissbegieriger Mann zu sein.“
„Sagen Sie das nur nicht zu laut, sonst bekommen wir ihn von seinem Höhenflug nicht mehr runter. Also, wollen wir?“
„Sicher“, entgegnete Patrick freudig, griff nach einigen Werkzeugen und ließ sich auf den Boden nieder, um sich mit Radek der Reparatur eines antikischen Geräts zu widmen.
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„Ich bin sehr froh über Ihre Entscheidung, General“, meinte Richard zu General Thalis, mit dem er schon einige Zeit ein angeregtes und doch ernstes Gespräch in seinem Büro führte.
Richard freute sich sehr über den Entschluss des Antikers, sich auf der Erde mit General Landry und General O´Neill vom Homeworld-Command und einigen Vertretern des IOA zu treffen und Gespräche führen zu wollen. Überhaupt fiel ihm auf, dass er sich in den letzten Tagen etwas verändert hatte und sich offener und umgänglicher zeigte. Immer wieder fragte sich Richard, ob möglicher der Einblick in die Erinnerungen des Colonels dafür verantwortlich sei. Denn vor allem ihm gegenüber hatte sich sein Verhalten enorm verändert.
„David Sheppard reist übermorgen zurück. Dann werde ich General Landry über Ihren Entschluss eines baldigen Besuchs auf der Erde informieren.“
„Sehr gut“, erwiderte Tristanius, der im Sessel gegenüber Richard saß.
„Ich nehme an, Ihre Familie begleitet Sie“, nahm Richard an und versuchte den Mann weiterhin in eine lockere Unterhaltung zu verstricken.
„Ich habe bisher nur mit meiner Frau und meinem Sohn darüber sprechen können. Beide freuen sich schon sehr darauf, die Erde zu besuchen.“
„Und Alexa? Ich habe sie in den letzten Tag nicht zu Gesicht bekommen. Es ist doch nichts geschehen?“
„Alexa fühlt sich im Moment nicht besonders wohl. Einige ihrer Erinnerungen sind zurückgekehrt und … beschäftigen sie sehr.“
„Ich verstehe. Ich hoffe, ihr Wohlbefinden stellt sich bald wieder ein. Würden Sie ihr bitte meine Grüße ausrichten?“, fragte Richard und bemerkte kurz darauf ein Nicken des Generals.
Kaum, dass Richard weitersprechen wollte, unterbrach ihn der Eingang eines eingehenden Wurmloches. Nur Augenblicke später informierte ihn Chuck, dass es die Erde sei und General Landry ihn zu sprechen wünschte. Für Tristanius war dies ein Signal, sich zurückzuziehen und das Büro zu verlassen. Er nahm sich vor, nun mit seiner Tochter Alexa über sein Vorhaben zur Erde zu reisen zu sprechen. Er wusste, dass sie ebenso gerne die Erde besuchen wollte. Allerdings fragte er sich, ob es gerade im Moment nicht zu viel für sie wäre oder doch ein wenig Ablenkung schaffen könnte.
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Mit stoischer Gelassenheit ließ John die Untersuchung seines bis vor Kurzem noch gelähmten Beines über sich ergehen und doch konnte er nicht abwarten, endlich die verdammten Krücken los zu werden.
„Also?“, fragte er neugierig Jennifer, die gerade die neuesten Scans und Ergebnisse in Johns Patientenakte speicherte.
„Wie machen Sie das, Colonel? Wir haben mit mindestens zwei Wochen Rehazeit gerechnet, bevor Sie wieder voll diensttauglich wären. So wie es aussieht, schaffen Sie das wohl in gerade mal der Hälfte“, erwiderte Jennifer kopfschüttelnd.
„Seine Physiotherapeutin meinte, er sei einer der stursten und verbissensten Patienten, die sie je hatte“, brachte Carol hervor, die ihren Spaziergang an Johns Seite fortsetzte.
„Ja, unter anderem. Mir fallen noch ganz andere Dinge für ihn ein, wenn ich an die kürzliche Flucht aus der Krankenstation denke.“
„Hatten wir nicht schon darüber gesprochen?“, verteidigte sich John.
„Entschuldigen Sie, Colonel. Ich wundere mich nur immer noch, wie ruhig und … gar nicht laut General Thalis diesbezüglich reagierte, wenn man bedenkt, dass eigentlich die Wände beben sollten … wenn man nach Elisha geht, die davor warnte.“
„Tja, vielleicht liegt es an seinem Charme“, gab Carol schmunzelnd zurück.
„Oder er hat gemerkt, dass der Colonel mehr Ärger machen kann, als die Sache wert ist.“
„Hey …! Sie hören sich schon an wie Rodney. Ich wollte eigentlich nur wissen, was jetzt mit den Krücken ist. Ich wollte keine Analyse meines Charmes oder … oder …“
„Meinetwegen lassen Sie die Krücken hier. Es hat ja doch keinen Sinn. Wenn Sie sich in Sicherheit wähnen, humpeln Sie eh ohne sie durch die Gänge und Ihnen ein Versprechen abzuringen, sich die nächsten Tage noch zu schonen, hat wohl auch keinen Sinn, oder?“
„Ähh …„
„Ich kann Ihnen versprechen, dass er sich schonen wird“, meinte Carol, als sie John zuvorkam und dieser daraufhin mit den Augen rollte.
„Na dann“, erwiderte Jennifer wieder und entließ den Colonel.
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Eine Zeit lang schlenderten Carol und John durch die Gänge, wobei John noch immer leicht humpelte. Doch Carol machte sich mehr Sorgen über Johns Schweigen, als über seine Gesundheit. Sie wusste mittlerweile, dass ihr Ältester hart im Nehmen war und sich auch durch eine zurückschreitende Lähmung nicht aufhalten ließ. Abgesehen davon waren auch die Ärzte sehr zufrieden mit seiner Genesung, was sie schlussendlich doch etwas beruhigte. Nur sein gedankenverlorenes Schweigen ließ ihr keine Ruhe.
„Was ist los, John?“
„Hm? Nichts … ich frage mich nur, was mit Alexa ist. Ich habe sie seit Tagen nicht mehr gesehen und nichts von ihr gehört.“
„Ja, ich auch nicht. Hat sie die Stadt vielleicht verlassen?“
„Nein, das glaube ich nicht. Wo sollte sie denn auch hin?“
„Kannst du … kannst du sie denn nicht irgendwie wahrnehmen? Sie spüren, so wie damals, als sie in der Jumperbucht war?“
„Ich habe es versucht. Ich habe alles versucht. Ich habe versucht, sie über Funk zu erreichen, nichts. Ich bin Dutzende male zu ihrem Quartier gegangen, aber sie war nie da. Ich habe versucht … du weißt schon, aber irgendwie funktioniert das nicht. Ich kann das nicht. Du hast doch selbst gesagt, dass es Alexa ist, die mich erreichen kann. Ist wohl so was wie eine Einbahnstraße.“
„Spürst du denn gar nichts?“, fragte Carol, die noch immer an Johns Arm hing. Doch mehr, um ihn vorsichtig zu stützen und nicht, um sich selbst an ihm zu halten.
„Nein … das heißt, da ist schon irgendwas, aber ich bin nicht sicher. Ich glaube sie hält mich auf Abstand. Sie … es ist, als ob sie mich irgendwie blockiert oder so.“
„Vielleicht ist sie krank und möchte nur ihre Ruhe haben.“
„Antiker werden nicht so schnell krank. Die haben ein Immunsystem, wovon wir nur träumen können und selbst wenn, wäre es dann wohl etwas Ernstes und sie wäre auf der Krankenstation.“
„Vielleicht braucht sie ein bisschen Zeit für sich. Überlege doch mal, was in letzter Zeit so alles geschehen ist. Ihr beide habt eine Menge durchgemacht. Alexa ist offenbar einsichtiger als du und gönnt sich freiwillig etwas Ruhe und zieht sich zurück.“
„Ja, vielleicht. Dafür ist der General ziemlich präsent“, meinte John und musste noch immer über dessen Verhalten staunen.
„Ja, das ist mir auch aufgefallen. Vor allem scheint sich sein Verhalten dir gegenüber verändert zu haben. Er ist neugieriger und … ich weiß nicht. Er scheint dich jedenfalls nicht mehr so sehr auf dem Kicker zu haben.“
„Irgendwie beängstigend, hm? Wo ist eigentlich Dave?“
„Er packt gerade seine Sachen. Du weißt ja, er reist übermorgen wieder ab. Wie wäre es, wenn wir ihn abholen und dann euren Vater überraschen? Er glaubt tatsächlich, ich wüsste nicht, mit was er seine Zeit in den Laboren verbringt.“
„Könnte lustig werden. Auf zu Dave.“
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Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis John mit seinem Bruder und seiner Mutter in Zelenkas Labor eintraf und einen wild gestikulierenden und lamentierenden McKay erblickte.
„Was soll das heißen, er hilft Ihnen? Er ist ein Geschäftsmann, dem man so etwas wohl kaum zumuten sollte.“
„Doktor McKay, regen Sie sich nicht auf, das ist nicht gut für Ihren Blutzucker. Außerdem war ich nicht immer nur Geschäftsmann. Ich habe auch mal klein angefangen. Ich bin Ingenieur. Diese Technologie ist vielleicht neu für mich, aber auch Sie haben sich ja wohl erst mal damit vertraut machen müssen. Und mit Doktor Zelenka habe ich einen guten Lehrmeister.“
„Mit Zelenka einen guten … Sie sind Ingenieur?“, stammelte Rodney verblüfft, während sich die restlichen Sheppards noch schmunzelnd im Hintergrund hielten.
„Ja, natürlich. In die Energiebranche kommt man nicht mit zwei linken Händen, Doktor“, erwiderte Patrick, der noch immer am Boden unter dem antikischen Gerät lag.
„Das sagt der Richtige!“, ertönte Carols Stimme, wobei Patrick dermaßen aufschreckte, dass er sich den Kopf anstieß.
„Au! Carol? Was machst du denn hier?“
„Ich habe mir schon gedacht, dass du dich hier irgendwo herum treibst und deine Finger nicht bei dir behalten kannst.“
„Ich … ich … ich …“, stammelte Patrick und erhob sich mühselig.
„Du, du, du dachtest doch nicht wirklich, dass ich es nicht merke? Willst du wieder alle Sicherungen rausfliegen lassen?“
„Das ist … das war ein Zufall. Wie oft muss ich das denn noch sagen?“
„Merkwürdiger Zufall. Immer, wenn du mit einem neuen Gerät oder einem neuen technischen Spielzeug nach Hause kamst und es angeschlossen hattest, gingen kurz darauf die Lichter aus“, erwiderte Carol.
„Sie sind Ingenieur?“, kam es noch immer verdutz von Rodney. „Und Sie haben einen Doktor?“
„Ja, sicher. In Ingenieurwissenschaften.“
„Hm“, wisperte Rodney erstaunt. „Ich meine, es ist schon klar, dass Sie diesbezüglich einiges draufhaben …“
„Und in Wirtschaftswissenschaften.“
„Sie …? Zwei? Sie haben zwei Doktortitel?“
„Ja. Sheppard Industries habe ich nicht einfach so aus dem Ärmel geschüttelt, Doktor. Dazu war eine Menge Arbeit und lernen nötig … ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte Patrick, dem die blasse Gesichtsfarbe des Astrophysikers auffiel.
„Ihm geht’s gut, Dad. Er hat jetzt nur einiges zu verkraften“, antwortete John mit sichtlichem Spaß an Rodney perplexem Stammeln und Staunen.
„Wo … wo haben Sie …“
„Harvard.“
„Und … und … und Sie?“, wandte sich Rodney dann an Carol und Dave.
„Ich war ebenfalls in Harvard und an der Johns Hopkins Universität. Ich hatte einen Doktor in Psychologie. Aber jetzt werde ich wohl wieder die Schulbank drücken müssen, um die letzten zwanzig Jahre und mehr aufzuholen.“
„Ich habe einen Master in Wirtschaftswissenschaften. Ich arbeite derzeit an meiner Promotion“, erklärte Dave, als Rodney ihn fragend anblickte.
„Ach wirklich? Und … und … lassen Sie mich raten. Sie haben auch in Harvard studiert?“, wollte Rodney von Dave wissen.
„Natürlich. Das ist schon eine gewisse Familientradition. Nur John war der Einzige, der diesbezüglich aus der Reihe tanzen musste und nach Stanford ging. Aber nur für zwei Jahre, danach … ab in die Wolken.“
„Danach erst mal ab in die Air Force Academy“, korrigierte John seinen Bruder und wurde kurz darauf von einem Funkspruch unterbrochen, der sowohl den Führungsstab als auch die Sheppards zum Konferenzraum beorderte.
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„Air Force Academy? Du hast doch schon zwei Jahre Mathematik in Stanford studiert. Wozu noch die Air Force Academy?“, wollte Carol wissen, als sie mit den anderen den Konferenzraum betrat.
„Weil Piloten ein bisschen mehr können müssen, als rechnen und fliegen. Aeronautik, Mom. Luft- und Raumfahrttechnik. Piloten müssen wissen, wie die Maschinen, in denen sie sitzen und die sie in die Luft kriegen sollen, funktionieren. Wie sie aufgebaut und zusammengebaut sind und … sieh dir Alexa an. Sie ist auch Pilotin und baut sich einen eigenen Fighter oder Jet oder was das werden soll“, erklärte John und hinkte zu einem Stuhl, auf den er sich leise stöhnend sinken ließ.
„Das heißt, in dir steckt auch ein kleiner Ingenieur und du könntest auch so etwas bauen?“, fragte Carol, als sie einen weiteren Stuhl heranschob und Johns Bein darauf bettete, der nur mit einem halbherzigen Augenrollen gegen die mütterliche Fürsorge protestierte.
„Na ja …“
„Wissen Sie Sheppard, langsam wundert es mich nicht mehr, dass Sie den Mensa-Test bestanden haben. Nur kann ich einfach nicht verstehen, warum Sie nicht beigetreten sind“, warf Rodney ein, der sich von den neuesten Erkenntnissen über die Sheppards langsam erholte.
„Mensa? Oh ja richtig! Da war doch mal was in deinen Erinnerungen. Wann war das? Was kam dabei raus? Und vor allem, was habe ich noch alles verpasst? … Rick?“
„Ich habe John und Dave nach ihren Highschool Abschluss jeweils einen Test machen lassen und … na ja …“
„Was kam heraus?“, fragte Carol weiter nach, doch John wollte nicht so recht mit der Sprache rausrücken, zumal auch Rodney seiner Neugier Ausdruck verlieh.
„Ja, Sheppard, was kam raus?“
„Spielt das eine Rolle?“, fragte John leicht genervt.
„Daves IQ lag bei 132 und bei John waren es 135“, antwortete Patrick und verkniff sich ein Lächeln.
„132 und 135?!“
Abermals musste Rodney staunen und schlucken. Er wusste, dass John nicht gerade auf den Kopf gefallen war und natürlich hatte er damit gerechnet, dass John mindesten einen IQ von 130 haben musste, damit der Mensa-Test als bestanden galt, dennoch wurmten ihn die fünf Punkte mehr, ganz zu schweigen von dessen Bruder, der ebenfalls die 130er Marke gesprengt hatte.
„Das sind ausgezeichnete Werte! Ich weiß gar nicht, was ihr habt. Warum wolltet ihr sie mir vorenthalten?“
„Was vorenthalten?“, fragte Richard, der gerade den Konferenzraum betrat.
„Die Intelligenzquotienten meiner Söhne“, entgegnete Carol und sah etwas eingeschnappt zu ihren beiden Sprösslingen.
„Intelligenzquotient? Colonel, habe ich etwas verpasst? Soweit ich mich erinnere, ist diesbezüglich keinerlei Vermerk in Ihrer Akte.“
„Natürlich nicht. Als wir damals die Ergebnisse des Mensa-Vereins erhielten, hat John nur kurz in den Brief rein gesehen und ihn dann weggeworfen. Ich habe ihn wieder aus der Mülltonne gefischt“, erklärte Patrick und erinnerte sich mit leichtem Ekel an den Moment, in dem er zum Ersten – und so hoffte er auch zum letzten Mal – in einer Mülltonne wühlte.
Neugierig sah Richard in die Runde und nahm an, man würde ihn über das Ergebnis unterrichten. Es war Rodney, der Erbarmen zeigte, wenn auch seine Stimme noch immer von Unglauben zeugte.
„John 135, Dave 132.“
„Wirklich? Nun, das erklärt einiges“, gab Richard zurück, der staunend die Augenbrauen hob, sich aber dann schnell seiner Arbeitsmappe widmete. „Aber so interessant es auch ist, wir werden dieses Gespräch wohl ein anderes Mal fortführen müssen. Ich habe Sie alle hier herzitiert, um Ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen. Zu aller erst hat sich General Thalis dazu entschlossen, der Erde einen Besuch abzustatten und dadurch auch mit General Landry, General O´Neill und dem IOA zu sprechen. Natürlich haben wir diesbezüglich auch einige Details besprochen …“
„Details?“, fragte John interessiert und hoffnungsvoll nach. Doch Richard musste ihn enttäuschen.
„Tut mir Leid, Colonel. Kein Wort über die wirklich interessanten Details der aktuellen Problematik oder besser gesagt, der drohenden Gefahr. Um ehrlich zu sein, bin ich alleine schon über diesen kleinen Schritt sehr froh und erleichtert. Es ist ein kleiner Schritt, aber immerhin.“
„Ein kleiner Schritt? Von wie vielen denn? Da ist ein verrückter Antiker hinter uns her. Wie lange will er denn noch …“, begann Rodney aufgeregt zu lamentieren.
„Doktor, ich bin mir der Situation durchaus bewusst. Aber Sie müssen selbst zugeben, dass sein Verhalten sich in den letzten Tagen enorm verändert hat. Es wäre wohl äußerst unklug, ihn nun derart zu drängen. Er zeigt durch seine Bereitschaft weitere Gespräche aufzunehmen, dass er langsam Vertrauen fasst. Es besteht also schon einmal eine fragile Beziehung. Ich möchte diese Beziehung nicht durch unbedachte Schritte gefährden oder gar zerstören. Wir sollten die Gespräche auf der Erde abwarten, wobei ich glaube, dass die Information, die ich gerade vom Stargate-Center erhielt, den Druck auf den General etwas erhöhen und ihn alleine durch die Komplexität zu entsprechenden Schritten zwingen wird.“
„Welche Information?“, fragte John besorgt nach, hatte er doch aus einem unerfindlichen Grund ein mieses Gefühl in der Magengegend.
„General Landry hat mich gerade darüber informiert, dass ausgehend vom Weißen Haus, mit Zustimmung des Pentagons und des IOA´s eine äußerst delikate Entscheidung getroffen wurde …“
„Oh, das klingt nicht gut. Mir schwant übles“, kommentierte Rodney.
„Das Stargate-Programm und natürlich auch die Atlantis-Expedition werden wohl schon sehr bald in einem Fokus der Aufmerksamkeit stehen, wie wir es uns vermutlich nicht vorstellen können, geschweige denn wollen.“
„Heißt dass das, was ich denke? Das Stargate-Programm wird …“
„Nun, ich kenne die genauen Einzelheiten noch nicht, aber … ja. Das Stargate-Programm wird der Öffentlichkeit vorgestellt.“
Einige schweigsame Minuten vergingen, in denen man versuchte, sich der Bedeutung der Worte bewusst zu werden oder sich gar unsicher ansah.
„Das ist übel … oder?“, meinte Rodney, der die Stille durchbrach.
„Nun, es ist im Moment unmöglich vorauszusagen, wie die Bevölkerung darauf reagieren wird, zumal wir nicht wissen, wie, geschweige denn welche Informationen schließlich preisgegeben werden“, erklärte Richard.
„Also … was? Will sich der Präsident durch diese Enthüllung in seiner zweiten Amtszeit versichern, damit in die Geschichte einzugehen? Vielleicht findet man ja bald sein Abbild ebenfalls auf Mount Rushmore“, scherzte Rodney.
„Na, das denke ich nicht. Henry ist nicht der Typ für so was“, meinte Patrick und zog überraschte Blicke auf sich. Allen voran John.
„Henry? Woher willst du wissen, was für ein Typ der Präsident ist?“
„Weil ich ihn kenne … das weißt du doch.“
John schüttelte verwirrt mit dem Kopf, während es für Rodney, der gerade an seinem Kaffee nippte, zu viel war. Schlagartig verschluckte er sich fast und musste sich beherrschen, nicht den restlichen Kaffee über den Tisch zu verteilen. Wieder starrte er mit großen Augen zur Sheppard-Familie.
„Ich bitte dich, John. Sag jetzt nicht, dass du dich nicht mehr daran erinnerst. Ich bin gut mit deinem Commander in Chief befreundet … gewesen … na ja, seit er in die Politik ging, haben wir uns nicht mehr so oft gesehen und gesprochen. Schon gar nicht, als er ins Weiße Haus zog. Aber du kannst doch nicht vergessen haben, wie er früher bei uns zu Besuch war. Du und Dave, ihr habt euch immer riesig gefreut, wenn er zu uns kam und ein wenig mit euch gescherzt und gespielt hat.“
„Also Dad, um ehrlich zu sein. Ich erinnere mich auch nur sehr vage“, meinte Dave, der ebenfalls angestrengt versuchte, sich zu erinnern.
„Na ja, ihr wart noch sehr klein und Henry war auch noch recht jung. Jedenfalls kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er so etwas nur aus PR oder Publicityzwecken macht. Er wird schon einen Grund dafür haben, einen solchen Schritt zu wagen. Das Gute daran ist doch, dass wir womöglich bald wieder in unser gewohntes Leben zurückkehren können.“
„Ganz so einfach wird das wohl nicht sein, Misses Sheppard. Wie gesagt, wir wissen noch keine genaueren Einzelheiten. Wir können unmöglich sagen, wie viele Informationen rausgehen. Es kann sein, dass die Öffentlichkeit gerade mal erfährt, dass es außerirdisches Leben gibt, vielleicht werden auch einige Beweise erbracht, aber über das Stargate selbst und die Reisen, die die Teams da durch unternehmen, wird weiterhin Stillschweigen gewahrt. Es kann aber auch sein, dass etwas mehr Infos fließen. Auch über eine komplette Enthüllung kann man sich nun Gedanken machen. Wir müssen abwarten und hoffen, dass wir mehr erfahren, wenn wir den General zur Erde begleiten.“
„Äh … wir alle?“, fragte Rodney.
„Nun ich denke, da Misses Thalis und Dorian in der Medizin und anderen Wissenschaftsbereichen sehr versiert sind, ist es nur hilfreich, wenn die jeweiligen Führungsoffiziere der selbigen Bereiche mitkommen und zumindest über ihre Erfahrungen während der bisherigen Zusammenarbeit berichten. Colonel Sheppard wird mitkommen, da Commander Thalis und der General militärischen Hintergrund haben. Möglicherweise können wir General Thalis zu einer engeren Zusammenarbeit beider Militärstrukturen überzeugen.“
„Integrierung in das Erdenmilitär?“, kam es überraschenderweise von Ronon, der die meiste Zeit eigentlich schweigend dem Gespräch lauschte.
„Möglich. Vielleicht aber auch nur etwas in dieser Art. Das hängt von vielen Faktoren ab. Zum einen am Komitee, zum anderen werden General O´Neill und General Landry die Antiker besser kennenlernen wollen und selbst dann gibt es immer noch Gesetze und Regelungen in der Verfassung und im Pentagon, die eine vollständige Integrierung schwierig gestalten, wenn nicht sogar unmöglich machen.“
„Was ist mit dem Problem?“, fragte John und machte auf das schwerwiegendste und dringlichste aufmerksam.
„Wie ich schon sagte, Colonel, wir sollten die Gespräche auf der Erde abwarten. Ich denke, dass eine baldige Deklassifizierung des Stargate-Programms und einige Gespräche zwischen General Thalis und General Landry und General O´Neill ihn weiter ermutigen, sich uns zu öffnen.“
„Und wenn nicht? Mit diesem verrückten Antiker ist nicht zu spaßen.“
„Verzeihen Sie, Colonel, aber Sie haben ihn noch kein einziges Mal gesehen. Sie wissen nicht, was er will oder was er vorhat.“
„Mir reicht das, was ich schon weiß“, entgegnete John bestimmt.
„Commander Thalis kann sich nicht an ihn erinnern. Sie weiß nicht, wer er ist oder was er will und sie hat ihn selbst auch nicht gesehen“, antwortete Richard.
„Aber sie kann ihn spüren … und es sind nicht die üblichen Emotionen, die sie von einer Person fühlen kann. Diese Emotionen sind irgendwie anders und dermaßen stark, dass … dass sie kaum noch als menschlich bezeichnet werden können.“
„Colonel …“
„Sie haben recht, wir haben keine Ahnung, wer er ist und was er will. Aber dass er Kolya ausgebuddelt und zum Leben erweckt hat, sollte uns schon ein wenig Sorgen machen. Wer weiß, wozu er noch in der Lage ist. Wenn er Alexa erst einmal nahe kommt … irgendwas sagt mir, dass wir alle dann in Gefahr schweben“, fiel John ihm mit ernstem Ton ins Wort.
„Solange sich Commander Thalis in Atlantis befindet, ist sie auch in Sicherheit. General Thalis lässt sie vermutlich deshalb nicht mehr an Außenmissionen teilnehmen. Sie steht unter dem Schutz ihres Vaters und mir ist auch aufgefallen, dass entweder Sie persönlich sie im Auge behalten oder ständig Wachen in ihrer Nähe postieren, Colonel. Lassen Sie uns die Gespräche auf der Erde abwarten.“
„Was ist eigentlich mit dem Komitee? Es wird doch mit Sicherheit Fragen stellen. Immerhin steht in den Berichten, dass Kolya aufgetaucht ist. Auf den Aufzeichnungen, als sich Kolya hier meldete, wird doch auch von diesem mysteriösen Fremden geredet. Die können auch eins und eins zusammenzählen und fragen sich, wer der Kerl ist und was das sollte“, entgegnete Rodney, der von dem ewigen Hin und Her langsam genug hatte.
„Darüber mache ich mir schon eine Weile Gedanken. Das ist der Druck, von dem ich vorhin sprach. Dennoch habe ich kein gutes Gefühl dabei, dem Komitee Material zu liefern und den General dann ins offene Messer laufen zu lassen. Ich denke darüber nach, schon vorab mit den Generälen Landry und O´Neill als auch mit dem Komitee zu sprechen.“
„Sie sagen ihnen die Wahrheit, aber keiner darf den Mund aufmachen?“, brachte John schmunzelnd hervor.
„Ich werde die Wahrheit sagen, so wie es in den Berichten steht, aber ich kann lediglich meine Beobachtungen und meine Empfehlungen hinzufügen. Allenfalls eine Warnung. Mehr steht nicht in meiner Macht.“
„Ich könnte vorab mit Landry und Jack reden. Wenn ich ihnen von dieser Problematik und General Thalis erzähle, wird man eventuell eine kleine … Strategie entwickeln können, während der Gespräche die heiklen Bereiche geschickt umschiffen zu können, ohne dabei die Antiker zu sehr unter Druck zu setzen und sich womöglich zu verplappern“, erklärte Daniel, der bisher leise dem Gespräch gefolgt war.
„Das wäre natürlich ein weiterer großer Vorteil. Bitte tun Sie das, Doktor Jackson“, bat Richard.
„Jack?“, entfuhr es Carol irritiert.
„General O´Neill. Wir äh … wir sind schon länger per du“, gab Daniel erklärend zurück.
„Oh ja, richtig. Sie haben lange Zeit mit ihm zusammengearbeitet. Wieso seid ihr eigentlich nicht per du? Ihr arbeitet doch auch schon einige Jahre zusammen“, fragte Carol neugierig und registrierte kurz darauf die perplexen Gesichtsausdrücke von John und seinen Teammitgliedern.
„Ähm … äh …“
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Schon seit einiger Zeit stand Tristanius am Türrahmen zum Zimmer seiner Tochter. Seit Alexa sich an Darius erinnern konnte, vor allem an seinen Tod, war sie in ihr altes Zimmer in dem gemeinsamen Wohnquartier der Familie zurückgekehrt und hatte sich ins Bett verkrochen.
Er war froh und fast schon dankbar, dass sie nun schlief. Die letzten Tage hatten allen, besonders Alexa sehr viel abverlangt. Seit sie plötzlich mitten in der Nacht vor dem elterlichen Quartier stand, völlig aufgelöst, von einem Weinkrampf in den nächsten fallend, hatte sich der Zustand seiner Tochter kaum verändert. Sie aß und trank kaum, ihre Augen waren verweint und geschwollen, sie war nicht mehr als ein Häufchen Elend. Doch nun schein sie entkräftet und übermüdet.
Abwechselnd hatten sich Tristanius und Elisha sich um sie gekümmert. Sie gehalten, getröstet, sie zum Essen und Trinken angehalten und Elisha hatte Alexa zusätzlich noch gebadet und umgezogen, da sie sich kaum auf den Beinen halten konnte. Tristanius fiel es schwer, bei ihr zu sein, auch wenn er es noch so sehr wollte. Er wusste, dass Alexa gerade in diesen Tagen alles und jeden ausblendete oder blockierte, doch es behagte ihm nicht, dass sie womöglich doch in ihm lesen würde.
Tausende Leben hatte er auf seinem Gewissen, weil er geglaubt hatte, Kieran sei keine wirkliche Gefahr. Darius rannte in seinen Tod, weil dieser glaubte, Kieran aufhalten und töten zu können. Stattdessen fand er selbst den Tod, inmitten eines Schlachtfeldes, auf dem unzählige Unschuldige ihr Leben lassen mussten, für den Wahn eines Einzelnen.
Tristanius hatte Darius nicht aufhalten können und zu spät hatte er erkannt, dass es eine Falle und Kieran bereits zu mächtig war. Darius hätte niemals den Kampf für sich entscheiden können und doch … seine Liebe zu Alexa trieb ihn blindlings in die Klinge eines Wahnsinnigen.
Es machte Tristanius krank, seine Tochter nun in diesem Leid zu sehen und ihm wurde richtig schlecht, wenn er daran dachte, dass dies alles nochmal passieren sollte. Kieran war wieder da und er hatte die Jagd wieder eröffnet.
Wie sollte er sie nur beschützen? Er würde alles tun, um Alexa zu beschützen, doch es würde nicht reichen. Tief in seinem Inneren wusste er, dass er im Kampf gegen Kieran sterben würde und er war bereit zu sterben, wenn Alexa dafür in Sicherheit sei. Das hatte er feierlich geschworen und diesen Schwur erneuerte er, als er seine Tochter zum ersten Mal in seinen Armen hielt. Aber es reichte einfach nicht. Wenn er fallen würde, wer würde dann Alexa beschützen? Wer wäre in der Lage, Kieran ein für alle Mal zur Strecke zu bringen? Seine innere Stimme rief ihm immer wieder einen Namen zu und seine Ausbildung, sein Eid und auch sein Blut ließen ihn nur zu gut wissen, dass es vernünftig war. Doch jedes Mal, wenn Tristanius sah, wie Alexa von ihrer Trauer erfasst wurde, kam Tristanius ins Straucheln und er rückte vom Vorhaben ab, die Problematik und die Gefahr lückenlos zu offenbaren.
Er gab sich die Schuld am Tod tausender und auch am Tod von Darius. Alexas Trauer hatte er zu verantworten. Wie könnte er zulassen, dass sie all dies noch mal erdulden müsse? Wie könne zulassen, dass John Sheppard ebenfalls …
„Schläft sie endlich?“, schreckte ihn die leise Stimme seines Sohnes aus seinen Gedanken.
„Ja.“
„Hast du schon mit ihr über den geplanten Besuch auf der Erde sprechen können?“
„Nein. Das hat Zeit, bis sie wieder aufwacht. Es ist gut, dass sie etwas Schlaf gefunden hat.“
„Es wäre gut, wenn wir ihn alle finden würden. Du ahnst gar nicht, wie … hartnäckig Doktor McKay sein kann. Und ich benutze absichtlich das Wort hartnäckig, denn wenn du wüsstest, welch andere Worte mir für ihn durch den Kopf schwirren … hm, vielleicht sollte ich mal Alexa sagen, wie ich ihn noch gerne betiteln würde. Vielleicht rüttelt sie das ja ein wenig auf. Ich habe alles versucht, glaube mir, wirklich alles. Aber sie hat mir noch nicht mal eine geknallt. Nichts.“
„Dorian …“
„Ich weiß, ich weiß. Ich versuche doch nur, zu helfen und sie ein wenig aus ihrer Lethargie zu rütteln. Früher hat das eigentlich recht gut geklappt. Notfalls habe ich auch tagelange Kopfschmerzen ertragen, nur um sie ein wenig aus der Reserve zu locken. Aber jetzt … es kommt mir fast genauso schlimm vor, wie damals.“
Tristanius antwortete nicht. Das brauchte er auch nicht, für Dorian war der Gesichtsausdruck seines Vaters Antwort genug.
„Wirst du mit den Leuten hier und auf der Erde über du weißt schon sprechen?“, wollte Dorian wissen.
„Ich weiß es noch nicht. Dieser Schritt muss wohl überlegt sein.“
„Sagst du das auch zu ihm, wenn er sich offenbart? Oh Warte Kieran, lass mich noch ein wenig überlegen und dann werde ich noch schnell mit den Menschen hier reden und ihnen etwas mehr über dich und deine …“
„Müssen wir uns nochmals über deine Tonart mir gegenüber unterhalten, Dorian?“, entgegnete Tristanius mit leicht verärgerter Stimme.
„Hey, ich wollte nur meiner Meinung Ausdruck verleihen.“
„Ich kenne deine Meinung. Mich auf diese Weise unter Druck setzten zu wollen, hat keinen Erfolg, das weißt du auch.“
„Ja, ich weiß. Es tut mir leid, Pa. Ich … ich mache mir nur Sorgen.“
„Ich weiß, Junge, ich auch. Aber es ist nicht so einfach, wie du vielleicht glaubst. Wie könnte ich verantworten, dass sie das nochmals … dass er …“
„Es wird irgendwann die Zeit kommen, wo uns keine andere Wahl bleibt, Pa. Wahrscheinlich früher, als uns lieb ist.“
Dorian sah lange zu seinem Vater und Tristanius brauchte nicht zu erklären, welche Gedanken ihm bis vor Kurzem noch durch den Kopf rasten. Er wusste, dass sein Sohn begreifen würde, mit welchen Überlegungen über die komplexe Problematik sich sein Vater in den vergangen Tagen und Wochen beschäftigte. Dorian nickte verstehend.
„Ich gehe besser zurück, bevor McKay wieder auf die Idee kommt, eines meiner Geräte auseinandernehmen zu wollen“, meinte Dorian und verließ das Quartier wieder.
Tristanius hingegen betrat wieder Alexas Zimmer und bemerkte, dass ihr Schlaf unruhiger schien. Sie wälzte sich von einer Seite zur anderen, auch gelegentliches Murmeln und Wimmern konnte er vernehmen. Sie träumte und es war wohl kein angenehmer Traum.
„Alexa … Alexa, wach auf. Du hast einen schlimmen Traum … Alexa …“
„Nein … nein … Darius!“
Mit einem Ruck saß Alexa kerzengerade im Bett und verfiel sofort wieder in einen Weinkrampf, als sie ihrem Vater um den Hals fiel und sich an ihm festkrallte.
„Shhh … ist ja gut … shhh…“
Es dauerte einige Zeit, bis Alexa sich wieder beruhigt hatte und sich von ihrem Vater löste. Tristanius hatte bis dahin nichts anderes tun können, als sie zu halten und ihr immer wieder tröstend über den Kopf und den Rücken zu streichen. Es fiel ihm schwer, die richtigen tröstenden Worte zu finden. Nichts erschien ihm richtig oder gar aufrecht, auch wenn sein Wille es war. Er konnte ihr weder die richtigen Worte mitteilen, noch einige fürsorgliche Emotionen vermitteln, die ihre Trauer zu lindern vermochten.
Tristanius wusste nicht so recht, was er sagen sollte, daher beobachtete er zunächst, wie Alexa sich die Tränen wegwischte und noch immer nach Atem rang. Kaum dass sie sich beruhigt hatte, hob er sanft ihren Kopf an und küsste sie auf die Stirn.
„Ich wünschte, ich könnte … Ich wünschte, ich könnte etwas tun, um dir …“
„Ich weiß …“, gab Alexa leise zurück und schniefte.
„Willst du mir erzählen, was du geträumt hast?“
Alexa schüttelte mit dem Kopf. Sie hatte sich gerade etwas beruhigt und die Bilder ihres Traumes schienen auch schon wieder aus ihrem Kopf zu schwinden. Darüber zu sprechen würde es nicht besser machen und sie war es langsam leid, ständig zu weinen. Sie würde diese Erinnerungen vielleicht niemals loswerden, aber es schien ihr zu gelingen, sie allmählich in den Hintergrund zu drängen.
„Na schön. Möchtest du etwas essen?“, fragte Tristanius, doch Alexa schüttelte abermals mit dem Kopf. „Du solltest aber wirklich etwas essen, wenn auch nur eine Kleinigkeit. Du hast seit Tagen kaum etwas zu dir genommen und bist schon ganz dürr. Komm, ich mache dir ein kleines Frühstück.“
„Ich … ich will zuerst ins Bad.“
„Soll ich deine Mutter rufen, dass sie dir hilft?“
Wieder schüttelte Alexa mit dem Kopf. „Das kann ich alleine.“
„Du kannst dich kaum auf den Beinen halten. Du …“
„Ich schaffe das schon.“
„Ruf, wenn etwas ist. Ich möchte nicht, dass du mir zusammenbrichst.“
Im Eiltempo hatte Tristanius seiner Tochter ein kleines Frühstück zubereitet. Er war zwar kein begnadeter Koch, aber er gab sich richtig Mühe und bereitete mit viel Liebe Rühreier und Toastbrot zu und auch ein wenig Obstsalat hatte er schnell zustande gebracht. Er war richtig froh und dankbar um die kleinen Helfer und Geräte, die die Menschen ihm und seiner Familie für die Küche und deren Einrichtung mitgaben. Elisha hatte auch schon Spaß und Freude am Kochen und Backen entdeckt und überraschte so manches Mal ihre Familie mit einem leckeren Mahl. Tristanius hatte es immer gewundert und nicht so recht verstanden, doch das Essen ließ er sich dennoch schmecken. Nun konnte er ihr die Freude und den Spaß etwas nachempfinden.
Schnell stellte er das Tablett zur Seite, als Alexa auf wackeligen Beinen aus dem Badezimmer kam. Sachte führte er sie zum Bett und wickelte sie wieder in die Decke ein. Danach betrachtete er leicht amüsiert, wie Alexa mit großen Augen das zubereitete Frühstück bewunderte.
„Hat Mutter das gemacht?“
„Nein.“
„Dann hast du es aus der Kantine.“
„Nein.“
„Aber wie …“
„Ich habe es selbst gemacht.“
„Du? Du hast … du kannst …“
„Was? Dachtest du, ich könne als Vater meine Kinder nicht versorgen?“
„Nein! Nein, nur … ich habe nicht gewusst, dass du … dass du so etwas kannst.“
„Kochen? Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, wozu ich sonst imstande bin. Du kennst deinen Vater nur zur Hälfte, mein kleiner Schatz“, entgegnete Tristanius und bemerkte, wie Alexa ihn verdutzt ansah und sogar das Kauen zu vergessen schien.
„Was ist denn? Stimmt etwas nicht?“
„Nein, nur … du hast mich schon lange nicht mehr so genannt.“
„Ich weiß. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht der Wahrheit entspricht. Du bist mein kleiner Schatz. Das warst du immer.“
„Ich bin aber kein Kind mehr.“
„Nein, das bist du nicht. Du bist eine wunderschöne, intelligente, junge Frau geworden. Aber dennoch … wenn ich dich ansehe, sehe ich immer noch das kleine Mädchen, das mir immer überall hin folgte. Das kleine Mädchen, das jeden Tag seine Neugier mit verrückten Ideen unter Beweis stellen musste, das mit seinen Augen jedes Herz erweichen konnte und manchmal sehe ich auch das kleine Mädchen, das ich als Baby immer stundenlang des Nachts auf meinen Armen durch die Flure trug, damit es einschlief… du wirst immer mein kleiner Schatz sein.“
„Und Dorian? Wird er immer dein Großer sein?“
Tristanius nickte langsam. „Dorian ist mein Großer und du bist mein kleiner Schatz. Das war immer so und das wird auf ewig so bleiben. Das solltet ihr wissen.“
„Warum sprichst du so? Es hört sich an, als … als ginge es zu Ende.“
Tristanius musste schmunzeln und doch musste er sich auch zusammenreißen, seine Gedanken ordnen und seine Emotionen besser unter Kontrolle halten.
„Nein, nein, keine Sorge. Aber … es kann sein, dass sich vieles verändert. Vielleicht mehr als ohnehin schon geschehen ist. Ich habe in letzter Zeit sehr viel nachgedacht und um ehrlich zu sein, weiß ich immer noch nicht so recht, wie es mit uns weitergehen soll. Ich habe bereits mit deiner Mutter und deinem Bruder darüber gesprochen und vorhin auch mit Richard Woolsey. Ich habe mich dazu entschlossen, der Erde einen Besuch abzustatten und mich mit einigen anderen Generälen und Vertretern des Komitees zu unterhalten. Vielleicht … vielleicht eröffnen uns diese Gespräche einige Perspektiven und Möglichkeiten, die uns allen zu Gute kommen.“
„Dann willst du dich der Expedition und dem Stargate-Programm anschließen?“, fragte Alexa nach einigen schweigsamen Momenten, in der sie ihre Überraschung verarbeitete.
„Das weiß ich noch nicht. Deswegen die Gespräche.“
„Wann willst du zur Erde reisen?“
„Das steht noch nicht genau fest. Colonel Sheppards Bruder und Doktor Jackson werden in einigen Tagen zur Erde zurückreisen. Mister Woolsey wird dann dem Stargate-Kommando Bescheid geben und dann werden wir vielleicht mehr wissen. Ich weiß, dass du schon immer gerne zur Erde wolltest und ich hatte gehofft, du würdest mich zu den Gesprächen begleiten, aber wenn du dich nicht fühlst, können wir einen naheliegenden Termin verschieben und …“
„Nein, das muss nicht sein. Der Termin steht noch nicht fest, und selbst wenn er in naher Zukunft liegt … ich denke, es tut gut, wenn … Ich schaffe das schon.“
„Bist du dir sicher? Du hast dich in den letzten Tagen vollkommen zurückgezogen und ich verstehe das. Ich verstehe es nur zu gut. Aber wenn du noch Zeit brauchst …“
„Nein. Ich meine, ich möchte jetzt noch nicht … ich weiß nicht, ob ich jetzt schon … aber wenn wir zur Erde reisen, dann bin ich wieder fit. Ich werde voll einsatzbereit sein“, versicherte Alexa ihrem Vater, der daraufhin leicht lächelte.
„Wenn wir auf der Erde sind, kann ich dafür sorgen, dass du nur zu den allerdringendsten Gesprächen anwesend bist und dich sonst ein bisschen zurückziehen kannst. Man wird es bestimmt verstehen. Hier versteht man es auch.“
„Du hast es ihnen gesagt?“
„Nur das Nötigste. Richard Woolsey und andere haben vorhin nach dir gefragt und sich gewundert, dich in den letzten Tagen nicht gesehen zu haben. Ich sagte ihnen, dass du dich aufgrund einiger Erinnerungen nicht gut fühlst und ein bisschen Zeit für dich bauchst. Man lässt dich grüßen und hofft, dass es dir bald besser geht.“
„Aber du hast keine Details genannt?“
„Nein, keine Details“, antwortete Tristanius und schlang seine Arme um Alexa, die sich wieder in die Arme ihres Vaters flüchtete.
„Gut. Ich bin diese ständigen Mitleidsbekundungen leid. Ich habe es damals schon nicht gemocht und ich mag es auch heute nicht. Es ist besser, wenn niemand weiß, dass … es braucht niemand zu wissen.“
Einen Tag später
„Ihr hättet sie sehen sollen …“, meine Dave, als er von seinem kurzem Besuch bei den Antikern berichtete.
Er und Daniel Jackson hatten am späten Nachmittag den Antikern einen kurzen Besuch abgestattet, um sich zu verabschieden und sich für ein erneutes Treffen auf der Erde zu verabreden. Doch Alexas Erscheinung hatte beide erschreckt. „Ihre Augen waren verweint und geschwollen. Sie ist irgendwie total dünn geworden. Sie ist kaum wiederzuerkennen.“
„Dave, findest du nicht, dass du etwas übertreibst?“, meinte Patrick, der an einem Ende des Tisches saß und mit Carol, John, Dave und ihrem Gast Daniel Jackson zu Abend aß.
„Du hast sie nicht gesehen, Dad.“
„Er hat Recht, Mister Sheppard“, pflichtete Daniel ihm bei. „Es war … erschreckend. Was mich jedoch am meisten wunderte, war der General. Er tat alles, um Alexa irgendwie vor uns zu verstecken. Zuerst meinte er, sie würde schlafen, dann ging es ihr nicht so gut. Später haben wir dann noch mitbekommen, wie er mit ihr diskutierte. Sie wollte sich gerne verabschieden, aber er meinte es sei besser, wenn sie liegen bliebe.“
„Ist sie doch krank? Hat sie sonst irgendetwas gesagt?“, fragte John neugierig, doch Dave und Daniel mussten verneinen.
„Ihre Familie schirmt sie ab“, erklärte Carol und zog fragende Blicke auf sich. „Ich hab heute Nachmittag kurz Elisha erwischen können und kurz mit ihr gesprochen. Offenbar sind bei Alexa einige Erinnerungen zurückgekehrt, die sie sehr mitnehmen. Sie hat sich in ihr altes Zimmer im Wohnquartier der Familie zurückgezogen. “
„Das müssen aber schlimme Erinnerungen sein“, kommentierte Dave, während Carol beobachtete, wie John gedankenverloren, geradezu appetitlos in seinem Essen stocherte.
Schon seit Tagen dachte er über Alexa und ihren plötzlichen Rückzug nach. Obwohl John nun wusste, dass es mit Ihren Erinnerungen zu tun hatte, wurden seine Sorgen nicht gemindert. Im Gegenteil. Nun fragte er sich pausenlos, welche Erinnerungen ihr derart zu schaffen machten, dass sie sich vollkommen aus der Öffentlichkeit zurückzog und sie kaum wiedererkannte, wenn man sie doch kurz zu Gesicht bekam. Vor allem fragte er sich, warum sie nicht mit ihm darüber sprach, obwohl er ihr mehrmals angeboten und versichert hatte, immer ein offenes Ohr für sie zu haben.
„Elisha hat nicht so recht mi der Sprache rausrücken wollen … Wer weiß, was vor dreizehntausend Jahren geschah. Vielleicht sind es Erinnerungen, die sehr persönlich sind und mit denen sie niemand anderen belasten möchte. Wenn sie so weit ist, wird sie vielleicht erzählen, was passiert ist“, erklärte Carol weiter, doch richtete ihre Worte mehr an John, dessen Sorge sie erkennen konnte. „Lass ihr Zeit und mach dir keine Sorgen. Sie ist bei Ihrer Familie, die sich um sie kümmert und sie ist in Sicherheit.“
Am nächsten Morgen
Dave und Daniel hatten sich im Gateraum eingefunden und sich bereits von Woolsey und dem Rest des Teams verabschiedet und auch Daniel hatte noch mit den Sheppards gesprochen und ihnen versichert, einige seiner Aufzeichnungen für die beiden Rückkehrer zusammenzustellen, sodass ihnen der Weg zurück ins Leben etwas leichter fallen möge. Ebenso hatte Jackson versprochen, sich persönlich um spezielle Literatur neueren Datums bezüglich Psychologie und Parapsychologie zu kümmern, sodass Carol mit mehr Wissen und Verständnis an die Problematik von Alexas Empathie herangehen konnte.
Nun war es an Dave, sich von seiner Familie zu verabschieden und zu versprechen, sich mit ihnen in einigen Tagen im Stargate-Center zu treffen.
„Benimm dich, Dave, hörst du?“, meinte Carol humorvoll, als sie sich in eine Umarmung mit ihrem jüngsten Sohn ziehen ließ.
„Immer doch.“
„Ich wünschte, Graham könnte das alles sehen. Schade, dass du ihm nicht sagen kannst, dass ich … dass wir hier sind … pass auf dich auf, Junge“, bat Patrick, der ebenfalls Dave in eine Umarmung zog.
„Sag das nicht mir“, gab Dave schmunzelnd zurück und sah zu seinem Bruder. „Wir sehen uns ja nächste Woche und was Graham angeht, warten wir einfach ab, was mit der Deklassifizierung ist. Vielleicht kann ich ihn ja doch irgendwann von euch grüßen. Ich schätze, dann wird er völlig von den Socken sein.“
„Na, so wie ich ihn kenne, würde er eher ohnmächtig zusammenbrechen.“
Patrick und Dave lachten.
„Könnt ihr mir einen Gefallen tun und darauf aufpassen, dass John nicht wieder irgendwelchen Mist baut?“, fragte Dave leise an seine Eltern gerichtet, die resignierend lachen mussten.
John jedoch hatte Daves Bemerkung mitbekommen und musste mit den Augen rollen und den Kopf schütteln, bevor anfing zu protestieren. „Hey, hey, hey! Pass auf, was du sagst, klar?“
„Was? Ist doch wahr! Wir haben vor Kurzem erst einen Crashkurs in deine Vergangenheit erhalten und die war … na ja … wie soll ich sagen? Interessant, lehrreich, merkwürdig, beängstigend …“
„Wir haben es kapiert, Dave.“
„Sei einfach vorsichtig, okay“, gab Dave leise aber ernst zurück. „Leg dich nicht wieder mit außerirdischen Rosenhecken an. Wenn dir so viel daran liegt, dann kann ich einen Ableger von Moms Rosen aus dem Garten mitbringen, aber … halte dich einfach von diesen dornigen, biestigen Pflanzen fern.“
„Okay, schon verstanden.“
„Oder von anderen merkwürdigen, gedächtnislöschenden Krankheitserregern, Wraith und ihren Königinnen, Replikatoren …“
„Dave.“
„Klettere auch bitte nicht wieder ohne Seil und Sicherungen an den Türmen dieser Stadt herum und wenn möglich, versuch nicht diese Jumper als Katapult oder … oder Bomben zu nutzen, in dem du mit ihnen in die Gebäude reinbretterst. Ich mag die Dinger irgendwie und die Stadt auch und …“
„Dave, ein Wurmloch kann nur 38 Minuten lang offengehalten werden“, gab John zähneknirschend zurück.
„Oh und diese Käfer … diese Iratuskäfer, halte dich von denen auch fern, wenn´s geht und lass dich nicht wieder über den Haufen schießen. Ich würde dich nächste Woche gerne an einem Stück sehen und …“
„Oh verdammt nochmal Dave! Wenn du nicht gleich losmarschierst, werde ich dich mit einem Arschtritt zur Erde befördern. Ohne Wurmloch.“
„Schon gut, schon gut“, antwortete der jüngere Bruder grinsend und ging einige Schritte auf das Gate zu, bevor er sich dann nochmals umdrehte.
„Ach äh und Johnny … nächste Woche musst du mir unbedingt etwas über die glühende Leidenschaft zwischen dir und dieser Chaya erzählen.“
„Ziehst du jetzt endlich Leine!“, entgegnete John und machte einen drohenden Schritt auf seinen Bruder zu, der daraufhin schleunigst aber lachend durch das Gate das Weite suchte.
Erde, Stargate-Center
General Landry war erleichtert, als Atlantis sich pünktlich meldete und Doktor Jackson als auch David Sheppard zur Erde zurück kehrten. Dabei war es schon amüsant zu sehen, wie gut zwei dutzend gestandene Männer aus Politik und Wirtschaft sich die Nasen platt drückten und drängelten, um einen besseren Blick auf das gerade aktivierte Stargate zu erhaschen.
Landry war über den plötzlichen Ansturm der höchsten Regierungsbeamten nicht gerade begeistert gewesen. Und O´Neills telefonische Vorwarnung, nur Stunden zuvor, verbesserte seinen Gemütszustand nicht gerade. Hank hatte noch versucht etwas Zeit zu schinden, um seine Leute und auch sich selbst genügend auf den Besuch vorzubereiten und einige Berichte und Erklärungen zu erstellen, die vorab schon einmal die wichtigsten Fragen beantworten und die Politiker beruhigen, vor allem aber beschäftigen würden. Aber er merkte es nur zu deutlich, dass Jackson fehlte.
Der Archäologe war neben Carter mittlerweile ein Experte für Stargate-Reisen, vor allem aber über die Arbeit in diesem Programm. Von frühzeitlichen Kulturen, auf die die Teams immer wieder stießen, über Erstkontakte mit außerirdischen Zivilisationen, bis hin zu diplomatischen Angelegenheiten, wie Handels- oder gar Friedensverträgen, auf Jackson war Verlass. Sein Scharfsinn, seine Neugier, seine Sprachkenntnisse und seine Offenheit, machten aus ihm einen geradezu perfekten Diplomaten. Und ein solcher Diplomat war gerade in solchen Momenten von Nöten.
Der General entschuldigte sich und begab sich im Eiltempo in den Gateraum.
„Doktor Jackson, Mister Sheppard, willkommen zurück. Doktor, ich bin sehr froh, dass Sie hier sind.“
„Tja, äh … danke, General. Ich bin auch sehr froh …“
„Sie missverstehen mich, Doktor Jackson. Sehen Sie bitte einmal nach oben zum Konferenzraum.“
Daniel tat wie ihm geheißen und schlagartig veränderte sich sein Gesichtsausdruck.
„Also, das ging schnell“, bemerkte er und stöhnte innerlich auf.
Der General brauchte ihm gar nicht erst zu sagen, was nun in den nächsten Stunden auf ihn zukäme und was er zu tun hatte. Stundenlanges erklären und berichten, Fragen beantworten und bei dem einen oder anderen Abgeordneten gut Wetter machen. Ruhige und entspannte Heimkehr sah anders aus.
„Stimmt etwas nicht, Mister Sheppard?“, fragte Hank, als er den irritierten Gesichtsausdruck des jungen Geschäftsmanns entdeckte.
„Hm? Oh, ich dachte, ich hätte dort oben jemand Bekanntes gesehen.“
„Wenn Sie sich öfter in höheren politischen Kreisen aufhalten, könnte es durchaus möglich sein“, erwiderte Landry amüsiert.
„Nein, nicht so oft. Mein Vater hingegen hatte schon früher gute Kontakte zu einigen hohen Politikern und Abgeordneten. Aber … na ja. Ich nehme an, ich werde an diesen Gesprächen nicht teilnehmen?“
„Das haben wir nicht geplant, nein. Um ehrlich zu sein, wissen wir nicht, wie weit wir mit der Deklassifizierung gehen werden. Wir würden Sie und die Geschehnisse um Ihre Familie und deren Rückkehr gerne so weit wie möglich herauslassen.“
„Ja, das wäre mir sehr recht und ich denke, meiner Familie auch.“
„Gut. Wenn Sie Doktor Lam einen Besuch auf der Krankenstation abgestattet haben, wird Ihnen Walter einige Möglichkeiten erörtern, wie Sie mit dem Stargate-Center direkt Kontakt aufnehmen können. Besonders für den Fall, dass es irgendwelche Schwierigkeiten geben sollte, was ich jedoch nicht hoffe. Und Doktor Jackson, mir wäre es ganz recht, wenn Sie sich so schnell wie möglich im Konferenzraum einfinden. Es wartet eine Menge Arbeit auf Sie“, erklärte General Landry und eilte zurück in den Konferenzraum.
„Ich Glücklicher. Ah, General, bevor wir zu den Senatoren gehen und noch bevor das IOA heute oder morgen hier erscheint, müsste ich mit Ihnen und General O´Neill sprechen.“
„Das muss warten bis nach dem Gespräch mit den Senatoren.“
„Das kann nicht warten, Sir. Es geht um die Antiker … sie sind in Gefahr.“
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Sowohl Daniel als auch Dave hatten die Untersuchungen schweigend und mit Geduld über sich ergehen lassen. Dave tat es zum Schluss allerdings irgendwie leid, das Stargate-Center, besonders aber die Krankenstation verlassen zu müssen. Erst jetzt fiel ihm auf, welch hübsche und angenehme Person Carolyn Lam, die Chefärztin eigentlich war. Bei seinem ersten Besuch war seine Aufmerksamkeit nur auf seine Familie, besonders auf seine eigentlich tot geglaubte Eltern gerichtet. Allmählich hatte sich die Aufregung und Verwirrung gelegt und eine besondere Sympathie schien sich zwischen den beiden zu entwickeln. Allen voran ein merkwürdiges Gefühl, das ihn zwang, sich in ihrer Nähe aufzuhalten. Etwas, dass ihn magisch zu ihr zog.
„Sie sind noch hier? Ihnen geht es doch gut und Sie sind kerngesund, so weit ich das beurteilen kann“, fragte Carolyn, als Daniel sich gerade von Dave verabschiedete und zu den Senatoren im Konferenzraum eilte.
„Ja, aber … wer weiß, wie schnell sich das ändern kann. In Atlantis hat mir mein Bruder das nur allzu deutlich vor Augen geführt. Und auch nicht ganz freiwillig.“
„Verstehe. Ja, das habe ich mitbekommen. Wie geht es ihm inzwischen?“
„Ach, er ist schon wieder auf den Beinen. Er hinkt zwar noch, aber er hinkt von Tag zu Tag besser“, entgegnete Dave, worauf Carolyn lachen musste.
„Ich habe sowohl gehört, als auch schon erlebt, dass die Sheppards in der Regel eine Aversion gegen Krankenstationen oder Krankenhäuser haben. Deswegen wundere ich mich schon ein wenig, Sie noch hier anzutreffen.“
„Na ja, das stimmt schon. Besonders John kann Krankenhäuser und so nicht ausstehen. Aber … er ist auch ein ganz anderes Kaliber als ich. Ich sehe Ihnen einfach nur gerne zu.“
„Ach wirklich?“
„Ja. Sie … Sie sind einfach … Sie haben eine wunderbare Gabe.“
„Ich bin eine einfache Ärztin.“
„Ich glaube, Sie sind viel mehr als das. Sie sind … Sie sind …Intelligent … und fürsorglich und nett zu den Patienten und … Sie sind auch … sehr … attraktiv und … na schön. Sehen Sie, um ehrlich zu sein, möchte ich gar nicht hier bleiben. Ich würde viel lieber … ich hatte gehofft, Sie zu einem Kaffee einladen zu können“, erwiderte Dave hoffnungsvoll, als er merkte, dass Carolyn auf seinen flirtenden Small Talk einzugehen schien.
„Ein Kaffee?“
„Für den Anfang.“
„Um herauszufinden, was ich sonst noch bin? … Das wäre … schön. Nur leider kann ich nicht“, erwiderte Doktor Lam und sah sofort, wie sich Daves Gesichtsausdruck schlagartig veränderte.
Natürlich, er hatte daran denken müssen. Wie hatte er nur annehmen können, sie sei Single? Wie hatte er derart mit ihr flirten können, und gehofft, sie während des Kaffeetrinkens besser kennenlernen und vielleicht sogar ein Rendezvous mit ihr verabreden zu können, wenn sie offensichtlich schon vergeben war?
„Oh … oh, ja. Ja, natürlich. Sie … äh … Sie sind schon … Sie haben … Sie sind schon verheiratet oder … oder … es tut mir leid, ich …“
„Was? Oh nein! Nein. Ich bin nicht verheiratet oder … anderes. Ich … es ist nur so, durch den Besuch der ganzen Meute da oben bin ich ziemlich angebunden. Die Senatoren erwarten noch eine Führung und die Krankenstation gehört auch dazu, also …“
„Oh … ja … richtig. Die Politikmeute“, erinnerte sich Dave und hielt nun vollends verwirrt inne.
„Wenn das nicht wäre, dann … liebend gerne. Aber … kommen Sie denn nicht nächste Woche wieder hier her, um sich mit Ihrer Familie zu treffen? Sie bleiben doch bestimmt einige Tage hier und ich bin sicher, ich kann mir währenddessen etwas Zeit freimachen, wenn Sie ebenfalls …“
„Ja. Ich meine, ich kann mir bestimmt auch etwas Zeit nehmen. Man wird es mir bestimmt nicht übel nehmen“, entgegnete Dave lächelnd und schöpfte neue Hoffnung, die Ärztin doch noch zu einem privaten Plausch treffen zu können.
„Dann … Kaffee, nächste Woche?“, erwiderte Carolyn mit einem äußerst attraktiven Lächeln, das Dave warm ums Herz werden ließ.
„Ja … nächste Woche … Kaffee … ich meine, ich freue mich sehr darauf“, stotterte Dave.
„Ich freue mich auch. Ich sollte jetzt …“
„Ja. Ja, ich muss auch … ich sollte auch … mein Kaffee geht gleich. Ich meine, mein Flieger geht gleich … öffentlich. Mein Privatflugzeug ist noch … tja, also dann … Wiedersehen.“
„Wiedersehen, Mister Sheppard.“
„David, ich meine, Dave. Nennen Sie mich doch Dave“, bat er und ging langsam rückwärts Richtung Ausgang.
„Wenn Sie mich Carolyn nennen? … Auf Wiedersehen, Dave.“
„Wiedersehen … Carolyn“, meinte er endgültig, drehte sich um und stieß beinahe mit dem Türrahmen zusammen, dem er allerdings gerade noch und mehr als umständlich ausweichen konnte.
Carolyn unterdrückte ein herzhaftes Auflachen, ein kleines Schmunzeln entwich ihr allerdings doch. Auch dieses Schmunzeln brannte sich in Daves Gedächtnis ein und sollte ein Bild werden, das er so schnell nicht vergessen würde.
Los Angeles, Am nächsten Tag
„Ich wünschte, ich könnte dir mehr erzählen, Graham. Ich wünschte, du könntest es dir ansehen. Es war … unbeschreiblich schön. Dieser Ort … es war wie … wie aus ferner Zukunft“, meinte Dave träumerisch, als er sich an den Anblick von Atlantis erinnerte.
Wie sollte man jemanden so etwas beschreiben, wenn man zum einen an eine Schweigepflicht gebunden war und zum anderen einfach die Worte fehlten, diese außergewöhnliche Schönheit in Worte zu fassen?
Graham war ein langjähriger Freund der Familie. Er gehörte quasi dazu. Zunächst war er Patricks Assistent, später Geschäftsführer. Schon viele Male war er bei den Sheppards zu Besuch und hatte so ziemlich alle Höhen und Tiefen innerhalb der Familie hautnah miterlebt. Graham war zwar neugierig und fragte auch nach John, doch als er erfuhr, dass dieser offenbar endlich seinen Weg gefunden zu haben schien, freute er sich, dass auch die beiden Brüder wieder zueinandergefunden hatten. Da machte es ihm auch nichts mehr aus, über diese geheimnisvolle Stadt im Unklaren zu bleiben.
„Ich verstehe schon, Dave. Mach dir keine Gedanken. Du hast doch gesagt, dass es bald eine Enthüllung geben soll. Also warte ich bis dahin. Hauptsache du und John habt miteinander sprechen können.“
„Ja, das haben wir. Obwohl wir schon direkt nach Dads … Beerdigung gesprochen haben. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.“
„Das ist gut. Familie ist alles, David. Und du hast nur noch John. Es sollte keine Rolle spielen, wo er ist oder was er tut. Er ist dein Bruder. Das ist alles, was zählt. Es ist nur … es ist nur bedauerlich, dass dein Vater keine Chance mehr erhalten hat, die Probleme aus der Welt zu räumen.“
„Eigentlich ist … ja“, erwiderte Dave und konnte sich gerade noch auf die Zunge beißen, um nicht mehr zu verraten.
Zu gerne würde er Graham von der Wiederauferstehung seiner Eltern erzählen. Aber wie vieles andere, unterstand auch dies der Geheimhaltung. Dave hoffte inständig, dass die Veröffentlichung möglichst bald und wenn schon, dann auch möglichst bis ins kleinste Detail stattfand. Vielleicht könnte er ihm dann doch noch Atlantis zeigen und auch von seinen Eltern erzählen, die er wieder hatte.
„Ich gehe auch davon aus, dass du mir nichts über die Dame erzählen kannst, die offenbar dein Herz erobert hat, hm?“
„Was? … Woher …“
„Du hast einen ganz bestimmten Glanz in deinen Augen, heute Morgen kamst du summend und hüpfend ins Büro. Laut Francine hast du offenbar auch ein neues Aftershave und du siehst den Kaffee immer so verträumt an, was bedeuten muss, dass du dich zumindest schon mit ihr zum Kaffee getroffen hast“, gab Graham grinsend zurück, als er glaubte, Daves Gesichtsausdruck richtig zu deuten,“oder treffen willst.“
„Nächste Woche … tatsächlich zum Kaffee. Für den Anfang. Sie ist Ärztin. Sie ist … nicht direkt auf Johns Stützpunkt tätig, aber es hängt alles irgendwie zusammen. Sie ist die Tochter von Johns Vorgesetztem.“
„Oh, die Tochter des Generals. Ist sie hübsch?“
„Oh ja! Sie ist hübsch, clever, sie hat ein großes Herz …“
„Sie erinnert dich an deine Mutter, nicht wahr?“, fragte Graham leise, da er glaubte, den noch immer wunden Punkt zu treffen.
„Irgendwie ja. Abgesehen von ihrem dunklen Haar, ist sie auch von ihrem Wesen irgendwie … na ja, ich kenne sie noch nicht so gut, aber … sie könnte es ein, Graham. Sie könnte wirklich die eine sein“, erklärte Dave lächelnd und Graham verstand Daves Anspielung.
Er hatte sich oftmals mit Dave übers Heiraten unterhalten. Es war nicht so, dass Dave überhaupt kein Interesse an Frauen gehabt hätte, nur war es in seiner Position, in seiner Stellung als reicher Erbe eines Energiemoguls und als Geschäftsmann nicht einfach, die passende Frau zu finden, mit der man glücklich werden könnte.
Sicher, es standen genug vor der Tür, doch deren Interesse lag weniger an einer Beziehung, einer Ehe oder einer Familiengründung. Das hatte er schon mehr als einmal und glücklicher weise auch immer rechtzeitig gemerkt. Doch bei Carolyn Lam hatte er von Anfang an ein ganz anderes, ein ganz besonderes Gefühl. Diese Frau kümmerte sich wenig bis kaum um Geld, Macht und das Ansehen in einer gehobenen Gesellschaft. Sie besaß eine Würde und Grazie, die man heutzutage kaum noch fand. Ihr würde man nicht so einfach das Wasser reichen können.
„Das wünsche ich dir, Junge. Ich wünsche es dir von ganzen Herzen, das weißt du. Aber dennoch bitte ich dich, vorsichtig zu sein. Es muss nicht unbedingt wieder in einem Beinahe-Desaster enden, so wie letztes Mal.“
„Ja, ja, ich weiß. Aber ich glaube nicht, dass Carolyn eine solche Frau ist.“
„Carolyn, aha. Was ist eigentlich mit John? Gibt es, abgesehen von seiner Beförderung, noch andere gute Nachrichten?“
„Noch nicht. Aber er ist auf Kurs. Er weiß es nur noch nicht.“
„Er … wie ist denn das zu verstehen?“, fragte Graham perplex.
„Es gibt da auf seinem Stützpunkt eine junge Frau. Eine wirklich sehr schöne, junge Frau, um die er ständig herumschwirrt. Aber sie hat so ein paar Problemchen und John … na ja, du kennst ihn ja.“
„Ja, der Gentlemen, der Retter und der Ritter, hm?“
„Genau. Wir glauben, dass er bis über beide Ohren in sie verknallt ist, er streitet es nur vehement ab.“
„Wir? Wen meinst du denn mit `wir´?“
„Hm? Oh ich … ich meine, ich und … und ein paar andere um ihn herum. Er … er hat da eine Menge Freunde und Kollegen.“
Wieder hätte er sich beinahe verplappert, als er sich daran erinnerte, wie seine Eltern seinen Bruder in die Mangel genommen hatten und versuchten, ihm ein Geständnis zu entlocken.
„Bevor ich es vergesse“, begann Dave erneut, „unter dieser Nummer kannst du John erreichen. Na ja, nicht ihn persönlich, aber man wird sich dort darum kümmern, ihn so schnell wie möglich Bescheid zu geben … nur für den Fall, dass irgendwann mal was sein sollte.“
„Was sollte denn sein?“, fragte Graham stutzig.
„Keine Ahnung. Aber in der Welt geschehen manchmal wirklich … merkwürdige Dinge. Es ist nur für den Notfall.“
„Also irgendwie gefällt mir dieses Gespräch plötzlich nicht mehr. Dave, was ist los? Irgendwas stimmt doch nicht.“
„Ich weiß auch nicht. Als ich … als ich von diesem Ort zurückkam und Johns Vorgesetzten wieder traf, da hätte ich schwören können, dort jemanden gesehen zu haben. Jemand Bestimmtes. Du musst wissen, die geplante Veröffentlichung schreitet offensichtlich schon schnell voran. Man hat dort einige hohe Tiere zu Besuch gehabt und … na ja, ich bin mir wirklich nicht sicher, aber ich glaube, ich sah dort Mason Trasman.“
„Oh … ja, ich erinnere mich. Dein Vater hatte mit ihm schon einige Male ziemlichen Ärger. Es war schwer, ihn einzuschätzen und noch schwerer mit ihm umzugehen. Er war ein sehr … aggressiver Geschäftsmann. Er bekam stets das, was er wollte, wenn auch mit ungewöhnlichen und manchmal auch nicht ganz sauberen Mitteln. Bei deinem Vater hatte er sich allerdings die Zähne ausgebissen. Gut möglich, dass du ihn gesehen hast. Er ging in die Politik. Er könnte jetzt tatsächlich einer der ganz Hohen sein. Vielleicht sollten wir mal unauffällig nachforschen. Es ist nie verkehrt, seine Feinde, auch die aus alten Zeiten im Auge zu behalten.“
„Ja, da hast du wohl recht … Aber wie gesagt. Egal, was irgendwann mal ist, wenn du John erreichen willst, kannst du das über diese Nummer … und du kannst ihnen vertrauen, okay?“
„Alles klar. Ich nehme an, dass diese Nummer ein kleines Staatsgeheimnis ist.“
Daves Antwort bestand aus einem entsprechenden Gesichtsausdruck. Graham nickte verstehend, danach machten sich die beiden an die Arbeit.
Atlantis, eine Woche später
Murrend und Unverständliches knurrend ließ Tristanius sich von seiner Frau an seiner Uniform nesteln. Es war früh am Morgen und die Tatsache, dass ihn die Sorgen der letzten Wochen und Tage nicht wirklich gut haben schlafen lassen, trübten die Freude auf die Reise zur Erde etwas.
„Etwas zu groß. Aber nur ein wenig, das ist nicht so schlimm“, meinte Elisha, als sie am Kragen der Uniform ihres Mannes herumhantierte.
„Nein, nein. Ich habe noch immer die gleiche Kragenweite, wie bei meinem Eintritt in die Akademie“, antwortet Tristan und zog am Ärmel seiner Jacke, drehte seinen Kopf hin und her und verlagerte sein Gewicht von einem Bein zum anderen.
„Aber natürlich. Bezüglich der Uniform bestimmt, aber dein Hals ist schlanker geworden.“
„Kann ich mir nicht vorstellen. Wenn ich so betrachte, wie es nun hier aussieht und wie man mit meiner Stadt umgeht, dann bekomme ich immer einen dicken Hals.“
Dorian prustete vor Lachen und auch Elisha musste schmunzeln. Auch Tristanius hatte schließlich etwas lächeln müssen, als er merkte, dass seine ernst gemeinte Aussage nicht die Wirkung erzielte, die er sich eigentlich vorstellte.
„Was ist mit Alexa? Ist sie so weit?“
„Sie hat sich schon mal angezogen, aber wie sie aussieht, steht auf einem anderen Blatt“, gab Dorian auf die Frage seines Vaters zurück.
„Sieh lieber zu, dass du angemessen aussiehst. Deine Kleidung sitzt auch nicht ganz korrekt.“
„Ja, das liegt daran, dass ich keinen Stock im Hintern habe und der Kleidung fehlt auch die gewisse Steifigkeit, also … was?“, fragte Dorian schließlich perplex, als sein Vater ihn mit verengten, mahnenden Augen ansah.
„Du bewegst dich mit deinen Kommentaren wieder haarscharf an der Grenze, Dorian.“
„Ach Pa, ist doch alles halb so schlimm. Am besten immer schön geschmeidig durch die Hose atmen.“
„Was soll denn das heißen?“, wollte Elisha wissen.
„Nimm´s locker! Immer schön langsam!“, erwiderte Dorian gelassen und begab sich ins Badezimmer.
„Also … wo hat der Junge nur diese Redensarten her?“, kam es kopfschüttelnd von Elisha.
„Na, woher denn schon? Hier wimmelt es doch nur so vor Menschen von der Erde. An jeder Ecke schnappt er irgendwas dieser Art auf. Stell dir vor, wenn wir von der Erde kommen, verstehen wir ihn gar nicht mehr und brauchen einen dieser Dolmetscher“, gab Tristan zurück, als er auf dem Weg zum Zimmer seiner Tochter war.
Schon seit fast einer Stunde saß Alexa auf ihrem Bett und starrte geistesabwesend zum Fenster hinaus auf das Meer. Tristanius blieb nur kurz am Türrahmen stehen, betrachtete sie eine Weile und sah, wie sie sich krampfhaft an dem kleinen Speicherkristall festzuhalten schien, auf dem einige Bilder von ihr und hauptsächlich Darius gespeichert waren. Tristanius wusste, dass sie das Kristall in den letzten Tagen immer weniger aktivierte und wenn doch, verfiel sie wieder in einen Heulkrampf.
„Alexa? Bist du so weit?“, fragte er leise und sah, wie Alexa erschrak und den kleinen Kristall fallen ließ.
„Ich … ja“, gab sie zurück und hob schnell den Kristall auf, als Tristan näher trat.
„Willst du ihn mitnehmen?“
„Ich … ich weiß nicht. Ich denke manchmal, dass es besser wäre, wenn ich ihn hier lasse, aber dann … Immer wenn ich ihn ansehe, wenn ich ihn aktiviere und ich dann … sehe … wenn ich sein Gesicht sehe, dann kann ich nichts anderes mehr tun als … weinen. Aber ich will nicht mehr … weinen. Ich will … ich kann ihn aber auch nicht hier lassen. Es fühlt sich an, als … als würde ich ihn zurücklassen … ihn vergessen, ihn … ich weiß nicht.“
„Soll ich ihn nehmen? Ich könnte den Kristall für dich aufbewahren und wir sehen, wie es läuft. Wenn du ihn dann doch willst, gebe ich ihn dir“, schlug Tristanius vor und musste nur kurz auf Alexas nickendes Einverständnis warten.
Er sah, wie schwer es ihr fiel, den Kristall außer Sichtweite zu haben und ihn sogar jemand anderem anzuvertrauen. Aber er war ihr Vater. Wem sollte sie vertrauen, wenn nicht ihm? Wieder spürte Tristanius Zweifel in sich aufkommen, was seine Sorgen, seine Gedanken, die Vergangenheit und die Geheimnisse betrafen. Doch bald würden sie zur Erde reisen und für die Gespräche musste er einen klaren Kopf haben, also konzentrierte er sich wieder auf das hier und jetzt.
„Hier ist er gut aufgehoben. Siehst du?“, fragte er, als er den Kristall in eine Innentasche seiner Uniformjacke steckte.
„Er beult die Jacke aus. Ich dachte du magst es nicht, wenn auch nur ein winziges Detail an einer Uniform nicht stimmt.“
„Ach … ich ziehe einfach den Bauch ein, dann sieht man ihn nicht so“, meinte Tristanius, zog die Luft ein und hielt sie an.
Stirnrunzelnd beobachtete Alexa ihren Vater, während sie sich ihre Jacke anzog. Allmählich hatte Tristanius mit dem Sauerstoffmangel zu kämpfen. „Du wirst schon blau.“
„Ich weiß … ach was soll´s. Dann habe ich eben eine Beule. Ich muss ja nicht immer alles so detailgenau nehmen“ platzte es ihm raus und atmete tief durch.
Alexa brachte tatsächlich ein kleines Lächeln zustande, was Tristanius freute. Doch seine Vorliebe fürs Detail kehrte schnell zurück, als er die Abzeichen an ihrer Jacke richtete und in Position rückte. Auch ihren Kragen richtete er nun.
„Bist du dir wirklich sicher, dass du es schaffst? Wir können immer noch absagen und die Reise verschieben.“
„Pa, wir reisen in zehn Minuten ab. Wie willst du das noch verschieben?“
„Da fällt mir schon was ein. Alles ist machbar. Ich möchte nur nicht, dass du dich gezwungen fühlst. Wenn es dir noch nicht gut geht, dann …“
„Es geht schon. Ich meine … ich schaffe das schon.“
„Wirklich?“, fragte Tristanius eindringlich aber leise nach, worauf Alexa nickte.
„Na schön. Was hältst du davon: Wir reisen zur Erde, lassen uns die Leute dort vorstellen und nach kurzer Zeit sorge ich dafür, dass du dich zurückziehen kannst. Zu all den Gesprächen musst du wohl nicht dringend zugegen sein.“
Alexa nickte wieder. „Ja, einverstanden.“
„Schön. Also … sind wir so weit?“
„Wir sind so weit“, gab Alexa zurück und machte sich mit ihrer Familie auf den Weg zum Gateraum.
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Genervt versuchte John seine Krawatte zu binden, doch der erwartungsvolle Blick seiner Mutter machte dieses Unterfangen nicht gerade leichter. Er wusste, sie konnte es nicht abwarten ihren Sohn in Blue Dress zu sehen. Auch die Gedanken, die ihn gerade beschäftigten, lenkten ihn immens ab.
„Na komm schon her“, meinte Carol schmunzelnd und drehte John zu sich, um sich seiner Krawatte zu widmen.
„Mom … ich kriege das schon hin“, stöhnte John auf.
„Sicher. Aber bis du endlich so weit bist, müssen wir die Erde zum zweiten Mal anwählen. Außerdem will ich dich in den nächsten Minuten in deiner tollen Uniform sehen und nicht erst nächstes Jahr oder noch später.“
„So toll ist die Uniform gar nicht. Sie drückt hier und zwickt da und ist auch sonst so steif.“
„Tja, das hättest du dir vor deinem Eintritt in die Air Force überlegen sollen. Da wirst du jetzt durch müssen“, gab Carol schmunzelnd zurück und half John danach in die Jacke. Stolz lächelnd betrachtete sie ihn und die Abzeichen an seiner Brust und den Schultern. „Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie stolz ich auf dich bin?“
John lächelte und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Danach wandte er sich wieder dem Spiegel zu und kümmerte sich um den letzten Schliff. Währenddessen verfiel er wieder in Schweigen und ließ ohne Weiteres murren und knurren an sich herum zupfen und den einen oder anderen Fusel entfernen. Doch Carol fiel auf, wie sehr John sich von seinen Gedanken ablenken ließ.
„Was ist los, John? Machst du dir noch immer so große Sorgen um sie?“
„Ich habe sie seit über einer Woche nicht gesehen und sie hat sich noch nicht einmal gemeldet.“
„John, vielleicht muss und will sie alleine mit ihren Erinnerungen klarkommen. Es war wohl nicht so schlimm, sonst würde sie jetzt nicht mit zur Erde reisen. Man hätte es verschoben oder gänzlich ausgesetzt. Du wirst sie nachher sehen und vielleicht findest du auch einen Moment, wo du mit ihr sprechen kannst. Mach dir keine Sorgen. Wenn es ihr wirklich so schlimm ginge, würdest du es wissen.“
„Und woher, Mom? Sie kann mit mir Verbindung aufnehmen, nicht umgekehrt. Aber sie … sie meldet sich einfach nicht.“
„Warte doch einfach mal ab. Vielleicht …“
„Na wie sieht´s aus? Sind wir so weit?“, ertönte die Stimme von Patrick Sheppard, der das Schlafzimmer betrat und John von oben bis unten musterte.
„Was?“, fragte dieser verwirrt, als ihm der perplexe Gesichtsausdruck seines Vaters auffiel.
„Nichts, nichts. Nur … mir fällt gerade auf, dass ich dich so selten in dieser Uniform gesehen habe.“
„Dann freu dich, Dad. Du wirst sie in den nächsten Tagen jeden Tag zu sehen bekommen.“
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Nach und nach trafen diejenigen, die die Erde besuchen wollten im Gateraum ein. Neben den Sheppards und Woolsey tauchten auch Ronon und Amelia Banks auf. Sie war schon etwas nervös, wollte sie doch Ronon ihrer Familie vorstellen. Doch dieser hatte die Ruhe und Gelassenheit offenbar gepachtet. Doch John wusste, dass er sich zumindest Gedanken machte. Er beobachtete schon seit Längerem, dass es zwischen Ronon und Amelia ernst zu sein schien und die Beziehung zu ihr schien dem Hünen auch irgendwie gut zu tun. John gönnte ihm das Glück. Genauso wie er Rodney und Jennifer das Glück und die Liebe gönnte.
Anfangs hatte John sich schwer damit getan, zu verstehen, was beide aneinander fanden, doch wenn er so beobachtete, wie sie miteinander umgingen und wie Rodney sich langsam aber sicher etwas veränderte, nicht unbedingt zum schlechten, aber doch noch immer Rodney blieb, verflüchtigten sich Johns Bedenken.
Dann blickte er zu seinem Stellvertreter, der zusammen mit Teyla, Zelenka und den restlichen Expeditionsmitgliedern die Stellung in Atlantis halten würde.
„Lorne, dass mir ja die Stadt noch steht, wenn ich wieder komme“, meinte John zu seinem Stellvertreter.
„Keine Sorge, Sir. Ich mache mir mehr Sorgen darüber, ob Sie noch an einem Stück sind, wenn Sie wieder kommen“, neckte der Major John.
John warf ihm zunächst einen ernsten Blick zu, doch dieser verwandelte sich schnell in ein kurzes Grinsen. Nur einen Augenblick später verging John das Lachen.
Die Antiker und somit auch Alexa betraten den Gateraum. Dave und Daniel hatten schon vor etwa einer Woche davon gesprochen, dass Alexa in einem schlechten Zustand sei, doch nun verschlug es ihm die Sprache. Alexa war tatsächlich dünner geworden. Abgemagert wäre wohl übertrieben, aber sie hatte tatsächlich einiges an Gewicht verloren. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, sie wirkte müde, kraftlos und niedergeschlagen. Vor allem aber hielt sie sich eng hinter ihrem Vater und wurde von ihrer Mutter und ihrem Bruder flankiert.
John fiel auf, dass sie es kaum wagte, jemanden anzusehen. Vor allem aber sah sie ihn nicht an.
„Oh man! Was ist denn mit ihr passiert?“, flüsterte Jennifer leise, worauf Rodney rätselnd zu John sah, dem das Entsetzen ins Gesicht gestanden schrieb.
„Commander … schön Sie wieder zu sehen“, grüßte Richard, worauf Alexa nur für einen Bruchteil einer Sekunde zu ihm und schließlich zu John sah.
„Mister Woolsey.“
Alexas Anblick war so schon entsetzlich. Aber in ihren Augen lag eine gewisse Leere, die doch von Schmerz gekennzeichnet war, der geradewegs auf jemanden überzuspringen schien. So sehr John sich auch bemühte, er hatte allenfalls eine Ahnung, welche Erinnerung sie derart quälten. Doch aus irgendeinem Grund, wollte er dieser Ahnung nicht so recht nachgehen.
„Wir haben Sie vermisst. Ich hoffe es geht Ihnen besser“, gab Woolsey zurück.
„Ja, Mister Woolsey. Es geht mir besser. Danke.“
„Schön, schön. Dann äh … sind wir alle so weit?“
Erde, Stargate-Center
„Jackson, nur mal so aus Neugier, auf einer Skala von eins bis zehn … was würden Sie der Antikerin geben?“, fragte Cameron Mitchell leise, nachdem er sich unauffällig umsah und sich dann neben Daniel stellte.
„Welcher? Es sind zwei. Da ist Elisha, die Mutter und Alexa, die Tochter … und Commander der lantianischen Streitmacht.“
„Ach kommen Sie schon, Sie wissen genau, wen ich meine“, gab Cameron zurück, doch Daniel antwortete nicht. „Ich hoffe ja mindestens auf eine fünf.“
„Wenn eine zehn …“
„Bombenmäßig ist, ja“, stimmte Cameron zu. „Also? Ist sie eine Fünf? … Eine Sechs …?“
„Wissen Sie, Schönheit ist relativ. Was mir gefällt, muss Ihnen nicht auch gefallen.“
„Ja, aber Sie können das schon ganz gut einschätzen. Sie sind ein Mann mit Geschmack.“
„Ja und ich kann mittlerweile auch ganz gut einschätzen, dass General Thalis kein Freund solcher … Beurteilungen bezüglich seiner Tochter ist. Ich glaube, er mag es im Grunde gar nicht, wenn man so über eine Frau spricht.“
„Da ist er nicht der Einzige, Doktor“, ertönte Landry Stimme, als dieser mit General O´Neill den Gateraum betrat.
Auch die beiden hatten sich in Schale geworfen und ihre Uniform angezogen, während Daniel, Teal´c und Vala in zivil gekleidet waren und ebenfalls mit einem Begrüßungskommando die Ankunft der Antiker erwarteten.
„Ja Sir. Ich bin im Grunde auch kein Fan von so was, ich habe nur versucht … mir … vorab ein Bild von den Antikern zu machen.“
„Warten Sie ab, bis sie vor Ihnen stehen. Dann können Sie sich ein Bild machen, das schärfer ist, als die beste Kamera es Ihnen je liefern könnte.“
„Ja Sir.“
Kaum ausgesprochen begann auch schon das Tor, sich einzuwählen. Sekunden später ertönte Walters Stimme, die ein eingehendes Wurmloch und den ID-Code von Atlantis vermeldete. Hank sah noch ein letztes Mal zu seinem Eliteteam, bevor er sich straffte und seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gate lenkte.
„Walter, Iris öffnen.“
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis zunächst Woolsey und John, gefolgt von den Antikern und schließlich dem restlichen Team und den Sheppards hindurchtraten. Die Antiker hatten jedoch noch nicht einmal einen richtigen Schritt getan, als Camerons Stimme durch den Gateraum hallte und jeden Militär reagieren ließ.
„Achtung! … Vergessen Sie die Skala, die ist gerade gesprengt worden“, flüsterte er zum Schluss Daniel zu.
„Colonel Sheppard, willkommen zurück auf der Erde“, begrüßte O´Neill zuerst John und entließ diesen aus dem Salut.
„Danke Sir. General O´Neill, General Landry, ich darf vorstellen. General Tristanius Alarith Thalis. Oberbefehlshaber der lantianischen Streitmacht und Ratsvorsitzender in Atlantis. Seine Gattin Elisha Thalis, leitende Medizinerin, sein Sohn Dorian, leitender Wissenschaftler und seine Tochter Commander Alexa Thalis, stellvertretende Kommandantin. General Thalis, Lieutenant General Jack O´Neill, Leiter der Homeworld Security und Major General Hank Landry, Kommandant des Stargate- Centers.”
Hank und Jack versuchten, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen, als ihnen sowohl der Antiker-General als auch dessen Tochter einen korrekt militärischen Gruß in Form eines Saluts entgegenbrachten. Nach einem kurzen Blickwechsel erwiderten sie den Gruß und Hank ging einige Schritte auf sie zu.
„General, Misses Thalis, Mister Thalis, Commander … Willkommen auf der Erde.“
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Mit großen staunenden Augen sah die braunhaarige junge Frau durch das Fenster des Konferenzraumes nach unten in den Gateraum. Zunächst war sie fasziniert von dem außerirdischen Artefakt, das man als Stargate bezeichnete. Doch sehr schnell wandelte sich diese Faszination in eine Art Erstaunen, die sich nicht mehr auf das Stargate bezog, sondern vielmehr auf eine einzelne Person, die dort hindurch schritt.
Sofort hatte sie ihn wiedererkannt. Es war schon eine Zeit lang her, als sie sich zuletzt sahen und schon damals war sein Aufenthaltsort und seine genaue Arbeit ein kleines Geheimnis, hinter das sie einfach nicht kam. Nun aber wurde ihr einiges klar. Niemals hätte sie ihn in einer solchen Einrichtung vermutet. Natürlich hatte man ihr und ihrem Vorgesetzten, den sie begleitete, einiges über das Stargate und die Arbeit im Stargate-Center berichtet, doch dass sie ihn ausgerechnet hier wiederfand, hatte sie nicht erwartet.
Doch es gab noch mehr, dass sie regelrecht erstarren ließ. Sie entdeckte zwei weitere Personen, von denen sie eine persönlich, die andere jedoch nur auf Fotos sah und aus Erzählungen kannte. Doch beide waren eigentlich tot. Keine vernünftige Erklärung schien ihr einzufallen und so betrachtete sie weiterhin mit kopfschüttelnder Fassungslosigkeit das Geschehen im sogenannten Gateraum.
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„Ich danke Ihnen. Es ist mir eine Ehre, Sie persönlich kennenzulernen“, entgegnete Tristanius.
„Die Ehre liegt ganz auf unserer Seite. General O´Neill war früher selbst der Leiter des Stargate-Centers und zuvor Teamleader des Eliteteams SG-1, dem Pendant zu Colonel Sheppards Team. Nun ist es Colonel Cameron Mitchell. Doktor Daniel Jackson kennen Sie bereits. Dies ist Vala Mal Doran …“, begann General Landry das Team vorzustellen, worauf Vala locker und lässig winkte.
„Hi!“
„Und das ist Teal`c, einst der erste Primus des Goa`uld Apophis, nun ein geistiger Führer der freien Jaffa und Mitglied in Mitchells Team. Zum Team gehörte auch Colonel Samantha Carter. Sie hat kürzlich das Kommando über eines unserer Schiffe, der George Hammond übernommen. Sie lässt sich entschuldigen. Sie hat vor kurzen ein Notsignal von einem Schiff einer unserer Alliierten erhalten und leistet Unterstützung. Sie wird sich unserem Treffen später anschließen. „
„Natürlich. Ich verstehe. Ich kenne Colonel Carter aus Colonel Sheppards Erinnerungen“, erwiderte Tristanius.
„Ah ja, richtig! Colonel Sheppards Erinnerungen“, warf O´Neill ein und wandte sich John zu. „Sheppard … außerirdische Rosenhecken?“, fragte er skeptisch mit einem winzigen Lächeln auf den Lippen, als er sich an die kürzlichen Berichte aus Atlantis erinnerte.
„Ich fand sie irgendwie schön, Sir“, gab John verlegen lächelnd zurück, zuckte mit den Achseln und stellte O´Neill daraufhin seine Familie vor.
Danach verabschiedeten sich Ronon und Amelia und machten sich daran, den Stützpunkt zu verlassen, während die restliche Gruppe zum Konferenzraum geführt wurde, in dem schon einige Vertreter des IOA´s und anderer hohen Einrichtungen und Behörden warteten. Darunter auch einige Personen aus einer neuen Abteilung des Verfassungsschutzes des Landes.
Der Anblick einer bestimmten Person aus der Gruppe ließ John allerdings sprachlos an der obersten Stufe der Wendeltreppe innehalten. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit ihr. Wie versteinert hörte er nur noch zur Hälfte General Landry zu, der dem Besuch weitere Personen vorstellte.
„Meine Damen und Herren, Major Davis. Er fungiert als Verbindungsmann zwischen dem Stargate-Center und dem Pentagon, Lionel Afram und James Coolidge vom internationalen Aufsichtsgremium und Mister Cartwright mit seiner Assistentin Misses Sheppard von einer erst kürzlich neu geschaffenen Abteilung innerhalb des Verfassungsschutzes. Wir heißen General Tristanius Thalis mit seiner Frau Elisha, seinem Sohn Dorian und seiner Tochter Commander Alexa Thalis willkommen. Ebenso auch die Herrschaften Sheppard, die erst kürzlich … von einer anderen Ebene der Existenz zurückkehrten. Genaueres und ihre Erfahrungen werden sie uns heute bestimmt mitteilen können.“
„Colonel? Es ist nur ein Zufall, dass Sie beide den gleichen Namen haben, oder scheint man sich doch zu kennen?“, fragte O´Neill an John gerichtet, dem die mehr als verblüfften Gesichtsausdrücke zwischen ihm und der jungen Misses Sheppard auffiel.
„Kein Zufall, Sir und kennen trifft es nicht ganz … sie ist meine Exfrau.“
Während sich die Herrschaften begrüßten und man fleißig Hände schüttelte, konnte John O´Neill bezüglich seiner Exfrau beruhigen. John konnte O´Neills anfängliche Verwirrung und spätere Überraschung gut nachvollziehen und hatte ihm schließlich versichern können, dass es keinerlei Probleme geben würde. Immerhin hatten John und Nancy es geschafft, sich in Freundschaft zu trennen, auch wenn immer noch merkwürdige Empfindungen bei einem Treffen mitschwangen. Am eigenartigsten war jedoch das Gefühl, als es darum ging, seiner Mutter Nancy vorzustellen und ihr zu erklären, warum sie plötzlich wieder ihrem verstorbenen Ex-Schwiegervater ins Gesicht blicken konnte. So wie jetzt.
„John?“, ertönte Carols Stimme hinter ihm.
„Ist das …?“, wisperte Nancy verblüfft, als sie zu den Personen ah, die hinter John auftauchten.
„Ja … ja, das ist … meine Mutter. Mom, das ist Nancy, Nancy, meine Mutter Carol Sheppard und meinen Dad kennst du ja schon.“
„Hallo Nancy, ich freue mich, dass ich Sie doch noch kennenlernen kann“, begrüßte Carol die junge Frau herzlich, die mit der Situation offenbar überfordert schien.
„Nancy! Schön, dich wieder zu sehen, Kind“, schloss sich Patrick seiner Frau an und zog sie in eine Umarmung.
„Ja, Ha- Hallo. Ich … ich weiß gerade nicht … was zum …?“
„Keine Sorge, Liebes. Uns ging es nicht besser. Frag Dave, wir haben ihm einen Schock fürs Leben verpasst. Und John hat auch ganz komisch geguckt, als er uns sah. Ich bin sicher, wir können uns bestimmt einmal in Ruhe zusammensetzen und reden. Ich weiß, Carol kann es schon gar nicht mehr abwarten, mehr über dich zu erfahren.“
„Patrick“, unterbrach Carol ihren Mann verlegen, während Nancy verwundert zu John sah, der nur mit den Achseln zucken konnte. Carol und Patrick zogen sich wieder diskret zurück und ließen sich von Major Davis und Daniel Jackson zu ihren Plätzen geleiten, während John und Nancy noch wie vom Donner gerührt an Ort und Stelle standen.
„Also … So sieht man sich wieder“, sprach Nancy leise.
„Ja … ja. Offenbar … bist du wieder befördert worden. Glückwunsch.“
„Danke. Du ebenfalls, wie ich sehe. Gratuliere“, gab Nancy zurück und ließ ihren Blick über Johns Uniform schweifen, als er dann auf seinen Schultern zum Ruhen kam.
„Vor etwa `nem halben Jahr“, erwiderte John achselzuckend.
„Bei mir war es letzte Woche oder auch vor vier Tagen.“
Nancy und John nickten verlegen und verfielen nur kurz in Schweigen.
„Ich habe dir das letzte Mal gesagt, dass ich mir vorstellen könnte … dass ich vermute … dass du etwas … äußerst gefährliches machst, aber … dass du auf andere Planeten reist … und das letzte mal als wir uns sahen, da … es war die Beerdigung deines Vaters und jetzt … ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“
„Das wusste ich auch nicht, glaube mir.“
„Wie ist das möglich?“
„Es ist … es ist etwas kompliziert … die Kurzfassung: Sie starben, stiegen auf und stiegen wieder ab. Die lange Fassung wirst du gleich erfahren.“
„Sie sind jung, jünger. Haben diese … Außerirdischen etwas damit zu tun? Es sind doch Außerirdische, oder? Haben sie sie zurückgebracht?““, meinte Nancy noch immer verwirrt, als sie mit dem Kopf in Richtung Antiker wies.
„Nicht ganz … Es sind Menschen, ja. Nur nicht von der Erde. Die ganze Sache mit dem Auf- und Abstieg kommt von ihnen. Es ist etwas … Deren Rasse ist Jahrtausende, Jahrmillionen alt und schon damals haben Sie den Aufstieg entdeckt. Sie sind wie wir, nur auf verschiedenen Ebenen weiterentwickelt.“
„Aber nicht … nicht gefährlich.“
„Nein, sonst wären wir nicht mit ihnen hier. Ich arbeite schon seit einigen Monaten mit Alexa, mit Commander Thalis zusammen. Du wirst gleich mehr über sie erfahren.“
Und John sollte recht behalten. In der folgenden Stunde wurden neugierige aber doch respektvolle Fragen gestellt und ein lockeres Gespräch über die Sheppards, ihr Leben, ihren Tod und ihre Rückkehr gestellt. Dann wandte man sich den Antikern zu, ihrem Leben und ihre Arbeit in der außerirdischen Stadt entstand. Es war fast ein kleiner Small Talk. Anfangs wunderte John sich über die Zurückhaltung einiger Personen, besonders der IOA-Repräsentanten, doch er konnte sich gut vorstellen, dass die Stimmung schon bald kippen konnte. Bisher schienen Daniel, Landry und O´Neill jedoch ganze Arbeit geleistet zu haben, was das Heraushalten der entsprechend heiklen Informationen anging. Doch sein Blick huschte immer wieder zu Alexa, die der Unterhaltung offenbar mit wenig Interesse folgte.
„Commander?“
„Hm? Verzeihen Sie bitte, ich war … für einen Moment abgelenkt.“
„Nun, ich fragte, ob es von je her Ihr Wunsch war, dem Militär beizutreten? Warum gerade das Militär und nicht die Wissenschaft oder Medizin, wie bei Ihrer Mutter?“, fragte Lionel Afram neugierig.
Auf Alexa schlug diese Frage jedoch ein, wie eine Bombe, denn sie ahnte, worauf man mit dieser Frage abzielte. Gerade diese Gedanken hatten sie mitunter in letzter Zeit so sehr beschäftigt und sie anfangs sogar regelrecht zermürbt. Doch sie hatte sich mithilfe ihrer Familie recht schnell fangen und stabilisieren können. Die neugierigen und erwartungsvollen Blicke, die nun allerdings auf ihr ruhten, schienen sie in ihrer Ruhe und Kraft wieder zurückzuwerfen. Für kurzen Moment war sie versucht, ihren Emotionen zu erliegen und sich durch unbedachte Äußerungen Luft zu verschaffen.
„Ich … ich war noch ein Kind, da habe ich immer zu meinem Vater aufgesehen. Ich fand ihn schon damals sehr imposant in seiner Uniform“, erklärte Alexa, worauf Tristanius schmunzeln musste und auch den restlichen Anwesenden entlockte es ein Lächeln. „Mir gefiel es, wenn er den Leuten Befehle erteilte und ich wollte dies unbedingt auch einmal tun. Natürlich hatte ich damals noch keine Vorstellung davon, was es bedeutete, Soldat zu sein und diese Arbeit zu verrichten. Die Rechte und Pflichten waren mir vollkommen fremd. Aber je mehr ich beobachtete, desto mehr lernte ich. Und mit meinem Vater hatte ich einen sehr guten Lehrmeister. Sowohl vor der Akademie als auch danach. Auch währenddessen war er stets mein erster Ansprechpartner. Für mich gab es niemals einen anderen Wunsch, als Soldat zu werden und in seine Fußstapfen zu treten.“
„Und Sie haben niemals daran gedacht, den Dienst zu quittieren, einer anderen Tätigkeit nachzugehen, oder gar zu heiraten und eine Familie zu gründen?“, hackte Afram nach, unwissend, welchen Schmerz er in Alexa heraufbeschwor.
„Ich … ich …“, brachte sie unsicher und mit brüchiger Stimme hervor, bevor sie Hilfe suchend zu ihrem Vater sah, der sofort reagierte. „Pa …“
„Bitte entschuldigen Sie. Meine Tochter fühlt sich nicht sehr wohl. Wäre es möglich, dass sie sich zurückziehen kann? Irgendwohin, wo sie ungestört ist?“
„Selbstverständlich. Wir haben Quartiere für Sie vorbereitet. Doktor Jackson wird Sie gerne begleiten und Ihnen alles zeigen“, erwiderte Hank.
„Dorian, du wirst deine Schwester begleiten und bei ihr bleiben“, erklärte Tristanius und sah, wie sein Sohn nickte. Auch Elisha erklärte schnell, Alexa zu begleiten, sich der Besprechung jedoch schnellstens wieder anzuschließen. Alexa jedoch schien damit, nicht einverstanden zu sein.
„Ich komme schon klar. Ich brauche keinen Babysitter.“
„Das weiß ich. Deswegen wird ja Dorian bei dir bleiben und nicht dein Babysitter.“
„Aber ich …“
„Alexa“, mahnte Tristanius zwar bestimmend, aber in einem ruhigen und besorgten Ton.
„Ja Sir“, gab Alexa zurück, als sie die Ernsthaftigkeit in den Augen ihres Vaters erkannte.
Mit ihm zu diskutieren hätte zum Ersten keinen Sinn und zum Zweiten waren es ohnehin der falsche Ort und die falsche Zeit. Gerade als sie die Wendeltreppe erreichte, erinnerte sie sich an etwas und kehrte um. Tristanius hatte nicht lange überlegen müssen, was die offene und bittende Hand seiner Tochter zu bedeuten hatte. Schnell hatte er den Kristall aus seiner Jackentasche befreit und ihn ihr überreicht, nicht ohne ihr noch einmal mitfühlend in die Augen zu sehen.
„Ich werde nachher vorbei kommen und nach dir sehen“, versprach er in seiner Muttersprache, als er nochmals ihre Hand drückte.
Daraufhin verließ Alexa mit ihrem Bruder, Elisha und Daniel schleunigst den Konferenzraum und Tristanius widmete sich wieder den anderen.
„Ich habe doch nichts Falsches gesagt?“, brachte Afram unsicher hervor.
„Meine Tochter hat seit ihrem Wiedererwachen aus der Stase Schwierigkeiten mit ihrem Gedächtnis. Vor kurzen sind jedoch einige Erinnerungen an etwas Bestimmtes aus ihrer Vergangenheit zurückgekehrt, die sie sehr beschäftigen. Ihre Frage hat die Erinnerungen lediglich wieder wachgerufen. Sie ist noch etwas … mitgenommen, aber das wird wieder.“
„Verstehe. Ich wollte ihr bestimmt nicht zu Nahe treten. Was haben Sie ihr da gerade überreicht?“, wollte Afram wissen.
„Einen Speicherkristall. Er beinhaltet einige Bilder und unterstützt sie bei der Zurückgewinnung ihrer Erinnerungen.“
„Ah.“
„Machen Sie sich keine Gedanken. Sie haben nichts Falsches gesagt oder getan und ich bin sicher, dass meine Tochter es genauso empfindet“, erklärte Tristanius, doch in seinem Innerem rumorte es, denn die Frage war seinem Empfinden nach, doch etwas zu persönlich.
~~~///~~~
„Das hier wäre Ihr Quartier. Leider haben wir keine schöne Aussicht zu bieten. Dieser Stützpunkt ist einem Berg und größtenteils tief unter der Erde.“
„Das macht doch nichts. Ich finde, es ist ein schöner Raum, Doktor Jackson“, gab Elisha zurück und führte Alexa sachte zu dem Bett.
„Ihr Quartier haben wir nebenan und Dorians Raum liegt diesem direkt gegenüber. Wir haben einige Wachen im Flur postiert. Sie dienen lediglich Ihrer Sicherheit und wenn Sie Fragen haben oder irgendetwas benötigen sollten, können Sie gerne jederzeit fragen oder auf mich zurückkommen“, erklärte Daniel weiter und beobachtete irritiert, wie sich Mutter und Bruder um Alexa kümmerten.
„Danke Doktor Jackson, das ist sehr freundlich. Ich bin sicher, wir kommen zurecht.“
„Was … was genau ist los mit ihr? Kann ich irgendetwas tun?“
„Alexa geht es gut. Sie wird schon wieder, keine Bange“, gab Dorian schnell zurück.
„Aber irgendwas ist doch mit ihr. Sie war schon letzte Woche so …“
„Mister Afram hat mit seiner Frage nur einige Erinnerungen wieder wachgerufen, die … die sie in den letzten Tagen fast erfolgreich verarbeitet hatte. Sie braucht nur ein wenig Zeit für sich …“
„Es war bestimmt nicht Mister Aframs Absicht. Er konnte nicht wissen, dass er mit seiner Frage in Alexa wieder einiges wachrufen würde“ unterbrach Elisha ihren Sohn, „es ist … wie sagt man? Schlechtes Timing. Durch ihre Empathie und die Anzahl der Menschen dort oben ist Alexa ohnehin noch etwas überfordert. Und ihr momentaner Zustand bezüglich ihrer Erinnerungen setzt ihr zudem zu. Aber das wird wieder.“
Zu gerne würde Daniel mehr über Alexas Erinnerungen erfahren, aber genaueres Nachfragen wäre taktlos und man würde ohnehin nicht genau darauf eingehen. Vielleicht würde er auf zurückhaltende Art und Weise sogar mehr erfahren.
„Okay, aber wenn ich … wenn wir irgendetwas tun können, dann lassen Sie uns es wissen.“
„Natürlich Doktor, danke.“
Elisha blieb nur noch wenige Augenblicke bei Alexa und Dorian, sprach kurz zu beiden und schien Dorian auch einige Anweisungen zu geben, sowie ein kleines Täschchen mit einiger Medizin darin.
„Hier … nur für den Fall, dass sie wieder diese Schmerzen bekommt. Aber sag mir bitte trotzdem Bescheid.“
„Ist gut, Ma.“
„Wir beeilen uns und kommen nachher nochmal vorbei und sehen nach euch. Wenn etwas ist …“
„Dann melde ich mich. Schon klar. Mach dir keine Sorgen, Mutter. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass ich auf den Krümel aufpasse“, entgegnete Dorian flapsig und in der Hoffnung, so Alexas Protest herauszufordern.
Doch sie schien die Bemerkung ihres Bruders nicht mitbekommen zu haben, oder schlicht und einfach keine Lust zu haben, darauf einzugehen.
Elisha schmunzelte und begab sich mit Daniel wieder in den Konferenzraum.
Alexa legte sich währenddessen auf das Bett. Den Kristall hielt sie noch immer in den Händen und starrte ihn gedankenverloren an. Dorian beobachtete sie kurz, legte dann seinen kleinen Computer, mit dem er eigentlich noch etwas arbeiten wollte, zur Seite und deckte Alexa zu. Danach legte er sich neben sie, zupfte noch etwas an der Decke und nahm eine ihrer Hände in die seinen.
„Ach Al … versuch ein bisschen zu schlafen. Du kannst es gebrauchen.“
„Dorian?“
„Hm?“
„Nenn mich nie wieder Krümel.“
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Als Elisha und Daniel in den Konferenzraum zurückkehrten, war das lockere Gespräch zwischen den Menschen und Tristanius noch immer im Gange.
Elisha hatte Tristanius gerade mal beruhigen und erklären können, dass es Alexa so weit gut ginge und schon wurde Tristanius erneut mit neugierigen Fragen beansprucht. Man stellte Vergleiche zwischen den Vorgehensweisen innerhalb des Militärs, der Ausbildung und der Arbeit als Leiter und Kommandant der Stadt an und Tristanius musste erklären, dass er sich schon vorab über die verschiedenen Militärstrukturen der Erde informiert hatte. Seine Geduld wurde arg auf die Probe gestellt, als es um seine und die Ausbildung seiner Tochter und ihrer beiden Tätigkeiten innerhalb verschiedenster Spezialeinheiten ging. Das große Interesse an seiner Tochter irritierte ihn.
Landry und O´Neill mussten zugeben, dass sie überrascht waren, zu erfahren, dass der außerirdische General den Wunsch seiner Tochter unterstützt hatte, einen Posten im lantianischen Geheimdienst anzunehmen.
„Ich bin ihr Vater, aber auch ihr vorgesetzter Offizier. Sie ist Soldatin und dient unter meinem Kommando. Wie viele andere es … einst auch taten. Ich habe sie, bis auf einige Ausnahmen, niemals bevorzugt behandelt. Auch nicht, als es darum ging, wichtige Positionen zu vergeben oder zu besetzen. Im Gegenteil, dem Commander verhielt ich mich stets kritischer und strenger gegenüber, als jedem anderen.“
„Bis auf einige Ausnahmen?“, hakte Jack nach.
„Meine Ausbildung auf der Akademie verlief noch etwas anders, als die meiner Tochter einige Jahre später. Einiges, was ich damals erlernte und erfahren habe, habe ich an meine Tochter weitergegeben. An sie und einigen anderen auserwählten, die großes Potenzial besaßen. Ich habe sie zum Teil mit ausgebildet und dadurch gefördert. Bei Beförderungen habe ich das der Fairness willen natürlich nicht berücksichtigen dürfen. Aber wie ich schon sagte, ich war kritischer und strenger ihr gegenüber und doch … konnte und kann ich ihr kaum einen Wunsch abschlagen … und sie muss nicht vor mir salutieren“, erläuterte Tristanius, worauf die Anwesenden wieder lachten.
„Wir haben durch die Berichte von Colonel Sheppard und Mister Woolsey bereits einige Einblicke in das Wissen und Können Ihrer Tochter gewinnen können, doch durch ihre Erinnerungslücken sind genauere Informationen etwas rar. Mich interessieren ihre Kenntnisse, ihre Fähigkeiten und ihre Ausbildung und hatte gehofft, Sie könnten uns mehr darüber sagen“, erwiderte Afram und ließ die Tonart schon ein wenig fordernder wirken.
„Was genau interessiert Sie denn, Mister Afram?“, fragte Tristanius und bediente sich der gleichen Tonlage.
„Nun … äh … Sie sagten, dass sie zuletzt die Leitung des Geheimdienstes in Atlantis übernommen hatte. Ich gehe mal davon aus, dass man auch in Ihrem Geheimdienst ganz besondere Fähigkeiten haben muss.“
„Wie ich bereits sagte, Alexa lernt schnell und hat eine hohe Auffassungsgabe. Ihre Disziplin ist vorbildhaft. Auf der Akademie lehrt man … vermittelte man bereits während der Grundausbildung das Wissen und Können, das vielleicht während des Trainings in Ihren Spezialeinheiten gefragt ist. Ich denke, die Voraussetzungen und Anforderungen der verschiedensten Positionen und Posten zwischen Ihren Militärstrukturen und unseren unterscheiden sich diesmal doch sehr stark.“
„Oh, Geheimdienst ist eine Sache. Doch, äh … ohne Ihre Qualifikationen und Ihr Können herab setzten zu wollen, ich denke, mit unseren Navy Seals beispielsweise, können Sie vielleicht nicht …“ begann Afram zu diskutieren, doch Tristanius hatte ihn schnell durchschaut.
„Ich bin bereits von Colonel Sheppard und Major Lorne über die verschiedenen Streitkräfte der Erde, Ihren eigenen Teilstreitkräften, sowie der unterschiedlichsten Einheiten und Spezialkommandos und somit auch über diese Navy Seals informiert worden. Ich muss sagen, ich bin durchaus beeindruckt. Doch … ohne die Qualifikationen und das Können der hiesigen Soldaten herabsetzen zu wollen, an solchen Tätigkeiten, solchen Einsätzen war ich früher selbst mehrmals beteiligt. Ich habe sie durchgeführt, geleitet und befehligt. Und meine Tochter ebenfalls. Tatsächlich gehörten mehrere dieser Einheiten sogar zu einer bestimmten Untergruppe unseres Geheimdienstes.“
Afram blinzelte, und schluckte, Tristanius versuchte die Ruhe zu bewahren und John musste sich auf die Zunge beißen, um nicht lauthals zu lachen. Sogar das Unterdrücken eines Schmunzelns fiel ihm schwer. Doch O`Neill schien zu wissen, was in ihm vorging. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er zu John sah, der schließlich nur genervt und kaum merklich mit dem Kopf schütteln konnte.
„Ich glaube Mister Aframs Frage zielt auf einem ganz bestimmten Bericht ab“, versuchte Coolidge zu erklären. „Vor Kurzem wurde Ihre Tochter von einem Feind von Atlantis, einem Abtrünnigen Genii Namen Acastus Kolya gefangen genommen und fälschlicherweise, oder sollte ich doch besser sagen glücklicherweise, für einen Menschen von der Erde gehalten. Unseren Informationen nach wurde sie gefoltert und …“
„Und das IOA wundert sich, wie Ihre Tochter einer solchen Folter standhalten konnte“, schaltete sich O´Neill ein und machte durch entsprechende Gesten in Richtung IOA deutlich, dass dieses Thema allmählich überstrapaziert würde. „Sie haben noch nicht so ganz begriffen, dass sich das Stargate-Center nicht jeden X-beliebigen Soldaten sucht und da raus schickt. Und das wird General Thalis früher auch nicht getan haben.“
Tristanius nickte zustimmend und sah mit herausforderndem Blick zu den IOA-Vertretern. „Wie ich Ihnen bereits sagte, schon die Grundausbildung auf der Akademie war sehr anspruchsvoll. Nicht umsonst schaffte es nur knapp die Hälfte der Kadetten in die einzelnen Qualifikationsstufen. Einer Folter stand zu halten, wurde auf der Akademie zwar unterrichtet, allerdings nur das Basiswissen und nur bei den besten der besten, bei denen man großes Potenzial eines späteren Elitesoldaten sah. Das spezielle Training wurde danach in einem gesonderten Training der jeweiligen Einheiten vertieft. Ich konnte meiner Tochter den Wunsch, zur Elite zu gehören nicht verwehren, aber ich konnte und kann als Vater dafür sorgen, dass sie überlebt und ihre Arbeit richtig macht.“
„Sie haben ihr … Sie haben ihr beigebracht, wie man …“
„Ja … unter anderem auch das.“
Tristanius` Blick und Tonlage waren eindeutig. Er war sich nun vollkommen sicher, dass auch wirklich alle verstanden hatten, dass sowohl er, als auch seine Tochter mehr als nur das theoretische und passive Verhalten, Wissen und Können eines Soldaten besaßen.
„Und Ihr Sohn?“, wollte Coolidge wissen.
„Dorian hat sich der Wissenschaft verschrieben. Er besitzt keinerlei Potenzial zum Soldaten. Das Militär interessiert ihn nur insoweit, wie seine Arbeit ihn in der Entwicklung, Herstellung und Reparatur von Waffen oder anderer unterstützender Ausrüstung beansprucht. Er ist sehr friedfertig, und wie Sie es nennen, ein Pazifist. “
„Verstehe, nun …“
„Nun, denke ich wird es wohl Zeit für eine kleine Pause. Der General und Misses Thalis möchten sich sicherlich nach ihrer Tochter erkundigen“, meinte O´Neill, als er Afram unterbrach und sich erhob.
Los Angeles
„Hallo Lupita, wie geht es Ihnen?“, grüßte Graham die Haushälterin, die ihm gerade Einlass in das Sheppard Haus gewährte.
„Ah Senior Nelson, gut gut! Kommen Sie … kommen Sie herein. Mister Dave ist oben und packt. Er hat nichts gesagt. Er will in Urlaub“, erwiderte Lupita freundlich und mit einem spanischen Akzent.
„So etwas in der Art, Lupita. Er hat Ihnen doch freigegeben, oder?“
„Ah Sí, sí.”
“Schön, ich gehe mal zu ihm.”
“Sí, sí.”
Graham genoss schon seit Jahren das volle Vertrauen der Sheppards. Angefangen bei Patrick Sheppard, mit dem er einst eng befreundet war und nun Dave. Die Familie hatte niemals auch nur ein einziges Geheimnis vor ihm gehabt und Graham hatte auf dem gesamten Anwesen sowie im Haus freien Zutritt. Dennoch weigerte er sich stets, den Schlüssel zum Haus, dem ihm sowohl Patrick als auch Dave einst geben wollten, anzunehmen. Oben angekommen, klopfte er zunächst an Daves Tür, bevor er nach einem gestresst klingenden “Herein” in das Schlafzimmer des jungen Firmenbosses eintrat.
Du lieber Gott! Wo willst du denn hin? Du packst ja für … keine Ahnung, aber so packt doch kein Mensch.”
“Hey … ja, ich weiß. Ich kann es einfach nicht”, erwiderte Dave riesigniert.
“Vielleicht solltest du Lupita mal ranlassen. Ich wette, sie braucht keine fünf Minuten und du bist zur Abreise bereit.”
“Ja, mit Sicherheit, aber ich kann schon selbst bestimmen, was ich anziehen will und was nicht.”
“Hm … sieht nicht so aus”, kommentierte Graham, als er auf das Chaos auf Bett und Sessel starrte. “All das, nur wegen einer Frau? Für deinen Bruder gibst du dir doch bestimmt nicht so eine Mühe und suchst die schönsten Hemden raus.”
“Sehr witzig. Wirklich”, entgegnete Dave augenrollend und machte sich auf den Weg zur Küche.
“So wie es aussieht, ist Lupita schon weg. Tja, dann werde ich wohl alleine packen müssen”, feixte Dave und durchwühlte daraufhin den Kühlschrank.
“Hoffentlich schaffst du das auch bis morgen … Dave?”
“Hm?”
“Du hast doch deinem Personal freigegeben, nicht wahr?”
“Ja, sicher. Warum fragst du?”
“Ach, ich dachte nur, ich hätte gerade deinen Gärtner gesehen. Was ist mit dem Wachpersonal?”
“Stefan hat Urlaub. Der taucht bestimmt nicht hier auf und das Wachpersonal ist auf ihrem Posten”
“Bist du sicher? Denn irgendjemand schleicht auf deinem Gelände herum”, sagte Graham, als er zum Küchenfenster hinaus sah.
“Was?”
Dave gesellte sich zu Graham und folgte seinem Blick. Doch erkennen konnte er zunächst nichts, weshalb er sich wieder seine Arbeit, dem Sandwich machen, widmete.
“Sind vielleicht nur ein paar spielende Kinder. Ich frage mich nur, wie die an der Security durchkamen”, meinte er achselzuckend und griff zum Telefon. Doch niemand vom Wachpersonal antwortete.
“Dave, wenn das Kinder sind, sollte man mal mit ihren Eltern sprechen und sie fragen warum ihre Kinder schon so groß sind und mit Automatikwaffen rumlaufen.”
“Was?!” Dave stürmte zum Fesnter zurück und beobachtete das Gelände genauer. Es dauerte nur wenige Momente bis er wieder eine Person von einem Gebüsch zum nächsten huschen sah und auch die von Graham erwähnte Waffen konnte er erkennen. “Hier stimmt was nicht. Ich erreiche auch niemanden von der Security.”
“Lass uns die Polizei rufen”, schlug Graham vor.
“Bis die hier sind … das dauert zu lange. Du hast noch die Nummer die ich dir gab, um John zu erreichen?”
“Ja, aber …“
Graham konnte seinen Satz nicht beenden, als die Fensterscheiben in Küche und Flur eingeschlagen wurden und einige bewaffnete Männer auch gewaltsam durch die Haustür drangen.
“Was zum …“
“Mund halten!”
“Wer sind Sie?! Was soll das?!”, verlangte Dave zu wissen.
“Ich sagte Mund halten!”, unterbrach ihn einer der vermumten Männer und richtete seine Waffe direkt auf Daves Kopf.
“Hören Sie, wenn Sie Geld wollen, dann …”
Graham konte nicht mehr ausweichen. Er hatte den Knauf der Waffe noch nicht einmal kommen sehen, als ihn dieser an der Stirn traf und ihn benommen zu Boden fallen ließ.
“Hey, hey hey, ganz ruhig! Was wollen Sie?”
“Sie, Mister Sheppard”, meinte der Eindringling und schlug zu.
Bewusstlos fiel Dave zu Boden.
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Nur langsam drangen Geräusche zu ihm durch und selbst dann klangen sie anfangs irgendwie blechern. Sein Kopf dröhnte und seine Handgelenke, die man hinter seinem Rücken gefesselt hatte, schmerzten. Er lag auf dem Boden eines kleinen Transporters oder Lieferwagens. Ebenso auch Graham.
„Alles okay?“
„Ja und bei dir?“
„Schnauze! Oder ich stopfe euch das Maul!“, befahl einer der Vermummten.
Dave begann, sich umzusehen. Sehr viel konnte er jedoch nicht erkennen. Sein Blickfeld war durch seine begrenzte Bewegungsfreiheit stark eingegrenzt. Aber er hatte die Tür erkennen können. Erleichtert stellte er fest, dass es ein recht altes Fahrzeug zu sein schien.
Bei einer passenden Gelegenheit durch die Tür zu entkommen, sollte mit einem einzigen Stoß gegen diese eigentlich kein Problem sein. Wenn da die bewaffneten Männer nicht wären. Doch das Risiko musste er eingehen. Oder besser gesagt, Graham.
Eine Flucht zu zweit wäre vielleicht möglich, aber schwierig. Und für Dave kam es nicht infrage, zu verschwinden und seinen Freund hier zu lassen. Sollte Dave irgendwie entkommen und Graham zurückbleiben, würde Graham mit seinem Leben bezahlen. Er wäre für diese Männer entbehrlich, denn sie hatten beim Eindringen in das Haus und der Geiselnahme wohl nicht mit ihm gerechnet. Graham alleine wäre für sie nicht so wichtig, man wollte ihn. Daher wollte Dave alles daran setzen, dass zumindest Graham entkommen und Hilfe holen konnte.
Das nächste Problem wäre, herauszufinden, wer diese Männer waren und was sie wollten. Ganz zu schweigen davon, wo sie hinfuhren. Aber wenn Graham aufpasste und sich das Kennzeichen des Fahrzeuges merken würde, könnte die Polizei schon zur Tat schreiten. Oder noch besser John.
„Wer sind Sie? Was wollen Sie von uns?“, fragte Dave.
„Wer ich bin, spielt keine Rolle und ich will auch nichts von Ihnen.“
„Na schön. Dann eben anders. In wessen Auftrag handeln Sie? Wo bringen Sie uns hin?“, bohrte Dave weiter nach, als ihm klar wurde, dass diese Männer nur Handlanger waren.
„Das werden Sie noch früh genug erfahren.“
„Was hat man Ihnen gezahlt? Was hat man Ihnen versprochen?“
„Sie sollten aufhören solche Fragen zu stellen, Mister Sheppard, denn wenn die Ware zu viel redet, kann es sein, dass sie unterwegs verloren geht … und nie wieder gefunden wird. Außerdem … wenn unsere Bezahlung nicht stimmt, wird die Waren auch nicht geliefert.“
Es hatte etwas gebraucht, bis Graham aus Daves Blicken und Mimikdeutungen schlau wurde und zaghaft aber verstehend nickte. Und dann auch nur unter anfänglichem Protest in Form von Augenrollen und Kopfschütteln. Denn Graham war so gar nicht mit Daves wortlosem Vorschlag einverstanden. Doch dieser blieb standhaft und setzte sich durch. Minuten später konnten Dave und Graham spüren, dass der Transporter zum Stillstand kam. Das war die Gelegenheit.
Kaum dass das Fahrzeug wieder anfuhr, stieß Dave mit den Füßen die Tür auf und Graham rollte sich heraus. Der Aufprall auf die Straße war hart, aber er durfte sich nun nicht mit kleinen Wehwehchen befassen.
„Sag ihm Bescheid!“, rief Dave hinterher, in der Hoffnung, der ältere Mann wusste, wer gemeint war.
Graham war schnell auf den Beinen. Zum Glück hatte man ihn nicht noch an den Füßen gefesselt und so konnte er davonlaufen. Wohl bedacht darauf, den Kugeln auszuweichen und den Schergen zu entkommen.
Wieder trat Dave aus und traf den Schützen in den Rücken. Ein weiter Faustschlag eines andern Entführers beförderte ihn jedoch wieder in die Bewusstlosigkeit, doch er hatte somit zumindest ein klein wenig Vorsprung für Graham erreicht. Der Schütze hatte sich schnell wieder gefangen und zielte wieder auf den Flüchtenden. Ein einzelner Schuss fiel und traf Graham, sodass er zu Boden, einer Wiese am Straßenrand, ging. Ein weiterer Mann wollte ihm auch schon hinterher laufen und ihn einholen, doch der Chef der Bande hatte genug.
„Das reicht! Lass gut sein. Den hat´s erwischt. Der steht eh nicht mehr auf und wenn doch … nun, hier kommt ohnehin kaum jemand vorbei und wir sind zu weit von der Stadt entfernt. Er wird mit dem Blutverlust nicht weit kommen. Wir haben einen engen Zeitplan einzuhalten und sind schon spät dran. Steigt ein. Wir haben, wen wir wollten. Der da ist nicht so wichtig und kann sowieso nichts mehr tun. Los jetzt!“
Eilig und auch ein wenig enttäuscht schlug man die Türen des Transporters wieder zu und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
Graham blieb regungslos auf der Wiese liegen.
Stargate-Center, Cheyenne Mountain
„Also, das Ganze nochmal. Mom, das ist Nancy. Nancy, meine Mutter und mein Dad, wieder lebendig und verjüngt“, stellte John seiner Exfrau seine Familie vor.
John nutzte die Unterbrechung der Gespräche, um Nancy und seine Mutter miteinander bekannt zu machen und über die Rückkehr seiner beiden Eltern zu sprechen. Dazu hatte man sich nun im Quartier der Sheppards getroffen.
„Haben wir endlich ein paar Minuten gefunden. Ich kann mir vorstellen, wie verwirrt Sie sein müssen. Wir haben selbst noch mit einigem zu kämpfen“, meinte Carol, die Nancy nochmals herzlich begrüßte und in Empfang nahm.
„Ja, hauptsächlich mit den Taten von John“, schloss sich Patrick an und erntete mahnende Blicke von seiner Frau und Augenrollen seitens Johns. „Ein Scherz.“
„Ich freue mich wirklich, die Möglichkeit zu haben, Sie kennenzulernen“, gab Carol aufrichtig zurück und setzte sich mit Nancy an den kleinen Tisch im Raum, während Patrick auf einem Sessel neben dem Bett Platz fand.
„Ich … ich freue mich auch, denke ich. Es tut mir leid. Ich … ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll. Ich kenne Sie nur aus Erzählungen … und die waren eher rar“, erwiderte Nancy und sah eher mahnend zu John.
„Sie müssen es den beiden nachsehen. Schon zu meinen Lebzeiten, meinen ersten Lebzeiten hatte ich es schwer, die Bande oder auch nur einen der drei Schlingel zum Reden zu bringen.“
„Nach Carols … nachdem Carol weg war, war es umso schwerer an John heranzukommen. Der Tod seiner Mutter hat ihn sehr mitgenommen … und mich auch. Wir haben … na ja, du hast ja gemerkt, dass es uns schwerfiel, über sie und manch anderes zu sprechen“, erklärte Patrick, worauf John zuerst Augen rollend, dann betreten zu ihm sah.
„Aber jetzt? Ich meine … ich habe all das gerade eben gehört, aber ich kann es noch immer nicht glauben“, meinte Nancy, die noch immer überfordert schien.
„Wir haben auch gelegentlich noch damit zu kämpfen, glauben Sie mir“, erwiderte Carol.
Carol und Nancy hatten sich während der nächsten Stunde etwas besser kennengelernt. Carol erzählte einige nette Anekdoten aus Johns Kindheit, was diesen regelmäßig die Gesichtsfarbe und Stimmung ändern ließ. Richtig nervenaufreibend wurde es aber, als Nancy es ihrer Ex-Schwiegermutter gleichtat und auch das eine oder andere Detail aus ihrem vergangenen Eheleben mit John berichtete. John verteidigte sich ständig, stöhnte, Patrick schloss sich dem verzweifelten Stöhnen an, wunderte sich über das eine oder andere bisher unbekannte Detail und schüttelte teils ungläubig mit dem Kopf. Carol und Nancy lachten jedoch miteinander.
Für John wurde es nach einiger Zeit etwas ungemütlich, auch wenn sich die Gesprächsthemen meist um harmlose und witzige Dinge drehten. Doch er befand es für besser, die beiden Frauen auch mal unter sich zu lassen und die Kantine aufzusuchen. Patrick schloss sich seinem Sohn an.
„Ich habe schon damals gewusst, dass sich die beiden verstehen würden, wenn deine Mutter noch … gelebt hätte“, meinte Patrick, der neben John den Flur entlang ging.
„Ich finde es irgendwie … merkwürdig.“
„Das ist nur, weil … nun ja, ich schätze es liegt daran, dass du es nicht gewohnt bist. Deine Mutter war seit Jahrzehnten tot und wir beide … wir haben uns auch lange nicht gesehen. Jetzt sitzen wir praktisch jeden Tag aufeinander. Ich kann es dir nachempfinden. Wir müssen wieder lernen miteinander umzugehen. Nur hoffentlich machen wir es diesmal besser.“
„Mom ist ja jetzt dabei. Sie wird, wie früher, das Zepter schwingen und im Notfall eine Familientherapie verordnen.“
Patrick und John blieben nicht lange ungestört in der Kantine. Zum einen kamen immer wieder einige Soldaten die sich in ihrer Pause einen Kaffee oder auch einen kleinen Happen zu Essen gönnen wollten und zum anderen gesellten sich die Generäle O´Neill und Landry als auch Mister Woolsey und Daniel zu ihnen.
Und John gefielen die Gesichtsausdrücke der beiden Generäle nicht besonders.
„Colonel?“
„Sir?“
„Doktor Jackson hat uns letzte Woche nur kurz davon berichtet, dass sich bezüglich der Antiker ein Problem zu entwickeln scheint.“
„Äh … ja Sir. Mister Woolsey und ich waren sehr froh, als Doktor Jackson anbot, Sie vorab zu informieren, um möglicherweise einige … schwierige Entwicklungen und Klippen während der Gespräche zu umschiffen.“
„Ja, das hat bisher auch ganz gut funktioniert. Fakt ist aber … wir wollen nun mehr wissen. General Thalis ist im Moment bei seiner Tochter, das IOA hat, bis auf Mister Woolsey hier, die Köpfe zusammengesteckt und möchte bis zum Beginn der zweiten Runde nicht gestört werden und Mister Cartwright sucht gerade seine Assistentin, da er selbst noch einiges zu erledigen hat. Ich gehe mal davon aus, Sie wissen, wo sie steckt, und sind auch bereit, uns endlich zu erklären, was genau los ist.“
„Ja Sir. Ich schlage vor, wir ziehen noch meine Mutter hinzu.“
„Ihre Mutter?“, fragte O´Neill mit verwunderter Stimme.
„Sie ist Psychologin und ich habe sie um Hilfe gebeten, was Alexas Erinnerungen und Fähigkeiten angehen, Sir.“
„Ah, verstehe. Na schön. Dann los.“
Gemeinsam machten sich die Herren auf den Weg zum Quartier der Sheppards. John hatte Nancy mitgeteilt, dass ihr Boss sie bräuchte. Carol und Nancy verabredeten sich dabei zu weiteren Gesprächen, sobald beide Frauen wieder etwas mehr Zeit hätten. Dabei fiel John auf, wie schnell und wie gut die beiden sich schon verstanden, denn sie waren schon beim du angelangt.
Das Quartier füllte sich recht schnell, denn Rodney McKay und Jennifer Keller schlossen sich dem Gespräch an.
„Also … Daniel hat mir bereits letzte Woche mitgeteilt, dass das, worüber wir gleich sprechen werden, vertraulich ist. Besonders gegenüber den Antikern. Daher brauche ich wohl nicht zu erwähnen, dass nichts, was gleich hier drin besprochen wird, nach außen gelangt. Weder zu den Antikern noch zum … Rest des IOA oder dieser neuen Behörde. Wie heißt die eigentlich?“, fragte Jack.
„Keine Ahnung. So wie ich das sehe, ist die noch so neu, dass sie noch nicht mal einen Namen hat. Sie wurde geschaffen um … ich glaube, um Außerirdische und die Verfassung unter einen Hut zu bringen, oder so was. Eine Idee aus dem Weißen Haus“, erklärte Daniel achselzuckend und suchte nach einem freien Sitzplatz.
„Woher auch sonst. Also … wieso sind die Antiker in Gefahr?“, fragte O´Neill weiter.
„Weil offenbar ein verrückter Antiker hinter Alexa her ist“, antwortete Rodney gelassen.
„Ein verrückter Antiker … ich dachte es seien nur die Vier, die wir da oben in den Quartieren haben“, erwiderte Landry leicht verärgert.
„Dachten wir auch, Sir. Bis Kolya auftauchte“, begann John zu erklären.
Alexas Quartier
Leise betraten Tristanius und Elisha das Quartier ihrer Tochter, als der Vater kurz darauf kopfschüttelnd in der Raummitte stehen blieb.
„Habe ich ihm nicht gesagt, er solle auf sie aufpassen?“
„Wie? Soll er sie unentwegt anstarren? Dorian ist doch bei ihr, es ist alles in Ordnung und es geht ihr gut“, erwiderte Elisha flüsternd, als sie zu den beiden Schlafenden schlich. „Außerdem … ist es denn ein Wunder?“, fragte sie, als sie Dorians kleinen Computer an sich nahm und ihrem Mann die darauf zu sehende komplizierte Berechnung zeigte.
„Hm … er hat tatsächlich schnell in seine Arbeit zurückgefunden“, pflichtete er ihr schließlich bei, als er sich vorsichtig auf das Bett an Alexas Seite setzte.
„Das haben wir alle … na ja, fast alle. Ich weiß, es ist noch zu früh, aber hast du schon eine Idee … wie es weitergehen soll?“
„Nein. Wie du sagtest, es ist noch zu früh. Ich habe gerade erst diese Menschen kennengelernt, Liebste. Ich kann noch keine Entscheidungen treffen. Erst recht nicht, wenn ich nicht weiß, was sie wollen und was sie sich für die Zukunft vorstellen.“
„Die Zukunft …“, wisperte Elisha gedankenverloren, „wir wissen noch nicht einmal, wie es mit unserer eigenen Zukunft bestellt ist. Wie lange willst du …?“
„Bitte … Sprich nicht wieder davon. Sie könnte es mitbekommen … außerdem … ist mir durchaus bewusst, dass die Zukunft der Menschen mit unserer verflochten ist. Ich darf nichts überstürzen …“, erklärte Tristanius, als er aufstand und seine Frau zu sich in eine entfernte Ecke zog. „Ich kann nicht zulassen, dass sich alles wiederholt und sie wieder diese Qualen erleidet. Ich verspreche dir, ich werde für ihren Schutz sorgen und ich werde mit den Menschen sprechen. Aber ich brauche noch Zeit. Was glaubst du würde geschehen, wenn wir ihnen nun alles offenbaren und sie … sie um Hilfe bitten?“, brachte er hervor, wobei Elisha merkte, wie schwer es ihrem Mann fiel, nur schon an die Hilfesuche zu denken. „Dieser Afram … Mister Coolidge scheint aus der Begegnung mit Alexa gelernt zu haben, aber dieser Afram scheint mir … sehr anstrengend zu sein. Ich kann mir schon vorstellen, was geschehen würde, was sie mit uns machen würden, würden wir ihnen alles sagen. Wir würden Atlantis niemals wieder sehen und wären ihre Gefangenen, ihre Versuchsobjekte. Und das in Namen unseres Schutzes? Nein … Selbst jetzt muss ich sehr vorsichtig sein. Vorhin schon wäre ich diesem Afram schon gern an die Gurgel gegangen. Was fällt ihm überhaupt ein, Alexa solche Fragen zu stellen?!“
„Pssst! Nicht so laut. Du weckst sie noch auf. Du darfst dich nicht so aufregen. Seine Neugier hat ihn übermannt. Er konnte es doch nicht wissen und hat es doch nicht mit Absicht getan und sich entschuldigt. Außerdem … Tristan, ich glaube, die Menschen ahnen schon, dass etwas nicht stimmt. In den Gesprächen mit Kolya damals wurde doch über eine weitere Person gesprochen. Natürlich machen sie sich Gedanken. Der Colonel ist um Alexa sehr besorgt, man lässt sie und auch uns ständig bewachen, ohne uns jedoch irgendwie in unserer Bewegung und unseren Zugängen einzuschränken. Das Verhalten uns gegenüber ist auch sehr … du hast es doch bestimmt bemerkt, nicht wahr?“
Tristanius brummte. Natürlich hatte er es schon längst bemerkt. Doch noch immer beobachtete, lernte und wägte er ab. „Ja … ja, natürlich habe ich es bemerkt.“
„Er hat das Merkmal, Tristan, und er handelt schon jetzt danach. Er kann nicht anders und du kannst es nicht verhindern. Du musst mit ihm sprechen. Du musst ihm sagen, wer er wirklich ist. Was er ist.“
„Ich weiß. Ich werde mit ihm sprechen und ihn bitten, auf sie aufzupassen. Dann sehen wir weiter.“
Im Quartier der Sheppards
„Also, damit ich das richtig verstehe … Dieser Kerl soll ein Antiker sein, der Alexa von damals kennt. Er soll aufgestiegen oder zumindest zur Hälfte aufgestiegen sein, hat Ihre Gedanken gelesen und so von Ihnen und Kolya erfahren“, rekapitulierte O´Neill und sah zu John.
„Ja Sir.“
„Also lässt er ihn ausbuddeln und erweckt ihn zum Leben, um Sie von Alexa abzulenken und zu beschäftigen … obwohl Alexa sein eigentliches Ziel ist.“
„Ja Sir.“
„Hm … kurze Frage: Wenn er doch aufgestiegen …“
„Oder nur zur Hälfte aufgestiegen“, unterbrach Daniel seinen älteren und früheren Teamkameraden.
„Wie auch immer. Also wenn er doch vielleicht auch nur halb-aufgestiegen ist und so supertolle Fähigkeiten hat, warum macht er sich eine solche Mühe? Warum schnappt er sie sich nicht einfach?“
„Weil er verrückt ist. Haben wir das nicht erwähnt?“, brachte Rodney hervor.
„Er macht sich offenbar einen Spaß daraus. Ich würde sagen, er ist ein Psychopath oder Soziopath. Ohne ihn zu beobachten, mit ihm zu sprechen und ihn zu untersuchen, kann ich das nicht genau sagen, aber er empfindet offenbar Spaß oder Befriedigung bei solchen Psychospielchen. Wer weiß, welche Fähigkeiten er noch hat und wie weit er gehen wird“, erklärte Carol und zog die Aufmerksamkeit auf sich.
„Sie meinen …“
„Das war nur der Anfang, ja. Er hat gezeigt, dass es jemanden gibt, der großes Interesse an etwas oder in diesem Fall jemanden hat. Die Art und Weise, wie er vorgeht … Er hat das Spiel durch und mit Kolya eröffnet. Er muss Kolya geistig unter Kontrolle haben, sonst wäre dieser schon früher darauf gekommen, wer oder was Alexa wirklich ist“, fuhr Carol fort.
„Na schön. Aber was ist mit dem Replikator?“, hackte O´Neill nach.
„Der ist vernichtet“, antwortete Rodney.
„Das ist mir schon klar. Davon gehe ich auch aus. Aber warum wurde er überhaupt erst erschaffen?“
„Beschäftigung für Kolya, Ablenkung für uns, Qualen für Alexa und Vergnügen für ihn selbst. Kolya glaubte so an Infos zu kommen und konnte dieses Ding somit immer wieder auf sie ansetzen. Wir haben uns Gedanken darum gemacht, wie und warum Kolya plötzlich wieder auf der Bildfläche erscheint, woher das Ding kommt und wie viele noch da sind und was es alles rausfinden kann. Und währenddessen hat sich dieses Schwein wohl die Hände gerieben“, meinte John, worauf ihm O´Neills nachdenklicher Blick wohl entging.
„Er hat auch dich damit gequält, John“, sprach Carol leise zu John, der sie daraufhin betrübt ansah.
Währenddessen hatten O´Neill und Landry nicht lange überlegen müssen, auf was sich Carols Aussage bezog. Der Tod von Elizabeth Weir war noch immer eine offene Wunde und kaum jemand hatte bisher damit abschließen können. Erst recht nicht John Sheppard.
„Vielleicht hat er damit aber auch einen Fehler gemacht. Ich meine durch den Replikator sind wir doch erst darauf gekommen, dass es ein Antiker sein könnte. Wer sonst hat das Wissen und Können, sie zu erschaffen? Abgesehen von uns“, warf Jennifer ein und erntete zunächst skeptische Blicke. Es war Carol, die sich der Aussage anschloss.
„Das ist wahr. Es kann aber auch Taktik sein. So wie es aussieht, wissen die Antiker, besonders der General etwas. Sie wissen mehr als wir bisher, womöglich kennen sie sogar die Identität des Fremden. Seit diesem … Geschehen erscheinen sie mir sehr nervös und angespannt. Alexa gegenüber sogar teilweise überbesorgt. Es könnte auch zu seinen Zielen gehören. Die Leute nervös machen und in Angst, Schrecken und Panik versetzen.“
„Und Sie glauben, dass es sein Stolz und mangelndes Vertrauen ist, dass den General bisher schweigen lässt? Ich meine, ist das nicht ein bisschen weit hergeholt, Sheppard?“
„Ich weiß, Sir. Aber wir können uns doch denken, was passiert, wenn wir ihn damit jetzt vor den Kopf stoßen.“
„Ich schlage vor, dass wir ihn auch weiterhin diesbezüglich nicht gängeln. Lassen wir ihn noch eine Zeit lang gewähren und Vertrauen fassen. Er wird den Commander wahrscheinlich ohnehin nicht mehr an Außeneinsätzen teilnehmen lassen. Was das angeht, dürfte sie in Atlantis in Sicherheit sein“, schlug Woolsey vor, der bisher im leise im Hintergrund blieb und das Team sprechen ließ.
„Hm … und Alexa hat wirklich keine Ahnung, wer dieser Kerl sein könnte und was er von ihr will? Sie könnte es ihrem Vater gleichtun und Ihnen nur was vorspielen, Colonel“, meinte Landry, der sich nun ebenfalls zu Wort meldete.
„Das glaube ich nicht, Sir. Warum sollte sie? Nein, in den wenigen Momenten, in denen wir darüber sprechen konnten, habe ich gesehen, welche Angst dieser Kerl ihr macht. Auch wenn sie es nicht zugeben würde. Wenn Sie es wüsste, hätten wir es schon längst erfahren. Ich denke, sie erinnert sich einfach nicht an ihn. Warum auch immer.“
„Haben Sie es eigentlich schon mal Hypnose versucht? Wir haben das vor ein paar Jahren einmal mit Carter und … uns anderen ausprobiert. Das hat ganz gut hingehauen“, fragte O´Neill weiter und richtete sich dabei an Carol, die unsicher mit den Achseln zuckte.
„Es wäre eine Möglichkeit. So weit war ich bisher aber noch nicht gekommen. Ihre Schmerzattacken und die Empathie hatten bisher Vorrang. Die Idee ist jedoch ganz gut. Ich werde sehen, was sich an neuen Verfahren bisher etabliert hat. Wer weiß, was wir dann herausfinden können.“
„Sehr gut. Ich denke, in Anbetracht der Möglichkeiten und der Chancen, die sich uns bei einer Mitarbeit und einer Allianz mit den Antikern bieten, ist es vielleicht besser, wenn wir weiterhin die Füße stillhalten und … äh …“
„Dem guten General weiterhin etwas Honig ums Maul schmieren?“, fügte Rodney ahnend hinzu, worauf O´Neill und Landry sich zunächst Rat suchend ansahen und dann zustimmten.
„Genau. Die Antiker sind einfach zu wichtig für uns. Sheppard“, wandte sich Jack ernst an John, „können Sie im Notfall die Sicherheit der Antiker in Atlantis garantieren? Besonders die Alexas? … Ich meine Sie persönlich, Sheppard.“
Nur einige Momente vergingen in den John ernsthaft über die Frage seines Vorgesetzten nachdachte. Alle Eventualitäten, Möglichkeiten, Chancen und Szenarien gingen ihm in diesem Augenblick durch den Kopf. Doch auf das, was wirklich auf ihn zukäme, wäre er wohl nicht gefasst. Doch er würde alles in seiner Macht stehende tun, um Alexas Sicherheit zu gewährleisten. John antwortete mit fester, überzeugender Stimme.
„Ja Sir.“
„Gut. Also … Ich erinnere sie noch einmal daran, meine Damen und Herren. Alles, was in diesem Raum besprochen wurde, bleibt auch in diesem Raum“, erläuterte Jack nochmals, bevor er ausnahmsloses und einvernehmliches Zustimmen vernahm. „Schön. Ich schätze, dann kann es wohl weitergehen. Wie sieht es nun mit dem Töchterchen aus? Was ist eigentlich wirklich los mit ihr?“
„Wir wissen bisher auch nicht viel mehr als das. Einige Erinnerungen sollen zurückgekehrt sein und sie sehr beanspruchen. Auf Atlantis haben wir sie fast eine ganze Woche nicht zu Gesicht bekommen. Erst kurz vor der Abreise hat sie uns allen einen Schock fürs Leben verpasst. Sie hat sich ziemlich verändert. Sie sieht mitgenommener aus, als sonst“, erklärte John.
„Hm … tja … Hoffen wir, dass sie sich bald erholt. Dann werden wir das IOA jetzt mal wach rütteln. Daniel, sag den Antikern Bescheid, dass es weitergehen kann“, bat Jack und machte sich daran, das Quartier wieder zu verlassen.
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Die Gespräche waren seit fast einer Stunde wieder im Gange und in der Zwischenzeit war auch Colonel Samantha Carter eingetroffen und hatte die Antiker-Familie kennengelernt, als plötzlich Alexa mit Dorian im Schlepptau auftauchte.
„Ah Commander! Fühlen Sie sich besser?“, fragte Generals O´Neill.
„Ja, Danke. Ich würde an den weiteren Gesprächen gerne wieder teilnehmen, wenn es erlaubt ist.“
„Selbstverständlich“, schaltete Afram sich ein und wies auf den freien Platz am Tisch.
Doch Alexa reagierte nicht auf ihn, sondern sah nur abwartend zu ihrem Vater, der sie prüfend, aber besorgt musterte.
„Bist du dir sicher? Du kannst dich weiterhin in deinem Quartier ausruhen. Deine Anwesenheit ist nicht unbedingt notwendig“, erklärt Tristanius in einer Muttersprache.
„Was haben Sie da gerade zu ihr gesagt?“, wollte Afram vorwitzigerweise erfahren, als er merkte, dass Alexa gar nicht auf ihn einging.
„Verzeihen Sie. Ich fragte meine Tochter, ob sie sich sicher sei und dass sie sich ruhig noch etwas zurückziehen könne, da ich denke, dass ihre Anwesenheit nicht wirklich dringend benötigt wird.“
„Ich bin mir sicher“, antwortete Alexa, noch bevor Afram erneu zu Wort kam.
„Also gut. Aber du weißt, wenn … etwas ist, dann sage mir sofort Bescheid.“
„Ich werde es schon schaffen“, antwortete Alexa und senkte den Blick, als sie sah, wie man sie, allen voran John, fasziniert über die lateinklingende Sprache ansah.
Bei John hatte es jedoch einen ganz anderen Grund. Sein Blick sprach von Sorge und in seine Miene konnte man geradezu die Fragen erkennen.
Wieder verging einige Zeit, in der man sich angeregt unterhielt und tatsächlich schien Lionel Afram ruhiger und etwas besonnener zu reagieren, vor allem aber milder zu argumentieren. Bei Tristanius stellte sich allmählich eine gewisse Zufriedenheit ein. Alexa jedoch sprach kaum noch ein Wort und schien mittlerweile mit ihren Gedanken ganz weit weg zu sein. Erst Walter, der hastig die Wendeltreppe hinaufgeeilt kam, schreckte sie auf.
„Sir, verzeihen Sie bitte. Aber da ist wohl ein dringender Anruf für Colonel Sheppard.“
„Für mich?“
„Ja Sir. Ein gewisser Graham Nelson wollte unbedingt, dass man Sie erreicht. Ich sagte ihm, dass sie gerade da seien. Daraufhin wollte er nur mit Ihnen persönlich sprechen. Das Gespräch ist auf Leitung zwei, Sir“, erklärte Walter und verließ den Konferenzraum wieder.
„Graham?“, kam es alarmiert von Patrick, worauf auch Carols Sorge schlagartig anwuchs.
„Sheppard?“, fragte Landry stirnrunzelnd.
„Dave muss ihm die Nummer für Notfälle gegeben haben, Sir. Entschuldigen Sie bitte“, meinte John verwirrt und nahm das Telefongespräch entgegen.
„Sheppard … ja, hier ist wirklich John. Was ist denn los, Graham? Wo ist … jetzt mal langsam. Ich verstehe kein Wort … Graham, beruhige dich erst mal und erzähl mir ganz langsam was … Was?! … Bist du sicher? … Wie schlimm ist es? … Wo bist du? … Okay, bleib, wo du bist. Ich bin gleich da.“
„Sheppard?“, wiederholte Landry sich, diesmal etwas ungehaltener.
„Alexa, was ist mit dir?“, fragte Elisha, als sie sah, dass ihre Tochter plötzlich mit irgendwas sehr beschäftigt schien.“
„Nichts. Ich … es sind nur so viele starke Emotionen unerwartet aufgetaucht. Ich konnte nicht so schnell reagieren. Es geht schon wieder.“
„Entschuldigung, aber … John, was ist denn?“, wollte Carol wissen, nachdem sie sich zunächst irritiert an Alexa wandte, dann ihre Aufmerksamkeit wieder zu John richtete.
„Rede Junge“, schloss sich auch Patrick an, dem der geschockte, unsichere aber auch besorgte Blick seines ältesten Sohnes gar nicht gefiel.
Immer wieder sah John zwischen Alexa und seine Eltern hin und her, doch Alexa konnte ihm keinen Rat geben. Ihr plötzliches Empathiechaos hatte er durch seine heftig aufflackernden Emotionen zu verantworten. Er wusste jedoch nicht, dass sie gerade im Moment solch arge Schwierigkeiten mit ihrer Konzentration und Kontrolle hatte. Zudem kamen noch seine Eltern hinzu, die recht schnell merkten, dass etwas nicht stimmte. Seine Vernunft befahl ihm geradewegs, zu antworten.
„Dave wurde entführt.“
~~~///~~~
„Was?!“, entfuhr es Patrick, der aus seinem Stuhl in die Höhe schoss und auch Carols Sorge entlud sich so plötzlich, dass ihre Stimme geradezu durch den Konferenzraum schrillte.
„Entführt?! Das … das soll wohl ein Scherz sein!“
„Colonel?“, fragte Landry, zwar noch immer ungehalten aber doch mit Besorgnis in seiner Stimme.
„Graham Nelson, Sir. Er ist Daves Geschäftspartner und Assistent. Er hat irgendwas von bewaffneten Männern gemeint, die ihn und Dave zuhause überfallen und dann verschleppt hätten. Er konnte entkommen, aber Dave … sie haben ihn noch.“
„Um Gottes willen!“, entfuhr es Carol, die arg mit Panik und aufkommender Verzweiflung kämpfen musste.
„Wer? Wer hat David?“, fragte Patrick strenger nach und konnte kaum noch an sich halten.
„Weiß ich nicht, aber ich finde es raus. Sir, bitte um Erlaubnis …“
„Jetzt mal langsam, Sheppard. Was genau ist vorgefallen?“, verlangte O´Neill zu wissen.
„Das habe ich doch gerade schon gesagt“, stöhnte John entnervt, worauf Jack die Augenbraue mahnend hob. „Graham hat was von bewaffneten Männern gesagt, die ihn und Dave zu Hause angegriffen und verschleppt haben wollen. Graham konnte entkommen. Er meint sie haben auf ihn geschossen …“
„Was?!“, ertönten die Stimmen seiner Eltern durch den Raum.
„Es muss wohl nicht so schlimm sein, sonst hätte er kaum hier anrufen können. Er hat mir mitgeteilt, wo er ist. Ich werde sofort zu ihm gehen und …“
„Sheppard, für so etwas ist die Polizei zuständig“, schnitt Landry ihm das Wort ab.
„Sir, mein Bruder hat sich gerade darauf vorbereitet, hier herzukommen. Er wollte sich mit uns morgen hier treffen. Er weiß vom Stargate und … auch, wenn er kein Wort sagen würde, aber … ich finde es ziemlich merkwürdig, dass man erstens ausgerechnet ihn und zweitens ausgerechnet jetzt entführt.“
Landry, O´Neill und Woolsey tauschten stumme Blicke aus und doch wusste John, worüber gerade nachgedacht und entschieden wurde. Sekunden später hatte O´Neill seinen Kollegen Landry mit einem entsprechenden Blick davon überzeugt, dass er dem Colonel wohl kaum eine Suche und Ermittlung aus eigener Kraft verbieten konnte. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass John sich ohnehin nicht aufhalten ließ. Und die restlichen Sheppards saßen den Führungsmännern auch noch im Nacken.
„Schön. Das wird wohl eine ähnliche Sache sein, wie die mit Doktor McKays Schwester damals. Wir geben Agent Malcolm Barrett Bescheid. Er wird Sie unterstützen. Ansonsten nehmen Sie sich wen oder was Sie brauchen, aber Sheppard um Himmels willen …“
„Ich weiß schon Sir. Ich …“
„Was ich sagen will, ist, das Stargateprogramm nicht schon jetzt durch irgendeine unbedachte Handlung zu enthüllen. Und schon gar nicht durch Sie persönlich“, mahnte Landry ihn und John verstand sofort.
„Ich will nur meinen Bruder finden, Sir.“
„Ich bin dabei“, platzte es aus Rodney, als er sich von seinem Stuhl erhob und sich zu John stellte.
„Doktor?“, kam es verwirrt von Woolsey.
„John hat mir damals geholfen, Jeannie zu finden und zu befreien. Ich schätze, ich kann mich jetzt dafür revanchieren.“
„Und ich werde auch mitgehen. Wenn dieser Mann verletzt ist, wird er Hilfe brauchen“, schloss sich Jennifer entschieden an.
Auch Patrick und Carol wollten sich ihrem ältesten Sohn anschließen und machten sich bereits auf den Weg, als John sie ganz verdutz ansah.
„Was soll das werden? Wo wollt ihr denn hin?“
„Wir kommen mit. Dave ist unser Sohn, und wenn du denkst, dass wir hier bleiben und Däumchen …“
„Das denke ich allerdings. Ihr habt wohl vergessen, dass ihr … dass ihr tot seid. Ihr könnt nicht einfach so draußen rum spazieren. Wenn euch jemand sieht …“
„Wir spazieren doch nicht draußen rum, wir suchen nach Dave!“, erwiderte Patrick aufgebracht.
„Das kommt überhaupt nicht infrage. Ihr bleibt hier und wartet. Ich kriege das schon hin“, antwortete entschieden.
„Aber …“
„Dad, Graham glaubt noch immer, dass du und Mom tot seid. Und der Rest der Welt denkt das auch. Was glaubt ihr wohl, was geschehen würde, wenn man euch jetzt draußen erkennt? Ich habe nicht die Zeit, mich dann um euch zu kümmern und Dave … wer weiß, was dann mit ihm geschieht.“
„Ihr Sohn hat recht, Mister Sheppard. Wer weiß, in wessen Fänge Ihr Sohn geraten ist. Mit Ihrem plötzlichen Auftauchen könnten Sie seine Lage womöglich verschlimmern. Der Colonel wird sich bestimmt regelmäßig hier melden und Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten“, unterstützte Woolsey seinen Militärkommandanten und versuchte die beiden Elternteile etwas zu beruhigen.
Doch die nächste Aufregung und Diskussion stand schon in den Startlöchern, als Alexa sich erhob und ihre Pläne verkündete.
„Ich werde mitkommen.“
„Nein, wirst du nicht“, antwortete Tristanius.
„Aber … Ich schulde es ihm. Er hat mir geholfen, Mutter zu finden. Und dich und Dorian. Er hat mir geholfen, Dorian von den Wraith zu befreien und … und … ich kann vielleicht helfen und ihn irgendwie aufspüren oder …“
„Nein, kannst du nicht. Mir ist klar, was er getan hat. Aber du bist nicht in der Verfassung, dich voll und ganz einer solchen Aktion zu widmen. Außerdem … kennen wir die Gesetze, Sitten und Gebräuche der Erde noch nicht gut genug, um uns frei hier bewegen und agieren zu können und du hast gehört, dass der Colonel keine Zeit hat, sich währenddessen um dich zu kümmern.“
„Aber …“
„Ihr Vater hat recht. Ihnen geht es nicht gut. Ich will keine unnötigen Risiken eingehen. Hier sind Sie auch sicherer. Sie … helfen mir schon, wenn Sie hier bleiben und sich erholen … keine Bange. Ich … wir kommen schon klar und finden Dave. Und danach reden wir über das, was Sie mir angeblich schulden“, meinte John, mit einem kleinen Lächeln und machte sich auf den Weg.
Das Team hatte die Wendeltreppe noch nicht ganz erreicht, da begann Rodney schon die Vorteile aufzuzählen, Ronon zu informieren und ihn an der Suche nach Johns Bruder zu beteiligen. Doch John hatte bereits sein Handy in der Hand und Amelias Nummer gewählt, die sie für Notfälle jeglicher Art hinterlassen hatte. John war sich sicher, dass die Entführung seines Bruders Notfall genug war.
„Nun … ich schlage vor, wir unterbrechen die Konferenz, bis wir mehr wissen oder die Situation geklärt wurde“, schlug Afram vor, der durch die, seiner Meinung nach, zu vielen Unterbrechungen, genervt war.
Los Angeles
Es hatte knapp eine Stunde gedauert, bis John sich umgezogen und das Team dank Colonel Carter und der General Hammond in einer alten verlassenen Lagerhalle am Stadtrand Nahe Grahams Aufenthaltsort materialisiert hatte. Das Stargate-Center hatte zwischenzeitlich Malcolm Barrett informiert, sodass dieser den Vieren einen Wagen und ein Einsatzteam bereitstellen konnte.
Gerade einmal zehn Minuten Fahrweg war nötig, um ein altes, aber doch relativ gepflegtes Motel zu erreichen, dass er John genannt hatte.
Aufmerksam sah John sich um, bevor er die Treppe zum ersten Stock erklomm und nach dem richtigen Zimmer suchte.
„105. Hier soll es sein“, meinte John und klopfte an, doch er erhielt zunächst keine Antwort.
Noch einmal klopfte er und wieder erhielt er keine Antwort. John entsann sich, dass Graham schon immer ein recht vorsichtiger Mann war, der nicht so schnell Vertrauen schenkte und nach allem, was geschehen sein musste, konnte er ihm nicht verdenken, dass er so tun würde, als sei niemand da. Ein letztes Mal klopfte John an.
„Graham, ich bin´s, John. Es ist alles in Ordnung, du kannst aufmachen.“
John hätte schwören können, ein leises Geräusch aus dem Zimmer zu hören und konnte sich vorstellen, wie Graham übervorsichtig zur Tür ging, um durch den kleinen Spion zu lugen. Tatsächlich dauerte es nur einige Augenblicke, bis er den drehenden Schlüssel in der Tür hören konnte, die sich daraufhin einen Spalt öffnete und einen Blick auf ein halbes Gesicht eines älteren, ängstlichen, verschwitzten Mannes offenbarte.
„John?“
„Ja.“
Die Tür schwang ganz auf und Graham ließ John eintreten, während er sich zurück zu dem Bett schleifte und sich stöhnend darauf sinken ließ.
„Gott sei Dank! Ich dachte schon, die wären es.“
„Wer sind die? Äh … das ist Jennifer. Sie ist Ärztin. Das sind Rodney Mckay und Ronon Dex und das hier ist Malcolm Berrett vom … NID“, stellte John das Team vor, als er sah, wie Graham sich die linke Seite hielt und Jennifer sofort zur Tat schritt und sich dem verletzten Mann annahm.
„NID? … Habe ich noch nie gehört.“
„Das ist … eine lange Geschichte, aber keine Sorge. Du kannst ihnen vertrauen. Also … Wer sind die?“
„Ich weiß es nicht. Sie waren vermummt. Ich weiß nicht, wer die sind oder was sie von Dave wollen.“
„Was genau ist passiert?“
„Es ging alles so schnell, John. Ich … ich war bei Dave und wir waren gerade in der Küche, als mir auffiel, dass irgendwer im Garten herumschlich. Dave wollte den Sicherheitsdienst rufen, aber da ging niemand dran und dann … sie sind durch die Tür und die Fenster ins Haus gestürmt und haben mit ihren Waffen herum gefuchtelt.“
„Haben sie irgendwas gesagt? Sind irgendwelche Namen gefallen?“, wollte John wissen, doch Graham schüttelte nur mit dem Kopf.
„Keine Namen. Sie wollten Dave. Sie waren wohl nur hinter Dave her.“
„Und sie haben Sie einfach zurückgelassen, oder …“, fragte Rodney, doch Graham schüttelte abermals mit dem Kopf. Nur dass diesmal ein kleines bitteres Lächeln seinen Mund umspielte.
„Nein. Sie haben nur gesagt, dass sie Dave wollen. Mit mir haben sie wohl nicht gerechnet.“
„Und dann wollte man Sie wohl aus dem Weg räumen“, kam es wieder von Rodney.
„Müssen wohl Stümper gewesen sein. Ziemlich schlecht gezielt würde ich sagen“, knurrte Ronon, worauf Graham wieder lächeln musste, gleich darauf aber das Gesicht schmerzvoll verzog und Jennifer sich entschuldigte.
„Glück für mich, würde ich sagen. Das ist passiert, als ich geflohen bin. Es war Daves Idee. Im Haus haben sie uns niedergeschlagen und dann haben sie uns in einen Transporter oder so was verfrachtet. Dave wollte unbedingt, dass ich abhaue und dir Bescheid gebe, aber ich wollte zuerst nicht. Eines kann ich dir sagen, John. Die Sturheit liegt in der Familie, das hat sich wohl nicht geändert. Er hat sich durchgesetzt, und als der Wagen kurz zum Stillstand kam, trat Dave die Tür auf und ich bin aus dem Wagen raus und bin einfach losgerannt. Sie haben auf mich geschossen und glaubten wohl, mich richtig erwischt zu haben. Für einen Moment glaubte ich auch, ich sei tot, aber als ich dann später in der prallen Sonne auf eine Wiese wieder wach wurde … tss … ich habe schon viel erlebt, aber das …“
John hatte ihm aufmerksam zugehört und sich Gedanken gemacht. Doch wer für den Angriff und Daves verschwinden verantwortlich sein konnte, wollte ihm einfach nicht in den Sinn kommen. Er wusste nur eines: Er war stinksauer und es würde wohl noch schlimmer werden.
„Hast du den Wagen denn nicht genauer erkennen können? Ein Nummernschild oder irgendwas?“
„Es war ein dunkler, vielleicht dunkelblauer kleiner Lieferwagen. Sie waren zu viert oder zu fünft. Das Nummernschild … 5 NUR … weiter weiß ich nicht. Ich habe es nicht richtig sehen können und es ging alles viel zu schnell. Ich hatte entweder keine Möglichkeit oder keine Zeit, mir das Schmuckstück genauer anzusehen. Aber es muss wohl ein älteres Baujahr sein, sonst hätte Dave die Türen nicht so einfach auftreten können und der Boden im Inneren war auch ziemlich schmutzig und verrostet.“
„Ich lasse eine Fahndung einleiten“, meinte Agent Barrett und verließ das Zimmer um Anrufe zu tätigen.
„In welche Richtung seid ihr gefahren? Sind da irgendwelche Angaben gefallen?“, fragte John weiter nach und Graham schüttelte wieder mit dem Kopf.
„Sie haben nichts gesagt. Im Transporter waren zwar kleine Fenster aber wir haben mit gefesselten Händen auf dem Boden gelegen, und außer Dächer oder Baumkronen nichts erkennen können. Ich habe mich auf dieser Wiese an einem Stein von dem verdammten Strick befreien können. Ich glaube es ging dort zu dem Gewerbegebiet im nördlichen Teil der Stadt, aber sie könnten ebenso gut auch sonst wo sein.“
John sah fragen zu Jennifer, deren Gesicht von Sorge sprach.
„Wie sieht´s aus?“
„Ein Streifschuss, aber tief und er hat auch schon einiges an Blut verloren. Aber wirklich Sorgen macht mir seine Dehydration und eine mögliche Gehirnerschütterung. Außerdem weiß ich nicht, wie lange er schon in der prallen Sonne gelegen hat.“
„Graham?“, wandte sich John wieder fragend an ihn, zumal ihm einfiel, danach zu fragen, wann genau der Überfall stattfand.
„Ich weiß nicht. Ich war gegen 11 oder so bei Dave und dann … meine Uhr ist stehen geblieben. Vielleicht zwei Stunden oder so“, antwortete der ältere Mann, als er zu seiner Uhr sah, dessen Glas gesprungen war.
„Die Wunde muss richtig gesäubert und genäht werden. Ich kann hier nicht viel tun, außer einen Verband anlegen“, erklärte Jennifer weiter und John wusste, was das zu bedeuten hatte.
Abgesehen davon, würde Graham sich weigern, in ein hiesiges Krankenhaus zu gehen und womöglich könnte er immer noch in Gefahr schweben. Er hatte direkten Kontakt mit den Entführern und wenn die herausfanden, dass er noch lebte … Außerdem könnte John ihn später noch mal befragen und vielleicht noch mehr Nützliches von dem Mann erfahren. Aber General Landry wäre ganz und gar nicht begeistert.
Stargate Center, Cheyenne Mountain, Colorado
„Ich dachte, ich hätte mich deutlich genug ausgedrückt, Sheppard …“, hallte die verärgert klingende Stimme von General Landry durch dessen geschlossenes Büro, sodass sogar die Anwesenden im Konferenzraum die Stirn runzeln mussten. „Gibt es denn schon eine Spur? … Nun gut. Der Ball ist ins Rollen gekommen und der Schaden lässt sich wohl kaum vermeiden. Ich hoffe wirklich, Sie wissen, was Sie tun … Ich erwarte Sie also in meinem Büro.“
„Was hat er nun wieder angestellt?“, fragte Patrick wispernd, hatte jedoch wenig Sinn, sich eine Schimpftirade für seinen ältesten Sohn auszudenken.
„Warte doch erst einmal ab, Rick. Vielleicht hat John ihn schon gefunden“, beruhigte Carol ihren Mann und sah gespannt zu Landry, der wieder aus seinem Büro trat.
„Und? Hat John …“
„Ihr Sohn hat diesen Graham Nelson gefunden und er scheint tatsächlich verletzt zu sein. Er wird ihn hier herbringen. Womöglich hat er noch weitere Infos, die während der Suche nach Ihrem Sohn Dave nützlich sein können. Im Moment scheint es ihm jedoch nicht allzu gut zu gehen und Ihr Sohn glaubt, dass er noch unter Schock stehen könnte. Ich hoffe doch stark, dass Graham Nelson ein Mann ist, der Geheimnisse für sich behalten kann“, meinte Hank und sah neugierig zu Patrick.
„Er ist sehr vertrauenswürdig. Ich hattee jedenfalls keine Geheimnisse vor ihm. Er hat vollen Zutritt in alle Bereiche meiner Firma und ich habe ihm schon vor Jahren die Schlüssel und Zugänge zu meinen Häusern und Eigentümern angeboten. Doch … er hat es nie angenommen.“
„Hm … er würde das Stargateprogramm also nicht an die Öffentlichkeit bringen, um eigenen …“
„Nein! Niemals. Graham ist anständiger Mann. Sie können auf seinen Schwur mehr geben, als auf so manche Unterschriften auf Ihren Verschwiegenheitsklauseln.“
„Das hoffe ich. Um eine Unterschrift wird er dennoch nicht herumkommen.“
„Können wir ihn sehen? Ich würde mich so freuen, wenigsten ihn und vielleicht auch Clara wieder zu sehen“, fragte Carol und bedachte den General mit einem bittenden Blick, der ihn tief durchatmen ließ, bevor er Augen rollend nickte.
„Das lässt sich wohl auch nicht vermeiden, nicht wahr? Sie können hier bleiben. Sie bringen ihn gleich her.“
„Äh, Carol Schatz, es gibt da etwas, was du wissen solltest, bevor …“, begann Patrick, doch er wusste nicht so recht, wie er ihr diese schlechte Nachricht mitteilen sollte.
„Clara … sie ist vor vier Jahren gestorben“, fuhr er fort und sah, in welchen Schock die Mitteilung über den Tod ihrer Freundin seine Frau versetzte.
„Clara? … Aber wie … warum …?“
„Es war Krebs. Man hat ihn zu spät entdeckt. Die Chemotherapie hat nicht mehr angeschlagen. Graham hat … es hat ihn sehr mitgenommen …“
„Clara … oh, arme Clara … und Graham … es muss so schrecklich für ihn gewesen sein. Und nun … er hat doch niemanden …“, wisperte Carol und sank auf ihren Stuhl zurück.
Patrick wünschte sich, mehr Zeit zu haben um mit seiner Frau über ihre Freunde, Familie und die Vergangenheit zu sprechen, doch Graham würde gleich hier sein und dann war da noch Dave, der sich in Gefahr befand.
„Sobald wir etwas Zeit haben und Dave wieder hier ist, können wir in Ruhe über alles sprechen. Ich verspreche es dir. In letzter Zeit ist nur so viel passiert …“
Patrick wurde durch das Erscheinen von sechs hellen Lichtpunkten abgelenkt, die sich im Konferenzraum zunächst zu Säulen verwandelten, bevor sie John, sein Team, den NID Agenten und Graham zurückließen.
„Wow! Das ist also das Beamen. Wer hat es das gemacht? Scotty?“, entfuhr es Graham, der noch leicht schwankte und vom Beamen ganz fasziniert schien.
„Nicht ganz. Colonel Carter hat uns von L.A. zuerst auf ihr Schiff gebeamt und dann direkt hier her. Du bist hier im Cheyenne Mountain in Colorado.“
„NORAD, hm? Du bist im NORAD stationiert? Bist jetzt doch ein Astronaut geworden, was?“
„Nicht ganz“, erwiderte John lächelnd, auch wenn ihm nicht ganz nach Lachen zumute war.
Graham konnte ja nichts dafür. Im Gegenteil. Er war froh, dass er mit halbwegs heiler Haut aus der Sache kam und ihn benachrichtigen konnte. John würde den Schuldigen schon noch finden und ihm dann zeigen, welche Strafe ihn erwarten würde, wenn man sich an seiner Familie vergriff. Wieder musste John sich wundern, wie eingenommen er schon von seiner Familie dachte und wie schnell er sich schon wieder dazugehörig fühlte.
Schon als Kind und Teenager hatte John immer auf seinen kleinen Bruder aufgepasst und ihn verteidigt. So manche Prügelei hatte er für Dave ausgefochten. Und auch so manche mit ihm. Richtig heftig wurde es, als Dave als 8-Jähriger Karate und Judo Unterricht nahm und dann mit seinem Bruder in Streitereien über die banalsten Dinge geriet. So hatte John ebenfalls einiges auffahren müssen, um sich gegen seinen kleinen Bruder verteidigen zu können. Nur jetzt …
Dave Karate Unterricht lag mehr als 30 Jahre zurück und seine Entführer waren bewaffnet. Wusste der Teufel, was sie von ihm wollten und was sie mit ihm … John musste sich zusammenreißen. Kaum dass er sich im Konferenzraum umsah und nach seinem Vorgesetzten Ausschau hielt, erblickte er seine Eltern. Es passte John nicht, dass sie hier waren und Graham sie entdecken würde, aber dafür war es nun zu spät und abgesehen davon, war er mit seiner Bitte, Graham hier herzubringen, selbst dafür verantwortlich. Zudem wusste er auch tief im Inneren, dass sein Vater sich nicht versteckt halten würde, wenn sein bester Freund ganz in der Nähe war und doch schon in die Geheimnisse dieses Programms eingeweiht werden würde.
„Graham …“, sagte John leise und bugsierte den älteren Mann langsam in Richtung Tisch, sodass sein Blick auf sein Elternpaar fallen musste.
Graham blinzelte zuerst einige Male, bevor seine Augen immer größer wurden. Er schnappte immer weder nach Luft, sah hektisch zwischen John und den restlichen Sheppards hin und her und schien nicht so recht zu wissen, was gerade vorging.
„Hallo Graham“, sagte Patrick lächelnd.
„Patrick? … Carol?“ Das war alles, was Graham herausbrachte, bevor er die Augen verdrehte, bewusstlos zusammensank und von einem skeptisch dreinblickenden Ronon aufgefangen wurde.
„Is´ nicht wahr, oder?“
~~~///~~~
„Ich wusste doch, dass er ohnmächtig werden würde“, meinte Patrick, als er seinen noch immer bewusstlosen Freund auf der Krankenstation beobachtete.
„Rick“, mahnte Carol leise und stand mit verschränkten Armen neben ihrem Mann.
Ihr war die Anspannung und Sorge anzusehen, auch wenn sie es noch so gut zu verbergen versuchte. Zum einen war Dave noch immer verschwunden, um nicht zu sagen, entführt, zum anderen machte sie sich Sorgen um Graham. Dass man so weit ging und auf ihn schoss … wer machte nur so etwas und was wollten sie von Dave? Geld? Die Firma? Oder hatte gar das Stargate-Programm etwas damit zu tun? Was würden sie wohl mit ihm anstellen? Wenn sie schon auf Graham schossen und ihn einfach auf der Straße liegen ließen, im Glauben, er würde … zudem kamen noch weitere Einzelheiten aus der Vergangenheit hervor, die ihr schwer zusetzten. Carol seufzte.
„Wir finden ihn schon, Schatz. Mach dir keine Sorgen. Dave kann schon ganz gut auf sich aufpassen“, versuchte Patrick seine Frau zu beruhigen.
„Sie haben Waffen, Rick. Wie soll Dave da auf sich aufpassen? Auf Graham haben sie schon geschossen. Wer weiß, was sie … was sie mit Dave machen. Wenn wir wenigsten wüssten, was sie wollen …“
Patrick merkte, dass es gar nicht so leicht war, seine Frau zu beruhigen und er konnte auch nichts weiter tun, als ihr eine Hand auf die Schulter zu legen und sie zu sich zu ziehen.
„Ich weiß noch, John hat ihn früher immer verteidigt und sich für ihn geprügelt. Er hat nichts über seinen jüngeren Bruder kommen lassen. Jetzt sind sie erwachsen. Viel scheint sich nicht geändert zu haben und doch … ist es nur gefährlicher geworden.“
„Ja … vor allem für denjenigen, der für Daves Entführung verantwortlich ist. John würde sich vielleicht nicht mehr für Dave prügeln, aber … derjenige wird merken, dass es keine gute Idee war, sich an Dave und Graham zu vergreifen“, flüsterte Patrick ihr ins Ohr, als er kurz darauf ein leises Stöhnen von Graham vernahm.
„Ohh … was … wo …“
„Ganz ruhig, Mister Nelson. Keine Angst. Sie sind auf der Krankenstation. John hat sie hier hergebracht. Erinnern Sie sich?“, fragte Jennifer, als sie ihren Patienten zu beruhigen versuchte.
„Oh, nur zu gut. Ich hatte vielleicht einen verrückten Traum. Das können Sie sich gar nicht vorstellen.“
„Na ich weiß nicht“, gab Jennifer schmunzelnd zurück.
„Glauben Sie mir, hübsches Kind, Sie werden es nicht glauben. Ich habe geträumt, ich sehe tote Menschen“, meinte Graham und wunderte sich über das erneute Schmunzeln der jungen Ärztin.
„Sehen Sie, ich sagte ja, Sie glauben es nicht … dabei kannte ich die beiden früher recht gut. Muss wohl an den Ereignissen gelegen haben.“
„Carol und Patrick Sheppard?“, gab Jennifer zurück und erntete verwirrtes Blinzeln und fragende Blicke.
„Woher …“
„Tja, sehen Sie, das werden Sie jetzt nicht glauben. Es war kein Traum.“
Erst jetzt brachte Graham es fertig, sich mit Jennifers Hilfe etwas aufzurichten und erblickte die beiden Totgeglaubten am anderen Ende des Raumes.
„Was zum Teufel … ist hier los?“
„Nicht wieder in Ohnmacht fallen, Graham. Wir … wir sind es wirklich. Wenn auch etwas jünger und … hübscher“, meinte Patrick und sah schließlich zu Carol, die schmunzelnd den Kopf schüttelte.
„Ohnmacht? Ich … wie … wie ist das möglich? Ihr seid doch … ihr wart … oh mein Gott! Jetzt bin ich tot!“
„Nein!“, lachte Patrick auf. „Du bist nicht tot. Und wir sind es auch nicht. Nicht mehr. Wenn man es genau nimmt, waren wir es nicht wirklich oder … doch? Na ja, es ist kompliziert. Es … es hat mit Außerirdischen zu tun und …“
„Außerirdische?“
„Ja, siehst du … John arbeitet im Stargate-Programm. Es gibt da ein außerirdisches, riesiges Gerät, durch das man auf andere Planeten kommen kann und John leitet ein Team und ist militärischer Kommandant in einer außerirdischen Stadt in einer anderen Galaxie und durch die Außerirdischen, die dieses Stargate gebaut haben … kurz gesagt. Wir waren aufgestiegen und sind wieder zurückgeschickt worden. Wir waren auf einer … auf einer höheren Ebene unserer Existenz.“
„Außerirdische … Aufgestiegen … auf eine höhere Ebene … ich verstehe kein Wort“, gab Graham zurück und sah vollkommen überfordert zwischen den Sheppards und der Ärztin hin und her.
„Würde ich auch nicht bei einer solchen Erklärung“, meinte Carol und setzte sich zu Graham auf die Bettkante.
Doch dieser traute dem Ganzen noch nicht so recht und sah sie prüfend von oben bis unten an, worauf Carol erneut lächeln muss.
„Wir sind es wirklich Graham und sobald Dave wieder da ist und wir Zeit haben, können wir in Ruhe über alles sprechen.“
„Man hat Dave noch nicht gefunden?“
„Nein, noch nicht. Aber das werden wir. Ich bin sicher, es geht ihm gut. John wird alles auf den Kopf stellen und ihn finden. Im Moment mache ich mir mehr Sorgen um Sie. Hier trinken Sie das. Sie müssen fast verdurstet sein …“, sagte Jennifer und bot Graham ein Glas Wasser an, was dieser dankend annahm und in einem Zug leerte.
„Also … John und Dave … sie wissen, dass ihr … dass ihr … ihr wisst schon“, stotterte Graham und versuchte langsam zu verstehen.
„Ja, sie wissen es. Deswegen musste Dave ja auch vor zwei Wochen vereisen und durfte dann auch nichts sagen. Als man uns zurückschickte, standen wir plötzlich in unserer Küche und haben den armen Dave fast zu Tode erschreckt. Dann hat er John angerufen und danach ging alles sehr schnell. Die Details erklären wir später. Du musst noch operiert werden, aber vorher … was ist passiert, Graham?“, wollte Carol wissen.
„Ach Carol, ich weiß es nicht. Es ging alles so schnell. Ich habe John schon alles gesagt, aber … es war nicht viel. Es wird ihm nicht so viel helfen, befürchte ich.“
„Na ich weiß nicht. Außerirdische schon vergessen? Wir haben jetzt ganz andere Mittel und Wege als die übliche Polizei. Und Technologien … Graham, so was hast du noch nicht gesehen!“, begann Patrick aufgeregt zu erzählen, doch er fing sich recht schnell wieder ein. Die Sorge um seinen Jüngsten hatte wieder überhand gewonnen.