What the blood desires
Serie: SGA
Genre: Slash, Romance, Horror, Adventure, Friendship, AU
Rating: NC-17
Charakter: Sheppard/McKay, Weir, Teyla, Ronon, Beckett, Zelenka, Kolya
Beta: Antares (vielen lieben Dank für deine Zeit und Mühe, ich hoffe ich kann mich auch mit den weitern Teilen wieder bei dir melden)
Warnungen: noch keine, es kann aber später zu sexuellen Handlungen kommen -daher das Rating
Anmerkung des Autors: dies ist ein komplettes AU, einzig die Charaktere kommen hier vor, jedoch nicht ihr Hintergrund wie man ihn aus den Serien kennt, daher treibe ich mit so ziemlich allem Schindluder. UND es ist meine erste Slash-Story. Sie sollte für den deutsch_bigbang 2012 im LJ entstehen, aber noch ist sie nicht ganz fertig
Inhalt: Sheppard ist ein Jahrhunderte alter Vampir und lebt zurückgezogen in einem alten Herrenhaus. Als Rodney McKay eines Tages auf dem Weg zu einer Anwaltstagung in ein Unwetter gerät und kein Zimmer mehr im Hotel der Stadt bekommt, wird ihm angeboten, im alten Herrenhaus zu nächtigen. Doch der Hausherr ist ihm nicht ganz geheuer…
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Kapitel 1
Sheppard Manor
„Es tut mir aufrichtig leid, Mister McKay …“, entschuldigte sich der Portier, des kleinen Hotels, in das der Anwalt gerade einchecken wollte. „… Da ist irgendetwas mit Ihrer Reservierung schief gelaufen.“
„Schief gelaufen? Wir beide haben doch persönlich miteinander telefoniert. Ich habe Einzelzimmer mit Frühstück gesagt“, sein Daumen schnellte empor, „Sie haben’s notiert.“ Rodney nahm den Zeigefinger dazu. „Zwei Arbeitsschritte.“ Er hielt dem Portier seinen ausgestreckten Daumen und Zeigefinger unter die Nase. „Wo kann denn da ein Fehler passieren?“
„Ich weiß nicht. Ich habe die Zimmerbuchung auch persönlich eingegeben, das weiß ich ganz genau. Ich … ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich kann es mir einfach nicht erklären. Ich werde nachsehen, ob wir Ihnen ein anderes Zimmer geben können.“
„Anderes Zimmer, pah! Bei Ihrer Unfähigkeit werde ich wohl in die Besenkammer verfrachtet, was? Aber das können sie getrost vergessen. Ihnen ist doch wohl klar, dass Sie da preislich wohl runtergehen müssen. Und glauben Sie ja nicht, dass ich mich bei anderen Dingen lumpen lasse. Das Frühstück gibt es kostenlos, das steht doch wohl fest. Und ich will ein anständiges Zimmer! Dies sind ja fast unzumutbare Unannehmlichkeiten. Ein simples Zimmer mit Frühstück wollte ich und nun-“
„Mister McKay … es … es tut mir aufrichtig Leid, aber … es gibt leider kein einziges freies Zimmer mehr.“
„Was? Sie machen wohl Witze! Das darf doch wohl nicht wahr sein! Sie haben mir das Zimmer zugesichert! Ich will sofort Ihren Boss sprechen. Das ist ja wohl … so eine Unverschämtheit!“
Sekundenspäter traf der Hotelbesitzer höchstpersönlich ein und verschaffte sich zunächst einen Überblick über die Lage und die aktuelle Reklamation und versuchte zu retten, was zu retten sei.
„Mister McKay, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie Leid mir das tut. Ich habe absolut keine Erklärung für dieses Missgeschick.“
„Missgeschick? Sie nennen dies ein Missgeschick? Das ist ja wohl … Das wird Konsequenzen haben, da können Sie sicher sein!“
„Mister McKay, ich bin untröstlich.“
„Und ich bin praktisch obdachlos! Unfassbar!“
„Aber nicht doch, Mister McKay. Ich habe da eine Idee, einen Vorschlag. Es ist vielleicht keine Suite, aber bestimmt sehr annehmlich. Misses Beckett, eine ältere und sehr nette Dame, vermietet ein Gästezimmer. Es ist bestimmt noch frei und was Ihre Reservierung bei uns angeht, es wäre uns eine Freude, Sie als unser Gast in unserem Restaurant begrüßen zu können. Selbstverständlich auf Kosten des Hauses. Und wir garantieren Ihnen durch diesen Gutschein für Ihren nächsten Aufenthalt unsere beste Suite, aber zum halben Preis.“
Sogar der Hotelbesitzer hatte sich eine ordentlich, gewaschene Schimpftirade anhören müssen und schaffte es kaum, den aufgebrachten Rodney zu beruhigen. Auch das freie Essen im Hotelrestaurant und der Gutschein, mit einem enormen Preisnachlass für eine der luxuriösen Suiten, beruhigten ihn kaum. Doch Rodney hatte letztendlich keine andere Wahl und musste sich seinem Schicksal fügen.
Doch es war wie verflucht. Auch das Gästezimmer war bereits vergeben. Er war nun mal nicht der Einzige, der zur Tagung der Anwälte in diesem netten kleinen Bundesstaat kommen wollte. Das nahende Unwetter, das sich mit zuckenden Blitzen, entferntem Donnergrollen und plötzlichen Windböen, die Papiere und leere Coladosen durch die Straßen trieben, ankündigte, verschlimmerte seine Lage.
Alles, was er noch tun konnte, war etwas zu Essen und zu Trinken in dem kleinen Lebensmittelladen am Ende der Stadt zu kaufen und dann einen halbwegs ruhigen und geschützten Parkplatz zu finden, auf dem er die kommende Nacht in seinem Wagen verbringen konnte. Schließlich war ein Wagen ein Faradayscher Käfig und nirgends wäre er vor dem Gewitter sicherer als in seinem Auto, versuchte sich Rodney die Situation schönzureden.
Denn eine Weiterfahrt in die nächste Ortschaft war ihm wegen des Unwetters, vor dem sämtliche Radio und Fernsehstationen warnten, zu riskant, und selbst wenn er es noch rechtzeitig schaffen würde, wären auch die dortigen Hotelzimmer oder andere Unterkünfte bereits vergeben.
Rodney stand gerade an einem Kühlregal und las aufmerksam das Etikett des gekühlten Sandwichs, als ihn eine weiblich klingende Stimme ansprach.
„Mister McKay?“
„Hm?“
Ruckartig drehte sich Rodney herum und starrte sogleich in das Gesicht einer etwa dreißigjährigen Frau, mit dunklem, schulterlangem, gelocktem Haar und grünen Augen.
„Ich hörte, Sie suchen nach einer Unterkunft, um das Unwetter abwarten zu können.“
„Entschuldigung, kennen wir uns?“, erkundigte sich Rodney verwirrt, als er sich fragte, woher sein Gegenüber all dies wissen konnte.
„Mein Name ist Elizabeth Weir. Ich habe vorhin im Hotel mitbekommen, was geschehen ist. So wie es aussieht, hat Misses Beckett offenbar auch keinen Platz mehr für Sie gehabt, habe ich recht?“
„Ähm … äh, ja, aber …“
„Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen über Nacht ein Gästezimmer in Sheppard Manor anbieten.“
„Sheppard Manor?“, echote Rodney und glaubte diesen Namen oder einen ähnlichen aus einem der Harlequin-Romane zu kennen, die seine Schwester als junges Mädchen immer gelesen hatte.
„Genau. Ich bin die Verwalterin des Hauses und … kümmere mich auch um alle Belange das Haus betreffend und … nun, normalerweise bin ich nicht so forsch und tue so was nicht, aber angesichts der Umstände … nun ich kann Ihnen gerne eines der Gästezimmer dort anbieten“, erklärte Elizabeth und lächelte leicht verlegen.
„Nun, äh … das ist sehr freundlich“, meinte Rodney, doch ihm war nicht ganz wohl zumute.
„Sie suchen doch eine Unterkunft um das Unwetter abzuwarten. Das Haus ist sehr groß, wir haben genügend Platz und … nun, um ehrlich zu sein, kommt zwar nicht oft Besuch zu uns, aber Teyla, unsere Köchin würde sich bestimmt sehr freuen, wieder für einen Gast kochen zu können.“
Sah so aus, als hätten die Leute hier wirklich nicht viel Abwechslung, wenn sie so darauf brannten, einen Fremden für eine Nacht zu beherbergen. Wahrscheinlich müsste er Unmengen von Smalltalk machen, von seinen interessantesten Fällen erzählen … aber so sehr er es hasste, auf Bestellung freundlich zu sein, so war es wahrscheinlich besser, als bei dem Gewitter auf dem Parkplatz zu übernachten.
Nachdem Rodney noch geklärt hatte, dass die Betten auch für seinen Rücken komfortabel genug waren, stimmte er zu, der Verwalterin zu folgen.
Es dämmerte bereits, als Rodney der Verwalterin folgte und mit seinem Wagen den schmalen Weg zu Sheppard Manor hinauffuhr. Die dunklen Wolken waren jetzt schon bedrohlich nahe gekommen, was diese Gegend in ein seltsames Zwielicht tauchte und sie geradezu unheimlich erscheinen ließ.
Sheppard Manor war ein großes, altes, aber doch in sehr gutem Zustand befindliches Herrenhaus. Rodney kannte sich nicht gut in Baugeschichte und Architektur aus, aber selbst er sah, dass es mehrere hundert Jahre alt sein musste. Graues Gemäuer, weiße Fensterrahmen, ein gepflegter Rasen davor … am helllichten Tag musste es ein wunderbarer Anblick sein, und wenn es von innen genauso gut in Schuss war, würden Immobilienmakler wohl über Leichen gehen, um dieses Wohnparadies an den Kunden zu bringen.
Jetzt mit der hereinbrechenden Dunkelheit und dem fahlen Mondlicht, das immer mehr durch aufziehende Wolken verdrängt wurde, würde es eine prima Kulisse für einen Gruselfilm abgeben.
„Wie alt ist das Ding denn eigentlich?“, erkundigte sich Rodney, der plötzlich Sorge hatte, dass vielleicht noch nicht einmal Zentralheizungen in das Gemäuer Einzug gehalten hatten.
„Der älteste Teil wurde im 18. Jahrhundert gebaut. Aber danach wurde immer wieder angebaut und modernisiert. Innen ist sieht es wesentlich moderner aus, als es von außen aussieht.“
Mit einem merkwürdigen Gefühl folgte Rodney ihr ins Haus und traf sogleich auf Radek, den Butler.
„Guten Abend, Madam. Schön, Sie wieder zu sehen“, begrüßte der Butler lächelnd die Verwalterin.
“Hallo Radek, wie geht es Ihnen?“
„Danke Madam. Ich kann mich nicht beschweren.“
„Radek, das ist Mister Rodney McKay. Ich habe ihn eingeladen, unser Gast zu sein, bis das Unwetter vorüber ist.“
„Aber gewiss. Willkommen in Sheppard Menor, Mister McKay. Darf ich Ihr Gepäck schon einmal nach oben bringen?“
„Äh … sicher“, gab Rodney zurück und wunderte sich etwas, über den immer zu lächeln scheinenden Butler.
„Ist der Herr des Hauses denn schon wieder da?“, fragte Elizabeth weiter.
„Nein, Madam, aber wir erwarten ihn bald zurück.“
„Gut. Oh, Mister McKay, auch wenn Sie wohl nur einen Tag bleiben, möchte ich Ihnen doch noch gerne Teyla vorstellen. Sie ist Köchin und Hausmädchen.“
Elizabeth führte Rodney in die große Küche und stellte ihm bei dieser Gelegenheit die weiteren Bediensteten vor. Darunter auch Ronon, den Hausmeister und Mann für alles, der sich gerade eine Erfrischung gönnte. Als Rodneys Blick durch das Fenster in den Hinterhof schweifte, entdeckte er mit Freuden einen alten Oldtimer, an dem wohl gerade geschraubt wurde.
„Ist das ein 67er?“, fragte Rodney interessiert und lugte nun genauer durch das Fenster.
„Ein 68er Camaro“, brachte Ronon hervor. „Mister Sheppard liebt offenbar solche Autos und sammelt sie wie andere Leute Briefmarken.“
„Wirklich? Sie sind wohl auch Mechaniker, hm?“
„Jep.“
„Ich wollte auch immer einen Camaro, aber als ich mir meinen Traumwagen endlich zulegen konnte, gab es keine Ersatzteile mehr. Das war … mehr als ärgerlich, sage ich Ihnen.“
„Habe keine Probleme damit. Sage, was ich brauche, und Sheppard besorgt es.“
„Hm!“, war alles, was Rodney hervorbringen konnte.
Während Elizabeth ihn durch das Haus führte, fragte sich Rodney pausenlos, was der Besitzer dieses doch recht geschmackvoll und gemütlich eingerichteten Hauses für ein Typ sei. Womit konnte man so viel Geld machen, dass man sich so einen riesigen Kasten und drei Angestellte leisten konnte? Mit seinem Anwaltsgehalt war das jedenfalls nicht möglich.
War er alt oder jung? Wahrscheinlich steinalt, es sei denn, er hatte den ganzen Plunder geerbt. Rodney sah sich um, ob er irgendwo ein Familienfoto entdeckten konnte, das ihm Antwort auf seine Frage gab, aber er konnte keine Fotorahmen entdecken. Dabei fiel ihm auf, dass er bisher auch keinen einzigen Spiegel entdeckt hatte.
Er musste zugeben, dass er sich noch immer mit Gedanken an den abwesenden Hausherrn trug, als man ihn in einen großen Speisesaal führte und ihn dort nach allen Regeln der Kunst mit dem besten und schmackhaftesten Essen verwöhnte, das er seit Langem gegessen hatte. Diese Teyla schien wahrlich eine Meisterköchin zu sein und sie freute sich offenbar wirklich sehr, als er einen Nachschlag verlangte und auch ein zweites Dessert nicht ausschlug.
Das Mahl hatte ihn müde werden lassen und so zog Rodney sich recht früh auf sein Zimmer zurück. Nachdem er die Gardinen geschlossen hatte, fiel ihm wieder auf, wie seltsam uneinheitlich der Raum war. Durch den Kamin, die großen Fenster, die hohen Decken und rustikalen Möbel und Wandverkleidungen, hatte man den Eindruck, sich im 19. Jahrhundert zu befinden. Doch ein großer Flachbildschirm an der Wand und ein Computer mit einem 19 Zoll-Display auf einem schweren, alten Eichenschreibtisch, waren modernste Technik. Es war erstaunlich, aber sie fügten sich überraschend gut in das Gesamtbild ein.
Rodney musste zugeben, dass dieser Sheppard durchaus Geschmack zu haben schien. Schnell ging er noch duschen, bevor das Gewitter mit aller Gewalt losbrach und ein Blitz auf den anderen folgte. Er war froh hier im Haus untergekommen zu sein und begab sich ins Bett, um sofort in einen tiefen und traumlosen Schlaf zu fallen.
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Irgendwann mitten in der Nacht wachte Rodney auf. Im ersten Moment glaubte er, es wäre das Gewitter, das ihn geweckt hatte. Aber es waren merkwürdige, geradezu unheimliche Geräusche und sie schienen von überall zu kommen. Es knarzte und quietschte, es polterte und klirrte, es wurde zuerst geflüstert, dann lauter gesprochen, doch verstehen konnte Rodney nichts.
Plötzlich hörte er ein Frauenlachen, sehr tief und geradezu erotisch. Er konnte die Stimme zunächst niemandem zuordnen, er wusste nicht, ob sie zu Elizabeth Weir oder der Köchin gehörte.
„Hier geht es wohl drunter und drüber. Ist das ein Bordell oder was?“, murmelte Rodney etwas lauter um seinen eignen rasenden und laut pochenden Herzschlag zu übertönen.
Einige Türen schlugen, es polterte, ein Blitz zuckte auf, sodass das Zimmer trotz der dichten Vorhänge für einen kurzen Moment hell erleuchtet war. Ein Aufschrei, der halb vom unmittelbar darauf folgenden Donner erstickt wurde. Rodney kroch nun doch tiefer in die Decken, als vom Wald her ein schauriges Heulen eines Hundes ertönte. Vielleicht sogar eines Wolfes? Gab es hier überhaupt Wölfe? Er bemerkte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief, und versuchte sich durch schnelle Reibungen über seine Arme wieder zu wärmen. Doch es war mit wenig Erfolg gekrönt. Als längere Zeit alles still war, entschied er aus dem Bett zu steigen und sich genauer umzusehen.
Wieder ein Blitz und fast gleichzeitig ein Donner, der beinahe das ganze Haus erbeben ließ. Der Wind heulte um das Haus und der Regen prasselte gegen die Fensterscheiben, als würden ganze Fässer vom Himmel geschüttet. Rodney hörte einige Stimmen, die vor dem Haus zu sein schienen, und schlich zum Fenster, um vorsichtig die Vorhänge zur Seite zu schieben und hinauszuspähen. Blitze durchzuckten die Nacht, erhellten die Wiese und die Auffahrt vor dem Haus und die dunklen Bäume des kleinen Parks, der das Anwesen vom Wald trennte und dennoch konnte er nicht sehen, was dort unten vor sich ging. Kurz darauf vernahm er den Klang eines anfahrenden Autos. Trotz des Regens konnte er gerade mal den dunklen Schatten und kleine Scheinwerfer erkennen, die sich nicht gerade langsam durch den regennassen und lehmigen Weg vorwärtsbewegten. Plötzlich zuckte ein Blitz auf, das Auto war taghell beleuchtet, Rodney sah ganz deutlich ein schwarzes Mercedes Cabriolet, das nass glänzende geschlossene Dach und die bedauernswerten Bediensteten, die um den Wagen herum wuselten. Noch ein Aufblitzen, ein ohrenbetäubender Donner und der Wagen war verschwunden.
Rodney starrte verblüfft hinaus in die Dunkelheit, drückte sich fast die Nase am Fenster platt, aber da war nichts mehr. Ungeachtet des hereinpeitschenden Regens öffnete er das Fenster und lehnte sich hinaus. Irgendwas ging hier wohl nicht mit rechten Dingen zu! Ein Wagen konnte sich doch nicht einfach so in Luft auflösen!
„Muss wohl eine Spiegelung gewesen sein. Oder eine Sinnestäuschung: ja, Sinnestäuschung, immerhin habe ich schon Kopfschmerzen, nicht mehr lange und es wird ´ne Migräne“, murmelte Rodney.
Er spürte, wie der Wind an ihm zerrte, sein T-Shirt leicht hinaus flattern ließ. Wieder ein Blitz. Das Auto war zwar fort, aber dort unten, auf der Wiese vor dem Haus, stand jemand im strömenden Regen. Der Sturm riss an seiner Jacke, peitschte den Regen auf ihn herab, er rührte sich jedoch nicht, sondern stand nur ruhig da.
Es ging etwas Unwirkliches von ihm aus und Rodney lehnte sich noch ein wenig weiter hinaus, um ihn besser sehen zu können. Auch wenn seine Haare und sein Gesicht schon ganz nass waren. Dann plötzlich wandte sich dieser Jemand auf der Wiese um und trotz der Entfernung und der Dunkelheit hätte Rodney schwören können, dass er ihn ansah. Er starrte hinunter, fasziniert von dieser unwirklichen Gestalt, die so gleichgültig Wind und Wetter trotzte. Seine Augen schienen unnatürlich stark in einem faszinierenden Grün zu leuchten, das wirklich nicht normal war. Im selben Moment zuckte es erneut vom Himmel, ein gewaltiger Donner folgte, der die Mauern erschütterte. Rodney schloss nur für einen Moment geblendet die Augen, und als er sie wieder öffnete, war der Mann fort. Ebenso verschwunden wie der Wagen.
Der Regen wurde noch heftiger und Rodney schloss hastig die Fensterflügel und zog die Vorhänge zu. Seine Haare, sein Gesicht und seine Arme waren tropfnass. Er wollte nach einem Handtuch greifen, um sich trocken zu reiben, blieb jedoch wie angewurzelt mitten im Zimmer stehen, als er Schritte vernahm. Energische, feste Schritte, die unmöglich von Miss Weir oder der Köchin, oder gar dem Butler oder dem Hausmeister stammen konnten, und zu Rodneys Entsetzen genau vor seiner Tür verharrten. Er hatte nicht den geringsten Zweifel, dass es der unheimliche Mann war, den er soeben vor dem Haus gesehen hatte.
Jetzt erst fiel ihm auf, wie still es plötzlich war. Der Regen schien mit dem letzten Donnerschlag aufgehört zu haben und es herrschte eine fast beängstigende Ruhe, die ihm durch Mark und Bein ging. Er lauschte mit angehaltenem Atem und trotz der verschlossenen Tür empfand er so etwas wie Furcht, denn dieser unheimliche nächtliche Autofahrer könnte auf die Idee kommen, ihn noch besuchen zu wollen oder sonst etwas anzustellen. Offenbar stand dieser andere Typ aber vor der Tür und lauschte ebenso hinein, wie er hinaus. Ein Umstand, der ihn nicht gerade beruhigte.
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, in der Rodney leicht zitternd und schnatternd vor Kälte dastand, bis sich die Schritte wieder entfernten. Dann hastete er zu seinem Bett zurück, sprang hinein und versteckte sich unter der Decke.
Rodney schüttelte schmunzelnd den Kopf.
Hatte er bei der Hinfahrt gedacht, dass dieses Haus etwas von einem Spukschloss an sich hatte? Nun, bei diesem heftigen Gewitter war dieser Eindruck noch drei Mal so stark. In diesen alten Gemäuern knarrte und schepperte es doch wirklich an jedem Ende. Rodney wusste schon, warum er nicht in einen Altbau gezogen war, sondern das neue Apartment gekauft hatte.
„Morgen früh bin ich hier weg!“, sprach Rodney zu sich selbst und versuchte wieder Schlaf zu finden.
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An eine schnelle Abreise war nicht zu denken. Das Gewitter hatte zwar nur kurz gedauert, aber dafür mit voller Macht gewütet. Die Straße war teils überflutet, während andere Teile mit abgebrochenen Ästen und umgestürzten Bäumen belagert waren. In der Nacht hatte man allerdings von all dieser Verwüstung nichts erkennen können. Die Räumung würde jedoch einige Tage dauern und zu allem Überfluss meldete der Wetterdienst weitere Unwetter für diese Region.
Rodney fühlte sich ganz und gar nicht wohl. Als er nun auf das Chaos vor dem Haus blickte, war er versucht, sich als verflucht zu betrachten. Die Tagung konnte er wohl vergessen und dabei hatte er sich irgendwie darauf gefreut. Und nachdem er relativ leicht aus den Federn gekommen war und sich frisch und ausgeruht fühlte, kam ihm das nächtliche Erlebnis wie ein Albtraum vor. Seine Angst war einfach blödsinnig gewesen. Es war vollkommen unmöglich, dass ein Wagen oder ein Mensch sich von einem Moment auf den anderen in Luft auflösen konnte. Alles nur Hirngespinste, ausgelöst durch Übermüdung und den Ärger, den er an diesem Tag hatte, hatte sich Rodney eingeredet.
– Mein Gott, würde ich an so esoterischen Klimbim glauben, dann würde ich glatt annehmen, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging.-
Mittlerweile befand er sich in der Bibliothek des Hauses uns stöberte durch die vielen Bücher. Elizabeth Weir hatte es ihm nahe gelegt, auf andere Gedanken zu kommen und etwas zu entspannen. Vielmehr konnte er ohnehin nicht tun. Wieder und wieder arbeitete er an seiner kleinen Rede, die er für die Tagung vorbereitet hatte, doch letzten Endes fand er nichts mehr, dass er noch verbessern oder korrigieren konnte. Er konnte nur hoffen, dass die Straße in die Stadt bald wieder frei sein würde und so blieb ihm dann auch nichts anderes übrig, als die Gastfreundschaft der Leute noch einen Tag anzunehmen- und wenn er ehrlich war, vielleicht sogar ein wenig zu genießen.
Rodney lief mit schief gelegtem Kopf an den Bücherregalen entlang, Hier standen die üblichen Klassiker, wie Shakespeare und Homer, aber auch jüngere Werke, einiger russischer Schriftsteller. Im nächsten Regal fand er Bücher über Mathematik und Physik, blätterte sie interessiert durch und stellte sie wieder behutsam zurück.
Und nachdem er dann die Leiter herangezogen hatte, um zu sehen, was es weiter oben noch gab, fand er ein paar sehr interessante Sachen. Rodney las erst die Titel, dann zog er einen Band heraus, den er durchblätterte. Der geheimnisvolle Hausherr hatte etliche Werke, die zu früheren Zeiten nicht gerne gesehen, sogar verboten gewesen waren. Neben kritischen Abhandlungen über die Kirche fand er einige Bände, die ausführlich über Liebe und Sexualität in den verschiedensten Zeitepochen der Menschheitsgeschichte, berichteten. Den schweren Ledereinbänden mit den gestanzten Goldbuchstaben nach zu urteilen, zweifellos äußert seltene und daher sehr kostbare Werke.
Mit Interesse blätterte er durch ein Buch, in dem überwiegend äußerst eindeutige Abbildungen zu sehen waren. Mit einem Blick auf die Tür, denn er wollte sicher nicht bei dieser Art von Lektüre überrascht werden, schlug er Seite um Seite auf. Es handelte sich um eine äußerst alte und seltene Ausgabe des Kama Sutra.
Was diese Ausgabe für Rodney so interessant machte, war die Tatsache, dass nur Männer abgebildet waren. Mit Wehmut dachte er an sein eigenes Liebesleben, das in letzter Zeit ziemlich auf der Strecke geblieben war. Mit Jennifer hatte es nicht funktioniert und am Ende hatte er sich eingestehen müssen, dass er für eine klassische Beziehung zwischen Mann und Frau einfach nicht gemacht war. Das waren ihm zu viele Verpflichtungen, die ihn einengten. Jennifers reichliche und detaillierte Vorwürfe, kurz bevor sie sich getrennt hatten, hatten dazu beigetragen, dass er zu dieser Einsicht gekommen war.
Aber die Trennung von Jennifer bedeutete nicht, dass er jetzt beschlossen hatte, wie ein Mönch zu leben. Während des Studiums hatte er schon einige Beziehungen mit Männern gehabt und das hatte im Großen und Ganzen besser funktioniert und so hatte Rodney beschlossen, diese Seite seines Liebeslebens wieder aufleben zu lassen. Das einzige was ihm Probleme bereitete, war den passenden Partner zu finden, zu dem er sich genügend hingezogen fühlte, denn auf One-Night Stands stand er nicht wirklich.
Bei dem Gedanken an Partnerschaft und Beziehung wandten sich seine Augen wie von selbst dem Porträt über dem Kamin zu. Ja, das wäre durchaus schon jemand, den er nicht von der Bettkante schubsen würde. Bereits als er diese Bibliothek betreten hatte, war er von diesem Bild fasziniert gewesen.
Rodney sah einen außergewöhnlich gut aussehenden Mann, mit dunklen, grünen, sehr eindringlichen Augen und kurzem, schwarzem Haar, das am Oberkopf eigenwillig in sämtliche Richtungen abstand. Ein schlanker Mann, aber mit breiten Schultern- und wenn ihn der Maler nicht größer hatte erscheinen lassen, dann war er zweifellos auch nicht gerade ein Pygmäe. Imponierend und eindrucksvoll sah er aus mit dem weißen Hemd, dessen oberste Knöpfe offen waren und einen kleinen Blick auf die leicht behaarte Brust boten. Seine Schwester würde jetzt wahrscheinlich noch irgendetwas wie … romantisch oder verführerisch hinzufügen, aber da er diese Art von Filmen nur schaute, wenn er bei ihr auf Besuch war, verzichtete Rodney darauf.
Elizabeth Weir hatte ihm bei der Führung durch das Haus erklärt, das es angeblich einen Ahnherrn des jetzigen Hausbesitzers darstellte. Er hätte doch zu gerne gewusst, ob der jetzige Besitzer eine gewisse Ähnlichkeit mit seinem Vorfahren hatte. Irgendwie erinnerte er ihn dunkel an den Mann, den er gestern Nacht im Hof gesehen hatte. Aber um deutlichere Übereinstimmungen festzustellen, müsste er den Hausherrn erst einmal zu Gesicht bekommen.
Rodney wurde aus seiner Betrachtung gerissen, als es leise an der Tür polterte und Teyla kurz darauf mit Kaffee und Plätzchen eintrat. Diese Leute bestanden wohl auf den britischen Brauch der Tea-Time am Nachmittag.
„Ich dachte mir, Sie möchten vielleicht ein wenig Kaffee und Plätzchen. Ich habe sie heute ganz früh gebacken. Sie werden Ihnen bestimmt schmecken.“
„Da bin ich sicher, wenn die genauso lecker sind, wie das übrige Essen …“, gab Rodney zurück und registrierte erleichtert das kleine Lächeln der Köchin.
Er war nicht gut in solchen Dingen und froh, die richtigen Worte gefunden zu haben, denn schließlich lag es in Teylas Hand, ob er weiterhin so gute Sachen zu essen bekam.
„… ich muss mich wirklich bei Ihnen bedanken.“
„Machen Sie sich keine Gedanken, Mister McKay. Ich bin ganz froh, wenn Gäste hier sind und ich wieder für jemanden kochen kann, der es zu schätzen weiß“, entgegnete Teyla.
„Ihr Boss, der Hausbesitzer, mag er Ihre Kochkünste etwa nicht?“
Vorsichtig versuchte Rodney mehr über den Kerl zu erfahren, der sich bisher ziemlich rargemacht hatte. Es wurmte ihn irgendwie, ihn noch nicht persönlich kennengelernt zu haben, er hätte ihm gerne ein paar Fragen zu dem Haus und den Wagen gestellt.
„Oh doch, natürlich. Auch wenn er einen recht … eigenen Geschmack hat.“
„War er es, der heute Nacht anreiste?“, fragte Rodney, nachdem er beschlossen hatte, nun doch direkter zu werden.
Rodney sah, dass die junge Frau von seiner direkten Frage überrascht war. Aber nach einem Moment des Zögerns erwiderte sie: „Äh, ja. Er ist letzte Nacht von seiner Geschäftsreise zurückgekehrt.“
„Hm. Und äh … wäre es denn vielleicht möglich, dass ich ihn einmal persönlich kennenlerne und … mich für die Gastfreundschaft bedanken kann?“, schickte Rodney noch schnell hinterher, dem eingefallen war, dass es sonst vielleicht ein wenig zu neugierig klang.
„Mister Sheppard ruht sich noch von der langen Reise aus, aber … er wird Sie schon sehr bald selbst begrüßen wollen. Seien Sie also weiterhin unser Gast und fühlen Sie sich ruhig wie zu Hause.“
Nachdem die junge Köchin gegangen war, widmete sich Rodney wieder den Büchern und konzentrierte sich abermals auf die alten Überlieferungen über die Liebeskunst der verschiedensten Kulturen. Er war derart gefesselt und vertieft in die Informationen und Bilder, dass es eine ganze Weile brauchte, ehe ihm auffiel, dass er mitten in einem kalten Luftzug stand.
Unbehagen hatte ihn gepackt, als er sich umsah. Es war seltsam, wie unheimlich ihm diese Bibliothek plötzlich erschien und es war an diesem Tag auch nicht das erste Mal, dass sie unvermittelt ein kalter Hauch durchzog, obwohl draußen die Sonne schien und alle Fenster fest verschlossen waren. Abgesehen davon, hatte er des Öfteren das unangenehme Gefühl, von jemandem heimlich beobachtet zu werden. Aber das war doch lächerlich. Die hohen Fenster, die fast die ganze rechte Seite der Bibliothek einnahmen, lagen so hoch über der Wiese und dem Park, dass niemand davor stehen und hereinsehen konnte.
Sicherheitshalber überprüfte er die Fenster und musste kurz darauf feststellen, dass sie wirklich gut schlossen. Auch den Kamin hatte er kurz untersucht und beruhigte sich selbst, dass es wohl von dort kommen musste.
Eine Erklärung war gefunden und so konnte sich Rodney wieder dem Buch widmen. Die Lektüre war so anregend, dass Rodney jegliches Zeitgefühl verlor. Als er aufsah, stellte er fest, dass es bereits zu dunkeln begann. So spät schon? Rodney stand auf, lockerte verkrampfte Muskeln und entschloss sich, für heute mit dem Lesen Schluss zu machen. Er trug das alte und kostbare Buch zurück zum Regal, als plötzlich wieder ein leichter Luftzug durch das Zimmer wehte.
Rodney sah sich misstrauisch um. Das kam jetzt aber nicht vom Kamin? Oder doch? Gerade, als er es als Sinnestäuschung abtun wollte, vermeinte er auch noch das Geräusch von Schritten zu hören, das direkt aus der Wand zu kommen schien.
Langsam ging er dem verhallenden Ton nach, bis er vor einer der Bücherwände an der Rückseite der Bibliothek stand. Die Schritte waren von dort gekommen, da war er sich sicher. Ob die Mauer hinter dem Regal etwa einen Durchgang hatte? Alte Schlösser und Burgen, aber auch Herrenhäuser wie dieses, waren doch bekannt dafür, mit verborgenen Gängen und Türen ausgestattet zu sein. Er schob einige Bücher zur Seite, fand dahinter jedoch nur eine stabile Holzwand. Gab es vielleicht eine Geheimtür? Von Neugier überwältigt schob er noch einige Bücher weg und tastete über das dahinter befindliche Holz nach einem möglichen Mechanismus. Seine Finger konnten keine Unebenheit ausmachen.
Doch während Rodney da noch so herumfummelte waren wieder diese Schritte zu hören und sie näherten sich. Ein Knarren ertönte, das Rodney durch Mark und Bein ging, dann war es wieder still. Verdammt! Wenn ihn jetzt jemand mit dem halb ausgeräumten Regal erwischte, hätte er wohl einiges an Erklärungen abzuliefern. Schnell schob er die Bücher wieder an ihre ursprüngliche Stelle zurück.
Er lauschte mit angehaltenem Atem, das Ohr knapp an der Bücherwand, als mit einem Mal eines der großen Fenster mit einem lauten Krachen aufflog. Ein hereinbrausender Sturmwind ließ nicht nur die Vorhänge flattern, sondern traf Rodney mitten ins Gesicht und lies ihn leicht nach hinten taumeln. Gleichzeitig erloschen alle Lichter und der Raum wurde nur noch durch das Feuer im Kamin erhellt, das allerdings so schnell wild aufloderte, dass Rodney das Prasseln der Flammen hören konnte.
Im ersten Moment erschrak er furchtbar. Dann riss er sich zusammen. Oh nein, jetzt gab es auch noch einen Stromausfall!
-Hoffentlich war Teyla schon mit dem Abendessen fertig.-
Rodney wollte gerade auf das Fenster zugehen, um es zu schließen, als er das Gefühl hatte, nicht mehr alleine zu sein. Mit weit aufgerissenen Augen sah er sich in dem halbdunklen Raum um. Gerade wollte er sich beruhigt abwenden, als … war da nicht ein Schatten, der auf ihn zukam?
Plötzlich zuckte er zusammen. Irgendetwas hatte ihn am Arm berührt. Gerade so, als hätte ein Unsichtbarer seine Finger über seinen Arm gleiten lassen. Er fühlte, wie sich langsam sämtliche Härchen an seinem Körper sträubten und er bekam eine Gänsehaut. Jetzt rächte es sich, dass er so viele Gruselfilme gesehen hatte. Er merkte, wie er zu hyperventilieren begann und in der aufsteigenden Panik glaubte er sogar, den Atem einer anderen Person zu hören und zu fühlen, die dicht neben ihm stand.
Das war der Augenblick, in dem Rodney jeglicher Mut verließ. Er machte sich nicht mehr die Mühe, das Fenster wieder zu schließen, sondern rannte, im sicheren Bewusstsein, von irgendwas Übernatürlichen verfolgt zu werden, weniger elegant als eilig aus dem Raum. Er riss die Tür auf, lief durch den Flur, wobei er fast die kleinen Tischchen und Kommoden gleich neben dem Treppenabsatz umrannte, und hetzte dann die Treppe hinauf, weiter über den schwach beleuchteten Gang.
Er hatte sich so in seine Angst hineingesteigert, dass er vermeinte, wild tanzende unheimliche Schatten würden an jeder Ecke nach ihm greifen. Rodney rannte vorbei an den alten Portraits, die wohl die weiteren Urahnen des Hausherrn darstellen sollten, und bei denen er den Eindruck hatte, dass sie jetzt mit Amüsement und vielleicht auch Genugtuung seine panische Flucht verfolgten.
Endlich erreichte er sein Zimmer. Er stürzte hinein, warf die Tür hinter sich zu und schloss gleich zweimal ab. Dann lehnte er sich aufatmend und an allen Gliedern zitternd an die Tür und rutschte zu Boden. In Sicherheit. Er war in Sicherheit, auch wenn er nicht einmal wusste, wovor er überhaupt davon gerannt war.
Erst als sich sein Atem etwas beruhigte und sein Herzschlag wieder langsamer wurde, kam auch seine Denkfähigkeit wieder zurück. Mein Gott, er war ja so ein Idiot! Da flog ein Fenster auf, der Strom fiel kurzfristig aus und er … sah Gespenster! Wenn er das Jeannie erzählte, würde sie sich schlapp lachen und er würde es noch die nächsten Jahre bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten auf Butterbrot geschmiert bekommen. Rodney beschloss, seinen Anfall von übersteigerter Fantasie für sich zu behalten.
Als Rodney oben angekommen war, löste sich eine dunkle Gestalt aus dem Schatten der Treppe. Es war ein hochgewachsener, schlanker Mann mit schwarzem, wirrem Haar, grünen Augen und in einen dunklen Mantel gehüllt. Eine ganze Weile blieb er noch reglos stehen, blickte hinauf, wo Rodney verschwunden war, wandte sich dann um und verließ das Haus. Die schwere, eisenbeschlagene Tür am Anfang der Auffahrt, schien sich wie von selbst vor ihm zu öffnen und glitt hinter ihm unhörbar wieder zu.
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Arztbesuch
Ein Klopfen riss Carson Beckett, aus seinen Studien, und als er auf die Uhr schaute, wurde ihm schlagartig bewusst, wer der späte Besucher war. Mit schnellen Schritten war er an der Tür und öffnete, um dann freudestrahlend den Mann zu begrüßen, der um Einlass bat.
„John! Komm rein, komm rein.“
John betrat die kleine Wohnung des Arztes und ließ seinen Blick umherschweifen. Es hatte sich nichts geändert, während seiner langen Abwesenheit. Noch immer herrschte eine strenge Ordnung und penible Sauberkeit in dieser Wohnung. Der Fernseher lief und John stellte kopfschüttelnd fest, dass es mittlerweile schon wieder eine neue Serie über Vampire und andere mystische Wesen gab.
„Wie war deine Reise? Hast du alles zu deiner Zufriedenheit regeln können?“, fragte Carson, als er schwer bepackt mit einer blauen Kühlbox wieder aus der kleinen Kammer trat.
„Ja, alles bestens. Du siehst dir wirklich diesen Mist an?“, fragte John und wies mit einem kurzen Nicken zu dem Fernseher, auf dem ein gutaussehender Vampir gerade seine Zähne ausfuhr.
„Ob du es glaubst oder nicht, aber diese da ist ziemlich nah an der Wahrheit dran“, gab Carson lächelnd zurück und stellte die kleine Kühlbox auf den Küchentisch.
„Das hast du von der letzten auch gesagt und dann hat sich einer aufgelöst, als er Knoblauch aß.“
Wieder lächelte Carson und öffnete die Box.
„Ich dachte wirklich, dass Knoblauch zumindest eine allergische Reaktion auslösen würde.“
„Tja, jetzt weißt du es ja besser …“, erklärte John und griff in die Kühlbox, um kurz darauf eine Flasche mit dunkelroter Flüssigkeit herauszuholen und sie genauer zu betrachten.
„… Wieder vom Schwein?“
„Ja, natürlich. Es kommt dem des Menschen nun mal am nächsten.“
„Sehr gut“, meinte John und stellte die Flasche behutsam wieder zu den anderen.
„John … du weißt, es wäre kein Problem für mich, dir auch etwas Null Negativ oder anderes dieser … Sorte zu besorgen. Ich bin Arzt und habe relativ leichten Zugriff darauf.“
„Ich weiß. Danke für dein Angebot, aber … nein. Ich habe schon seit … Ewigkeiten nicht mehr …“, begann John mit belegter Stimme zu erklären.
Er warf Carson einen bedeutungsvollen Blick zu und stellte erleichtert fest, dass sein Freund ihn verstanden hatte. Er war froh, den Arzt zu seinen Freunden zählen zu können, denn er hatte wahrlich wenige davon. Doch diese Wenigen wussten, mit wem sie verkehrten, wer er war, was er war. Sie akzeptierten und respektierten ihn. Und das machte ihm seine Existenz erträglicher.
„Ich wüsste noch nicht einmal … wer weiß, was passieren würde, wenn ich wieder damit anfinge und es zu mir nehme. Ich könnte schlimmstenfalls in einen Rausch verfallen oder ich könnte es bestenfalls einfach nicht mehr vertragen.“
„Ja, vielleicht leichte Übelkeit, auch ein Rausch meinetwegen und allerhöchstens, aber … selbst der wäre wohl nicht so schlimm und du hättest dich schnell unter Kontrolle. Ich kenne dich, John. Ich kenne dich und deine Selbstbeherrschung. Du bist im Grunde lammfromm.“
„Du hast wohl vergessen, was damals geschah, hm?“
„Nein, bestimmt nicht. Aber das war etwas anderes“, gab Carson leise zurück und folgte Johns Blick, der auf dem Computer zum Ruhen kam.
„Bist du schon weiter gekommen?“
„Leider nicht viel. Aber ich bleibe dran. Da fällt mir ein … da du gerade da bist, ich brauche noch ein paar Proben von dir, um damit weiter arbeiten zu können. Es verfällt einfach zu schnell und neulich habe ich Trottel doch tatsächlich die letzte kleine Probe an einem Platz liegen gelassen, wo sie die Sonne traf. Tut mir leid.“
„Schon gut, kein Problem“, meinte John und schob seinen Ärmel hoch.
„Setz dich in den Sessel, ich hole die Sachen.“
Stumm kam John der Bitte nach, entledigte sich seines Mantels und krempelte den Hemdärmel wieder nach oben, als er in dem Sessel vor dem Fernseher Platz nahm. Es hatte kaum Kraft und Konzentration gekostet, eine seiner Venen näher an die Oberfläche der Haut zu bringen, sodass der Arzt leichten Zugriff darauf haben würde.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis Carson mit den Utensilien, darunter einer Unmenge an kleinen Röhrchen zurückkehrte.
„Wenn es dir recht ist, werde ich diesmal ein wenig mehr ziehen, dann hast du umso länger Ruhe vor mir, bevor du wieder erscheinen musst.“
„Einverstanden“, erwiderte John und beobachtete Carson, der unschlüssig in seinen Vorbereitungen innehielt.
„Bist du sicher, dass du es schaffst? Ich könnte nachher auch bei dir vorbeikommen und wir machen es da.“
„Nein … nein. Es wird schon gehen, solange du dich beeilst“, gab John zurück und sah zufrieden, wie Carson seine Vorbereitungen wieder aufnahm.
Es war ein merkwürdiges Gefühl das stramme Gummiband an seinem Oberarm zu spüren. Nicht dass John empfindlich war. Er gab weitaus schlimmeres, als eine solch lächerliche Nadel in den Arm gepiekst und einen gefühlten Liter Blut abgezapft zu bekommen. Doch bei ihm war es anders. Er empfand das Blutziehen anders als ein Normalsterblicher und das wusste auch Carson.
Nun aber spürte er, wie sich sein Blut in seinem Unterarm staute und das Band an seinem Oberarm immer enger zu werden schien. Es war bisher nur ein leichter Schmerz und merkwürdigerweise genoss er ihn. Genauso wie er es genoss, trotz dieser Prozedur ganz sanft berührt zu werden. Es war zu lange her, seit ihm das letzte Mal Zärtlichkeiten oder gar auch leichte erregende Schmerzen zuteil geworden waren. Und diese Behandlung hatte nun weiß Gott nichts mit Zärtlichkeit oder gar Romantik zu tun.
Das alles waren jedoch äußerst intime Dinge, die er nur mit einem einzigen Menschen teilte. Und dieser Mensch war gerade dabei, ihm den roten Lebenssaft abzunehmen, von dem seine Existenz abhing. Carson war nicht nur Arzt und sein bester Freund, er war auch sein engster Vertrauter und er wusste von den Empfindungen, den Gefahren und den Sehnsüchten, die ihn schon seit Ewigkeiten quälten, aber auch der stillen Hoffnung einer Heilung, die seinen Freund schon seit Ewigkeiten beschäftigte. Doch helfen konnte ihm Carson bisher kaum.
John folgte noch immer den ruhigen Bewegungen des Arztes und sah, wie sich die Nadel immer mehr seiner Vene näherte. Es würde wieder geschehen. Das wussten beide. Es war jedoch das einzige, das Carson durch seine Forschung für seinen Freund tun konnte.
„Bereit?“
John nickte und beobachtete kurz darauf, wie die Nadel in seinen Arm drang. Carson war normalerweise immer geneigt, diesen Schritt so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen. Doch für John hing mehr davon ab.
Ein kurzes, merkwürdiges, fast schmatzendes Geräusch ertönte, als Carson aufsah und die spitzen Zähne seines Freundes erblickte. Ein leises Knurren, das dann in ein Stöhnen überging, entwich Johns Kehle und er sah träge wieder zu dem Fernseher. Ein Fremder könnte meinen, er befände sich in einem Rauschzustand, hervorgerufen durch irgendwelche Drogen, die seinen Verstand umnebelten. Doch Carson wusste es besser. Es war nur am Anfang so, danach … konnte es gefährlich werden.
„Sag, wenn es zu viel wird.“
Wieder nickte John stumm und schloss dann die Augen.
„Was ist eigentlich mit deinem Gast? Ich habe gehört, dass er nun eingetroffen sein soll“, meinte Carson und versuchte John auf diese Weise konzentriert zu halten, denn Blutentnahmen konnten bei Geschöpfen wie ihm heikel werden.
„Ja … dank deiner Mutter. Richte ihr bitte meinen Dank aus.“
„Mache ich …“, gab Carson zurück und wechselte zum nächsten Röhrchen.
„… im Übrigen fiel es ihr nicht allzu schwer deinem Gast abzusagen, denn das Zimmer war tatsächlich schon belegt.“
„Mm.“
„Alles okay?“
„Mmm.“
„Hast du … hast du ihn schon persönlich getroffen oder steht das noch bevor?“, fragte Carson weiter und wechselte abermals zum nächsten Röhrchen.
„Es steht noch bevor … alles steht noch bevor“, gab John zurück, der seine Augen jetzt fester zusammenpresste, da er allmählich die Schmerzen aufkommen spürte.
„Wie willst du es ihm beibringen?“, fragte Carson weiter, als er sah, wie John begann, mit den Schmerzen zu kämpfen.
„Weiß nicht“, gab John gepresst zurück und begann, mit tiefen Atemzügen gegen die Krämpfe anzugehen.
„Wir haben es gleich, John. Ist nur noch eines …“
Carson beeilte sich, das letzte Röhrchen zu wechseln und die Prozedur schnell zu Ende zu bringen. Es war verrückt. Er, ein Geschöpf der Nacht, der von Blut lebte, musste Qualen durchleiden, wenn ihm etwas abgenommen wurde.
„…Ich weiß nicht, ob behutsames Vorgehen nicht doch der beste Weg wäre. Er könnte sonst zu sehr erschrecken und-“
„Carson … mach schnell“, presste John zwischen fest zusammengebissenen Zähnen hervor. Vor Anstrengung rannen ihm Schweißtropfen von der Stirn.
„Ich habe es gleich.“
„Nein jetzt!“, fauchte John, als er sich ruckartig zu Carson drehte und die Fangzähne fletschte.
Seine Augen leuchteten in einem unnatürlichen Grün, er knurrte und bedachte seinen Freund mit wütenden Blicken, die diesen veranlassten, sofort die Nadel zu entfernen und auf Abstand zu gehen.
„Okay, okay. Ich bin fertig. Es ist alles in Ordnung, John.“
„Nein … ist es nicht. Geh!“, befahl John keuchend und sah seinem Freund hinterher, als dieser eiligst das Wohnzimmer verließ und die Tür schloss.
Carson wusste, dass John nicht wirklich wütend auf ihn war. Er konnte nichts dafür. Die Schmerzen, die ihn bei jeder Blutentnahmen überkamen, waren enorm und entfachten sein sonst so gut gezügeltes Temperament. Es waren bisher die einzigen Momente, die ihn seine Selbstbeherrschung vergessen und seine Wut und seinen Ärger ins Unmenschliche steigen ließen. Es würde nur einige Augenblicke dauern und John hätte sich wieder gefangen und die Schmerzen überwunden.
Carson erinnerte sich nur zu gut an das erste Mal, als er seinem Freund Blut abgenommen hatte und er mit dem Monster in ihm, wie John es zu nennen pflegte, konfrontiert worden war. In seiner Pein und seiner Wut hatte er den Arzt angegriffen und sogar verletzt. Er hätte ihn fast getötet, doch John hatte ihn mit letzter Kraft und dem letzten Funken an gutem Willen aus der Gefahrenzone schaffen und seine Schmerzen unter Kontrolle bringen können. So weit wollte John es nicht wieder kommen lassen und sie vereinbarten ein Zeichen, dass John ihm geben musste, sobald sie die Grenzen erreichen würden.
Carson verließ also den Raum und konnte in der Zwischenzeit nichts anderes tun, als Johns Blutproben zu kühlen und seinem Freund ein Glas mit Schweineblut zuzubereiten, damit er sich wieder stärken konnte.
Er wartete noch einen Moment, bevor er leise in das Wohnzimmer trat und John aufmerksam musterte.
„John?“
„Es ist schon gut, Carson … es geht schon wieder …“, erklärte John und nahm das angebotene Glas mit seiner bevorzugten Nahrung an und trank es begierig aus.
„… Du hattest wohl recht. Wir sollten es das nächste Mal bei mir machen. Da wärst du sicherer und deine Wohnung auch“, erklärte John erschöpft und musste dennoch mit Carson schmunzeln, „Verzeih, es wird von Mal zu Mal stärker. “
„Ich weiß und es gibt nichts zu verzeihen. Wir wissen doch, was jedes Mal geschieht. Ich hoffe nur … ich hoffe stark, dass du mit Rodney McKay Recht hast. Noch mehr, dass es dir helfen wird.“
„Das hoffe ich auch.“
„John, wenn du es ihm erklärt hast und er kann oder will dir nicht helfen … was dann? Was willst du dann tun?“
„Was ich dann tun will? Ich denke … dann werde ich mir den Sonnenaufgang ansehen.“
Erste Begegnung
Als John Sheppard kurz vor dem Morgengrauen zu seinem Haus zurückkehrte, führten ihn seine Schritte in die Bibliothek. Er war des Öfteren dort, erwartete das erste Licht des Tages, nur um dann im letzten Moment dieser Gefahr auszuweichen und sich auf sein Zimmer zurückzuziehen. Aber seit Rodney dort häufiger anzutreffen war, erschien ihm dieser Raum noch interessanter als zuvor. Nicht, dass er das jemals laut zuzugeben hätte.
Er schlenderte hinein. Das Licht brannte noch und auch im Kamin loderte noch ein kleines Feuer. Elizabeth und Radek wussten, dass er es im Grunde hell mochte. Wenn er schon gezwungen war, in der Nacht und der Dunkelheit zu leben, dann wenigstens bei ausreichendem Licht und einer behaglichen Atmosphäre. Er blieb unwillkürlich stehen, als sein Blick als erstes auf die breite Hand fiel, die auf der Armstütze des bequemen Ledersessels vor dem Kamin ruhte.
Er wusste genau, wen er jetzt in dem Sessel finden würde. Leise ging er um den Sessel herum und tatsächlich, da lag Rodney, den Kopf an die Sessellehne gestützt, das Kinn etwas herabgesunken, der Mund leicht geöffnet, schlief tief und fest und leicht schnarchend. Er hatte seinen Laptop auf den Knien liegen, vermutlich war er während der Arbeit eingeschlafen.
John nahm den Laptop auf, bevor er ihm vom Schoss rutschen würde, und stellte ihn leise auf den Tisch. Dabei fiel sein Blick unweigerlich auf den Bildschirm und konnte eine Email lesen. Darin wurde Rodney darüber informiert, dass aufgrund einiger Schäden durch das Unwetter und wegen der schlechten Straßenverhältnisse ein neuer Termin für die Anwaltstagung angesetzt worden war. Wieder in Belfont, in genau einer Woche. Das kam John sehr gelegen. So hatte er mehr Zeit und weniger Druck, seinen Gast besser kennenzulernen und vorzubereiten.
John wandte sich wieder dem Schlafenden zu. Der Schein des Feuers im Kamin zauberte ihm ein warmes Licht ins Gesicht, was ihm schon fast ein jungenhaftes Aussehen gab. Dabei war er –nach menschlichen Maßstäben– kein Knabe mehr, fünfunddreißig, ein Alter, in dem die meisten Männer dieser Zeit bereits verheiratet, und beruflich stark eingespannt waren.
John hatte Rodney schon seit dem ersten Tag an beobachtet. Auch wenn er es vorgezogen hatte, ihm nicht sofort zu begegnen, so hatte der neue maskuline Duft, der das Haus seitdem erfüllte, ihm seit diesem Zeitpunkt in der Nase gelegen. Aber dies war das erste Mal, dass er ihn aus unmittelbarer Nähe sah, und er würde sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Das war also Rodney, der Mann, in den er so große Hoffnungen setzte. Nun ja, auf den ersten Blick machte er nicht so viel her. Nicht übermäßig groß oder klein, weder spindeldürr noch übermäßig dick, aber etwas untersetzt, weil Sport wahrscheinlich nicht sein Ding war, sah er wie … ein ganz normaler Durchschnittstyp aus. Auch die kurzen, mittelblonden Haare würden ihn nicht aus der Masse herausragen lassen.
Johns Blick ging von den Haaren noch einmal zu Rodneys Gesicht, das im Moment des Schlafes, mit dem leicht geöffneten Mund, und dem Spucketropfen in dem Mundwinkel, nicht unbedingt verriet, dass er einer der brillantesten Anwälte der Ostküste war. John grinste, McKay würde wahrscheinlich Zeter und Mordio schreien, wenn er in diesem Moment fotografiert würde. Es juckte ihm in den Fingern, aber er rief sich zur Ordnung.
Stattdessen ging Johns Blick tiefer …
Er fragte sich, ob Rodneys Haut an jeder Stelle seines Körpers so zart und weiß war, wie an seinem Hals. Ja, verdammt, er war ein Vampir und da fiel ihm der Hals nun mal erstes auf. Er spürte sein wachsendes Verlangen, als er hauchzart seine Finger über seine Wange und seinen Hals gleiten ließ, dann riss er sich zusammen. Stattdessen griff er nach einer Strähne des dunkelblonden Haares, die Rodney ins Gesicht gefallen war. Seidenweich war es, genauso, wie er es sich gedacht hatte, auch wenn ihm sonst niemals eingefallen wäre, ihn zu berühren. Nicht so bald zumindest. Das war nicht gut. Die Gefahr ihn zu verschrecken und ihn damit zu vertreiben, bevor er ihm gesagt, hatte, warum er so wichtig für ihn war, war zu groß.
Gottverdammt! Er hätte nicht gedacht, dass Rodney eine solche Versuchung sein würde. Das würde alles verkomplizieren und für Rodney könnte es sogar gefährlich werden.
„Mister Sheppard?“
John zuckte zusammen und wandte sich heftig um, wütend über seinen Butler, der ihn störte, und noch mehr über sich selbst, weil er so vertieft in den Anblick gewesen war, dass er Radek nicht kommen gehört hatte. Verflucht, er musste vorsichtiger sein. Radek war keine Gefahr, aber wenn jemand anderes ihn so leicht überrascht hätte … Vampire waren schon wegen kleinerer Fehler getötet worden!
Und um nichts in der Welt hätte er in dem Moment von Rodney dabei ertappt werden wollen, wie er neben ihm stand und ihn fast schon verträumt betrachtete. Er trat leise von ihm weg und verließ den Raum. Draußen sah er seinen Butler mit einem kalten Funkeln an, mehr über sich selbst wütend, als über Radek.
„Was gibt es?“
Sein Butler lachte oft und lächelte immer, aber diesmal wirkte er ernster als sonst, er senkte zwar unter Johns Wut die Lider, aber seine Augen glitten zu den Fenstern in der Bibliothek.
„Die Sonne geht bald auf, Sir.“
John sah nun ebenfalls hinüber. Er wusste genau, was in seinem Butler und Freund vor sich ging, und er wusste noch besser, dass er es im Grunde gut meinte. Johns Blick wurde wieder weicher, er nickte kurz und wandte sich dann ab.
„Sir? Hat Doktor Beckett schon einen Erfolg zu vermelden?“
„Noch nicht. Ich hoffe aber bald.“
„Das hoffen wir alle, Sir. Es ist gut, dass er nun hier ist. Er wird Ihnen bestimmt helfen.“
John lächelte verhalten, nickte kurz und ging hinüber zur Treppe, die zu den Schlafzimmern und dem rechten Flügel des Hauses führte.
„Angenehme Ruhe, Sir“, hörte er hinter sich Radeks Stimme.
„Danke Radek.“
~~~///~~~
Gerade mal einen Tag, nachdem ihn der plötzliche Sturm so erschreckt hatte, dass er schon glaubte, Gespenster gesehen und gespürt zu haben, schlich Rodney dennoch in der nächsten Nacht leise die Treppe hinunter. Er hatte schon am ersten Tag eine Stufe entdeckt und sie sich merken können, die beim Drauftreten immer so auffällig knarrte. Leise durchquerte er die hohe und wenig durchleuchtete Eingangshalle und betrat die Bibliothek. Glücklicherweise hatte ihn niemand gesehen. Er hatte sich schon umgezogen und war nur in T-Shirt und Boxershorts gekleidet bereits ins Bett gehüpft, als ihm eingefallen war, dass er unbedingt dieses eine interessante Buch weiterlesen wollte. Es war das alte Buch der indischen Liebeskunst zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern, das es so gut verstand, die Neugier und Fantasien seiner Leser zu wecken und sie geradezu in diese Welt zu ziehen.
Er hatte mit sich gehadert, ob er wirklich mitten in der Nacht durchs Haus schleichen sollte, aber seine Neugier hatte gesiegt. Schnell hatte er sich einen alten Trainingsanzug übergezogen und war losgespurtet, um das Buch zu holen. Es hatte ihn wirklich gepackt und die Tatsache, dass er selbst einer solchen Beziehung nicht abgeneigt war, machte es nur umso interessanter. Seine Erfahrungen mit anderen Männern ließen sich zwar an einer Hand abzählen, und ja, es war auch schön und interessant gewesen, aber es hatte ihn nicht so erfüllt, wie er erhofft hatte. Da kam ihm jede Anregung, die das Buch bieten konnte, gerade recht.
In der Bibliothek brannte noch das Feuer im Kamin und das reichte Rodney, um sich zurechtzufinden. Ohne Licht zu machen, trat er zum Bücherregal, kletterte auf die Leiter und zog nach kurzer Suche das gewünschte Buch heraus. Aber just in dem Moment, als er die Bibliothek wieder verlassen wollte, hörte er Schritte, die sich näherten. Auf keinen Fall wollte er von Radek, dem immer gut gelaunten Butler, oder vielleicht sogar von Elizabeth überrascht werden. Und schon gar nicht mit einem solchen Buch in der Hand. So hastete er zum nächstgelegenen, von schweren Vorhängen verdeckten Fenster und versteckte sich dahinter, in der Hoffnung, in diesem Halbdunkel nicht gesehen zu werden.
Gerade noch rechtzeitig, denn schon betrat jemand die Bibliothek und machte sich offenbar irgendwo bei den Bücherregalen zu schaffen. Vorsichtig lugte Rodney hinter dem Vorhang hervor. Zu seiner Überraschung sah er jedoch nicht Radek oder sonst einen der ihm schon bekannten Mitbewohner und Angestellten, sondern einen hochgewachsenen Mann, der in schwarzen glänzenden Schuhen, schwarzer Hose und ein ebenso dunkles Hemd vor der Bücherwand stand, Bücher herausnahm, kurz darin blätterte und sie dann wieder zurückstellte.
Neugierig schob Rodney behutsam den Vorhang noch ein wenig mehr zur Seite. Der Mann hatte schwarzes Haar. Er trug es modisch kurz und es stand am Oberkopf ab. Sofort fiel ihm wieder dieser geheimnisvolle Fremde ein, den er während des Gewitters vor dem Haus gesehen hatte. Außerdem erinnerte er ihn an dem Mann auf dem Bild über dem Kamin. Schade, dass es so dunkel im Raum war, da konnte er keinen direkten Vergleich anstellen.
„Möchten Sie vielleicht einen Tee, Sir? Oder ein Kaffee, Wein, Bier? Oder darf es etwas anderes sein?“
Radek war hereingekommen, ohne dass Rodney ihn irgendwie bemerkt hatte. Er zog sich zurück, ehe einer der beiden ihn entdecken konnte.
Sollte der Schwarzhaarige etwa der Hausherr sein? Es sah ja ganz so aus.
„Nein, danke, Radek. Ich denke, ich werde gleich noch einen kleinen Ausflug machen und ein wenig durch die Gegend fahren. Ich wollte nur wissen, welche Bücher Rodney liest.“
Rodneys Augen weiteten sich. Der Mann wusste, wer sein Gast war? Das machte die Theorie mit dem Hausbesitzer natürlich immer wahrscheinlicher.
Aber die Vertraulichkeit, mit dem er seinen Vornamen aussprach, überraschte ihn.
„Er scheint mir ein sehr … neugieriger Mann zu sein. Neugierig und intelligent“, gab Radek zur Antwort.
Rodneys Brust schwoll, da wusste ihn jemand richtig einzuschätzen!
„Wirklich? Das wird sich noch zeigen.“ Die Stimme klang ziemlich spöttisch.
Rodneys Augen wurden noch ein bisschen größer, wenn auch diesmal eher aus Empörung. Der Mann kannte ihn noch nicht einmal und trotzdem zweifelte er an seiner Intelligenz? Wird sich noch zeigen? Was bildete sich der Kerl da eigentlich ein?
„Ja, Sir.“
Rodney hatte erwartet und gehofft, dass der Mann nun den Raum verlassen würde, aber stattdessen hörte er, wie er zur rückwärtigen Seite der Bibliothek ging, genau zu dem Bücherregal, wo er beim letzten Mal diese merkwürdigen Geräusche gehört hatte. Er lugte vorsichtig durch einen kleinen Spalt zwischen den beiden schweren Vorhängen. Radek hatte zwar den Raum wieder verlassen, aber der andere machte sich dort am Regal zu schaffen, griff nach einem Buch und zog es heraus.
Rodney musste sich auf die Zunge beißen, um nicht einen Laut der Überraschung von sich zu geben, als sich ein Teil der Wand bewegte. Hah! Also doch eine Geheimtür! Der Mann sah sich kurz um, Rodney zuckte zurück, und dann hörte er ein schabendes Geräusch gefolgt von einem kleinen Klicken. Als er es wagte, wieder hinter dem Vorhang hervor zu sehen, war die Bibliothek leer und die Geheimtür wieder geschlossen. Rodney wartete noch einige Augenblicke, doch als es überall still blieb, traute er sich wieder aus seinem Versteck hervor.
So ein … ein … Mistkerl! Wagte er es doch tatsächlich, an seiner Intelligenz zu zweifeln! Na, er würde schon herausbekommen, ob dieser impertinente Kerl wirklich der Hausherr oder nur ein Gast war.
Minutenlang stand er mitten im Raum, mit sich selbst im Unklaren, ob er nun in sein Zimmer zurückkehren oder doch lieber diesem interessanten Geheimnis nachspüren sollte. Es kostete ihn einige Überwindung, sich für das Zweite zu entscheiden, denn er war nicht unbedingt der Abenteurer-Typ. Aber dann schlich er auf Zehenspitzen zu der Bücherwand. Ja, er war zwar vor wenigen Tagen regelrecht geflohen war, als der Wind das Fenster aufgestoßen hatte, aber so lächerlich würde er sich heute bestimmt nicht wieder verhalten. Immerhin war er ein erwachsener, gebildeter, vernünftig denkender Mann, der wusste, dass es so was wie Geister oder übernatürliche Kräfte nicht gab und das alles logisch erklärt werden konnte. Diesem Rätsel würde er schon noch auf die Spur kommen.
Prüfend blickte er auf die Bücherreihen. Es musste etwa in Kopfhöhe gewesen sein, wo der Kerl das Buch herausgezogen hatte. Er tastete die Reihe entlang, befühlte jeden der teils dicken Bände und es dauerte nicht lange, bis er ihn gefunden hatte. Das Buch war den anderen zwar ähnlich im Aussehen, aber es fühlte sich etwas anders an. So, als würde es nicht frei stehen, sondern befestigt sein.
Rodney atmete noch einmal tief durch, fasste zu und zog. Das Buch gab nach und plötzlich ertönte abermals ein Klicken und die Tür schwang auf. Rodney musste zur Seite springen, andernfalls wäre ihm die Tür noch gegen die Nase geprallt. Ein kühler, frischer Luftzug drang heraus. Als erstes fiel Rodney auf, dass alles hell erleuchtet war. Die Stufen waren mit hell-grauen Platten belegt, die Wände waren in einem fast sterilen Weiß gehalten.
Dieser Keller war definitiv jüngeren Datums. Warum, um alles in der Welt, hatte man unter diesem alten Haus noch einen Keller angelegt, wenn es doch genügend Platz auf einem Speicher oder in den Nebengebäuden gab? Und was machte dieser Mann da unten? Was hatte er in diesem Keller wohl gelagert? Den Wein wohl kaum, denn den Weinkeller konnte man durch die Küche erreichen und der war auch sicherlich älteren Datums. Drogenhandel? Waffenschmuggel? Vielleicht war es auch einfach nur ein geheimer Ausgang? Rodneys Kopf war voll mit Vorschlägen, die ihn aber nicht weiterbrachten. Wenn er es wissen wollte, musste er wohl nachsehen.
Rodney konnte darauf verzichten, eine Taschenlampe mitzunehmen. Das war gut, da er keine zur Hand hatte. Andererseits konnte ihm die Helligkeit in diesem Keller jedoch zum Verhängnis werden, denn es war schwerer sich in fehlender Dunkelheit zu verstecken. Das bereitete ihm schon gewisse Sorgen und brachte seinen Plan, dem Typ zu folgen, ein wenig ins wanken. Aber die Neugier war größer und siegte schlussendlich. Noch einmal sah er sich um, lauschte hinunter. Es war nichts zu hören, außer dem leisen Summen der Halogenleuchten.
Langsam schlich Rodney hinab und zählte mit. Achtzehn Stufen waren es, bis er zu der letzten kam und ganz vorsichtig um die Ecke schielte. Ein weiterer langer, heller Flur erstreckte sich vor ihm und im ersten Moment erinnerte er Rodney an eine Art Krankenhaus. Auch hier existierte eine hohe Decke, links und rechts waren nur wenige Holzkisten gestapelt, daneben immer wieder mal eine Abzweigung oder eine Tür.
Rodney hatte gerade den letzten Treppenabsatz verlassen, als die obere Geheimtür wieder zuschwang. Erschrocken sah er hinauf und bemerkte erst jetzt, dass er von hier unten keine Möglichkeit hatte, sie wieder zu öffnen. Es gab keine Griffe oder andere Mechanismen.
Verdammt! Jetzt saß er in der Falle. Aber es dauerte nur kurz, bis Rodney sich von dem Schreck erholt hatte und wieder klar denken konnte. Es musste noch einen anderen Ausgang geben, denn wenn der Typ hier runter ginge und die Tür sich hinter ihm schloss, musste er ja schließlich auch irgendwie wieder raus kommen. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als die kleine Entdeckungsreise fortzusetzen, zu hoffen, nicht gefunden zu werden und dabei möglichst schnell wieder hier raus zu kommen.
Langsam und leise schlich Rodney vorwärts und bemerkte, wie es allmählich immer kühler wurde. Man schien sich hier wohl nicht lange und auch nicht oft aufzuhalten. Dennoch war es sauber und gepflegt, bemerkte Rodney am Rande. Ein kleines Geräusch, ein eiskalter Luftzug, ließ ihn zusammenzucken. Schnell versteckte er sich in der Nische zu einer Tür und hoffte, jetzt nicht doch entdeckt zu werden. Doch es kam niemand. Seine Neugier war noch immer groß und so drehte er sich zu der Tür um, und versuchte sie zu öffnen. Vergebens, sie war verschlossen.
Rodney schlich schnell weiter zur nächsten Tür, doch auch sie war verschlossen. Auf seinem Weg fiel sein Blick wieder auf einige Holzkisten. Bei der oberen war der Deckel verschoben und es lugte etwas Stroh und anderes Wattematerial heraus. Es ließ ihm keine Ruhe und so begann Rodney, darin zu wühlen. Doch alles, was er fand, war eine Maske. Eine alte, dennoch schöne Maske, die wohl zu irgendeinem Eingeborenenstamm gehört haben musste. Aha! Da war er der Lösung dieses Rätsels ja einen Schritt näher. Sah so aus, als wäre dieser Sheppard Antiquitätensammler und bewahrte seine kleinen Schätze hier unten auf.
Rodney kam sich in diesem Moment so lächerlich vor. Was hatte er denn geglaubt, hier unten zu finden? Illegalität, durch Drogenlabore? Das hätte immerhin den Reichtum erklärt. Oder vielleicht eine geheime Einrichtung, die sich mit irgendeiner perversen Form von Forschung beschäftigte und man sezierte hier Leichen?
-So ein Blödsinn!-, schalt Rodney sich selbst und versuchte seine lebhafte Fantasie einzudämmen.
Weshalb sollte jemand hier Leichen verbergen wollen? Das Haus wirkte in der Nacht, manchmal auch tagsüber, zwar unheimlich, aber die Bewohner schienen bisher ganz normal zu sein und hatten absolut nichts Mörderisches an sich. Nicht einmal dieser Idiot, der seine Intelligenz angezweifelt hatte, war ihm gefährlich erschienen. Unsympathisch, anmaßend und beleidigend vielleicht, aber bestimmt nicht bedrohlich. Energisch stapfte er mit festen Schritten weiter, versuchte sich selbst wieder Mut zu machen und endlich einen Ausgang aus diesem verfluchten Keller zu finden und … hielt inne.
Wieder stand er an einer Tür, doch diese war vollkommen anders. Zum einen war sie größer und aus Metall aber darüber hinaus war sie nicht nur mit einem normalen Schloss verschlossen. Hier musste definitiv etwas anderes dahinter verborgen sein, als Antiquitäten, denn die Tür konnte nur mithilfe eines numerischen Codes geöffnet werden, der an dem kleinen Bedienfeld an der Seite eingegeben wurde. Rodneys Neugier stieg fast ins Unermessliche. Ihm war klar, dass er ohne den Zugangscode kaum Chancen hatte, die Tür zu öffnen, dennoch machte er sich an den Tasten zu schaffen, als plötzlich das Licht ausging.
Es kostete ihn fast übermenschliche Kraft, ruhig zu bleiben, nicht zu hyperventilieren und sich zu wieder fassen. Er musste kühlen Kopf bewahren und seine aufkommende Panik in den Griff bekommen, denn mit ihr alleine konnte er hier nicht herausfinden. Rodney tastete sich an der Wand wieder zum Hauptflur entlang, als ihn abermals ein Luftzug streifte. Er wurde stärker und kälter und Rodney verkrampfte seine plötzlich eiskalten Finger ineinander. Es war aber nicht alleine dieser Lufthauch und die Finsternis, die ihm Angstschauer über den Rücken jagten, sondern die plötzliche Gewissheit, dass er nicht alleine war. Irgendetwas anderes, Gefährliches und Furchterregendes war außer ihm noch da. Irgendetwas oder irgendjemand. Rodney schlich einige Schritte weiter, versuchte durchzuatmen, drehte sich dann um, wollte sich weiter vortasten, als …
„Guten Abend, Mister McKay.“
Die Stimme war kaum einen Schritt hinter ihm und noch nicht einmal verklungen, als Rodney derart erschrak, einen Sprung nach vorn machte, ins Straucheln kam und der Länge nach hinfiel. Mit einer Behändigkeit, die selbst ihn erstaunte, rollte er sich auf den Rücken, setzte sich auf und starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit hinein. Eine gefühlte Ewigkeit lang war es vollkommen still und Rodney, der vor Schrecken und Angst kaum noch denken konnte, lauschte mit angehaltenem Atem.
Sein Gehirn war schon so von Angst verkleistert, dass er den Eindruck hatte, weit über ihm schien etwas zu leuchten, zwei phosphoreszierende Flecken, grünen Katzenaugen gleich, die näher kamen. Dann griff eine Hand nach ihm. Rodney versuchte sich schnell wieder aufzurappeln, weg von der Gestalt, die wie aus dem Nichts hinter ihm aufgetaucht war.
„Nein! Nein, nein, nein!“
Rodney zappelte, schlug und trat um sich und er öffnete den Mund um einen Schrei auszustoßen, als sich eine kräftige Hand darüber legte. Sein Schrei ging in einem undeutlichen, geradezu verzweifelten Gurgeln unter.
„Hören Sie auf zu schreien, ich will Ihnen nichts tun!“
Rodney griff nach der Hand, versuchte sie wegzuzerren und wehrte sich wie verrückt, um freizukommen.
„Wenn Sie mir versprechen, nicht wieder derart zu kreischen, lasse ich Sie los“, sagte die dunkle Stimme entschlossen. „Sie wecken ja die Toten auf.“
Rodney nickte schwach, mittlerweile ohnehin unfähig, auch nur einen Ton von sich zu geben. Die Hand zog sich langsam zurück. Im nächsten Moment gab es wieder Licht, der andere Mann hatte eine Taschenlampe eingeschaltet. Rodney konnte in deren Schein den Mann erkennen, der knapp neben ihm stand. Der Kleidung und den Schuhen nach zu urteilen musste das der Mann sein, der zuvor in der Bibliothek gewesen war und jetzt wurde Rodney auch klar, dass er die Stimme vorher schon gehört hatte. Wäre er nicht so voller Panik gewesen, hätte er wohl kein so bemitleidenswertes Schauspiel geboten. Er ärgerte sich über sich selbst.
„Schön, und jetzt sagen Sie mir bitte, was Sie hier unten zu suchen haben.“
Rodney schluckte und räusperte sich einige Male. „Ich … ich … habe die Geheimtür gesehen.“ Er verschwieg absichtlich, dass er sich versteckt und den anderen Mann dabei beobachtet hatte, wie er hier hinuntergegangen war.
„Ja, so weit habe ich mir das auch schon denken können.“
„Ich … ich habe … ich wollte-“
„Radek hatte wohl recht. Sie sind tatsächlich ziemlich neugierig“, vermerkte der Mann aus der Bibliothek missbilligend.
„Na ja …«
Rodney raffte sich mit neuem Mut auf, auch, wenn seine Knie noch etwas zittrig waren, und klopfte sich den vermeintlichen Schmutz von der Kleidung. Immerhin machte der andere Mann zumindest nicht den Eindruck eines Mörders oder Psychopathen, wenngleich er seine Kenntnisse, wie die auszusehen hatte, auch nur aus dem Fernsehen hatte. Die Taschenlampe warf harte Schatten auf sein Gesicht, das vermutlich gar nicht so furchterregend gewesen wäre, wenn er sich zu einem freundlichen Lächeln hätte durchringen können, fand Rodney.
„Neugierig ja. Ist auch kein Wunder bei einem solchen Haus“, grummelte er zu seiner Verteidigung.
„Wirklich?“ Die Stimme war kalt und der Blick durchdringend.
Rodney fand, dass er noch nie zuvor einen Menschen getroffen hatte, der auf diese Art und Weise schauen konnte und dessen Augen so unheimlich glänzten. Zu seiner Erleichterung hörte er Schritte und es wurde wieder hell. Es war Radek, der offenbar die Sicherung für den Keller wieder rein gedreht oder einfach nur den Lichtschalter betätigt hatte und nun nachsehen wollte. Das Licht breitete sich fast beruhigend über die Wände aus und so konnte Rodney den Fremden nun genauer sehen. Das war tatsächlich der Mann von dem Bild! Ganz eindeutig! Und hätte er nicht diese dunkle Kleidung getragen, sondern das weiße Hemd aus einem der vergangenen Jahrhunderte, und nicht die kurzen, sondern die schulterlangen Haare gehabt, hätte er glatt glauben können, der verstorbene Urahn selbst wäre vom Bild gestiegen, um hier vor ihm zu erscheinen.
„Sir? Ich habe einen Schrei gehört“, erklang Radek freundliche Stimme.
„Ja, ich glaube, da waren Sie wohl nicht der einzige, Radek. Die ganze Nachbarschaft hat es wahrscheinlich mitbekommen … Mister McKay hat sich offenbar verlaufen. Es ist alles in Ordnung, Radek. Danke, dass Sie das Licht wieder angeschaltet haben. Ich kümmere mich um Mister McKay.“
„Ich verstehe. Ich entschuldige mich, ich hätte besser aufpassen sollen, Sir“, sagte Radek, wobei eine gewisse Würde in seiner Stimme lag, die Rodney beinahe an Unterwürfigkeit erinnerte.
Rodney gab ein gedrücktes Ächzen von sich. Mist, jetzt dachten sogar die Dienstboten schon, er wäre eine Memme, die ohne Grund herum kreischte, dabei hatte sich das gerade wirklich … unheimlich angefühlt.
Der Doppelgänger seines zugegebenermaßen gut aussehenden Urahn wandte sich ihm wieder zu und deutete ein kleines, aber ironisches Nicken an. „Übrigens, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Meine Name ist John Sheppard.“
„Was Sie nicht sagen“, meinte Rodney schnippisch. Der Hausherr, da hatte er also richtig vermutet. „Also … irgendwie habe ich Sie mir älter vorgestellt“, platzte es aus Rodney heraus und er bemerkte das erstaunte Hochziehen der Augenbrauen seines Gastgebers.
„Ah ja?“ John musterte ihn von oben bis unten und löste seinen Blick auch nicht von ihm, als er seinen Butler mit einem Wink endgültig entließ. Nach dem sich Radek sehr zu Rodneys Missvergnügen schnell zurückgezogen hatte, blieb dieser unsicher neben dem Hausherrn stehen. Einerseits war er zwar froh, nun Gesellschaft neben sich zu wissen, aber andererseits, bereitete ihm diese Gesellschaft doch ein merkwürdiges Unbehagen und so wirklich sicher fühlte er sich auch nicht.
Johns Blick wurde noch intensiver. „Also … was hat Sie dazu bewegt, sich hinter dem Vorhang zu verstecken?“
Rodney lief blutrot an und verfluchte die helle Beleuchtung in diesem Keller. „Sie haben mich gesehen?“
„Sie waren schwer zu übersehen, Mister McKay.“
Er räusperte sich, überlegte fieberhaft und suchte nach Worten. „Ich … dachte, ich … ich sei nicht passend angezogen.“
Sheppard blickte abermals an ihm herab. „Hm … der Trainingsanzug ist Ihnen nicht gut genug, mir in der Bibliothek zu begegnen, aber akzeptabel, um mich bis in den Keller zu verfolgen?“
„Also das ist jetzt … Sie sind ziemlich … unhöflich“, brachte er heraus, während er seine eiskalten Zehen in den leichten Turnschuhen krümmte und streckte, um sie wieder etwas wärmer zu bekommen. „Nicht nur wegen dieser Aussage, sondern auch, weil Sie … weil Sie genau wussten, dass ich in der Bibliothek war, als Sie an meiner Intelligenz gezweifelt haben.“
„Habe ich das, ja? Wirklich unhöflich von mir.“
Er klang spöttisch und Rodney stellte verärgert fest, dass ein arrogantes Lächeln um seine schmalen Lippen erschien, das ihm deutlich zeigte, dass es ihn überhaupt nicht kümmerte, dass er seinen Gast mit dieser Aussage beleidigt hatte. Der Ärger über Sheppards Unverschämtheiten brachte ihm zumindest die Fassung wieder. Er drehte sich auf dem Absatz herum, um energisch Richtung Treppe zu stapfen, war allerdings keine zwei Schritte gekommen, als eine Hand nach seinem Arm griff.
„Mister McKay, wohin denn so eilig? Sie sind doch hier runtergekommen, um sich umzusehen. Eine solche Gelegenheit kommt vielleicht nicht wieder und es wäre doch schade, wenn Sie jetzt gingen.“
Sheppard hatte zwar ganz ruhig gesprochen, doch Rodney zuckte bei diesem merkwürdigen, gefährlich, sanften Tonfall zusammen.
„Ich denke, ich habe genug gesehen“, erwiderte er und versuchte seiner Stimme genügend Festigkeit zu verleihen. Er wollte sich aus dem festen Griff befreien, doch er hielt ihn fest.
„Aber nur einen winzigen Teil des Kellers. Gerade mal den Flur mit den Kisten“, entgegnete John sanft, während er ihn weiter den Flur entlang zog. »Kommen Sie, Mister McKay. Ich werde Ihnen die wirklich schönen Dinge in diesem Haus zeigen.“
Er zerrte ihn regelrecht mit sich, vorbei an weiteren Türen und Kisten, die jedoch verschlossen blieben. Der Weg führte ihn durch einen endlos lang erscheinenden Gang. Rodney stolperte einige Male hinter Sheppard her und versuchte gar nicht mehr, sich von ihm loszureißen.
„Ihnen muss es hier unten ein wenig unheimlich vorkommen, nicht wahr?“ Sheppards Stimme hallte laut durch den Gang, obwohl er leise sprach.
„Vor vielen Hundert Jahren befand sich hier einmal ein Friedhof. Das ist allerdings schon so lange her, dass sich keiner der jetzt lebenden Menschen mehr daran erinnert. Über die Gräber wurde später eine Kirche gebaut und darunter hat man Katakomben angelegt. Während eines Ausbruchs einer schweren Krankheit hat man die Leute hier runter verfrachtet. Einige in Särgen, andere warf man einfach nur so hier runter. Die Kirche ist irgendwann bis auf die Grundmauern abgebrannt und … meine Vorfahren haben dann dieses Haus hier erbaut. Nicht wissend, dass es früher mal ein Friedhof und ein heiliger Ort war. Die alten Katakomben wurden erst viel später entdeckt und ich habe beschlossen, sie zu einem Keller umzubauen, um hier meine … Antiquitäten aufzubewahren und meinen Forschungen nachzugehen. Hier kann ich das Klima wunderbar kontrollieren und so manch einen kleinen Schatz vor dem endgültigen Zerfall bewahren. Aber leider nicht alles.“
Er hatte Rodney in einen großen Raum geführt und blieb vor einem großen, steinernen Sarkophag stehen, auf dessen Deckel ein Ritter aus Stein ruhte. Er lag auf dem Rücken, hatte sein Schwert auf sich liegen und hielt den Griff fest zwischen den gefalteten Händen.
Sheppard ging geradezu ehrfürchtig um den Sarkophag herum und betrachtete ihn nachdenklich.
„Man sagte mir, dass dies einer der Kreuzritter sein soll. Demnach müsste er mindestens seit … hm … sagen wir, 800 Jahren tot sein.“
Zum ersten Mal, seit Sheppard ihn hinter sich hergezogen hatte, lag eine gewisse Faszination in Rodneys Augen, als er den Steinsarg anstarrte.
„Wollen Sie ihn sehen, Mister McKay? Soll ich den Deckel für Sie zur Seite schieben, damit Sie sehen, was 800 Jahre aus den sterblichen Überresten eines Menschen machen?“, schlug John vor, denn er war wütend.
„Was? Nein!“, erwiderte Rodney entsetzt.
Er hatte in seinem Leben schon mehr als genug gesehen und eine vollkommen verrottete Leiche stand nicht gerade auf seiner Liste, sehenswürdiger Dinge.
John wusste, dass er sich Rodney gegenüber anders verhalten sollte, wenn er nicht wollte, dass er Hals über Kopf aus dem Haus flüchtete. Er hatte eine solche Behandlung wirklich nicht verdient und doch war es irgendwie interessant zu beobachten, Gefühle wie Angst und Unbehagen in ihm zu wecken.
Er hätte ihm einfach nicht hierher folgen sollen. John wünschte sich zwar, Rodney all die Artefakte und kleinen Schätze, die er im Laufe seines langen Lebens gesammelt hatte, zu zeigen, und er wünschte sich auch, ihn noch ein wenig besser kennenzulernen, bis er ihm die Wahrheit über seine Anwesenheit in diesem Haus sagen konnte, doch nicht in diesem Tempo.
Und dennoch konnte er merkwürdigerweise nichts anderes tun, als dieses Gefühl von Macht, die er durch Rodneys Angst und Unbehagen spürte, zu genießen.
Es war zum verrückt werden! Er genoss es, seinen Gast in Angst und Schrecken zu versetzen und für seine Neugier zu bestrafen, doch im Grunde bestrafte John sich selbst. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit, bis Rodney endgültig wieder abreisen würde, aber er musste behutsam vorgehen. Gespräche über Leichen und Gräber waren da nicht gerade passend.
Er brauchte ihn und das war etwas, was John noch ein wenig wütender machte. All die Jahrhunderte hatte er auf ihn gewartet und ihn immer wieder in seinen Träumen und Visionen gesehen. Aber der Rodney, der nun vor ihm stand, hatte nichts mit seinen Träumen und Visionen gemein. Er kannte den Mann im Grunde gar nicht und doch … gab es da eine merkwürdige Anziehungskraft.
„Wohl nicht neugierig genug, was, Mister McKay? Oder wollen Sie lieber etwas anderes sehen. Ich habe da noch-“
„Was soll denn das? Hören Sie auf damit! …“, fuhr Rodney ihn an. „Ich will gar nichts mehr hier unten sehen! Ich will sofort wieder hinauf!“
John musste sich beherrschen, um nicht seinen Genuss über Rodneys Aufregung in einem schiefen Grinsen zu zeigen. Erstaunlich, wie gut er den Mann praktisch in der Hand hatte.
„Ich will wieder nach oben! Sofort!“, wiederholte Rodney, diesmal allerdings mit mehr Nachdruck.
Sheppard merkte, dass Rodney sich wieder etwas gefangen hatte und versuchte, sich sein Unbehagen und seine Angst in seiner Stimme nicht anmerken zu lassen
„Tun Sie sich keinen Zwang an. Sie können jederzeit wieder hinaufgehen. Ich werde Sie nicht daran hindern.“
John glaubte, dass es nun an der Zeit war, dieses kleine Psychospielchen zu beenden und wieder etwas freundliche zu McKay zu sein, wenn er nicht wirklich wollte, dass seine Hoffnungen ein allzu jähes Ende nahmen. So schnell würde sich Rodney bestimmt nicht mehr hier runter wagen.
„Ha! Na klar! Und wie bitte schön soll ich die Tür von innen öffnen?“
„Vielleicht hätten Sie daran denken sollen, bevor Sie mir gefolgt sind.“
„Ja, ja. Nachher ist man immer schlauer. Also, was ist, wollen wir noch länger hier unten rumstehen, oder zeigen Sie mir, wie man hier wieder rauskommt?“ Rodneys Finger reiben nervös gegeneinander.
Nun war John doch überrascht. Trotz seiner Lage, bewies Rodney Mut, seinem Unwohlsein durch klare Forderungen Luft zu verschaffen. Es war geradezu ideal, wenn man bedachte, was noch auf ihn zukäme. Er brauchte Mut, um die noch kommenden Enthüllungen durchzustehen, und erfreulicherweise sah es so aus, als hätte er mehr davon, als sein Gekreische vor einer viertel Stunde hatte vermuten lassen.
Und abgesehen davon: Er war geradezu ideal. Mutig, intelligent, fordernd und zugegebenermaßen auch gut aussehend. Genau nach Johns Geschmack. Vielleicht stimmte das Bild aus seinen Visionen doch?
Sekundenlang bohrte sich Sheppards durchdringender Blick in seinen, dann nickte er. „Okay.“
Johns Stimme klang plötzlich ganz anders, der spöttische Tonfall war verschwunden, als er sich umwandte und auf einen der Gänge zu schritt, dem Rodney gänzlich fremd erschien.
„Von hier sind wir aber nicht gekommen“, wandte der ein.
„Aber hier geht es am ehesten wieder raus. Nur ein paar Meter noch und wir sind außerhalb des Hauses.“
John sah über seine Schulter. »Oder wollen Sie lieber den ganzen Weg wieder zurück laufen?“, erkundigte sich er spöttisch.
„Das bleibt sich doch hin wie her, wenn ich jetzt irgendwo in der Pampa rauskomme“, schnappte Rodney, der sich schon viel besser fühlte, weil er wusste, gleich wäre er wieder aus diesem unheimlichen Keller heraus.
Rodney stolperte hinter ihm her und versuchte fast verzweifelt, mit ihm Schritt zu halten. Die Luft veränderte sich mit jedem Moment, wurde noch reiner und mischte sich nun mit dem Geruch von Wald und frischer Erde. Er kletterte hinter ihm eine steile Steintreppe hinauf und sah mit Erleichterung den Ausgang aus diesem merkwürdigen Keller. Sheppard öffnete oben angekommen eine schwere, metallene Tür und Rodney drängelte sich an ihm vorbei hinaus ins Freie, während Sheppard hinter ihnen die Tür wieder schloss.
Es war dunkel hier draußen, aber das Mondlicht erhellte die Landschaft. Rodney atmete tief die Luft von Wald und Wiesen ein und blickte unendlich erleichtert in den nächtlichen sternenübersäten Himmel hinauf. Es zogen Wolken darüber, die von Zeit zu Zeit die Sterne verdeckten, aber Rodney hatte sich wohl unter dem freien Himmel noch nie so sicher gefühlt.
„Ich hoffe, dass Ihre Neugier jetzt befriedigt ist …“, hörte er Sheppards ironische Stimme in seinem Rücken, „und Sie nicht mehr versucht sind, auf eigene Faust Erkundungen anzutreten, die Ihnen nicht bekommen könnten.“
Rodney wollte ihm eine gerade eine passende Antwort geben, als etwas geschah, das ihn alles vergessen ließ.
Da … war was in seinen Haaren! Er hatte es ganz genau gespürt! Im nächsten Moment sprang er auch schon wie von einer Tarantel gestochen herum, fuhr sich immer wieder über den Kopf und versuchte sich zu schützen.
Etwas Entsetzliches hatte sich in der Kapuze seiner Trainingsjacke verfangen, und versuchte sich, genau wie Rodney, verzweifelt zu befreien. Es schien etwa so groß wie ein Adler zu sein, hatte scharfe Krallen und stieß Laute aus, die Rodney nie zuvor gehört hatte.
„Aahh!!“
Sheppard ließ die Taschenlampe fallen, versuchte mit der einen Hand Rodney den Mund zuzuhalten und mit der anderen nach dem Untier in seiner Kapuze zu greifen. „Um Himmels willen! Hören Sie endlich mit diesem Gekreische auf! Sie wecken ja wirklich alle Toten auf und seien Sie mal Manns genug!“ Hatte er gerade noch gedacht, Rodney wäre mutig und unerschrocken? So konnte man sich täuschen!
Rodney gelang es, sich freizukämpfen. „Was zum Teufel sitzt da in meiner Kapuze?!“ Er drehte seinen Kopf nach hinten und versuchte in seine Kapuze zu spähen.
„Nur eine Fledermaus. Eine harmlose kleine Fledermaus.“
„Tun Sie das Vieh weg! Aber sofort!“
„Aber Mister McKay, ein unerschrockener, gebildeter Mann wie Sie wird doch nicht etwa Angst vor Fledermäusen haben!“ Sheppards Stimme klang spöttisch, aber es lag nicht der kalte Hohn darin, der ihm unten im Keller Schauer über den Rücken gejagt hatte, sondern ein amüsierter Ton, der ihn nur noch mehr aufregte. Besonders, da Sheppard jetzt noch seinen Arm ergriff und ihn wieder zu sich heranzog.
„Schon gut, schon gut. Bin ja schon dabei. In China gilt eine Fledermaus als Symbol für Glück und Gewinn“, erzählte Sheppard ironisch, während er das kaum weniger entsetzte Tierchen vorsichtig aus seiner Kapuze befreite. „Aber hierzulande … gibt es wohl andere Dinge, die Glück und Gewinne verschaffen und wesentlich mehr Spaß am Leben bieten, was?“
Er betrachtete die Fledermaus eingehend, dann warf er sie in die Luft und sie flatterte eilig davon.
„Ich habe mal irgendwo gelesen, dass die Fledermaus aus einem Kuss entstanden sein soll, den der Teufel einer schlafenden Frau gab«, setzte er sinnend hinzu.
»Der Teufel?! Na, der fehlte mir noch«, regte sich Rodney auf, während er versuchte, seine Haare und seine Kleidung zu ordnen.
Sein ganzer Ärger über das Verhalten, dass ihm dieser Sheppard bisher entgegen gebracht hatte, die Schrecken, in denen er immer wieder versetzt wurde, und jetzt noch seine wenig rühmliche Auseinandersetzung mit der Fledermaus, brach hervor und er war drauf und dran, mit der Faust auf irgendetwas, vorzugsweise Sheppard, einzuschlagen.
„Ach“, sagte Sheppard mit einem rätselhaften Ausdruck in seinen Augen, wobei er nach Rodneys Kragen griff und ihn etwas richtete, „ich denke, der eine oder andere aus seiner Verwandtschaft wäre Ihnen vielleicht sogar ganz sympathisch.“
Rodney schlug erbost seine Hand weg. „Sie alleine reichen völlig aus! Es würde mich nicht wundern“, fuhr er erbittert fort, „wenn dieses Vieh eine Vampirfledermaus wäre und Sie ihr … ihr Herrchen oder Meister oder so was! Ein Wunder, dass sie mich nicht gebissen hat!“
Sekundenlang starrte Sheppard ihn kalt an, aber dann bemerkte Rodney verwundert ein Zucken um seine Mundwinkel. „Sie sind ganz schön unverschämt.“
„Ich?! Ich bin unverschämt?! Sie benehmen sich mir gegenüber doch so … so arrogant! Aber wissen Sie was? Das können Sie vielleicht mit jemand anderem machen, aber nicht mit mir!“
„Nicht, dass ich ein solches Temperament und Feuer an einem Mann nicht zu schätzen wüsste, aber haben Sie keine Angst, damit womöglich einen falschen Eindruck zu wecken? Oder gar vielleicht einmal an den Falschen zu geraten?“
Seine Stimme klang jetzt wieder sanft, aber Rodney ahnte nach den Erlebnissen der letzten Stunde schon, dass dies kein gutes Zeichen bei ihm war. Er wich vorsichtshalber zurück, als Sheppard näher kam. Doch nur wenige Schritte später, fand er sich zu seinem Schrecken plötzlich mit dem Rücken zur Hausmauer, die seine weiteren Fluchtmöglichkeiten behinderten. Er starrte Sheppard an, als der sich mit seiner Hand dicht neben seinem Kopf an die Mauer stütze und ihm so ziemlich nahe kam.
„Ähm …, entfuhr es Rodney, doch zu mehr war er nicht imstande Er wollte etwas Geistreiches sagen, doch ihm fiel nichts Passendes ein.
Zu seinem Erstaunen lächelte Sheppard plötzlich und Rodney fühlte, wie eine merkwürdige Wärme seinen Körper ergriff, die er in dieser Art noch nie zuvor gespürt hatte. Seine Haut schien zu prickeln und er fühlte sich plötzlich so unwiderstehlich von Sheppards Lächeln und seinen hellgrünen schimmernden Augen angezogen, dass er selbst die Augen schloss, kurz schlucken musste, und hoffte, so diesem eigenartigen, fremden Bann zu entgehen.
Sheppards Stimme klang ganz sanft und eindringlich. „Sie sollten vorsichtiger sein, McKay. Sie mögen vielleicht ein mutiger und gebildeter Mann sein, aber begehen Sie niemals den Fehler, etwas zu unterschätzen, das Sie nicht kennen. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die Sie nicht einmal erahnen können und die wirklich gefährlich für Sie werden können.“
Rodney glaubte, eine Hand zu spüren, die hauchzart über seinen Hals fuhr und hätte schwören können, auch Lippen auf seiner Haut zu spüren. Diese Zärtlichkeiten nach den ganzen Aufregungen fühlten sich so gut an und er genoss sie für einen Moment. Als er jedoch wieder die Augen öffnete, war er alleine und weit und breit war nichts von Sheppard zu sehen. Rodney bemühte sich um Fassung, atmete einige Male tief durch, schluckte und schlich dann, sich nach allen Seiten umsehend, die Hausmauer entlang. Noch war er nicht in Sicherheit, noch konnten der seltsame Hausherr oder gar die Fledermaus jederzeit wieder auftauchen.
Nachdem er den riesigen Bau endlich umrundet hatte – natürlich hatte sie an genau der entgegensetzte Seite der Eingangstür aus dem Keller kommen müssen, wie Rodney schon befürchtet hatte – presste er sich blitzschnell an die Mauer, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein schwarzes Auto um die Ecke gerast kam, dessen Fahrer er gerade noch so als Sheppard erkannte. Er raste im vollen Tempo und ohne ihn zu beachten an ihm vorbei, als wären sämtliche Furien hinter ihm her.
Rodney lief erst weiter, als das Motorengeräusch verklungen war, denn für heute hatte er genug von Sheppard gesehen und wünschte keine weitere Begegnung. Das Eingangstor war zum Glück unverschlossen und er glitt hinein in die Halle und warf die Tür laut hinter sich zu. Dann rannte er, immer zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinauf, hetzte den Gang entlang und erreichte endlich sein Zimmer, fest entschlossen, es erst bei hellem Tageslicht wieder zu verlassen.
Er wusste wirklich nicht, was er von seinem seltsamen Gastgeber halten sollte, aber eines jedenfalls stand für ihn eines fest: Der Mann war eine höchst merkwürdige Persönlichkeit und nicht gerade ein Gentleman.
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Rodneys Überlegungen, wieder nach Hause zu fahren, hatten sich praktisch in Luft aufgelöst, denn die Tagung wurde gerade mal um eine Woche verschoben und von dieser Woche waren bereits drei Tage vergangen. Es lohnte sich wirklich nicht, zurückzufahren, vier Tage zu warten und dann wieder anzureisen und womöglich wieder Ärger mit dem Hotel oder Sonstigem zu haben.
Nach einigen Telefonaten, unter anderem wegen Erkundigungen nach freien Hotelzimmern, die man ihm allerdings nicht bieten konnte, einem Anruf in seiner Kanzlei und einem kurzen Gespräch mit Elizabeth, hatte er sich entschlossen, sein kleines provisorisches Büro in der Bibliothek einzurichten. Es war nun einmal der beste Ort, wenn er Wert auf zuverlässigen und stabilen Internetzugang legte.
Am Abend hatte sich Rodney nach dem Abendessen wieder in die Bibliothek zurückgezogen und wollte nach einigen Dingen für seinen aktuellen Fall recherchieren, aber so richtig konzentrieren konnte er sich nicht.
Immer wieder wurden seine Blicke wie magisch von dem ovalen Gesicht mit den scharfen, ein wenig glühenden Augen auf dem Bild über dem Kamin angezogen. Der Maler hätte den jetzigen Hausbesitzer nicht besser und ähnlicher treffen können. Dieselben harten, aber doch gut geschnittenen Züge, das etwas arrogante und gleichzeitig schalkhafte Lächeln um den Mund, das er zur Genüge an Sheppard selbst hatte bewundern können.
Und noch etwas schien gleich zu sein: Beide wirkten sie zeitlos, wie Menschen, die immer schon so ausgesehen hatten und niemals altern würden. Nachdenklich stand er mit vor der Brust verschränkten Armen davor und betrachtete es, als er plötzlich hinter sich eine Stimme hörte, die ihn so erschreckte, dass er zusammenzuckte.
„Das Bild fasziniert Sie wohl, McKay.“
„Sie erschrecken wohl gerne Leute, was?“, stieß er hervor. Unwillkürlich fasste er sich an die Brust und fühlte sein wild schlagendes Herz, als er sich umdrehte.
„Entschuldigung“, erwiderte John keinesfalls reuevoll, während sein Blick eingehend über Rodneys Gesicht und seine Gestalt glitt.
Unwillkürlich musste Rodney bei dem Blick an den Kuss vom Vorabend denken und spürte ein verräterisches Kribbeln in seinem Körper. Nein, verdammt, er würde sich da in nichts hineinsteigern! Nicht mit diesem selbstzufriedenen Kerl. Und da ihn die Musterung mehr verwirrte, als er zugeben wollte, sagte er das Nächstbeste, das ihm durch den Kopf ging: „Er sieht Ihnen ziemlich ähnlich.“
„Was Sie nicht sagen.“ Sheppard bemühte sich, die Haltung des Mannes im Portrait übertrieben nachzuäffen.
„Wie war sein Name?“, bohrte Rodney weiter.
„Er war jemand, den nicht einmal die Hölle haben will“, sagte Sheppard mit überraschender Kälte in der Stimme. „Sein Name ist nicht wichtig.“
„Gehen Sie nicht etwas hart mit ihm ins Gericht? Er sieht nicht aus wie jemand der böse oder schlecht ist“, sagte Rodney nachdenklich, „eher wie ein Mann, der … nicht viel Schönes gesehen hat oder … zu viel Leid erlitten hat.“
Er wusste selbst nicht, wo seine plötzliche Einsicht herkam und noch viel weniger wusste er, warum er sie Sheppard mitteilte.
Sheppard durchdringender Blick brannte sich in seinen. „Zu viel Leid …“, wiederholte er tonlos. »Ja, schon möglich.“
Rodney ertrug es nicht mehr, dass er ihn so ansah, und wandte sich einem der Bücherregale neben dem Kamin zu. Am liebsten hätte er das Zimmer verlassen, aber er wollte Sheppard nicht zeigen, dass ihm seine Gegenwart irgendwie nicht behagte. Abgesehen von seinem Stolz, der es wohl nicht zuließ. Er würde auf eine passende Gelegenheit warten und sich dann mit passender Gelassenheit verabschieden. Er ging die Bücherreihen entlang, suchte wahllos eines nach dem anderen heraus, durchblätterte sie interessiert und stellte sie wieder zurück. Dabei war er sich Sheppards Blicke so sehr bewusst, dass seine Hände beinahe zu zittern begannen.
„Gute Nacht, McKay“, sagte Sheppard jetzt zu seiner großen Erleichterung und Rodney drehte sich wieder zu ihm um.
„Gute Nacht, Sheppard.“
Er wollte ihn nicht direkt ansehen, aber als Sheppard ihm seine Hand hinhielt, blieb ihm nichts anderes übrig und er schlug zögernd ein. Er stand jetzt so nahe, dass ein kleiner Schritt genügte, um ihn zu berühren. Es war verrückt und unverständlich von ihm, dass er genau das auch wollte. Bei einem Mann, den er kaum kannte und der außer seinem anziehenden Äußeren nichts an sich hatte, was für ihn sprach. Im Gegenteil. Er war unhöflich, arrogant und …
Als Sheppard diesen Schritt tatsächlich tat und so dicht vor ihn trat, dass er die Wärme seines Körpers zu fühlen glaubte, schnappte er nach Luft. Wie unerträglich warm und stickig es doch plötzlich im Raum geworden war. So warm, dass er kaum atmen konnte und glaubte, gleich zu hyperventilieren. Er war so nahe, dass er nur ein wenig den Kopf vorbeugen musste, um ihn küssen zu können.
„Warum haben Sie mit ihr Schluss gemacht?“
„Wa…Was?“ Das war nun überhaupt nicht die Frage, die Rodney erwartete hatte. „Woher wissen Sie …?“
„Ich weiß mehr, als Sie denken.“ Sheppard ließ ein leises Lachen hören. „Also … warum?“
Seine Stimme klang ruhig, aber Rodney glaubte, eine gewisse Spannung und Ungeduld darin zu hören.
„Es … es hat nicht funktioniert. Ich … ich bin …“ Rodney konnte den Satz nicht beenden. Das Eingeständnis hätte ihn in eine Schublade gepackt, und noch war er nicht bereit, das laut zu äußern.
Ein langsames Lächeln erschien auf Johns Lippen, wie er es noch nie bei einem anderen Menschen bemerkt hatte. Es war das überlegene Lächeln eines Mannes, dem nichts fremd war. Der schon Dinge im Leben gesehen hatte, von denen er nicht einmal ahnte, dass sie überhaupt existierten, und der dabei so ungemein attraktiv und überwältigend anziehend aussah. Außerdem wurde ihm heiß, richtig unanständig heiß …
„Der letzte Kuss eines Mannes ist wohl schon eine ganze Weile her.“
Wow! Sheppard hatte seinen gestammelten Satz mit gnadenloser Präzision zu Ende gebracht. Da war er wohl doch nicht so … subtil gewesen, wie er gedacht hatte. Rodney wollte antworten, doch er konnte nur zaghaft nicken.
„Und es war wohl nicht sehr gut. Habe ich recht?“
„Hey!“ Was war denn das für eine Unterstellung? Diesmal wollte Rodney energischer sein und wirklich antworten, brachte aber angesichts von Sheppards Nähe doch nur ein undeutliches „Ja“ hervor.
„Wie schade …“
Rodney atmete zitternd ein, als Sheppard die Hände um sein Gesicht legte und ihn sanft zu sich zog. Während die rechte Hand in seinen Nacken glitt, ihn dort streichelte, mit seinen Fingern durch sein Haar fuhr, berührte Sheppard mit dem Mittelfinger der anderen Hand seine Lippen, fuhr die zart geschwungenen Linien nach und streichelte zart darüber. Es kitzelte und machte ihn nervös, es erweckte etwas in ihm, das ihm zwar bekannt und doch fremd war.
Der Wunsch nach dieser Berührung wurde immer heftiger. Rodney öffnete seine Lippen etwas und gab Sheppards Finger so Gelegenheit, ihn intensiver zu streicheln. Sein Wille schmolz unter seinen Berührungen und seinem Blick dahin. Rodney schloss die Augen und zu seinem eigenen Erstaunen ertappte er sich dabei, wie er Sheppard seine Zungenspitze entgegen schob, seinen Finger damit berührte.
Sheppard hatte recht. Er war wirklich schon geküsst worden. Und der letzte Kuss eines Mannes war schon lange her und nicht gerade berauschend gewesen. Dennoch war es jedes Mal Neugier, die ihn bei einem neuen Partner packte. Meistens war es eher Durchschnitt und einmal sogar abstoßend.
Aber das hier war anders. Ein weitaus intensiveres Gefühl, als er sich je erinnern konnte, auch wenn sein Mund den seinen nicht einmal berührte. Er schloss seine Lippen um Sheppards Finger, saugte leicht daran und ließ seine Zunge darum kreisen. Ganz langsam und bedächtig, während er die Augen schloss und sich ein kleinwenig über sich selbst wunderte. Rodney war sicher niemand, der sein Licht unter den Scheffel stellte, aber er war ehrlich genug mit sich selbst, um zu wissen, dass er nicht gerade ein Sexgott war. Woher also dieses spielerische und auch provokante Saugen an Sheppards Finger kam, war ihm wirklich ein Rätsel. Und im nächsten Moment dachte er überhaupt nichts mehr, sondern fühlte nur, gab sich einem Bann hin, der ihn gänzlich gepackt hatte.
Die Finger von Sheppards anderer Hand spielten warm an seinem Nacken, sodass Rodney glaubte, ein angenehmes Kribbeln wanderte über seine Haut und durch seinen Körper. Sie streichelten, kraulten und erweckten in ihm neue und beängstigende Gefühle und Sehnsüchte. Es war, als hätte er plötzlich Fieber, heiße und kalte Schauer rannen über seinen Körper, ließen seine Knie weich werden und zittern und sein Herz schlug so laut, dass er glaubte, es würde jeden Moment zerspringen.
Rodney stieß ein leises Seufzen aus, als Sheppard sich von ihm zurückzog. Dieses schöne, zarte und doch intensive Spiel konnte nur kurz gedauert haben, aber Rodney hatte das Gefühl, als sei die Zeit stehen geblieben.
Erst als er Sheppards schweren Atem hörte, öffnete er die Augen. Johns Gesicht war dicht vor seinem und, obwohl er vor diesen durchdringenden Augen wie die anderen Male zuvor, hätte erschrecken müssen, hatte er keine Angst. Auch nicht vor dem eindeutigen Verlangen, das aus seinem Blick sprach und ihn bis zu Stellen erwärmte, über die er sonst kaum nachdachte.
Er hätte so gerne mit beiden Händen in Sheppards dichtes Haar hineingegriffen und ihn noch für einen kurzen Moment zu sich gezogen, aber Rodney blieb reglos.
Nach einem letzten, undefinierbaren Blick, wandte Sheppard sich ohne ein weiteres Wort ab und verließ den Raum. Er ließ Rodney in einem Aufruhr der Gefühle zurück, wie er es bisher noch nie verspürt hatte.
Vampire
Es war ein schöner Tag und Rodney fuhr leise vor sich her summend zur Stadt. Bald müssten die Reparaturen und Renovierungen im großen Versammlungscenter nach dem Unwetter eigentlich abgeschlossen sein und der Tagung sollte nichts mehr im Wege stehen.
Doch Rodney irrte. Das Schild an der Eingangstür verkündete, dass die Reparaturen sich noch eine weitere Woche hinziehen würden und er war versucht, endgültig seine Koffer zu packen und zurück zu fahren. Er hatte sich durch die Reise zu dieser Tagung und den Folgen des Unwetters mehr freie Zeit gegönnt, als er geplant hatte, sogar mehr als er jemals an einem Stück gehabt hatte, und Zeit war nun mal Geld in seinem Beruf.
Andererseits wäre es bestimmt auch nicht verkehrt, arbeitsmäßig ein wenig kürzerzutreten, denn sein Arzt hatte ihn schon mehrmals auf seine Risikofaktoren wie Stress und zu hohen Blutdruck hingewiesen.
Und im Grunde gab es nichts, was ihn noch hier hielt. Dieser Ort mitten in der Provinz hatte keinerlei touristische Attraktionen zu bieten, die einen weiteren Aufenthalt erstrebenswert machten. Kürzer treten konnte er auch zu Hause. Mit weniger Schrecken und Aufregung und … Unheimlichen, über das er sich Gedanken machen musste, um es am Ende logisch erklären zu können.
Doch während er noch nach Kleingeld in seiner Geldbörse suchte, um den Parkautomaten zu füttern und dabei über seine nächsten Schritte nachdenken wollte, drifteten seine Gedanken immer wieder zu Sheppard. Er wusste einfach nicht, was er von ihm halten sollte. Er war attraktiv und anziehend, ja, aber er hatte definitiv auch eine dunkle Seite. Was nicht unbedingt schlecht sein musste. Wenn man von den merkwürdigen Schreckmomenten im Keller und hinter dem Haus einmal absah. Weitere Begegnungen konnten durchaus interessant werden, wenn sie denn genauso verliefen, wie die letzte Nacht geendet hatte. Das war schon sehr nett gewesen.
Kurz entschlossen entschied sich Rodney zu bleiben, denn seine Neugier bezüglich Sheppard hatte ihn dermaßen gepackt, dass er sich kaum noch dagegen wehren konnte.
Aber nun, da er sich zum Bleiben entschlossen hatte, setzte Rodney seinen Besuch in der Stadt mit einem kleinen Abstecher in das hiesige Einkaufszentrum fort. Er brauchte ein neues Hemd, vielleicht noch etwas Unterwäsche und ein paar Socken, wenn er jetzt erst mal nicht nach Hause käme und das andere Zeug in die Wäsche geben müsste. Deshalb steuerte er zielstrebig die Bekleidungsabteilung an. Es dauerte auch nicht lange, bis eine etwas ältere Verkäuferin ihn ansprach und Hilfe anbot. Doch Rodney lehnte dankend ab und sah sich weiter um.
Die Verkäuferin blieb jedoch hartnäckig und entpuppte sich als ziemlich gesprächig. „Sie sind doch der Gast oben in Sheppard Manor, nicht wahr?“
Rodney nickte nur knapp und hoffte, nicht an eine diese Klatschbasen geraten zu sein.
„Sie sind zum ersten Mal bei uns, stimmt´s?“
Wieder nickte Rodney nur. Sah so aus, als hätte er tatsächlich eine von den Tratschtanten erwischt.
„Ich bin ja niemand, der schlecht über Leute redet, aber dieser Sheppard“, fuhr die hartnäckige Verkäuferin fort, „ist schon etwas seltsam. Er kommt so gut wie nie in die Stadt. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, ihn je hier gesehen zu haben. Und von den anderen Leuten hier hat ihn ebenfalls nie jemand gesehen, jedenfalls nicht tagsüber.“
„Scheint, als würde Sheppard nicht viel ausgehen“, erwiderte Rodney höflich und hoffte, die Verkäuferin somit auf Abstand halten zu können.
Er wollte nicht mit den Leuten hier über seinen Gastgeber klatschen. Wer wusste, wohin es führen würde? Er wandte sich einem anderen Ständer mit Hemden zu. Sollte er sich für das dunkelblaue entscheiden? Vielleicht etwas kühl für diese Jahreszeit, aber unter einem leichten Jackett würde es schon gehen. Und im Haus war ohnehin immer jedes Zimmer beheizt.
„Nun, ja, man sagt aber, dass er In der Nacht durchaus ausgeht“, meinte Verkäuferin und ließ nicht locker. „Da können Sie denken was Sie wollen, aber irgendetwas stimmt nicht mit dem Mann. Er ist gefährlich.“
Rodney wandte sich weiteren Hemden in einem Regal zu und entdeckte ein dunkelrotes, das ihn auf Anhieb gefiel. Keine Ahnung, was für ein Stoff es war, aber es fasste sich schön weich an, ideal für seine empfindliche Haut.
„… und nicht, dass ich mich an diesen Spekulationen beteiligen würde, aber allen hier ist aufgefallen, wie jung er noch aussieht. Sehr jung sogar, dabei müsste er aber schon ziemlich alt sein, zumindest wenn man nachrechnet, wann er in dieses Haus eingezogen ist.“
„Ich nehme dieses Hemd“, sagte Rodney, entschlossen, weiteren Tratsch über Sheppard zu unterbinden.
Er schritt energisch zu Kasse, zahlte und atmete auf, als er den neugierigen Fragen und dem Geklatsche dieser Frau entkommen konnte. Das war so typisch für eine Kleinstadt – kaum hatte jemand Geld und hielt sich etwas abseits von den anderen, setzten sie die schlimmsten Gerüchte in Umlauf.
Er lenkte seine Schritte zu einer kleinen Bücherei, die ihm bereits beim ersten Mal aufgefallen war. Damals, als er wutentbrannt aus dem Hotel gestürmt war, weil er kein Zimmer mehr bekommen hatte und sich dann nach der Adresse dieser Misses Beckett umgesehen hatte. Er schmökerte durch die einzelnen Titel, doch letzten Endes war keines für einen Kauf interessant genug. So nahm er nur eine Tageszeitung und die neueste Wirtschaftszeitung mit. Sein Einkaufsbummel führte ihn weiter zu einem Drogeriemarkt und Rodney entschied, sich ein neues Aftershave zuzulegen.
Mit den Zeitungen machte er es sich in einem Café gemütlich. Die Zeit verging wie im Fluge und Rodney bemerkte überrascht, dass es schon zwei Stunden vergangen waren. Er zahlte, und verließ das Café.
Kaum, dass er die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand plötzlich ein altes, hutzeliges Paar vor ihm. Rodney, der glaubte, dass sie ins Café wollten, grüßte sie und wollte die Tür schon wieder für sie öffnen, als die alte Frau ihn aufhielt.
Sie legte ihre knochige Hand auf seinen Ärmel und musterte ihn aus von unzähligen kleinen Falten umgebenen, aber klaren Augen. „Die Kirche wäre ein besserer und sicherer Ort für Sie. Man sagt, Vampire können eine Kirche nicht betreten, sonst zerfallen sie auf der Stelle zu Staub.“
„Äh … ja“, erwiderte Rodney verblüfft, der nicht recht wusste, was gerade vor sich ging.
Die Alte sah sich bei diesen Worten um, als würde sie sichergehen wollen, dass niemand anderes sie hören konnte oder als würde jeden Moment jemand hervorbrechen und sich sie schnappen. Was wohl keine schlechte Idee wäre, dachte sich Rodney.
„Sagen Sie bloß nicht, dass Sie noch nichts bemerkt haben, Jungchen, “ mischte sich jetzt der Mann, der sie begleitete, ein.
„Was denn bemerkt?“ Rodney runzelte die Stirn und trat einen Schritt zurück.
Die beiden Alten sahen nicht sehr sauber aus und sie rochen nach allem Möglichen. Vor allem nach Knoblauch. Rodney bemühte sich, nicht durch die Nase einzuatmen.
„Dass das Böse hier ist! Beinahe überall!“, geiferte die alte Frau.
Wunderbar! Das hatte gerade noch gefehlt. Eine alte Spinnerin!
Aber auch der Alte wich ihm nicht aus, als Rodney sich an ihm vorbeiquetschen wollte. Im Gegenteil, er beugte sich näher zu ihm. „Seit längerem verschwinden junge Mädchen und noch mehr Jungen aus der Umgebung. Manchmal findet man sie dann mit zwei Löchern am Hals.“
Er deutete auf eine Stelle unter dem Ohr. „Ausgesaugt bis auf den letzten Tropfen … Es gehen böse Dinge um. Sehr böse Dinge … Sie sollten vorsichtig sein, Jungchen.“
„Also, zum einen, glaube ich nicht an solche Dinge, und zum anderen, denke ich, dass Sie wieder ins Altenheim zurückkehren und schön brav Ihre Pillen schlucken sollten“, erklärte Rodney mit dem letzten Fünkchen Geduld, dass er glaubte, aufbringen zu können. Und das, obwohl sich alle Härchen auf seinem Körper sträubten.
„Sie naiver Junge!“, lachte der Alte auf.
„Andere haben es auch nicht geglaubt“, sagte die alte Frau fortfahrend, nicht ein bisschen beleidigt über Rodneys Kommentar und Ungläubigkeit, „und sie haben es mit ihrem Leben bezahlen müssen.“
Die alte Frau setzte einen Finger auf Rodneys Brust. „Man tuschelt, dass sogar einige junge Männer aus den weiter entfernten Nachbarstädten spurlos verschwunden sein sollen. Aber nicht auf üblichem Wege. Die Polizei hat es bis heute nicht aufklären können.“
Zu Rodneys Überraschung zog sie eine Schnur heraus, auf der Knoblauchzehen aufgereiht waren, und hängte sie ihm, ohne auf seine Abwehr zu achten, um den Hals. Dabei wurde nun Rodney klar, woher der elende Knoblauchgestank kam. Und als sei dies nicht genug, drückte sie ihm ein Holzkreuz in die Hand, das am unteren Ende angespitzt war.
„Hören Sie auf meinen Rat, Jungchen, und seien Sie vorsichtig. Nehmen Sie diese Kette nicht ab und tragen Sie das Kreuz immer bei sich. Trauen Sie niemandem, der davor zurückschreckt.“
Der alte Mann nickte zur Bestätigung. „Hören Sie auf uns und verschwinden Sie aus Sheppard Manor, solange Sie noch können. Sheppard ist ein Vampir.“ Mit diesen aufmunternden Worten, sahen sie sich misstrauisch um und entfernten sich dann langsam, wobei die Frau leicht humpelte.
Erschöpft und kopfschüttelnd ging Rodney weiter. Was er heute gehört hatte, war ein bisschen zu viel des Guten. Nichts als Unsinn, Aberglaube und Verrücktheiten! Lächerlich! Immerhin lebte man nicht mehr im Mittelalter, sondern Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts, aber das hatte sich offenbar noch nicht bis zu diesen einfältigen Menschen dieser kleinen Stadt herumgesprochen. Und schon gar nicht bis ins Altersheim, aus dem diese alten Irren ausgebüchst sein mussten.
Vampire! Und Sheppard angeblich einer von ihnen, nur weil er sich nicht an die Spielregeln der Kleinstadt hielt. Das war zu viel. Rodney riss sich die Schnur vom Hals und steckte sie mitsamt dem Holzkreuz wütend in die Tüte zu seinem Hemd, als er auf Anhieb keinen Mülleimer fand. Er beschleunigte seinen Schritt, als er bemerkte, dass in der Zwischenzeit schon die Dämmerung hereingebrochen war. Nicht, dass er sich tatsächlich vor Vampiren und ähnlichem Gezücht fürchtete, aber er hatte doch keine sonderliche Lust, im Dunkeln nach seinem Wagen zu suchen.
Glücklicherweise fand Rodney den Parkplatz, auf dem er seinen Wagen abgestellt hatte, ein paar Minuten später. Er wühlte in seinem Jackett nach seinem Wagenschlüssel, doch konnte er ihn nicht finden. Auch in den Hosentaschen nicht, in der Einkauftüte nicht – nirgends.
„Verdammt, verdammt. Was ist denn heute nur los?“, fluchte Rodney lauthals. „Das darf doch nicht wahr sein!“
Noch einmal befummelte er ohne Erfolg seine Hosen- und Jackentaschen. Nichts. Er stampfte wütend mit dem Fuß auf und schlug einmal mit der flachen Hand auf das Dach seines Wagens.
„Probleme?“, fragte eine strenge Stimme in seinem Rücken an.
Rodney fuhr herum und blickte sogleich in ein vernarbtes Gesicht eines etwas älteren, dunkelhaarigen Mannes. „Nicht, wenn Sie meinen Autoschlüssel herbeizaubern können.“
„Ist das Ihr Wagen?“, erkundigte sich der Fremde leicht misstrauisch.
„Ja. Ich renne nicht herum und schlage auf anderer Leute Wagen ein. Ich bin nicht verrückt. Anders als einige Leute hier in Ihrem Städtchen. Erst belabert mich so eine mitteilsame Verkäuferin und verbreitet üble Gerüchte über meine Gastgeber, und dann erzählt mir so eine verrückte Alte noch was von Vampiren. Was soll denn das? Solche Leute sollte man wirklich von der Straße holen, das macht sich nicht sehr gut in der Tourismusbranche.“
Wenn Rodney geglaubt hatte, zu Anfang bei dem Fremden ein amüsiertes Lächeln beobachten zu können, wurde er arg enttäuscht, denn es erstarb recht schnell.
„Oh ja … diese beiden sind … Sie sind also der Gast in Sheppard Manor, hm?“
„Erstaunlich, wie gut jeder in dieser Stadt darüber informiert ist“, gab Rodney erstaunt zurück.
„Es kommen nicht oft Leute in dieses Haus. Eigentlich nie, daher bekommen wir es hier schnell mit, wenn er Gäste hat. Haben Sie eigentlich schon diesen Sheppard kennengelernt?“
Rodney stutzte bei dem ernsten Unterton des fremden Mannes. „Ja, denn wie Sie selbst gerade angemerkt haben, bin ich ja sein Gast. Und Sie sind?“
Der Mann ging nicht auf Rodneys Frage ein und doch war es, als würde es ihm Mühe bereiten, weiterzusprechen.
„Und … welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?“
„Kann ich nicht sagen. Wir sind uns nur kurz begegnet“, antwortete Rodney ausweichend.
Ihm wurde durch die Erinnerung an sein letztes Treffen mit John Sheppard ein bisschen warm und vermutlich wurde er sogar leicht rot, was man in der Dunkelheit jedoch zum Glück nicht erkennen konnte. Abgesehen davon hatte er sich vorgenommen, niemals irgendwem etwas davon zu erzählen, dass er dem Mann das erste Mal im Keller begegnet war, wo er wie ein Gespenst im Dunkeln herumgeschlichen war und ihn fast zu Tode erschreckt hatte.
„Ihnen ist also nichts aufgefallen?“
„Nein, was denn?“, gab Rodney kopfschüttelnd zurück und bemerkte eine gewisse Erleichterung bei seinem Gegenüber.
„Ach, nichts … nichts. Vielleicht irre ich mich auch und es besteht kein Grund zur Sorge und Sie sind nicht in so großer Gefahr, wie ich dachte. Er wird wohl nicht …“, der Mann unterbrach sich hastig und sah sich unsicher um.
»Oh, jetzt fangen Sie wohl auch noch an, was?“, entfuhr es Rodney genervt, weil er es langsam wirklich Leid war und sein Geduldsfaden gleich reißen würde. Kein Wunder, dass Sheppard sich so selten wie möglich in der Stadt blicken ließ, wenn die so über ihn redeten und nicht einmal die Polizei eine Ausnahme machte.
„Es ist so, dass Sheppard …“, wieder ein Zögern und das Gesicht des Mannes wurde finster und irgendwie auch verschlossen, „und mich … uns verbindet nicht gerade eine Freundschaft.“
„Hm“, sagte Rodney, „was Sie nicht sagen.“
Der Mann schaute ihn nur nachdenklich an, ohne auf seinen witzelnden Tonfall einzugehen.
Eilig kramte Rodney jetzt in seiner Hemdtasche nach seinem Schlüssel, da hatte er noch nicht nachgeschaut.
Der Fremde gab sich einen Ruck. „Sheppard ist nicht der Mann, der er vorgibt, zu sein“, erklärte er, „ich weiß, das klingt irgendwie verrückt, aber Sie sollten mir vertrauen. In Ihrem eigenen Interesse.“
„Äh ja“, entgegnete Rodney und war heilfroh, endlich den Schlüssel gefunden zu haben, um schnellstens abzuhauen. Je eher er den Verrückten in dieser Stadt entkommen konnte, um so besser. Rodney hatte wirklich die Nase voll. Das hier war Mobbing in Reinkultur. Und Rodney wusste, wovon er sprach, denn er war auf der Schule auch der Außenseiter gewesen, der, der sich nicht in gut in die Klassengemeinschaft eingefügt hatte, weil er lieber lernen wollte, als Baseballspielen. Und auch in seiner Klasse, hatten sie dann die übelsten Geschichten hinter seinem Rücken verbreitet. Genauso kam ihm die Situation hier vor.
Doch der Narbengesichtige war mit seinen Warnungen – beziehungsweise üblen Anschuldigungen – offensichtlich noch nicht fertig, denn er packte ihn am Arm und hinderte ihn am Einsteigen.
Eindringlich sah er ihn an. „Mister McKay, ich weiß, Sie haben heute wohl schon genug gehört, aber ich muss wirklich davon ausgehen, dass Sie sich in Gefahr befinden könnten. Es ist nämlich so, dass Sheppard ein … Er ist kein normaler Mensch.“
Rodney sah ihn fassungslos an. „Ja, ja, jetzt wollen Sie mir auch noch erzählen, dass er ein Vampir ist!“
Seine Stimme wurde etwas schärfer und sein Griff fester. „Hören Sie auf die Warnungen. Ich weiß, es ist verrückt, aber Sheppard ist wirklich ein Vampir.“
„Aber sicher doch. Warum ist mir das nicht schon selbst aufgefallen? So ein kompletter Unsinn. Sie sollten sich mit der Verkäuferin und den beiden Alten in der nächsten Klapse melden und die Leute in Ruhe lassen. Und jetzt lassen Sie mich los. Mir reicht es jetzt wirklich“, gab Rodney zurück, konnte sich aus dem Griff des Mannes befreien und stieg in den Wagen.
Doch als er die Tür schließen wollte, stellte er sich in den Weg. „Sie müssen mir glauben, Mister McKay. Ich kann es nicht beweisen, noch nicht, aber … Sie befinden sich in großer Gefahr.“
„Die einzige Gefahr, die es hier gibt, sind die Verrückten, die hier frei rumlaufen und jetzt lassen Sie mich zufrieden oder ich wende mich an die nächste Polizeidienststelle. Das grenzt ja schon an Belästigung, Beleidigung, übler Nachrede und noch einiges andere. Da wird sich schon was finden, denn glauben Sie mir, als Anwalt kann ich Ihnen das Leben zur Hölle machen.“
„Ich habe die Leichen gesehen. Meist junge Männer. Ich kann ihm nicht beweisen, dass er sie getötet hat, aber lassen Sie sich gesagt sein, Mister McKay, auf so grauenhafte Art und Weise tötet nur ein Vampir, ein seelenloser Killer.“
„Mag sein, dass Sie viel gesehen haben, und dass es so manchen Mann durchaus mitnehmen kann. Aber Sheppard ist bestimmt nicht kein Mörder und schon gar kein Vampir. So etwas gibt es nicht, klar? Und jetzt … lassen Sie mich endlich in Ruhe.“
Rodney konnte endlich die Tür schließen und davon fahren. Das Narbengesicht hatte ihm noch etwas hinterher gerufen, doch er hatte es nicht mehr verstanden. Es war ihm auch egal. Kopfschüttelnd fuhr er auf der Straße entlang, die aus der Stadt hinaus und zu Sheppard Manor führen würde.
Doch die Gedanken um das, was die verrückten Alten, die Verkäuferin und auch dieser merkwürdige Fremde ihm erzählten, wollten ihn nicht so recht loslassen.
~~~///~~~
Rodney sah auf die Uhr. Es war gerade mal elf Uhr. Seit mehr als zwei Stunden saß er nun mit Sheppard in der Bibliothek und sie plauderten miteinander, während Rodney sein Gegenüber vorsichtig musterte.
Die Leute hatten Unrecht. Sheppard hatte überhaupt rein gar nichts von einem Vampir an sich. Keine Reißzähne, keine Fingernägel wie Nosferatu, keine blutverschmierte Kleidung. Okay, rief sich Rodney zur Vernunft, all diese Dinge würde er sicher nicht in seine Gegenwart sehen lassen.
Aber dennoch, Sheppard konnte ein sehr charmanter Plauderer sein, wenn er wollte, und am heutigen Abend wollte er offensichtlich. Er hatte Rodney in diesen letzten beiden Stunden geschickt schon mehr Antworten über sein Leben und seine Arbeit und vor allem seine Vorlieben und Abneigungen entlockt, als er normalerweise bereit war, herauszulassen.
Rodney hätte ihm aber umgekehrt auch nur zu gerne Fragen gestellt. Vor allem über das Gerede und die Warnungen der Stadtleute. Aber es wäre wohl mehr als lächerlich und am Ende sogar peinlich, seinen Gastgeber zu fragen, ob er wirklich ein Vampir sei oder nicht. Alleine die Vorstellung musste ihn schmunzelnd den Kopf schütteln lassen.
„Noch etwas Wein?“
Sheppard lächelte ihm zu. Und es war nicht dieses arrogante Lächeln, es war vielmehr ein Lächeln, das ihn anziehend machte. „Ja, bitte.“
Rodney wusste, es war nicht gerade vernünftig, noch mehr zu trinken, aber manchmal musste es einfach sein, und er fand, dass das Zusammensein mit Sheppard das Risiko wert war.
John beugte sich vor und schenkte aus der Flasche nach. Es war Rotwein, der die Kehle hinunterfloss wie süßer Traubensaft. Rodney drehte das Glas nachdenklich in den Händen und ließ seine Blicke durch den Raum schweifen. Er wollte Sheppard nicht in die Augen sehen. In Augen, die jedes Mal, wenn sie sich hoben, so intensiv glänzten und ihn fast um den Verstand brachten.
Es wurde abends nun schon etwas kälter und es tat gut, die Wärme des Kaminfeuers auf Gesicht und Händen zu spüren. Draußen war es schon stockduster und Radek hatte diesmal nicht die Vorhänge zugezogen, so dass man in den Fensterscheiben sehen konnte, wie sich der ganze Raum spiegelte. Da Rodney es immer noch nicht so recht wagte, Sheppard offen zu betrachten, sah er zum Fenster und hoffte ihn dort unauffällig beobachten zu können. Er blickte hin, musste blinzeln, fuhr sich über die Augen, sah noch einmal genauer hin, und blinzelte wieder.
Das gab’s doch nicht! Nein, das konnte nicht wahr sein!
Augenblicklich entglitt ihm das Glas und fiel klirrend zu Boden.
„Oh, verdammt nochmal!“
Schnell beugte er sich nach unten, um die Scherben aufzuheben, doch vor Schreck, Verlegenheit und Aufregung griff er zu schnell und hastig zu und schnitt sich. Rodney zuckte auf.
„Ah! So ein Mist! Das kann doch wohl nicht wahr sein!““
Unbeholfen sah er sich um, suchte mit der linken Hand in seiner Hosentasche nach etwas, das er sich um den Finger wickeln konnte. Doch er besann sich schnell wieder. „Haben Sie vielleicht etwas Desinfektionsmittel und ein Pflaster für mich, bevor ich … hier verblute und eine Sauerei veranstalte?“
Nervös sah er nach oben, als er keine Antwort bekam. Sheppard war schon aufgesprungen, aber stand nun regungslos da und starrte auf die blutende Wunde.
„Sheppard?“, fragte Rodney ungeduldig, als er keine Anstalten machte, ihm zu helfen.
„Hm?“
Sheppards Stimme klang irgendwie heiser und er konnte wohl seinen Blick von Rodneys Hand nicht lösen.
„Haben Sie jetzt etwas zum Desinfizieren und Verbandsmaterial?“, wiederholte Rodney ungeduldig, während er sich wieder erhob. Die Wunde brannte, und so stark, wie sie blutete, schien sie auch recht tief zu sein.
„Was?“ John blickte ihn an, als sei er gerade erst aufgewacht. Er war so blass, wie er es noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte und seine Hand fuhr an seinen Hemdkragen, als sei ihm dieser plötzlich zu eng geworden oder er müsse sich etwas Luft zu fächern.
„Oh, jetzt sagen Sie bloß nicht, dass Sie kein Blut sehen können?“ Rodney versuchte, es so wenig anklagend wie möglich herauszubringen. Immerhin hatte jeder Mann so seine Schwächen. Selbst ein Mann wie Sheppard, der eigentlich immer recht kühl und selbstsicher wirkte, schien wohl nicht gegen so etwas gefeit zu sein.
„Äh, … nein …“ Wieder starrte er auf Rodneys Hand und kam einige Schritte näher, bis er dicht vor ihm stand.
Sein Atem ging schwer, als er seine Hand ausstreckte, ihn am Arm berührte und seine Finger zart daran entlang gleiten ließ, bis zu der Stelle, an der das Blut hervorquoll. Rodney wollte sich ihm entziehen und seine Hand wegziehen, als John ihn davon abhielt.
“Nicht. Lass mich …“ Johns Stimme klang undeutlich, als er seine Hand etwas fester umfasste und sie nach oben führte.
„Sie … Sie wollen doch jetzt nicht das Blut … ablecken!“, entfuhr es Rodney entsetzt.
Mitten in der Bewegung erstarrte John und hatte die Augen fest auf den blutenden Finger gerichtet. Seine Hand, die Rodneys hielt, zitterte leicht.
„Ich brauche ein Pflaster und … und … Desinfektions-“, gluckste Rodney regelrecht, denn seine Berührung jagten ihm kleine Schauer über den Rücken. „Desinfektionsmittel ist unabdingbar. Ich ziehe mir sehr schnell eine Infektion zu und …„
John schüttelte mit dem Kopf. Als seine Lippen seine Finger berührten, die Blutstropfen geradezu herunter küssten und ganz zart über die Haut leckten, schloss Rodney die Augen.
„Ich … ich … meine Hand ist bestimmt dreckig oder …“, konnte Rodney nur noch wispern.
„Nein, sie ist wunderbar. Sie ist …. köstlich“, murmelte John.
„Köstlich? Was … was … ist das für eine Aussage?“ Rodney versuchte, ihm seine Hand zu entziehen, doch John hielt ihn eisern fest. Der Druck seiner Lippen verstärkte sich und Rodney glaubte plötzlich, zu spüren, wie John an seinem Finger saugte.
„Oh, mein Gott.“ Das … das fühlte sich viel besser an, als es sollte. Rodneys Gedanken begannen zu verschwimmen und ein verräterisches Kribbeln wanderte sein Rückgrat rauf.
John hielt inne. Er öffnete seine Augen und Rodney erschrak vor dem Leuchten darin. Rodney wusste nicht wieso, aber irgendwie erinnerten sie ihn an die Augen eines Wolfes. Schon oft hatte er diesen Eindruck gehabt, jetzt aber fühlte er sich wirklich unbehaglich. Das machte ihm Angst und das wohlige Kribbeln verschwand und machte leichtem Unwohlsein Platz.
„Nicht … ich … das …“, wiederholte er diesmal mit einem bittenden Ton.
In Johns Ausdruck veränderte sich etwas. Das Leuchten in seinen Augen ließ nach und es hatte nun nichts mehr von einem Wolf. Es war nun ganz und gar der Blick von John Sheppard.
Rodneys Herzschlag beruhigte sich wieder etwas. Es schien, als würde John aus einer Trance erwachen und sah von Rodney zu seiner Hand, die er noch immer hielt. Als ob er sich verbrannt hätte, ließ er ihn los und trat hastig einige Schritte zurück.
Rodney war unschlüssig, was er nun tun oder sagen sollte, doch Sheppard nahm ihm die Entscheidung ab.
John stürmte wieder nach vorne. Er nahm Rodneys Gesicht in seine Hände und küsste ihn so stürmisch und leidenschaftlich, dass Rodney taumelte und glaubte, nicht mehr atmen zu können.
Die Zeit schien stehen geblieben zu sein, auch wenn nur wenige Augenblicke vergangen sein mussten, war dieser Moment doch so intensiv und überwältigend, dass John nicht mehr klar denken konnte.
Es war bestimmt keine gute Idee gewesen, Rodney zu küssen. Nein, es ging eigentlich viel zu schnell. Aber verdammt! Rodneys Blut war dermaßen berauschend … er musste wenigstens einen Kuss haben. Er musste Rodney kosten, diesen berauschenden Geschmack noch einmal schmecken.
Auch wenn seine kleine Wunde stark blutete, so hatte John nur wenige Tropfen davon trinken können und doch hatte er eine wohlige Wärme gespürt, als es seine Kehle hinunterfloss. Verdammt, es zeigte sogar jetzt schon seine Wirkung!
John spürte, wie sich Rodneys Blut einen Weg durch seinen Körper bahnte, sich mit seinem mischte. Die Wärme breitete sich aus und schien sich bis in seine Fingerspitzen auszubreiten. In seinem Kopf schwirrte es angenehm, helle bunte Lichter flimmerten vor seinem inneren Auge und ihm wurde leicht schwindlig, aber dieser Kuss … sollte ewig andauern.
Überlegte Rodney zu Anfang noch, Abstand zu John zu gewinnen, vor allem, nachdem er für einen Moment so wenig menschlich ausgesehen hatte, so ließ er nun all seine Gedanken davon triften. Unfähig sich zu rühren, stand Rodney nur einfach da, spürte Johns Hände auf seinen Wangen … Johns Zunge in seinem Mund. Rodney wollte nicht und doch erlag er Sheppards Berührungen schon wieder und ließ zu, sich gerade in dieses kleine Abseits treiben zu lassen, als John sich von ihm löste und zurück trat.
„Ich …“, unterbrach John sich und atmete tief durch. „ … tut mir leid.“
Damit wandte John sich ab und verließ eilig den Raum, wobei er noch die Tür hinter sich zuschlug. Rodney sah ihm nicht nach. Er blinzelte einige Male, um wieder ins Hier und Jetzt zu finden und sah dann zu seinem Finger und staunte. Die Wunde hatte nicht nur aufgehört zu bluten, nein, sie vollkommen verschwunden. Es war, als wäre er niemals verletzt gewesen.
Es war verstörend und Rodney schob es für den Moment ganz weit nach hinten in seinen Überlegungen, dazu käme er später. Erst einmal blickte er zum Fenster. Der ganze Raum spiegelte sich darin. Genau wie gerade. Er hatte den Tisch, die Weinflasche und Gläser gesehen, auch seinen Laptop und einige Bücher, die auf dem Tisch lagen. Aber eines hatte darin nicht gesehen.
John Sheppard.
Das war so … unmöglich gewesen und deswegen war ihm auch aus Überraschung das Glas aus der Hand geglitten. John Sheppard hatte kein Spiegelbild, da war sich Rodney sicher. Doch so sehr er darüber nachdachte, eine logische Erklärung dafür fand er nicht.
Damit bliebe wohl wirklich nur eine Alternative, so sehr sich Rodney auch dagegen sträubte. Konnte es wahr sein, was alle behaupteten?
Schnell stürzte sich Rodney zu den Büchern. Die Bibliothek war glücklicherweise gut sortiert, da wäre es doch gelacht, nicht die richtigen Bücher über Vampire zu finden. Es sei denn, Sheppard wollte nichts über seine … Verwandten im Regal stehen haben. Für einen Moment lachte Rodney fast hysterisch auf, dann machte er sich auf die Suche.
Zehn Minuten später hatte er eine ganzen Stapel an Bücher zusammengesucht, presste den Stoß an seine Brust, klemmte den Laptop unter den Arm und machte sich hastig, ohne sich auch nur einmal umzusehen, auf den Weg zu seinem Zimmer.
Sollten die Irren in der Stadt doch tatsächlich Recht haben? Es war schon merkwürdig, dass gleich mehrere Leute ihm mit solchen Schauermärchen begegnet waren.
Und falls es Vampire gab, warum war dann ausgerechnet er bei einem von ihnen zu Hause gelandet?
Rodney schaltete jedes Lämpchen in seinem Zimmer ein und setzte sich so an den großen Eichenschreibtisch, dass er die zugesperrte Tür als auch die geschlossenen Fenster immer im Blick hatte. Schließlich konnte man ja nie wissen …
Rodney begann in den Büchern zu blättern. Er wusste aus alten Gruselfilmen, dass Vampire sich nicht spiegeln konnten. Das würde dann ja schon mal für die Vermutung sprechen.
Und sonst noch? In manchen hatten sie die Fähigkeit, sich in jedes beliebige Tier verwandeln zu können, ganz besonders natürlich in Fledermäuse.
Hatte Sheppard deswegen das Vieh, das sich neulich in seiner Kapuze verfangen hatte, so freundlich behandelt? Mein, Gott und er hatte ihn noch damit aufgezogen!
Aber gut, was Filme einem so alles verkaufen wollten, musste ja nicht stimmen. Er würde jetzt mal sehen, was die Literatur dazu sagte. Rodney wälzte ein Buch nach dem anderen und sog das Wissen über Vampire und Dämonen auf, wie ein Schwamm. Nachdem er die Bücher durchgeforstet hatte, machte er im Internet weiter. Er wollte auf alles vorbereitet sein, wenn er Sheppard das nächste Mal begegnete.
Wie immer bei solchen Sachen, war es schwierige zwischen Übertreibungen und Tatsachen zu unterscheiden, sofern man bei Vampiren überhaupt von Tatsachen sprechen konnte. Aber Rodney wusste, was er gesehen – oder besser NICHT – gesehen hatte.
Alles in allem stellten sich die Lektüren zum Teil als vollkommen übertrieben heraus, manche waren mehr als erschreckend, und andere wiederum waren äußerst aufschlussreich. So stellten die meisten Quellen z.B. fest, dass Vampire nicht nur extrem gut aussahen, was ihnen wohl bei der Opferfindung Vorteile brachte. Darüber hinaus galten sie auch als ausschweifend, zügellos, herzlos, grausam und, wenn sollte es noch überraschen, ziemlich unwiderstehlich. Und sie spiegelten sich nicht.
Rodney seufzte. Ganze drei Punkte trafen auf Sheppard zu. Er spiegelte sich nicht, er sah zugegebener Maßen verdammt gut aus, und dass er unwiderstehlich war, hatte er schon am eigenen Leib erfahren. Aber alles andere?
McKay wusste wirklich nicht mehr weiter. Er hatte viel zu wenige Fakten. So wusste er nicht, wie oder womit Sheppard die Nacht verbrachte und ob er wirklich nicht bei Tag das Haus verlassen konnte. Vielleicht waren es doch nur die verrückten Annahmen der Stadtleute, von denen er sich hatte verrückt machen lassen?
Immerhin hatte er während seiner Lektüre genügend Infos für die Verteidigung gegen Vampire gefunden. Wenn es also dazu kommen sollte, war er gerüstet – abgesehen davon, dass er keine Hostien oder Weihwasser zur Hand hatte, und wo er einen schwarzen Hund mit zwei aufgemalten weißen Augen herbekommen sollte, war ihm auch schleierhaft.
Wenn, dann müsste er wohl eher auf traditionelle Methoden sich eines Vampirs zu entledigen, zurückgreifen müssen. Knoblauch – den hatte ihm schließlich die Alte in ausreichender Menge mitgegeben, ein Pflock ins Herz – dafür müsste er sich morgen im Garten nur einen Pflock suchen. Dann war da noch Feuer – der kluge Mann hatte immer ein Feuerzeug dabei, auch wenn er Nichtraucher war. Dazu Sonnenlicht, das gratis jeden Morgen aufs Neue geliefert wurde. Ob er allerdings der geeignete Kandidat war, wenn es darum ging, einen Vampir zu köpfen, das wagte Rodney zu bezweifeln.
Bei dem Gedanken jedoch, konkret bei Sheppard eines dieser todbringenden Mittel einzusetzen, musste Rodney das Gesicht verziehen. Höchstens Weihwasser oder Knoblauch könnte er wohl anwenden. Denn es sollte ihn nur abschrecken, falls … Er wollte ihn eigentlich nicht töten. Nein, auf keinen Fall! Allein die Vorstellung, Sheppard könnte sterben, tat ihm weh …
Rodney seufzte. Das konnte auch nur ihm passieren. Da fuhr er mal in eine andere Stadt, um an einer Tagung der Anwälte teilzunehmen … und dann hatte er es mit einem Vampir zu tun.
Schließlich schaltete er den Computer aus, klappte die Bücher zu und überlegte. Was blieb ihm denn jetzt zu tun?
Es wäre wohl einfach das Beste, die Koffer endgültig zu packen und wieder nach Hause zu fahren. Sollten die Verrückten in der Stadt doch denken und sagen, was sie wollten.
Es tat ihm nur leid für seinen Gastgeber, denn Rodney musste zugeben, dass er ihn mochte. Sehr sogar. Und dieser Kuss … Verdammt, dieser Kuss hatte mehr in ihm ausgelöst, als er je für möglich gehalten hätte. Aber egal, ob er blieb oder abreiste, an der Meinung der Leute würde das nichts ändern.
Rodney wollte schon die Knoblauchkette im nächsten Mülleimer entsorgen, als er sah, wie Sheppard das Haus verließ. Durch das helle Mondlicht konnte er eindeutig erkennen, dass es Sheppard war, und dass er zu Fuß unterwegs war.
Okay, das ging ihn natürlich überhaupt nichts an, aber Rodney fragte sich schon, wo er wohl hinginge? Was konnte man denn schon groß hier so mitten in der Nacht machen? Falls er in die Stadt wollte, würde Sheppard wohl den Wagen nehmen, denn zum Laufen war es – zumindest nach Rodneys Maßstäben – eindeutig zu weit.
Also, was war Sheppards Ziel?
Die Neugier siegte und Rodney dachte auch nicht lange nach. So oder so würde er jetzt herausfinden, ob an den Tratschereien der Leute was dran war. Zweifelnd sah er noch kurz zur Knoblauchkette und steckte sie dann in seine Hosentasche. Nur weil er eigentlich nicht an Vampire glaubte, hieß das ja nicht, dass man nicht gewappnet sein konnte.
-Es wäre bestimmt auch keine schlechte Idee noch eine weitere Vorsichtsmaßnahme mitzunehmen-, dachte sich Rodney und griff noch einmal zu seinem Koffer, in dem er noch ein kleine Besonderheit hatte, an die er bisher noch gar nicht gedacht hatte.
Schon beim Einzug in sein Apartment in der Großstadt war er froh über die Anschaffung der kleinen Handfeuerwaffe gewesen, wurde doch einer seiner Nachbarn am helllichten Tag in seiner eigenen Wohnung überfallen und ausgeraubt. Ihm blieb dieses Schicksal bisher glücklicherweise erspart und er hoffte, sie auch jetzt nicht verwenden zu müssen
Schnell streifte er sich eine Jacke über und verließ ebenfalls das Haus.
tbc …
Ein schönes Wallpaper für die Story! Bin mal gespannt, wann Rodney rausfindet, was man von ihm will.
Hi, freut mich, dass es dir gefällt.
So wie es aussieht hat es wohl mit dem kommentieren geklappt? Oder gab es doch noch ein paar Schwierigkeiten?
Ich werde mich mal die nächsten Tage auch wieder hinter diese Story klemmen. Im Moment läuft es in meiner Alexa-Story ganz gut, das will ausnutzen.
Ich danke dir für dein liebes Feedback!
Hallo Shahar!
Eins muss man dir lassen die Story ist wirklich heiß. Denn mich stört das nicht so eine Männerfreundschaft. Habe einige in meinem Bekanntenkreis die vom anderen Ufer sind. Und manchen sieht man es gar nicht an. Ich freue mich auf das Ende, wie auch bei deinen anderen Storys besonders auf „der Sentinel“. Kannst dir noch Zeit lassen, den momentan lese ich von deinem Freund Kris „Solitäry Man no more “ Schreibt auch interessant.
Also noch viele tolle Ideen und wenige Hänger.
lg Christine
Hallo, Christine,
es freut mich zu lesen, dass dir meine Story gefällt.
Bald wird es den nächsten Teil zu lesen geben. Nur noch ein bisschen Geduld.
Finde das Wallpaper auch klasse. Und ich bin sehr neugierig, ob Rodney sich darauf einlässt, nachdem er herausgefunden hat was sie von ihm wollen. Ich schätze, John möchte doch noch ein wenig mehr von Rodney …, ob Rodney das gefällt? ;-))) Ich liebe Slash FFs mit John u. Rodney! 🙂 Bin sehr neugierig wie es weitergeht!
LG
Hallo John´s Chaya,
schön dass dir das Bild gefällt. Bald gibts einen weiteren Teil zu lesen. Also bis dahin!
Hey, mir gefällt deine Story super, denn es ist mal was anderes es. Ich hoffe das du bald den nächsten Teil hochladen wird. Ich bin schon gespannt was noch alles passieren wird
Wink Aurora
Hallo Aurora und Willkommen auf meiner Seite.
Ich freue mich dasss du hergefunden hast und noch mehr, dass dir die Story gefallen hat.
Tatsächlich wird `What the blood desires´ als nächstes fortgeführt.
Bis vor kurzem war ich noch mit einer John/Rodney Weihnachts-AU Story für den NaNoWriMo beschäftigt, die aber auch bald online kommt.
Ich danke dir vielmals fürs leses und für dein liebes Kommentar.
Dann freue ich mich schon mal auf den nächsten Teil
Ich hab den Anfang des zweiten Teils gelesen und finde in spitzte!
Es freut mich auch das du hier dies Jahr weiter schreiben möchtest.
Denn ich finde die Story super
Hallo,
freut mich, dass es dir gefällt. Ich weiß allerdings noch nicht, wann ich an dieser Story weiterschreibe. Ich habe auch gerade noch mit der 2. Scarecrow Story angefangen und die Sentinel Story wartet auch auf Fotsetzung … und in der Alexa Reihe komme ich seit Monaten nicht mehr nach.
Das RL ist im Moment auch sehr anspruchsvoll … ich hoffe, ich finde in den nächsten Tagen mal ein wenig Ruhe und kann mich wieder auf das schreiben konzentrieren.
Aber ich danke dir für dein liebes Feedback, dass mich auch wieder ein wenig anspornt 😉
wo gibt es denn einen zweiten teil ? Ich würde schon gerne wissen wo John hingeht und für was john rodney eigentlich braucht
Einen kurzen Auzug aus dem 2. Teil kannst du hier finden: https://ficsnipday.wordpress.com/2016/02/16/what-the-blood-desires/
Hallo, gibt es denn nun eine Fotsetzung ? Da war ich doch ganz im Lesen vertieft und plötzlich ist die Story zu Ende…
Ich hoffe es geht weiter. Ich will doch wissen was John der Vampir mit Rodney zu tun hat 😉
LG Annika
Hi, danke für dein Kommentar. Es wird einen 2. Teil geben, er ist nur noch nicht ganz fertig. Ich habe vor kurzem einen neuen Job angefangen und muss mich da erst reinfinden, bevor ich weiterschreiben/fertig schreiben kann. Aber keine Angst, es wird weiter gehen.