Serie: Alexa Saga
Series Order: 04
Characters: Sheppard, McKay, Teyla, Ronon, Woolsey, Keller, Lorne, OC, diverse andere Bekannte des SG(A)-Verse
Genre:OC, ein bisschen AU, Adventure, Friendship, Action
Rating: PG
Wortanzahl: ca. 61.000 Worte
Kurzinhalt: Was ist, wenn die Erwartungen zu hoch gesteckt sind… Alexa findet ein Familienmitglied. Doch was ist mit den anderen geschehen? Außerdem wartet auf Atlantis eine etwas unangenehme Überraschung auf sie, wähend in einem anderen Teil der Galaxie ein mysteriöser Frmeder einen finsteren Plan schmiedet…
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Vor einigen Monaten
Zwei Meter lang, einen Meter hoch und auch einen Meter breit. Schwer. Massiv.
Vor vielen tausend Jahren war es auf dem Planeten gelandet.
Lange Zeit lag es da. Geräuschlos. Bewegungslos. Verstaubt.
Niemand wusste, was es war. Wozu es war. Denn die damalige Zivilisation war nicht weit genug entwickelt, um zu verstehen.
Daher traute sich auch niemand, es auch nur zu berühren. Zu studieren. Seine Geheimnisse zu lüften.
Erst ein paar tausend Jahre später waren die Menschen so weit sich ihm nähern zu können.
Manche verehrten es als ein Zeichen von Göttern. Andere hielten es für ein Geschenk der Vorfahren.
Also baute man eine Art Schrein, groß genug für das Objekt und seine Anbeter, die darunter Schutz vor Wetter und anderem Unheil fanden.
Seit nun mehr als zehntausend Jahren stand der Schrein mit dem Ding in der Dorfplatzmitte und wurde mindestens einmal im Jahr von den hiesigen Dorfbewohnern als Altar der Vorfahren angebetet. Man bat um eine gute Ernte, Gesundheit für die Familie, Schutz vor schlechtem Wetter und Naturkatastrophen und anderem Unheil.
So auch dieses Mal.
„Wir bitten Euch demütig, beschenkt uns den ersehnten Regen. Wir arbeiteten hart auf den Feldern, die Ihr uns großzügig habt errichten lassen. Nun beten wir um Wasser, sodass unsere Saat wächst und gedeiht und im Herbst geerntet werden kann. Wir bitten Euch, geehrte Vorfahren, die Ihr auch die unseren seid, und…“
„Priester! Priester, seht doch!“, schrie eine Frau aus der betenden Menge, als sie sah, was gerade mit dem Altar geschah.
Für einige Augenblicke begann er, zu leuchten. Auch Geräusche gab er von sich. Ein kurzes Piepsen und ein folgendes Zischen und der Altar öffnete sich in der Mitte der Länge nach. Der Priester ,der eben noch zu den Vorfahren bat, trat verängstigt einige Schritte zurück. Seine Glaubensbrüder und -schwestern waren ebenfalls erschrocken. Nur einige Männer aus dem Dorf wurden vom Dorfältesten zum Altar geschickt, um nachzusehen, was passierte.
Seit langer, langer Zeit kamen dem Altar wieder ein paar Menschen sehr nahe. Doch was die Männer dort sahen, lies sie sofort nieder knien.
„Oh … geehrte Göttin … ihr seid gekommen!“, raunte der Priester
Wieder einige Monate später
„So Alan. Jetzt kannst Du wieder mit Deinen Freunden spielen. Und sei diesmal etwas vorsichtiger, wenn Du wieder auf Nachbars Bäume klettern willst“, sagte die Frau und verschloss das kleine Gefäß, in der sie die Salbe für kleinere Verletzungen aufbewahrte.
„Danke, Elisha!“, rief der kleine Junge, der vor wenigen Minuten weinend und am Knie verletzt zu ihr gebracht wurde.
Schon seit Monaten galt sie als eine Heilerin im Dorf. Egal welches Leiden jemand hatte, sie hatte immer eine passende Medizin. Meist selbst hergestellt natürlich. Von Pflanzen und Wurzeln. Nur für eine alte Frau hatte sie kein Heilmittel. Es war Elisha zuwider, sehen zu müssen, wie ein Lebewesen leidet, ohne ihm helfen zu können. Nicht einmal zu wissen, woran sie litt, quälte sie sehr.
Für Elisha gab es einmal eine Zeit, in der es keinerlei Probleme gab, eine anständige Diagnose stellen zu können. Auch die dafür notwendigen Untersuchungen konnten mittels moderner Geräte durchgeführt werden. Doch diese Zeit war lange vorbei. Auch der Ort, an dem sie einmal lebte, würde wohl nicht mehr existieren. Genau wie ihr geliebter Mann und ihre beiden Kinder. Irgendetwas war wohl damals furchtbar schief gelaufen, sonst wäre sie wieder mit ihrer Familie vereint. In dem schönsten Zuhause, das man haben konnte. Eine wunderbare und riesige Stadt. In der Nacht von Tausenden Lichtern geflutet und auf dem Meer treibend.
Seit sie vor einigen Monaten aus ihrem Kälteschlaf erwachte und die Bewohner dieses Dorfes während eines Gebetes erschreckte, quälte sie immer wieder die Erinnerung an vergangene Zeiten. Sie hatte zu dieser Zeit viel Mühe, diese Leute davon zu überzeugen, keine Gottheit zu sein. Als sie das endlich geschafft hatte, sah man sie als eine Heilerin, nachdem sie einem Mann mit Kräutern und Pflanzen, den Schmerz durch eine Verbrennung nehmen konnte. Narben würde er zwar dennoch behalten aber er war wieder so weit genesen, dass er seine Arbeit im Dorf als Schmied fortsetzen konnte. Seitdem war viel Zeit vergangen. Zeit, in der sie alles versuchte, um ihre Familie zu finden.
Natürlich wählte sie das Tor mit der Adresse ihrer alten Heimat an. Aber es geschah nichts. Gelegentlich begleitete sie auch die Händler aus ihrem Dorf zu anderen Planeten, um sich dort über die große Stadt zu erkundigen. Die meisten Informationen ruhten auf Gerüchten. Gerüchten, denen sie entweder keinen Glauben schenkte oder die ihr als zu gefährlich galten, um sie zu überprüfen. Allmählich wandelte sich das Hoffen in Trauer und Verzweiflung.
Als der kleine Junge mit seinen Eltern das Haus verließ, stellte Elisha das Gefäß wieder ins Regal zu den anderen. Dabei glitt ihr Blick zu einem Bild das sie von einer Frau im Dorf anfertigen lies.
Stundenlang saß sie bei ihr und beschrieb ihr, was sie zeichnen solle. Als das Werk beendet war, erhielt Elisha ein Bild mit drei Personen. Ein älterer Mann mit einem Bart, grünen Augen und dunklem Haar, ein jüngerer Mann mit einem frechen Grinsen, dunklem Haar und grünblauen Augen und eine junge Frau. Blaugrüne Augen, lange braune Haare und ein wunderschönes Lächeln.
Ihre Familie. So wie sie sie in Erinnerung hatte. Ihr Mann, ihr Sohn und ihre Tochter.
Die Malerin hatte wirklich Talent. Das musste sie zugeben. Das Bild war so realistisch, wie eine Aufzeichnung die sie noch von früher kannte. Früher, in der sie Technologien kannte und bedienen konnte.
Als sie das Bild ansah, kamen ihr viele Erinnerungen. Und auch Tränen. So sehr wünschte sie sich zu erfahren, was passiert war. Wie sehr wünschte sie sich, wieder mit ihrer Familie vereint zu sein. Doch schon bald sollte sich einer ihrer Wünsche erfüllen.
„Wraith! Die Wraith kommen! Ins Versteck! Lauft alle ins Versteck!“ rief ein Mann, der gerade in der Dorfmitte seinen Obst- und Gemüsestand abbauen wollte.
Jeder erschrak zuerst, wusste aber was zu tun war. Schnell nahm man sich das wichtigste und lief zum Versteck, das direkt unter dem Dorf war. Durch eine geheime Luke in einem Boden in Elishas Haus konnte man einige Meter tief unter die Erde gelangen und sich dort tagelang verstecken, ohne dass die Wraith sie dort jemals finden würden.
Es war ein verlassener Schacht, in dem vor langer, langer Zeit, ein Mineral abgebaut wurde, das nun offenbar nicht mehr gebraucht wurde. Die Tunnel erstreckten sich meilenweit unter dem Dorf und der Zugang in Elisha´s Haus konnte auch nicht so schnell gefunden werden. Niemand wusste, wieso die Wraith sie dort nicht fanden, aber jeder war froh darüber. Elisha allerdings vermutete, das es etwas mit dem Mineral zu tun hatte, das hier vor ewiger Zeit abgebaut wurde.
Frauen und Kinder wurden zuerst hineingelassen. Elisha nahm ihre Tasche, die sie schon vor einiger Zeit für solche Notfälle packte und in der sich die wichtigsten Medikamente und Instrumente befanden, und lief ebenfalls in das Versteck. Sie half noch zwei weiteren Männern, die den Frauen, Kindern und den Alten den Abstieg in die sogenannten Katakomben halfen. Es war eine sehr lange und steile provisorisch errichtete Leiter, die man hinunterklettern musste. Natürlich hatten da die jüngeren und kräftigeren Bewohner kaum Probleme damit. Einige kletterten oder sprangen die Leiter runter. Andere stürzten aufgrund der Eile und der Angst.
Glücklicherweise verletzte sich niemand ernsthaft und so konnte sich Elisha um eine hochschwangere Frau kümmern, um es ihr so angenehm wie möglich zu machen. Es konnte nicht mehr allzu lange dauern und das Dorf hätte einen weiteren Bewohner.
Elisha schätzte, dass es nur noch ein paar Tage dauern würde und betete, dass die Wraith sie auch dieses Mal nicht finden würden. Sie wollte sich nicht vorstellen, was sie wohl mit dem Neugeborenen anfangen würden.
„Sind alle da? Ist mein Gemahl da? Ist er hier?“, fragte Tasha und hielt ihre Hände auf ihren Bauch, als wolle sie das Kind, das sie in sich trug, beruhigen.
„Ja, er ist hier. Mach Dir keine Sorgen. Es geht ihm gut. Er wird sich nicht mehr vor der Geburt Eures Kindes drücken können. Sei unbesorgt. Hier wird uns niemand finden. Entspann Dich. So viel Aufregung ist nicht gut für Dich“, beruhigte Elisha die Frau, und suchte nach Molek, den werdenden Vater.
Als sie ihn fand, stand er gerade hinter dem Dorfältesten und beobachtete, wie die letzten des Dorfes die Leiter hinabstiegen und die Luke von innen verschlossen.
„Wir sollten so schnell wie möglich tiefer in die Katakomben. Dort werden uns die Wraith garantiert nicht finden“, riet Elisha dem ältesten. Dieser nickte und lies alle anderen vor.
„Ich hoffe Du behältst Recht, Elisha. Unsere Vorräte reichen zwar für mehrere Tage, aber dennoch bezweifle ich das die Wraith diesmal so schnell aufgeben werden. Irgendwann verlässt uns unser Glück“, sagte der Alte und horchte mit Elisha nach oben, wo man die Darts und Schüsse auf die Häuser hören konnte.
Schnell liefen sie den anderen Dorfbewohnern hinterher und führten sie schlussendlich tiefer in die Schächte. Sie hatten bereits vor langer Zeit die Schächte in ein Flüchtlingslager umfunktioniert und auf solche Zeiten eingerichtet. Es gab einige Liegen für die Kranken und Alten, ein paar Stühle und Regale in denen haltbare Nahrungsmittel und Wasser aufbewahrt wurden.
Jeder suchte für sich und seine Lieben einen Platz. Die meisten saßen auf dem Boden und hielten sich in den Armen. Elisha hatte sich eine kleine Ecke ausgesucht, in der sie ihre Tasche stellte und begann, ihre Habe, die Medikamente, Salben und Instrumente auszupacken. Nur wenige Bewohner hatten sich ein paar Schrammen und Kratzer bei der Flucht zugezogen. Nichts Ernstes.
Sorgen machte sie sich nur um Tasha. Bald würde Ihr Kind geboren werden. Hier, im Schmutz und in der Dunkelheit. Auch die vielen Kerzen und Fackeln machten diesen Ort nicht gerade schöner. Langsam sah sie sich um. Frauen und Kinder waren verängstigt, viele weinten und klammerten sich an ihren Partner oder ihre Eltern. Elisha sah die nackte Angst in ihren Augen. Auch sie hatte Angst. Aber niemand hielt sie. Niemand nahm sie in den Arm oder tröstete sie. Im Gegenteil. Sie musste die Ruhe selbst sein und Stärke und Vertrauen ausstrahlen. Mit einem Lächeln ging sie zu Tasha und den ältesten und gab ihnen einen Becher Wasser.
Wie sehr wünschte sie sich ihren Mann und ihre Kinder an ihrer Seite. Als sie wieder zurück zu ihrem Platz ging, wartete auch schon der Dorfälteste auf sie.
„Sind viele verletzt?“, fragte er besorgt.
„Nur ein paar. Und es sind nur ein paar Schrammen. Hoffentlich bleibt es so. Vielleicht sollte ich mich noch um die Kinder kümmern und ihnen eine Geschichte erzählen, um ihnen die Angst zu nehmen“, sagte Elisha.
„Das ist eine gute Idee von Dir“, sagte der Älteste und legte seine Hand auf ihre Schulter.
„Arme Elisha. Wer wird Dir aber die Angst nehmen?“, fragte er und sah die Tränen in den Augen der Frau.
„Mein Mann und meine Kinder, die in meinem Herzen sind“, sagte Elisha und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und rief die Kinder zu sich um sie abzulenken.
„Kinder kommt alle mal her. Ich möchte Euch gerne erzählen, wie die tapfere Kriegerin gewonnen hat“, rief sie und wollte ihre Geschichte zu Ende erzählen, die sie vor einigen Tagen in der Dorfschule begonnen hatte, zu erzählen.
Einige Tage später
„Tja, also das MALP hat wirklich nur einen kleinen Teil vom Dorf gezeigt. Hier sieht´s wirklich aus, wie …“, sagte John, der mit seinem Team vor dem völlig zerstörten und verwaisten Dorf stand. „… nach ´ner eingeschlagenen Bombe?“, ergänzte Rodney fragend und tippte auf seinem kleinen Scanner rum.
„Na schön. Teilen wir uns auf. Rodney, Sie mit mir und Ronon geht mit Teyla und Alexa. Wir nehmen diese Seite.“ John zeigte dabei nach rechts.
Teyla nickte ihm zu und folgte Alexa, die schon anfing, die linke Seite des Dorfes genauer unter die Lupe zu nehmen.
„Es wird von Mal zu Mal schlimmer“, meinte Rodney, als er mit einem betroffenen Gesichtsausdruck in den Trümmern stand und sich umsah.
Manche der Häuser standen zwar noch, waren aber ziemlich beschädigt. Die meisten jedoch bestanden nur noch aus Schutt und Asche. Überall lagen Überreste und Fragmente von Häusern. Gelegentlich wühlte der eine oder andere darin.
„Kein Wunder! Wir haben ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, als sie zur Erde wollten. Sie sind wohl etwas…verstimmt. Wirklich zu schade, dass wir nicht alle auf einen Schlag erwischt haben“, erwiderte John, nicht minder berührt.
„Wie geht es eigentlich mit Ihrer Meditation voran? Kann Ihnen Colonel Sheppard damit irgendwie helfen?“, fragte Teyla, um etwas Small-Talk abzuhalten.
„Scheint so …“, antwortet Alexa.
Teyla fiel schon vor ein paar Tagen auf, das Alexa in letzter Zeit sehr in sich gekehrt und des Öfteren abgelenkt und müde wirkte.
„… wenn man merkwürdige Träume und Empfindungen als ein daraus resultierendes Ergebnis zählt, dann ja“, antwortete sie nach einiger Zeit.
“Was meinen Sie damit?“, fragte Teyla genauer nach.
Ronon mischte sich zwar nicht in das Gespräch der beiden Frauen ein, hörte aber dennoch zu.
„Ich weiß nicht. Ich glaube die Träume sind in Wirklichkeit Erinnerungen, aber ich bin mir nicht sicher. Aber manchmal habe ich diese merkwürdigen Empfindungen.“
„Was für Empfindungen?“, fragte Teyla nochmal.
„Keine Ahnung. Es ist ganz seltsam. Ich fühle es meistens, wenn ich mit Colonel Sheppard trainiere, oder sonst mit irgendwem in Kontakt komme“, antwortete sie uns wunderte sich gleich daraufhin über Teylas Gesichtsausdruck. Es dauerte auch nicht lange, bis ihr klar wurde, was sie da gerade gesagt hatte. „Oohh, nein, nein, nein, das habe ich nicht gemeint. Ganz bestimmt nicht“, erklärte sie sich.
„Sind sie sicher?“, mischte sich nun auch Ronon ein und grinste sie frech an.
„Ja bin ich! Ich denke, es sind nicht meine Gefühle.“
„Ich verstehe nicht“, sagte Teyla.
„Es kommt mir so vor als ob …als ob ich dann das fühle, was andere fühlen.“
„Wirklich? Cool!“, kam es von Ronon.
„Hatten Sie das schon mal erlebt?“, fragte Teyla.
„Nein. Nicht das ich wüsste. Vielleicht bewirkt das alles die Meditation …oder ich bilde mir alles nur ein“, vermutete Alexa und wollte nicht weiter darüber sprechen. Jedenfalls nicht mit Ronon und Teyla.
Sie mochte zwar die beiden und verstand sich auch gut mit ihnen, aber irgendwie fühlte sie sich mit diesen Gesprächen bei Sheppard oder Beckett wohler.
„Womöglich brauchen Sie nur einfach mehr Zeit. Vielleicht ist das alles zu viel für Sie. Für Ihren Kopf“, sagte Ronon.
„Ja, das glaube ich auch. Abgesehen davon haben Sie auch erst angefangen. Lassen Sie sich einfach Zeit“, meinte Teyla und versuchte ihr wieder Mut zu zusprechen.
John und Rodney gingen in ein Haus, das zwar noch stand, aber dennoch einiges abbekommen hat.
Das Dach hatte ein riesiges Loch und die Sonne schien hindurch. Innen lag alles kreuz und quer verstreut. Die Möbel waren teils kaputt, die Fenster und das Geschirr zerbrochen. Teile des Dachs lagen mitten im Raum. Wobei das Haus hauptsächlich aus einem großen Raum bestand. In ihm waren das Bett und ein großer Tisch mit Stühlen, die teilweise umgefallen waren und eine kleine Kochnische mit einer mittelalterlichen Feuerstelle zum Kochen.
Rodney ging zu einem Regal, in dem kleine Gefäße und Flaschen standen. Als er davor trat, knirschten Scherben unter seinen Stiefeln und ein teils blumiger Duft trat in seine Nase.
Daraufhin nahm er eines der Gefäße aus dem Regal, öffnete es und roch daran. Der Duft gefiel ihm allerdings nicht so gut wie das Zeug auf dem Boden.
„Hier hat wohl so ein Möchtegern-Arzt … oder besser gesagt, ein Ökologie Fanatiker gelebt. Sieht aus wie Natur-Medizin, oder so was“, sagte Rodney und ging weiter zu einer kleinen Kommode, auf der umgefallene Dinge lagen.
Ein Handspiegel, ein paar kleine Cremetöpfchen, eine zerbrochene Blumenvase lag darauf und die Blumen, die vorher darin waren, waren bereits verwelkt und über ein Bild verstreut. Auch eine halb abgebrannte Kerze stand daneben.
Rodney nahm das Bild und staunte nicht schlecht, als er die Personen darauf sah.
„Sheppard!“, rief er und drückte ihm das Bild in die Hand, als dieser zu ihm kam. „Sehen Sie sich das mal an“, fügte er hinzu.
Sheppard sah sich das Bild genau an, blickte dann zu Rodney und aktivierte danach sein Funkgerät. „Alexa, hier ist Sheppard. Sie sollten sich hier mal was ansehen.“
„Bin unterwegs“, antwortete diese und ging in Richtung des Hauses, in das sie Sheppard und McKay vorhin hat gehen sehen.
„Wenn das mal nicht eine Ähnlichkeit ist“, sagte Rodney und nahm Sheppard das Bild wieder aus der Hand.
„So was soll es geben, Rodney“, sagte John, während sie auf Alexa warteten.
„Einen Moment! Sie wissen doch was!“, keifte Rodney ahnend.
„Hmm?“
„Oh jetzt tun sie doch nicht so, als ob sie das zum ersten Mal sehen, Sheppard! Ich habe gerade ihren Gesichtsausdruck gesehen. Sie wissen mehr als ich!“
Für einige Momente druckste John herum, bis er dann doch noch mit der Sprache herausrückte. „Ja, schön, okay! Die beiden Männer auf dem Bild, habe ich tatsächlich schon mal gesehen. Alexa hat mir vor einiger Zeit ein Bild von ihrer Familie gezeigt und … die sehen denen schon ganz schön ähnlich, zufrieden? Aber jetzt … immer mit der Ruhe, Rodney! Okay?“
John versuchte den aufgedrehten Wissenschaftler wieder auf den Boden zu bekommen, was gar nicht so leicht war. Wenn er sich mal in etwas verbissen hatte, ließ er nicht mehr so schnell los. Das hatte er schon mehr als einmal erlebt.
„Was gibt es denn?“, sagte Alexa, als sie das Haus betrat.
Langsam kam sie auf die beiden Männer zu, sah sich etwas um und musste aufpassen, dass sie nicht über Teile des Dachs oder ein paar Möbeln oder anderen Dingen stolperte.
„Das hier“, sagte Rodney und drückte ihr das Bild in die Hand.
„Was ist dam-“
Alexa konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. Das, was sie sah, verschlug ihr die Sprache. „Das bin ja ich!“, flüsterte sie.
„Was sie nicht sagen“, sagte Rodney.
„Oder sie hatten hier wohl eine ziemlich gute Doppelgängerin“, ergänzte John nach ein paar Sekunden.
„Wer weiß, was passiert wäre, wenn Sie sich getroffen hätten? Ich habe mich damals mit mich selbst geprügelt“, witzelte er und kassierte einen giftigen Blick seitens McKay.
Alexa starrte weiterhin das Bild an und bekam gar nicht mehr mit, das Teyla und Ronon ebenfalls eingetroffen waren. „Nein. Das ist keine … das ist t… der Oberkommandierende …“, sagte sie mit Tränen in den Augen.
„Oberkommandierende?“
John ahnte schon die Antwort. Zumal ihm die Kleidung des älteren Mannes seltsam vertraut vorkam.
„Er ist ein General.“
„Und was machen sie zusammen auf dem Bild? Und wer ist der andere Typ?“, fragte Rodney.
„General Tristanius Alarith Thalis …er ist mein Vater“, flüsterte sie.
„Ihr Vater war ein General?!“, kam es überrascht von McKay. Alexa nickte.
„Das haben Sie mir aber nicht gesagt“, beschwerte sich John halbherzig. „Und der andere ist dann…“
„Mein Bruder … Dorian“, ergänzte sie McKay´s Satz.
John und Rodney starrten sie mitfühlend an.
„Okay, hören sie … es tut mir leid, aber … ich kann mir nicht vorstellen, dass das…es sind dreizehntausend Jahre, das ist einfach zu lange her“, sagte John leise.
„Aber … das ist er und mein Bruder!“, schluchzte sie und sah immer noch auf das Bild.
„Das mag ja sein, aber … wem gehört das Bild? Wann genau wurde es aufgenommen? Und wie kommt es hier hin?“, wollte Sheppard wissen.
Alexa schüttelte unwissend mit dem Kopf. „Ich weiß nicht, wem es gehört … gehört hat. Abgesehen davon, ist es handgemalt. Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, dafür mit den beiden … posiert zu haben …“, antwortete sie und wurde immer verzweifelter. „… was ist denn hier nur los? Die Wraith sollen doch diesen Planeten angegriffen haben …“
„Haben sie auch. Wir haben die Restenergiesignatur von Wraithwaffen messen können“, unterbrach McKay sie.
„Und wo sind dann … die Leichen?“, fragte sie nun ruhiger und hatte zumindest das Weinen unter Kontrolle.
„Guter Punkt“, sagte John und blickte sich weiter um.
Nach einigen ratlosen Sekunden rätselte sie weiter. „Die Wraith waren hier, haben das Dorf angegriffen aber es gibt keine Leichen. Und auch keine Wraith, was schade ist“, wandte sie sich an Ronon, der schon antworten wollte.
„Stattdessen sehe ich mir ein Bild an, auf dem mein Vater und … mein Bruder zu sehen sind. Hier stimmt doch was nicht! Was ist, wenn sie noch am Leben sind, wenn … wenn … sie auch in Kapseln waren? Was ist, wenn die Wraith sie haben?“, rief sie aufgeregt und klammerte sich an das Bild.
„Jetzt mal langsam, okay? Wir wissen noch nicht mal, was genau hier passiert ist. Das ganze hier kommt mir auch ein bisschen merkwürdig vor“, versuchte John die junge Frau zu beruhigen.
John wusste nicht so recht, was er von all dem halten sollte. Auf keinen Fall wollte er, dass der Commander sich irgendwelchen Hoffnungen und Träumen hingab, die sich im Nachhinein vielleicht irgendwie in Luft auflösten. Alexas restliche Familie zu finden, lebend, wäre mit Sicherheit ein großartiges Happy End. Aber die Realität sah doch in Wirklichkeit ganz anders aus. Dafür sorgten schon die letzten dreizehntausend Jahre. Das schon ein einziger Mensch so lange in einer Stasiskapsel überlebt hatte und gefunden wurde, war schon irgendwie ein kleines Wunder. Aber eine ganze Familie?
Das größte Problem an der ganzen Sache waren die fehlenden Erinnerungen. Der Commander wusste ja selbst nicht mal, wie sie in dieses Ding kam. Oder wie es überhaupt dazu kam. Von ihrer Familie oder ihren Freunde ganz zu schweigen. John wünschte sich schon fast irgendeine eine Bestätigung, dass sie tot seien. So leid es ihm auch tat. Dann hatten sie zumindest Gewissheit und sie könnte es vielleicht verarbeiten, damit abschließen und endlich etwas Ruhe finden. Denn, wenn man der Wahrheit ins Gesicht sah … die Hoffnung, dass man sie irgendwo, irgendwie lebend wieder finden würde, war gering. Zu gering. Aber andererseits … das hier war die Pegasus-Galaxie. Und diese Leute waren Antiker. Also, war eigentlich alles möglich. Und wenn John mit Sicherheit eines wusste…dann, dass die Hoffnung als letztes sterben würde.
Alexa ging nun im Haus umher, sah sich alles genau an, drückte aber weiterhin das Bild an ihre Brust.
„Das denke ich auch, es müssten wirklich ein paar Tote geben. Die Wraith wären niemals in der Lage, alle Bewohner eines Dorfes ohne Opfer einzusammeln“, sagte Teyla.
Jeder dachte nach. Es fiel ihnen gar nicht auf, dass sie mittlerweile einen kleinen Kreis im Raum gebildet haben.
Nach wenigen Augenblicken kam ihnen ein Gedanke und sie sprachen gleichzeitig.
„Ein Versteck!“
Das Team war mittlerweile so gut eingespielt, dass sie praktisch die Gedanken der anderen lesen konnten.
Also begannen sie, weiter zu suchen. Alexa blickte noch einmal inständig auf das Bild und steckte es dann behutsam in ihre Weste. Alles im dem Haus wurde auf den Kopf gestellt. Was teilweise auch nicht schwer war, da ja schon alles durcheinander lag.
Alexa ging zu einem schrankähnlichen Möbelstück und öffnete es. Sie überprüfte jedes einzelne Fach und auch die Rückwand, als ihr Blick auf ein am Boden liegendes Kleidungsstück fiel.
„John!“
Dieser ließ alles stehen und liegen und ging rüber zu ihr. Alexa hielt ihm das Gewand direkt vor das Gesicht.
„Das kenne ich!“, rief sie aufgeregt. „Das Gewand trug meine Mutter. Wissen sie noch? Auf dem Bild, dass ich Ihnen neulich gezeigt habe.“
John erkannte es auch wieder. „Na schön. Okay … okay, ich glaube es ja langsam auch, aber wie kommt Ihre Mutter hier her? Und vor allem wann?“, fragte er.
„Keine Ahnung. Aber sie war hier. Vielleicht … Sie lebt vielleicht noch. Ich muss sie finden!“, entgegnete sie und ging zum Bett um die Kleidung dorthin zu legen.
„Na schön, Kinder. Weiter geht´s. Suchen wir ein mögliches Versteck. Und das schnell! Die Wraith werden sich das sicher auch denken können … ist nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder hier auftauchen. Bis dahin will ich die Leute gefunden und in Sicherheit gebracht haben!“
Als Alexa direkt vor dem Bett stand, bemerkte sie eine quietschende Diele unter ihren Füßen. Eine merkwürdige Empfindung, die darauf folgte, machte ihr allerdings mehr Sorgen.
John, der jetzt mehr denn je Alexa im Auge behielt, fiel auf das sie irgendwie abgelenkt zu sein schien. „Was ist los?“
Besorgt ging er auf sie zu.
„Keine Ahnung. Da ist irgendwas. Ich … ich fühle irgendwas…Angst oder ähnliches“, verwirrt blickte sie zu ihren Kollegen.
„Angst?“, zweifelte Ronon und sah sie ungläubig an.
„Nicht meine. Ich habe keine Angst. Es fühlt sich an, als ob ich jemand anderes …“, versuchte sie zu erklären und ging dabei zu Rodney und blieb ganz dicht bei ihm stehen.
„Nein, er ist es nicht. Erstaunlicherweise“, gab sie überrascht bekannt.
„Hey! … Moment mal. Wollen Sie jetzt etwa fühlen können, was … andere fühlen?“
Alexa zuckte ratlos die Schultern. „Weiß nicht. Kann so etwas überhaupt möglich sein?“, wollte sie wissen und wandte sich an Sheppard.
„Äh, Rodney?“, gab John die Frage weiter ließ McKay dann aber doch nicht mehr antworten, da ihm plötzlich ein Gedanke kam. „Mir fällt da gerade ein … die Antiker, bei denen ich war, die hatten auch die merkwürdigsten Sachen drauf. Telepathie, Telekinese und andere coole Sachen. Sieht aus, als ob Sie nun auch was Tolles können. Vielleicht können wir dadurch die Dorfbewohner finden?“
Alexa wusste, was er wollte. „Sicher … ich versuch´s“, stimmte sie ihm zu und John nickte.
Eben noch hatte sie etwas gespürt. Kaum war sie zu Rodney gegangen, war das Gefühl weg. Also musste sie diese Emotion wiederfinden. Sie ging zurück zum Bett, aber es tat sich nichts.
„McKay? Haben Sie eigentlich irgendwas auf Ihrem Scanner?“ fragte sie.
Rodney hielt den Scanner in alle möglichen Richtungen, aber er schien irgendwelche Probleme mit ihm zu haben. „Hier ist weit und breit nichts. Glaube ich. Das Ding scheint aus irgendeinem Grund nicht richtig zu funktionieren. Seit wir hier im Dorf angekommen sind, spinnt er.“
„Wieso?“, fragte John.
„Ich weiß nicht. Irgendwelche Interferenzen. Störungen. Mal geht er, mal geht er nicht“, antwortete er.
„Vielleicht ist die Batterie leer“, neckte John ihn.
„Sehr witzig, Sheppard. Der Spruch wird langsam etwas langweilig, finden sie nicht?“, entgegnete McKay etwas gereizt und kassierte ein amüsiertes Grinsen, gemischt mit einem Achselzucken.
„Versuchen Sie es mal hier“, bat Alexa und stand immer noch auf der quietschenden Diele.
Kaum war Rodney mit dem Scanner bei ihr angekommen, fiel er ganz aus. „Na großartig!“
Zeitgleich Im Stollen
„Vater, Vater! Da oben sind Männer! Die Wraith sind weg!“, rief der kleine Alan, der mit seinen Freunden aus dem dunklen Gang gerannt kam.
„Alan, ich habe Dir doch verboten, zur Luke zu gehen. Das ist gefährlich! Die Wraith hätten dich und uns finden können!“, sagte Alans Vater wütend.
„Aber Vater, sie sind doch schon seit Tagen weg. Da oben sind Leute. Es sind keine Wraith. Ich habe es gehört“, rief er wieder aufgeregt.
„Ja, stimmt. Es waren Männer und auch Frauen, die haben sich über die Wraith unterhalten“, sagte Alans Freund.
Elisha hatte das Gespräch der Jungs mitgehört und kam auch gleich näher.
„Was sprichst Du denn da, Alan? Hast Du gehört was sie gesagt haben?“, fragte sie.
„Ich habe nicht alles verstanden, aber sie haben über die Wraith gesprochen und ich glaube auch über ein Bild.
Elisha dachte sofort an das Bild Ihrer Familie. In all der Hektik und Panik vor ein paar Tagen hatte sie es völlig vergessen. Augenblicklich spürte sie einen kleinen Stich in ihrem Herzen und Hoffnung keimte auf.
-Oh, Ihr Erleuchteten … habt ihr mir meine Familie geschickt? Habt ihr eure wachende Hand über sie gehalten? Bitte lasst es mein Mann sein…meine Tochter, meinen Sohn! Ich flehe euch an! Bitte …-
Nun war auch der Dorfälteste gekommen und befragte die Kinder noch mal. Als sie ihm alles erzählt hatten, entschied er, ein paar Leute zur Luke zu schicken und weiter zu horchen. Zwei Männer meldeten sich freiwillig und liefen sofort zur Luke.
„Vielleicht sind die Wraith wirklich fort und Hilfe ist gekommen“, hoffte der Älteste.
Elisha wollte ihm schon antworten, ihn daran erinnern, dass auch die Wraith wieder gekommen sein könnten, aber ein Aufschrei der schwangeren Tasha lenkte sie ab.
„Mein Kind! Es … es kommt!“, rief sie und musste immer wieder vor Schmerzen aufschreien.
Elisha gab sofort Anweisungen, saubere Tücher und Wasser zu besorgen.
„Ich hoffe du hast recht. Das Kind kommt, und es könnte Probleme geben“, sagte Elisha besorgt zum Ältesten.
Als dieser sie verständnislos anblickte, fuhr sie fort. „Das Kind liegt falsch herum. Ich kann ihr hier nicht gut helfen. Abgesehen davon gehen uns die Nahrungsmittel und das Wasser aus. Wir müssen so schnell wie möglich wieder hier raus. Allein wegen der frischen Luft“, flüsterte sie, um Tasha nicht unnötig aufzuregen.
„Die Männer müssten bald bei der Luke sein, sie werden uns Bescheid geben“, sagte der Älteste.
Elisha nickte und ging wieder zu Tasha, um ihr zu helfen, während sie selbst weiterhin tief in ihrem Inneren bebte und zitterte. Sie hoffte so sehr, wieder im Kreise ihrer Familie zu sein. In den Armen ihres Mannes und in die Gesichter ihrer Kinder zu sehen.
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„Ronon, helfen Sie mir mal“, bat Alexa und schob mit seiner Hilfe das Bett beiseite. Darunter waren nur weitere Dielen.
Alexa sah sie sich genauer an, konnte aber nichts Auffälliges finden. Langsam begann sie, mit ihren Fingern die Dielen abzufühlen. Auch in den Fugen fuhr sie entlang. Zuerst konnte sie nichts finden aber dann fühlte sie ein merkwürdiges Gefühl, das sie innehalten ließ.
„Was ist?“, fragte Ronon, der neben ihr hockte.
Alexa rang nach Luft und versuchte sich wieder zu fangen. „Es ist wieder da. Angst oder …“
„Wovor haben Sie denn jetzt Angst?“, fragte Rodney schnippisch.
„Ich sagte es doch schon, ich habe keine Angst, aber … ach vergessen Sie´s!“, erklärte sie, atmete ein paar Mal tief durch und suchte weiter die Dielen ab. „Hier ist jemand!“, sagte sie.
Es dauerte eine kleine Weile, bis sie einen kleinen unscheinbaren Schlitz fand.
„Da ist was!“, sagte sie nochmal.
Nervös blickte sie zu den anderen. John nickte Ronon zu, der bereit war die Luke, die sie gerade fanden, zu öffnen.
John, Teyla, Rodney und Alexa nahmen ihre Waffen in Anschlag und warteten auf Ronon.
„Hörst Du? Das sind keine Wraith. Vielleicht haben die sie verjagt“, flüsterte ein Mann, der unten an der Leiter stand, die hinauf zur Luke führte.
„Es könnten auch ihre Anhänger sein. Es gibt Menschen, die sie anbeten, das weißt Du!“, sagte der andere.
„Reden die denn so? Sollen wir ewig hier unten bleiben? Ist Dir denn nicht aufgefallen, dass wir bald nichts mehr zu essen haben? Wir sind alle krank!“ antwortete der andere während er begann die Leiter aufzusteigen.
Kaum hatte er den Satz zu Ende gesprochen, wurde die Luke auch schon aufgeschwungen und mehrere Waffenmündungen zielten in sein Gesicht.
„Bitte! Nicht schießen!“, flehte einer der Männer, als er sah, das es weder Wraith noch Wraithanbeter waren, die die Waffen auf sie richteten.
John und sein Team schalteten die Lampen an ihren Waffen aus und konnten somit die beiden Männer besser sehen.
„Wir tun Euch nichts. Habt keine Angst“, sagte Teyla und nahm ihre Waffe weg.
Die Angst der Männer war offensichtlich. Auch John und die anderen sicherten ihre Waffen.
„Konntet Ihr euch hier unten verstecken? Wo sind die anderen eures Dorfes?“, fragte Teyla weiter.
„Wir sind alle hier unten. Bitte! Wir brauchen Hilfe. Wir sind schon seit Tagen hier unten. Wir haben kein Wasser mehr und viele von uns sind krank geworden“, erklärten sie.
„Na schön, Ronon, Alexa, ihr nehmt mit Atlantis Verbindung auf. Sagt ihnen, dass wir medizinische Unterstützung brauchen“, befahl John den beiden.
„Nein, ich werde mit runter gehen!“, konterte Alexa entschieden.
„Alexa …“
„Colonel …ich werde da runter gehen. Meine Mutter ist vielleicht dort!“
John starrte sie eine Weile an, gab aber dann doch nach. „Na schön. Teyla, sie gehen mit Ronon.“
Alexa machte sich bereits daran, den kleinen Schacht hinunter zu klettern.
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Eine Frau und einen Mann sah er aus dem verwüsteten Haus kommen. Schnell suchte er Schutz und Deckung hinter einer noch einzelnen stehenden Hauswand, nicht mehr als zwanzig Meter entfernt von ihnen.
Auf keinen Fall durfte er gesehen werden. Auch wenn diese beiden ihn nicht kannten, jemand anderes tat es mit Sicherheit.
Sein dunkles, bodenlanges Gewand wehte bei jeder seiner Bewegungen, seine Kapuze fiel zurück und lies die Sonne in sein Gesicht scheinen. Ein Gesicht, das von Schmerz und Trauer, aber auch von Wut und Entschlossenheit gekennzeichnet war. Seine dunklen Haare bewegten sich kaum im Wind. Seine blauen Augen blickten gen Himmel. Für einen kurzen Augenblick genoss er die wärmenden Strahlen, bevor er sich wieder auf sein Ziel konzentrierte. Kurz fuhren seine Hände über seine Stirn, seine Augen und schließlich über seinen dunklen gepflegten Schnurr- und Kinnbart.
Er beschloss, sich diese Pelzes bald zu entledigen.
Er hatte viele Ziele, jedes musste erreicht werden, damit sein letztes, sein größtes Ziel von allen, ebenfalls erreicht werden konnte.
Ihr Leben, das zugleich ihren Tod bedeutete.
Aber dazu durfte nur eines nach dem anderen in Angriff genommen werden. Eine strikte Reihenfolge seines Vorgehens würde ihm den Erfolg garantieren.
Seit Tausenden von Jahren wartete er darauf. Auf eine Möglichkeit, ihr wieder zu begegnen. Ihr wieder nah zu kommen, um sich ihr Geheimnis zunutze zu machen.
Damals entdeckte er ihr Geheimnis, von dem sie selbst nichts ahnte. Selbst jetzt noch nicht. Dieses Geheimnis war sein Schlüssel, der die Prozedur vervollständigen würde.
Doch er ging die Sache falsch an. Er beging einen großen Fehler, als er sie und dann ihren Versprochenen herausforderte. Nun, den Geliebten wurde er los. Das hatte er mit großer Mühe geschafft, doch ihrem Zorn konnte er nicht mehr entkommen.
Schmerzhaft und erschreckend real kamen die Bilder seines eigenen Ablebens in ihm hoch, bevor er sich wieder auf die Gegenwart konzentrierte.
Es würde diesmal Zeit brauchen und Umsicht. Mit größter Vorsicht musste er nun vorgehen. Noch durfte sie nicht wissen, dass er wieder hier war. Dass er überhaupt wieder war.
Zunächst brauchte er Informationen. Diese von den beiden zu bekommen, die gerade zum Sternentor gingen, stellte kein Problem dar. Sie würden es nicht bemerken, wenn er in ihnen las …
~~~///~~~
John, Rodney und Alexa folgten den beiden Männern tiefer in die Stollen.
„Es ist nicht mehr weit, gleich da vorne“, sagte einer der beiden, der sie zu den Dorfbewohnern führte.
Es dauerte auch nur noch ein paar Minuten, bis sie die anderen fanden. In einer riesigen Kammer, die eher Katakomben glich, fanden sie unzählige Menschen. Frauen, Kinder und auch viele Männer, die teilweise auf dem Boden saßen.
Viele waren blass, hatten offensichtlich Fieber und waren wohl ernsthaft krank. Vor allem Kinder und alte Menschen waren sehr geschwächt.
„Hier sind die Menschen, die die Wraith verjagt haben“, sagte einer der Männer zu dem Ältesten.
„Eigentlich haben wir sie nicht verjagt. Als wir ankamen, waren sie schon lange weg“, erklärte Rodney, während er sich schockiert umsah.
„Tristanius?“, wisperte Elisha hoffend und versuchte, in der andrängenden Menschenmenge jemand bestimmtes zu finden Für einen kurzen Augenblick glaubte sie, ein vertrautes Gesicht zu erkennen, aber ihre Sicht wurde von den anderen Dorfbewohnern behindert.
„Sheppard!“, rief Alexa, als sie vor einer Stasiskapsel stand, die ihrer eigenen sehr ähnlich sah.
„Wem gehört die?“, wollte er vom Dorfältesten wissen, bekam aber keine Antwort.
„Hören Sie, ich kenne diese Technologie. Ich … ich habe sie schon viele Male gesehen. Wir wollen ihnen helfen, aber ich bin auch auf der Suche nach jemand bestimmten, also bitte sagen sie mir …“
„Alexa?“ ertönte eine weibliche Stimme aus dem hinteren Bereich der Gruppe.
Langsam gingen die Dorfbewohner auseinander und bildeten einen kleinen Weg, an dessen Ende Elisha stand. Alexa stand immer noch an der Kapsel. Tränen traten in ihre Augen, als sie die ältere Frau erblickte. Ihr Herzschlag setzte für einige Momente aus und sie rang nach ihrem Atem.
-Kann es denn sein? Nein, ich muss mich täuschen. Das ist nicht möglich!- dachte Elisha und starrte die junge Frau an.
„Mater?“, fragte Alexa mit zitternder Stimme.
„Alexa?“, fragte Elisha vorsichtig in ihrer Muttersprache, „bist Du das wirklich?“.
Langsam und unsicher gingen sie ein paar Schritte aufeinander zu. John und Rodney sahen sich unsicher an, niemand traute sich, etwas zu sagen. Elisha sah sich die junge Frau nochmal genauer an. Ihre Größe, ihre Figur, ihre Haut- und Haarfarbe. Alles passte. Bis auf die Kleidung, die erkannte sie nicht.
„Sag mir, dass ich mir das nicht einbilde, dass es nicht das Fieber ist, das mich Dich sehen lässt.“
Langsam schüttelte Alexa den Kopf und ging weiter auf Elisha zu. „Mater?“, fragte sie noch einmal.
Elisha konnte sich nicht mehr zurückhalten. „Ja! Oh Alexa, ja! Ich dachte schon, Dich nie wieder zu sehen!“, rief sie und umarmte ihre Tochter stürmisch, während dann beide auf die Knie zu Boden sanken. Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Und auch Alexa weinte vor Freude.
„Mater!“, rief sie voller Freude und drückte sie.
Es dauerte einige Momente, bis sie ihre Umarmungen lösten und Elisha ihrer Tochter viele Küsse auf die Wange und Stirn gab.
„Tja, ich schätze das mit dem Doppelgänger hat sich dann wohl gänzlich erledigt, nicht wahr?“, brachte Rodney leise aber grinsend hervor.
„Was reden die da?“, flüsterte John zu Rodney und ging nicht weiter auf die Bemerkung ein.
„Weiß nicht. Irgendwas von Fieber und … nicht richtig sehen oder nicht wieder sehen … Mater heißt übrigens Mutter!“, übersetzte dieser.
„Ja, Rodney. So weit habe ich mir das auch denken können, danke!“.
„Was ist passiert, wo warst Du so lange? Geht es Dir gut?“, fragte Elisha aufgeregt.
Alexa wusste nicht, ob sie mit dem Kopf schütteln oder einfach nur nicken sollte. Sie wusste nur, dass sie ihre Mutter nicht mehr loslassen wollte.
„Das ist eine lange Geschichte, Mutter. Aber wie kommst Du hierher?“, fragte sie und wechselte dabei ganz zur normalen Sprache.
„Oh, das ist auch eine lange Geschichte. Was ist mit Deinem Vater? Geht es ihm gut? Und Dorian? Hat er dich geschickt?“, fragte sie weiter.
Alexa schüttelte mit dem Kopf. „Sind sie nicht bei Dir?“, fragte sie.
„Nein. Nein, sind sie nicht. Oh, Alexa was ist nur passiert?“, fragte sie weiter und legte ihre Stirn an die ihrer Tochter.
„Ich weiß nicht, Mutter. Aber ich finde es heraus, versprochen!“
John überlies die beiden ihrer Wiedersehensfreude und ging zum Ältesten zurück.
„Wir wollen Euch nichts tun. Ich bin Colonel John Sheppard, das ist Rodney McKay und das ist…
„Alexa, ihre Tochter. Ich weiß. Elisha hat oft von ihr und ihrer Familie gesprochen … sie hat immer gewusst, dass sie sie eines Tages wieder sehen würde“, entgegnete Ogar erfreut.
„Was ist hier genau passiert, was haben Ihre Leute?“, fragte John den Ältesten.
„Verzeiht, ich bin Ogar, der Dorfälteste. Vor vielen Tagen, als uns die Wraith angegriffen haben, haben wir uns hier versteckt. Hier unten konnten sie uns nicht finden. Schon seit langer, langer Zeit waren sie nicht mehr hier. Aber seit dem Tag, an dem wir hier ankamen, wurden viele von uns krank. Wir wissen nicht warum oder von was. Elisha… kennt sich eigentlich recht gut mit den verschiedensten Krankheiten aus, aber selbst sie ist ratlos“, sagte der Alte verzweifelt.
„Ich glaube es liegt an diesem Gestein hier unten. Es macht die Leute krank. Aber ich konnte es bisher nicht genauer untersuchen“, warf Elisha ein, als sie sich wieder mit Hilfe ihrer Tochter erhob. Eilig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, richtete ihre Kleidung wieder und umarmte nochmals ihre Tochter.
„Äh, Sheppard, wir haben ein kleines Problem hier!“, rief Rodney dazwischen, der sich währenddessen etwas umgesehen hatte, nun vor Tasha hockte und versuchte, die werdende Mutter zu beruhigen.
„Bitte, zwingen sie mich nicht, schon wieder die Hebamme zu spielen! Das halte ich nicht nochmal aus“, stöhnte er, als John bei ihm ankam.
Elisha zog den Colonel etwas von Tasha weg. „Das Kind hat sich nicht gedreht. Es wird Probleme bei der Geburt geben und ich kann hier nichts tun!“, flüsterte sie verzweifelt.
„Keine Sorge. Ich habe oben noch zwei meiner Leute nach Hilfe geschickt. Sie werden gleich hier sein. In der Zwischenzeit sollten alle so schnell wie möglich raus“, sagte John und aktivierte sein Funkgerät um Teyla Bescheid zu geben.
Zeitgleich in Atlantis
„Deadalus! Sie sind aber früh hier!“, sagte Woolsey über Funk zu Steven Caldwell, der mit der Deadalus gerade die Umlaufbahn von New Lantia erreichte.
„Ja, wir haben mal ein bisschen mit den Triebwerken gespielt, deswegen sind wir einen Tag früher da. Und im Pragha System gab es auch nichts Interessantes mehr. Bitte um Erlaubnis runter zu beamen“, fragte Steven.
„Sicher! Erlaubnis erteilt“, bestätigte Richard.
Kaum dass er diesen Satz aussprach, erschien auch schon Steven Caldwell in Woolseys Büro.
„Willkommen in Atlantis“, begrüßte Woolsey ihn.
„Also, nichts kriechendes mehr auf diesem Wüstenplaneten?“
„Nein. Wir haben den ganzen Planeten abgesucht und keinen … Wurm mehr gefunden. Ich glaube das wir damals den letzten Seiner Art vernichtete haben und…”
Steven wurde von Chuck unterbrochen. „Gateaktivierung von außen!“
Richard sprang sofort auf und ging in den Kontrollraum, in dem man schon Teyla auf dem Monitor sah.
„Teyla an Atlantis, können Sie mich hören?“, fragte sie, während sie vor dem MALP hockte und in die Kamera blickte.
„Hier Atlantis. Wir können Sie hören und sehen, was gibt’s neues?“, fragte Woolsey, der, sich vor einen Monitor stellte.
„Wir haben die Dorfbewohner gefunden. Sie haben sich in einigen Tunnels, die sich unter dem Dorf befinden, versteckt. Keiner wurde von den Wraith erwischt. Es gibt keine Tote. Aber viele sind krank“, berichtete sie.
„Was meinen Sie damit?“, fragte Woolsey genauer nach.
„Wir wissen nicht, was für eine Krankheit es ist, aber wir glauben dass es von dem Gestein kommt, das früher hier abgebaut wurde. Vielleicht ein Bakterium oder Schimmel“, sagte sie.
„Aber die Bewohner sind alle am Leben?“, fragte Woolsey wieder.
„Ja, aber sie sind teilweise sehr schwach. Wir brauchen Doktor Keller und ihr Team hier. Es gibt kaum einen, der nicht betroffen ist.“ Woolsey nickte Amelia zu, die sofort die Krankenstation informierte.
„Wir geben Keller Bescheid. Sie ist gleich bei Ihnen. Was ist mit Ihnen? Fühlen Sie sich schon irgendwie krank?“, fragte Woolsey weiter.
„Nein, uns geht es so weit gut. Ich vermute mal dass eine bestimmte Zeit vergehen muss, bevor man irgendwelche Symptome zeigt. Außerdem sollten sie vielleicht den OP vorbereiten. Es befindet sich eine hochschwangere Frau unter den Bewohnern, bei der die Wehen eingesetzt haben. Aber offensichtlich gibt es Komplikationen. Es läuft wohl auf einen …Kaiserschnitt hinaus.“
Carson, der gerade im Kontrollraum angekommen war, konnte gerade wieder auf dem Absatz kehrt machen und zurück in die Krankenstation laufen. „Bin schon unterwegs! Ich lasse den OP vorbereiten“, rief er nach oben, als er die letzten Stufen hinter sich brachte.
„Wie sieht es eigentlich mit dem Dorf aus?“, fragte Woolsey leicht schmunzelnd weiter. Carson´s Enthusiasmus und Leidenschaft für seine Arbeit erstaunte ihn immer wieder.
„Schlimm. Es ist noch mehr verwüstet, als wir durch das MALP erkennen konnten“, erklärte Teyla kopfschüttelnd, die immer noch vor dem MALP hockte und in die eingebaute Kamera sprach. Ronon stand hinter ihr und wartete.
„Ach da ist noch was! Doktor McKay’s Scanner funktioniert nicht. Vermutlich auch durch das Gestein. Wir wissen daher nicht, ob diese Krankheit ansteckend sein könnte …“
„Verstanden, Atlantis Ende“, sagte der Expeditionsleiter und die Verbindung brach ab.
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„Ogar, gehen Sie mit ihren Leuten wieder nach oben, dort sind noch weitere Leute von uns, sie werden Euch helfen.“
Rodney begann damit, seine Leuchtstäbe und die von John und Alexa im Stollen zu verteilen, sodass die Menschen besser sehen konnten.
„Diese Menschen wollen uns helfen, Vanos. Also bitte geh jetzt mit deiner Familie nach oben. Vertraue mir.“
Es fiel Elisha nicht gerade einfach, jemand anderen zu bitten, Vertrauen zu fassen. Sie selbst konnte es ja nicht mal richtig. Sie hielt sich lediglich an ihre Tochter, die sich mit diesen fremden Leuten offensichtlich gut verstand. Sie half der alten und geschwächten Frau vom Boden auf und wies sie an, in Richtung Ausgang zu gehen.
Es dauerte nur wenige Augenblicke und das Tor auf M3H-898 aktivierte sich.
Ein Jumper kam durch und landete direkt vor dem Dorf, beziehungsweise dem, was noch übrig war.
Teyla und Ronon gingen zum Jumper und begrüßten Doktor Keller und ihr Team, das rauskam.
„Carson ist in Atlantis und lässt den OP vorbereiten. Wo sind die Leute?“, fragte sie und schwang sich ihren Rucksack auf den Rücken.
Ronon und Alexa nahmen auch einige Taschen, in denen Medikamente und Wasserflaschen waren, und führten sie ins Dorf hinein.
„Da vorne. Kommen Sie.“, sagte Ronon und ging voraus.
Auch die weiteren Ankömmlinge bemerkten nicht, dass sie beobachtet wurden. Niemand spürte, dass man sich ihrer Gedanken, Gefühle und Erinnerungen bemächtigte …
„Langsam, vorsichtig“, sagte Rodney und half einer alten Frau, die letzten Stufen der Leiter herauf zu klettern.
Teyla legte die Tasche mit den Wasserflaschen auf den Boden und begann sie zu verteilen. Ronon tat es ihr gleich.
Dankbar nahmen die völlig erschöpften Menschen das Wasser und tranken es teilweise in einem Zug aus.
„Wie viele sind es?“, fragte sie nach.
„Knapp über hundert. Es ist ein kleines Dorf“, antwortete Rodney, der immer noch an der Öffnung im Boden stand und auf die nächste Person wartete.
Als nächstes war es an Magda, eine sehr alte, kleine und gebrechliche Dame, die kleinen Stufen hinauf zu steigen. Sie hatte kaum noch genug Kraft, um einen Fuß vor den anderen zu setzen. Also stellte sich John vor sie, damit er sie dann Huckepack die Leiter raufbrachte.
Zwei Sanitäter kümmerten sich sofort um die alte Frau und brachten sie direkt in den Jumper.
Immer wieder mussten Ronon und Teyla die aus dem Haus kommenden Leute bitten, ebenfalls zum Jumper und zum Tor zu gehen. Denn, obwohl man ihnen half, hatten einige Angst vor ihren Rettern, da sie schwere Waffen trugen. Und jeder von ihnen war in eine dunkle Uniform gekleidet, die auf einige bedrohlich wirkte.
Besonders Alexa, die mittlerweile sowohl eine Beretta am rechten und ihre lantianische Waffe am linken Bein trug, als auch Ronon, der mit seinem Aussehen und seiner Größe mal wieder für Aufsehen sorgte. Dennoch versuchten sie alles, um die Menschen zu beruhigen und aus dem Stollen zu bringen.
Mittlerweile kletterte auch Elisha die letzten Stufen der Leiter hoch, direkt hinter ihr Alexa.
„Wir sollten zusehen, dass wir hier so schnell wie möglich raus kommen“, meinte John, der ein bedrohlich wirkendes Knirschen und Knarren des beschädigten Daches hörte.
Mittlerweile waren fast alle anderen bereits im Jumper oder gingen durchs Tor nach Atlantis. Nur noch wenige Dorfbewohner, die sich gerade noch auf den Beinen halten konnten, blieben und sahen sich die Trümmer an, die früher einmal ihre Häuser waren. Viele von ihnen fielen auf die Knie und beklagten ihren Verlust von Heim und Haus.
Manche schlugen die Hände über den Kopf zusammen, andere standen nur sprachlos vor den Resten ihrer Existenz.
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Konzentriert beobachtete er das Geschehen. Er sah, wie die Menschen in Scharen durch das Sternentor flüchteten.
Die Dorfbewohner interessierten ihn jedoch nicht. Ihre Gedanken waren unwichtig und stahlen ihm nur die Zeit.
Zeit, die ohnehin knapp bemessen war.
Seit tausenden von Jahren war er bereits auf der Suche nach ihr. Immer, wenn er glaubte, sie gefunden zu haben, verbargen sie sie vor ihm und er konnte von neuem mit der Suche beginnen. Und doch gab er nicht auf. Es beschäftigte ihn erbarmungslos. Nein, es stimmte nicht ganz. Nicht er war beschäftigt. Die anderen waren es.
Wie konnten sie es nur wagen, ihn aufzuhalten?! Es wäre für ihn ein leichtes gewesen, sich dieser Technologie, aber vor allem dieser Frau zu bemächtigen. Stattdessen überwachten sie ihn, störten ihn immer wieder in seinem Vorhaben. Schlussendlich hielten sie ihn sogar auf. Sie dachten, dass sie ihn bestrafen würden, als sie ihn zurückschickten.
Doch seine Strafe konnte er nun noch besser nutzen, zumal diese einfachen Menschen sie gefunden hatten. Den größten Teil seines Wissens und seiner Kräfte konnte er damals verbergen und somit behalten. Andere waren nun geschwächt oder gänzlich verloren gegangen.
Die die wichtigsten jedoch besaß er noch. Ein kleiner Test würde es ihm selbst beweisen. Langsam ging er auf die Menschen zu, die sich Sanitäter nannten. Er war nicht mehr als eine Armeslänge von ihnen entfernt und las in ihnen. Sie bemerkten es nicht. Noch besser, sie sahen ihn auch nicht. Sie konnten ihn in keinster Weise wahrnehmen.
-Sehr gut!-
Nun ging er auf eine junge blonde Frau zu, trat ihr dicht gegenüber, fuhr mit seiner Hand dicht an ihrem Gesicht vorbei. Sie sah ihn nicht.
-Jennifer Keller … Doktor … leitende Stabsärztin in Atlantis … Rodney McKay … leitender Wissenschaftler … ah, ihr Geliebter, so einfach und doch erstaunlich, diese Menschen …-
Jennifer sah zu dem Haus, aus dem die Dorfbewohner kamen, und sah bereits Rodney und Colonel Sheppard ins Licht treten. Er folgte ihrem Blick.
Um kein Risiko einzugehen, löste er sich einfach auf und materialisierte sich wieder hinter der Hauswand, die ihm schon gute Dienste erwies und ihn ausreichend Deckung bot.
Erneut fühlte er ihre Gegenwart. Eine starke und berauschende Präsenz. Für einen kurzen Moment vergaß er sich und seine Selbstbeherrschung.
-Es würde nur einen kurzen Moment dauern … nicht länger als einen Wimpernschlag und schon wäre sie in meinen Händen! Nein! Nein, ich muss langsam machen. Es ist zu viel Zeit vergangen. Es hat sich mit Sicherheit einiges für sie verändert. Sie hat sich verändert! Um sie für mich …für mein Vorhaben zu gewinnen, muss ich mehr erfahren. Und diese da werden mir dabei helfen!-
Vorsichtig lugte er um die Ecke. Nun konzentrierte er sich auf den, den sie McKay nannten. Doch das meiste, das er in ihm lesen konnte, war für ihn nicht von besonderem Belang.
Dieser John Sheppard allerdings hatte erstaunliche Informationen in seinen Gedanken, Gefühlen und Erinnerungen zu bieten.
-Beeindruckend! Ein unglaublich starker Wille und auch seine mentale Kraft ist erstaunlich. Auch er wird sicherlich meinem Ziel dienlich sein. Aber eines nach dem anderen. Was hast du mir noch zu bieten? … Hass? Ein so disziplinierter Soldat kann einen solchen Hass gegen nur eine Person empfinden?… Oh natürlich! Das ist der Grund … Folter. Deswegen dieser Hass und die Rachegelüste! Und du hast lange auf diesen Moment gewartet nicht wahr? …-
Immer tiefer drang er in die Gedanken des Colonels ein, ohne dass dieser etwas ahnte oder gar verspürte. Doch er musste sich beeilen. Ihm blieben vielleicht nur Sekunden, bis sie aus dem Haus kam. Es bestand immer noch, selbst nach dieser langen Zeit, die Möglichkeit, dass sie seine Anwesenheit wahrnahm. Und das durfte nicht passieren! Er durfte diese Frau auf keinen Fall ein zweites Mal unterschätzen. Ein letztes Mal konzentrierte er sich, visualisierte Sheppards Erinnerungen in seinem Kopf, sah sie vor seinen Augen, als seien es seine eigenen.
-Ja … an diesem Tag war es endlich so weit nicht wahr … Colonel? … „Hätte ich sie nur das erste Mal umgebracht. Das hätte mir viel Ärger erspart.“… „Da haben wir was gemeinsam!“ … „Leben sie wohl, Sheppard!“ … „Tja, nachdem sie sich das von der Seele geschossen haben …“ „Wenn ich ihnen die Chance anbieten würde, sich zu ergeben, würden sie es vermutlich nicht tun … dachte ich auch nicht!“ … Ja! du hast geschossen und deine Rache erhalten. Du hast ihn getötet. …-
Kaum waren sie in der Dorfmitte und einige Meter von Haus entfernt, hörten sie ein lautes knirschen und krachen und das gesamte Haus stürzte zusammen. Jeder drehte sich erschrocken um und sah auf den Trümmerhaufen, aus dem nur noch eine Staubwolke aufstieg.
„Ja! Das ist meine Tochter. Niemand anderes schafft es, ein ganzes Haus durch bloße Anwesenheit zum Einsturz zu bringen“, erklärte Elisha mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Nachdem sich der Staub legte, atmete die Gruppe erleichtert auf und ging weiter in Richtung Stargate
Doch plötzlich blieb Alexa stehen. Tief in ihrem Inneren entstand eine merkwürdige Empfindung. Etwas dunkles, Gefährliches und fremdes schien anwesend zu sein. Fremd aber doch vertraut. Vertraut und dennoch unangenehm und böse. Kälte breitete sich in ihrer Magengegend aus und erreichte auch bald ihre Glieder. Ihre Nackenhaare stellten sich auf.
„Was ist mit Dir?“, fragte Elisha, die sich an Alexa’s Arm klammerte.
„Commander?“ Auch John war alarmiert.
„Keine Ahnung, da … da ist was.“
„Was?“
„Ich weiß nicht“, sagte sie und drehte sich langsam um. Als ob sie nach jemanden Ausschau halten würde, betrachtete sie jedes Haus oder Trümmerteil. Doch entdecken konnte sie nichts.
Nur ein kleiner Blick auf sie wollte er erhaschen und hätte sich damit fast verraten. Nach all der Zeit konnte sie ihn wohl noch immer seine Präsenz erspüren. Doch ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie sich nicht mehr so sicher war.
-Na gut, durch den Colonel weiß ich nun, womit ich anfangen kann. Die Jagd kann beginnen!-
Schnell löste er sich auf und begab sich an einen Ort, in dem er Menschen finden würde, die ihm für seinen ersten Schritt zu seinem Plan dienlich sein könnten …
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„Was ist denn?“, wollte Elisha wieder wissen.
„Ist vermutlich nichts“, antwortete Alexa und löste ihren Blick von einer einzeln stehenden Hauswand, hinter der sie jemanden stehen zu sehen glaubte. Doch sicher war sie sich nicht. Ihre Empfindung wurde zwar schwächer, verschwand jedoch nicht vollkommen. Ein unsicherer Blick zu Teyla, sagte ihr, dass sie ebenfalls etwas Unangenehmes verspürte.
„Teyla?“
„Die Wraith!“, antwortete sie.
John wusste sofort, was sie meinte. Zumal ein Wraithkreuzer im Anflug war und man schon die Jäger hören konnte.
„Ja, genauso hatte ich mir das auch vorgestellt. Nicht zu fassen! Alle sofort zum Tor! Rodney, kümmern Sie sich darum, dass der Jumper durchs Tor kommt!“rief John und entsicherte seine Waffe.
„Und nehmen Sie meine Mutter mit!“, bat Alexa, die nun auch die restlichen Dorfbewohner zum Gate scheuchte.
„Alexa!“, rief Elisha panisch.
„Geh mit ihm! Ich komme gleich nach!“
Alexa und John bildeten die Nachhut und kümmerten sich darum, das die Leute alle zum Tor liefen. Es dauerte auch nicht lange, bis die Jäger tief genug flogen, um die Menschen mit ihren Strahlen einsammeln zu können.
John feuerte auf einen Jäger, der direkt über ihn flog. Glücklicherweise konnte er seinem Strahl ausweichen und der Jäger stürzte mit brennendem Triebwerk auf ein Feld dicht neben dem zerstörten Dorf.
„Mutter, jetzt geh mit McKay! Los!“, schrie Alexa, als sie sah, das Rodney Mühe hatte, Elisha von der Stelle zu bewegen.
Besorgt beobachtete sie, wie ihre Tochter gerade noch einem Wraith Strahl ausweichen konnte, indem sie sich auf den Boden warf und zur Seite rollte. Kaum war sie auf den Knien, feuerte sie auf den Jäger, traf ihn auch, aber er konnte abdrehen und flog einen Bogen um einen neuen Versuch zu starten.
Der Jumper war mittlerweile bereits in Atlantis angekommen und in der Jumperbucht gelandet, so dass nun auch genug Platz im Torraum für die Ankunft der restlichen Dorfbewohner war.
„Kommen Sie!“ McKay schnappte Elisha bei der Hand und zog sie mit sich durchs Tor.
Wenige Sekunden später waren auch Sheppard, Alexa und Ronon im Gateraum angekommen. Völlig außer Atem und ziemlich verstaubt, aber lebend und unverletzt.
„Schild hoch!“ rief Sheppard zum Kontrollraum hoch.
Chuck reagierte sofort. Der Gateschild war zum Glück schnell genug aktiviert, sonst wäre der Jäger, der eben noch John und Alexa jagte, mit brennendem Triebwerk durch das Gate geschleudert und dort explodiert.
So gab es nur einen Knall und eine Erschütterung, als er auf den Schild prallte.
Atlantis
„Das ist Alexa’s Mutter?“, fragte Woolsey, der am Eingang der Krankenstation stand und die Ärzte und Patienten beobachtete.
„Sieht so aus“, antwortete Sheppard.
„Aber wie ist das möglich? Ich meine…das ist doch Jahrtausende her! Sind Sie sicher?“ fragte er weiter.
„Na ja, die beiden sind sich sicher“, antwortete John.
„Und dank der Bluttests kann ich es auch bestätigen. Sie ist Alexa’s Mutter und sie ist gesund“, erklärte Jennifer, die gerade mit ihrem Tablett-PC aus ihrem Büro kam.
„Kein Wunder. Antiker“, schlussfolgerte John.
„Was ist mit den anderen Bewohnern aus dem Dorf?“, fragte er danach.
„Tja, wie ich vermutet habe, ist es eine Art Bakterium. Vermutlich vom Gestein in den Stollen. Einer der Dorfbewohner hatte mehrere kleine Steine bei sich. Wir untersuchen sie gerade genauer. Glücklicherweise ist dieses Bakterium äußerst anfällig auf Breitband-Antibiotika. Wir werden alle damit behandeln. Ich würde sie daher gerne erst einmal im Auge behalten. Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass etwas schief gehen sollte.“
Jennifer gab Woolsey den Tablett-PC. Dummerweise konnte er mit den Bildern und den Werten, die darauf zu sehen waren, nicht viel anfangen.
„Ansteckend?“, fragte diesmal John.
„Ja, aber unsere Abwehrkräfte sind etwas stärker, als die der Dorfbewohner. Der Kontakt ihres Teams war nicht lange genug, als dass etwas hätte passieren können. Dennoch möchte ich jeden von ihnen gerne etwas zur Vorbeugung injizieren. Dann dürfte es garantiert keine Probleme geben und … ich habe bereits angeordnet, die Leute aus dem Dorf im Isolationsraum am Nordpier unterzubringen. Zumindest vorübergehend“, erklärte sie.
„Gute Idee, Doktor. Na schön, dann wollen wir mal.“
Richard ging in Begleitung von Sheppard und dem restlichen Team zu Alexa und ihrer Mutter.
Diese wich ihrer Mutter keinen Schritt mehr von der Seite und saß seit ihrer Ankunft in Atlantis, auf dem Bett von ihr.
Elisha beobachtete ihre Umgebung genau. Vieles kam ihr bekannt und auch vertraut vor, aber es gab auch einige Dinge, die sie nie zuvor gesehen hatte. Vollkommen fremde Geräte und Instrumente belagerten nun ihren einstigen Arbeitsplatz.
Geräte und Maschinen, die mit Sicherheit bestimmte Zwecke zu erfüllen hatten, aber für Elisha doch ziemlich primitiv, wenn nicht sogar teilweise überflüssig wirkten.
-Du meine Güte! Was ist denn hier los?! Was ist nur passiert? Wie lange wir wohl weg waren?–
„Sie sind nicht von unserem Volk, nicht wahr?“, flüsterte Elisha aufgeregt.
„Nein. Aber du brauchst keine Angst zu haben. Es sind gute Menschen, mach dir keine Sorgen. Ich werde dir nachher alles erklären“, beruhigte Alexa sie.
Ein tiefer Blick in die Augen ihrer Tochter versetzte ihr einen Stich ins Herz. Sie konnte in ihnen Schmerz, Verzweiflung und Trauer, aber auch Hoffnung und Liebe erkennen. Langsam keimte in ihr ein furchtbarer Verdacht auf. Doch darüber wollte sie erst mal allein mit ihrer Tochter sprechen.
„Commander, Colonel Sheppard hat mir bereits mitgeteilt, dass es ein Familientreffen gibt.“
„Mister Woolsey! Ja. So kann man es auch nennen“, begrüßte Alexa ihn und hüpfte vom Bett ohne dabei die Hand ihrer Mutter loszulassen.
„Mister Woolsey, das ist meine Mutter, Elisha Thalis. Mutter, das ist Richard Woolsey. Er leitet die Atlantis-Expedition. Colonel Sheppard und die anderen kennst du ja schon.“
Woolsey begrüßte die Frau und reichte ihr die Hand. „Misses Thalis, ich freue mich, Sie kennenzulernen. Und… Willkommen zurück auf Atlantis.“
„Ich danke Ihnen Mister Woolsey. Und auch Ihnen, Colonel Sheppard, für die Hilfe im Dorf und auch hier.“
Elisha war sichtlich erschöpft. Und auch verwirrt. Man konnte ihr regelrecht ansehen, wie sie die neue Situation überforderte.
„Sie können sich sicherlich vorstellen, dass wir sehr überrascht sind, Sie zu getroffen zu haben. Wir hätten einige Fragen. Und Sie sicher auch. Aber ich schlage vor, dass sie sich erst gründlich ausruhen. Wir können dann gerne Morgen oder übermorgen miteinander sprechen“, sagte Woolsey und sah schon Doktor Keller mit einer Spritze ankommen.
„In all dieser Zeit habe ich mir solche Sorgen gemacht. Ich habe gehofft, dass mein Mann und mein Sohn auch hier wären. Alexa, was ist denn nur mit ihnen? Was um alles in der Welt ist mit ihnen passiert?“
„Ich weiß nicht, Ma. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich verspreche dir, dass ich sie finden werde“, sprach Alexa ihrer Mutter Mut zu und beruhigte sie weiter.
„Und wir helfen ihnen dabei“, wandte sich John danach direkt an Alexa und dann an Richard.
„Selbstverständlich“, stimmte dieser sofort zu, während er sich schon mal seine Jacke auszog.
Währenddessen verabreichte Keller einem nach dem anderen eine Spritze. Sowohl er als auch John bekamen eine Injektion. Der ließ es wie gewohnt ohne einen Mucks über sich ergehen. Doch Elishas Mutterinstinkt schrie laut auf, als Alexa an der Reihe sein sollte.
„Einen Moment, was ist das? Was wollen sie ihr da verabreichen?“
„Oh, das ist ein Breitband-Antibiotikum. In dem Gestein aus dem Stollen sind Bakterien, die die Atemwege angreifen. Wir wissen, dass das ihnen und ihrer Tochter nichts anhaben kann, aber sie können es vermutlich auf andere übertragen. Jeder, der in diesem Stollen war oder mit den Dorfbewohnern in Kontakt kam, wird daher eine Injektion erhalten müssen … nur, um völlig sicherzugehen“, erklärte Jennifer erneut.
„Sie müssen entschuldigen, Doktor. Meine Mutter ist immer sehr … vorsichtig. Zumal sie selbst Medizinerin ist“, verteidigte Alexa sie schmunzelnd.
„Wirklich? Sie sind selbst Ärztin? Das ist ja großartig! Dann können wir bestimmt einiges von ihnen lernen.“
„Was ist mit den Bewohnern des Dorfes?“, wollte Elisha nun wissen, ohne weiter auf Kellers Bemerkung einzugehen.
„Nun, wir werden sie vorerst in einem Isolationsraum am Nordpier unter Beobachtung stellen. Jeder wird mit Antibiotika und anderen Medikamenten behandelt. Zum Glück ist die Infektion noch nicht so weit weit vorangeschritten. Wir müssten es schnell unter Kontrolle haben. Sehen sie, ähm … hier habe ich die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchung des Gesteins“, sagte Jennifer und reichte Elisha den kleinen Tablett-PC.
Neugierig betrachtete Elisha die darauf befindlichen Informationen, obwohl das Gerät sie beinahe am meisten interessierte. „Also doch. Ich wusste, dass es nur von diesem Mineral kommen konnte. Dieses Bakterium greift die Atemwege an, in dem es die gesamte Schleimhaut zerstört! Später sind auch die Bronchien und die Lungen dran. Das könnte sehr böse enden.“
„Ja. Zuerst werden die Schleimhäute regelrecht ausgetrocknet, das Bakterium setzt sich dann in den Bronchien fest, woraufhin sich vermehrt Sekret bildet, was dann wiederum zu Erstickungen führen kann …“
„Und wenn man nicht daran grauenvoll stirbt, dann aber ganz sicher an Blutungen in der Lunge“, beendete Elisha den Vortrag über den Krankheitsverlauf.
„Ja, so sieht es aus. Gott sei Dank ist die Infektion bei den Bewohnern noch nicht so weit vorangeschritten. Auch wenn sie selbst keine Symptome zeigen, sie hatten Kontakt zu ihnen. Ich fürchte, auch Ihnen bleibt eine Spritze nicht erspart “ erwiderte Jennifer und wandte sich wieder an den Commander.
Alexa war jedoch noch immer nicht besonders begeistert von der Spritze. „Aber ich bin doch gar nicht krank“, verteidigte Alexa sich und hoffte diesem bösen Ding mit Nadel entgehen zu können.
„Du hast es doch gerade gehört, Alexa. Du trägst das Bakterium in Dir und kannst es auf andere übertragen. Genau wie ich. Und jetzt stell Dich nicht so an. Das tut doch gar nicht weh“, sagte ihre Mutter.
„Sie hat Recht, es ist wirklich nur eine kleine Nadel. Sie werden es kaum merken“, sagte Jennifer und drückte das letzte bisschen Luft aus der Nadel.
„Jetzt lass dir diese Injektion geben und dann möchte ich, dass du mir alles genau erklärst.“
„Na schön. Wenn es unbedingt sein muss“, gab die junge Frau widerstrebend zurück.
„Oh du meine Güte! Jetzt habe ich doch glatt vergessen etwas einzuschalten … oder auszuschalten. Ich bin gleich wieder da“, sagte Rodney, der gerade in diesem Moment die Krankenstation betrat und die Spritze sah.
„Sie bleiben hier!“, riefen alle im Chor, wobei Ronon ihn noch geradeso am hinteren Kragen packen und zu einer Liege bugsieren konnte.
Rodney gab ein kleines resignierendes Stöhnen von sich, worauf Elisha doch noch ein amüsiertes Lächeln fertigbrachte.
„Wir sollten Sie jetzt besser alleine lassen. Sie haben sich mit Sicherheit viel zu erzählen und sind sicher auch sehr müde …“, sagte Woolsey und verabschiedete sich von Elisha.
„… wir sprechen uns ein andermal.“
„Natürlich, Mister Woolsey. Danke für Ihren Besuch.“
„Keine Ursache“, sagte Richard und ging.
„Doktor, bitte können Sie mir sagen, wie es Tasha geht? Die schwangere Frau“, fragte Elisha Doktor Keller.
„Den beiden geht es gut. Der Kaiserschnitt ist gut verlaufen, Mutter und Tochter sind wohlauf, und auch der Vater wird wieder gesund. Er wollte gerne beim Kaiserschnitt dabei sein, ging dabei allerdings … in die Horizontale über“, sagte Carson, der gerade mit einem Lächeln aus dem OP kam.
„Oh, das ist Doktor Carson Beckett. Er hat Tasha operiert, Mutter“, sagte Alexa und stelle ihn vor.
„Doktor Beckett, das ist meine Mutter …“
„Ja, ich habe bereits im OP davon gehört. Schön, Sie kennenzulernen“, sagte Carson und begrüßte Elisha.
„So, da Du ja jetzt fast jeden hier kennst, können wir ja gehen“, sagte Alexa uns wollte ihrer Mutter aus dem Bett helfen.
„Ich kann doch gehen, oder?“, fragte sie sicherheitshalber nochmal bei Keller nach.
Diese lächelte und nickte nur.
„Hah! Jetzt weiß ich, von wem Sie es haben, die Krankenstation immer so schnell verlassen zu wollen“, sagte John und grinste frech.
„Das sagt der Richtige! Sie sind kein bisschen besser, Colonel“, bremste Carson ihn aus.
Elisha musste erneut amüsiert lächeln. Auch wenn ihr immer noch nicht so ganz wohl bei allem war.
-Wenn ihr wüsstet ,wie viel Beruhigungsmittel ich immer verwenden muss, damit sich meine draufgängerische Tochter nach einer Verletzung angemessen erholen kann! Ob ich diesen Leuten das sagen soll? Nein, besser nicht. Womöglich könnten sie das noch gegen sie verwenden. Wer weiß schon, welche Absichten diese Menschen wirklich haben. Zum Schluss bringe ich noch mein eigenes Kind in Gefahr! Nein, lass es lieber bleiben, Elisha!-, schallte sie mit sich selbst und ließ sich von Ihrer Tochter aus der Krankenstation führen.
In der Zwischenzeit ging jeder wieder seinen Aufgaben nach. Die eigentlich darin bestand, Woolsey einen Bericht über das Dorf und die Rettung der Bewohner, abzuliefern. Alexa allerdings, zeigte ihrer Mutter ihr neues Quartier. Nicht ohne vorher kurz ihren Laptop aus ihrem Quartier zu nehmen.
Dort angekommen, stellte Elisha sich ans Fenster und blickte hinaus. Das Meer war ruhig und das Wasser glitzerte im Licht der untergehenden Sonne. Goldenes Licht schien in den verschiedenen Räumen der kleinen Gebäude und Türme, die sich auf dem Westpier befanden.
„Also …wie lange?“
Alexa wusste, was ihre Mutter wissen wollte, aber nicht, wie sie es ihr beibringen sollte. Wie sollte man jemandem sagen, dass tausende von Jahren vergangen waren? Das es niemanden mehr gab, den man kannte oder gar liebte. Das sich alles verändert hatte. Das nichts mehr so war, wie früher. Sie zögerte und suchte nach den richtigen Worten. Suchte nach einem Anfang, einer Erklärung, einer Lösung. Einem Trost.
„Alexa … wie viel Zeit ist …“, riss sie die Stimme ihrer Mutter aus ihren Gedanken.
„Dreizehntausend Jahre“, wisperte Alexa beinahe und stellte sich dicht hinter ihre Mutter.
Alexas Kehle schnürte sich zu.
Elisha´s Gesicht spiegelte sich in der Fensterscheibe. Aber nur kurz denn sie drehte sich abrupt um und schüttelte ungläubig mit dem Kopf. „Dreizehn …das kann nicht sein! Das ist unmöglich!“
„Mutter …“
Elisha schleifte sich das kurze Stück vom Fenster zum Bett und ließ sich beinahe apathisch darauf nieder. Es dauerte nur Sekunden, bis sie sich die Hände vor das Gesicht hielt und die Tränen nicht mehr aufzuhalten waren.
Alexa ging vor ihr in die Hocke, wartete kurz und suchte währenddessen wieder nach Worten. Langsam nahm sie dann die Hände ihrer Mutter in die ihre und sah in ihr verweintes Gesicht.
„… was ist damals geschehen?“
„Das weißt du doch!“, kreischte Elisha ihre Tochter an.
Doch Alexas Gesichtsausdruck löste einen kalten Schauer bei ihr aus. Augenblicklich bekam sie eine Gänsehaut.
„Alexa …was ist mit dir?“
Und wieder folgten sprachlose Momente, in denen Alexa immer wieder versuchte zu sprechen.
„Du machst mir Angst, Kind.“
„Ich weiß nichts mehr! Ich … weiß nicht mehr, was … ich kann mich nicht erinnern … ich weiß nicht mehr, was damals passiert ist.“
„Wie, du weißt nicht mehr r… was soll das heißen?“
„Seit ich aus der Kapsel bin, fehlen mir viele Erinnerungen. Ich habe eine Zeit lang gebraucht, um herauszufinden, wer ich bin …was ich bin. Erst vor ein paar Wochen, da … da konnte … ich mich wieder an dich, Vater und Dorian erinnern. Der ein oder andere Auftrag vielleicht auch … aber … aber sonst ist da nicht viel …“
Elisha sah schockiert zu Alexa. Irgendwie konnte sie nicht so recht glauben, was sie da hörte. „Das ist doch nicht wahr? … Oder doch?“, fragte sie, als sie merkte, dass es ihrer Tochter todernst war. „Aber warum? Ich meine, was ist denn passiert?“
„Ich weiß nicht, Mutter. Ich weiß noch nicht einmal, wie ich in die Kapsel kam“, antwortete Alexa, während ihr Tränen die Wange hinunter liefen.
„Oh Kind!“ wisperte Elisha, nahm das Gesicht ihrer weinenden Tochter in ihre Hände und zog es zu sich, worauf Alexa nun gänzlich auf die Knie sank.
Immer wieder strich sie Alexa über den Kopf, bis sie merkte, dass sie sich wieder beruhigte.
„Vielleicht ist irgendetwas in der Zwischenzeit passiert … eine Fehlfunktion oder … ich weiß auch nicht, Kleines. Aber jetzt setz dich erst mal neben mich, ich mag es nicht, wenn meine Kinder vor mir knien …“, bat sie und zog ihre Tochter neben sich auf das Bett. „… oder wenn sie weinen“, sprach sie leise weiter und wischte ihr die Nässe aus dem Gesicht.
Es tat Alexa irgendwie gut, zu weinen. Es löste den riesigen Knoten etwas, der sich schon vor Wochen in ihr zuzog. Dennoch blieb immer noch ein dumpfes und unangenehmes Gefühl zurück. Sie hatte ihre Mutter wieder. Aber was war mit ihrem Vater und ihrem Bruder? Waren sie auch in Kapseln? Lebten sie noch? Wo waren sie? Was ist überhaupt passiert? All diese Fragen spukten noch immer in ihrem Kopf und nagten in ihrem Innersten. Es gab Zeiten, da glaubte sie, vor Angst und Sorge gelähmt zu sein. Und dann gab es Momente, in denen sie am liebsten laut schreien wollte, um diesen verdammten Knoten zum Platzen zu bringen. Aber sie wusste, dass dies erst geschehen würde, wenn sie Gewissheit über den Verbleib von Vater und Dorian hätte.
„Doktor McKay sagt, dass vielleicht ein kleiner Asteroid die Kapsel getroffen haben könnte, oder das ich einem Ionensturm zu nahe kam, oder …na ja, wenn McKay mal anfängt, dann können noch Hunderte, ach was, Tausende Dinge … ein Grund sein, dass ich nicht mehr …“, brachte Alexa mit brüchiger Stimme raus und schniefte dann.
„Du hast es nicht herausfinden können?“, wollte Elisha wissen.
Alexa schüttelte mit dem Kopf. „Wir haben bis jetzt keinerlei Anzeichen gefunden, die darauf deuten könnten, das etwas mit dem Ding passiert sein könnte … kein Kratzer, keine Beule, keine Signaturen, nichts. Was ist mit dir Mutter? Weißt du noch alles? Ich meine …“, wollte die junge Frau wissen.
„Ja. Ich kann mich an alles erinnern, Liebes. Aber …“
„Dann sag mir, was passiert ist!“, bat Alexa fordernd.
„Weißt du das wirklich nicht mehr?… Wir waren in unserer Forschungseinrichtung auf Celtes. Dorian wollte uns auf den neuesten Stand der Forschungen auf diesem Außenposten bringen. Kaum waren wir angekommen, wurden wir auch schon angegriffen. Ganz plötzlich. Es ging so schnell. Zuerst starteten sie einen Luftangriff, aber gleich darauf drangen sie mit ihren Truppen in die Station ein. Sie … sie haben jeden … getötet, der sich ihnen in den Weg stellte. Dein Vater wollte, dass wir in die Kapseln steigen … er musste es dir sogar befehlen, weil du lieber kämpfen wolltest. Aber es waren zu viele.“
„Angegriffen?! Von wem denn?“
„Ich weiß es nicht. Ich habe sie nie gesehen. Ich weiß nur, dass sie uns in fast jeder Hinsicht ebenbürtig gewesen sein mussten. Die Forschungseinrichtung war eigentlich gut unter der Erde versteckt, dennoch haben sie den genauen Standpunkt herausgefunden.“
„Und die anderen? Ich meine, unsere Leute. Warum haben wir uns denn nicht verteidigt?“, fragte Alexa irritiert.
„Das haben wir doch. So gut es eben ging. Aber außer deinem Vater und dir, war sonst kein einziger Soldat da, der hätte richtig kämpfen können. Alle anderen waren Forscher und Wissenschaftler. Lantia konnten wir nicht mehr kontaktieren, wir waren vom Kontrollraum abgeschnitten … die armen Leute … sie wurden alle getötet. Du, Dorian und ich mussten in die Kapseln. Was ist nur mit deinem Vater? Ist … er ist wohl auch in eine Kapsel gestiegen“, hoffte Elisha.
Alexa atmete tief durch. So sehr sie sich auch anstrengte, es entstanden keine Bilder in ihren Kopf. Keine Erinnerung, keine Schemen, nichts. Dennoch hoffte sie. Hoffte, dass auch ihr Vater es in eine Kapsel geschafft hatte. Hoffte, dass er noch am Leben sei. Und auch Dorian. Sie hoffte und betete, dass sie sie bald finden würde.
„Ganz bestimmt Mutter! Ihm und Dorian geht es gut, das weiß ich. Es dauert nicht lange und wir haben ihn gefunden“, versprach sie Elisha.
Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass ein Gedanke in ihrem Kopf entstand.
-Was wenn nicht? Was wenn ich die beiden niemals finden werde? Oder… wenn sie schon lange…tot sind?
Das darf nicht sein! Wie soll ich…? Was soll ich dann nur machen? Wie soll ich es dann Mutter beibringen? Sie würde es nicht verkraften! Nein! Sie leben! Sie müssen noch leben! Ich werde…“-
„Wir?“, fragte Elisha überrascht und beobachtete darauf den perplexen Gesichtsausdruck ihrer Tochter.
„Was?“
„Du hast `wir´ gesagt… und dabei bin ich mir sicher, dass du nicht mich und dich gemeint hast.“
Alexa war einige Momente sprachlos, bis Elisha weitersprach. „Du traust diesen Leuten hier, nicht wahr?“
„Sie haben … sie haben mich vor einigen Monaten gefunden. In der Kapsel … im All treibend. Sie brachten mich hier her … und haben mich geweckt.“
„Und nur deswegen vertraust du ihnen?“
„Ich habe gelernt, ihnen zu vertrauen. Ich weiß nur nicht, ob ich das sonst immer so leichtfertig getan habe.“
„Erzähl mir von ihnen“, bat Elisha.
Alexa stand auf und ging zum Fenster. Nun war sie diejenige, die mit abwesendem Blick aufs dunkle Wasser sah. „Ich bin auf der Krankenstation aufgewacht. Colonel Sheppard, Mister Woolsey, Doktor McKay und Doktor Keller und einige andere standen um mich rum. Ich habe sie zuerst nicht verstanden und bin immer wieder kurz weggetreten. Sie wussten nicht, wer ich bin, hatten aber eine Vermutung. Sie nennen uns Antiker“, erklärte sie und konnte den verwirrten Blick von Ihrer Mutter, der sich im Fenster spiegelte, sehen.
„Vor zehntausend Jahren gab es einen Krieg mit den Wraith. Sie waren in der Überzahl und unser Volk … unsere Nachfahren wurden von ihnen belagert. Also hat man die Stadt auf dem Meeresgrund versenkt und ging zur Erde. Einige sind von dort aus weitergereist, andere lebten in Abgeschiedenheit und Meditation und wiederum andere mischten sich unter die damaligen Menschen. Daher haben noch heute einige von ihnen unser Gen. Vor über zwölf Jahren starteten sie ihr sogenanntes Stargate Programm. Sie erforschten die Milchstraßengalaxie. Freundeten sich mit den Nox und den Asgard an. Sie waren sogar Alliierte. Vor über sechs Jahren fanden sie Atlantis und starteten ihre Expedition. Sie hofften dass…sie noch einige von unserem Volk finden würden…“
„Noch? … Was soll das heißen, Alexa?“ fragte Elisha irritiert.
Langsam drehte sie sich zu ihrer Mutter um. Sie hatte sich verplappert. Eigentlich wollte sie ihrer Mutter langsam und behutsam die Wahrheit näher bringen. Aber eine kleine Unachtsamkeit und sie musste erneut nach richtigen Erklärungen suchen.
„Mutter …“
Elisha stand auf und sah fordernd zu der jungen Frau. „Alexa …“ sprach sie mahnend. „… was ist hier los? Was ist mit unseren Leuten?“
„Es gibt niemanden mehr von unserem Volk“, sagte sie frei heraus und ließ einer Träne sich ihren Weg bahnen.
Die Augen der älteren Frau wurden immer größer. Es fühlte sich an, wie ein Schlag in die Magengrube. Beinahe apathisch griff sie sich an ihr Herz und sank zurück auf das Bett. Sie rang nach Atem, auch ihre Augen füllten sich allmählich mit Tränen.
„Das ist nicht wahr! Das ist nicht dein Ernst! Das … das erzählen sie dir doch nur! Sie lügen dich an!“
Wieder sank Alexa vor ihrer Mutter auf die Knie und nahm ihre Hände.
„Nein Mutter … es ist wahr. Viele von uns…sind aufgestiegen. Andere, die weitergereist sind … man hat niemals wieder etwas von ihnen gehört …“
„Sie benutzen dich nur! Sie wollen durch dich an Informationen und unsere Technologie kommen! Und du …“
„Mutter! …“, rief Alexa etwas lauter um die aufkommende Hysterie ihrer Mutter zu unterbrechen und sprang wieder auf. „… ich weiß nicht mehr … bin ich jemand, der einfach so sein Vertrauen verschenkt … oder der nicht merkt, wenn man ihn ausnutzt?“
Elisha sah ihre Tochter verdutzt an. Sie brauchte etwas Zeit, um sich wieder zu beruhigen. Sie schloss für einen Augenblick die Augen, um sich zu entsinnen. Um die Wahrheit langsam an ihr Herz zu lassen.
„Nein. Nein, das bist du nicht. Du bist eine der vorsichtigsten Personen … die ich kenne …“, antwortete sie mit überzeugender Stimme und umarmte ihre Tochter erneut.
„Ich habe in den letzten Monaten gelernt, ihnen zu vertrauen, Mutter. Du kannst es auch.“
Elisha seufzte.
„Vielleicht hast du recht, Liebes. Ich werde es versuchen … wenn du mir mehr erzählst“, bat sie, als sie ihrer Tochter in die Augen sah und sich wieder zurück auf das Bett setzte.
„Aber zuerst werde ich dir etwas zu essen holen. Ich bin gleich wieder da, ja?“
Es dauerte tatsächlich nur wenige Minuten, bis Alexa mit einem extrem voll beladenen Tablett zurückkam. Sie zog die Schuhe aus, krabbelte neben ihre Mutter, stellte das Tablett dazwischen und begann ihr von den letzten Monaten zu erzählen.
~~~///~~~
Stunden später saß sie am Schreibtisch, hatte ihrer Mutter alles erzählt, hatte auch ihren Bericht fertig und beobachtete sie nun beim Schlafen, während ihr still und leise die Feuchtigkeit die Wangen hinunter lief. Es waren Tränen vor Freude aber auch vor Sorge. Sie hatte ihre Mutter wieder. Aber was war nur mit ihrem Vater und ihrem Bruder? Wo sollte sie anfangen zu suchen? Auf Celtes? Existierte es überhaupt noch? Mit solchen und anderen Fragen, schlief sie dann auch endlich am Schreibtisch ein.
Es war mitten in der Nacht, als Elisha aus einem Albtraum erwachte. Ein Traum mit den Wraith. Es wunderte sie nicht. Schließlich ist sie am Vortag gerade noch so mit dem Leben davon gekommen. Genau wie alle Dorfbewohner. Wie durch ein Wunder hat es jeder durch das Tor nach Atlantis geschafft. Niemand starb. Weder durch die Wraith noch durch die Krankheit aus den Stollen. Dank diesen Leuten hier.
-Vielleicht sind es doch gute Menschen. Wenn Alexa ihnen schon vertraut … und nach allem, was sie mir erzählt hat … Warum muss ich nur immer hinter alles und jedem etwas Böses sehen? Aber was wäre ich für eine Mutter, wenn ich es nicht tun würde? Wenn ich viel zu leichtgläubig wäre? Alexa hatte doch noch nie einfach so ihr Vertrauen verschenkt. Sie hatte früher ihre Freunde immer gut gewählt. Dreizehntausend Jahre werden diesen Instinkt nicht ausgelöscht haben.-
Elisha stand auf und blickte einen Moment aus dem Fenster in den Nachthimmel, der durch zwei große Monde erleuchtet wurde. Der Anblick der beiden sichtbaren Monde zog sie in ihren Bann. Obwohl sie mittlerweile wusste, was in den vergangenen Jahrtausenden alles geschehen war, und sie selbst früher solche Bilder gesehen hatte, überwältigte sie dieser Anblick dennoch. Ebenso die Tatsache, dass die Menschen von der Erde doch schon so erstaunlich weit waren, viele Dinge zu verstehen und in Atlantis zu leben.
Nein, Alexa fiel ganz sicher nicht auf sie herein. Diese Menschen waren gute Menschen. Sie achteten aufeinander. Sie halfen sich gegenseitig. Sogar Wildfremden, wie die Menschen aus dem Dorf. Sie waren neugierig und wissbegierig. Sie waren besorgt und fürsorglich zugleich. Das erkannte Elisha, als Alexa ihr von den Erinnerungslücken und den Schmerzattacken erzählte. Sie waren genauso, wie ihr eigenes Volk. Einst. Vor langer, langer Zeit. Langsam akzeptierte sie, dass Alexa dies schon vor langer Zeit bemerkt hatte. Auch sie würde mit Sicherheit eines Tages Vertrauen und Hoffnung schöpfen.
Leise ging sie auf Alexa zu, deren Kopf auf ihrem rechten Arm auf dem Schreibtisch lag. Elisha fiel auf, das ihre Tochter ein merkwürdiges Armband trug. Auf ihm waren viele blinkende Zahlen zu sehen.
-Eindeutig nicht unsere Technologie.-
Elisha konnte sich nicht zurückhalten. Vorsichtig begann sie auf einige Knöpfe, die an der Seite waren, herum zu drücken. Fest genug, um zu sehen, dass sich die Zahlen veränderten, aber sachte genug, um nicht ihre Tochter zu wecken.
-Oh-Oh.- Als sie jedoch merkte, dass die ursprünglichen Ziffern nicht mehr erschienen, hörte sie sofort auf. -Ich glaube, ich habe es kaputt gemacht.-
Wieder betrachtete die Mutter ihre Tochter, bevor sie eine Strähne aus Alexa’s Gesicht strich und zurück zu ihrem Bett ging, um eine ihrer Decken zu nehmen, um sie ihrer Tochter so gut wie eben möglich über den Rücken zu legen.
Auf irgendeinem Planeten
Langsam streifte er durch die kleine Taverne. Die Kapuze immer noch das Gesicht bedeckend.
Dieser Ort widerte ihn an.
Solch einen Abschaum hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Menschen, die sich von morgens bis abends mit minderwertigen alkoholischen Getränken den Kummer und die Sorgen von der Seele spülen wollten. Die den ganzen Tag nur vor sich hinvegetierten. Dabei hatten einige von ihnen eine beachtliche Intelligenz entwickelt. Doch der Alkohol hatte bereits zu großen Schaden angerichtet. Bei den meisten waren die gesundheitlichen Schäden durch den übermäßigen Genuss schon so weit vorangeschritten, dass einige von ihnen die nächsten Monate nicht mehr erleben würden.
Andere waren sich den Konsequenzen ihres Handels in ihrer Trunkenheit, gar nicht mehr richtig bewusst.
Eine Bedienung hatte alle Hände voll zu tun, den anzüglichen und teilweise äußerst geschmacklosen Äußerungen, sowie den grabschändenen Händen der Männer zu entgehen. Einer brachte es sogar so weit, sich eine saftige Ohrfeige einzufangen, bevor der Wirt ihn dann äußerst unsanft rausschmiss. Aber spätestens Morgen Nachmittag wäre er wieder da.
Schließlich war die Taverne auf solch durstige und trinkfreudige Gäste angewiesen. Doch das kümmerte den Fremden nicht. Er war aus anderen Gründen hier.
Für seinen ersten Schritt zu seinem Plan brauchte er Hilfe. Eine Gruppe von ganz bestimmten Männern. Es dauerte auch nicht lange, bis er diese in der hintersten Ecke des Raumes entdecken konnte.
Schon seit Stunden saß die Gruppe volltrunkener Männer laut grölend und lachend an einem Tisch in der Ecke, ließen sich mit billigem Fusel volllaufen und resümierten über längst vergangene Zeiten. Zeiten, in denen sie noch Befehlsempfänger waren. In denen sie noch einen Kommandanten hatten. Einen, der sich vor nichts und niemanden gefürchtet und noch jede Herausforderung angenommen hatte. Er war ein Mann, dem sie bedingungslos und blind gefolgt waren.
Doch diese Zeit war vorbei. Ihr Kommandant war lange tot und sein Mörder noch immer lebendig und auf freiem Fuß.
Was würden sie nicht alles dafür geben, ihn in die Finger zu bekommen. Leider war das schwieriger als gedacht. Nun waren sie Abtrünnige. Sogar ihr eigenes Volk, die Genii, setzten eine Belohnung auf ihre Köpfe aus. Nur in diesem Dorf waren sie halbwegs in Sicherheit, denn die Genii waren auch hier nicht gerne gesehen.
„Vergiss´ es, Hanno. Wir kommen nicht an ihn ran. Allein ist er nie unterwegs, immer nur mit seinem Team. Und du weißt, dass man die nicht unterschätzen sollte“, sprach einer der Betrunkenen, der sich, trotz der mittlerweile sieben Becher Wein, noch recht gut verständlich machen konnte.
„Hah! Team! Ijewann werd ich ihm begen unn dann iss er fällisch uns sen Team och“, lallte Baren in seinem Rausch.
„Du allein willst sie erledigen? Du kannst ja noch nicht mal richtig schießen, selbst wenn du stocknüchtern wärst. Nein, sowas muss zudem gut geplant sein. Dazu bedarf es mehr als nur einen Mann“, meinte Korran. Es war für ihn nicht gerade einfach diese Horde unter Kontrolle zu halten, besonders wenn sie getrunken hatten.
„Du vergisst nur etwas, Korran. Wir sind zu wenige und einen Kommandanten haben wir auch nicht mehr“, erwiderte Loran.
„Das lässt sich ändern.“
Mit einem Schlag war die Truppe auf den Beinen und richteten ihr Waffen auf den fremden Mann im bodenlangen Gewand und Kapuze, der gerade zu ihnen sprach.
„Wir können es nicht leiden, wenn sich Fremde einfach so anschleichen und sich in unsere Unterhaltung mischen“, sagte Korran und zielte dem Fremden mitten ins Gesicht, was diesen nicht im Geringsten beeindruckte.
„Was du nicht sagst“, erwiderte dieser und begann in seinem Gegenüber zu lesen.
Nur wenige Sekunden dauerte es, bis er alle Informationen über diese Gruppe gesammelt hatte, die er brauchen könnte.
„So etwas ähnliches hast du wohl auch deinem Weib gesagt, als sie dich damals…mit dieser Dirne aus dem Gasthaus überrascht hat, nicht wahr?“
Für einen Moment war Korran durch die Aussage des Fremden perplex und fragte sich, woher dieser Kerl das wohl wissen konnte.
„Wer bist du?“
„Jemand der euch helfen könnte.“
„Wir brauchen deine Hilfe nicht!“, brachte Korran heraus, der noch immer etwas verwirrt schien.
„Seid ihr sicher? Also ich wage, das zu bezweifeln. Ihr habt keinen Kommandanten mehr und wisst mit eurer Zeit nicht besseres anzufangen, als sie in diesem Gebräu zu ertränken und euch mit euren vermeintlichen Taten zu brüsten“, sprach der Fremde weiter und nahm einen Becher Wein um daran zu riechen. Doch er verzog angewidert das Gesicht und stellte den Becher wieder hin, bevor er sich zur Theke wandte.
„Du da! … Wirt! Ich hätte gerne einen Becher deines besten Weines!“
„Vermeintliche Taten? Mann, bist du lebensmüde? Ich könnte dich auf der Stelle erschießen!“ sprach Baren zwar immer noch leicht säuselnd, aber er wirkte nun doch etwas nüchterner als zuvor.
„Sicher könntest du das. Obwohl ich stark an deinem Willen und deinen Fähigkeiten zweifle. Das letzte Mal, als du dich in einer ähnlichen Situation befunden hast, ging das ganze…mächtig in die Hose. Wortwörtlich sogar.“
Baren hatte genug. Er verstärkte den Griff um seine Waffe und ging knurrend einige Schritte auf den Fremden zu.
„Ich mach dich gleich hier kalt!“
„Nein …w wirst du nicht.“
Eine Handbewegung führte der Fremde aus und Baren fand sich schwebend, mit dem Rücken und nach Luft schnappend, an der Wand wieder.
„Ich frage mich, ob es diesmal genauso lange dauert, bis du dir wieder in die Hosen machst. Erinnerst du dich? Komm … erzähl doch mal“, bat der Fremde, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich lässig auf diesen.
Korran, Lodan und Hanno wollten ihrem Freund schon zu Hilfe eilen, doch eine weitere Bewegung der anderen Hand folgte und sie waren vollkommen starr.
So sehr sie sich auch bemühten, sie kamen nicht von der Stelle und konnten auch sonst keinen Finger rühren. Lediglich ihre Blicke konnten in der Umgebung umherschweifen.
„Weder euch noch eurem Freund wird etwas geschehen, wenn ihr endlich aufhört, mit euren primitiven Waffen in der Gegen herum zu fuchteln und euch stattdessen erst einmal anhört, was ich euch zu bieten habe.“
Währenddessen kam auch schon der Wirt mit dem bestellten Wein. Zitternd überreichte er den Becher an den Fremden, der offensichtlich übernatürliche Kräfte besitzen musste.
„Hören Sie, Herr … ich will hier keinen Ärger. Ich habe meine Taverne erst neu aufbauen müssen, ich … ich bin auf sie angewiesen und …“
„Ich habe kein Interesse an dir, deiner Taverne oder irgendwelchem Ärger, Wirt“, entgegnete der Fremde gelangweilt.
„Ach nein?“, fragte der Wirt unsicher und sah wieder zu den Männern, die entweder zu Statuen erstarrt waren oder in der Luft schwebten.
„Nein, ich will mich nur etwas mit diesen Herren hier unterhalten. Wir sind doch schließlich alle zivilisiert, oder? Jetzt verschwinde und störe uns nicht“, herrschte der Fremde den Wirt an.
Unsicher und eingeschüchtert ging der Wirt der Aufforderung nach. Auch die anderen Gäste der Taverne, die der kleinen Auseinandersetzung staunend gefolgt waren, setzten sich entweder wieder an ihren Platz, oder verließen eilig den Gasthof.
„Wer … bist du?“, wollte Baren mit krächzender Stimme wissen.
„Wenn ihr euch nicht weiterhin so dumm anstellt, kann ich jemand sein, der euch euren Kommandanten wiederbringt.
„Bist du verrückt geworden?“ sprach Baren verachtend, worauf ein strenger, konzentrierter Blick des Fremden ihm noch mehr die Luft abschnitt.
„Ich werde das nur einmal sagen, denn offensichtlich seid ihr etwas schwer von Begriff. Ich bin durchaus in der Lage, eure jämmerliche Existenz mit nur einem Fingerschnipsen auszulöschen. Ihr solltet es euch besser zweimal überlegen, meine Geduld ständig auf die Probe zu stellen. Ist das in eurem kleinen Gehirn angekommen?“ Der folgende Blick deutete ihm, dass diese Männer vielleicht doch nicht dumm waren. Schnell erlöste er die Männer aus ihrer Starre, wobei Baren keuchend zu Boden fiel.
„Unser Kommandant ist tot!“, antwortete Korran.
Enttäuscht schüttelte der Fremde den Kopf und trank einen Schluck Wein, verzog danach aber angewidert das Gesicht. „Ihr begreift es nicht, oder? Dieser Umstand lässt sich ändern.“
„Wenn du doch solche Macht besitzt, was willst du dann von uns?“, wollte Korran wissen.
„Ich erkläre euch jetzt etwas und hört gut zu, denn auch das werde ich nur einmal sagen. Euer Kommandant wurde erschossen. Ich kann ihn euch wieder geben. Er wird euch brauchen, denn ich bin sicher, er will Rache nehmen. Die soll er haben. Denn ich weiß, wie diese aussehen wird und ich werde dabei sein, wenn er sie bekommt.“
„Du kannst … ihn wirklich zurückbringen? Wie?“
„Das ist für euch nicht von Belang! Ihr werdet lediglich das tun, was ich sage und es wird nicht lange dauern, bis ihr euren Herrn wieder habt“, sprach der Fremde überzeugt.
„Du sagst, du weißt, wie seine Rache aussehen wird, aber was hast du davon?“„Informationen … und meinen Spaß!“
~~~///~~~
Es war früh am Morgen, als Alexa wach wurde und sich aus dem Quartier ihrer Mutter schleichen wollte.
„Wo gehst du hin?“, fragte diese, als sie dennoch wach wurde.
„Ich habe seit gestern früh nicht mehr geduscht und dir wollte ich auch gerade frische Kleidung besorgen.“
„Ach ja, natürlich.“ Elisha legte sich noch für einen kurzen Moment zurück, während ihre Tochter im Eiltempo zu ihrem Quartier sprintete.
Alexa duschte, zog frische Kleidung an, schnappte sich einen Apfel aus der Kantine und kam gerade mit allerhand Kleidung und anderen Utensilien, die auch sonst irgendwie gebraucht werden könnten, aus dem Versorgungsraum.
Den Apfel immer noch im Mund steckend, betrat sie dann wieder das Quartier ihrer Mutter, die auch schon in ein Badetuch gewickelt, am Fenster stand und wartete.
„Ich denke, dass müsste dir passen“, sagte Alexa, als sie den Stapel aufs Bett niederlegte und endlich den Apfel aus seiner Klemme befreien konnte. Doch Elisha regte sich kaum.
„Mutter? Was ist mit dir?“
„Ich habe nachgedacht. Ich würde diesen Leuten auch gerne vertrauen Alexa, aber… ich weiß nicht…bist du dir wirklich sicher, was diese Menschen betrifft? Was, wenn sie ganz genau wissen, wie sie dich um den kleinen Finger wickeln können?“
„Natürlich wissen sie das. Mutter, jetzt hör mal zu…“, sprach Alexa ihr zu und führte sie zum Stuhl des Schreibtisches auf dem sie sich setzen lies und dann selbst auf dem Tisch Platz nahm.
„Niemand kennt sich in der Kunst, des um den kleinen Finger wickeln besser aus, als ich. Ich habe das schließlich oft und lange genug bei Vater üben können, oder nicht?“
Elisha stimmte eifrig zu, als sie sich an Alexas treue Hundeblicke und die hoffnungslosen Widerstandsversuche ihres Mannes erinnerte.
„Glaube mir, ich würde es merken, wenn Ihre Absichten falsch und böse wären. Wenn sie wirklich so schlimm wären, wie du befürchtest, dann hätten sie mich schon längst zur Erde gebracht und in eine ihrer hochgeheimen Anlagen gesteckt und würden mich von morgens bis abends verhören. Colonel Sheppard bräuchte sich dann auch nicht mehr eine solche Mühe mit der Meditation zu geben und die Doktoren Keller und Beckett würden nicht immer noch versuchen, dieses Serum zu verbessern, um diese verdammten Attacken unter Kontrolle zu bringen.“
„Es würde nicht funktionieren“, sagte Elisha leise und irgendwie in Gedanken versunken.
„Was würde nicht funktionieren?“
„Das Verhör… auf der Erde. Sie würden aus dir nichts herausbekommen. So stur wie du sein kannst. Selbst dein kommandierender Offizier hatte einmal deine Sturheit unterschätzt“, brachte sie schmunzelnd hervor.
„Vater? Wirklich?“
„Ja! Weißt du das nicht mehr? Du wolltest damals unbedingt Darius hinterher und ihn in dieser einen Schlacht unterstützen. Dein Vater hat es dir strikt untersagt und du bist dennoch losgezogen, weil…“ Elisha stoppte noch rechtzeitig, als sie kummervoll an die Zeit zurück dachte.
Damals, als ein Wahnsinniger namens Kieran, hinter ihrer Tochter her war. Tristanius setzte alles und jeden daran, diesen Bastard zu finden und zu töten. Letzten Endes wollte Darius, unter anderem einer der besten Soldaten aus Atlantis, sich ihm auf einem fremden Planten, auf dem Kieran extra einen Krieg verursachte, um Alexa an zu locken, entgegen stellen.
Darius kam nicht mehr zurück.
Alexa, von Wut und Rachedurst angetrieben, war monatelang verschwunden. Unterwegs, um Kieran ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen. Es war ein krankes Katz und Mausspiel. Elisha wollte sich lieber nicht mehr daran entsinnen. Nicht mehr an die Sorge und die Ungewissheit denken, die sie all die Monate fast innerlich zerfressen hätte. Oder an den wahnsinnigen Kieran, der während dieser Jagd, seine psychologische Kriegsführung, seine Seelenfolter an ihrer Tochter erprobte und sie damit beinahe umgebracht hätte. Zum ersten Mal war sie dankbar dafür, dass Alexa sich nicht mehr an alles erinnern konnte. Und an die Folgezeit schon gar nicht. Für Alexa ist Darius in einer Schlacht gefallen. An die Wahrheit sollte sie sich nie mehr erinnern. Dafür hatten sie und Tristan schon gesorgt. Dennoch haben sie diese Ereignisse verändert. Sie war niemals wieder dieselbe. Auch jetzt noch nicht.
Schnell verdrängte sie den Gedanken daran wieder und wechselte das Thema.
„Weil was?“, wollte Alexa genauer wissen.
„Ach nichts, nicht so wichtig. Das ist lange her. Jetzt gibt es erst einmal andere Dinge zu klären.“
„Na schön hör zu…in gewisser Weise hast du schon Recht. Sie wollen unsere Technologie und unser Wissen. Aber sie würden niemals…etwas verwerfliches tun, um es zu bekommen. Es sind überwiegend Forscher und Wissenschaftler. Genau wie wir einst.“
„Ja, ich weiß. Ich habe nur… es ist so viel Zeit vergangen. Ich habe dich und Dorian und deinen Vater so vermisst. Wenn du nicht gekommen wärst…ich war so dicht davor, zu glauben, zu akzeptieren, dass Atlantis nicht mehr sei. Und das meine Familie auch…“
„Ist es aber nicht, Ma. Du wirst sehen, ich werde Vater und Dorian finden. Aber abgesehen davon… ich habe lange darüber nachgedacht. Bis zu einer gewissen Grenze…werde ich diese Leute hier unterstützen.“
Elishas Augen wurden groß. „Oh Alexa, nicht doch! Du willst ihnen wirklich unsere Technologie geben? Das ist unser Vermächtnis an unsere Nachfahren!“
„Das ist es ja! Diese Stadt wurde vor zehntausend Jahren für unsere Nachfahren versteckt. Diese Menschen sind unsere Nachfahren, Mutter. Viele von ihnen haben unser Gen. Das alles habe ich dir doch schon erklärt. Aber wir…du, Vater, Dorian und ich… wir werden die letzten Überlebenden unseres Volkes sein. Das müssen wir langsam akzeptieren.“
„Oh Alexa, was glaubst du, wie der General darauf reagieren wird, wenn er das erfährt. Das wird deinem Vater gar nicht gefallen.“
„Ich weiß. Aber darum werde ich mich kümmern, wenn es so weit ist. Auch er wird sich den Tatsachen stellen müssen. Du solltest dich fertig machen, sonst wird das mit der Suche nach den beiden heute nichts mehr.“
Nachdenklich ging Elisha mir ihren neuen Sachen ins Bad zurück, während Alexa aus dem Fenster sah.
-Ich hoffe du weißt wirklich was du da tust, Alexa. Du kennst ja deinen Vater. Er ist Atlantis und seiner Arbeit sehr verbunden. Mehr noch. Den Gesetzen und Vorschriften, Regeln und seinen Prinzipien ist er mit Herzblut verfallen. Loyalität und Ehre haben bei ihm immer einen hohen Stellenwert, wenn nicht sogar den höchsten. Ich bezweifele, dass du diesmal in der Lage sein wirst, ihn um den kleinen Finger zu wickeln. Selbst dein treuer und berühmter Hundeblick wird da wohl nichts ausrichten können.-
~~~///~~~
Mutter und Tochter waren bereits auf dem Weg zum Konferenzraum, als Elisha immer wieder bemerkte, wie Alexa versuchte ihrer Uhr einzustellen. Sie überlegte gerade, ob sie ihrer Tochter beichten sollte, dass sie in der vergangen Nacht daran rumgespielt hatte, als Colonel Sheppard um die Ecke kam.
„Commander, Ma´am“, begrüßte Sheppard sie.
Alexa sah nur kurz auf.
„Colonel, Guten Morgen“, grüßte Elisha.
„Colonel…“, grüßte Alexa immer noch mit der Uhr beschäftigt.
„Nanu, wieder so förmlich? Gestern hieß es noch John…“
Alexa brauchte einige Momente bis sie begriff, was er meinte. „Oh ja, das. Tut mir leid. Da sind mir wohl meine…Emotionen durchgegangen“, versuchte sie zu erklären. Sheppard ließ sich aber nicht darauf ein.
„Aha…Mmh, das ist schon in Ordnung, von mir aus kann es ruhig dabei bleiben“
„Ich verstehe, Colonel. Eigentlich bin ich es nicht gewohnt, Militärs mit dem Vornamen an zu sprechen.“
„Na ja, unsere Ränge sind in etwa gleich. Aber sie haben alle Zeit der Welt…Commander“, neckte John sie, während sie um die Ecke in den Konferenzraum gingen.
„Wie geht es Ihnen, Misses Thalis? Haben Sie sich gut erholt?“ fragte John während er sich und Alexa einen Kaffee eingoss.
„Danke Colonel. Es ist ein schönes Gefühl, wieder in Atlantis zu sein und mit Meeresrauschen einzuschlafen.“
Alexa gab Milch und Zucker in den Kaffee, den sie vorhin von Colonel Sheppard erhielt, und reichte ihn ihrer Mutter.
„Was ist das?“, fragte diese und beäugte faszinierend das Getränk.
„Kaffee. Probier mal“, antwortete sie und nahm John eine weitere Tasse aus der Hand, worauf dieser nur kurz halbherzig protestierte.
„Hey!“ Alexa grinste frech.
„Guten Morgen alle miteinander“, grüßte Woolsey, der gerade mit einer Zentimeter dicken Mappe in den Konferenzraum kam.
Ronon nuschelte das guten Morgen dermaßen leise aus seinem Bart, dass man ihn kaum verstand. Rodney war noch in seinen Tablett-PC vertieft, Keller versuchte vergeblich, ihn abzulenken. Lediglich Teyla, John, Alexa und ihre Mutter grüßten zurück.
„Nun also, Ihre Berichte waren detailliert genug mit einer Ausnahme natürlich…“ wandte sich Woolsey an Ronon, der ihn lediglich kommentarlos und auch sonst ohne eine Regung anstarrte.
Woolsey gab es allmählich auf, den Satedaner zum Schreiben oder in seinem speziellen Fall, zum Diktieren zu bewegen.
„Misses Thalis! Wie geht es Ihnen? Wie verlief Ihre Rückkehr bis jetzt?“, versuchte Woolsey, das Thema zu wechseln.
„Danke Mister Woolsey. Es geht mir gut. Ich freue mich natürlich, das Atlantis noch existiert. Noch mehr freue ich, mich dass meine Tochter noch lebt und… wieder hier ist. Aber ich sorge mich immer noch um meinen Mann und meinen Sohn.“
„Das können wir Ihnen gut nachfühlen. Wir werden sehen, dass wir mit der Suche so schnell wie möglich beginnen. In der Zwischenzeit hat Major Lorne heute Morgen ganz früh, auf M3H-898 Ihre Stasiskapsel sichern und herbringen können. Wir gehen davon aus, dass, sowohl ihre Tochter als auch Sie in einer solchen Kapsel waren. Aber abgesehen davon…hat Ihnen ihre Tochter schon etwas über uns erzählt?“, wollte Richard wissen.
„Ja, sie hat mir alles erzählt…dass Sie von der Erde sind. Sie haben Atlantis vor über fünf Jahren entdeckt und haben dann hier eine Basis errichtet… sie hat mir auch erzählt, das…unser Volk…vor zehntausend Jahren Atlantis verlassen hat, nachdem sie die Stadt auf dem Meeresboden versenkt haben“, sagte sie und sah dabei zu ihrer Tochter.
Sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie all das glauben soll, was man ihr erzählt hatte. Als sie zu ihrer Tochter sah, konnte Alexa schon ahnen was in ihr vorgehen musste. „Sind wir wirklich die letzten…?“, wisperte Elisha.
Alexa konnte sehen, wie sich ein neuerlicher Schmerz das Gesicht ihrer Mutter zeichnete. Zärtlich nahm sie Elishas Hand in die ihre und drückte sie leicht. Alexa wartete noch einige Augenblicke bis sie sich wieder gefangen hatte.
„Mutter, wir sollten ihnen sagen, was damals geschehen ist.“
„Ich dachte, sie erinnern sich nicht daran“, platzte es aus Richard heraus.
„Tue ich auch nicht. Mutter hat mir gestern alles erzählt.“
Alexa wollte fortfahren, wurde aber von McKay daran gehindert.
„Irgendetwas muss damals passiert sein. Wir wissen auch nichts genaues, aber seit sie aus der Kapsel ist, fehlen ihr viele Erinnerungen. Vielleicht ist auch etwas während der Stase passiert. Ich habe zwar keinerlei Anzeichen gefunden, aber es wäre denkbar, das vielleicht ein kleiner Asteroid die Kapsel getroffen hat. Oder sie sind in die Nähe eines Ionensturms oder ähnlichem gekommen, oder…“
„Finden Sie endlich ein Ende, McKay!“, unterbrach John ihn.
„Was?“, antwortete dieser verwirrt.
„Danke Doktor, schön das das nun geklärt ist“, antwortete Alexa sarkastisch.
„Ja…aber, es ist doch noch gar nichts…“
„McKay! Das reicht jetzt. Außerdem geht es gar nicht darum“, unterbrach John ihn wieder.
Alexa konnte über den Redeschwall des Wissenschaftlers nur noch den Kopf schütteln.
„Wir wissen nicht warum, aber wir wissen dass die Erinnerungen Ihrer Tochter nur sehr langsam wiederkehren. Genauso wie die synaptische Gehirnaktivität nur langsam und schubweise zunimmt“, erklärte Jennifer.
„Wissen Sie vielleicht warum das so ist? Hat es vielleicht etwas mit der Stase zu tun?“ fragte Richard.
„Was? Nein. Ich meine, ich lag in einer gleichen Kapsel, aber ich habe keine derartigen Probleme. Was meinen Sie mit Gehirnaktivität?“, fragte Elisha verwirrt.
Jennifer entschied sich für eine kleine Kurzinformation. „Na ja, äh… das menschliche Gehirn benutzt im Durchschnitt höchstens zehn Prozent seiner Kapazität, was für uns völlig normal ist. Wir wissen aber, dass die meisten Menschen aus Ihrem Volk, viel weiter entwickelt waren…oder sind. Aber keine Sorge, die Gehirnkapazität Ihrer Tochter nimmt wieder zu, seit sie aus der Stase ist und Ihre liegt momentan bei ungefähr siebenundvierzig Prozent. Stimmt das so weit?“
Elisha war durch Kellers Erklärung etwas überrumpelt. „Ähm, schon möglich. Ich habe das noch nie untersucht…ich verstehe im Moment auch nicht so recht, wovon sie sprechen, ich…“
„Kann ich mir vorstellen, Mutter. Doktor Keller kann dir das alles später genauer erklären. Aber jetzt sag´ uns bitte was damals passiert ist“, bat Alexa sie.
Es war Elisha gar nicht wohl dabei, all diese Ereignisse noch einmal Revue passieren zu lassen und darüber zu sprechen.
Kaum dass sie stockend die ersten Worte herausbrachte, kamen auch die Erinnerung zurück.
-„Also Dorian, was ist nun mit diesem Material? Hat man es bereits einarbeiten können?“, forderte der General zu erfahren.
„Man hat mir bereits letzte Woche mitgeteilt, dass die Veredelung abgeschlossen sei. Man wird es in Kürze in das Gewebe einarbeiten und in weiteren Test auf Funktionalität überprüfen können. Ich werde über jeden Schritt informiert“, gab Dorian selbstsicher zurück.
„Es wäre zur Abwechslung auch sehr schön, wenn man mich ständig auf dem laufenden halten würde und ich nicht ständig meinem eigenen Sohn die Information aus der Nase ziehen müsste“, erwiderte Tristanius mit einem leichten gereizten Unterton in der Stimme.
„Na ja weißt du Vater, ich wollte Alexa mit dieser neuen Uniform überraschen. Aber ich glaube, euer Geschenk stellt da meines wohl weit in den Schatten.“
„Das soll doch kein Wettkampf werden Dorian. Es ist doch wohl auch in deinem Interesse, das deine Schwester nicht ständig mit den übelsten Verletzungen von ihren Missionen zurückkehrt. Wenn dieses Material wirklich eine absorbierende und undurchdringliche Komponente darstellt, sollte es so schnell wie möglich in ihre neue Einsatzuniform eingearbeitet und getestet werden. Denn es ist dir sicherlich nicht entgangen, dass Alexa nicht mehr…“, mischte sich Elisha ein und kam somit ihrem Mann zuvor, dessen Ader an seiner Stirn schon durch den ansteigendem Zorn hervortrat.
„Jaja, ich weiß, ich weiß. Das mit Darius setzt ihr immer noch zu. Das brauchst du mir zu sagen, Mutter. Immer wieder kippe ich vor Sorge fast um, wenn es heißt, dass sie in irgendwelchen Schwierigkeiten steckt, für die sie fast jedes Mal selbst verantwortlich ist, weil sie immer noch nicht richtig auf der Höhe ist… ich werde nochmals mit den Jungs sprechen und ihnen sagen, dass sie sich beeilen sollen. Notfalls kümmere ich mich alleine darum und werde das Projekt nach Atlantis mitnehmen“, versprach Dorian.
„Was für ein Projekt?“, wollte Alexa wissen, als sie gerade um die Ecke bog, und den großen Raum mit den Stasisbehältern betrat.
„Ähh, ein Projekt, das nicht für dich gedacht ist. Hochgeheim. Streng vertraulich“, stotterte Dorian ertappt.
„Hochgeheim?“
Alexa schlug ihm mit ihrer flachen Hand gegen die Stirn, dass es nur so klatschte. „Hier hast du meine Sicherheitsstufe. Für mich gibt es nichts streng vertrauliches, schon vergessen?“
„Würdest du endlich damit aufhören, das tut schon ganz schön weh, weißt du?!“, beschwerte sich Dorian und rieb sich die Stirn.
Elisha schüttelte entnervt den Kopf, Tristanius atmete einmal mehr tief durch.
„Ach nein, wirklich? Danke für die Bestätigung, Schwachkopf!“, spottete seine Schwester.
„Schluss ihr beiden! Alexa, selbstverständlich hast du die höchste Sicherheitsstufe. Aber nicht…wenn es um dein Geburtstagsgeschenk geht. Es soll eine Überraschung sein“, verteidigte Tristanius seinen Sohn und bewahrte somit ihrer beider Geschenke vor einer ungewollten Entdeckung.
„Wirklich? Was ist es denn?“, wollte sie nun voller Neugier wissen.
„Sag mal! Auf der Akademie hast du wohl die Vorlesung über die Bedeutung des Wortes `Überraschung´ verschlafen, was?“, neckte Dorian seine Schwester.
Wieder war Alexa dabei, ihm einen Klatscher auf die Stirn zu geben, aber Tristanius war schneller und hielt ihren Arm auf halben Weg auf. „Ich denke dein Bruder wird heute Abend genug Kopfschmerzen haben.“
„Genau wie ich…ich weiß immer noch nicht, wie ich es nur mit euch beiden aushalte“, stöhnte Elisha.
Gerade als Tristanius das Gespräch wieder auf ein wichtigeres Thema verlegen wollte, ertönte ein Alarm.
„Was ist das? Was ist passiert“, fragte Elisha panisch.
Tristanius reagierte schnell und ging zum Kommunikationspult in der Mitte des Raumes. „Hier ist General Thalis. Was ist los? Warum geben sie Alarm?“
Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis eine panische Stimme aus dem Lautsprecher zu hören war. „Wir werden angegriffen, Sir! Sie…sie sind in der Umlaufbahn und feuern auf uns! Sie kennen unsere genaue Position! Was sollen wir tun?“
Alexa zog sofort ihre Waffe und wollte schon zum Kontrollraum, als der General sie mit einem Handzeichen zurückwinkte.
„Nehmen sie Kontakt mit Atlantis auf. Sie sollen sofort mehrere Truppen schicken und jemand soll sofort zusehen, dass er zum Drohnenkontrollstuhl kommt und…“
Tristan kam nicht dazu, weitere Befehle zu erteilen. Eine heftige Explosion erschütterte die gesamte Anlage. Ebenso waren weiteres Grollen, Schüsse und Schreie zu hören.
„Geht nicht Sir! Das Tor wurde von außen aktiviert, sie kommen durch aaahhhh…“, ertönte es wieder aus dem Lautsprecher.
„Makes…Makes? Melden sie sich, Makes!“
„Was ist da passiert? Wer greift uns denn an?!“, schrie Alexa um gegen die dröhnenden und beängstigenden Lärm an zu kämpfen.
„Ich weiß nicht, ich bekomme keine Verbindung zum Kontrollraum“, meinte Tristanius, als er immer noch versuchte, eine Übertragung auf den Bildschirm zu legen. Eine weitere heftige Erschütterung ließ die Familie den Halt verlieren und zu Boden fallen.
„Wir sollten was tun!“, rief Alexa wieder.
„Du wartest hier! Elisha und Dorian, ihr wartet auch hier, ich werde mir das ansehen.“
„Vater…“
„Tristanius…“, wandte Elisha sich panisch an ihn.
„Sie sind noch nicht bis her vorgedrungen. Ich muss mir das ansehen. Ich muss wissen mit wem wir es hier zu tun haben! Wenn ich in zehn Minuten nicht zurück bin, werdet ihr in Kapseln steigen und euch in Sicherheit bringen!“
„Vater, es ist besser wenn ich gehe.“
„Sie haben ihre Befehle, Commander! …Kümmere dich um deine Mutter und deinen Bruder!… Zehn Minuten!“-
Woolsey und die anderen, haben Elisha die ganze Zeit aufmerksam zugehört. Niemand wagte es, sie zu unterbrechen. Was wohl auch daran lag, das man ihr ansehen konnte, wie viel Kraft und Beherrschung es sie überhaupt kostete, über die Ereignisse zu sprechen.
Man konnte deutlich erkennen, dass Elisha solche Situationen, in denen es kritisch und gefährlich werden konnte, nicht kannte oder gewohnt war. Zumindest dachte John das. Er sah, wie sehr sie sich um ihre Fassung bemühte, immer wieder stockte, schluckte und tief durchatmete. Er wusste auch, dass Elisha dies bereits mit ihrer Tochter besprochen haben musste, denn er ertappte sich immer wieder dabei, wie er auf die einander haltenden Hände der beiden Frauen starrte.
Es tat ihm fast leid, dass Elisha das nun in gewisser Weise erneut durchmachen musste. Dass sie sich für ihre Tochter erinnern musste. Wieder einmal fluchte er innerlich über Alexas Erinnerungslücken. Nicht, dass er ihr die Schuld dafür gab. Vielmehr fluchte er über die Tatsache, noch keinen Weg gefunden zu haben, ihr dabei helfen zu können. Ebenso ertappte er sich auch erneut dabei, wie er einmal mehr über Alexa nachdachte, als er es eigentlich bewusst wollte oder eher sollte. Sich mit Gedanken beschäftigte, die mit der momentanen Situation eigentlich nichts zu tun hatten. Schnell riss er sich wieder zusammen und konzentrierte sich das Gespräch, doch vorher fiel ihm noch ein stummer, zu ihm verschmitzt grinsender Ronon auf, der offensichtlich ahnte, was in ihm vorgehen könnte.
Konnte der Mann etwas Gedanken lesen?
John räusperte sich, bevor er sich dann wieder Alexa zu wandte. „Und sie können sich noch immer nicht daran erinnern?“
Alexa schüttelte unsicher mit dem Kopf. „Nein, nicht wirklich. Es sind nur ein paar Bilder, die ich sehe. Aber hast du nicht gesagt, dass Vater dabei war, als wir in diese Kapseln gingen?“, fragte Alexa ihre Mutter.
„Ja, es dauerte auch keine Zehn Minuten, bis er mit einer Tasche zurückkam. Verletzt…“
-Alexa hob die Waffe, als sie um die Ecke spähte und einen Schatten ausmachen konnte.
Aber auch Dorian hatte mittlerweile eine Waffe in der Hand, die er sich aus dem kleinen Waffenschrank der hinteren Wand genommen hatte und bezog ebenfalls neben Alexa Stellung am Eingang.
Glücklicherweise stellte sich dieser Schatten als ihr Vater heraus.
Doch Dorian hatte diesen wichtigen Blick nicht erhaschen können und so war es an Alexa, seine Arme im letzten Moment nach oben zu reißen um somit zu verhindern, dass er auf seinen eigenen Vater schoss.
„Vater! Ich hätte fast auf dich geschossen!“, flüsterte Dorian etwas lauter.
„Was für ein Glück für mich, dass deine Schwester schneller war als du! In die Kapseln mit euch. Dorian, welche sind funktionstüchtig?“
„Tristan, du bist ja verletzt!“
Besorgt lief Elisha zu ihrem Mann und wollte sich die Schusswunde an seinem Arm genauer ansehen, doch er blockte sie ab.
„Das ist nicht so schlimm wie es aussieht, Elisha. Das wird bis später warten müssen.“
„Was? Vater, was ist da draußen los? Wir sollten den anderen helfen!“
„Da draußen gibt es niemanden mehr, dem wir helfen könnten.“
„Ja, aber…“
„Nichts aber, Alexa! Da draußen sind Kreaturen, die ich noch nie gesehen habe. Sie kennen offensichtlich keine Gnade und scheinen uns in jeder Hinsicht ebenbürtig zu sein. Und… sie sind uns in der Überzahl! Eine kleine Gruppe von ihnen hat mich entdeckt. Ich hatte Mühe ihnen zu entkommen und sie auch abzuhängen. Sie werden bald hier sein. Die einzige Möglichkeit, die wir haben, ist Atlantis. Von hier aus können wir sie nicht kontaktieren. Wir müssen hier raus und die Kapseln sind unsere einzige Möglichkeit.“
„Was ist mit dem Drohnenkontrollstuhl? Wir könnten uns einen Weg dahin frei schießen und ihr Schiff im Orbit vernichten und mit dem Rest in der Einrichtung können wir auch fertig werden…“
„Nein, verdammt nochmal!“, schrie Tristanius seine Tochter an.
„Es sind zu viele! Das schaffen wir nicht. Wir sind nur noch zu viert und nur wir zwei sind Soldaten. Wir werden es niemals zum Kontrollstuhl schaffen! Dorian, welche Kapseln funktionieren?“
„Ähm, äh…so weit ich weiß, die Original Kapsel und die vier Prototypen. Aber…“
„Aber was? Komm, mach schon Junge! Die werden bald hier sein und ich muss dir wohl nicht bildlich schildern, was dann passieren wird?!“, drängte der General seinen Sohn.
„Weder das Original, noch die Prototypen wurden ausreichend getestet.“
„Nun, dann werden sie eben jetzt getestet! Los rein!“, hetzte er seine Familie.
Dorian stand allerdings noch immer rätselnd vor den fünf Kapseln, als sein Vater dies bemerkte und die Augen verdrehte.
„Was ist denn jetzt noch?“
„Ich weiß gerade nicht, welche die Originale ist!“
„Das spielt jetzt auch keine Rolle mehr.“
Doch Alexa wollte immer noch nicht aufgeben. „Was ist mit den internen Verteidigungssystemen? Wenn wir die aktivieren könnten, dann…“
„Nein! Das war ein Befehl, Alexa! Ich sage es nicht nochmal! Rein da und nimm diese Tasche mit. Da sind einige Sachen drin, nur für den Fall…das etwas schief gehen sollte“, sprach er nun etwas bedrückter.
Sowohl Dorian als auch Alexa waren mittlerweile dabei, in die Kapseln zu stiegen, als Tristanius und Elisha noch diesen letzten kleinen Moment nutzen um sich von ihren Kindern zu verabschieden.
„Macht euch keine Sorgen, wir werden uns gleich in Atlantis wieder sehen. Dann kommen wir mit Verstärkung zurück und erobern die Station zurück.“
Eine kurze Umarmung folgte und Elisha ließ es sich auch nicht nehmen, ihren Kindern noch einen kleinen flüchtigen Kuss auf die Stirn zu geben, bevor Tristanius zum Schluss die Kapseln schloss und versiegelte.
Dann programmierte er sie so, dass sie automatisch den Weg nach Atlantis finden würden, sobald sie gestartet seien.
Nun galt es für Tristanius seine Frau ebenfalls in Sicherheit zu bringen.
Schnell fiel Elisha ihm um den Hals und küsste ihn.
„Wir werden uns gleich wieder sehen… meine geliebte Elisha“, tröstete er sie und strich ihr einige Haare aus dem Gesicht und eine Träne von der Wange.
„Wehe, wenn nicht! Tristan…bitte beeile dich und…sei vorsichtig.“
„Mach dir keine Sorgen, Liebes. Du kennst mich doch. Und jetzt… steig ein. Ich folge euch gleich nach.“
Elisha stieg ein und sah zu, wie ihr Mann auch ihre Kapsel programmierte und langsam den Deckel schloss.
Nur wenige Zentimeter fehlten noch, bis die Kapsel völlig geschlossen wäre, als Elisha durch den kleinen Schlitz sehen konnte, wie ihr Mann plötzlich durch einen Schuss getroffen wurde.-
„Oh nein! Das habe ich vergessen. Wie konnte ich das nur vergessen?! Er wurde getroffen, er…er…jemand hat auf ihn geschossen! Er ist… er ist…ich habe gerade noch sehen können, wie er getroffen wurde und zu Boden ging!“
Elisha verfiel in einen aufgebrachten Weinkrampf. Immer aufgeregter und panischer wiederholte sie ihre Worte.
„Mutter… jetzt beruhige dich! Ganz ruhig, er hat es geschafft. Er hat dich schließlich in der Kapsel losschicken können. Er hat es bestimmt auch raus geschafft“, versuchte sie ihre Mutter zu beruhigen, was aber nicht gelang.
Währenddessen kam ihr trotz allem ein Gedanke.
-Was wenn nicht? Was, wenn Vater es noch gerade geschafft hatte, Mutter zu retten, aber selbst nicht mehr…? Wenn das das letzte war, was er tun konnte, bevor…? Nein! Nein! Nein! Nein, das darf nicht sein! Oh bitte nicht!…-
Aber auch Elisha kam dieser Gedanke, nur sie sprach ihn laut aus. „Und was ist dann mit ihm? Wo ist er? Warum ist er nicht hier? Sie haben ihn… er ist… er ist… sie haben ihn umgebracht! Alexa! Sie haben ihn einfach umgebracht! Ich habe nach ihm gerufen! Immer wieder schrie ich nach ihm! Ich wollte wieder raus, aber…der Deckel! Er war zu schwer. Ich konnte ihn nicht öffnen! Ich habe nach deinem Vater gerufen, aber er…Oh neeeiiiin! Tristanius! Tristan!…“
Elisha war nicht mehr zu beruhigen. Immer tiefer ließ sie sich in einen aussichtslosen Weinkrampf gleiten. Verzweifelt versuchte Alexa sie zu beruhigen, doch kein einziges ihrer Worte erreichte sie. Ihre Mutter nahm nichts mehr wahr. Keine Stimmen, keine Berührung, nichts. Von dem Gedanken besessen, dass ihr Mann tot sei, begann sie sogar langsam an zu hyperventilieren.
„Es ist besser, wenn wir sie zur Krankenstation bringen“, meinte Jennifer schnell, als sie bemerkte, dass es langsam kritisch wurde.
Richard, John und Teyla sprangen besorgt auf, aber auch sie konnten nicht mehr helfen.
„Mutter? Mutter…wir gehen jetzt zur Krankenstation, hörst du?“, versuchte Alexa zu ihr durchzudringen.
Doch es machte keinen Sinn, denn Elisha verdrehte plötzlich die Augen und begann langsam das Bewusstsein zu verlieren und weg zu sacken. „Mutter?…Mutter!“
Alexa konnte gerade noch verhindern, das ihre Mutter plötzlich vom Stuhl kippte und hart auf den Boden aufschlug.
Sachte ließ sie sie zu Boden gleiten und stützte ihren Kopf.
„Mutter? Ma, was ist mit dir? Ma?“
„Keller an Krankenstation, ich brauche sofort ein Medic-Team im Konferenzraum! Beeilung!“, setzte Jennifer den Funkspruch ab, bevor sie sich dann um Elisha kümmerte.
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„Ist so etwas schon mal vorgekommen?“, wollte Jennifer wissen, während sie die neuesten Werte auf dem Bildschirm neben dem Bett ablas.
„Nein, noch niemals. Meine Mutter ist eigentlich…eine starke Frau“, beantwortete Alexa die Frage.
Seit man Elisha in die Krankenstation brachte, stand sie am Bett ihrer Mutter. Wieder Händchen haltend und bangend. Selbst als Jennifer sie untersuchte, wich sie nicht von ihrer Seite.
Jennifer wunderte sich darüber, dass Alexa selbst noch keine Schwäche zeigte. Schließlich hatte sie gerade erfahren, dass ihr Vater höchstwahrscheinlich dem Angriff nicht mehr lebend davon kam.
Als sie sich dabei ertappte, sich vorzustellen, wie sie selbst nach einer solchen Nachricht reagieren würde, versuchte sie sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren.
„Machen Sie sich keine Sorgen. Sie ist zwar bewusstlos, aber ihr Zustand ist stabil. Ich habe ihr ein leichtes Beruhigungsmittel gegeben, sodass sie noch ein paar Stunden schlafen wird. Sie sollten sich vielleicht auch etwas ausruhen.“
Die junge Ärztin drückte noch einmal mitfühlend aber aufmunternd den Arm des Commanders, bevor sie sich zu Woolsey und Sheppard, die am Eingang der Krankenstation warteten, begab und dort einen vorläufigen Bericht abgab.
Nur wenige Minuten später konnte Alexa aus ihren Augenwickeln ausmachen, wie Colonel Sheppard sich ihr näherte und hinter ihrer rechten Seite stehen blieb.
„Ich werde nicht aufgeben, sie zu suchen…“, wisperte sie leise.
„Ich weiß. Wir helfen Ihnen dabei. Solange wir keinerlei Beweise haben…dass er wirklich…tot ist, gilt er als vermisst. Wenn Ihre Mutter wieder aufwacht, dann…“
John suchte nach den richtigen Worten. Er brauchte der jungen Frau nicht ins Gesicht zu sehen, um zu wissen, wie sie sich wohl fühlen musste. Er konnte das Zittern in ihrer Stimme hören, ihre Anspannung anhand ihrer Körperhaltung begreifen und ihre Angst war wohl so groß, dass er glaubte, sie mit bloßen Händen ergreifen zu können. So hatte er sie bisher noch nie erlebt.
„Ich werde es ihr klar machen. Ihr sagen, dass er … als vermisst gilt und ich ihn und Dorian finden werde. Ich werde jedem Hinweis nachgehen und wenn es mein ganzes Leben dauern wird und es das letzte sein wird, was ich tue. Aber, wenn sich herausstellt, dass er tatsächlich…“
Alexa löste sich von der Hand ihrer Mutter und drehte sich zu John um. Als er in ihre Augen sah, erschrak er innerlich.
So viel Kummer und Schmerz hatte er noch nie in den Augen eines Menschen gesehen.
Schlagartig hatte er den überwältigten Drang, sie in seine Arme zu nehmen und nur zu halten, während sie sich einfach ausweinen sollte. Was ihm normalerweise ganz und gar nicht entsprach. Er blieb lieber immer auf Distanz. Keine Frage, dass er für seine Freunde und Kollegen immer da war und alles tun würde. Aber eine solche Nähe behagte ihm nicht. Nur äußerst selten ließ er jemand anderen so nah an sich heran. Selbst wenn es dabei nicht um ihn ging. Zum Beispiel nach Heightmeyers Tod, als Teyla plötzlich vor seiner Tür stand und ihm regelrecht um den Hals fiel.
Er wies sie nicht ab, indem er sie zurückstieß oder sonst irgendwie auf Abstand hielt. Er fühlte sich in diesem Moment nur nicht ganz wohl dabei. Wie könnte man sich in einer solchen Situation auch wohlfühlen, wenn gerade eben erst, eine Kollegin und Freundin gestorben war. Aber er spürte, dass es für Teyla wichtig war und dass es ihr gut tat. Also steckte er zurück und erwiderte die Umarmung, wenn auch zögerlich und irgendwie unbeholfen.
Aber jetzt bei Alexa, war alles irgendwie anders. Er selbst konnte den Grund dafür nicht einmal benennen, da er ihn selbst nicht kannte. Er wusste nur, dass es ihm im Herzen weh tat, sie so zu sehen und er liebend gerne alles tun würde, um ihr diese Sorgen und Seelenschmerzen zu nehmen. Doch noch bevor er diesem Drang nachgeben konnte, fuhr sie fort.
„Wenn sich herausstellen sollte, dass mein Vater… wirklich tot ist, werde ich auch meine Mutter verlieren… wenn sie es erfährt, wird es sie umbringen.“
Und mit diesem letzten Satz verließ Alexa aufgelöst die Krankenstation und lies eine bewusstlose Mutter und einen völlig sprachlosen John Sheppard zurück.
Auf irgendeinem Planeten
„Erbärmlich. Wirklich erbärmlich. Was anderes fällt mir einfach nicht ein“, sagte der Fremde, als er diesen Morgen die Gruppe Männer aus dem Schlaf riss.
Trunkenbolde, Alkoholleichen. Ihm fielen noch viele andere Dinge ein, die er ihnen an Kopf hätte werfen können. Aber es war nur Zeit- und Kraftverschwendung. Man musste sich ja nicht noch selbst auf ein solch niedriges, fast nicht vorhandenes Niveau herablassen.
Stöhnend und fluchend wanden sich die Herren in ihren Betten, zogen sich die Decke weiter über den Kopf, nur um nicht von einem winzig kleinen Strahl der Morgensonne, der sich seinen Weg durch einen kleinen unscheinbaren Schlitz in der Fensterlade bahnte, getroffen zu werden.
„Muss man sich denn um alles selbst kümmern?“
Ein paar Schritte nur ging er zur Seite, konzentrierte sich für einen Moment auf das Fenster und die Fensterläden, als diese plötzlich wie durch Geisterhand aufschwangen und somit den ganzen Raum mit dem hellsten Tageslicht durchflutete.
Das Stöhnen, keuchen, jammern und fluchen wurde nur noch größer. Aber an Aufstehen dachte die Bande immer noch nicht.
„Ihr legt es wohl wirklich darauf an, was?!“, schrie er schon fast und schwang dabei mit seiner Hand über die Männer.
Fünf Eimer erhoben sich dabei in die Lüfte und entließen ihren eiskalten, nassen Inhalt über jeden einzelnen Kopf der murrenden Meute.
Durch diesen Schock nun endgültig wach gerüttelt, sprangen einige von ihnen aus dem Bett, andere saßen kerzengerade und schnappten nach Luft und einer fiel vor lauter Schreck dabei sogar zu Boden.
„Was zum Teufel soll das? Hast du sie nicht mehr alle? Wie kommst du hier überhaupt herein, verdammt nochmal?“, schrie ihn Baren ihn empört an und wischte sich das Kalte Wasser aus dem Gesicht und den Haaren.
„Durch die Tür“, gab der Fremde trocken zurück.
„Was willst du?“, fragte Korran zornig. Noch nie hat es jemand gewagt, ihn auf solche Art und Weise zu wecken oder so dermaßen herablassend anzusprechen und zu behandeln. Selbst sein früherer kommandierender Herr behandelte ihn besser. Was wohl daran lag, dass er sich früher nicht so gehen ließ, den Tag tatenlos verstreichen ließ und jeden Abend volltrunken ins Bett fiel. In den meisten Fällen fand er noch nicht einmal sein Nachtlager und schlief stattdessen an Ort und Stelle ein.
„Ihr wollt mich doch nicht zwingen, euch daran zu erinnern, worüber wir gestern gesprochen haben…oder?“
Schlagartig wurde es den Männern wieder bewusst.
„Man jetzt mach nicht so einen Aufstand! Außerdem dachte ich, dass das alles nur ein Traum gewesen wäre“, kam es wieder krächzend von Baren.
„Wenn ihr nicht langsam zur Besinnung kommt und endlich wach werdet und euer Gehirn einschaltet, werde ich dafür sorgen, dass ihr ewig schlafen werdet und Träume erlebt, die ihr euch nicht einmal ansatzweise vorstellen könnt. Solche Albträume habt ihr noch nicht erlebt. Haben wir uns verstanden?“, drohte der Fremde und spürte, wie er langsam die Geduld verlor.
Die Mienen der Männer verrieten ihm, dass sie zwar noch immer nicht ganz wach waren, sich aber durchaus besonnen und zumindest etwas Kooperation zeigten.
„Warum nicht gleich so. Das hätte euch vielleicht das kalte Wasser erspart. Aber was soll´s. Nun zu etwas anderem. Da ich nicht glaube. dass ihr euch merken könntet, was ihr zu tun oder zu besorgen habt, habe ich hier eine Liste für euch. Ihr drei werdet mir diese Dinge besorgen und zwar genau diese Dinge. Wenn etwas fehlt oder ihr mir etwas Falsches bringt, ist unsere Abmachung hinfällig. War das verständlich genug?“, fragte er und drückte einer der Männer die Liste in die Hand.
„Ach verdammt, der kann nicht lesen“, murmelte einer der drei und riss seinem Freund den Zettel aus der Hand.
Der Fremde schloss die Augen, atmete geräuschvoll ein und aus und schüttelte mit einer Mischung aus Schock und Enttäuschung den Kopf. Kurz berührte er den jungen Mann an der Stirn. „Jetzt kannst du es.“
Verwirrt sah dieser zu seinem Freund, der ihm eben noch den Zettel abnahm und nahm ihn sich wieder zurück.
Tatsächlich. Er erkannte nun die Buchstaben und konnte sie zu Wörtern zusammen fassen. Mit großen Augen sah zu dem Fremden und dann wieder zu dem Papier.
„Wie…wie hast du das gemacht?“
„Das spielt keine Rolle. Besorgt mir die Sachen.“
„Aber wir haben kein Geld mehr, wie sollen wir da ran kommen?“
„Das soll nicht meine Sorge sein. Ihr hättet gestern eben nicht alles in diesen billigen Fusel investieren sollen. Ist es euer Kommandant oder meiner? Es ist eure Entscheidung, wie wichtig euch euer Herr ist.“
„Und was sollen wir tun?“, fragte Baren, der mit einem der anderen Männer ebenfalls auf eine Aufgabe hoffte.
„Ihr?… Ihr besorgt euch Grabgeräte. Wir werden heute Nacht etwas ausgraben“, erwiderte der Fremde und begab sich wieder zur Tür.
„Hey! … Wenn wir schon das tun sollen, was du sagst, dann sag uns wenigsten, wie wir dich nennen sollen“, forderte Korran.
Der Fremde, der gerade die Tür öffnete, hielt kurz inne und schien darüber nach zu denken, ob er wirklich seinen Namen mitteilen sollte. Dann drehte er sich zu der Gruppe um, betrachtete jeden einzelnen kurz aber intensiv, bevor er eine dann Entscheidung getroffen hatte.
„Ihr könnt mich Kieran nennen.“
Atlantis
Sie wollte nicht zurück in diese Erinnerung versinken. Jedes Mal wenn sie es tat, war es so, als ob sie alles erneut erlebte. Sie spürte die Anspannung, die Angst und die Hektik. Hörte die aufgeregte und fordernde Stimme des Generals, der befahl in die Kapsel zu steigen. Hörte das Donnern und Grollen der Schüsse, die wohl von einem Raumschiff abgegeben wurden. Hörte auch die Explosionen in der Nähe und die Schreie ihrer Freunde und Kollegen…
Nein, sie hatte sie angelogen. Hatte mit `Nein´ geantwortet, als John sie nach ihren Erinnerungen an den Angriff fragte.
Die Erinnerungen kamen bereits in der Nacht zuvor zum Vorschein. Als Traum, im Schlaf auf dem Schreibtisch ihrer Mutter.
Aber warum hatte sie gelogen? Warum hatte sie durch diese Lüge zugelassen, dass ihre Mutter alles erneut erzählen musste und dabei so heftig reagierte, dass sie ohnmächtig wurde und nun in der Krankenstation lag?
Warum hatte sie ihrer eigenen Mutter solche Qualen bereitet?
Immer schneller rannte sie durch die Gänge von Atlantis. Konnte nur mit Mühe den vielen Wissenschaftlern und Soldaten, die ebenfalls unterwegs waren, ausweichen. Ihr Blick war durch die vielen Tränen völlig verschwommen, ihre Lungen brannten, die Beine schmerzten und wollten ihr kaum noch gehorchen. Mit Mühe schaffte sie es in den Trainingsraum und entdeckte die kleine Gruppe trainierender Soldaten.
„Sie können ihr Training beenden, verlassen sie die Halle.“
Die fünf Männer unterbrachen erschrocken ihre Übung und sahen zunächst irritiert ihre Gegenüber an, bevor sie nochmals zu der jungen und verstört wirkenden Frau blickten.
„Los, raus habe ich gesagt!“, wiederholte Alexa diesmal lauter und energischer, bevor sie sich zu einer kleinen Fensterbank schleifte.
Gerade in dem Moment, indem einer der Männer sie ansprechen wollte, erschien Sheppard im Türrahmen.
Unbemerkt war er Alexa aus der Krankenstation gefolgt und hatte teilweise ganz schön Mühe, an ihr dran zu bleiben.
Mit einer Kopfbewegung deutete er seinen Jungs, ihre Sachen zu packen und den Raum zu verlassen.
Stumm aber schnell kamen sie seinem Befehl nach.
John blieb weiterhin leise an Ort und Stelle stehen und beobachtete, wie ihr ganzer Körper vom heftigen Weinen und Schluchzen erfasst wurde. Gerade als er wieder mit dem Gedanken spielte, zu ihr zu gehen, sprang sie auf und rannte zu dem großen Sandsack hin, auf den sie auch gleich mit unheimlicher Geschwindigkeit und Härte einschlug.
Erbarmungslos bearbeitete sie den Sandsack, boxte immer fester und schneller, trat mit Beinen und Füßen auf ihn ein und verlangte sich immer mehr ab.
John dachte schon daran, sie aufzuhalten, bevor sie sich noch selbst dabei verletzen würde, als ein markerschütternder Schrei durch die Halle fuhr und sie mit einem letzten finalen Tritt den Sandsack mitsamt der Halterung aus der Decke riss, woraufhin dieser gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert wurde und dann zu Boden fiel.
Mit weit aufgerissenen Augen sah er zuerst zu dem Loch an der Decke, dann zu dem völlig erledigten Sandsack, bis sein Blick auf dem völlig erschöpften Commander zum ruhen kam. Erneut von Weinkrämpfen erfasst, sank sie auf die Knie und weinte so bitterlich, dass sie kaum atmen konnte.
Nun konnte auch John nicht mehr still zusehen. Jetzt wollte und musste er handeln. Langsam näherte er sich ihr, ging hinter ihr in die Hocke, schluckte einmal und betrachtete die Frau, die nun eher wie ein Häufchen Elend wirkte.
„Hey…“, sprach er leise zu ihr.
Er spürte ihr Erschrecken, ihre darauf folgende Anspannung, konnte sehen, wie sie sich schnell die Feuchtigkeit aus dem Gesicht zu wischen versuchte. Doch umdrehen und ihm in die Augen sehen, wollte sie nicht.
„…jetzt hören Sie mir mal gut zu, okay? Er ist nicht tot. Er hat es geschafft. Er ist doch auch Soldat, dann…hat er es bestimmt da raus geschafft.“
„Was lässt Sie so sicher sein?“
„Na sagen wir einfach, ich sehe bei Ihnen bestimmte Verhaltensmuster oder besser gesagt Veranlagungen und Neigungen, die mich zu der Überzeugung bringen, dass Sie sie nur von Ihrem Vater haben können. Und wenn der nur halb so gut ist wie Sie, dann bin ich mir sicher, dass er überlebt hat. Alexa, wir finden ihn und Ihren Bruder auch, das verspreche ich Ihnen.“
Alexa schluckte ein paar Mal, wollte aufstehen, aber die Kraft hatte sie nicht mehr, also startete erst gar nicht den Versuch, auch nur ein Körperteil zu bewegen.
„Ich weiß, dass sie noch leben. Ich kann…ich kann es nicht beschreiben, aber ich weiß, dass sie noch leben.“
„Sie fühlen es, richtig?“, wollte John wissen und musste stark aufpassen, was er nun wie sagte, bevor noch die falschen Worte aus seinem Mund kamen und er sie damit kränkte oder entmutigte.
Alexa zuckte kaum merklich mit den Schultern. „Ich weiß nicht…ich kann es einfach nicht beschreiben, ja ich…ich fühle es. Ich weiß es eben.“
„Und…was sollte dann dieser… wieso hat der Sandsack dran glauben müssen?“ John wählte mit Absicht eine eher flapsigere Beschreibung und auch seine Tonlage war noch immer ruhig, beinahe flüsternd mit einer leichten Spur eines Lächelns in der Stimme.
Er hoffte dadurch, dass sie auch weiterhin so ruhig wie in diesem Moment blieb und auch, dass sie sich ihm anvertraute. Gerade jetzt, wo sie eine solche Verletzlichkeit zeigte, auch wenn es garantiert nicht von ihr beabsichtigt war, wäre es für ihn einfacher, in ihr Innerstes zu dringen. Ihm ihre Probleme, Ängste und Sorgen mitzuteilen.
Eigentlich mischte John sich niemals in das Privatleben seiner Kollegen und Freunde, aber wenn er sah, dass jemand an irgendetwas zu knabbern hatte, hatte er für denjenigen, jederzeit ein offenes Ohr. So wie auch letzte Woche, als ihm immer wieder auffiel, das ein Soldat der Wachgruppe im Gateraum, ständig abgelenkt und müde wirkte. Das ging sogar so weit, dass dieser beinahe McKay abgeknallt hätte, als jener nach einer Mission, mehr durch das Tor reinfiel, anstatt durch zu schreiten. Der junge Soldat war dermaßen in Gedanken versunken, dass er nicht einmal das eingehende Wurmloch bemerkt hatte und durch den stolpernden McKay erschreckt wurde und ihn im ersten Moment für einen Wraith hielt.
Nachdem John den jungen Marine zur Seite genommen hatte, stellte sich heraus, dass dieser mit seinen Gedanken ständig auf der Erde bei seinem, im Sterben liegenden Vater war. Es war keine Frage, dass ihn sein kommandierender Offizier erst einmal beurlaubte und nach Hause zu seinem Vater schickte.
Aber jetzt ging es um Alexa. Es war nicht nur persönliches Interesse, dass John an ihr hatte, auch wenn er sich dessen nicht wirklich selbst bewusst war, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie eine Antikerin war. Sie war für die Expedition unschätzbar wichtig. Sie hatte Zugang zu Technologien und Wissen, für dass er und die anderen Expeditionsmitglieder Jahre, wenn nicht sogar Jahrhunderte brauchen würden, um diese zu finden, geschweige denn nutzen zu können.
„Da ist doch noch mehr“, flüsterte er ihr wieder ermutigend zu. Noch immer hockte er hinter ihr und beobachtete weiterhin, wie sie sich die Tränen aus den Gesicht wischte und den Eindruck machte, sich nun beruhigt zu haben. Doch er täuschte sich. Wieder begann sie leise zu wimmern, ehe sie mit brüchiger Stimme zu einer Erklärung ansetzte.
„Ich habe gelogen.“
„Gelogen?“
„Als Sie mich vorhin fragten, ob ich mich mittlerweile daran erinnern würde…“
John atmete einmal tief durch, bevor er aufstand und sich dann diesmal vor sie zu hocken.
„Ich habe Nein gesagt, aber…in Wahrheit… habe ich mich schon letzte Nacht daran erinnert. Ich habe es geträumt. Wegen mir ist Mutter… wegen mir geht es ihr so schlecht. Ich habe sie damit gequält!“
„Das ist doch Blödsinn“, erwiderte er, um sie zu beruhigen, ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, aber wie vorhin ihre Mutter, steigerte sich nun Alexa in einen Weinkrampf.
„Hey…hey…Sie haben sie nicht gequält. Sie …“
„Sie verstehen das nicht!…“, schrie sie ihn an und sprang auf „Sie hat mir letzte Nacht alles erzählt und…und ich habe sie heute gezwungen, alles zu wiederholen, sie hat alles nochmal…“
„Okay, jetzt hören Sie mal zu…“, auch John war wieder aufgestanden und folgte ihr an die kleine Bank am Fenster, auf der sie sich wieder erschöpft niederließ.
„Hat Ihnen ihre Mutter denn letzte Nacht den Überfall genauso detailliert beschrieben, wie vorhin?“
An ihrem Gesichtsausdruck konnte er die Antwort regelrecht ablesen. Nein, dass hatte sie wohl nicht.
„Was hat das damit zu tun? Ich habe gelogen und meine Mutter enttäuscht. Sie hat erwartet, dass ich… ich war zu feige dazu. Ich habe sie enttäuscht.“
„Hören Sie auf damit! Waren in Ihrem Traum denn alle Dinge genauso abgelaufen, wie Ihre Mutter es erzählt hat?“
Alexa sah ihn perplex an. Als ob seine Tonart, die sich mittlerweile schlagartig geändert hatte oder seine Frage nicht schon erschreckend genug waren, nein, sie überraschte mehr die Tatsache, dass er sie plötzlich am Arm gepackt hatte, auf die Beine zog und zu sich umdrehte. Für mehrere Sekunden war sie sprachlos, bis sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte und zaghaft ein Nein mit dem Kopf deuten konnte. Als John ihren verstörten Gesichtsausdruck nach endlosen Sekunden wahr nahm, ließ er sie verlegen los.
„Ihre Mutter hat sich selbst eben erst wieder an den Schuss auf Ihren Vater erinnert. Es ist nicht Ihre Schuld. Sie haben ihre Mutter weder gequält, noch verletzt oder enttäuscht…Sie waren auch nicht feige, Alexa. Hören Sie auf so etwas zu sagen. Ich denke,… dass Ihnen die ganze Sache mit den fehlenden Erinnerungen mehr zu schaffen macht, als Sie vielleicht glauben oder zugeben wollen. Es ist wohl eher so gewesen, dass Sie sich heute Morgen selbst nicht sicher waren, dass es zurückgekehrte…“
„Das ist keine Entschuldigung, für das was ich…“
„Nein ist es nicht. Es ist keine Entschuldigung, es ist eine Tatsache. Ihnen fehlen viele Informationen aus Ihrer Vergangenheit. Jedes Mal wenn Sie eine dieser Attacken haben, wissen weder Sie noch wir, was in Ihrem Kopf vorgegangen ist oder wohin es führt. Erinnerungen kehren zurück, mit denen Sie in den meisten Fällen kaum was anfangen können, Fähigkeiten kommen zum Vorschein, die Sie selbst überraschen und womöglich nur schwer kontrollieren können. Denken sie doch mal an gestern, als sie glaubten, fühlen zu können was andere fühlen.“
„Kann ich aber!“
„Konnten Sie es gestern?“, wollte John wissen. Seine Tonart war zwar wieder etwas leiser, aber immerhin lag noch ein gewisses Fordern in seiner Stimme.
Sie wusste, dass er mit seiner Frage, ihr Gespräch mit Mutter gemeint hatte. „Nein“, gab sie leise zu.
„Konnten Sie es heute, gerade eben?“
„Nein.“
„Sehen Sie. Das ist es was ich meine. Ich glaube Ihnen, dass sie diese Fähigkeit haben. Nur können Sie diese Fähigkeit nicht richtig nutzen oder kontrollieren, weil sie Angst haben. Sie sind sich selbst nicht sicher. Und das betrifft auch ihre Erinnerungen.“
„Das hat Teyla ihnen gesagt? Hat sie mit ihnen darüber gesprochen?“, wollte sie wissen.
Natürlich hatte Teyla ihn gestern Abend noch aufgesucht und ihm mitgeteilt, dass Alexa ihr gegenüber erwähnt hatte, sich bei ihren Träumen und Erinnerungen nicht sicher zu sein. Das war kurz bevor sie die Dorfbewohner mitsamt Alexas Mutter fanden.
Für John war nun das jetzige Verhalten der jungen Frau eindeutig. Sie hatte tatsächlich Schwierigkeiten Erinnerung und Traum von einander zu unterscheiden.
„Ja hat sie. Weil sie sich Sorgen um sie macht, genau wie wir alle…“
John zog die Augenbrauen hoch, sowie er es immer tat, wenn er eine Frage eher unausgesprochen ließ.
„Dann habe ich meine Mutter all das wiederholen lassen, um ihre Erinnerung mit meinem Traum zu vergleichen?“, fragte Alexa unsicher.
„So in der Art, ja“, erwiderte John.
„Das macht die Sache auch nicht gerade besser, oder?“
John hatte den Eindruck, dass Alexa sich mittlerweile wieder ganz gut im Griff hatte. Um genau zu sein, er hörte einen kleinen sarkastischen Ton aus ihrer Stimme heraus.
„Haben sie ihrer Mutter gesagt, dass sie das fühlen können, was andere empfinden?“
Wieder beantwortete sie seine Frage nur mit einem bedeutungsschweren Blick.
„Vielleicht sollten sie es ihr erklären, mit ihr darüber reden.“
„Sie meinen ihr alles gestehen? Sie wird wohl ziemlich wütend werden.“
Alexa setzte sich wieder auf die niedrige Fensterbank, John blieb noch kurz vor ihr stehen und sah zu ihr herab, bevor er sich dann auch schließlich neben sie setzte.
„Ich kenne ihre Mutter noch nicht so lange…oder so gut. Aber ich denke, sie wäre erst dann wirklich wütend und enttäuscht, wenn sie es ihr nicht sagen und sie es stattdessen irgendwann zufällig erfahren müsste.“
Alexa sah ihn eine kurze Weile nur schweigend an, er erwiderte ihren Blick jedoch nicht und starrte nur irgendwie geistesabwesend vor sich hin.
„Sie haben so etwas einmal selbst… erlebt?“, fragte sie ihn.
„Ich hatte schließlich auch mal eine Mutter. Aber das eine lange Geschichte und auch schon lange her“, antwortete John mit einem zaghaften Lächeln und drängte die aufsteigenden Erinnerungen wieder zurück. Er wollte jetzt nicht an seine Mutter denken. Auch wenn es schon viele Jahre her sei, ihm verursachten Gedanken und Erinnerungen an sie, immer wieder unangenehme Empfindungen. Obwohl er immer eine gute und enge Beziehung zu ihr gehabt hatte. Er hatte seine Mutter geliebt.
„Wie wäre es mit einem Deal?…“, sagte er und hockte sich vor sie. „…Ich verspreche ihnen, dass wir ihnen helfen, ihren Vater und Dorian zu finden, wenn Sie dafür mit dem Weinen und den Selbstvorwürfen und…dem…Zerstören von … Militäreigentum aufhören. Gehen sie lieber zurück zur Krankenstation. Ruhen sie sich auch ein halbes Stündchen aus und wenn ihre Mutter wieder wach wird, erklären sie ihr in aller Ruhe alles. Einverstanden?“
„Einver-“
„Ah!…“, unterbrach er sie schnell.
„… Da gibt es noch etwas… ich…ich möchte, dass sie wissen… dass, wenn sie wieder einmal Träume haben, von denen sie nicht wissen ob es einmal real war oder nicht, oder wenn sie sonst irgendwelche Schwierigkeiten mit ihren Erinnerungen oder was auch immer, haben,…dann… ich bin da…okay?“
Alexa sah im zum ersten Mal seit Beginn ihres Gesprächs direkt in die Augen. Sorgen und Mitgefühl, aber auch Güte, Warmherzigkeit und Freundschaft konnte sie ihn ihnen erkennen.
„Okay“, versprach sie ihm vertrauensvoll.
„Schön. Und jetzt kommen sie.“
Beide verließen den Trainingsraum und gingen zur Krankenstation zurück.
Woolseys Büro
„Was gibt´s neues beim IOA?“, fragte John, der gerade aus der Krankenstation kam, und dort Alexa abgeliefert hatte.
Mit ein wenig Geduld und gutem Zureden konnte er sie dazu überreden, sich auch etwas hinzulegen und auszuruhen. Tatsächlich schlief sie auch augenblicklich ein, kaum dass sie auf der Liege neben ihrer Mutter lag.
Richard sah zu ihm auf, und warf ihm einen nicht sehr vielversprechenden Blick zu, ehe er dem Colonel deutete, sich in einen der beiden Sessel zu setzen. John konnte sich denken, was dieser Blick zu bedeuten hatte. Nichts Gutes.
„Ich habe noch immer keinen Ausweg gefunden. Sie geben zwar im Moment Ruhe, aber aufgegeben haben sie nicht“, antwortete er ernst.
„Und werden es auch nicht“, fuhr er nach einer kurzen Pause ernst fort.
„Wäre auch mal was neues“, spottete John halblaut.
Richard musste lächeln, stand auf und nahm im Sessel vor John Platz.
„Ich weiß nicht, wie lange ich sie noch hinhalten kann. Irgendwann werden mir die Ausreden ausgehen.“
John fuhr sich übers Gesicht, indem sich bereits eine winzige Spur von Unfassbarkeit und Überdruss zeigte. „Wir können Alexa nicht einfach so an die ausliefern. Wir brauchen sie hier“, stöhnte John beinahe verzweifelt.
„Das weiß ich, Colonel. Glauben sie mir. Ich werde alles mir mögliche versuchen, das Komitee irgendwie… zu vertrösten, aber es wird wohl doch auf große Probleme hinauslaufen. Zumal jetzt auch noch die Mutter des Commanders da ist. Und je nachdem wie die Suche nach dem Rest ihrer Familie verläuft…nein, sie werden nicht aufgeben. Eher das Gegenteil“, erklärte Richard ernüchternd.
„Atlantis ist die Heimat von Alexa und ihrer Familie. Man kann sie nicht einfach hier raus reißen. Abgesehen davon, kann ich mir nicht vorstellen, das Alexa da seelenruhig mitmacht“ antwortete John.
„Von ihrem Vater ganz zu schweigen. Sind sie sicher dass er noch lebt?“
John verzog das Gesicht zu einer skeptischen Miene. „Elisha hat nicht gesagt, dass sie ihn hat sterben sehen, nur dass er getroffen wurde…“
„Ein General, hm? Dann kann man doch davon ausgehen, dass er selbst über genügend Kampferfahrung verfügt, und sich zu jener Zeit hatte retten können. Womöglich hat er es doch noch geradeso in eine der Kapseln geschafft“, spekulierte Richard. Nein, er hoffte es eher.
„Das hofft Alexa auch.“ In Johns Stimme lag ein ganz spezieller Unterton, den Richard mittlerweile nur allzu gut kannte. Es gab etwas, was der Colonel ihm noch nicht mitgeteilt hatte. Fordernd sah Woolsey seinen leitenden militärischen Kommandanten an. „Alexa ist in der Lage, die Emotionen anderer zu fühlen.“
Zweifelnd zog sein Gegenüber die Augenbraue hoch. „Sie meinen, sie kann sich besonders gut in andere hinein…“
„Nein, ich meine, sie spürt die Emotionen anderer. Ich habe es selbst erlebt, kurz bevor wir in dem Dorf auf die Dorfbewohner trafen. Sie hat deren Angst spüren können.“
„Und jetzt…was? Kann sie etwa die Emotionen ihres Vaters oder ihres Bruder spüren?“
„Ich habe vorhin mit ihr geredet, ihr ging es nicht besonders gut. Sie hat diese Fähigkeit erst seit kurzen und vor allem hat sie sie nicht unter Kontrolle. Sie kann es nicht immer und schon gar nicht auf Kommando. Aber sie weiß, dass die beiden noch leben. Auch wenn ich nicht glaube, dass ihre Fähigkeit etwas damit zu tun hat, aber… ich glaube ihr. Ich habe ihr gesagt, dass wir die beiden als vermisst einstufen…“
„…und ihr helfen, sie zu finden“, ergänzte Richard den zögerlich erscheinenden Satz des Colonels.
Selbstverständlich lag auch Richard viel daran, dass sowohl der Antiker-General, als auch sein Sohn Dorian gefunden wurden.
Alleine schon die Gefahr, in der die beiden schwebten, sollten sie tatsächlich noch am Leben sein, war nicht auszudenken. Sie wussten kaum etwas über die Wraith, kannten logischerweise die neue Adresse von Atlantis nicht und was besonders schlimm war, war die Tatsache, dass es genug Individuen gab, die geradezu alles tun würden, um einen Antiker in die Finger zu bekommen. Die Aussicht, an das Wissen und die Technologie zu kommen, war nicht nur für die Erde besonders verlockend.
Ein kurzes Schweigen machte sich im Raum breit, dass dann von John wieder gebrochen wurde. „Sie haben noch nicht mit ihr darüber geredet, oder?“
Woolsey schüttelte den Kopf. „Nein, ich kam noch nicht dazu. Da war der Zwischenfall mit dem Absturz auf diesem Wüstenplaneten und dann das Wiedersehen mit ihrer Mutter. Aber ich denke, ich werde es so schnell wie möglich nachholen.“
„Es wäre zudem vielleicht besser, wenn sie erst mit Alexa alleine sprechen. Ich glaube ihre Mutter ist von uns nicht so ganz…überzeugt.“
„Ist das ihre Art zu sagen, dass sie uns nicht traut, Colonel?“
„Können sie es ihr verdenken? Sie oder ich an ihrer Stelle wären auch vorsichtig. So weit wie ich das sehen kann, hält sie sich ganz an ihre Tochter.“
„Ich kann es ihr nicht verdenken…nein. Das kann noch was werden.“
Normalerweise würde John es dabei belassen, das Gespräch beenden und gehen. Aber irgendetwas an Woolseys Tonart, mit der er die letzten Worte aussprach, ließ ihn aufhorchen und nachfragen. „Was ist?“
„Wie ich schon sagte, Colonel. Es wird Probleme geben. So weit ich James Coolidge bis jetzt kenne, wird er einfach nicht locker geben. Ich habe ihn als einen Mann kennengelernt, der für seine Ziele bereit ist, alles zu tun, um sie zu erreichen.“
„Und sein Ziel liegt bei…“
„In erster Linie beim IOA. Er scheint im Moment sehr damit beschäftigt zu sein, seinen Posten und seine…Kompetenz zu erhalten und zu sichern. Er hatte vor einigen Monaten große Mühe, seine Vorgesetzten davon zu überzeugen, weiterhin der führende und verantwortliche Kopf für die Aufsicht und die Belange des Stargate-Programmes bleiben zu können. Die künstliche Intelligenz des Sakkari Volkes, das vor einiger Zeit mit uns Kontakt aufgenommen hatte, hat Miss Chen damals wohl etwas zu sehr …beeinflusst. Kurz gesagt…das daraus resultierende Ergebnis führte dazu, das wohl nicht viel gefehlt hätte und Coolidge würde sich zur Zeit mehr mit der globalen Erwärmung beschäftigen, anstatt uns das Leben zur Hölle zu machen.“
Die Erinnerungen an den damaligen Zwischenfall brachte nun auch John zu einem eher gezwungen wirkendem Lächeln.
Zu tief saßen ihm noch die Erinnerungen an den imaginären Kolya und seiner Folter, im Kopf. Auch wenn diese künstliche Intelligenz hinterher alles erklärte und sich mehr oder weniger für seine Erlebnisse entschuldigte, so wurde ihm doch nur einmal mehr bewusst, dass er die realen Begegnungen mit seinem einstmals ärgsten Feind noch nicht ganz überwunden hatte. Aber was noch viel schwerer wog, war die eigentliche Aussage der K.I. die hinter der Erklärung und der Entschuldigung steckte.
Selbstfolter.
Dieser falsche Kolya sprach davon, dass John sich jeden Tag selbst quälen würde.
Mit den Gedanken an sein Versagen, den Ängsten, falsche Entscheidungen zu treffen, seine Freunde zu enttäuschen und sie im Stich zu lassen. Sollte er sich tatsächlich ständig in Gefahren hinein flüchten, nur um seinen Gedanken an seine früheren Fehler und Misserfolge zu entkommen? In dem Glauben, dieselben Fehler und Misserfolge, die wieder eintreten könnten, und das Leben seiner Freunde gefährden würden, zu vermeiden oder gar abzuwenden zu können?
Richard riss ihn wieder aus seinen Gedanken. „Für ihn kommt daher die Tatsache, dass wir eine Antikerin hier haben, wie gerufen. Die letzten Tage hat er wohl damit verbracht, sich auszumalen, wie wir ihm Alexa auf dem Silbertablett liefern würden. Da er sich mittlerweile allerdings denken kann, dass wir im Traum nicht daran denken, nach seiner Pfeife zu tanzen, wird er wohl über kurz oder lang zu anderen Mitteln greifen wollen.“
John schwante nichts Gutes. „Er wird doch nicht auf die Idee kommen, sie…mit Gewalt auf die Erde bringen zu wollen?“
Richards Gesichtsausdruck war für John Antwort genug. Dennoch beließ er es nicht bei einer Mine.
„Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Komitee über die Mittel und das dafür nötige Personal verfügt, Colonel. Aber ich dagegen weiß nicht, wie ich das verhindern kann. Mir sind die Hände gebunden.“
„Mir nicht. Das Komitee kann das vielleicht auf der Erde machen. Aber nicht in dieser Stadt. Nicht mit einem Mitglied meines Teams. Da habe ich auch noch ein Wörtchen mitzureden“, erwiderte John entschieden und mit einer großen Portion Sicherheit in der Stimme.
„Ich habe schon befürchtet, dass sie so etwas sagen würden“, stöhnte Woolsey verzweifelt.
„Was? Glauben sie etwa, dass ich dabei seelenruhig zusehe? Sie sind der Expeditionsleiter und ich der leitende Militärkommandant. Er hat hier nicht viel zu melden!“
„John, sie ist aber kein offizielles Mitglied des Stargate-Programmes und das wissen sie… sie kennen das doch langsam selbst zu Genüge. Natürlich können wir dagegen vorgehen, aber die Konsequenzen…es könnte meinen und ihren Job kosten. Im schlimmsten Falle wird Coolidge ihr neuer Boss.“
„Und im besten Fall?“, fragte John scherzhaft.
„Finden sie sich in McMurdo wieder“, lautete Richards ernüchternde Antwort.
John verdrehte die Augen. Er hatte erst mal genug. „Wissen Sie was? Darüber sollten wir uns Sorgen machen wenn es so weit ist. Ich werde jetzt erstmal Rodney etwas Dampf machen…Vielleicht fällt uns in der Zwischenzeit eine Lösung ein“, beendete John das Gespräch.
Richard nickte einverstanden und John verlies das Büro. Zurück blieb ein anstrengend nachdenklicher Richard Woolsey.
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„Na wie sieht´s aus Rodney?“, fragte John, kaum dass er McKay´s Labor betrat.
„Da sind sie ja. Ich wollte sie schon gerade rufen. Und was gibt’s neues von der Front?“, wollte dieser wissen.
„Ich habe zuerst gefragt.“
„Hm. Wie sie eben gehört haben, ist die Frage, warum Alexas Stasiskapsel so viele Jahre älter ist, wohl geklärt“, erwiderte Rodney.
„Ich habe es schon verstanden, McKay. Alexa hat während der Flucht die Originale erwischt und ihre Familie die Prototypen. Mich interessiert im Moment eher Celtes“, würgte John ihn ab. Auf eine von Rodney´s langatmigen und im Moment nicht besonders wichtigen und spannenden Ausführungen, hatte er wirklich keine Lust.
„Scheint, als ob sich an der Front wohl mächtig Ärger zusammenbraut“, neckte der Wissenschaftler ihn, doch John reagierte nur mit einem gereizten und scharfen Blick, was Rodney sich schnell umentscheiden ließ.
Er kannte diesen Blick seines Teamleaders nur allzu gut. Im Kampf an der sogenannten Front, womit eigentlich die Beziehungen zu einer Organisation mit dem Kürzel IOA gemeint waren, musste es wirklich nicht besonders gut aussehen. Es gab genug Personen, die nur allzu gerne Alexa in die Finger bekommen würden und das nicht nur wegen Wissen und Technologie. Ihre Selbstheilungskräfte und die überdurchschnittliche Gesundheit, sowie viele andere physiologischen und psychologischen Merkmale die die Antiker nun mal besaßen, waren mit Sicherheit ebenso interessant und reizvoll zu erfahren und zu erforschen, als irgendwelche lantianischen Artefakte.
Das diese Personen und Institutionen nur eine sehr geringe Hemmschwelle besaßen und praktisch vor nichts und niemanden zurückschreckten, um an hochgeheime Informationen und Daten zu kommen, war auch Rodney klar. Spätestens seit der damaligen Entführung seiner Schwester. Aber Rodney verdrängte die Erinnerungen an damals und begann seine Erkenntnisse zu schildern.
„Wir haben ganz schön suchen müssen, aber sind dann doch in der Datenbank fündig geworden. Allerdings nichts Detailliertes. Über Alexa oder gar ihre Familie haben wir nur sehr wenig bis gar nichts gefunden. Celtes wird auch nur als eine mehr oder weniger geheime Forschungseinrichtung erwähnt. Über die Forschungen selbst wurde kein Wort gesagt. Entweder gab es dort die richtig guten Projekte, also Dinge die wirklich einer hochgeheimen und super wichtigen Geheimhaltung unterlagen, oder es waren so langweilige und unwichtige Dinge, für die sich wahrscheinlich nicht einmal die Forscher und Wissenschaftler selbst sonderlich interessierten. Wie dem auch sei, als wir endlich einen Eintrag über Celtes gefunden haben, dauerte es dafür umso kürzer, das wesentliche zu finden. Der Angriff auf die Forschungsstation wurde kurz erwähnt, aber das war es dann auch schon.“
„Und über Alexa oder den General ist immer noch nichts zu finden?“, lautete Johns verdutzte Frage.
„Hah! Das ist das wirklich seltsame daran…Doch! Aber fragen sie nicht, wie lange wir danach gesucht haben. In der Datenbank wird ein General Thalis erwähnt. Auch wenn nur in der Auflistung über die gesamten Bewohner und Kommandanten in Atlantis. Was bedeutet dass nach genauerer Nachforschung auch Alexa, Darius und Elisha Thalis als seine Familie erwähnt werden. Was mich aber wirklich beschäftigt ist die Tatsache, dass es sonst nichts über sie gibt, na ja, was heißt nichts? Sehen sie sich das am besten selbst an, ich habe hier den Eintrag aus der Datenbank.“
Rodney reichte dem Colonel sein Tablett-PC, worauf dieser wie gebannt laut vorlas.
„45.867.720…“, ein verwirrter Blick traf den Wissenschaftler. John konnte mit diesen Zahlen zunächst nichts anfangen, hatte aber bereits eine Ahnung, die McKay ihm dann auch bestätigte.
„Das ist wohl deren Sternzeit, ihre Art einer Zeitrechnung.“
„…hm, ja habe ich mir schon gedacht…Verbindung zwischen Tristanius Alarith Thalis und Elisha Melaya Lasianos…“
Wieder stockte John aufgrund der für ihm merkwürdigen Bezeichnung der Antiker.
„Eheschließung.“
„Danke McKay, auch das habe ich mir denken können…Geburt von Sohn Dorian Mauron Thalis…Ernennung als Nachfolger vom Supreme-Commander Tristanius Alarith Thalis zum General durch General Mauron Tateck … 45. 867.723 Geburt von Tochter Alexa Selina Thalis…45.867.750 Angriff auf Forschungseinrichtung Celtes, dortige Wissenschaftler tot aufgefunden, General Thalis und Familie seither vermisst…“
John starrte die Einträge noch eine Weile ungläubig an, bevor er wieder fragend zu Rodney sah. „Das ist alles? Mehr haben sie nicht?“
„Ich würde ihnen ja gerne mehr geben, aber da ist nichts mehr. Weder über die Familie selbst, noch von irgendwelchen Einsätzen oder Missionen, keine Militärischen Personalakten und auch keine sonstigen Einträge von oder über Celtes. Es wurde nie wieder ein Wort über die Familie oder Celtes verloren und… ich bekomme das Gefühl nicht los, dass das gewollt ist.“
„Jemand hat die Einträge verschwinden lassen“, schlussfolgerte John, denn auch er wusste, dass die Antiker mit ihrer geschichtlichen Datenbank sonst immer sehr penibel und ausführlich gewesen waren. Aber es gab auch oft Hinweise, dass Informationen und Aufzeichnung schon mal bewusst in den Weiten der lantianischen Datenwelt verschoben oder gar gelöscht wurden. Meistens, wenn irgendwas ganz und gar nicht stimmte und man der Nachwelt Probleme und Misserfolge, die sie eins selbst erlebten, vorenthalten wollte. Sei es aus Peinlichkeit oder verletztem Stolz oder der sonst üblichen überheblichen Arroganz, die wohl die meisten Antiker erfahrungsgemäß an den Tag legten. Aber nur äußerst selten aus Sorge.
Rodney nickte bedächtig.
„Warum?“
„Woher soll ich das wissen? Hören sie, ich habe Zelenka und ein Team darauf angesetzt. Vielleicht finden wir noch irgendwelche Hinweise, die nur gut versteckt wurden. Aber das kann eine Ewigkeit dauern, falls da überhaupt noch was ist. Wir sollten uns daher vorrangig auf Celtes konzentrieren und uns dort erst einmal umsehen“, erwiderte Rodney und konnte es kaum abwarten, sich diese Einrichtung genauer anzusehen. Offensichtlich hoffte er, dort noch einige interessante der sogenannten Projekte vor zu finden, auch wenn die Chance bestand, dass Celtes wohl nicht mehr existierte.
„Erst in einer Stunde. Elisha und Alexa sollen sich erst einmal ausruhen. Den beiden geht es nicht so gut.“
„Den beiden? Hatte Alexa denn etwa wieder eine Attacke?“
„Ich denke so kann man es auch nennen“, erwiderte John und verließ damit das Labor.
Und auch hier hinterließ er einen verdutzten Rodney McKay.
Planet Sadona
„Na los, macht schon! Wir sollten zusehen, dass wir hier wegkommen, bevor noch einer kommt“, maulte Korran, als sie die letzten Sachen, die auf der Liste standen, zusammen zu suchten und in ihre Tasche steckten.
Angeblich war der Ladenbesitzer in der kleinen Stadt auf diesem Planeten kein Freund von Feilschen. Es stellte sich aber heraus, dass der Ladenbesitzer hinter das eigentliche Vorhaben der Gruppe von Männern gekommen war. Raubüberfall.
Natürlich wollte er seinen Laden, seine Waren und vor allem auch sein Leben schützen. Doch die Männer waren ihm gegenüber in der Überzahl. Nun lag er mit einem gebrochenen Genick hinter einem Tisch.
Trotzdem mussten sich die Männer beeilen. Es war der einzige Laden in dieser Stadt, der so gut wie alles anzubieten hatte. Also war es nur eine Frage der Zeit, bis sich noch schnell der eine oder andere Stammkunde zu dieser späten Stunde blicken ließ.
„Hör auf hier mit Kommandos rum zu werfen! Du solltest uns lieber helfen, dann würde es schneller gehen“, erwiderte Sonas und hielt ihm die Tasche hin.
Widerwillig griff er nach ihr und hielt sie auf, damit Loran und Sonas die Sachen schnell darin verstauen konnten. „Ich frage mich, wozu er das ganze Zeug braucht. Vom Rasierzeug mal abgesehen“, fragte Sonas, während er weiter in den Regalen wühlte.
„Tss, Rasierzeug! Dieser…Kieran hat all diese merkwürdigen Kräfte und dennoch ist er nicht in der Lage, sich seinen Bart…weg zu zaubern? Man, ich traue dem Kerl nicht ganz über den Weg. Denkst du wirklich, dass er ihn uns zurück bringen kann? Immerhin hat dieser Sheppard ihm doch direkt ins Herz geschossen. Man kann Tote nicht wieder lebendig machen“, zweifelte Loran.
„Keine Ahnung. Ich denke nicht, dass es ihm um unseren Kommandanten alleine geht. Nein, da ist noch mehr. Er verfolgt auch seine eigenen Pläne und ich bekomme das Gefühl nicht los, das Atlantis dabei eine große Rolle spielt. Es ist vielleicht ganz gut, ihn im Auge zu behalten“, brachte Korran argwöhnisch hervor.
„Du denkst, dass er uns und unseren Kommandanten nur benutzen will, um an die Atlanter heran zu kommen?“
„Na was denn sonst? Er besitzt diese Fähigkeiten und ist eigentlich nicht auf uns angewiesen. Natürlich hat er was mit den Atlantern vor und das kann uns ja nur Recht sein. Aber dennoch sollten wir vorsichtig sein. Sobald wir die Sachen bei ihm abgeliefert haben, machen wir uns auf die Suche nach dem Rest von uns. Sollte Kieran es tatsächlich schaffen, ihn wieder zu erwecken, wird unser Kommandant sehr froh sein, wieder ein paar gute und treue Männer mehr unter seinem Kommando zu haben, falls dieser Kieran einen Fehler begehen sollte. Eine falsche Bewegung oder irgendwelche Mätzchen, die Kieran dann versucht, werden ihm dann teuer zu stehen kommen.“
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Nachdem Baren sich mehrmals übergeben musste, hatten er und Hanno es doch noch geschafft, die sterblichen Überreste ihres Kommandanten in einer Nacht und Nebelaktion unbemerkt auszugraben und ihn zu der Adresse zu bringen, die ihnen Kieran genannt hatte. Auch Hanno und Baren hatten ihre Zweifel an der ganzen Sache.
„Wozu mache ich das eigentlich?“, stöhnte Baren, nachdem er mit Hanno durch das Sternentor getreten war und nun den Sarg erst einmal abstellte und tief durchatmen wollte.
Noch immer spürte er seinen Magen rebellieren. Er hatte schon Dinge getan, vor allem erst vor kurzer Zeit, die jeden anderen verschreckt oder zutiefst angewidert hätten, aber einen Toten mitten in der Nacht auszugraben und mit ihm quer durch die Galaxie zu reisen, war auch für ihn etwas zu viel des Guten. Er hatte keine Probleme jemanden ins Jenseits zu befördern, aber schon von Kindheitsbeinen an, wurde ihm eingetrichtert, die Toten zu achten und nicht ihre Ruhe zu stören. Aber die Aussicht, wieder ihren Kommandanten leibhaftig in Fleisch und Blut vor sich stehen zu haben und mit ihm gemeinsam Rache nehmen zu können, lies ihn seine Erziehung und auch die restlichen Skrupel vergessen.
„Damit wir es den Atlanern endgültig heimzahlen können?“, fuhr Baren nach einer Weile fort.
„Ja, genau. Kieran hat offensichtlich auch ein Hühnchen mit diesen Leuten zu rupfen. Und je mehr wir sind, desto besser. Jemand wie ihn an unsere Seite zu haben, kann nicht verkehrt sein und jetzt los, es ist nicht mehr weit. Nicht mehr lange… und die Atlanter werden sich in der Hölle wiederfinden“, antwortete Hanno und machte sich wieder daran, den Sarg endlich in das Gebäude zu bringen.
„Hoffentlich irrst du dich da nicht“, erwiderte Baren immer noch zweifelnd.
Nach fünfhundert Metern erreichten sie nun endlich den großen Gebäudekomplex, der sich als ein früherer Außenposten der Vorfahren entpuppte und nun ihr neues Zuhause sein sollte.
Für einen kurzen Moment hielten sie inne und bestaunten die riesige Anlage, die vom Mondlicht hell beleuchtet wurde. Es machte beinahe den Eindruck, dass das Gebäude selbst von innen heraus leuchtete.
Es war noch immer in einem sehr guten Zustand, hatte einen hellen Anstrich und war viel moderner und weiterentwickelter, als es Baren und Hanno es sich jemals hätten vorstellen können und von ihren bisherigen Behausungen gewohnt waren.
Mit einem letzten Kraftakt brachten sie den Sarg ins Innere der Anlage. Kieran, der schon auf sie wartete, führte sie in einen Raum und ließ die beiden Männer die lebensgroße Holzkiste auf eine Liege stellen.
„Habt ihr alles besorgen können, was auf der Liste steht?“, fragte er die drei Männer, die nun auch von ihrem Beutezug zurückkehrten.
„Ja… ich… denke wir haben alles“, brachte Korran zögerlich heraus, als er den hölzernen Sarg entdeckte.
„Ihr denkt? Seit wann denn das?“
Korran verkniff sich eine freche Antwort auf diesen Kommentar.
„Ich werde mir das mal ansehen, währenddessen könnt ihr schon mal den Sarg öffnen“, forderte Kieran und begann, die geforderten Sachen aus der Tasche zu wühlen. Doch er bemerkte, dass sich die fünf Männer unsicher ansahen und sich wohl auch etwas sträubten.
„Er ist euer Kommandant, ich werde ihn euch vielleicht zurückgeben aber ein bisschen mehr mitarbeiten solltet ihr schon. Außerdem ist der Sarg doch wohl ziemlich schmutzig…ihr erwartet doch nicht, dass ich meine neue Kleidung ruiniere, oder? Was würde eurer Kommandant denn von mir denken, wenn er mich sieht?“
„Könntest du deine Arroganz mal….“
„Na na, etwas mehr Beherrschung, oder ihr könnt den Sarg gleich wieder zurückbringen und vergraben und unsere Abmachung hat sich erledigt“, mahnte Kieran.
Er hatte wirklich Lust seine Kräfte erneut unter Beweis zu stellen, doch für das was er jetzt vorhatte, musste er sich schonen. Es würde ihn eine Menge Energie und Kraft kosten. Wieder einmal fragte sich Kieran, ob es nicht doch besser sei, sich all diese Mühe zu ersparen und stattdessen lieber gleich nach Atlantis zu gehen und sich zu nehmen, was er wollte.
Doch auch dann hätte er eine Menge Arbeit, sie entsprechend zu überzeugen, denn schließlich musste sie freiwillig zu ihm kommen, ansonsten würde es nicht funktionieren. So galt es eben herauszufinden, was sich in den letzten Jahrtausenden verändert hatte. Und es gab neue Mitspieler, die ebenso interessant waren und studiert werden sollten. Ja das würde für ihn ein riesiger Spaß werden.
„Unsere Abmachung bestand bisher nur darin, dass du ihn uns wiedergeben willst, aber du hast nie gesagt, was für dich dabei herausspringt“, meinte Baren.
„Stimmt, das habe ich wirklich nicht…und das werde ich auch nicht. Noch nicht. Aber ihr könnt sicher sein, dass es auch zu eurem und zu seinem Wohle ist, also…“, erwiderte Kieran und deutete erneut auf den Sarg.
Korran und Sonas waren die ersten die sich dem Sarg näherten und anfingen ihn mit Zange und Brecheisen zu bearbeiten. Doch kaum war der Deckel ab, begann Baren erneut zu würgen. Leichen hatte er zwar schon oft gesehen, aber noch keine die bereits dermaßen verwest war, dass man Schwierigkeiten hatte, sie jemals für ein einstiges menschliches Wesen gehalten zu haben.
„Wie der es überhaupt damals ins Militär geschafft hatte, ist mir immer noch ein Rätsel“, kommentierte Loran schadenfroh das fluchtartige Hinauslaufen von Baren. Aber auch Loran wurde nach einem genaueren Einblick in den Sarg etwas anders zumute.
„Ihr solltet nun auch den Raum verlassen“, erklärte Kieran.
„Nur keine Sorge, wir müssen uns nicht so schnell übergeben, wie manch andere“, lachte Hanno beinahe.
„Das war auch kein Ausdruck meiner Sorge… raus jetzt und bleibt draußen. Wenn eurer Herr so weit ist, werde ich nach euch rufen. Aber bis dahin… wollen wir nicht gestört werden.“
Kieran untermauerte seinen Befehl mit einen äußerst eindringlichen aber auch warnenden Blick.
Zögerlich kam die Gruppe seinem Befehl nach und verließ misstrauisch den Raum, doch nachdem sich die Tür immer noch nicht schloss, schüttelte Kieran verständnislos den Kopf.
„Ihr müsst das Panel an der Seite der Tür berühren!“, rief er ihnen entnervt hinterher.
Korran warf ihm noch einen abschätzigen und misstrauischen Blick zu, bevor er dann die Tür schloss.
Kieran atmete ein paar Mal tief durch um seine aufsteigende Verärgerung zu verdrängen, dann konzentrierte er sich wieder auf sein Vorhaben.
„Also…dann wollen wir mal anfangen…“
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Langsam öffnete Elisha die Augen und blickte sich um. Sie registrierte, dass sie sich wohl auf der Krankenstation befand.
Als sie zur ihrer linken Seite sah, fand sie dort ihre schlafende Tochter vor.
„Oh, sie sind wach. Wie fühlen sie sich?“, fragte Jennifer leise, als sie näher an Elishas Bett trat.
„Was ist mit Alexa?“, lautete die Gegenfrage.
„Sie schläft nur ein wenig, keine Sorge.“
„Sie hatte also keine dieser…“
„Attacken? Nein, aber… sie macht sich große Sorgen um sie.“
„Es tut mir leid, Doktor Keller. Ich habe wohl etwas überreagiert, ich wollte ihnen keine solche Mühe bereiten, ich…“
„Ich bitte sie, das ist doch verständlich. All die neuen Eindrücke, die Ängste und Hoffnungen, die Erinnerungen… ich kann mir kaum vorstellen, wie sie… es muss sehr schwer für sie sein. Aber hier sind sie wieder in Sicherheit und zumindest haben sie schon mal ihre Tochter wieder. Und ihren Mann und ihren Sohn werden wir auch finden. Machen sie sich keine Sorgen.“
Doch Elisha brachte nur ein müdes und erzwungenes Lächeln heraus. Jennifer gab allerdings nicht so schnell auf und versuchte alles, um die Frau aus ihrem Schneckenhaus zu locken.
„Wir äh… ich habe ihnen ein leichtes Beruhigungsmittel gegeben, deswegen könnten sie sich noch ein bisschen benommen fühlen.“
„Ja, aber die Wirkung lässt bereits nach.“
„Oh, wirklich? Möchten sie vielleicht noch etwas Beruhigungsmittel?“, fragte Keller, als sie merkte, wie Elishas Stimme zu versagen und sie erneut in Traurigkeit zu verfallen schien.
„Nein Danke, Doktor. Ich denke, ich komme ab jetzt auch ohne aus. Es kam vorhin nur alles so plötzlich.“
„Sie und ihre Tochter scheinen wohl ziemlich resistent gegen Beruhigungsmittel zu sein“, sagte Jennifer und brachte Elisha erneut zum Lächeln.
Das kleine Schneckenhaus brach allmählich zusammen und Elisha wurde doch etwas gesprächiger.
Genau das hatte Jennifer im Sinn. Sie in ein Gespräch zu verwickeln, damit sie merkte, dass sie vertrauen konnte.
„Ja, das liegt in der Familie. Sie glauben gar nicht, was ich alles tun musste, um meine Tochter nach ihren Einsätzen ruhig zu stellen, damit ich sie in Ruhe behandeln konnte, wenn sie verletzt war. Der Verbrauch von Sedativum war schon immer immens. Sie… sie ist in dieser Hinsicht genau wie ihr Vater. Stur, widerspenstig…und dickköpfig… So habe ich ihn auch damals hier kennengelernt“, flüsterte sie zum Schluss beinahe.
„Hier auf Atlantis?“, fragte Jennifer erstaunt.
„Mhm, sogar hier auf der Krankenstation…um genau zu sein, da drüben“, erzählte sie und wies in auf die erste Liege an der gegenüberliegenden Wand.
„Wirklich?“
„Ja, damals war er selbst noch ein Commander und kam mit schweren Verletzungen aus einer Schlacht. Er wollte unbedingt wieder zurück auf das Schlachtfeld.“
„Und sie waren damals Ärztin? Was haben sie getan?“
„Nun…nachdem er sich nur schwer behandeln ließ und unbedingt wieder zurück wollte, hatte ich keine andere Wahl. Zum ersten Mal in meinem Leben, hatte ich gegen eine strikte Anordnung seinerseits verstoßen…“
Jennifer blickte sie immer neugieriger an.
„… ich habe ihn für die nächsten vier Tage schlafen gelegt.“
„Sie haben ihn ausgeknockt?! Ich nehme nicht an, das ihm das sonderlich gefallen hat?“
„Sie haben ja keine Ahnung. Die Kämpfe dauerten noch zwei Tage, der Sieg lag auf unserer Seite. Tristanius aber, war danach für viele Wochen… na ja.“
„Nun ja, vielleicht war sein Stolz ein bisschen zu…“
„Ja, dass denke ich auch. Sein Stolz stand ihm lange Zeit im Weg. Aber, als sein Vorgesetzter ihn eines Tages zu sich zitierte und ihn zurechtwies und ich ebenfalls von meinem Vorgesetzten was zu hören bekam, tja…“
„Wieso haben sie was zu hören bekommen?“
„Weil es seit diesem Vorfall, keinen einzigen Tag gab, an dem wir beide einmal nicht, wegen irgendwelchen Kleinigkeiten aneinandergeraten sind. Das ganze wurde so schlimm, dass sogar die gesamte Stadt und ihre Bewohner darunter zu leiden hatten.“
„Aber wie haben sie beide dann…?“
„General Mauron Thatek… er hatte Tristanius damals ganz schön in die Mangel genommen und ihm einiges klar gemacht. Erst danach…“
Wieder stockte Elisha, als sie an damals zurück dachte. All die Streitereien und das Gezanke, dass sich später in Freundschaft und dann in Liebe verwandelt hatte. Würde sie sich nicht gerade solche Sorgen um genau den Mann machen, der zu ihrer großen Liebe wurde, könnte sie vermutlich darüber lachen. Aber jetzt schwebte sie regelrecht in einer Ungewissheit. Eine Ungewissheit, über das Schicksal ihres Mannes und ihres Sohnes.
„Er hat sich in sie verliebt und dieser Mauron hat es ihm erst klar machen müssen?“
Elisha nickte.
Diesmal musste Jennifer lachen.
„Von da an, hatte ich erst Recht keine Ruhe mehr von ihm. Kein Tag ohne diese Blicke, die fast täglichen `zufälligen´ Besuche hier auf der Krankenstation und später die schönsten und fesselndsten Liebeserklärungen und Schwüre… da lernte ich den wahren Tristanius kennen. Ein guter, freundlicher und liebevoller Mann. Aber seinen Kampfgeist, seinen Mut und sein starker Wille, hatte er niemals verloren…Alexa hat wirklich diesen Kampfgeist, den Mut und vor allem die Willenskraft von ihrem Vater geerbt. Sie ist ihm so ähnlich…immer wenn ich in ihre Augen sehe, sehe ich auch meinen Tristanius.“
„Sie ist eine Kämpferin… sagen sie Bescheid, wenn es irgendetwas geben sollte, das ich tun kann.“
„Ja, da wäre etwas. Ich würde gerne wissen, was es mit den Attacken meiner Tochter auf sich hat.“
„Das dachte ich mir und deswegen habe ich das für sie vorbereitet.“
Jennifer überreichte ihr ein Tablett-PC, auf dem sie sämtliche bisherigen Untersuchungsprotokolle, Berichte und Werte aufgezeichnet hatte. Elisha las sich alles ganz genau durch.
„Das ist bis jetzt leider alles, was wir herausgefunden haben. Außerdem kennt sich Carson, also Doktor Beckett irgendwie etwas besser aus, was die Genetik und die Physiologie ihres Volkes betrifft. Die Forschung und die Behandlung, ganz besonders die Entwicklung des Serums, das Alexa regelmäßig injiziert werden muss, beruht hauptsächlich auf seiner Arbeit.“
„Es kommt einer retrograden Amnesie fast gleich. Sowohl das episodische als auch das semantische Gedächtnis ist betroffen“, stelle Elisha, immer noch in die Daten vertieft, fest.
„Ja. Die Erinnerungen kommen zwar langsam zurück, beispielsweise in ihren Träumen oder auch manchmal während einer Attacke, manchmal sind es auch sogenannte Flashbacks, aber… wir finden die eigentliche Ursache einfach nicht. Wir untersuchen sie regelmäßig. Mindestens einmal in der Woche, aber bisher haben wir nichts gefunden.“
„Und dieses Serum verabreichen sie ihr prophylaktisch?“
„Ja. Carson hat es speziell für ihre Tochter entwickelt. Es soll gewissermaßen die Reizung der Nozizeptoren, also der Schmerzrezeptoren für das Gehirn… unterdrücken, aber es funktioniert nur begrenzt.“
„Wieso?“
„Die Attacken sind zwar weniger geworden und wir haben auch den Eindruck, dass sie nicht mehr ganz so intensiv sind, aber…dennoch wird sie in solchen Fällen für mehrere Stunden außer Gefecht gesetzt. Auch Colonel Sheppard versucht ihr durch Meditation zu helfen, damit sich ihr… Geist etwas beruhigt, aber auch das scheint nur wenig zu helfen.“
„Was sind das für Schmerzen? Hat sie sie beschrieben?“
„Sie sagte, dass es zuerst stechende Schmerzen seien, die sich dann schnell zu einem regelrechten Krampf entwickeln würden, bevor sie dann das Bewusstsein verliert.“
Elisha sah besorgt zu ihrer Tochter hinüber. Sie hatte bereits einen Verdacht, was die Ursache für diese Anfälle war. Eigentlich war sie sich schon fast sicher.
„Wir haben schon geglaubt, dass es ein Nebeneffekt, der Stase sein könnte, oder das etwas mit der Kapsel in der Zwischenzeit geschehen sein musste, dass dann solche Auswirkungen auf ihre Tochter gehabt haben könnte. Aber nachdem Rodney das Ding bis in seine Einzelteile auseinander genommen hatte, sind wir uns ziemlich sicher, dass es nicht damit zu tun hat“, erklärte Jennifer weiter, doch Elishas Gedanken wanderten zurück in die Vergangenheit.
-Nein, das hat es auch nicht. Jedenfalls nicht direkt. Oh, Alexa, das haben wir nicht gewollt. Wir haben nicht wissen können, dass du nun das durchmachen musst. Aber wenn wir nicht gehandelt hätten, hätten wir dich verloren. Dieser… Psychopath hatte dich fast in den Wahnsinn getrieben. Und jetzt hat die Kapsel dein Gedächtnis durcheinander gebracht. Dein Unterbewusstsein versucht Erinnerungen zu wecken, die wir…-
„Misses Thalis?“
„Was? Tut mir leid, ich war…was?“
„Ich sagte, dass morgen ihre nächste Untersuchung geplant sei und wollte wissen, ob sie sie vielleicht… selbst durchführen wollen“, sagte Jennifer und riss Elisha aus ihren Gedanken.
„Äh, ja. Ja, natürlich und ich würde mir das hier gerne ein morgen genauer ansehen“, erwiderte sie und hielt Jennifer den PC entgegen.
Gerade in diesem Moment regte sich Alexa und erwachte ebenfalls.
„Ma? Du bist schon wach? Geht es dir besser?“
„Ich lasse sie beide dann man alleine und sehe, mal nach, ob ich was zu essen für sie auftreiben kann“, sagte Jennifer und machte sich auf den Weg zur Kantine.
„Ja Liebes, mir geht es schon viel besser. Es tut mir leid, ich wollte dich vorhin nicht so erschrecken. Darüber zu sprechen, hat einige Details wachgerufen, an die ich mich all die Zeit nicht entsinnen konnte…oder eher wollte.“
Alexa war mittlerweile zu ihr gekommen und setzte sich auf den Bettrand. „Es gibt da etwas, was ich dir sagen muss, Mutter… ich glaube, ich kann das fühlen, was andere fühlen.“
Elisha sah eine Zeit lang zweifelnd ihre Tochter an. „Empathie? Du willst mir sagen, dass du empathische Fähigkeiten hast?“, fragte sie schließlich.
„Es hat vor kurzem angefangen. Ich war mir bisher nicht sicher, aber gestern, habe ich die Angst der Dorfbewohner gespürt und so haben wir euch dann auch gefunden.“
Elisha war für einen Augenblick sprachlos. Doch dann räusperte sie sich und fand auch wieder ihre Worte. „Und du kannst auch jetzt fühlen, was ich…“
„Im Moment nicht, aber vorhin…im Konferenzraum, da…“
Gerade in diesem Moment, kam Colonel Sheppard in die Krankenstation. „Ah, sie zwei sind schon wach.“
„Ja, Doktor Keller sucht gerade nach etwas zu Essen für meine Mutter, danach, denke ich, können wir nach Celtes.“
„Im Konferenzraum, da hast meine Gefühle gespürt, richtig?“, fragte Elisha neugierig.
Gerade als John sich umdrehen und die beiden Frauen alleine miteinander reden lassen wollte, warf Alexa ihm einen unsicheren Blick zu. Er konnte sich ja vorstellen, dass Alexa sich mit den momentanen Problemen nicht gerade wohl fühlte, aber es wäre mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung, um diese Probleme dauerhaft zu lösen oder zumindest mit ihnen klarzukommen.
Ermutigend nickte er ihr zu.
„Es tut mir leid, Ma…“, wisperte sie und spürte, wie sich ihre Kehle dabei zuschnürte.
„…ich kann es nicht immer und ich kann es auch nicht kontrollieren…ich wollte nicht… ich war mir nicht sicher… ob es jetzt ein Traum war, oder… ich wollte nicht, dass du das alles nochmal durch machen musst. Es tut mir so leid.“
„Ich weiß, Kleines. Mach dir keine Sorgen, ich bin dir nicht böse…früher oder später… wäre es wahrscheinlich ohnehin geschehen. Wie du gesehen hast, habe ich auch zunächst etwas vergessen, aber dann…“
Elisha stockte wieder, als sich wieder die schrecklichen Bilder von einst, in ihr Gedächtnis schlichen. Wieder verdrängte sie die Bilder von damals zurück.
„Außerdem wusste ich bereits, dass du dich wieder erinnern kannst“, fuhr sie fort und nahm Alexas Hand in die ihre.
„Du wusstest es? Woher? Ich meine…“
„Ich bin deine Mutter, ich weiß alles…“, sagte sie und brachte erneut ein kleines Lächeln zustande.
„… Ich weiß, dass du letzte Nacht von Celtes geträumt hast.“
Alexa schaute sie fragend an, bis Elisha weitersprach.
„Du hast im Schlaf gesprochen… ich wollte dich aufwecken, aber du hast so fest geschlafen…“
„Mutter, jetzt hör mir gut zu, okay…Vater und Dorian werden vermisst. Sie sind nicht tot. Du hast zwar gesehen, dass man auf Vater geschossen hat, aber du weißt doch…er gibt nicht so schnell auf. Er hat es auch da raus geschafft. Ich werde die beiden finden, das verspreche ich dir.“
„Ich weiß, dass du die beiden bald finden wirst und ich glaube fest daran, dass sie bald wieder hier sein werden. Und deine empathischen Fähigkeiten werde ich mir morgen genauer ansehen. Ich werde dich untersuchen.“
Elisha zog ihre Tochter zu sich und nahm ihr Gesicht in ihre Hände nur um dann vorsichtig die Stirn ihrer Tochter zu küssen.
John hatte sich schon lange wieder zurück gezogen.
Eine Stunde später im Kontrollraum
„Also wir werden zuerst ein MALP durch das Gate schicken. Wir müssen uns einen kleinen Einblick verschaffen und abklären was uns erwartet“, erklärte Rodney vorlaut.
Elisha sah irritiert zu ihrer Tochter. Doch diese schüttelte nur amüsiert mit dem Kopf, während sie weiterhin dabei war, ihre Ausrüstung zu überprüfen und ihre Einsatzweste schloss.
„Was soll denn das werden, McKay?“, fragte John, der sich lautlos hinter Rodney geschlichen hatte.
„Was? Oh ich…ich wollte …nur mal…“
„Ich sein?“, beendete John den Satz für ihn.
„Sie? Oh, bitte! Ich habe besseres zu tun, als einem Soldat nachzueifern, der zudem auch noch ein Pilot ist, wahrscheinlich auch noch eine Waschmaschine fliegen könnte, seine mathematischen Fähigkeiten ständig unter Beweis stellen muss, keinem Rock widerstehen kann und in jeder Situation den coolen Mann spielen muss“, knurrte McKay vor sich her.
„Danke Rodney. Nett von ihnen“, gab John zurück und grinste frech.
„Danke…nett?“, wiederholte er verwirrt als ihm dann klar wurde, dass er John im Grunde etliche Komplimente gemacht hatte.
„Oh, ha ha ha. Wie lustig! “, knurrte Rodney zwischen seinen Zähnen.
John grinste immer noch und sah nun zu Alexa und ihrer Mutter.
„Ist das normal? Ich meine, bei den Menschen auf der Erde“, wollte Elisha wissen und flüsterte zu ihrer Tochter.
„Hm… bei den beiden, ja. Ansonsten, schwer zu erklären. Aber, wir befinden uns hier in ihrem natürlichen Lebensraum. Wir sollten uns nicht weiter nähern, sonst könnten wir sie verschrecken“, witzelte sie.
Elisha zog die Augenbrauen hoch, Alexa grinste und John und Rodney warfen ihr einen irritierten Blick zu.
„Na schön, meine Damen und Herren, Scherze bei Seite. Wir sollten jetzt anwählen“ unterbrach Woolsey die illustere Plänkelei.
„Lass mich wählen. Ich will wissen, ob ich die Adresse wieder richtig im Kopf habe“, schnitt Alexa ihr das Wort ab, noch bevor sie etwas sagen konnte.
Elisha ließ ihre Tochter wählen und bei jedem richtigen Symbol nickte sie zustimmend. Sie erinnerte sich vollkommen richtig.
Nur eine Verbindung wurde nicht aufgebaut.
„Ich verstehe das nicht. Das ist doch die richtige Adresse, oder?“, fragte Alexa ihre Mutter zweifelnd.
„Ja, natürlich.“
„Doktor McKay, sehen sie mal nach, was da los ist“, bat Richard.
„Oh natürlich. Kaum gibt es ein Problem, muss ich wieder ran. Na schön, vermutlich stimmen die Koordinaten doch nicht ganz überein. Passiert meistes durch Driften des Planeten. Also wenn sich die Laufbahn eines Planeten über Jahrtausende verändert, dann ändert sich auch die…“
„Das wissen wir Rodney! Wird das heute noch was?“, unterbrach John ihn leicht genervt.
„Ja ja ja. Das ist eigentlich eine simple Berechnung. Das könnte sogar ein Mathe-Genie wie sie, wissen sie?“, antwortete Rodney nicht minder genervt.
„Danke, Rodney“, kam es erneut von John.
Rodney musste die Augen verdrehen und ein paar Mal tief ein und ausatmen, als er merkte, dass es ihm tatsächliche wieder passierte. Wieder machte er John Komplimente.
Während er genervt zum Colonel sah, schnappte Alexa sich den Laptop und berechnete selbst die Planetenlaufbahn.
„Hey, was soll das denn werden? Ich sollte doch…“, beschwerte sich der Wissenschaftler.
„Tun Sie aber nicht. Stattdessen versprühen Sie lieber ihren Charme quer durch den Kontrollraum“, erwiderte sie nun ebenfalls gereizt.
„Ja ja klar. Können sie das denn überhaupt? Ich meine solche Berechnungen sind…“
„Doktor McKay, auf der Akademie lernte ich nicht nur Fliegen und Schießen, wissen Sie?“
Kaum ausgesprochen, war sie auch schon fertig. Ein kleines Piepsen des Laptops folgte und zeigte das Ergebnis.
„Okay, als Mathe-Genie wage ich mal zu behaupten, dass der Planet nicht gedriftet ist. Also…“, referierte John und blickte zwischen Rodney und Alexa hin und her.
„Führen Sie bitte eine Tordiagnostik durch, Chuck“, bat Richard den Techniker, der bisher schweigend an seinem Arbeitsplatz saß.
Es dauerte nur wenige Minuten bis auch Chuck ein negatives Ergebnis bekannt gab.
„Tja, dann stimmt was mit dem Tor auf der anderen Seite nicht“, erörterte Rodney.
„Wenn ich so darüber nachdenke, könnte es auch möglich sein, dass dein Vater das Gate damals deaktivieren konnte. Möglicherweise hat er es mit seinem Code gesperrt. Aber du kennst mich ja, ich kenne mich da nicht so aus“, erklärte Elisha.
„Oder es ist defekt. Vielleicht wurde es bei dem Angriff damals beschädigt“, rätselte Teyla, die sich mit Ronon bis jetzt eher im Hintergrund gehalten hatte.
John reichte das Rätselspiel langsam und warf daher eine andere Idee in den Raum. „Tja, das bringt uns alles nichts. Wir müssen eben einen anderen Weg dorthin finden. Ist die Deadalus noch da?“
Deadalus
Sieben grelle Lichtquellen erschienen auf der Brücke, die sich in Sekundenschnelle zu Sheppard, McKay, Ronon, Teyla, Alexa und ihrer Mutter verwandelten. Aber auch Doktor Beckett war dabei.
„Colonel Sheppard, Doktor, Commander“, grüßte Colonel Caldwell das Team und nickte den anderen zu.
„Colonel Caldwell, darf ich vorstellen, Elisha Thalis. Die Mutter von Alexa“, stellte John vor und kam Alexa damit zuvor.
„Misses Thalis, es ist mir eine Ehre, sie kennenzulernen. Willkommen an Bord der Deadalus“, begrüßte er sie und reichte ihr die Hand.
„Sir, ich schlage vor, wir machen uns auf den Weg“, bat Alexa höflich.
„Einverstanden. Marks, Sie haben die Koordinaten?“, wandte er sich an den jungen Major.
„Ja Sir!“
„Na dann los.“
„Mit Vergnügen, Sir!“
Marks gab die entsprechenden Befehle in seine Steuerungskonsole ein und die Deadalus verschwand im Hyperraum.
„Bei derzeitiger Geschwindigkeit brauchen wir etwa eine dreiviertel Stunde bis nach Celtes, Sir“, informierte Major Marks den Colonel und die restlichen Passagiere.
„Gut, in der Zwischenzeit gehe ich was essen. Mir knurrt schon der Magen ganz schön und mein Zuckerspiegel muss auch schon im Keller sein…“ murrte Rodney und machte sich währenddessen auf den Weg zur Kombüse.
John und die anderen schüttelten mit dem Kopf. „Und da wundern Sie sich immer noch, dass ihre Kombüse ständig nach Vorräten schreit“, sagte Carson lächelnd aber dennoch besorgt.
„Misses Thalis, es wäre mir eine Ehre, ihnen in der Zwischenzeit das Schiff zeigen dürfen“, versuchte Steven die Situation etwas zu lockern und Elisha näher kennen zu lernen.
„Gerne Colonel“, antwortete sie.
Ronon, Carson und Teyla entschieden sich, Rodney Gesellschaft zu leisten, während John und Alexa, Elisha und den Colonel begleiteten.
Seit über einer halben Stunde spazierten sie nun durch die Gänge des Schiffes und Steven versuchte, Elisha alles ganz genau zu erklären. Dinge, die einer etwas heikleren Geheimhaltung unterlagen, ließ er erst mal aus. Er hatte den lantianischen Commander bereits vor Monaten kennengelernt. Aber erst jetzt war sie `offiziell´ auf seinem Schiff. Das erste und letzte Mal hat sie selbst nichts davon mitbekommen. Man hatte sie damals schwer verletzt und bewusstlos auf dem Wüstenplaneten gefunden und gerade noch so vor einem ziemlich hungrigen und riesigen Wurm retten können, indem man sie direkt auf die Krankenstation beamte und dann zurück nach Atlantis brachte. Das war gerade mal ein paar Tage her.
„Wie ich sehe, haben sie sich ja erstaunlich schnell erholt, Commander. Als man mir berichtete, dass sie bereits einen Tag später aus der Krankenstation entlassen wurden, wollte ich es nicht glauben. Verheilen ihre Verletzungen immer so schnell?“, wollte Caldwell wissen.
-Oh nein. Hast du dir das denn nicht verkneifen können, Junge? Jetzt geht´s wieder los!– stöhnte Alexa innerlich und kaum fertig gedacht, meldete sich Elisha zu Wort.
„Verletzungen?! Alexa? Von welchen Verletzungen spricht er da?“
„Mach dir keine Sorgen, Mutter. Es ist alles verheilt, mir geht es gut!“
„Welche…Verletzungen, Alexa?!“, mahnte sie äußerst fordernd.
Alexa schleuderte Caldwell einen giftigen Blick zu, bevor sich dieser etwas zurückzog und vorher noch ein leises `Entschuldigung´ flüsterte. Mit seinem vorlauten Kommentar hatte er unbeabsichtigt Elishas Besorgnis erneut geschürt.
„Ich bin…vor ein paar Tagen mit dem Jump…Torschiff auf einem Planten… ich habe eine Bruchlandung hingelegt.“
„Du hast was?… Eine Bruchlandung? Alexa, du bist eine ausgebildete Kampfpilotin…unter anderem. Wie konnte das passieren?!“
„Mutter, nur weil man ein Kampfpilot ist, bedeutet das nicht zwangsläufig, vor Abstürzen und Bruchlandungen sicher zu sein… Irgend so ein merkwürdiges Wolkending, keine Ahnung was es war, hat uns attackiert und uns auf so einen Wüstenplaneten abstürzen lassen…“
„Uns? Wer war noch dabei?“, bohrte Elisha weiter.
„Drei Wissenschaftler…zwei von ihnen haben es nicht geschafft, aber dank Colonel Caldwell… haben Doktor Mendez und ich…“
Elisha merkte jedoch, dass es Alexa nicht leicht fiel, darüber zu sprechen. Schnell bedauerte sie ihre vorhin angeschlagene Tonart und ihre hartnäckige Befragung. „Entschuldige Liebes. Ich habe mir nur all diese Zeit solche Sorgen um dich gemacht und jetzt…jetzt erfahre ich mal einfach so nebenbei, dass du beinahe…Warum hast du mir denn nicht einfach gesagt, was in den letzten Monaten so war?“
„Weil ich genau das verhindern wollte. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst… und ich will es auch jetzt nicht… trotzdem, wenn wir von Celtes zurückkommen, werde ich dir alles erzählen.“
„Wirklich alles?“
„Ja Ma, wirklich alles.“
Wieder auf der Brücke angekommen, setzte Steven sich wieder in seinen Sessel und bemerkte dass Rodney das letzte Stück seines Sandwiches genüsslich kaute. Elisha und Alexa waren die letzten, die die Brücke wieder betraten.
„Wir sind da, Sir. Verlassen Hyperraum“, informierte der Major alle anwesenden.
Auf dem Bildschirm war sofort ein überwiegend blauer Planet zu finden. Die wenigen Kontinente waren durch und durch in grün getaucht. Auf den Kontinenten musste es reichlich Flora und Fauna geben.
„Er sieht immer noch so aus wie früher“, hauchte Elisha leise und war von dem Anblick, der sich ihr bot so fasziniert, als ob sie zum ersten Mal einen Planeten aus dem Weltraum sah. Alexa nickte nur andächtig.
„Na schön. Wo genau sollen wir sie runter beamen? Wir können auf den Sensoren rein gar nichts erkennen.“, fragte Steven und ließ sich die Stelle von Elisha zeigen.
„Hier! Die Station liegt speziell geschützt unter der Erde. Es gibt auf der Oberfläche ein Transportsystem in die Station hinein. Ebenfalls versteckt.“
„Sie sollten vielleicht noch ein paar Schutzanzüge mitnehmen. Wer weiß wie es nach all dieser Zeit in der Station aussieht“, meinte Caldwell, als einer seiner Crewman mit einer Box zur Brücke kam.
„Mutter, du wartest hier…“, bat Alexa als sie sich mit dem anderen zum beamen fertig machte.
„Ja aber…“
„Nur so lange bis ich weiß, dass es sicher ist“, sprach sie Elisha gut zu.
„Alexa, ich habe keine Angst!“
„Also erstens Ma, ich habe nie behauptet, dass du welche hättest, zweitens, weiß ich doch, dass du keine Angst hast und drittens, habe ich aber Angst um dich, also bleibst du hier.“
„Ja, aber…“
„Mutter… jetzt fang´ bitte nicht an, mit mir zu streiten. Sobald wir da unten alles überprüft haben, kann Colonel Caldwell dich runterbeamen lassen.“
„Also wirklich, Alexa! Du bist genauso dickköpfig wie dein Vater!“
Elisha verschränkte eingeschnappt und beleidigt die Arme und sah wie sich das Team auf die Oberfläche beamen lies.
Doch lange böse konnte sie ihrer Tochter nicht sein, alleine schon wegen ihres frechen Lächeln, dass sie hatte, als sie mit den anderen runter gebeamt wurde.
Celtes
Nachdem sie sich runter beamen ließen, fanden sie sich auf einer kleinen, sonnendurchfluteten Lichtung wieder. Ringsum standen zwanzig bis hundert Meter hohe Bäume. Hecken und Sträucher wucherten dazwischen und boten Beeren und Nüsse für die verschiedensten Tiere, wie Vögel und Eichhörnchen.
Teyla entdeckte sofort ein kleines Tier, das einem Rehkitz auf der Erde schon ziemlich ähnelte. Als sie es den anderen zeigen wollte, husche das Tier schnell davon.
Alexa achtete wenig auf die umliegende Flora und Fauna. Stattdessen versuchte sie sich an die genauer Lage des Transportsystems zu erinnern und suchte den Boden akribisch ab.
„Wenn sie mir verraten, wonach sie suchen, könnte ich ihnen eventuell helfen“, ertönte Rodneys Stimme aus dem Anzug den er sich bereits übergezogen hatte.
„Was ist?“, fragte er mit piepsiger Stimme, als er bemerkte wie er von allen angestarrt wurde.
„Wir haben noch nicht einmal die genaue Stelle gefunden, geschweige denn, herausgefunden ob wir die Anzüge denn tatsächlich brauchen, und sie haben sich schon da rein gezwängt?“, fragte Ronon ungläubig.
„Hey, wissen sie denn wie viele Allergene hier rum schwirren? Ganz zu schweigen von den Insekten und irgendwelchen fremdartigen Tieren und die UV-Strahlung möchte ich auch erwähnen!“
„Nicht zu fassen!“
Ronon und Carson schüttelten mit dem Kopf, John und Alexa suchten den Boden weiter ab.
John wusste zwar nicht genau wonach er suchte, aber er würde es rausfinden, wenn er es gefunden hätte.
Alexa kam ihm aber zuvor.
„Ich hab´s!“
Sofort kamen alle angelaufen und sahen auf einen Boden auf dem nichts zu sehen war.
„Ähh Alexa, ich will sie ja nicht entmutigen, aber wir sehen hier nichts“, meinte John.
„Noch nicht. Ich hab´s gleich“, antwortete sie und tippte weiter auf einem kleinen handlichen lantianischen Pad rum.
„Was haben sie da? Wieso hab ich das noch nie gesehen?“, fragte Rodney aufgeregt.
„Das ist so was wie ein… kleiner persönlicher Computer, der auf kleine bestimmte persönliche Anforderungen programmiert werden kann. Ich habe ihn damals in meiner Kapsel gefunden, aber mich erst eben in Atlantis daran erinnert, wozu er gut ist.“, erläuterte sie ihm.
„Sagen Sie jetzt nicht, dass das ein Ringtransporter ist? Auf der Deadalus ist auch einer. Wir hätten uns gleich von Bord aus da rein beamen können! Puh, ist das warm hier. War das früher auch schon so warm auf diesem Planeten?“, protestierte Rodney und musste schwer atmen. Die Hitze unter dem Anzug musste mittlerweile fast unerträglich sein.
„Also erstens ja, es ist ein Ringtransporter und Nein, hätten wir nicht. Wenn das Gate durch was auch immer gestört ist, oder mit einem Code gesperrt wurde, dann lässt sich auch nur dieser Ringtransporter nur durch einen Code aktivieren. Den ich hier eingeben muss“, erklärte Alexa und fuhr auch gleich fort.
„Und zweitens, ja, es war auch früher schon so warm hier…zumindest wenn man mit einem dicken Anzug in der Sonne rumläuft.“
Rodney schleuderte ihr einen giftigen Blick zu, woran sich Alexa aber nicht störte. Stattdessen tippte sie einen letzten Befehl in das kleine Pad, worauf eine ein Meter hohe Konsole aus dem Boden nach oben fuhr.
Dabei durchbrach sie nicht den Boden. Es war vielmehr so, als ob ein Stück Gras sich in Luft auflöste um den Weg für die Konsole freimachte.
Hologrammtechnologie.
„Okay, schön. Und woher sollen wir wissen, wie die Luft da drinnen ist?“, keuchte Rodney aus seinem Anzug.
„Wenn ich auch hier den richtigen Code eingebe, können sogar Messungen im inneren hierher übertragen werden“, erwiderte sie und versuchte sich zu erinnern.
John bemerkte, dass sie zögerte. „Was ist los?“
„Ich weiß nicht. Ich bin mir nicht ganz sicher, was den Code angeht.“
„Dann rufen sie doch ihre Mutter und gleichen ihn mit ihr ab“, schlug John vor.
Alexa schüttelte mit dem Kopf. „Nein. Das geht nicht. Jeder hat einen anderen Code und außerdem müsste sie dazu auch runterkommen. Zu jedem Code gibt es den dazugehörigen Handabdruck der abgelesen wird. Wenn beides nicht überein stimmt, war es das. Und ich will nicht dass sie jetzt schon runterkommt. Was ist wenn da unten mein Vater oder Bruder…liegen?“
„Nein tun sie nicht, die haben es da raus geschafft und jetzt immer mit der Ruhe… konzentrieren sie sich. Ihnen fällt der Code schon ein.“
Nach einer kurzen Überlegung begann Alexa einzutippen und John winkte seine Kollegen zur Seite, denn er wusste nicht genau, wo die Ringe plötzlich auftauchen könnten. Es folgte ein kurzes Piepsen, der Bildschirm änderte sich und offenbarte eine kleine Scannerfläche auf die sie ihre Hand legte. Wieder folgte ein Piepsen und der Bildschirm wechselte wieder zur Informationsanzeige.
John sah nur kurz zum Bildschirm und rief dann Rodney herbei.
„Na also. Hat doch geklappt“, munterte John Alexa auf, die erleichtert lächelte.
„Tschh, all… sow… ut, iiiii iiisss aaannn“, lautete die Antwort.
„Was?“ rief das restliche Team im Chor.
„Rodney, ziehen sie endlich den verdammten Anzug aus. Sie kippen noch irgendwann um. Ist es das wert?“, fragte John, am Ende seiner Geduld.
Mit einem kräftigen Ruck riss er sich den Helm vom Kopf und schnaufte ein paar Mal tief durch, bevor er erneut antwortete.
„Ich sagte: sieht alles so weit gut aus, wie ich sehen kann! Die Luft da unten scheint durchaus atembar zu sein. Die Anzüge brauchen wir ja dann doch nicht“, fügte er halblaut und leicht eingeschnappt hinzu.
„Na dann, auf ins Gefecht“, meinte John und wartete auf Alexa, die ihm schon mal den Platz der Ringe zeigte.
Sie musste noch kurz auf Rodney warten, der sich nicht noch umständlicher aus seinem Anzug schälen konnte.
Als auch er endlich fertig war und sich zu den anderen stellte, konnte sie die Transporterkontrollen auf ihr Pad übertragen und sich ebenfalls neben John stellen. Ein kurzes Entsichern der Waffen und Alexa aktivierte die Ringe, die wie aus dem nichts auf die gleiche Weise wie die Konsole, aus dem Boden aufstiegen.
Nachdem das Team von den Transportringen erfasst wurde, senkten sie sich mit ihnen wieder augenblicklich in den Boden zurück. Die Konsole verschwand ebenfalls wieder in der Erde. Alles sah wieder wie vorher aus.
Von einer Konsole oder einem Ringtransporter war keine Spur mehr zu sehen.
Die Ringe haben sie zwar mitten in die Forschungseinrichtung gebracht aber es war stockfinster. Mit ihren kleinen Taschenlampen konnten sie gerade Mal verhindern, nicht gegen irgendeine Wand oder ein Pult oder anderes zu laufen.
„Deadalus, hier Sheppard. Wir sind jetzt in der Forschungsstation angekommen“, wollte John durch das Funkgerät Bescheid geben.
„Ich glaube nicht, dass der Funkverkehr von hier unten funktioniert“, meinte Rodney.
Es folgte ein fragender Blick von John.
„Entweder sind wir zu tief unter der Erde, oder dieses Material hier könnte die Frequenzen stören, oder die Kommunikation wird durch irgendetwas anderes… blockiert“, erörterte er weiter.
„Sehen sie mal ob sie die Beleuchtung zum Laufen bekommen“, bat John und versuchte dennoch weiterhin die Deadalus zu erreichen.
„Deadalus bitte melden!“
„Ich kapier es nicht. Wenn hier doch ein Angriff stattfand, wo sind dann die Leichen?“, fragte Ronon, der sich weiterhin die Umgebung mit der Taschenlampe ansah.
Alles sah völlig normal aus. Nichts deutete auf einen Angriff hin. Keine Leichen. Keine Verwüstung, oder sonstige Kampfspuren. Es war ordentlich aufgeräumt und sauber. Nur ohne Lebenszeichen.
„Ich hab´s!“ rief Alexa, als sie Konsole für die Energieversorgung endlich gefunden hatte. Auch sie musste sich hier erst mal zurecht finden. Für sie war es schon lange her.
Abgesehen davon, waren sämtliche Funktionen und auch der Zugriff auf den Hauptcomputer noch mit alten Codes gesperrt.
Ein kurzes Piepsen, gefolgt von einem kurzem Summen und die Lichter gingen an.
“Und plötzlich ward es Licht, doch Rodney fand den Schalter nicht…” neckte der Luftwaffenoffizier den Wissenschaftler in einem Sing-Sang-Ton und kassierte dafür einen gereizten Blick.
Erst jetzt konnte man die wirkliche Größe des Raums erkennen. Er war sechseckig und fast genauso groß wie der Gateraum in Atlantis.
An einer Wand stand mit ein Meter Abstand das Gate, gegenüber war der größte Bildschirm angebracht.
An den vier Seitenwänden standen abwechselnd zwei kleine Konsolen und eine große gegenüber.
Daneben führte jeweils ein Flur zu weiteren Räumen und Laboren.
In der Mitte waren zwei halbrunde Konsolen, die nur durch zwei Durchgänge getrennt waren.
Im Grunde sah es fast genauso aus wie die Konsole im Technikraum der Deadalus.
„Die Antiker haben wohl damals versucht, Kontakt mit der Station aufzunehmen. Als das nicht funktionierte, haben sie wohl ein paar Leute hergeschickt. Die haben gesehen, was passiert ist und haben dann…aufgeräumt?“, lautete Johns fragende Erklärung und sah dabei zu Alexa.
„Sehen Sie mich nicht an. Ich habe mich in die verfluchte Kapsel legen müssen. Was danach passiert ist, weiß ich nicht“, antwortete sie knapp und ging zur Hauptkonsole.
„Hey, was machen sie da?“, fragte Rodney leicht aufgebracht.
„Ich will wissen, in welchem Zustand die Einrichtung ist. Außerdem suche ich nach irgendwelchen Aufzeichnung von damals.“
„Ja ja, das ist gut. Eine Videoaufzeichnung wäre gut“, erwiderte er.
Alexa bedachte ihn kurz mit einem verwirrten Blick.
„Das habe ich mit `Aufzeichnungen´ auch gemeint“, erklärte sie trocken.
„Nehmen sie es ihm nicht übel. Das liegt am Sauerstoffmangel durch den Anzug vorhin“, spottete Carson grinsend.
Es dauerte eine Weile, bis Rodney, der sich ebenfalls mit dem Hauptcomputersystem beschäftigte, die Kommunikationssysteme ausfindig machen und aktivieren konnte.
„Sheppard, jetzt müssten Sie die Deadalus erreichen können, versuchen sie es mal.“
Rodney hatte ganze Arbeit geleistet. Auch wenn nicht viel zu machen war. Die Kommunikation funktionierte wieder und mittlerweile war auch Elisha runter gebeamt worden. Auch sie hatte sich kurz darauf umgesehen und sich über den guten Zustand wundern müssen.
Alexa hatte in der Zwischenzeit einige Aufzeichnungen finden können, suchte allerdings nach der letzten. Es dauerte einige Zeit. Immer wieder konnte man den wenig interessanten Alltag einer lantianischen Forschungseinrichtung auf dem großen Bildschirm beobachten. Forscher, die ihre Berechnungen durchführten, ihre Beobachtungen und Erkenntnisse katalogisierten, oder sich mit anderen Wissenschaftlern und Forschern unterhielten.
Eine Aufzeichnung nach der anderen ging Alexa durch und wollte schon aufgeben und alles an McKay abgeben, als sie dann doch endlich die richtige gefunden hatte. Zunächst waren wie gewöhnlich die Wissenschaftler zu sehen. Einige Minuten vergingen, bis man sehen konnte, wie das Stargate aktiviert wurde und vier Personen ankamen.
„Da sind wir“, sagte Elisha und beobachtete mit den anderen, wie sie sich mit einigen Wissenschaftlern unterhielten und dann den Hauptkontrollraum verließ.
„Wissen Sie noch, worüber sie sich unterhalten haben?“, wollte John wissen, der kein Wort verstand
„Nein. Aber da wurde über ein neuartiges Material gesprochen, keine Ahnung“, übersetzte Alexa.
„Es äh…es ging um eine Entwicklung für deine Einsatz-Kleidung. Wir haben damals ein Material gefunden, das äußerst widerstandsfähig war und womöglich in deine Uniform eingearbeitet hätte werden können. Es hätte vielleicht die gleiche Wirkung wie ein Schutzschild gehabt. Damit du nicht ständig mit Verletzungen zurück gekommen wärst“, erläuterte Elisha.
„Es war Dorians Idee, richtig?“, fragte Alexa nach und glaubte, dass sie sich langsam wieder erinnerte.
„Ja. Er wollte es dir zu deinem Geburtstag schenken.“ Elisha lächelte ihre Tochter ermutigend an.
„Ihr Bruder war….ist ein Wissenschaftler?“
John war überrascht. Bis jetzt dachte er, dass auch ihr Bruder irgendeinen Militärischen Hintergrund hätte.
„Ja, mit Herz und Seele. Er war einer der besten. Es gab eigentlich fast nichts, was er nicht hinbekommen hätte. Die unmöglichsten Dinge…“, erinnerte sich Alexa an ihn.
„Ach, hat er etwa auch ein Sonnensystem hochgejagt?“, neckte John, an Rodney gewandt.
„Na ja, sagen wir es mal so. Die beiden könnten einen Konkurrenzkampf starten“, meinte Alexa.
„Hey! Ich kenne zwar ihren Bruder nicht und schon gar nicht seine wissenschaftlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, aber ich kann ruhigen Gewissens behaupten, das man mir so schnell nicht das Wasser reichen kann. Da gehört schon eine Menge dazu. Und wie wir alle wissen, habe ich schon des Öfteren das eine oder andere angefangene Projekt der Antiker erfolgreich beenden können. Außer… vielleicht… dieser kleine Zwischenfall. Und außerdem, waren es… nur fünfsechstel des Sonnensystems“, verteidigte sich Rodney kleinlaut.
„Nur fünfsechstel?“, fragte Elisha amüsiert, lies ihn kurz zappeln und fuhr dann fort.
„Dorian hat ein ganzes geschafft.“
Rodneys Kinnlade ergab sich der Schwerkraft. John, Teyla und Ronon bekamen große Augen.
„Er handelte auf Befehl“, beruhigte Elisha das Team.
„Na schön. Wir sollten jetzt vielleicht mal zu dem Zeitpunkt kommen, an dem der Angriff stattfand“, bat John.
Alexa lies die Aufzeichnung schneller vorlaufen. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie an die entsprechende Stellen ankam.
Man konnte beobachten, wie der gesamte Raum unter schweren Erschütterungen bebte. Funken sprühten aus einigen Konsolen. Personen gerieten in Panik und liefen wild schreiend umher. Kurz darauf erschienen unzählige große Wesen. Sie waren gänzlich in Grau gekleidet. Sogar ihre Haut war grau. Sie hatten zwar keine Haare auf dem Kopf, dafür aber ein kleines Blinkendes Gerät an ihrem Schädel befestigt. Sie machten einen körperlich starken Eindruck. Auch technologisch waren sie wohl genauso weit entwickelt wie die Antiker.
John erkannte diese Wesen sofort wieder.
„Das glaube ich jetzt nicht“, hauchte er fassungslos.
„Sie kennen sie?“, fragte Alexa.
„Sie nicht?“, erwiderte er und fuhr dann fort als Alexa nur den Kopf schüttelte.
„Also… Na ja nicht so gut. Wir hatten sie damals in einer alternativen Realität auf der Deadalus, die ebenfalls aus einer alternativen Realität kam, getroffen. Und da waren sie auch nicht gerade sehr …umgänglich“, erklärte John.
„Hah! Das ist die Untertreibung des Jahres. Die haben auf mich geschossen!“, beschwerte sich Rodney lauthals.
„Ja, wissen wir, Rodney. Alexa, sind sie sicher, die noch nie gesehen zu haben?“, fragte Sheppard.
„Ja, ich habe die noch nie gesehen.“
Das Team beobachtete weiter, wie die fremde Rasse einen Antiker nachdem anderen regelrecht abschlachtete.
Elisha musste sich geschockt und angewidert wegdrehen.
Auch Alexa und den anderen ging das gerade gesehene ganz schön nahe.
Eine solche Brutalität hatte wohl keiner von ihnen jemals zuvor gesehen.
„Tja, sieht so aus, als ob sie nicht nur in einer alternativen Realität existieren. Wenn es diese…Rasse immer noch gibt, dann haben wir ein Problem“, meinte Ronon.
„Mich interessiert im Moment eigentlich was anderes. Wo sind Sie hingegangen? Ich meine, gibt es auch Aufzeichnungen, wie sie in die Kapsel geflüchtet sind?“, wollte John wissen.
Alexa rief die Datei auf. Erleichtert konnten sie sehen, wie der Antiker General wild gestikulierte, als er mit seiner Tochter sprach. Schließlich stiegen Alexa, Dorian und auch Elisha in die Kapsel. Auch der Schuss auf den General war zu sehen und wie er kurz darauf mit einem dieser Wesen in einen Nahkampf verwickelt wurde. Doch plötzlich brach die Aufzeichnung ab.
„Was…?“
„Was ist denn los? Was ist mit Tristanius? Alexa, ist er …?“ Elisha war aufgeregt. Aber Alexa kam ihr zuvor.
„Ich weiß nicht, Mutter. Die Aufzeichnung ist unterbrochen.“
„Vielleicht bringt es was, wenn wir uns das vor Ort ansehen“, meinte John und überließ Alexa und Elisha die Führung.
„Tja, in den fünf Nischen waren offensichtlich die Kapseln angebracht. Aber ich frage mich dennoch…“
Ein kurzes Piepsen seines Laptops, ließ Rodney mitten im Satz stoppen. Allerdings nicht lange. „Hah! Na das nenne ich mal clever.“
Vor kurzem hat man das Labor erreicht, in dem man vor zehntausenden von Jahren Stasiskapseln erforscht, produziert und getestet hatte. Nun stand das Team vor einer Wand in der fünf Nischen zu sehen waren. Jeweils etwa einen Meter breit, einen Meter hoch. Das Loch führte circa zwei Meter tief in die Wand hinein. Nachdem Rodney sich das ganze näher betrachtet hatte, konnte er den anderen zeigen, dass an der hintersten Wand jeder Nische eine Art Luke war.
„Und wozu sind die?“, wollte Teyla wissen.
„Diese Luken ermöglichen eine Flucht der Kapsel, indem sie mit ungeheurer Geschwindigkeit ins All geschossen werden. Und das nicht nur einfach so. Erstens merkt man nichts, da man ja sowie schon…schläft, und zweitens…die Kapseln besitzen eine… so eine Art Tarnung!“, erklärte McKay aufgeregt und begeistert.
„Das erklärt zumindest, warum sie nicht während des Luftangriffs entdeckt wurden. Aber wieso konnten wir sie entdecken?“, fragte John schließlich.
„Stase-Technologie lag in Dorians Forschungsbereich. Mein Bereich ist die Medizin“, klärte Elisha auf, als sie von John und den anderen erwartungsvoll angeblickt wurde.
„Hmm“, kam es von Rodney der nun nachdenklich ins nichts starrte.
„Was?“, bohrte Ronon nach, obwohl es ihn eigentlich nicht sonderlich interessierte.
„Nun, es könnte sein, dass nur Lantianische Systeme, also Sensoren und dergleichen, die Kapseln entdecken können, oder sie wurde während ihres Trips im All beschädigt. Ein kleiner Meteor oder Asteroid reicht da schon aus, um die Systeme durchdrehen zu lassen oder einen Kurzschluss zu verursachen. Ebenso können Ionenstürme oder Magnetfelder einiger Planeten, Einfluss nehmen. Aber das eigentlich Interessante ist…Sie haben wohl den Prototypen erwischt. Oder besser gesagt, das Original. Das würde auch die Werte erklären, die ich damals gemessen habe, als ich ihre Kapsel auseinander nehmen konnte. Wussten Sie, dass Ihre Kapsel mehrere Millionen Jahre alt ist? Ich weiß natürlich noch nicht wie alt Ihre Mutter ist, äh, ich meine, die Kapsel Ihrer Mutter, das kann ich erst feststellen, wenn ich wieder in Atlantis bin…und Zelenka noch alles ganz gelassen hat…“
„Moment mal, was ist mit der fünften? Auf den Aufzeichnungen war zu sehen, dass es fünf Kapseln gab. Es waren aber nur vier Personen. Wer ist dann in der fünften?“, unterbrach Teyla Rodney und wandte sich an Alexa.
„Ich habe keine Ahnung. Aber wir waren damals wirklich nur zu viert. Es war sonst niemand mit uns in diesem Raum. Vielleicht haben unsere Leute damals die letzte mitgenommen, als sie hier aufräumten“, vermutete sie.
„Na schön, das bringt uns nicht weiter. Ich bin mir sicher, dass sich Ihr Mann ebenfalls in Sicherheit bringen konnte. Wir werden ihn und Dorian schon noch finden. Wir sollten uns weiter umsehen, vielleicht finden wir noch den einen oder anderen Hinweis“, schlug John vor und bewegte Rodney weiter dazu, sich endlich von den Nischen und den Computerpulten loszureißen.
Seit zwanzig Minuten gingen sie nun schon in der Forschungsstation umher. Einen Raum nach dem anderen wurde gesichtet und nach irgendwelchen Spuren oder Hinweisen auf das damalige Geschehen und das Verschwinden beziehungsweise der Verbleib von Alexas und Elishas restlicher Familie durchsucht.
„Na schön. Hier ist die Hauptversorgungszentrale. Mal sehen ob man mich noch kennt“, hoffte Alexa und blickte auf ein kleines Terminal an der Wand vor einem weiteren großen Raum.
„Sind sie sich sicher, dass das hier die Hauptversorgung ist?“, fragte Rodney leicht genervt.
John und Alexa haben ihm in der Zwischenzeit immer wieder versprechen müssen, dass er sich die Forschungen und Geräte, die sie bis jetzt gesehen und teilweise auch entdeckt haben, später genauer ansehen und untersuchen könne. Aber er verhielt sich fast wie ein kleines Kind kurz vor der Bescherung. Er konnte es kaum noch abwarten.
„Ja, bin ich. Zumal es auch auf der Tür steht…was ist denn los mit ihnen, McKay?“, antwortete sie, während sie gleichzeitig einen weiteren Code in das Terminal eingab und ihre Handfläche scannen ließ.
Der Bildschirm des Terminals wechselte von roter zu grüner Beschriftung und auch die Türen öffneten sich darauf.
Ronon musste grinsen, als er Rodneys Gesichtsausdruck sah.
-Was ist heute denn nur los? Haben sich alle gegen mich verschworen? Man könnte meinen, die stecken alle unter einer Decke, mit der Absicht mich heute am laufenden Band auflaufen zu lassen.-, dachte sich McKay, wurde dann aber von einer Entdeckung abgelenkt.
„Ohohoh! Jackpot!“, rief er laut aus und marschierte schnurstracks auf vier ZPM´s zu.
„Ich komme mir vor, als sei Weihnachten!“
Kurz tippte er auf seinem Scanner rum, bis dieser piepste. „Also, das nenne ich Verschwendung!“, fluchte er, bevor er dann fortfuhr.
„Drei ZPM´s sind voll bis zum Rand und das vierte ist gerade mal bis zu achtzig Prozent voll. Und diese Station könnte locker mit nur einem betrieben werden. Ich verstehe nicht wie man so verschwenderisch sein kann. Oder …warum ihre Leute sie hier gelassen haben. Aber wissen Sie, was das für uns bedeutet?“
„Klar weiß ich das“, antwortete Sheppard erfreut.
„Nein, nein. Ich glaube nicht. Wir können diese ZPM´s für Atlantis gebrauchen. Und das Stargate-Center könnte auch eines abbekommen, dann müssten wir nicht mit der Deadalus zurück nach Atlantis fliegen, was ja immer so lange dauert…“
„Ja, Rodney. Genau das hatte ich im Sinn“, unterbrach John ihn.
„Aber darüber sprechen wir später“, fuhr er in einem mahnenden Ton fort und wies mit einem Blick auf Elisha und ihre Tochter, die sich bereits wieder auf den Weg zu den weiteren Laboren und Räumlichkeiten machten.
Es dauerte auch nicht lange, bis sie Zentrum der Forschungseinrichtung ankamen und dem Team es wieder die Sprache verschlug.
Atlantis
„Sir, die Apollo hat gerade den Hyperraum verlassen und befindet sich in einem geosynchronen Orbit. Colonel Ellis bittet um die Erlaubnis sich und einige Mitglieder des IOA runter zu beamen“, klärte Amelia Woolsey auf, der gerade auf dem Weg zu seinem Büro war.
„Was? Die sind schon da?… Die sind tatsächlich hergereist?“
-Auch das noch. Das hat gerade noch gefehlt. Nur gut, das Alexa jetzt nicht da ist.-, dachte Woolsey.
„Na schön. Wenn´s sein muss. Erlaubnis erteilt“
Amelia gab der Apollo Bescheid und wenige Augenblicke später erschienen vier grelle Lichtpunkte im Kontrollraum, die sich zu Colonel Ellis, und drei IOA Mitarbeitern materialisierten.
„Willkommen in Atlantis, Colonel Ellis“, begrüßte Richard ihn zuerst.
„Danke, schön wieder…“
„Richard, ersparen wir uns doch die Höflichkeitsfloskeln. Wir sind wegen des Antikers hier. Sie haben uns nun lange genug hingehalten. Glauben sie denn wirklich, dass sie einen Weg finden würden, ihn nicht an uns übergeben zu müssen? Wo ist er?“, schnitt Coolidge Ellis das Wort ab.
Ellis war schon genervt. Die ganze Reise von der Erde bis nach Atlantis hatte er die IOA Bande ertragen müssen. Mehr als ein freches, arrogantes oder wirklich unangebrachtes Kommentar hatte er sich währenddessen anhören müssen. Einmal ist ihm während der Reise sogar der Kragen geplatzt und verwies Coolidge von der Brücke.
„Es ist äußerst unhöflich, von ihnen unterbrochen zu werden, Mister Coolidge“, beschwerte sich Ellis.
„Und es ist auch äußerst unhöflich, uns dermaßen an der Nase herum zu führen, Colonel. Unser Einsatzteam ist bereit, herunter gebeamt zu werden. Ich schlage vor, sie vergeuden keine Zeit und setzten sich mit ihrem Schiff in Verbindung.“, erwiderte Coolidge arrogant, wandte sich dann an Richard und fuhr fort.
„Ihnen musste doch klar sein, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis wir persönlich herkommen würden, um den Antiker zur Erde zu bringen. Ersparen Sie sich und uns weitere Peinlichkeiten und kooperieren Sie. Notfalls sehe ich mich gezwungen, ihn mit Gewalt in Gewahrsam zu nehmen.“
Richard musste mehrmals tief durchatmen, um nicht dem Drang, Coolidge zum Balkon zu schleifen um ihn dann über die Brüstung zu werfen, nachzugeben. Für einen Augenblick war er über seinen Zorn und seinen plötzlichen Impuls schockiert.
Doch dann erinnerte er sich daran, dass er selbst zum IOA gehörte und dass er sich früher wohl genauso verhalten hatte.
-Na schön, wenn Sie unbedingt dieses Spiel spielen wollen. Ich bin darin ebenso gut geübt.-
„Lassen Sie uns doch das Gespräch in meinem Büro fortführen“, bat er und deutete mit einer Geste, dass man ihm doch folgen solle.
Doch Coolidge dachte nicht daran. „Dafür haben wir keine Zeit und es besteht auch keine Notwendigkeit dafür. Colonel, ich habe sie eben darum gebeten, meine Einsatzmannschaft herunter zu beamen, aber so wie es scheint, muss ich dies wohl selbst in die Hand nehmen.“
Ellis legte einen teils gelangweilten und teils amüsierten Gesichtsausdruck auf und musste sich stark auf die Zunge beißen, um nicht in Gelächter auszubrechen. Coolidge ignorierte ihn und wandte sich sofort Amelia zu.
„Hören Sie, Miss…wie immer sie auch heißen. Nehmen Sie mit der Apollo Kontakt auf und lassen sie mein Team sofort hier herunter transportieren.“
Aber auch Amelia sah ihn nicht gerade begeistert an und hatte ihn praktisch schon gefressen. „Bei allem Respekt Sir, tut mir Leid, aber ich unterstehe nicht Ihrem Kommando.
„Also hören Sie mal, Schätzchen. Sie wissen wohl nicht wen sie vor sich haben. Ich bin ein ranghohes Mitglied des Internationalen Aufsichtsgremiums auf der Erde, und somit praktisch ihr Vorgesetzter. Also…“
„Mister Coolidge, sie sind vielleicht ein hohes Tier im IOA…aber auf der Erde…“, betonte Woolsey eindringlich.
„…hier auf Atlantis, bin ich der leitende Kommandant. Wir werden dieses Gespräch in meinem Büro weiterführen.“
Woolsey hatte sich durchgesetzt. Coolidges überraschter Gesichtsausdruck würde ihn wohl ziemlich amüsieren, wenn da nicht einiges auf dem Spiel stehen würde.
„Offensichtlich war die Wahl eines IOA Mitarbeiters als Expeditionsleiter in Atlantis wohl doch nicht ganz richtig“, meckerte Coolidge weiter, während er sich mit seinen Kollegen in Woolsey Büro niederließ.
Woolsey wollte sich eigentlich nicht auf solche Gespräche einlassen. Zumal sie langsam aber sicher an Niveau verloren.
Doch so schnell würde er sich auch nicht unterkriegen lassen.
Es stimmte, dass Richard sich am Anfang nicht besonders wohl in Atlantis gefühlt hatte. Am liebsten wäre er auch gleich wieder abgereist und hätte jemand anderem die Leitung überlassen. Und zu allem Übel hatte er auch mehr als einmal lernen müssen, dass seine Vorschriften und Regeln in der Pegasus Galaxie nicht immer eingehalten werden konnten. Manchmal war man sogar gezwungen, sie zu missachten, um Menschenleben zu retten.
Doch seit über einem Jahr war er jetzt hier. Und er fühlte sich mittlerweile sehr wohl. Er vertraute seinem Führungsstab. Angefangen bei Colonel Sheppard und seinen oft unorthodoxen Methoden. Richard starrte in nur kurz an, bevor sich in den Kampf stürzte.
„Mister Coolidge…wenn Sie noch einmal versuchen sollten, meine Autorität derart zu hintergehen, befinden Sie sich schneller wieder auf der Erde, als Ihnen lieb ist…“
„Also Richard, ich bitte Sie…“
Richard ließ ihn nicht zu Ende sprechen. „James, ich werde garantiert niemanden an Sie übergeben oder ausliefern. Es wird auch niemand überführt. Das macht man mit Straftätern, die wir hier nicht haben. Des Weiteren ist es kein er, sondern eine sie. Offensichtlich haben …meine Kollegen die Berichte, die ich Ihnen übersendet habe, nicht richtig gelesen…“ erwiderte Richard in der gleichen Tonart, die James Coolidge eben anschlug und er war noch lange nicht fertig.
„Die…Antikerin, Commander Thalis ist ein wertvolles Mitglied in Colonel Sheppard’s Team…“
„Und auf der Erde wird sie dringender gebraucht. Nachdem die Wraith bei ihrem Angriff unseren Drohnen-Kontrollstuhl zerstört haben, ist die Erde praktisch ohne vernünftige Verteidigung. Wir brauchen einen neuen Stuhl. Und dafür brauchen wir nun mal den…die Antikerin.“
Für die nächste halbe Stunde ging die Argumentation zwischen Woolsey und Coolidge einfach munter weiter, während Coolidges Kollegen, die ebenfalls mitreisten, still im Hintergrund blieben.
Celtes
„Der Kontrollstuhl!“, staunte John.
„Hm, eigentlich schade, dass der Stuhl hier ist. Wir könnten ihn viel besser auf der Erde gebrauchen. Aber abgesehen davon,…so viele Drohnen sind auch nicht mehr da. Wahrscheinlich hat es damals doch jemand hier her geschafft und ein paar abfeuern können“, spekulierte Rodney und sah weiter auf seinen Scanner.
„Ja. Nur leider hat es wohl nicht gereicht. Vielleicht hätte nicht einmal ein Schlachtschiff helfen können“, antwortete Elisha bitter.
Je länger sie hier war, desto weniger Hoffnung hatte sie, dass ihr Mann und ihr Sohn noch gefunden werden konnten. Auch wenn sie sich immer noch so sehr dagegen sträubte, breitete sich der Gedanke, dass ihr Mann und ihr Sohn tot seien, immer weiter in ihrem Kopf aus. Aber noch wollte sie nicht aufgeben. Wenn sie schon keine Hinweise fanden, so konnte sie ihrer Tochter doch noch eine Freude machen. Auch wenn im Moment vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt sei.
„Komm mal mit“, bat Elisha, nahm ihre Tochter an der Hand und führte sie in einen Transporter, der sie und das restliche Team noch tiefer in die Station, genauer gesagt, mehrere Ebenen tiefer, transportierte.
Es war ein dunkler Flur, kaum breiter als zwei Meter. Sowohl die Wände, als auch der Boden und die Decke waren, im Gegensatz zu der restlichen Einrichtung und Farbgestaltung, in Anthrazitfarben gehalten. In der Decke waren vereinzelt einige Spots angebracht, die nur ein diffuses Licht abgaben. An einer Wand des Flures war eine mindestens drei Meter breite Tür. Gegenüber war nur die blanke Wand. Nach vier Metern war der Flur auch schon zu Ende und wieder stand man vor einem Terminal, das diesmal allerdings Elisha bediente.
„Du hast hier eigentlich keinen Zutritt gehabt. Ich habe mich auch nur sehr selten aufgehalten und dann auch nur in Begleitung deines Vaters. Daher hoffe ich, dass mein Code akzeptiert wird“, erwiderte sie auf Alexas verwirrten Gesichtsausdruck.
„Kein Zutritt ist gut. Hier war ich noch nie! Wo sind wir hier, Mutter?“
„Es ist eine geheime Sektion. Ich weiß, du hast die höchste Sicherheitsstufe und könntest überall Zutritt haben. Wir haben dir damals nichts davon erzählt, weil…na ja… es hätte dein Geburtstagsgeschenk werden sollen“, gestand sie verlegen und öffnete auch sofort die riesige Tür.
Vier ZPM´s und ein Kontrollstuhl waren im Vergleich zu dem was man jetzt erblickte, nur Kleinigkeiten.
Es vergingen viele Sekunden, in denen John, Rodney, Teyla, Ronon aber auch Alexa mit weit aufgerissenen Augen und Mündern im Türrahmen standen und sich fragten, ob sie wirklich glauben konnten, was sie da sahen.
Rodney war der erste, der wieder halbwegs sprechen konnte. „Ich werd` verrückt!“
„Also das in Geschenkpapier zu wickeln, könnte schwierig werden“, hauchte John ehrfürchtig.
„Das ist…das…das…das ist…das ist…“, stotterte Rodney und wurde gleich von Elisha erlöst.
„Ein Schlachtschiff, Doktor McKay. Das größte, das bisher gebaut wurde. Nun ja, zu unseren Zeiten jedenfalls.“
„Nicht nur zu Ihren“ erwiderte Ronon ebenfalls staunend.
Äußerlich sah es in jeder Hinsicht wie ein lantianisches Schlachtschiff aus. Nur die Größe übertraf schon fast die, eines Wraithbasis-Schiffes.
„Damals hättest du in zwei Wochen Geburtstag gehabt. Dein Vater und ich wollten dir eine Freude machen. Wir dachten, dass es an der Zeit sei, dass du das Kommando über ein Schlachtschiff erhältst. Abgesehen davon, dachte ich mir, dass es sowieso sicherer sei, als ständig allein auf Missionen gehen zu müssen.“
„Geburtstagsgeschenk?!“, rief Rodney perplex und fuhr weiter fort.
„Sie verschenken Schlachtschiffe zum Geburtstag? Was haben sie an Ihrem Geburtstag zuvor bekommen?“, fragte Rodney eher ironisch.
„Keine Ahnung. Weiß´ nicht mehr“, gab Alexa zurück und stieg eine Treppe hinab, die zum Schiff hinunter führte.
„Eine Jacht. Eine Privatjacht“, beantwortete Elisha seine Frage, worauf Rodneys Kinn nur weiter in Richtung Boden wanderte und sich festhalten musste um nicht vor Schreck das Gleichgewicht zu verlieren und dann die Treppe hinunter zu fallen.
„Ist nicht ihr Ernst? Ne´ Jacht?“, stöhnte John ungläubig.
„Ja, es war eine wunderschöne große weiße Privatjacht, mit der Alexa in ihrer Freizeit um Atlantis herum segelte. Manchmal war sie tagelang unterwegs. Bis zu jenem Tage, als sie sie versenkt hatte“, klagte Elisha fast vorwurfsvoll.
„Ich habe sie nicht versenkt“, erinnerte sich Alexa wieder.
„Es war Dorian! Er ist mit ihr auf ein Riff aufgelaufen. Er hat sie versenkt, der Idiot. Ich hätte ihn niemals mitnehmen sollen“, meckerte sie knurrend.
John, Teyla und Ronon sahen sich amüsiert an.
„Was ist?“, fragte Alexa.
„Sie erinnern sich daran?“, fragte John erstaunt.
Alexa blickte ihn nur für eine Sekunde perplex an, bevor sich ihre Miene in ein kleines Schmunzeln verwandelte. „Tja, es hat alles seine Vor- und Nachteile“, entgegnete sie ihm amüsiert.
„Und die wären?“
„Vorteil: Es sind schöne Erinnerungen an die Jacht. Nachteil: Ich vermisse sie und…Dorian wird dafür büßen, wenn ich ihn gefunden habe…was eigentlich ein Vorteil ist. Zumindest für mich.“
„Liebes, du hast deinen Bruder schon dafür büßen lassen“, erwiderte Elisha ebenfalls amüsiert.
„Für so was kann man nie genug büßen, Mutter“, gab Alexa zurück und betrat als erste das Schiff über eine Rampe die offensichtlich zu einem Lagerraum führte.
„So ein Schiff hätten wir schon früher gebrauchen können. Dann hätten wir die Wraith und die Replikatoren in einem Rutsch von der Bildfläche wischen können“, sagte John, der sich nach der kurzen Inspektion des Schiffs etwas müde in den Kommandostuhl auf der Brücke fallen ließ.
Das der Kommandostuhl eher einem überaus bequemen Sessel glich, war ihm nicht entgangen.
Mit einem hellen, beinahe weißen und lederähnlichen Bezug stand der Sessel in der Mitte der Brücke und ließ sich in jede erdenkliche Richtung drehen. Auf der rechten Armlehne war ein etwa handgroßer Touchscreen Bildschirm angebracht, während auf der linken Seite nur ein kleines Panel mit einzelnen Tasten zu finden war.
Ein kurzer aber lauter Alarmton durchzog die Brücke und augenblicklich konnte man auch auf dem riesigen Hauptschirm eine Botschaft lesen.
„Was ist das?“, fragte er erschrocken und fühlte sich irgendwie ertappt.
„Die größte Version eines Headup Displays, die sie bisher gesehen haben“, erklärte Rodney trocken.
„Ich meinte den Alarm, Rodney!“
„Na steht doch auf dem Hauptschirm, Sheppard. Nicht autorisierter Zugriff“, übersetzte er und versuchte weiterhin in die Hauptdatenbank des Schiffes zu gelangen.
„Geben Sie sich keine Mühe Doktor McKay. Auch sie werden keinen Zugriff bekommen. Aber du schon“, antwortete Elisha und wandte sich zu ihrer Tochter.
„Wir haben dein DNA-Profil schon sehr früh in das System eingespeist. Es ist nur noch eine endgültige Initialisierung notwendig, damit das Schiff dich erkennt.“
John erhob sich aus dem Sessel und beobachtete, wie sich Alexa nur zögerlich in ihm niederließ.
Kaum dass sie ihre Hand auf das Touch Screen legte, schwirrte ein leises Summen durch das Schiff, das allmählich zum Leben erwachte. Die Computer und Datenbanken fuhren hoch, Monitore schalteten sich ein, Bedienfelder blinkten auf und der große Hauptbildschirm wechselte vom Alarmzeichen zur normalen Aussicht.
„Identifikationsprotokoll initiiert“, ertönte eine männliche Stimme aus den Lautsprechern, von denen John glaubte, das es definitiv zu viele oder zu große waren.
„Dorian?“, fragte Alexa ihre Mutter.
„Er wollte dem Schiff eine kleine persönliche Note geben“, klärte sie sie nickend auf.
„Und das ausgerechnet mit seiner Stimme? Das sieht ihm ähnlich.“
„Identifikation abgeschlossen. Willkommen, Commander Alexa Selina Thalis“, ertönte wieder Dorians Stimme.
„Das wird er mir auch büßen“, knurrte Alexa verlegen. Ihren zweiten Namen konnte sie noch nie besonders gut leiden.
„Wie sieht’s aus, Rodney?“, wollte John wissen.
„Ziemlich gut um ehrlich zu sein. Das Schiff ist so gut wie fertig. Ich meine Trägheitsdämpfer, Lebenserhaltung, künstliche Schwerkraft, interne und externe Sensoren, Tiefraumsensoren, Subraum, Hyperantrieb, sogar intergalaktisch, sind betriebsbereit. Und das Drohnenlager ist auch voll bestückt. Außer dem Schutzschild. Das ist noch nicht funktionsfähig. Und wir haben sogar einen Tarngenerator, der zwar auch noch nicht funktioniert, oder besser gesagt, initialisiert ist, aber all das kriege ich schon hin. Im Grunde ist es durchaus flugtauglich.“
„Na wunderbar. Und was ist mit…“
„Nein, keine Chance! Diesmal bin ich an der Reihe“, kam es vorlaut von Rodney.
„Ach kommen Sie, McKay. Sie wissen noch nicht mal, ob es überhaupt schon einen Namen hat“, erwiderte John.
„Doch das weiß ich. Es hat keinen. Noch nicht“, antwortete er trotzig und verschränkte seine Arme vor der Brust.
Teyla und Ronon verdrehten die Augen und sahen sich weiter um.
„Doch den hat es“, mischte sich nun Alexa ein, die immer noch im Stuhl saß.
„Aber in der Datenbank steht er nicht“, meinte Rodney.
„Natürlich nicht. Schiffe bekommen bei uns ihre Namen immer von ihrem Kommandanten“, gab sie zurück.
Rodney war nun eingeschnappt, wollte er doch so gerne endlich mal ein Namensgeber sein.
„Und wie soll es heißen“, wollte John wissen und trat neben Alexa an den Stuhl.
Diese blickte zu ihm hoch, schien kurz zu überlegen bevor sie ihm dann ihre Entscheidung mitteilte. „Tristanius.“
John hatte es sich schon denken können und nickte leicht lächelnd, während Rodney nur kurz prustete.
„Beim nächsten Mal bin ich der Namensgeber, ganz egal was es ist oder wem es ist“, versprach er daraufhin.
„Das ist ein guter Name für ein solches Schiff“, pflichtete Teyla ihr bei.
„Dein Vater würde sich sehr darüber freuen, Alexa“, erwiderte Elisha stolz.
Doch Alexa wurde immer ruhiger. Irgendetwas schien sie zu beschäftigen und der Colonel bemerkte es.
John ging neben ihr die Hocke, suchte nach den richtigen Worten und sprach dann leise zu ihr.
„Hören Sie, wir haben in Atlantis die gesamte Datenbank durchforstet. Es gibt keinerlei Einträge darüber, das ihr Vater hier… tot aufgefunden wurde. Auch dort gilt er als vermisst. Er hat es garantiert hier raus geschafft, genau wie Sie und Ihrer Mutter und ihr Bruder. Sie sind wohl wirklich auf verschiedenen Planeten gestrandet. Wir werden bei unseren Handelspartnern und Verbündeten nachfragen. Vielleicht hat man sie dort gesehen. Wir können auch Bilder von ihnen als Steckbriefe verteilen. Wir werden sie schon finden.“
Doch Alexa lächelte ihn nur müde an, stand danach auf und spazierte an den vielen Steuerpulten und Computerkonsolen auf der Brücke vorbei.
„Da ist noch etwas, was ich mit ihnen besprechen wollte. Eigentlich wollte Woolsey das machen, aber ihm kam immer wieder was dazwischen und angesichts der vielen Entdeckungen, die wir hier heute gemacht haben…“
„Was denn?“, unterbrach sie ihn ungeduldig.
John atmete einmal tief durch, bevor er begann. „Das IOA hat sich gemeldet… mit Forderungen.“
„Was für Forderungen?“
„Sie wollen Sie…Sie wollen, dass sie zur Erde kommen und für sie einen neuen Drohnenkontrollstuhl bauen. Abgesehen davon stehen wohl auch noch irgendwelche Forschungen an, die dem IOA wohl sehr am Herzen liegen und die Liste ist wohl noch länger.“
„Ich soll als Labormaus herhalten?“, antwortete Alexa ironisch lächelnd.
„Ratte. Es heißt Laborratte. Woolsey versucht schon die ganze Zeit einen Ausweg zu finden, um Zeit zu schinden, dass sie nicht gehen müssen.“
„Aber…?“, konnte sie aus seinem Tonfall heraushören und fragte ihn dann auch.
„Solche Organisationen haben Mittel und Wege, ihr Ziel um jeden Preis zu erreichen. Und das mit durchaus legalen Mitteln. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie einen Trupp schicken um sie abzuholen und wir können nichts tun.“
Atlantis
Colonel Ellis ließ sich direkt wieder auf sein Schiff beamen. Die Besprechung einer IOA-Gruppe war nun wirklich nichts, was ihn sonderlich interessierte. Auf der Brücke angekommen überlegte er seinen nächsten Schritt.
Die Neugier und Wissbegierde des IOA war zwar verständlich, aber das darauffolgende Vorgehen war ihm ein Rätsel und irgendwie zuwider.
Die Tatsache, dass es jetzt tatsächlich eine Antikerin gab, die gewillt war zu helfen, ließ ihn hoffen, nun die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
„Major, beamen sie die restliche IOA Truppe nach unten. Dann nehmen sie über eine sichere Leitung Kontakt mit der Deadalus auf. Sie sollten wissen, was hier vor sich geht“, befahl er und nahm wieder auf seinem Kommandosessel Platz.
Celtes
Schon eine geraume Zeit saß Alexa in einer Ecke in ihrem alten Quartier, dass sie damals auf der Station hatte.
Auch hier hatte man alles aufgeräumt und gesäubert. Aber persönliche Gegenstände, wie Bilder oder Kleidung und andere Dinge waren immer noch vorhanden. Nun saß sie auf dem Boden, in Dunkelheit, da sie das Licht gedimmt hatte. Ihre Türe stand offen und sie konnte Sheppard und die anderen hören, die sich die weiteren Quartier angesehen hatten und nun Elisha halfen, ihre Kleidung und die ihres Mannes und ihres Sohnes aus ihren Quartieren einzupacken.
In einen Schub würden sie all ihre Habseligkeiten nicht nach Atlantis bringen können. Dafür würden sie mehr Zeit brauchen. Alleine schon für die medizinischen Geräte und Instrumente, die Elisha von der hiesigen Krankenstation nach Atlantis mitnehmen wollte.
Geistesabwesend ließ Alexa ihren Blick durch den Raum gleiten. Immer wieder hatte sie ihr Quartier betrachtet, die Möbel, die Kleidung in ihrem Schrank und andere Gegenstände, die den Raum schmücken sollten und versuchte, Erinnerungen wach zu rufen. Doch es wollte nicht so richtig gelingen. Jedes Mal sah sie nur ihren Vater vor sich, der ihr befahl, in die Kapsel zu steigen.
Sie sah sein Gesicht so deutlich vor ihren Augen, als ob er gerade in diesem Moment vor ihr stehen würde. Mit Mühe konnte sie sich zurückhalten, nach ihm zu greifen, ihn berühren und umarmen zu wollen. Sie musste sich selbst einreden, dass ihr Griff nur ins Leere gehen würde, dass er nicht wirklich da war.
Wie sehr wünschte sie sich, er wäre da. Wünschte, er würde ihr sagen, was sie zu tun hätte oder würde selbst handeln. Doch plötzlich veränderte sich das Bild…
„Ma, wo ist Pa?“, fragte die kleine Alexa, die nun schon seit Stunden durch Atlantis lief, nur um ihrem großen Bruder zu entkommen und jetzt auf der Krankenstation bei Ihrer Mutter ankam.
„Na oben in der Kommandozentrale, dass weißt du doch mein Schatz.“
„Ich will zu Pa.“
„Oh kleines, ich weiß dass du gerne bei deinem Vater wärst. Aber ich glaube, er wird nicht viel Zeit für dich haben. Du weißt doch, dass er einige Personaldateien durchgehen und Entscheidungen treffen muss, wer zur neuen Militärakademie gehen darf und wer nicht“, erklärte sie, während sie ihre Tochter hochhob und auf eine der Liegen absetzte.
Alexa wollte gerade ihrer Mutter antworten, als der siebenjährige Dorian völlig außer Atem die Krankenstation erreichte.
„Hier bist du! Ma…sie läuft ständig weg! Warum muss immer ich auf sie aufpassen?“
„Ich laufe nicht weg! Ich will nur sehen, wie schnell du bist!“
„So ein Unsinn! Ich werde dich noch anleinen!“
„Nein Dorian, du wirst deiner Schwester keine Leine anlegen. Jetzt hör mal zu mein Großer, in ein paar Tagen werde ich wieder ganz viel Zeit für euch beiden haben und euer Vater auch. Beatha ist noch diese Woche mit ihrem Mann verreist. Nächste Woche kommt sie zurück und wird sich bestimmt auch gerne wieder um euch kümmern, wenn uns etwas dazwischen kommt.
„Warum haben du und Pa keine Zeit mehr für uns, Ma?“ wollte Dorian wissen.
„Wir haben sehr viel Arbeit zu tun. Viele neue Leute sind angekommen, die müssen untersucht werden und für ihre Arbeit eingeteilt und instruiert werden. Ebenso sind jetzt auch viele neue Soldaten hier und euer Vater muss sich deren Personaldateien ansehen und er muss auch entscheiden, wer demnächst auf der neuen Militärakademie ausgebildet werden kann. Aber in ein paar Tagen wird wieder alles ruhiger sein und wir werden wieder viel Zeit miteinander verbringen, versprochen.“
Mit ihren gerade mal vier Jahren war Alexa erstaunlich schnell die kleine Seitentreppe vom Flur neben dem Torraum zum Kontrollzentrum hinauf gestürmt. Kaum, dass sie oben ankam, konnte sie ihn auch schon hören.
„Ja ist gut, Liebes. Ich werde es mir merken…“
Schnell musste sie sich verstecken, denn wenn ihr Vater rausfinden würde, dass sie wieder ohne sein Wissen in den Kontrollraum gelangt war, würde er furchtbar böse werden.
Denn schließlich war es erst ein paar Wochen her, als Alexa heimlich eines der Torschiffe aus der Bucht, nach unten in den Torraum gleiten ließ und ihren ersten und vor allem nicht genehmigten Übungsflug hinter sich brachte.
Mit verheerenden Folgen.
Der gesamte Torraum wurde verwüstet, inklusive der großen Treppe. Sogar das Sternentor kippte um, als Alexa mit dem Fluggerät dagegen gestoßen war.
Es grenzte schon an ein Wunder, dass niemand verletzt wurde und sie es gerade noch schaffte, das Schiff zu landen, bevor sie mit ihm durch das Fenster hinter dem Tor gekracht und vielleicht ins Meer gestürzt wäre.
Noch nie hatte sie ihren Vater so wütend gesehen. Und noch nie hatte er so laut geschrien und sie sie so hart bestraft.
Für einen Monat hätte sie Zimmerarrest haben sollen. Sogar Wachen hatte er vor dem Quartier aufstellen lassen, wusste er doch, dass sie immer wieder versuchen würde, auszubrechen.
Doch dieses Mal täuschte er sich. Stattdessen bekam er jeden Tag von den Wachen den Bericht, dass seine Tochter keinen `Ausbruchsversuch´ gestartet hatte, aber dafür immer wieder ein herzzerreißendes Weinen und Schluchzen aus dem Quartier zu hören war.
Auch Elisha redete ihm ins Gewissen und war der Meinung, dass sie zwar Strafe verdient hatte, aber nicht auf die Art und Weise, wie Tristanius es tat. Denn seine Wut und Enttäuschung war so groß, dass er Alexa tagelang ignorierte und kein einziges Wort mehr mit ihr sprach.
Für Alexa war nicht der Arrest das schlimmste, sie war vielmehr der Meinung, dass ihr Vater sie offensichtlich nicht mehr lieb hatte.
Immer wieder startete sie einen Versuch, sich an seinen Arm zu kuscheln, wenn er mit seiner Familie zusammen am Esstisch saß oder zupfte an seinem Hosenbein, wenn er gerade irgendwo im gemeinsamen Quartier zum Stehen kam und immer wieder entzog er sich ihr und verlies eilig die Räume.
Es tat Elisha im Herzen weh, zu sehen, wie er plötzlich mit seiner eigenen Tochter umging. Dem kleinen aufgeweckten, vorwitzigen Mädchen, dass er sonst immer seinen kleinen Schatz nannte.
Das kleine Mädchen, dass immer darauf bestand erst einzuschlafen, wenn sich ihr Vater, der General, selbst davon überzeugte, dass sich keine bösen Monster unter ihrem Bett versteckten.
Das Mädchen, dass als kleines Baby von ihm immer mitten in der Nacht durch ganz Atlantis getragen werden musste, bis sie endlich eingeschlafen war.
Die Tage vergingen, bis General Thalis wieder von den Wachen vor seinem Quartier gerufen wurde weil Alexa dermaßen laut weinte und nach ihrem Vater rief, dass es noch mehrere Gänge weiter zu hören war.
Elisha wurde zu einem Notfall auf der Krankenstation gerufen und bekam somit von dem ganzen Vorfall nichts mit und Dorian war wie jeden Morgen im Unterricht.
Seufzend zog er die Wachen von ihren Posten ab und öffnete die Tür, blieb aber vor dem Quartier stehen und sah auf das kleine Mädchen herab, dass dicht vor ihm auf dem Boden saß und durch grüne verweinte Augen, erschrocken zu ihm aufsah.
In den kommenden Stunden nahm Tristanius seine Tochter wieder in den Arm uns spazierte mit ihr auf den höchsten Aussichtspunkt von Atlantis und sprach mit ihr über ihre Tat und ihre Bestrafung. Und schlussendlich musste er ihr auch versichern, dass er seinen kleinen Schatz noch immer lieb hatte.
Das während dieser Zeit im Torraum bei den Reparaturen alles drunter und drüber ging und man immer wieder verzweifelt versuchte, ihn zu erreichen, war ihm egal. Er kuschelte lieber wieder mit seinem kleinen Mädchen und tröstete sie.
Vorsichtig blickte sie nach rechts und kroch währenddessen langsam und leise weiter, um dann zumindest kurz am unteren Ende der Treppe, die hinauf zur Bucht führte, um die Ecke schielen zu können und einen Blick auf ihren Vater zu erhaschen. Doch sie kam nicht weit. Während sie vor sich hin krabbelte und immer wieder nach rechts zu dem vielen Personal an den Konsolen schielte, stieß sie plötzlich gegen etwas.
Erschrocken sah sie von zwei dunklen Stiefeln hinauf zu einem schlanken dunkelhaarigen Mann, der mit verschränkten Armen, amüsiert vor ihr stand.
„Wenn du nach vorne stürmen willst, musst du auch nach vorne sehen, Alexa“, flüsterte der Mann leise zu ihr hinunter bevor er in die Hocke ging.
„Aber dann hättest du auch im Weg gestanden, Onkel Marsillius“, gab das kleine Mädchen zaghaft zurück.
„Stimmt, aber nur weil ich nicht will, dass du wieder bestraft wirst. Du weißt doch, dass du nicht mehr hierher kommen darfst, ohne… das wir darüber informiert werden, oder jemand dich begleitet. Was glaubst du, wie böse dein Vater wieder wird, wenn du nochmal so eine Dummheit machst?“erwiderte Marsillius leise.
Seit Tristanius zum General ernannt wurde, war er an seiner Seite und half ihm bei sämtlichen Belangen und Angelegenheiten, die sein Kommando nun mal mit sich brachte. Kurz gesagt, er war sein Adjutant und sein bester Freund. Und nebenbei, der einzige Untergebene, der ihn duzen durfte.
„Aber ich wollte gar nicht nach oben! Ich wollte nur…“
„Du wolltest nur mal deinen Vater sehen, nicht wahr? Weil er in letzter Zeit nicht so oft bei euch ist, richtig?“
Alexa nickte traurig.
Marsillius Herz wurde weich, als er in die kleinen traurigen Augen des Mädchens sah. „Na gut, ich werde mal sehen ob ich ihn kurz von seiner Arbeit ablenken und er sich ein bisschen Zeit für dich nehmen kann… und du wartest hier, verstanden? Wehe, du schleichst dich wieder nach oben! Dann werde ich diesmal auch sehr böse, hast du das verstanden?“
Eifrig nickte Alexa und konnte es kaum noch abwarten, ihrem Vater wieder um den Hals zu fallen.
Marsillius erhob sich wieder und gab einem der Männer an den Konsolen ein Zeichen, Alexa im Auge zu behalten. Als das kleine Mädchen zu ihm rüber sah, zwinkerte er ihr kurz zu.
Sollte er nicht immer noch böse auf sie sein? Denn immerhin, war er doch einer der Männer, die helfen mussten, den Torraum wieder aufzuräumen und aufzubauen.
-Die sind alle wie Vati! Keiner kann so lange böse sein…-, dachte sie, als Marsillius aus dem Büro seines Vorgesetzten zurückkam.
„Alexa?…Na komm schon.“
Schnell sprang die Kleine auf und lief auf Marsillius zu und blickte in Richtung Büro, wo sie ihren Vater mit einem kleinen Handcomputer stehen sah. Staunend betrachtete sie ihren Vater.
Auf jeden anderen würde dieser große und starke Mann, in seiner dunklen Uniform bedrohlich wirken, aber für das kleine Mädchen war er ein Vorbild, ein Held. Alexa vergötterte ihren Vater, sie war sogar richtig vernarrt in ihn.
Und Tristanius war genauso in seine Kinder vernarrt. Er liebte seinen Sohn, liebte seine Neugier, Wissbegierde und seinen Forscherdrang. Auch sein freches Grinsen hatte es ihm angetan. Alexa war genauso neugierig, aber es war ihr Kampfgeist und ihre Sturheit, die ihn jeden Tag auf neue zum Lachen und zum Staunen brachte. Auch ihr berühmter Blick, der jeden dazu veranlasste, alles für sie zu tun und ihr jeden Wunsch zu erfüllen, ließ ihm jedes Mal das Herz aufgehen.
Tristanius war sich sicher, dass sein kleines Mädchen diesen Blick von ihrer Mutter geerbt hatte. Denn auch sie hatte diesen Blick vor allem am Anfang ihrer Beziehung des Öfteren angewendet. Und auch ihr konnte er niemals etwas abschlagen.
Grimmig sah er von seinem Computer zu seiner Tochter herüber. Kurz erschrak Alexa und glaubte, schon wieder etwas Böses getan zu haben.
Tristanius aber schickte den Mann, mit dem er sich bisher unterhalten hatte wieder weg, legte den Computer auf seinen Schreibtisch, ging in die Hocke und riss die Arme auseinander.
„Vati!“
Mit ebenfalls ausgebreiteten Armen rannte die Kleine auf den Mann zu, der schon mit nicht ganz dreißig Jahren zum General ernannt wurde.
„Mein kleiner Schatz!“ rief er und umarmte das kleine zerbrechlich wirkende Kind.
Eilig nahm er sie auf seine Arme und erhob sich wieder. „Soso… was ist mir da zu Ohren gekommen? Du bist deinem Bruder schon wieder entwischt?“
„Ich wollte nur sehen, ob er so schnell laufen kann, wie du!“
„Ahso! Und?“
Alexa schüttelte energisch den Kopf. „Keiner ist so schnell und stark wie du!“
„Hm…bist du sicher?“
„Ja!“ nickte sie diesmal und fiel ihm wieder um den Hals.
„Na dann bin ich ja beruhigt“, lachte der General auf.
Alexa sah wieder zum Schreibtisch hinunter, der über und über mit Personalakten und Speicherkristalen belagert war.
„Was machst du denn da?“
„Na arbeiten. Im Moment muss ich entscheiden, wer auf die neue Militärakademie gehen darf und wer eher für die Wissenschaft geeignet ist“, erklärte er ihr, während er mit ihr zu seinem Stuhl am Schreibtisch zurückging und sich dann auf ihm niederließ.
Alexa rutschte auf seinem Schoss etwas hin und her, bis auch sie eine bequeme Position gefunden hatte, in der sie den gesamten Tisch und den Kontrollraum, inklusive des Torraums überblicken konnte.
„Wird Dorian ein Soldat werden?“, wollte sie wissen, als sie die vielen Bilder der Jungen und Mädchen, die ebenfalls in Atlantis lebten, auf dem Bildschirm des Computers sah.
„Nein. Ich glaube Dorian wird einmal ein hervorragender Wissenschaftler werden.“
„Und was werde ich?“
„Du? Du wirst hoffentlich immer mein kleiner, wunderschöner Schatz bleiben.“
„Ich meine doch, wenn ich groß bin, Vati!“
„Ja ich weiß, ich auch“, lachte der General wieder.
-Wenn du groß bist und du immer hübscher wirst, werde ich alle Hände voll zu tun haben, die Männer von dir fern zu halten!-, dachte Tristanius schon verzweifelt, als Alexa sich erneut zu Wort meldete.
„Wenn ich groß bin, will ich auch ein Soldat sein, so wie du!“
„So wie ich…wirklich? Da sehe ich aber ein großes Problem, mein kleiner Schatz. Als Soldat muss man Befehle befolgen können, und wir beide wissen ja, wie schwer es dir fällt, dich an das zu halten, was deine Mutter oder ich dir sagen, oder?“
„Und wenn ich ab jetzt immer das tue, was du und Ma mir sagen und nichts Böses mehr mache?“
„Wirklich?“
Skeptisch betrachtete Tristanius seine Tochter. Allerdings nicht besonders lange, denn Alexa setzte ihren Blick wieder ein, worauf der Vater wieder weich wurde. „Weißt du was? Ich habe da eine Idee aber… es kommt dabei ganz auf dich an. Wenn du dich von nun an, wirklich an dein Versprechen hältst und artig bist, verspreche ich dir, dass ich dir in ein paar Wochen zeige, wie man ein Torschiff fliegt.“
Alexas Augen wurden immer größer. „Ganz wirklich?“
„Ganz wirklich. Wenn du dein Versprechen hältst, werde auch ich meines halten. Das ist die Bedingung. Abgemacht?“, fragte er und hielt ihr seine große Hand hin.
„Abgemacht“, erwiderte das kleine Mädchen und griff nach der Hand ihres Vaters, die beinahe dreimal so groß, wie ihre eigene war.
Zärtlich ergriff der General die kleine Hand schüttelte sie kurz, bevor er sie dann zu seinem Mund führte und ihr einen kleinen Kuss auf den Handrücken gab.
„Na dann bin ich ja mal gespannt“, flüsterte er und tippte kurz auf seinem Computer herum.
„Du wirst schon sehen Vati!… Darf ich ein bisschen bei dir bleiben und zusehen? Ich bin auch ganz leise.“
Tristanius überlegte kurz. „Na schön, einverstanden. Deine Mutter weiß ja, dass du bei mir bist, aber schhhh“, sagte er hielt sich den Zeigefinger an die Lippen.
Ungefähr zehn Minuten hatte Alexa auf dem Schoss ihres Vaters verbracht, ohne auch nur einen Mucks von sich zu geben und beobachtete die Bilder und Daten die auf dem Bildschirm immer wieder erschienen. Anfangen konnte sie damit zwar nichts, aber sie fand es lustig wie immer wieder neue Bilder und Zeichen hin und her hüpften.
„Wer ist das?“, wollte sie wissen, als sie einen etwas zehn jährigen Jungen auf dem Bildschirm sah.
„Und das leise sein hat sich damit wohl erledigt…“, lachte der General kopfschüttelnd auf.
„… das ist Darius, ein Freund deines Bruders. Er ist fast sechs Jahre älter als du und wird in ein paar Monaten zur Akademie gehen können.“
„Er wird ein Soldat?“
„Ja, das wird er.“
„Wird er auch so groß und stark werden wie du?“
Wieder musste Tristanius lachen. „Das kommt auf ihn und seine Ausbildung an… findest du mich wirklich so groß und stark?“, fragte er amüsiert.
„Der größte und stärkste…und beste Vati, auf der ganzen Welt“, sagte sie leise, gähnte und drückte sich wieder an den Hals ihres Vaters.
Wieder schlang er seine Arme um sie und hauchte ihr einen Kuss aufs Haar. „Vielleicht solltest du ein bisschen schlafen. Onkel Marsillius kann dich zurück in…“
„Nein ich will hier bleiben! Ich bin jetzt auch wirklich leise.“
„Na gut.“
Wieder machte Tristanius sich an die Arbeit und wälzte Personalakten und Berichte durch. Einige Zeit später war nicht nur Alexa, sondern auch sein Bein, auf dem sie saß, eingeschlafen…
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Sanft strich sie sich über ihrer eigenen Hände, schloss die Augen und schluckte einige Male.
Noch immer konnte sie die Haut an der Hand ihres Vaters spüren, seine Wärme bei einer Umarmung, seine Stimme hören, den Duft seines Rasierwassers riechen, dass Elisha nur für ihn herstellte und Alexa so mochte.
Es war beinahe so, als würde er direkt neben ihr sitzen und sie in seinen Armen halten.
Noch immer hörte sie auch die Schritte ihres großen Bruders, der ihr hinterherlief und versuchte sie wieder einzuholen, hörte sein Fluchen und seine Meckerei, wenn sie sich wieder vor ihm versteckte. Sah sein bubenhaftes Gesicht mit dem breiten und frechen Grinsen.
Sie konnte sich sogar wieder daran erinnern, dass sie ihm mehr als einmal gegen die Stirn schlug, wenn er mal wieder versucht hatte, durch ein völlig unangebrachtes Kommentar, einen blöden Spruch oder eine andere nerv tötende Tat, sie aus der Reserve zu locken und zu ärgern.
Sie hatte erwartet, die beiden hier zu finden, sie wieder zu sehen.
Aber sie hatte noch nicht einmal einen Hinweis gefunden, was mit ihnen geschehen sein könnte.
Das man nach ihrem Verschwinden die gesamte Station wieder aufgeräumt und gesäubert hatte, war irgendwie ein gutes, aber auch ein schlechtes Zeichen zugleich.
Bisher ging Alexa davon aus, oder hatte vielmehr gehofft, dass ihr Vater es damals noch gerade so geschafft hatte, das Gate und die gesamte Station zu versiegeln und selbst mit einer Rettungskapsel zu entkommen.
Die Station war zwar versiegelt, aber allem Anschein nach nicht vom General selbst.
Sonst hätte man garantiert einige Leichen gefunden und es würde auch noch das totale Chaos herrschen. Denn wenn ihr Vater etwas verstecken oder viel mehr versperren wollte, dann war es versteckt und versperrt und nichts und niemand hätte es finden, oder sonst irgendwie erreichen können.
Stattdessen war die Station seit dreizehntausend Jahren verlassen und dennoch…irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Von Atlantis aus, war die Station mit dem Gate nicht zu erreichen, aber trotzdem war man kurz nach dem Überfall hier, hatte für Ordnung gesorgt und den Zutritt stark eingegrenzt.
Alexa fragte sich, ob dieser Marsillius, Vaters Adjutant, wohl etwas damit zu tun hatte.
Er war selbst auch Soldat und Vaters bester Freund.
Er kannte das genaue Vorgehen und die Richtlinien und Prozeduren, die bei solchen Überfällen befolgt und eingehalten werden mussten.
Bestimmt hatte ihr Vater Marsillius schon sehr früh irgendwelche bestimmte Instruktionen gegeben, was er zu tun hatte, sollte ihm etwas passieren. Ihr Vater und Marsillius hatten sich immer blind vertraut. Wenn Marsillius etwas in dieser Richtung tat, dann nur um ihn und die gesamte Familie zu schützen.
Denn es gab zu viele Variablen die so gar nicht, nach den üblichen Standartvorgehen nach solchen Überfallen aussahen.
Zum einen, der erstaunlich gute Zustand der Station. Aufgeräumt, sauber, keine Spuren von Kämpfen.
Zum anderen waren noch alle Geräte, Maschinen, Computer und Datenbanken an Ort und Stelle und waren auch einsatzbereit beziehungsweise abrufbar. Forschungsprojekte, Testreihen und andere Arbeiten der Forscher und Wissenschaftler waren immer noch vorhanden und warteten regelrecht auf ihrer Fertigstellung.
Auch die Energiemodule, der Kontrollstuhl und die Drohnen, vor allem aber persönliche Sachen wie Kleidung, Bilder oder sonstige private Sachen waren beinahe unangetastet. Mehr noch, all ihre Habe, die sie früher sonst auf Atlantis hatten, wurde hier her gebracht.
Es sah also fast so aus, als ob niemals etwas geschehen wäre. Als ob sich die gesamte Besatzung der Station von einer Sekunde auf die nächste in Luft aufgelöst hätte.
Alexa stand auf und ging zu einem Datenterminal in ihrem Quartier.
Da sie mittlerweile wieder vollen Zugriff auf die Systeme der Station hatten, wollte sie doch mal ihre Theorie überprüfen.
Wenn Marsillius tatsächlich für die Verriegelung der Station verantwortlich war, dann hatte er bestimmt auch einen Hinweis versteckt. Hoffte sie zumindest.
Nur diesen zu finden, wäre wohl nicht so einfach.
Eilig rief sie jede einzelne Datei auf, wobei manche Zugriffe erst durch Eingabe eines Codes freigegeben wurden. Für Alexa war dies kein Problem, die nötige Sicherheitsstufe hatte sie. Nur all diese Einträge durch zu suchen, kam einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich. Doch recht schnell hatte sie ein Suchsystem gefunden und auch einen versteckten Hinweis.
Alexa entschied, sich Marsillius Eintrag erst einmal ohne ihre Mutter anzusehen und schloss die Tür.
Es dauerte nur einen kleinen Augenblick, bis sie das Gesicht von Marsillius auf dem Bildschirm an einer Wand in ihrem Quartier sehen konnte…
„…diese Aufzeichnung ist nur für General Tristanius Thalis und seine Familie bestimmt… Tristanius… ich weiß nicht genau, was mit euch geschehen ist, aber ich hoffe, nein, ich weiß dass du, Elisha, Dorian und Alexa, diesem Massaker entkommen konntet.
Du erinnerst dich noch an unser Gespräch, was ich zu tun hätte, sollte dir etwas zustoßen? Ich habe versucht, mich so gut wie möglich daran zu halten, aber der Rat und…vor allem dein Nachfolger, haben es mir sehr schwer gemacht. Wie dem auch sei… als wir keinen planmäßigen Kontakt zu Celtes und euch aufnehmen konnten, haben wir uns Sorgen gemacht und befürchteten schon das schlimmste… wir kamen mit mehreren Mannschaften und Schiffen hier an…fanden aber nur noch die Toten. Dennoch war ich erleichtert, dass weder du noch deine Familie zu den Opfern gehörten und dass ihr offensichtlich mit den Rettungskapseln entkommen konntet. Selbstverständlich haben wir anhand der bereits vorher durchgeführten Untersuchungen und den daher erhaltenen Signaturwerten der Kapseln, das gesamte System und auch umliegende Sternensystem nach euch durchsucht. Ich weiß nicht was vorgefallen ist, dass ihr nicht zurück nach Atlantis gekommen seid, oder welch gute Arbeit Dorian und seine Mitarbeiter beim Bau der Prototypen geleistet hatten, aber wir konnten auch in größerem Umkreis keinerlei Signaturen oder Zeichen auf eure Existenz finden.
Nach monatelanger Suche, mussten wir die Suche endgültig einstellen. Was…deinem Nachfolger Rendel zu verdanken ist. Tristanius… zum ersten Mal in meinem Leben, bedauere ich es, nicht deinem Rat gefolgt zu sein und die Beförderung angenommen zu haben…dann hätte ich deinen Posten annehmen und weiter nach euch suchen können.
So aber setzte der Rat schon sehr kurz nach eurem Verschwinden, einen neuen Kommandanten ein. Rendel. Ich weiß, du warst nie gut auf ihn zu sprechen. Aber auch ich habe später Konsequenzen gezogen und meinen Dienst quittiert. Spätestens als er… es fällt mir nicht leicht, dir dies mitzuteilen, aber… Tristanius, Rendel wollte dich und Alexa in Abwesenheit unter anderem wegen Feigheit vor dem Feind, Desertion und auch wegen Hochverrats vor Gericht stellen und euch alle Rechte und Privilegien, als auch die Offiziersehre absprechen lassen. Da der Rat sich aber allerdings nur an die Fakten hielt und auch ich sie mühevoll bearbeitet hatte, geltet ihr seitdem als vermisst. Rendel allerdings, wollte die Einrichtung und alles was mit dir und diesem Vorfall zu tun hatte, vernichten. Aber auch da hatte der Rat ihn überstimmt. Dennoch…um euch zu schützen habe ich es gerade noch so schaffen können, alle Einträge und Daten über euch aus der Datenbank zu nehmen und sie in Sicherheit zu bringen, bevor Rendel es sich noch anders überlegt. Ihr werdet wissen wo sie sind. Ebenso habe ich, mit Hilfe von ein paar Soldaten, die dir wohl noch im Tod treu ergeben sind, eure Habe hierher bringen lassen und habe die Station versiegelt. Sie ist, wie du sicher bemerkt hast, nicht mehr durch das Sternentor zu erreichen. Lediglich du, deine Familie und ich haben Zutritt zur Einrichtung. Auch die fünfte Kapsel habe ich in Sicherheit gebracht, da ich nicht weiß, ob sie das ausgegrabene Artefakt ist oder eines der Testkapseln.
Was den Überfall angeht… wir haben niemals erfahren, wer diese Leute, diese Rasse war. Wir haben niemals einen Hinweis auf ihre Herkunft und ihre eigentlichen Absichten gefunden. Eine Zeit lang dachte ich, dass das Auftauchen dieser Kreaturen von jemand bestimmten hervorgerufen wurde. Du weißt sicherlich wen ich meine. Aber seit eurem Verschwinden, war es auch um ihn sehr ruhig. Zu ruhig. Möglicherweise war der Verdacht über seine weitere Existenz, wohl doch nur ein Gerücht. Ich allerdings, vermute immer noch, dass er den Aufstieg doch geschafft hat.
Tristanius, Elisha, Dorian und Alexa… wenn ihr diese Aufzeichnung seht, hat sich meine Vermutung und auch meine Hoffnung, dass ihr noch am Leben seid, bestätigt. Denn nur einer von euch hätte diese Aufzeichnung finden können. Wie eben schon erwähnt, habe ich den Dienst auf Atlantis quittiert und bin zurück zur Akademie gegangen. Mittlerweile sind alle Reparaturen vollständig abgeschlossen und man hat mir den Posten des Akademiekommandanten angeboten. Mit Rendel habe ich keinen Kontakt mehr. Er schickt lediglich regelmäßig neue Rekruten hier her, wovon ich die Hälfte wieder zurückschicke, da sie im Militär völlig fehl am Platze sind. Seine Urteilskraft war schon immer eine Katastrophe.
Ich hoffe es ist euch in der Zwischenzeit gut ergangen und… es ist… ich hoffe, es ist nicht zu viel Zeit vergangen. Solltet ihr nur kurz… es wäre besser, wenn ihr zuerst zu mir auf die Akademie kommt. Ich weiß nicht wie Rendel reagieren wird, wenn ihr plötzlich vor ihm auftauchen solltet. Zuzutrauen ist ihm ja alles, aber das weißt du ja, Tristanius.
Und solltest aber nur du Elisha, oder Dorian oder Alexa diese Aufzeichnung finden, dann solltet ihr wissen, das Tristanius…euer Vater, mit Sicherheit kein Feigling oder Verräter ist. Ich bin sicher, er hatte nur eure Sicherheit und euer Wohlergehen im Kopf. Als wir hier ankamen und die Toten vorgefunden haben und auch die Kampfspuren und Schäden sahen, war uns klar, dass man Atlantis nicht mehr erreichen konnte um Verstärkung zu ordern. Eine Flucht mit den Kapseln war der einzige Ausweg und ich bin mir völlig sicher, dass Tristanius alles versuchte, euch in Sicherheit… und zurück nach Atlantis zu bringen. Und ich versichere euch, dass er überlebt hat…“
Alexa hatte genug gehört und gesehen und hielt die Aufzeichnung an.
Also war es tatsächlich Marsillius´s Werk… die versiegelte Station, die Ordnung und Sauberkeit, all ihre Sachen, die hier gelagert waren.
Aber auch das brachte sie schlussendlich nicht weiter.
Sie versuchte eine Lösung zu finden. Für das IOA, für ihre Mutter, ihren Vater, ihren Bruder, die Station, das Schiff und viele andere Dinge, die in ihrem Kopf umherschwirrten.
Sie konnte sich nicht wirklich auf etwas Bestimmtes konzentrieren.
Stattdessen steigerte sich ihr Frust aufs unermessliche, bis er endlich aus ihr ausbrach.
Alexa griff nach dem nächstbesten Gegenstand der in der Nähe stand und warf es wütend gegen die Wand. Dass es eine porzellanähnliche Statue war, an der sie früher einmal sehr hing, bemerkte sie gar nicht mehr…
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Seufzend griff Elisha in die truhenähnliche Box, zog eine schwarze Uniform heraus, hielt sie vor sich und betrachtete sie von oben bis unten.
Gerade eben erst hatte sie Colonel Sheppard mehr oder weniger dazu genötigt, ihr genau zu erklären was es mit dem IOA auf sich hatte.
Nur widerwillig erzählte er ihr die Wahrheit.
Nun spukten auch ihr unangenehme Empfindung und Fragen im Kopf herum und einmal mehr wünschte sie sich ihren Mann an ihrer Seite.
„Ist das die Uniform ihres Mannes?“, fragte Teyla, die Elisha half, die wichtigsten Kleidungsstücke zu sortieren, damit sie gleich nach Atlantis mitgenommen werden konnten.
„Ja… es ist seine Kampf…es war seine Einsatzuniform.“
„Ist ziemlich groß oder? Ich meine…“, stotterte Carson etwas.
Elisha musste lächeln. „Sie haben es doch gesehen, Doktor. Er ist nicht, wie nennen sie so etwas? Stattlich? Er ist nicht stattlich, in diesem Sinne. Er ist sehr gut in Form. Er hat schon immer sehr viel für seine Kondition und vor allem für seine Kraft getan und sehr viel…trainiert.“
„Sie meinen er ist sehr stark und muskulös?“, wollte Teyla wissen.
„Nicht übermäßig, aber ja. Zumindest war er es noch, als…ich ihn das letzte Mal sah. Mit seinen fast fünfundfünfzig Jahren sieht er beinahe noch immer wie ein junger… na sie wissen schon“, grinste Elisha zu Teyla, die auch wissend zurücklächelte. Auch ihr fiel auf, dass Alexas Mutter immer offener wurde und immer mehr aus sich herauskam.
„Ich nehme an, ihr Mann hat eine Menge an Kampferfahrung“, forschte John nach.
Elisha hatte sich mittlerweile auf die Bettkante gesetzt und hielt immer noch die Uniform ihres Mannes in der Hand und strich verträumt über einige der Abzeichen. „Ja, die hat er. Tristan war einer der besten seines Jahrgangs auf der Akademie. Die schwierigsten Aufträge bekam er. Er war hervorragend im Nahkampf, als auch als Kommandant eines Schlachtschiffes. Sogar einige Flotten hatte er schon angeführt. Viele Kämpfe hatte er bestritten, aber auch einige verloren…“
Ein lautes dumpfes und zum Schluss auch klirrendes Geräusch, dass von Alexas Quartier bis zu Elishas und Tristanius´ Quartier zu hören war, unterbrach sie in ihren Erinnerungen. Schnell sprang sie auf und eilte mit Sheppard und Teyla aus dem Raum.
Da Alexa ihr Quartier zwar verschlossen, aber nicht verriegelt hatte, war es für John kein Problem, die Tür zu öffnen.
Erschöpft saß sie auf ihrem Bett und starrte auf die zerbrochene Statue auf dem Boden.
„Alles in Ordnung?“, fragte John und folgte ihrem Blick.
„Ja, es geht mir gut. Ich habe nur mal kurz Dampf ablassen müssen“ erwiderte Alexa müde.
„Na wenigstens war es diesmal kein Militäreigentum“, versuchte John sie wieder aufzumuntern, doch es wirkte nicht so recht.
Erst jetzt fiel ihm und Elisha das Standbild auf Bildschirm auf, auf dem ein schlankwirkender dunkelhaariger Mann mittleren Alters zu sehen war. Einige tiefe Falten durchfurchten sein Gesicht, umrandeten seine blauen Augen und ließen ihn als eine besorgte Gestalt wirken, die aber auch schon ruhigere Zeiten gesehen haben musste.
„Marsillius!“, rief Elisha erstaunt auf.
„Wer?“, fragte Teyla erstaunt.
„Onkel Marsillius, nicht mein richtiger Onkel, aber… er ist… war Vaters Adjutant und auch sein bester Freund.“
„Er war ein guter Freund der ganzen Familie. Tristan und er waren schon von Kindesbeinen an befreundet, absolvierten gemeinsam ihre Ausbildung auf der Militärakademie und waren fast unzertrennlich“, erläuterte Elisha, als sie merkte dass ihre Tochter bekümmerter und auch schwächer wirkte, als sonst.
Mittlerweile war ihre Besorgnis um ihre Tochter so groß, dass sie sich vornahm, sie vielleicht noch am gleichen Tag zu untersuchen. Auch wenn sie das Ergebnis bereits erahnte. Solche Schwäche und solchen Kummer zeigte Alexa schon damals, vor dem Überfall… als sie Darius verloren hatte. Und da nun auch noch Tristanius und Dorian vermisst wurden, belastete sie das noch zusätzlich. Ganz zu schweigen von den fehlenden Erinnerungen.
„Er wusste wohl was passiert war, er… er hat eine Aufzeichnung hinterlassen“, erklärte Alexa leise, stand auf und lies die Aufzeichnung von vorne beginnen.
Während sich die anderen die Aufzeichnungen ansahen, sammelte Alexa die Scherben der Porzellanstatue wieder ein und legte sie zurück auf die Kommode.
„Zumindest haben wir jetzt die Bestätigung, dass ihr Vater tatsächlich überlebt hat“, meinte John, als die Aufzeichnung beendet war und sah sich unauffällig um. Auch hier waren einige Boxen gelagert, die wohl zweifellos Alexas persönliche Dinge enthalten würden.
Erst jetzt fiel Alexa auf, dass ihre Mutter die dunkle Uniform ihres Mannes in den Händen hielt, setzte sich neben sie und griff nach ihr.
Sie fühlte sich noch genauso an, wie sie sie in Erinnerung hatte, auch glaubte sie, dass sie noch immer nach ihm roch.
„Sie riecht noch immer nach ihm… wieso riecht sie noch immer nach ihm?“
„Sie war in all der Zeit, mit vielen anderen Kleidungsstücken gut in den Boxen verschlossen, da kam wohl nichts dran, was sie hätte zerstören können“, antwortete Elisha.
„Ähm, na schön… wie wäre es, wenn sie schon mal das zusammenstellen, was sie direkt mit nach Atlantis nehmen wollen. Ich werde mal sehen, das ich McKay wieder auf den Boden der Tatsachen bekomme, schließlich ist das hier für ihn wie…Disneyland und er dürfte wohl schon durch die Station fliegen. Wir werden Atlantis verständigen und ein paar Leute rüberkommen lassen, die können dann die Station sichern und die restlichen Sachen zum Abtransport fertig machen“, schlug John vor und machte sich direkt auf die Suche nach Rodney. Auch Teyla und Carson verließen das Quartier.
Alexa begann, einige der Boxen genauer in Augenschein zu nehmen und entschied recht schnell, welche sie direkt mitnehmen würde und welche später durch das Stargate gebracht werden könnten.
Doch sie war nicht ganz bei der Sache, was auch Elisha auffiel und nochmals selbst nachsah, welche Dinge Alexa wohl dringender brauchen würde. Auch das bekam sie nicht mit.
Ihr gingen nur ihr Vater und ihr Bruder im Kopf umher.
„Was beschäftigt dich?“, fragte ihre Mutter besorgt und stellte sich neben ihre Tochter.
„Hat Colonel Sheppard dir denn nichts gesagt?“
„Das mit diesen IO-Dingsda Leuten? Doch hat er. Nachdem ich ihm auf die Nerven ging. Er scheint wirklich ein guter Mensch zu sein. Er wollte wohl nicht, dass ich mich aufrege.“
„Ich weiß nicht was ich machen soll“, stöhnte Alexa resigniert und setzte sich wieder auf ihr Bett.
„Doch das weißt du. Du musst jetzt Entscheidungen treffen.“
„Und wie soll ich das tun? Ich war noch nie in einer solchen Situation! Abgesehen davon, habe ich auch nicht gerade eine große Auswahl! Je nachdem welche ich treffe… es könnte übel ausgehen.“
„Du hast gelernt Entscheidungen zu treffen. Auch Unangenehme. Wir sind jetzt nun mal in einer Position, wo wir beide gezwungen sind, Entscheidungen zu treffen und Dinge zu tun, die uns sonst immer widerstrebten oder gegen unsere Überzeugung stießen. “, sprach Elisha ihr gut zu.
„…und was ist wenn Vater diesmal ganz und gar nicht mit meinen Entscheidungen einverstanden ist? Wenn er so wütend und enttäuscht sein wird…so wie damals?“
„Damals? Alexa, wovon redest du?“
„Als ich damals ohne Erlaubnis in einen Jumper gestiegen bin und dann zum Schluss den ganzen Gateraum zerstört habe…“
„Du kannst dich wieder daran erinnern?“
„Und auch, dass er tagelang nicht mehr mit mir geredet hat. Er hat… er war so wütend, ich habe ihn wohl sehr enttäuscht.“
Elisha musste lächeln, als sie daran dachte, welchen Unfug Dorian und Alexa als Kinder manchmal ausheckten.
Tristanius war immer der erste, der sich auch am lautesten aufregte. Aber wirklich böse war er auf seine Kinder niemals. Eher erstaunt, auf welche Ideen sie manchmal gekommen waren. Daher hatte er sich auch meistens relativ schnell wieder beruhigt. Bis auf dieses eine Mal.
„Du hast ihn noch nie enttäuscht und so wütend war er auch niemals, wie du glaubst, ihn in Erinnerung zu haben. Er hat es vielleicht nie zugegeben, aber es war vielmehr die Angst um dich, die ihn damals so reagieren ließ. So wie ich auch Angst hatte. Du warst vier Jahre alt und hattest noch keine Ahnung davon, wie man ein Torschiff steuert. Es hätte damals nicht viel gefehlt und du wärst durch das Fenster gekracht und ins Meer gestürzt… beinahe hätten wir dich verloren… nein, du hast ihn nicht enttäuscht, nur mal wieder mit deiner Neugier und deinem Tatendrang überrascht.“
„Aber jetzt ist vieles eben anders…jetzt könnte ich mit nur einer falschen Entscheidung, einem falschen Wort, alles nur noch schlimmer machen. Diese Leute vom IOA wollen mich und dich…Woolsey und Sheppard können nicht viel machen, ohne dabei selbst in Probleme zu geraten und ich…ich kann nicht… ich weiß nicht, ob ich dich vor ihnen schützen kann.
„Um mich brauchst du dir keine Gedanken zu machen“, versuchte die Mutter ihre Tochter zu beruhigen.
„Du verstehst es nicht, oder? Wenn diese Leute kommen, bringen sie uns zur Erde. Was glaubst du wohl, was sie mit uns machen werden? Und was ist dann mit Vater und Dorian? Wer soll sie finden? Ich kann nicht… ich weiß einfach nicht…Ma…was ist denn nur los mit mir? Ich kann keinen einzigen klaren Gedanken fassen.“
Auch Elisha fühlte sich äußerst unwohl bei dem Gedanken, Atlantis wieder verlassen zu müssen, weiterhin in Ungewissheit über die Situation ihres Mannes und ihres Sohnes zu sein. Zudem beunruhigte sie der Zustand ihrer Tochter immer mehr, zumal sie nun beobachteten konnte, wie sich bereits Tränen in den Augen ihrer Tochter bildeten, die früher nicht so schnell verzweifelte, wenn es mal Probleme gab. Sanft strich Elisha über den Kopf ihrer Tochter.
„Jetzt beruhige dich. Mach deinen Kopf erst mal frei. Versuche einfach mal, nicht an alles gleichzeitig zu denken. Du musst einen Schritt nach dem anderen machen. Zuerst packen wir hier unsere Sachen zusammen und kümmern uns darum, dass sie nach Atlantis zurück kommen. Und dann werde ich dich untersuchen. Vielleicht finde etwas, was Dokter Keller und Doktor Beckett möglicherweise übersehen haben. Danach werden wir uns in aller Ruhe über dieses IOA unterhalten. Was hältst du davon?“
Alexa nickte resigniert und gab innerlich ihrer Mutter recht. Sie konnte sich nicht um alles gleichzeitig kümmern. Zuerst war Celtes an der Reihe. Colonel Sheppard war bereits unterwegs, um Atlantis zu informieren und Personal herzubeordern, dass bei dem Transfer der vielen Sachen, darunter auch die meisten Forschungsprojekte , als auch die medizinischen Geräte helfen und die Station sichern würde. Teyla war mit Carson auf der kleinen Krankenstation und half ihm, einen kleinen Überblick zu bekommen und alles zusammenzustellen und Ronon würde, wie meistens, bei McKay sein, der seine Nase in die wissenschaftlichen Projekte steckte.
„Egal was ich später auch tun werde… meine Entscheidungen und Handlungen werden ihm diesmal ganz und gar nicht gefallen…ich weiß ganz genau, dass er dann wirklich wütend und enttäuscht sein wird.“
„Das bezweifle ich. Du weißt, dass er dich immer unterstützt hat. Egal wobei. Und wenn er erfährt, was in den letzten Jahrtausenden vorgefallen ist, und auch die unsere jetzige Situation erkennen würde, würde er dich auch unterstützen…Du hast ihn noch nie enttäuscht und das wirst du auch niemals. Ich weiß, dass du das Richtige tun wirst…“, ermutigte sie ihre Tochter weiter.
Celtes
John musste nicht nach Rodney suchen, er konnte sich schon denken wo er ihn finden würde. Obwohl er ihn beauftragt hatte, dafür zu sorgen, dass man Atlantis anwählen könne, fand er ihn im Hauptlabor, über ein großes Schaltpult gebeugt und versuchte sich über möglichst alle Forschungen zu erkundigen, die auf dieser Station früher angestellt wurden.
„McKay?“, versuchte Sheppard ihn aus seinen Gedanken zu rufen.
„Mmh“, brummte dieser geistesabwesend.
„Habe ich ihnen eigentlich nicht befohlen, sich um das Gate zu kümmern, so dass wir Atlantis anwählen können?“
„Mmh“, kam es erneut vom Wissenschaftler.
John warf Ronon einen kurzen Blick zu, der diesen nur mit einer zutiefst gelangweilten Miene erwiderte und die Augen verdrehte. „Rodney!“
„Was ist?!“ Rodney hasste es, aus seinen Gedanken gerissen, oder bei Nachforschungen und Untersuchungen abgelenkt zu werden. Doch eine gewisse Gereiztheit in der Stimme des Colonels, ließ ihn dann doch aufschauen. Wenn auch widerwillig.
„Was ist nun mit dem Gate? Können wir Atlantis anwählen oder nicht?“, fragte John erneut.
„Ähm…äh…ich äh, na ja, ich habe mir erst…ich musste erst überprüfen, ob hier…“
„Das heißt wohl nein. Los zum Gateraum. Ich will ein paar Leute herkommen lassen, um die Station zu sichern“, erwiderte Sheppard.
„Ja, aber ich kann hier nicht weg. Sheppard, sie hätten mal sehen sollen, was diese Leute hier erforscht haben! In einem vorläufigen Bericht habe ich etwas von einem Mineral gelesen, dass, wenn man es einer besonderen Prozedur unterzieht, eine absorbierende, aber auch fast undurchdringliche Komponente in Kleidungen darstellen könnte. Praktisch so was wie Kevlar. Nur viel leichter und auch bequemer. Und vor allem…“
„Kenn ich schon, McKay. Alexas Mutter hat mir eben schon davon erzählt. Es war Dorians Projekt. Mir geht es im Moment um Atlantis, also Bewegung“, forderte John ungeduldig und drehte sich wieder zum Gehen an den Ausgang.
„Ja, aber, das ist wichtig. Das könnte auch für uns…“
„McKay! Sorgen sie dafür, dass wir das Gate nutzen können und ich sorge dafür, dass alle Projekte rüber nach Atlantis kommen, wo sie sie von mir aus bis in ihre Atome auseinandernehmen können und jetzt los!“
„Was sind sie heute denn so gereizt?“, fragte McKay, der widerwillig dem Colonel hinterher stapfte.
Doch John verkniff sich eine Antwort. Zumal er auch andere Gedanken im Kopf hatte. Er dachte daran, dass sich der Zustand von Alexa rapide verändert hatte.
Nach außen, versuchte sie stark und konzentriert zu wirken, aber dennoch … Die Weinkrämpfe am Morgen, Träume, die sich als Erinnerung herausstellten, emphatische Fähigkeiten die sich nicht kontrollieren ließen, ihren Bruder und ihren Vater, die sie schmerzlich vermisste und die Sorge um die beiden, die sie förmlich auffraß. Abgesehen vom IOA, dass auch noch fordernd die Hände ausstreckte. Ebenso ihre Temperamentsausbrüche, die meisten mit der Zerstörung von irgendwelchen Gegenständen einhergingen.
Und als ob das alles nicht genug sei, hatte John den Verdacht, dass das noch lange nicht alles war. Nein, es war nicht nur ein Verdacht. John war sich sicher, dass da noch mehr war.
Doch hatte er ihr nicht vor kurzem angeboten, mit ihm über alles reden zu können? Redete sie vielleicht lieber mit ihrer Mutter darüber? Verständlich war es allemal. Immerhin ist es ihre Mutter. Oder war sie sich selbst nicht klar, was ihr da sonst noch zu schaffen machte?
Diesmal wurde John von Rodney aus den Gedanken gerissen.
„Sheppard! Was ist denn heute los mit ihnen? Haben sie wieder mit Ronon trainiert und eine zu viel an den Schädel bekommen?“
Doch Ronon beschwerte sich nur mit einem zornigen Blick, der dann einem kaum zu hörenden Knurren endete.
„Was gibt’s, McKay?“
„Ich sage ihnen nun zum zweiten Mal, dass wir versuchen können, Atlantis anzuwählen. Alexa hatte vorhin schon die Sperren aufgehoben, es war also nur eine kleine Kalibrierung nötig.“
Gerade als John McKay anwählen lassen wollte, meldete sich Colonel Caldwell auf der Deadalus.
„Colonel Sheppard, hier ist die Deadalus. Wie sieht es denn mittlerweile bei ihnen da unten aus?“
„Colonel Caldwell! Wir wollten gerade Atlantis anwählen. Wir haben ein paar interessante Entdeckungen gemacht. Die tollste davon, ist ein lantianisches…Geburtstagsgeschenk.“
„Geht es vielleicht etwas genauer, Sheppard?“, fragte Caldwell der mit krausgezogenen Augenbrauen auf seinem Kommandantenstuhl auf der Brücke saß.
„Na ja, es ist ein… fliegendes Geschenk, ein Schlachtschiff, um genau zu sein.“
„Sie haben schon wieder ein Kriegsschiff gefunden? Ich hoffe nur, es ist in besserer Verfassung, als die Orion damals. Und was hat das Schiff überhaupt mit einem Geburtstagsgeschenk gemeinsam?“
„Nun, Alexas Mutter sagte, dass sie und der General es damals ihrer Tochter übergeben wollten. Sie dachten, dass es für ihre Tochter vielleicht nicht mehr ganz so gefährlich sei, als ständig durchs Tor zu irgendwelchen Missionen zu gehen. Zu der Zeit, in der dieser Überfall hier stattfand, hätte Alexa in zwei Wochen Geburtstag gehabt. Ihre Eltern wollten ihr das Schiff zu ihrem Geburtstag schenken.“
„Ein Schlachtschiff?…Zum Geburtstag?“, fassungslos schüttelte Steven den Kopf.
„Das war noch nicht alles…“
„Nein! Am Geburtstag zuvor, bekam sie eine Jacht geschenkt!“, unterbrach ihn Rodney fassungslos.
„Was?“, ertönte Caldwells ungläubige Stimme aus dem Funkgerät.
„Ja! Ist das zu glauben?!“, empörte sich Rodney beinahe.
„Rodney…das ist unwichtig. Ihr Bruder hat das Ding ohnehin versenkt. Aber was ich sagen wollte… hier gibt’s ne Menge ZPM´s“, unterbrach Sheppard McKays unverständliches Aufbrausen.
„Was verstehen sie unter einer Menge, Colonel?“
„Vier Stück und das obwohl die Station laut McKays Aussage locker mit nur einem versorgt werden könnte.“
„Ich bin sicher, es freut einige Leute sehr, das zu hören und da wir gerade davon sprechen…Colonel Ellis ist mit der Apollo in Atlantis angekommen… ebenso eine Delegation des IOA.“
Johns Gedankengänge setzten für einige Momente aus.
Das das IOA irgendwann Nägel mit Köpfen machen würde, war ihm schon klar. Doch dass sie so schnell handeln würden, hätte er nicht vermutet. Bisher hatte er immer noch gehofft, noch einige Tage zu haben, in denen ihm oder Woolsey eine Lösung einfallen würde. Doch die Bedenkzeit hatte noch nicht mal richtig begonnen.
„Wir wollten ohnehin gerade versuchen, Atlantis anzuwählen“, antwortete John, nachdem er seine Gedanken wieder geordnet hatte.
„Verstanden“, verkündete Caldwell und die Verbindung brach ab.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Rodney, der mittlerweile wieder wie ausgewechselt wirkte.
„Na habe ich doch gerade gesagt. Wir wählen Atlantis an.“
„Ja, schon, aber…das meinte ich nicht“, erwiderte der Wissenschaftler befangen.
John wusste sehr wohl was er meinte. Aber er wusste auch nicht was er machen sollte. Also entschied er sich, erst einmal erneut mit Alexa zu sprechen.
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„Ich werde nicht auf die Erde gehen, Mutter. Und du auch nicht. Nicht für diese IOA-Leute“, sagte Alexa entschieden.
„Ich bin ja deiner Meinung. Nur…Colonel Sheppard…er hat es nicht laut ausgesprochen, aber dieses IOA scheint nicht gerade…zurückhaltend zu sein, wenn ich es richtig verstanden habe. Ich will nur nicht, dass irgendwelche Probleme entstehen, wir haben schon genug davon“, erwiderte Elisha besorgt.
Noch immer waren die beiden dabei, hauptsächlich Kleidung und andere persönliche Dinge zu verpacken.
Letzten Endes war es an Elisha, zu entscheiden, welche Sachen ihre Tochter und sie wohl gleich mitnehmen würden, da sie wohl am dringendsten gebraucht wurden. Alexa kramte zwar in ihren Sachen herum, aber sie war weit davon entfernt, vernünftige Entscheidungen ihres Packverhaltens entsprechend zu treffen.
„Sie können uns wohl kaum zwingen. Und wenn sie es versuchen, werden sie… die Antiker eben mal von einer ganz anderen Seite kennenlernen.“
Elisha atmete tief durch und beobachtete, wie sich ihre Tochter wohl immer mehr in etwas rein steigerte. „Ich habe befürchtet, dass du das sagst.“
„Was erwartest du Mutter? Wir sind doch nicht irgendwelche… Gegenstände, die man einfach so hin und her schieben kann! Wenn Vater das wüsste, würde er wohl alle aus Atlantis verbannen und mit der Stadt eine neue Heimat für uns suchen. Dann wären die Menschen auf der Erde auf sich gestellt. Niemand würde uns jemals wieder finden.“
„Alexa, du steigerst dich schon wieder in etwas hinein. Jetzt beruhige dich wieder. Was ist denn nur los mit dir?“
Wieder spürte Alexa diese merkwürdigen Gefühle in ihrem inneren. Gefühle, die sie nicht einmal beschreiben konnte. „Ich weiß auch nicht, Ma. Es ist… ich weiß nicht, es ist, als ob…“
„Hey“, ertönte die Stimme von John, der plötzlich im Türrahmen stand.
Doch Alexa konnte in seiner Miene regelrecht lesen, dass etwas nicht stimmte.
„Was ist los?“
„Caldwell hat sich gerade gemeldet…das IOA ist in Atlantis.“
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„Was soll das heißen, sie wollen Personal auf …auf, wie heißt das? Celtes? Sie sollten lieber dafür sorgen, dass sie diese Antikerin zurück bringen!“, brachte Coolidge aufgebracht hervor und drängelte sich regelrecht an Woolsey vorbei, nur um den ganzen Bildschirm im Blickfeld zu haben.
John hatte Alexa wie gewünscht einen Moment alleine gelassen und wollte in der Zwischenzeit endlich das ersehnte Personal anfordern, um die Station zu sichern und die vielen Geräte, Forschungen und Projekte und was sonst noch alles in Atlantis gebraucht werden würde, rüber schaffen zu lassen.
Kaum dass McKay Atlantis angewählt hatte und eine Funkverbindung hergestellt wurde, lief auch schon die Bildübertragung. Anfangs konnte John auch noch einen kleinen Small-Talk mit Woolsey betreiben, bis sich nun dieser Coolidge eingemischt hatte.
Die Augen verdrehend blickte John in Ronons Richtung, der seine Miene schon beinahe genauso genervt verzog.
„Mister Coolidge, wenn es ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne mit Colonel Sheppard sprechen“, erwiderte Richard bestimmend und eroberte sich seinen Platz vor dem Bildschirm erfolgreich zurück.
„Techniker und Wachposten… sollen sie haben, Colonel“, entgegnete Richard selbstsicher und gab Chuck ein Zeichen, einige Techniker, Wissenschaftler und eine Gruppe Soldaten zusammen zu trommeln und sie dann nach Celtes zu schicken. Das ganze dauerte noch nicht mal zwanzig Minuten, bis die ersten Leute durch das Tor kamen und von Rodney und John eingewiesen wurden.
Seit einiger Zeit saß Alexa schweigend auf ihrem Bett und überlegte. Ihre Mutter ging zurück zu der kleinen Krankenstation und überprüfte, was Carson und Teyla bisher zusammengepackt hatten.
-Was mache ich jetzt? Was soll ich nur machen? Was würde Vater machen?- So sehr sie sich auch bemühte, ihr fiel nicht wirklich was ein, bis sie plötzlich glaubte, ausgerechnet Onkel Marsillius´s Stimme zu hören.
-„Wenn du nach vorne stürmen willst, solltest du auch nach vorne sehen…“-
In Alexas Kopf formten sich allmählich wirre Worte und Geistesblitze, zu vollständigen Gedanken.
-Wenn du nach vorne stürmen willst… wenn ich Vater und Dorian finden will, muss ich in Atlantis bleiben und darf nicht zur Erde gehen… solltest du auch nach vorne sehen… das IOA will was von mir und Mutter…wenn sie haben, was sie wollen…dann…- Alexa sprang auf und machte sich auf die Suche nach ihrer Mutter.
„Was ist denn los? Ist etwas passiert?“, fragte Teyla, als sie den Commander in die Krankenstation kommen sah.
„Sie wissen es noch nicht? Das IOA ist in der Stadt“, entgegnete sie und wandte sich dann an ihre Mutter „Mutter, kann ich dich kurz sprechen?“
„Ja sicher.“
Beide Frauen zogen sich in einen kleinen Raum zurück und ließen Teyla und Carson in der Zwischenzeit weiter packen, während Alexa ihrer Mutter von ihrer Idee erzählte.
Elisha atmete tief durch, als ihre Tochter fertig war und setzte sich auf eine der Liegen.
„Glaubst du… das es die richtige Entscheidung ist, Ma?“, fragte Alexa mit unsicherer Stimme.
„Ach Liebes, das kann ich dir beim besten Willen nicht sagen. Ich habe keine Erfahrung mit solchen Dingen. Solche Sachen… solche Entscheidungen zu treffen, steht mir nicht zu. Dir schon. Du bist Soldat und solange dein Vater nicht da ist… wirst du ihn vertreten und an seiner Stelle handeln müssen.“
„Wobei wir wieder beim Anfang und somit beim ursprünglichen Problem wären… er wird nicht damit einverstanden sein.“
Elisha hatte zwar kaum eine Ahnung über die militärische Ordnung, das Reglement, die Vorschriften und über die Gesetzeslage schon gar nicht, aber diesmal beschlich selbst sie ein ungutes Gefühl. Eine Ahnung, dass ihre Tochter womöglich recht haben könnte. Denn immerhin ging es hier um den Nachlass, das Vermächtnis ihres Volkes, das Alexa nun aufs Spiel setzen wollte.
Dennoch erkannte sie, dass ihre Tochter und schließlich auch sie, wohl keine andere Wahl haben würden, wenn sie in Atlantis bleiben und Tristanius und Dorian finden wollten.
„Wie ich dir bereits sagte , dein Vater hat dich immer unterstützt und würde er wissen, in welcher Klemme wir stecken, wie deine neuen Freunde das so nennen, würde er vermutlich selbst so entscheiden.“
„Ich weiß nicht, Ma. Tut mir leid, aber das bezweifle ich stark“, erwiderte Alexa und atmete tief durch.
Für einen Moment versuchte sie all ihre Zweifel und ihre Unsicherheit zu verdrängen.
Es half alles nichts. Wollte sie die Suche nach ihrem Vater und ihrem Bruder fortsetzen, musste sie in Atlantis bleiben. Wollte sie in Atlantis bleiben, musste sie dem IOA entgegenkommen. Gewissermaßen.
„Na schön, dann werde ich es so machen. Und wenn ich Vater gefunden habe, kann ich mich immer noch mit ihm beschäftigen.“
Elisha nickte ihr zustimmend zu, bevor sie dann nochmals ihre Tochter auf die Stirn küsste.
„Auch im Fall das ich mich vielleicht wiederhole, aber was machen wir jetzt?“, fragte Rodney, der immer noch beschäftigt war, seine Leute im Auge zu behalten und in der Gegend umher zu scheuchen.
„Ich hätte da eine Idee, Doktor“, antwortete Alexa, die an einem der Eingänge zum Gateraum stand.
„Die da wäre?“, forschte John nach.
„Die da wäre… dass das IOA bekommt, was es will…“, teilte Alexa mit.
„Alexa… verstehen sie das jetzt nicht falsch, aber wir brauchen sie in Atlantis, abgesehen von ihrer Familie“, wandte Sheppard ein.
„Ich weiß. Meine Idee sieht auch etwas anders aus, als sie es sich vielleicht vorstellen. Nicht nur das IOA hat Vorstellungen, Wünsche und Forderungen.“
John sah sie lange genug an, bis er glaubte zu wissen, was genau hinter ihrer Idee steckte. Wieso war er nicht auf diese Idee gekommen? Oder Rodney?
Über alles Mögliche hatte er nachgedacht, aber darauf kam er einfach nicht.
„Ich hätte ein bisschen Arbeit für sie, Doktor. Wenn sie einverstanden sind, Colonel“, sagte sie und sah dann zu John, der sich kaum ein erfreutes Lächeln verkneifen konnte.
„Tun Sie sich keinen Zwang an, er gehört ganz ihnen“, erklärte Sheppard.
Alexa schnappte sich McKay am Arm und schleifte ihn zum Stuhlraum…
Celtes, etwa eine Stunde später
„Okay, Ladys und Gentlemen, die Lauscher auf! Es folgt der aktuelle Statusbericht…der…Celtes…Mission…und so weiter“, trällerte Rodney zunächst lautstark, dann allerdings verlegener.
„Die Lauscher sind auf Rodney, also legen sie los, aber halten sie sich kurz“, bat John und schielte schon wieder in Richtung Kommandosessel der Tristanius.
„Na schön. Wir sind so weit. Kurz genug?“
Alexa kam mit ihrer Mutter gerade um die Ecke auf die Brücke.
Beide haben nicht lange gebraucht, um das von Marsillius erwähnte Versteck mit ihren Daten und Aufzeichnungen aus der Atlantis- Datenbank, zu finden.
Ein einziger blauer Datenkristall enthielt alle Aufzeichnungen, Daten, Personalakten und auch Familiäre Informationen über Tristanius, Elisha Dorian und Alexa, die diesen nun sorgfältig in der Tasche aufbewahrte.
„Soll das heißen, dass sie alles, worum ich sie gebeten habe, hinbekommen haben?“, fragte sie etwas ungläubig.
„Tsss, was glauben sie denn, wen sie vor sich haben?“, beschwerte er sich wie gewohnt in einem leicht arroganten Ton.
„Jemand, der es geschafft hat ein Sonnensystem zu sprengen, aber glaubt, dass eine Waschmaschine fliegen kann“, erwiderte sie neckend.
„Hm, wie witzig. Und es waren nur fünfsechstel!“
„Ich habe gerade den Leuten, die hier bleiben werden, Bilder von meinem Bruder und meinem Vater gegeben, für den Fall dass… obwohl ich es bezweifele“, erklärte Alexa, verfiel dann aber doch wieder in Gedanken.
„Du kennst doch deinen Vater, Alexa. Er ist ein sturer Kopf. Da er Atlantis nicht erreichen kann, wird er immer wieder versuchen, Celtes anzuwählen und hier her zu kommen.“
„Und genau da setzen wir an. Ich werde unsere Außenteams und unseren Geheimdienst informieren und ihnen auch die so genannten Steckbriefe ihrer Familie mitgeben. Sie werden die Augen offen halten. Abgesehen davon sollten wir auch an möglichst vielen Orten eine kleine Botschaft für ihren Vater und ihren Bruder hinterlassen. Wenn sie auf einen dieser Planeten kommen, werden nur sie diese Botschaft verstehen und wissen was zu tun ist. Aber wir sollten darüber in Ruhe in Atlantis sprechen. Zuerst müssen wir noch eine hungrige Meute loswerden.“
„Ja okay, sind wir so weit? Wenn ja, sollten sich alle setzen. Es geht los“, erklärte Alexa und beobachtete wie sich John auch schon gleich in den Kommandostuhl setzte. Worauf hin wieder ein lautstarker Alarmton die Brücke durchzog.
„Rodney! Ich dachte, sie hätten diesen Alarmton deaktiviert“, beschwerte sich John, während Alexa ihn aus dem Stuhl verwies.
„Habe ich auch. Nur Sie sind immer noch nicht für …dieses Schiff…autorisiert. Abgesehen davon, hatte ich immer noch genug andere Dinge zu tun. Die ZPM´s, der Kontrollstuhl, das Schiff und die notwendigen Systeme um es überhaupt vom Boden zu bekommen…“
„Ja, ja, schon klar. Ich werde mich einfach mal da vorne hinsetzen.“
John setzte sich, leicht eingeschnappt, an eines der vorderen Pulte, die für Navigation und Steuerung gedacht waren, aber Alexa konnte ihn vertrösten.
„Wenn wir in Atlantis sind und so weit alles geklärt haben, sorge ich dafür, dass sie ebenfalls autorisiert werden. Nur für den Notfall, vertröstete Alexa ihn.“
„Danke“, ertönte Johns freudige Stimme.
„Na dann“, flüsterte Alexa fast und setzte sich in den Kommandostuhl.
Kaum saß sie, sprangen sämtliche Systeme an. Ein leises, kaum hörbares Summen war auf dem gesamten Schiff zu hören.
Etwas unsicher sah sie zuerst zu John, dann zu ihrer Mutter bevor sie den Kontrollraum der Forschungsstation informierte.
„Kontrollraum, hier ist die…Tristanius. Wir werden jetzt starten.“
„Verstanden Tristanius. Alles Gute für ihren ersten Jungfernflug“, erklang die Stimme eines Technikers, dessen neuer Arbeitsplatz nun im Kontrollraum der Forschungsstation war.
„Danke, Kontrollraum, wir melden uns, wenn wir in Atlantis angekommen sind. Tristanius Ende.“
Einmal noch atmete Alexa tief durch und initialisierte dann die Startsequenz.
Und wieder konnte man Dorians Stimme aus den Lautsprechern ausmachen.
„Alle Systeme bereit, Hangartore geöffnet, Dockhalterungen gelöst. Startsequenz initiiert. Manövrierdüsen bei einhundert Prozent, Viel Spaß Al´ und schieß nicht alles ab, was dir in den Weg kommt.“
„Al´?“, fragte Sheppard ungläubig aber gleichzeitig amüsiert.
„Und wie er büßen wird“, stöhnte Alexa gereizt und dachte sich schon ein paar Bestrafungsmaßnahmen für ihren Bruder aus.
Deadalus, im Orbit um Celtes
„Colonel, Sie sollten etwas Platz im Orbit machen. Wir sind gleich bei ihnen und es könnte vielleicht etwas eng werden“, lautete Sheppard’s Funkspruch.
„Jetzt machen sie aus einer Mücke keinen Elefanten. So groß wird’s schon nicht sein, Sheppard“, erwiderte Steven ungeduldig.
Doch es dauerte nur Sekunden, in denen Steven und seine Brückencrew beobachten konnten, wie ein winzig kleiner Punkt, der den Planeten verlies, immer größer wurde.
Als die Tristanius endgültig den Orbit errichte, fielen ihm und seinen Mitarbeitern förmlich die Augen aus dem Kopf.
„Was zum Teufel…?“, hauchte Caldwell beinahe ehrfürchtig.
„Heilige Scheiße…“, pflichtete ihm Marks bei.
„Nein, eigentlich heißt es Tristanius“, erklang McKay’s Stimme aus dem Hintergrund.
„Die Antiker hatten wirklich merkwürdige Namen für Schiffe“, stellte Steven fest, nachdem er sich wieder setzen musste.
Der Bildschirm wechselte nun von der Planetenansicht zur Brücke der Tristanius.
„Ich habe es nach meinem Vater benannt!“, verteidigte Alexa sich etwas entrüstet
„Nichts für ungut, Commander…Es ist ziemlich groß, sind sie sicher dass sie es fliegen können?“
„Colonel Caldwell, ich habe früher schon mal ein Schlachtschiff befehligt. Zwar nur kurz, aber…na ja. Abgesehen von der Größe gibt es keinen Unterschied. Ich kann so gut wie alles über diesen Stuhl hier kontrollieren.“
„Was ist mit dem anderen damals passiert?“, wollte er wissen.
„Es ähh…wurde zerstört.“
„Zerstört? Du hast es hochgejagt!“, mischte Elisha sich nun ein.
„Ich habe es nicht…Wie du bestimmt noch weißt, stand ich unter heftigen Beschuss. Die Waffensysteme wurde beschädigt und als sie am dringendsten gebraucht wurden, haben sie versagt. Mir blieb keine andere Wahl, als die Selbstzerstörung einzuleiten.“
„Es war das Schiff deines Vaters!“, erwiderte Elisha aufgebracht, während das restliche Team neugierig zusah.
„Können wir das auf ein andermal verschieben? Jetzt würde ich gerne wieder nach Atlantis zurück. Je eher ich das mit dem IOA hinter mich bringe, desto schneller sind wir sie wieder los.“
Atlantis
„Sir, tut mir leid wenn ich störe. Die Deadalus und … die Tristanius sind hier und bitten um Landeerlaubnis“, unterbrach Amelia, die angeregte Unterhaltung in Woolsey Büro.
Mittlerweile hatte man von der Unterhaltung über den eigentlichen Grund des Besuchs zu unwichtigen Gesprächen und Anekdoten aus längst vergangenen Studienzeiten gewechselt.
„Tristanius?“, fragte Woolsey überrascht nach.
„Ja Sir. Colonel Sheppard bittet sie auf den Balkon zu kommen. Sie sollten sich dort etwas ansehen.“
„Was hat er jetzt wieder angestellt?“, fragte er, während er neugierig auf den Balkon trat.
Während die Deadalus noch einige hundert Meter über Atlantis schwebte, sank das riesige lantianische Schiff weiter zur Meeresoberfläche um dort zu wassern.
Das Schiff war etwas zu groß, um es auf einem der Piers zu landen. Daher hatte man schon damals die Trägheitsdämpfer so konzipiert, dass das Schiff auch auf dem Meer neben Atlantis landen konnte.
„Grundgütiger! Was zum Teufel ist das?“, staunte Richard.
„Ich würde sagen, unsere neueste Errungenschaft“, antwortete Chuck erfreut.
~~~///~~~
„AR eins, schön Sie wieder zu sehen, Willkommen zurück. Wie ich sehe, kommen sie mit mehr als Hinweisen zurück“, begrüßte Woolsey sein Vorzeigeteam.
„Und wie wir das tun“, erwiderte McKay freudestrahlend.
In der Zwischenzeit hatte Sheppard auf dem Weg zum Kontrollraum Major Lorne darum gebeten, mit mehreren Teams die Tristanius zu sichern. Coolidge war nämlich seiner Meinung nach alles zuzutrauen.
Und Alexa atmete auf dem Weg zum Kontrollraum einige Mal tief durch um ihre Gedanken zu sammeln und innere Kraft zu schöpfen. Aus irgendeinem Grund hatte sie das ungute Gefühl, dass das Gespräch mit diesen IOA Leuten nicht besonders gut laufen würde.
Und dieses Gefühl wurde stärker, als sie Coolidge und seine Leute bereits im Gateraum erblickte.
„Jaja, darüber werden wir später sprechen. Sie müssen die Antikerin sein. Zunächst will ich mich einmal vorstellen. Ich bin James Coolidge vom IOA. Das ist das Internationale Aufsichtskomitee auf der Erde, das für das Stargateprogramm…“
„Ich weiß wer sie sind, Mister Coolidge. Ich glaube wir haben einiges zu bereden.“, unterbrach Alexa ihn.
„Eigentlich gibt es nicht viel zu besprechen. Ich bitte sie daher, gleich in ihr Quartier zugehen, und ihre persönlichen Sachen zu packen. Mister Mendel hier wird sie begleiten und ihnen helfen. In einer halben Stunde treffen wir uns dann am Gate. Sie werden mit zur Erde kommen. Wer ist das?“, fragte er anschließend und zeigte auf Elisha.
„Meine Mutter“, antwortete Alexa und war sichtlich amüsiert über die forsche und überhebliche Art. Von seiner Arroganz und seiner offensichtlichen Selbstüberschätzung ganz zu schweigen.
„Oh, zwei sind natürlich noch besser. Sie wird auch mitkommen.“
„Miss…“ bat Mendel der Leiter von Coolidges Einsatzteams und deutete Alexa voraus zu gehen.
„Der verschwendet keine Zeit, was?“ wandte sich Alexa amüsiert zu Woolsey, der allerdings nur gezwungen lächelte.
„Zeit ist kostbar, Schätzchen. Sie werden auf der Erde bereits erwartet“, gab Coolidge selbstsicher und überheblich zurück.
„Schätzchen?…“ fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen und blickte zu Teyla, die ihr ebenfalls ein Schmunzeln unterdrücken musste, aber dafür leicht anerkennend nickte.
„…Mister Coolidge, erstens bin ich nicht ihr Schätzchen. Ich bin Commander Alexa Thalis und ich würde vorschlagen, dass sie eine dieser drei Komponenten benutzen, wenn sie weiterhin mit mir sprechen wollen. Wenn mich nämlich jemand Schätzchen nennt, dem es eigentlich gar nicht zusteht, könnte ich schon mal… sagen wir, allergisch reagieren und was den Rest angeht… tja, so wie ich das sehe, wird man auf der Erde noch eine ganze Weile weiter warten müssen. Ich werde nirgendwo hin gehen. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für meine Mutter.“
„Sie missverstehen mich. Es wurde für sie bereits alles vorbereitet. Wir erwarten großes von ihnen, selbstverständlich haben wir dafür gesorgt, dass es ihnen an nichts fehlt. Sie haben ihr eigenes kleines Appartement und so weiter. Selbstverständlich stehen ihnen die besten Wissenschaftler und Ingenieure zur Verfügung. Und auch die modernste Technologie wird…“
„Ich wiederhole mich nicht gerne. Aber da sie sich selbst wohl so schön in diese… Fantasie hineinmanövriert haben, werde ich eine Ausnahme machen. Ich sage es noch mal: Nein.“, erwiderte sie entschieden, als sie ihn unterbrach.
„Nein? Hören sie…Miss… schon seit Jahren sind wir auf der Suche nach ihrem Volk. Nach einer Möglichkeit, mit ihnen in Verbindung zu kommen, mit Ihnen zu sprechen von ihnen zu lernen und auch von ihrer technolo-…“
„… von unserer Technologie zu profitieren, natürlich“, unterbrach sie ihn erneut.
„Äh, nun ja. Ich stelle mir das eher so vor, dass wir gemeinsam die Verteidigungsplattform aus Antarktika wieder aufbauen. Ebenso bin ich mir im Klaren, dass ihr Wissen und ihre Fähigkeiten, uns… also uns allen auch bei weiteren Projekten sehr nützlich sein kann.“
„Mister Coolidge, ich werde auf keinen Fall mit ihnen mitkommen. Ich habe noch einiges zu erledigen. Dass wichtigste für mich ist im Moment, meinen Vater und meinen Bruder zu finden, die als vermisst gelten. Daher werde ich Atlantis nur verlassen, um sie zu suchen. Ich hoffe sie begreifen es langsam. Meine Geduld hat nämlich Grenzen, die bald erreicht sein werden.“
Doch Coolidge wollte nicht aufgeben und kam nun erst so richtig in Fahrt.
„Mister Woolsey hat mich bereits informiert, dass die beiden vermisst werden und ehrlich gesagt bezweifle ich, dass sie noch leben, geschweige denn überhaupt gefunden werden können. Wenn ihnen aber dennoch so viel daran liegt, bin ich sicher, dass Colonel Sheppard für sie gerne weiter suchen wird. Selbstverständlich werde ich dafür sorgen, dass man sie regelmäßig über die Suchergebnisse informieren wird…“
Elisha war die erste, die die Nerven verlor. Wie konnte dieser Mann es wagen, so herablassend und anmaßend mit ihnen zu sprechen? „Was fällt ihnen eigentlich ein?! Wie können sie es wagen, so mit uns zu sprechen? Was glauben sie denn, wer oder was wir sind? Wir sind keine Gegenstände! Und wir lassen uns auch nicht einfach so in der Gegend herum schieben. Wagen sie es nicht…“
„Mutter!…“, unterbrach Alexa sie und befürchtete, dass sie einen erneuten Zusammenbruch oder eine Eskalation provozieren würde. „…bitte lass mich das regeln.“
„Ich schlage vor, wir beruhigen uns alle wieder. Ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden werden, mit der beide Seiten zufrieden sein können“, schlug Richard vor.
Auch er konnte sehen, dass die ganze Situation ziemlich heikel wurde und sich immer mehr in eine hitzige Debatte verwandelte.
Coolidge hatte sich wohl denken können, dass Alexa sich nicht freiwillig auf die Erde bringen ließ, daher hatte er wohl auch diesen bewaffneten Trupp mitgebracht. Wenn sich jetzt die Gemüter nicht schnellstens wieder beruhigten, würde das ganze wohl noch in einer handfesten Prügelei, oder noch schlimmer, in einer Schießerei enden.
„Ich wüsste nicht, was das für eine Lösung sein sollte. Nein, wir haben da schon unsere Vorstellungen und Pläne. Also in einer halben Stunde am Gate. Das ist nicht verhandelbar.“
„Ich denke nicht im Traum daran. Ich… ich…“, versuchte Alexa zu antworten. Den Satz konnte sie jedoch nicht beenden.
Ein heftiger Stich in ihrem Kopf, gefolgt von weiteren krampfartigen Schmerzen ließ sie schreiend in die Knie gehen. Es war mal wieder John, der sie noch gerade rechtzeitig davor bewahren konnte, hart mit dem Kopf auf den Boden zu schlagen.
„Alexa!“
Panisch beugte sich Elisha zu ihrer Tochter, die vor Schmerzen wimmerte und sich krümmte. Ihre Hände krallten sich regelrecht an ihren Kopf.
John und auch Carson hatten Mühe ihre Hände zurück zuziehen, damit ihre Mutter und er sie genauer untersuchen konnten.
Doch ihr Widerstand verebbte mit einem Mal, als sie das Bewusstsein verlor.
„Chad, informieren sie die Krankenstation! Sie sollen eine Trage herbringen!“, rief Woolsey nach oben zum Kontrollraum.
Dass er mal wieder den armen Chuck falsch benannt hatte, fiel ihm gar nicht auf. Chuck dafür umso mehr, doch er hatte jetzt wirklich nicht die Zeit und die Lust, seinen Vorgesetzten erneut darauf hinzuweisen. Stattdessen rief er wie befohlen die Krankenstation und überlegte sich dabei, ob es vielleicht besser wäre, sich ein Schild mit seinem Namen in übergroßer Schrift ans Shirt zu kleben. Oder doch besser auf die Stirn?
„Ich nehme an, das ist eine dieser Attacken von denen sie mir berichtet haben, Woolsey?“
„Ja allerdings“, antwortete dieser und konnte schon das Geräusch der heranfahrenden Liege hören.
„Alexa, komm schon, wach wieder auf“, bat ihre Mutter und überprüfte dabei den Puls und die Atmung ihrer Tochter. Aber auch das Schlagen auf die Wange half nichts.
„Das bringt nichts. Sie wird die nächsten Stunden außer Gefecht sein. Die Schmerzen sind jedes Mal so stark, dass sie das Bewusstsein verliert und erst einige Stunden später wieder wach wird“, erklärte Carson und half dabei, die junge Frau auf die Liege zu hieven.
Doch Coolidge wollte nicht so schnell aufgeben. Voller Tatendrang stapfte er den Antikern und Sheppards Team in die Krankenstation hinterher.
Elisha übernahm selbst die Untersuchung und ließ gerade den Körper ihrer Tochter durch den Scanner abtasten, während Carson und Jennifer dabei waren, Alexas Kopf mit Elektroden zu verbinden und den Aufstiegsmesser in Position zu bringen.
Aber auch Elisha konnte nichts Ungewöhnliches feststellen. Resigniert schüttelte sie den Kopf und kümmerte sich um die genauere Untersuchung des Gehirns.
„Jetzt liegt sie bei vierzehn Prozent. Die synaptische Gehinaktivität ist um ein Prozent gestiegen“, erklärte Jennifer, als die Ergebnisse auf dem großem Bildschirm zu sehen war.
„Ja. Ist es immer dieselbe Reaktion? Ich meine, wird sie auch bei nur einem Prozent ohnmächtig?“, fragte Elisha nachdenklich und lies den Scanner erneut über den Kopf fahren.
„Ja, immer das gleiche. Egal ob bei einem oder mehreren Prozenten. Es haut sie immer derart um. Hinterher erwacht sie mit mörderischen Kopfschmerzen und ist kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. Wir geben ihr dann immer dieses Serum. Damit kommt sie eigentlich recht schnell wieder auf die Beine… das, und eine Runde Schlaf“, erklärte Carson und reichte Elisha das kleine Fläschchen, in dem eine leicht bläulich schimmernde Flüssigkeit zu erkennen war.
„Das ist das Serum, dass sie ihr auch vorbeugend injizieren?“
„Ja, eigentlich hätte sie ja morgen wieder einen Vorsorgetermin gehabt, dann hätte sie auch gleich eine weitere Dosis bekommen.“
„Nun ich denke… so dramatisch und besorgniserregend es im Moment auch sein mag… eine günstigere Gelegenheit werden wir wohl nicht bekommen. Ich bin sicher, dass man sich auf der Erde ebenfalls gut um sie kümmern kann. Doktor, machen sie sie bitte Transportbereit“, forderte Coolidge der bisher eher ruhig in einer Ecke stand und alles genau beobachtete.
Er war so ruhig gewesen, dass beinahe sämtliche Anwesende seine Anwesenheit fast vergessen hatten.
„Soll das ein Scherz sein? Wenn, dann kann ich nicht besonders gut darüber lachen“, entgegnete Carson aufgebracht.
„Ganz und gar nicht, Doktor. Das ist mein voller Ernst. So wie ihr Zustand im Moment ist, wird es wohl kaum größere Probleme geben, sie auf die Erde zu bringen. Und so wie ich die Mutter einschätze, wird sie ihrer Tochter nur allzu gerne folgen, nicht wahr?“
Coolidge wandte sich direkt an Elisha.
„Mister Coolidge! Das reicht jetzt. Sie gehen zu weit!“, rief Richard zornig.
„Sie gehen wohl auch noch über Leichen, wenn es nur ihrem Ziel dienlich ist. Was sind sie nur für ein Mensch?! Sie werden meine Tochter und mich nirgendwohin bringen“, schrie Elisha wütend und wollte ihrer Aussage mehr Ausdruck verleihen, als sie nach Alexas Waffe griff und sie auf Coolidge richtete.
Doch Mendel und einige seiner Männer aus seiner Truppe entsicherten ebenfalls ihre Waffen und brachten sich in Position.
„Woah woah, langsam!…“, reif John und stellte sich selbst mit erhobener Waffe dazwischen.
„…das ist keine gute Idee. Elisha, legen sie bitte die Waffe weg. Das bringt doch nichts. Er wird weder Alexa noch sie irgendwo hin bringen. Das habe ich auch noch ein Wörtchen mitzureden.“
„Das möchte ich doch stark bezweifeln Sheppard. Ein Wort von uns und sie werden Atlantis ebenfalls verlassen. Das ist ihnen doch wohl klar?“, spottete Mendel.
„Das haben nicht sie zu entscheiden, Mendel. Wie kommt es überhaupt, dass man ihnen wieder so weit vertraut und eine Waffe in die Hand drückt? Ich dachte sie wären in Leavenworth?“
„Dasselbe könnte ich sie fragen, Sheppard. Sie haben doch den größten Bock in Afghanistan abgeschossen. Sie waren doch der heißeste Anwärter für Leavenworth.“
„Hatte `nen guten Anwalt“, erwiderte John und verzog die Mundwinkel.
Er dachte sich schon die ganze Zeit, dass ihm dieser Mendel bekannt vorkam. Aber selbst als Coolidge seinen Namen erwähnte, war da nicht mehr als ein dunkler Schatten, in seiner Erinnerung. Doch die Erwähnung Afghanistans rief dann endlich die Bilder an eine gescheiterte Mission auf, die eigentlich mit einer Zusammenarbeit von Geheimdienstleuten, durchgeführt werden sollte. Die Mission ging schief. Mendel hatte Mist gebaut und zwei amerikanische Soldaten bezahlten mit ihrem Leben und drei weitere wurden verletzt. Darunter auch John.
„Ma´am, Sie machen es sich nur unnötig schwer. Bitte… wir wollen ihnen nicht schaden. Alles was wir wollen ist doch nur ihre Mitarbeit. Ich verspreche ihnen, dass es ihnen und ihrer Tochter an nichts fehlen wird und sie werden…“
„Nein. Sie werden jetzt gehen, Mister Coolidge. Wenn meine Tochter wieder wach ist und es ihr besser geht, wird sie mit ihnen reden wollen. Aber jetzt gehen sie endlich. Verlassen sie meine Krankenstation!“, schrie Elisha.
John wusste nicht was ihm mehr Sorgen bereitete, eine lantianische Mutter mit einer Waffe in der Hand, oder dass diese Mutter einen erneuten Zusammenbruch erleiden könnte und sich dadurch ein Schuss löste.
Noch immer stand Elisha mit der Waffe in der Hand vor der Liege ihrer Tochter.
„Machen sie jetzt keinen Fehler, Elisha. Geben sie mir die Waffe. Coolidge und seine Gorillas werden gehen“, versicherte John, doch die Situation wurde immer kritischer.
Zumal auch Ronon neben ihr stand, ebenfalls seine Waffe in der Hand hielt und auf Mendel zielte . Immer wieder blickte er zwischen der Mutter und Coolidge hin und her.
„Elisha bitte…ich verspreche ihnen, dass sie niemand hier weg bringen wird.“
John betonte die letzten Worte extra eindringlich, in der Hoffnung, dass Coolidge und sein Gorilla Team endlich verstehen und sich zurück ziehen würden. Es musste doch möglich sein, auf ruhige und zivilisierte Art und Weise miteinander reden zu können
„Ja aber…“
„Ich versichere ihnen, wenn der General erfahren wird, was sie mit uns machen wollen, wird es ihnen sehr leid tun“, drohte Elisha.
Coolidge schwieg zunächst. Er musste sich stark beherrschen um nicht allen zu zeigen, wie aufgeregt er war. Wie er zitterte. Sein kalter Schweiß allerdings, lief ihm fast die Stirn hinunter.
Er musste sich selbst eingestehen, dass die Situation ihn doch sehr ängstigte.
Für heute würde er wohl nichts mehr erreichen, daher gab er nur widerwillig seinem Einsatztrupp die Anweisung, sich zurück zu ziehen.
„Na schön. Wir gehen zurück auf die Apollo. Aber unter Protest. Wir werden Morgenfrüh…sagen wir, um zehn Uhr im Konferenzraum sein. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, worüber noch gesprochen werden soll.“
Erst als Coolidge und sein gesamter Trupp von der Apollo wieder nach oben gebeamt worden war, entspannten sich John und Ronon so weit, dass sie ihre Waffen wieder sicherten und wegsteckten. Elisha allerdings, senkte zwar die Waffe, aber legte sie nicht wieder zurück. Offensichtlich traute sie dem Frieden nicht und John konnte es verstehen. Auch er konnte sich gut vorstellen, dass Coolidge einen weiteren Versuch starten würde. Kurz beriet er sich mit Woolsey und den Ärzten, bevor er dann einige Wachen an sämtlichen Ein- und Ausgängen der Krankenstation aufstellen ließ.
„Misses Thalis, sie können die Waffe wieder weg legen. Ich habe an allen Eingängen Wachen postiert. Coolidge und seine Truppe werden hier nicht mehr rein kommen können und Rodney wird sich um eine Abschirmung der Krankenstation kümmern damit man sie auch nicht einfach hochbeamen kann. Ihnen wird nichts geschehen.“
„Alexa ist im Moment das einzige, was ich an Familie habe. Glauben sie mir Colonel, ich werde es nicht zulassen, dass meine Tochter oder ich zu Versuchszwecken irgendwohin gebracht werden. Sie können…dieser James Coolidge kann froh sein, dass Alexa diesen Anfall hatte. Solange Tristanius nicht da ist, hat sie ihn hier zu vertreten und in seinem Namen zu handeln. Sie als Soldat und Offizier haben bei ihrem Militär wahrscheinlich ähnliche Rangfolgen, Richtlinien und Gesetze.“
„Ja, haben wir.“
„Es ist im Moment für Alexa ohnehin nicht einfach. Sie war schon immer sehr auf ihren Vater fixiert und hing auch sehr an ihrem Bruder. Die Tatsache dass wir einfach nicht wissen wo sie sind und was mit ihnen ist, belastet sie sehr. Ganz zu schweigen von vielen anderen Dingen. Und jetzt kommt dieser…dieser Mensch da an und regt sie noch zusätzlich auf. Alexa ist überzeugt davon, einen großen Fehler zu begehen. Sie glaubt, das der General mit ihrer Entscheidung nicht einverstanden sein wird und dennoch ist sie bereit, diesem IOA und der Erde, wie ich finde, sehr großzügig entgegenzukommen, aber man wollte ihr nicht mal richtig zuhören.“
John wies nebenbei zwei weitere Wachsoldaten an, gegenüber von Alexas Krankenbett Stellung zu beziehen und beobachtete, wie Elisha ein weiteres Mal, den medizinischen Scanner aktivierte. Doch wie zuvor, war kein ungewöhnliches Ergebnis zu finden.
„Misses Thalis, ich kann mir gut vorstellen, dass sie im Moment sehr enttäuscht und …wohl auch wütend sind. Aber nicht alle Menschen von der Erde sind so. Coolidge hat heute das Paradebeispiel für einen misslungenen Auftakt einer Verhandlung mit einer außerirdischen Rasse abgeliefert…“ John suchte nach den richtigen Worten, doch Elisha kam ihm zuvor.
„So kann man es wohl auch nennen, Colonel. Dennoch glaube ich, dass Alexa immer noch bereit ist, ihnen…ihrem Volk zu helfen. Nur hoffe ich, dass die Gespräche zwischen ihm und Alexa Morgenfrüh besser verlaufen und auch beendet sind, bevor mein Mann wieder da ist. Denn glauben sie mir Colonel Sheppard, die Gesundheit von Mister Coolidge wäre bei seinem Verhalten sonst ernsthaft in Gefahr. Ich habe ein einziges Mal miterlebt, wie Tristanius einem Mann, der ein ähnliches Verhalten mir gegenüber gezeigt hatte, gegenübertrat. Sie können versichert sein, dass es diesem Mann hinterher sehr schlecht ging… und Alexa ist in dieser Hinsicht genau wie ihr Vater.“
John verstand die Aussage von Elisha. Es war keine Drohung gewesen. Eher eine gut gemeinte Warnung.
Er kannte den Antiker General nicht, wusste nichts über ihn. Aber das Alexa wohl einige Eigenschaften von ihm geerbt und früher einmal von ihm abgeguckt haben musste, konnte er sich gut vorstellen.
Zu oft war er Zeuge ihres Temperaments, ihrer Hartnäckigkeit, ihres Kampfgeistes und ihrer Willenskraft.
Ihm fielen noch viele andere Eigenschaften ein, mit der er sie hätte treffend bezeichnen können. Aber die meisten davon stammten wohl kaum von ihrem Vater.
John betrachtete die beiden Frauen. Es war nun nicht mehr nur Alexa um die er sich Sorgen machte, auch Elisha war mittlerweile etwas blass geworden und schien unkonzentriert zu sein.
„Sie sollten sich etwas ausruhen. Die Wachen werden hier bleiben, sie brauchen die Waffe nicht mehr.“
Elisha sah zu der Waffe in ihren Händen hinunter, dann zu ihrer bewusstlosen Tochter und zu Carson und Jennifer, die immer noch neben der Liege ihrer Tochter standen und den neuesten Scan begutachteten.
Dennoch gab sie die Waffe nicht ab, oder legte sie zurück in den Waffengurt ihrer Tochter, sondern steckte sie in ihre Tasche. John ließ sie gewähren.
Er wusste dass Elisha immer noch Vertrauen schöpfen musste. Coolidges Auftritt vorhin war allerdings alles andere als Vertrauenerweckend. Daher entschied sich John, ihr die Waffe zu lassen und noch zusätzlich Wachen in der Krankenstation aufzustellen, in der Hoffnung noch etwas retten zu können.
„Wie geht es Alexa?“, fragt er nach einer kurzen Weile.
„Sie ist noch immer bewusstlos, wie sie sehen. Laut Doktor Keller hat ihre Gehirnaktivität wieder zugenommen… solange sie nicht bei Bewusstsein ist, empfindet sie auch keine Schmerzen. In dieser Zeit werde ich mir das Serum nochmal genauer ansehen, vielleicht kann ich es irgendwie verändern oder verbessern, sodass es noch effektiver und vor allem schneller wirkt.“
„Okay. Ich werde mich jetzt nochmal mit Woolsey unterhalten. Ich sehe später noch einmal nach ihnen beiden. Beckett und Keller sind ja noch da, falls etwas sein sollte“, sagte John und wollte die Krankenstation wieder verlassen. Doch er ging nur ein paar Schritte, bevor er sich wieder umdrehte.
„Ich werde nicht zulassen, dass man sie und Alexa her wegbringt…und ihrem Mann und ihren Sohn werden wir auch finden, das verspreche ich ihnen.“
Elisha sah ihn einige Zeit mit ausdruckloser Miene an, bevor sie ihm dann dankbar zunickte.
„Colonel…“, begrüßte Woolsey seinen Militärischen Kommandanten, der gerade ins Büro kam.
„…wie sieht es auf der Krankenstation aus?“
„Alexa ist nach wie vor bewusstlos. Ich lasse alle Ein und Ausgänge bewachen und habe auch zwei Wachen direkt in der Krankenstation positioniert“, antwortete John und setzte sich in einen Sessel.
„Glauben sie wirklich, dass Mister Coolidge so weit gehen würde und Alexa und ihre Mutter einfach so aus Atlantis wegbringt?“, fragte Teyla, die bereits in einem der Sessel Platz genommen hatte.
„Früher hätte ich das mit Sicherheit verneint, aber jetzt… er läuft im Moment auf dem Zahnfleisch, sozusagen. Er befürchtet seinen Posten im Komitee zu verlieren. Daher schreckt er wohl mittlerweile vor nichts zurück. Dennoch bezweifle ich, dass er es noch einmal versucht “, entgegnete Richard.
„Ich lasse aus einem anderen Grund die Krankenstation bewachen. Elisha hatte gerade angefangen etwas Vertrauen zu uns aufzubauen und Coolidge hat dies mit einem Schlag zunichte gemacht. Sie hat immer noch Alexas Waffe, aber zumindest konnte ich sie überreden, sie wegzustecken und ich habe ihr nochmals versprochen, Tristanius und Dorian zu finden“, erläuterte John.
„Hm. Was hat es überhaupt mit dem Schiff auf sich? Sagen sie jetzt nicht, dass sie es einfach so gefunden haben?“, wollte Richard wissen.
„Nein, nicht so ganz. Elisha hat ihre Tochter und uns tiefer in die Forschungseinrichtung geführt und… da… war… es dann. Elisha meinte, dass es ursprünglich als Geburtstagsgeschenk gedacht war. Ihr Vater wollte es ihr übergeben. Er dachte, dass es wohl weniger gefährlich wäre, als ständig auf Missionen durch das Stargate zu gehen.“
„Ein solches Schlachtschiff als Geburtstagsgeschenk? Antiker-Eltern ließen sich die Geburtstage ihrer Kinder wohl einiges kosten…“, brachte Richard kopfschüttelnd und schmunzelnd hervor. „… und sie hat es nach ihrem Vater benannt, richtig?“
„Jap. Ehrlich gesagt… finde ich den Namen gar nicht so übel, für ein solches Schiff“, gab Sheppard zu.
„Wie ist die Verfassung des Schiffes, Doktor McKay?“
„Es ist praktisch krach neu. Es besitzt alle Technologien und Komponenten die wir auch von der Orion her kennen und noch einige mehr. Hyperantrieb, sowohl interstellar als auch intergalaktisch sind betriebsbereit. Das Drohnenlager ist voll bis oben hin. Es besitzt Schutzschilde und sogar einen Tarngenerator, sind beide jedoch noch nicht funktionsfähig. Aber wie sie gesehen haben, ist es flugtauglich. Ich habe bereits ein weiteres Team mit Technikern aufs Schiff geschickt. Die letzten Installationen, Programmierungen und Initialisierungen laufen schon.“
„Coolidge wird auch das Schiff haben wollen“, meinte Ronon, der die ganze Zeit mit verschränkten Armen im Türrahmen stand. Richard nickte stumm.
„Es ist Alexas Schiff“, antwortete John entschieden.
„Colonel, was haben sie noch auf Celtes herausgefunden oder entdeckt?“
John überlegte kurz, ob er Woolsey tatsächlich alle Informationen jetzt schon mitteilen sollte.
Immerhin hatte Alexa etwas geplant und wer wusste schon, was Woolsey nun vorhatte. Womöglich würde er irgendwas anstellen, was wiederum Alexas Idee und Plan scheitern lassen könnte. Dennoch entschied sich John dazu es ihm zu sagen.
„Wir haben neben verschiedenen Forschungsprojekten auch einen Drohnenkontrollstuhl und insgesamt vier ZPM´s gefunden. Den Stuhl hat Alexa auf die Tristanius schaffen lassen, ebenso drei der ZPM´s, wobei eines mit dem Schiff verbunden wurde. Ansonsten… waren nicht viele und vor allem nicht gerade hilfreiche Hinweise auf den Verbleib der Vermissten zu finden. Aber alle persönlichen Sachen der Familie wurden damals dort hingebracht. Alexa und Elisha wollen sie wieder zurück bringen.“
„Also überwiegend Dinge, die von äußerst großem Interesse für Coolidge sein könnten“, meinte Woolsey überrascht.
John lachte kurz auf. „Tja, Zufälle gibt´s. Ich denke…Alexa wird daran gedacht haben, als sie McKay darum gebeten hat, den Stuhl und die ZPM´s zu demontieren und auf´s Schiff zu bringen.“
Richard schwieg für einen Moment fuhr dann aber fort.
„Ich werde jetzt auf die Apollo hochbeamen. Es wird Zeit dass ich mich nochmals mit Coolidge über seinen Auftritt unterhalte.“
„Tun sie das. `Ne kleine Lektion in Knigge dürfte auch nicht schaden. Aber es wäre vielleicht besser, wenn sie noch nichts über den Stuhl und die ZPM´s sagen“, meinte John.
„Keine Sorge Colonel. Den Gefallen tue ich Coolidge nicht. Außerdem bin ich sicher… dass Alexa sich mit Freude morgen selbst darum kümmern möchte. Vielleicht auch mit einer Lektion des lantianischen Knigge“, erwiderte Richard amüsiert, stand auf und gab der Apollo über Funk Bescheid. Ein paar Sekunden später wurde er schon hochgebeamt.
Rodney allerdings war etwas verdutzt. „Woher kennen sie eigentlich Knigge?“
Doch John schwieg, stand auf, zuckte schelmisch lächelnd die Schultern und lies einen rätselnden Rodney zurück.
Krankenstation
Leise betrat John die Krankenstation und sah sich um. Als sein Blick auf die beiden Wachen fiel, die gegenüber von Alexas Bett saßen, sprangen diese sofort auf. Doch John winkte wieder ab. Er konnte verstehen, dass das stundenlange Stehen, nach einiger Zeit ganz schön in die Knochen ging. Wenn es nach ihm ging, konnten sie auch weiterhin sitzen bleiben, solange sie dabei nicht einschliefen.
„Wie sieht es aus, Doc?“, fragte er Beckett, der gerade etwas in seinen Computer eingab.
„Sie ist noch nicht wach geworden. Ich denke sie wird auch die ganze Nacht weggetreten sein. Ihre Mutter ist gerade dabei, das Serum, das wir für sie entwickelt haben, genauer zu untersuchen. Sie ist überzeugt davon, seine Effektivität und die Wirkleistung zu erhöhen und zu beschleunigen zu können.“
„Glauben sie, dass das möglich ist?“, wollte John wissen.
„Ich bin sogar überzeugt davon. Wir sind schon fast so weit. Colonel, das hätten sie sehen sollen. Eine solche Leidenschaft und Hingabe für Forschung und die Medizin im Allgemeinen, habe ich noch nicht gesehen.“
„Na ja, es geht schließlich um ihre Tochter.“
„Nein, da ist noch mehr. Von ihr können wir noch sehr viel lernen. Abgesehen von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen, hatte Elisha auch keinerlei Schwierigkeiten unsere Geräte, Computer und Instrumente zu bedienen und zu gebrauchen. Sie hat sich auch recht schnell mit unseren medizinischen Begriffen und Medikamenten und Substanzen auseinander setzen können. Vielleicht noch ein paar Stunden und wir haben ein Serum für Alexa, dass sie bei einer nächsten Attacke, innerhalb von wenigen Minuten wieder auf die Beine bringt.“
„Aber nichts, was diese Attacken endgültig… ausschaltet?“
„Leider nicht, Colonel. Was das angeht hat sie aber selbst auch keine Ursache gefunden. Auch sie geht davon aus, dass es wohl irgendein Zwischenfall, wie McKay´s erwähnter Ionensturm oder ein Magnetfeld gewesen sein musste, der die Programmierung der Kapsel etwas durcheinander gebracht hatte. Uns bleibt nichts anders übrig, als das zu akzeptieren und uns um die Folgeschäden zu kümmern.“
„Mmh…wenn das mit dem Serum klappt, minimiert das das Risiko von Schwierigkeiten während einer Offworld-Mission.“
„Auf jeden Fall.“
„Okay Carson. Aber mir wäre es lieber, wenn sich Elisha auch etwas ausruht, nicht dass sie nochmal zusammenbricht wie heute Morgen.“
„Ich weiß. Jennifer und ich haben schon versucht mit ihr zu reden. Sie will sich erst ausruhen, wenn das Serum so weit ist, damit sie es Alexa gleich geben kann. Abgesehen von ihren Fähigkeiten und ihrem sehr freundlichen Wesen, kann sie eine sehr sture und hartnäckige Person sein. Aber machen sie sich keine Sorgen. Es dauert nicht mehr lange und wir haben es fertig“, antwortete Carson.
„Hat sie immer noch die Waffe?“
„Ja. Sie hat sie sich immer griffbereit an den ihren Gürtel gesteckt. Ich habe auch versucht, sie davon zu überzeugen, sie wieder zurück zu Waffengurt ihrer Tochter zu legen, aber es war zwecklos, also habe ich es aufgegeben.“
„Sie soll sie behalten. Wir werden sie nicht mehr darum bitten und werden aber auch nicht versuchen, sie ihr abzunehmen. Ich habe deswegen auch die Wachen herbeordert. Sie soll sehen, dass sie hier sicher ist und uns vertrauen kann“, meinte John.
„Gute Idee, nach allem was Coolidge sich da ja vorhin geleistet hat…“
John sah besorgt zu Alexa, bevor er sich dann von Carson verabschiedete und die Krankenstation wieder verließ.
Doch bevor er Schluss für diesen Tag machen wollte, sah er nochmal bei Rodney vorbei. Er hatte sich gleich gedacht, dass er ihn auf der Tristanius finden würde.
Selbstverständlich machte er noch vorher einen kleinen Abstecher zur Kantine, um ihn mit frischen Kaffee und einem Sandwich versorgen zu können, wusste er doch, dass Rodney bei dem Gedanken, an einem solchen lantianischen Schlachtschiff einmal rumfummeln zu können, natürlich nicht mehr ans Essen dachte.
Nachdem er den Kaffee und das Sandwich abgegeben hatte, McKay mit ein paar Fragen löcherte und doch nur ein vereinzeltes „Mmh“, „Aha“ und „Ja ja“ als Antwort bekam, machte er sich wieder auf den Weg zurück zum Kontrollraum.
Mittlerweile war auch Woolsey wieder zurück und informierte ihn darüber, dass er Coolidge etwas auf die Füße getreten war und ihn davon überzeugen konnte, am nächsten Morgen um zehn Uhr im Konferenzraum zu erscheinen. Inständig hofften beide, dass er sich diesmal etwas zurückhielt.
Mit dieser Hoffnung schlief John Sheppard am Ende eines langen Tages auch ein, als er endlich in seinem Quartier angekommen war und sich mit letzter Kraft aus seiner Uniform schälte und ins Bett fallen konnte.
Am nächsten Morgen
Es war kurz vor sechs, als Elisha langsam erwachte.
Als sie letzte Nacht nach mehrstündiger Arbeit mit Carsons und Jennifers Hilfe das Serum so weit modifiziert hatte, wollte sie nicht zurück in ihr Quartier und legte sich stattdessen ins Bett neben ihrer Tochter.
Die Waffe steckte sie dabei unter ihr Kissen.
Nachdem sie aufstand, sah sie sich zunächst um.
„Ma´am“, grüßten die beiden Wachen, die Sheppard gestern Abend herbestellt hatte.
Sie musste sich selbst eingestehen, dass er wohl Recht hatte. Weder ihr, noch Alexa ist etwas geschehen. Auch die Waffe hatte man ihr nicht abgenommen, Noch nicht mal ein Versuch wurde unternommen. Einmal mehr atmete sie durch und steckte dann endlich die Waffe zurück in Alexas Waffengurt.
Noch einmal sah sie zu den Wachen, die daraufhin nur verständnisvoll nickten und lächelten.
Im gleichen Augenblick hörte sie auch schon ein leises Stöhnen von ihrer Tochter.
„Alexa?“
„Ma? Mein Kopf…tut so weh“, wisperte sie leise.
„Ich weiß, Liebes. Gleich geht es dir besser.“
Obwohl ihr Dienst eigentlich erst in zwei Stunden beginnen würde, kamen nun auch Carson und Jennifer auf die Krankenstation. „Oh sie sind ja schon wach. Wie geht es ihnen, Commander?“, fragte Carson.
„Mein Schädel explodiert gleich“, flüsterte sie leise und hielt sich wieder die Hände an den Kopf.
„Sie waren die ganze Nacht weggetreten und haben immer noch Schmerzen?“, fragte Jennifer etwas ungläubig.
„Ich habe… wir haben das Serum verbessert. Ich hoffe es wirkt jetzt besser und auch sofort“, meinte Elisha als sie einen der Injektoren nahm, die schon bereit lagen.
„Sie haben es ihr noch nicht verabreicht?“, wollte Carson wissen und versuchte ihr zu helfen, in dem er sanft Alexas Arme von ihrem Kopf zog.
„Sie ist gerade erst zu sich gekommen…“, erklärte Elisha knapp und setzte den Injektor an ihren Hals. „…deine Schmerzen müssten in ein paar Minuten weg sein… hörst du Alexa?“
Tatsächlich dauerte es auch nur ein paar Sekunden, bis man sehen konnte, wie Alexa sich immer mehr entspannte, sodass Carson sie wieder loslassen konnte.
„Und? Fühlen sie schon was?“, lautete Jennifers neugierige Frage.
„Die Schmerzen werden schwächer…“
„Ist da sonst noch was? Übelkeit oder Schwindel? Egal was, du musst es mir schon sagen“, bat Elisha leise.
„Nein, da ist sonst nichts. Nur die Schmerzen werden immer weniger“
„Dann scheint das Serum tatsächlich schneller zu wirken. Das ist großartig!“, meinte Jennifer erfreut.
„Ja, ich denke wir können uns dann gleich daran machen, mehr davon herzustellen“, sagte Carson, wartete einige Minuten, bis er dann mit Jennifer die beiden Frauen alleine ließ.
„Und sind die Schmerzen jetzt ganz weg?“, wollte Elisha wissen und strich ihrer Tochter vorsichtig über den Kopf.
„So gut wie“, antwortete Alexa und öffnete erstmals die Augen, seit sie wach wurde.
Ein paar Mal musste sie blinzeln, bevor sie sich an das Licht gewöhnte und ihr Blick sich wieder klärte.
Doch sie konnte nicht verhindern, dass sich langsam eine Träne aus ihrem Augenwickel stahl, als sie sich aufsetzte.
Elisha sah sich ihre Tochter eine Zeit lang besorgt an, bevor sie sich sicher war, dass diese Träne nicht durch überreizte Augen entstand.
„Was ist mit dir? Geht es dir nicht besser? Kommen die Schmerzen zurück?“
Alexa schüttelte nur mit dem Kopf. „Nein, die Schmerzen sind weg.“
„Was ist dann los? Was bedrückt dich?“
Es dauerte einige Zeit, bis sich Alexa durchringen konnte, endlich mit ihrer Mutter zu sprechen. „Ich…ich weiß es nicht. Ich weiß einfach nicht… was mit mir los ist. Ich mache mir solche Sorgen um Vater und Dorian und um dich. Was soll ich nur mit diesen IOA Leuten machen? Was, wenn sie das, was ich ihnen bieten will, nicht akzeptieren? Ich weiß, dass ich es nicht tun darf, auch wenn ich keine andere Wahl habe. Vater wird wirklich böse sein und…ich habe Angst, dass…ich kann mich nicht daran erinnern, dass er schon mal so böse und wütend war, wie er es wohl sein wird, wenn er das erfährt. Ich kann mich auch an viele Dinge nicht erinnern, ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Ständig habe ich diese Schmerzen, diese merkwürdigen Empfindungen und…was ist nur mit mir los, Ma?“
Tröstend strich Elisha ihrer Tochter einige Strähnen aus dem Gesicht. „Du hast eine schwere und harte Zeit hinter dir Alexa und im Moment stehst du unter großem Druck. Wenn erst einmal die IOA Leute weg sind, wird es auch nicht mehr ganz so schlimm sein. Dann kannst du dich auch erst einmal anständig ausruhen.“
„Ich habe keine Zeit zum ausruhen, Ma. Ich muss Vater und Dorian suchen.“
„Du wirst dir die Zeit nehmen, Alexa. Und wenn es nur ein Tag ist und fang erst gar nicht an mit mir zu streiten, du weißt dass das keinen Sinn macht. Nur einen Tag, einverstanden? Ich sehe doch, wie du da hängst. Du brauchst wirklich mehr als dringend Ruhe.“
Sie konnte ihre Tochter teilweise gut verstehen. Sie selbst machte sich Sorgen um ihren Mann und ihren Sohn, die sie selbst schmerzlich vermisste. Auch all die neuen Eindrücke und Erfahrungen und die vielen vergangenen Jahrtausende setzten ihr mehr zu, als sie wohl zugeben würde. Alleine das IOA, mit seinem, mehr als fragwürdigen und völlig respektlosem Verhalten, bekümmerte und ängstigte sie sehr.
Auch sie wünschte sich so sehr ihrem Mann an ihrer Seite. Auch wenn sie sicher war, dass Alexa alles tun würde, um sie zu schützen und ihr bestes gab, bei der Erfüllung ihrer Pflicht als Stellvertreterin ihres Vaters, wusste sie jedoch, dass im Moment ein ungeheurer Druck auf ihr lastete und es nur eine Frage der Zeit war, bis sie endgültig zusammenbrechen würde.
„Das ist es nicht allein, Ma. Da ist… noch irgendetwas anderes. Diese Empfindung… „
„Was ist damit? Was für Empfindungen?“
„Ich weiß nicht. Ich kann nicht wirklich etwas damit anfangen. Ich kann es noch nicht einmal richtig beschreiben“, stöhnte sie erschöpft.
„Versuche es doch einfach mal“, bat Elisha und setzte sich zu ihrer Tochter auf das Bett.
„Es ist sehr merkwürdig. Als wir auf dem Planeten waren, kurz nachdem wir dich… und die anderen Dorfbewohner gefunden haben, da… ich hatte plötzlich das Gefühl, dass mich jemand beobachtet.“
„Na ja, da waren auch eine Menge Menschen, denen du fremd warst und…“
„Nein, es waren nicht die Bewohner…“, unterbrach Alexa sie, „… es war…etwas anderes…jemand anderes. Ich hatte sogar für eine Sekunde das Gefühl, dass es noch nicht einmal… ein Mensch war.“
„Nun, diese Wraith waren schließlich auch da.“
„Es waren auch nicht die Wraith. Es war anders. Das Gefühl war ganz anders. Als ob…eine ganz andere Person oder Präsenz war da und sie war weder menschlich, noch gehörte sie zu den Wraith. Diese Präsenz, sie war so…sie fühlte sich so kalt an. Eiskalt, böse, abgrundtief böse und dennoch schien sie über hohe Macht zu verfügen… und da war noch etwas. Sie… diese Präsenz oder Person, sie wollte etwas. Ich weiß nicht was, aber sie wollte etwas…unbedingt. Koste es was es wolle. Sie war regelrecht… besessen.“
Kaum dass Elisha dies hörte, bekam sie eine Gänsehaut, ihr Herz schien wie wild zu pochen, ihre Kehle schnürte sich zu und sie glaubte, sich vor Angst nicht mehr rühren zu können.
Als sie das letzte Mal eine solche Beschreibung hörte, ging es um das psychologische Profil eines wahnsinnig gewordenen, ehemaligen Ausbilders von Alexa.
Kieran Chaim.
Er war nicht nur Ausbilder, sondern auch Wissenschaftler.
Sein Forschungsgebiet umfasste die Psychologie und lehrte diese auch eine Zeit lang auf der lantianischen Militärakademie. Irgendwann entwickelte er eine Obsession für Alexa. Lange nachdem sie die Akademie beendet hatte. Das ging sogar so weit, dass er sein Lehrstuhl und die wissenschaftliche Unterstützung verlor und all seine Zeit und seine Aufmerksam auf Alexa richtete. Er verlor vollkommen die Kontrolle.
Tristanius sendete sogar mehrere Geheimdienstleute aus, um ihn unschädlich zu machen. Aber letzten Endes war es Alexa selbst, die ihn nach monatelanger Jagd, endlich zur Strecke bringen konnte.
Zumindest glaubte man es bisher.
Immer wieder kamen damals Gerüchte auf, dass er noch am Leben sei, dass er es sogar geschafft hatte aufzusteigen.
Es bleib bei den Gerüchten.
Selbst, als Alexa nach vielen Monaten wieder in den aktiven Dienst zurückkehrte, konnten keine Hinweise auf seine weitere Existenz gefunden werden.
Alexa schien sich nicht an Kieran zu erinnern. Weder an seine Taten, als er unter anderem, ihr das liebste nahm, noch die monatelange Seelenfolter, die sie beinahe umbrachte.
Und genau das war von Tristanius und Elisha auch beabsichtigt.
Sie hatten keine andere Wahl, als das Geschehene für Alexa ungeschehen zu machen und ihr eine Lüge aufzutischen.
Daher riss sich Elisha wieder zusammen und atmete tief durch um die mehr als unangenehmen Erinnerungen und Gefühle wieder loszuwerden.
„Das wird wahrscheinlich deine Fähigkeit sein, die du neuerdings hast. Du weißt, du kannst sie noch nicht kontrollieren. Sie kommt und geht, meist in den unmöglichsten Momenten. Du fühlst Dinge und Emotionen, die dir nicht gehören und die dir fremd sind. Es ist auch gut möglich, dass sie mal verstärkt oder geschwächt auftreten, oder dass du sie ganz anders wahrnimmst, als sie eigentlich empfunden werden. Sie spielt dir einen Streich, glaub` mir“, beruhigte Elisha sie.
Aber eigentlich redete sie sich es selbst ein und versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass nach es dreizehntausend Jahren bestimmt keinen wahnsinnigen Kieran mehr gäbe.
„Meinst du?“
„Ganz sicher. Warte nur ab. Es dauert vielleicht ein bisschen, aber bald kannst du das alles viel besser kontrollieren. Genau wie deine Erinnerungen, die sich als Träume verkleiden. Bald wirst du diese Fähigkeit gut beherrschen können und auch unterscheiden, was Traum und was Erinnerung ist. So was braucht seine Zeit.“
„Und das Gefühl, dass irgendetwas fehlt?“
„Was meinst du?“
„Seit ich aus der Kapsel bin, seit ich geweckt wurde, habe ich den Eindruck, dass etwas fehlt. Etwas, was mir sehr viel bedeutet hat und sehr wichtig für mich war. Es ist irgendwie komisch, etwas… zu vermissen, dass man nicht kennt… an das man sich nicht erinnert.“
Elisha wusste wovon Alexa sprach.
Sie sprach von Darius. Der einst ihre große Liebe war. Der durch Kieran´s Hand starb.
Auch da konnten ihre Eltern nur noch sogenannte Schadensbegrenzung betreiben und ließen sie glauben, er sei in einem Kampf gefallen.
Gerade als Elisha sie darauf ansprechen wollte, kamen auch schon Richard Woolsey und Colonel Sheppard zur Krankenstation.
„Oh, sieh an. Sie sind ja wieder munter“, stellte John erfreut fest.
„Ja, bin ich Colonel. Guten Morgen.“
„Wie geht’s ihnen? Was ist mit ihrem Kopf?“, wollte nun Woolsey wissen.
„Es geht mir gut, danke. Die Schmerzen sind weg. Ma hat das Serum irgendwie verbessert, es wirkt jetzt beinahe sofort. Eigentlich bin ich wieder fit wie ein Turnschuh, wie es so schön heißt.“
„Na, es war nicht mein alleiniger Verdienst. Doktor Keller und Doktor Beckett haben mich da tatkräftig unterstützt“, erklärte Elisha schmunzelnd, als die beiden genannten gerade wieder aus dem nebenanliegenden Labor kamen.
„Es freut mich sehr zu hören, dass es ihnen wieder besser geht und weitere Schmerzattacken nun schneller behandelt werden können. Ich bin hier…um ihnen mitzuteilen, dass ich noch gestern mit Mister Coolidge gesprochen habe. Ich habe versucht ihm deutlich zu machen, dass weder sie, noch ich, ein solches Verhalten gut heißen können. Ich habe ihm auch gesagt, dass ein neuer Gesprächstermin für heute um zehn Uhr festgelegt wurde und sollte er sich während dieses Gespräches noch einmal so aufführen, wird er Atlantis augenblicklich unverrichteter Dinge verlassen müssen. Ich denke in Anbetracht der vielen Entdeckungen und Errungenschaften, die auf Celtes gemacht wurden, wäre es trotz allem fair, wenn er noch eine zweite Chance bekommen würde. Immerhin, so hoffe ich doch zumindest, dass ihre Pläne mit dem Stuhl und den ZPM´s uns allen zu Gute kommen könnten“, erklärte Richard.
„Sie haben ihm davon erzählt?“, fragte Alexa an den Colonel gerichtet.
„Ja. So hat er Coolidge noch ein bisschen besser durch die Mangel drehen können. Aber von den ZPM´s und dem Stuhl weiß er noch nichts. Wir dachten, sie wollen das vielleicht selbst übernehmen“, antwortete er und konnte es kaum noch abwarten, zu sehen, wie Alexa sich wohl auf diplomatischer Ebene macht.
„Und wie ich das will. Aber vorher sollte ich noch duschen, mich umziehen und vielleicht was essen“, meinte die junge Frau und wurde gleich darauf tatkräftig von ihrem knurrenden Magen unterstützt.
„Na aus dem vielleicht würde ich an deiner Stelle ein unbedingt machen“, schlug Elisha vor, als sogar sie das Knurren vernahm und beobachtete wie ihre Tochter daraufhin aus dem Bett stieg. Aber kaum dass sie stand, schwankte sie auch schon leicht und musste kurz von ihrer Mutter gestützt werden.
„Noch besser wäre es, wenn du zuerst frühstückst und dich dann umziehst, bevor du mir noch wirklich umfällst“, mahnte die Mutter besorgt.
„Nein es geht mir gut, ist schon wieder vorbei. Ich kippe garantiert nicht um, Ma. Ich will zuerst unter die Dusche.“
„Alexa, das war keine Bitte. Oder willst du, dass ich dich zwangsernähre?“
Mit großen Augen sah Alexa zu ihrer Mutter, bevor sie sich räusperte und dann einmal schluckte.
„Ich geh´ dann mal zur Cafeteria“, sagte sie leise und verließ eingeschüchtert die Krankenstation.
Erstaunt blickten die anderen zwischen Alexa und Elisha hin und her und konnten nicht so richtig nachvollziehen, dass eine solch simple Frage, eine solche Nachgiebigkeit hervorrufen konnte.
Doch Elisha zuckte nur mit den Schultern. „Funktioniert doch jedes Mal.“
Auf irgendeinem Planeten
Erschöpft lehnte sich Kieran an den Behandlungstisch.
Medizin war noch niemals seine große Stärke. Sein Interesse lag schon immer einzig an der Psychologie.
Doch sein Vorhaben verlangte nun auch explizite medizinische Kenntnisse und Fähigkeiten, vor allem im Gebiet der Genetik und der Naniten-Technologie.
Zum Glück war Kieran ein Mann, der äußerst gerne und besonders schnell lernte.
Und nun hatte er es geschafft.
Es kostete ihn die Hälfte des gestrigen Tages und die gesamte Nacht, ebenso all seine Konzentration, eine spezielle Maschine so umzuprogrammieren, damit die Zellproduktion angeregt und der Zerfall praktisch rückgängig gemacht werden konnte.
Zunächst allerdings, musste die DNA aus den sterblichen Überresten dieses Menschen gewonnen werden, damit die Maschine auch die Zellen zu Verfügung stellen konnte, ebenso musste auch die ursprüngliche Todesursache, das Projektil einer Waffe, entfernt werden. Das waren jedoch die einfachsten Schritte und waren schnell erledigt.
Die meiste Konzentration erforderte allerdings die genaue Überwachung und Beobachtung der Wiederherstellung, die nun abgeschlossen war.
Einzig und allein das Herz musste wieder zum Schlagen gebracht werden.
Doch Kieran entschied, sich zunächst für einen Moment auszuruhen. Um das Herz zum Schlagen zu bringen musste nur ein einziger Knopfdruck erfolgen.
Bevor er diesen Knopf jedoch drücken wollte, ging er seinen Plan noch einmal im Geiste durch.
Bisher lief alles nach Plan. Er hatte sie wieder gefunden. Zugegeben, sie war nun unter anderen Menschen, die höchstwahrscheinlich nicht mit seinen Plänen, dir er mit ihr hatte, einverstanden wären. Das war auch damals der Fall.
Nur dieses Mal würde er nicht zulassen, dass ihm irgendwas oder irgendjemand dazwischen käme.
Und schon gar nicht dieser John Sheppard. Denn um ihn würde er sich zuerst kümmern.
Anfangen würde er dadurch, dass er Informationen sammelte, ihn verwirrte, ablenkte und schwächte. Zum Schluss würde er ihn notfalls selbst endgültig ausschalten. Ihn würde dann dasselbe Schicksal ereilen, wie einst Darius Kelgan.
Und genau wie damals, würde es ihm große Freude bereiten. Aber dafür musste er im Stufenverfahren vorgehen und Stufe eins lag bereits erwartungsvoll vor ihm auf dem Tisch. Er war das beste Mittel, um an Informationen zu kommen und Verwirrung zu stiften.
Zwar musste er ihn erst aufklären, was mir ihm geschehen war, doch er war sich sicher, dass er kaum Mühe haben würde, ihn von einer lohnenswerten Mitarbeit zu überzeugen.
Alleine der Name John Sheppard würde die letzten Zweifel endgültig zerstreuen.
Damit sein Plan aber funktionierte, durfte er nicht allzu viel wissen. Schließlich war er nur ein Mittel zum Zweck, das ausnahmsweise zu seiner Rache kommen würde.
Nur gut, dass diese nutzlose Bande von untauglichen Söldnern da draußen, nicht mehr über den sogenannten Antiker wussten und auch nicht begriffen, mit wem sie selbst in den letzten Tagen zu tun hatten.
Das würde ihm einiges erleichtern und mit Sicherheit mehr Informationen bringen.
Aber nun war es an der Zeit, das Herz wieder schlagen zu lassen.
Noch einmal sah Kieran sich sein `Werk´ an, bevor er den letzten Schritt der Prozedur tat und die einzige blaue Taste betätigte, die `Leben´ bedeutete.
Augenblicklich konnte er an einem Bildschirm und einem Lautsprecher, einen zunächst unregelmäßigen Sinusrhythmus ausmachen, bevor dieser sich dann in ein ruhiges und regelmäßiges Schlagen verwandelte.
Wenige Sekunden später war auch der erste Atemzug zu vernehmen.
Zur gleichen Zeit, einige Räume weiter
„Also Korran, warum hast du uns alle zusammen getrommelt? Was glaubst du, ist so wichtig, dass du mich von meiner Familie und meiner Arbeit reißt?“, fragte einer der Männer, die Korran und seine Freunde aufgesucht hatten.
Viele von Kolyas Männern, hatten sich nach seinem Tod anderen Aufgaben zugewandt. Einige taten sich zusammen und gründeten eine mehr oder weniger fähige Söldnertruppe, die sogar für die geringste Bezahlung, auch die mieseste Drecksarbeit erledigten. Andere setzten sich zur Ruhe, gründeten eine Familie und wurden entweder zu Farmern, oder suchten sich andere Arbeiten, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.
„Unser Herr“, antwortete Korran.
„Kommandant Kolya ist tot. Hast du das etwa vergessen? wie viel hast du in der Vergangenheit schon getrunken, um das nicht mehr zu wissen?“, fragte der andere Mann wieder, dessen Name Corben lautete.
„Ich bin vollkommen nüchtern, Corben. Und vergessen habe ich auch nichts. Genauso wenig unser Kommandant vergessen haben wird…“
In der kommenden Stunde erzählte Korran von der Begegnung mit Kieran bis hin zu seinem Vorhaben.
~~~///~~~
Schon seit beinahe einer Stunde schlug sein Herz in einem regelmäßigen Rhythmus, hob und senkte sich sein Brustkorb bei jedem Atemzug.
Es war nun langsam an der Zeit, dass er aufwachte.
Kieran wandte seinen Blick, der bisher nur aus dem Fenster glitt, zu dem Wiedererweckten, der mit einer Decke, die gerade mal die intime Körpermitte bedeckte, auf dem Tisch lag.
Langsam bewegte er sich auf ihn zu, bis er dicht bei ihm stand.
„Zeit, aufzuwachen, Acastus Kolya.“
Und wie auf Befehl, öffnete dieser blinzelnd die Augen.
„Es wurde auch langsam Zeit. Willkommen zurück unter den Lebenden“, begrüßte Kieran ihn, nur um dann mit einem völlig verwirrten Blick angesehen zu werden.
Kolya wollte sich umsehen, doch sein Kopf und seine Glieder wollten ihm noch nicht so recht gehorchen.
„Es dauert nicht lange, bis Sie wieder die vollkommene Kontrolle über ihren Körper haben. Drei Jahre können sehr lange sein, nicht wahr?“
Kieran beobachtete Kolya, wie er zunächst mit den Augen versuchte, seine Umgebung zu erfassen. Es dauerte nicht lange, bis er dann auch langsam den Kopf drehen konnte. Kolya versuchte zu sprechen, aber seine Stimme gehorchte ihm auch noch nicht.
„Sie wollen mit Sicherheit einiges erfragen. Wo Sie sind, wer ich bin, was geschehen ist, vor allem, was mit Ihnen geschehen ist, habe ich recht?“
Kolyas Blick war ihm Antwort genug.
„Für den Fall, dass Sie sich nicht erinnern können… vor etwa drei Jahren, trafen Sie auf …hm, wie soll ich ihn bloß nennen? Erzfeind? Na, ich denke, eine Benennung überlasse ich Ihnen. Wie dem auch sei, Sie trafen auf John Sheppard. Erinnern Sie sich an ihn?“
Kolya blickte zuerst suchend an die Ecke, doch seine Miene änderte sich recht schnell, als er glaubte sich wieder erinnern zu können.
„Oh ja, Sie erinnern sich. Das ist gut. Aber dennoch… es kam zu einem Duell zwischen Ihnen beiden. Dummerweise war er schneller…“
„Er hat auf mich geschossen“, wisperte Kolya tonlos.
„Nein. Er hat nicht nur einfach auf Sie geschossen…er hat Sie erschossen. Es war ein direkter Treffer, mitten ins Herz. Sie waren sofort tot.“ Doch Kolya blickte sich ungläubig und verwirrt um.
„Was? Sie glauben mir nicht? Dem kann ich Abhilfe leisten“, erwiderte Kieran leise, beugte sich zu Kolya hinunter und sah ihm direkt in die Augen.
In diesem Moment liefen vor Kolyas innerem Auge, alle Ereignisse dieses bestimmten Tages, wie ein Film vor ab. Jedes einzelne Detail, jedes einzelne Wort, alle Geräusche, Gerüche und sogar Empfindungen waren so real, dass er glaubte, noch einmal in dieser Zeit, an jenem Ort zu sein.
Er nahm die Helligkeit wahr, spürte die Sonne, die in sein Gesicht schien, roch die Gerüche des Dorfes, in dem er gerade stand und auf ihn wartete. Er hörte die Stimmen, die flüsterten, konnte sogar die Dorfbewohner sehen, die mit bäuerlichen Gerätschaften, wie einer Mistgabel drohend um ihn und seine Männer standen.
Er hörte, wie sein Name gerufen wurde, sah in grünbraune Augen, die ihn hasserfüllt ansahen, bis eine absolute Stille gefolgt war.
Er war sich so sicher, dass er ihn dieses Mal töten würde. Dass er dieses Mal, seine endgültige Vergeltung bekommen würde. Dieses Mal, so war er sich vollkommen sicher, würde er ihn vernichten.
Er spürte noch, wie seine Hand zu seiner Waffe griff, doch ein lauter Knall und ein darauffolgender sengender Schmerz in seinem Herz, machte seine Sicherheit zunichte. Plötzlich war alles schwarz…
Kieran legte seine Hand an seine Schulter, drückte ihn auf den Tisch zurück und versuchte ihn zu beruhigen.
Für Kolya war die Erinnerung so real, dass er glaubte, erneut die Kugel zu spüren. Keuchend ließ er sich zurück auf den harten Tisch drücken. Er begriff, was mit ihm geschehen war, doch glauben wollte er es nicht so recht.
Allmählich ließ der Schmerz in seiner Brust nach, seine Atmung wurde wieder ruhiger, sein Herzschlag langsamer.
Irritiert griff er sich an seine Herzgegend, die Bewegung jedoch kostete ihn eine Menge Kraft. Seine Muskeln fühlten sich an, als sei er Tag und Nacht ununterbrochen gerannt.
Seine Muskeln schmerzten, sie brannten und seine Glieder mussten wohl mit Gewichten beschwert sein.
„Tot… ich bin… ich war tot? Warum?“
„Daran haben Sie sich doch gerade erinnert, Acastus Kolya“, antwortete Kieran geduldig.
„Warum bin ich es nicht mehr? Wieso bin ich hier? Wie ist das möglich?“
„So viele Fragen…nun gut. Sie sind nicht mehr tot, weil ich Sie zurück gebracht habe. Sie sind hier, weil es mir nur hier möglich war, Sie zurück zu bringen. Und Ihnen zu erklären, wie so etwas möglich gemacht werden kann, würde Ihren Verstand schlicht und einfach überfordern.“
„Ich soll Ihnen einfach so glauben?“
Kieran atmete gequält durch. „Schön, wenn Sie es unbedingt sehen wollen…“
Wieder führte er nur eine wischende Handbewegung aus, sodass auf dem Bildschirm ein fast gänzlich verwester Leichnam zu sehen war.
„Noch gestern am späten Nachmittag sahen Sie so aus…“
Eine weitere Handbewegung folgte und man konnte sehen, wie nicht mehr vorhandene Knochen wie durch Zauberei wuchsen, dann von Muskeln und Sehnen und schließlich von Haut umschlossen wurden.
Kolyas Magen begann bei diesem Anblick zu rebellieren, doch er konnte gerade noch ein Würgen unterdrücken.
Kieran schaltete die Aufzeichnung, die er extra schneller vorwärtslaufen ließ, mit einer weiteren Handbewegung ab. Dabei entging ihm nicht, wie ihn der andere Mann dabei mit großen verwunderten Augen zusah.
„…seien Sie einfach froh, dass Sie wieder da sind. Ich bin sicher, Ihre Männer sind es.“
„Warum? Warum haben Sie das getan?“ Kolya lag weiterhin regungslos auf dem Tisch und beobachtete den Bildschirm, auf dem wieder das rhythmische Schlagen seines Herzens, das durch eine lange Linie mit regelmäßig folgenden, zackenähnlichen Ausschlägen, zu sehen war.
„Ich will Ihnen einfach einen Gefallen tun“, meinte Kieran achselzuckend.
Kolya drehte seinen Kopf wieder zu ihm und sah ihn verständnislos an.
„John Sheppard“, fügte er kurze Zeit später hinzu, als er merkte, dass sein Patient noch nicht so schnell und klar mitdachte.
Kolyas Miene veränderte sich beim Klang dieses Namens in eine harte, versteinerte Miene. In seinen Augen jedoch, war pure Verachtung und Hass zu erkennen.
„Er lebt noch? Wie kommen Sie darauf, dass Sie mir mit ihm einen Gefallen tun?“
„Ganz einfach. Ich gebe Ihnen die Möglichkeit, Rache zu nehmen.“
Kolya sah ihn eine ganze Weile ausdruckslos an, doch seine Neugier war am Ende doch stärker. „Und was haben Sie davon?“
Kieran lachte auf. „Ich sehe schon…Ihr Verstand scheint seine gewohnte, scharfsinnige Arbeit wieder aufzunehmen. Aber es stimmt. Auch ich verspreche mir etwas davon.“
„Dann haben Sie auch schon seine Bekanntschaft gemacht“, schlussfolgerte Kolya.
Wieder lachte Kieran kurz auf. „Ich? Nein. Nein, mir geht es nicht um ihn.“
„Um was dann? Atlantis?“
„Nein. Atlantis interessiert mich nicht. Ich will etwas anderes… etwas ganz anderes.“
Kieran dachte nicht im Traum daran, ihm seine genauen Pläne zu erzählen. Und schon gar nicht wollte er ihm von ihr erzählen. Nein, dreizehntausend Jahre waren eine lange Zeit. Vieles hatte sich geändert. Sie hatte sich verändert. Er brauchte Informationen, er wollte sie beobachten.
Jede Facette ihres Seins, ihres Verhaltens, ihres Denkens und Handelns wollte er studieren. Aber das konnte er nur über diesen John Sheppard und die anderen aus Atlantis. Dafür brauchte er Kolya.
Doch wenn dieser wüsste, wer sie sei, was sie sei, würde er seine eigenen Interessen vertreten wollen. Er durfte auch nicht wissen wer beziehungsweise was ihn wieder erweckt hatte. Und dennoch war es genau das, was ihn zur Mitarbeit bringen würde. Es war ein Spiel mit dem Feuer.
Glücklicherweise war Kieran in solchen Spielen nicht gerade ungeschickt.
Solche Spiele begannen meist mit einem Köder, mit versteckten oder falschen Hinweisen oder mit Lügen.
In diesem Fall musste der Köder, der gleichzeitig seine Beute, sein Ziel war, nur etwas… verschleiert werden.
„Vor kurzem hörte ich von dem Gerücht, dass es… in der Stadt der Vorfahren, nun neuerdings auch wieder einen Vorfahren gäbe“, log Kieran ihn an und Kolya bemerkte es nicht.
Wie sollte er auch. Er war gerade mal eine Stunde wieder unter den lebenden und wusste nichts von den vergangenen Jahren.
„Und Sie wollen ihn? Was, wenn ich mich auch für diesen Vorfahre interessiere?“
Kieran lächelte leicht. Doch tief in seinem inneren, spürte er schon einen Groll aufkommen. Er würde es nicht zulassen, dass Kolya ihm zuvor käme und seinen Plan ruinierte. Trotzdem war es die einzige Möglichkeit, durch ihn und die Atlanter an sie ran zu kommen, sie zu beobachten, bevor er sie sich dann zu nutze machen konnte.
„Wir beide sind doch…zivilisierte Menschen. Ich bin sicher, wir können beide von ihm profitieren.“ Auch das war wieder eine Lüge.
Kolya betrachtete Kieran eine Weile. Mittlerweile glaubte er genug Kraft zu haben, um sich aufzusetzen. Was ihm auch mit viel Mühe und sehr langsam gelang.
„Sie wollen mich benutzen, um an ihn heran zu kommen…“, schlussfolgerte er dann. „… er steht unter dem Schutz von Sheppard und den anderen aus Atlantis. Sheppard steht Ihnen im Weg. Sie haben etwas Bestimmtes mit dem Vorfahren vor und wollen seine Beschützer ablenken und Verwirrung stiften. Nur deswegen haben Sie mich…wiedererweckt?“
Kieran lachte. Kolya war für ihn wie ein offenes Buch. Er hatte angebissen. Jetzt musste die Falle nur noch zuschnappen.
„Das ist wohl eine treffende Beschreibung…ja. Deswegen und wie ich bereits sagte… können Sie nach Herzenslust Rache nehmen.“
„Warum? Ich habe gesehen, wozu Sie fähig sind. Was Sie können. Mit einer einzigen Handbewegung haben Sie Einfluss auf diese… Maschinen. Warum gehen Sie nicht einfach nach Atlantis und nehmen sich, was Sie wollen? Ich glaube kaum, dass Sie mit Ihren Fähigkeiten große Schwierigkeiten dabei haben werden.“
„Weil es auf diesem Wege nur halb so viel Spaß machen würde. Abgesehen davon, will ich zunächst den…Vorfahren beobachten und Informationen sammeln. Was Sie dabei mit Sheppard machen, ist für mich nebensächlich.“
Kolya machte sich daraufhin seine eigenen Gedanken. Er war sich sicher, dass da noch mehr war. Dass dieser Mann ihm etwas verheimlichte. Doch für ihn zählte im Moment etwas anderes. Er hatte eine zweite Chance erhalten, sein Ziel zu verwirklichen. Die Vernichtung von John Sheppard.
Ihn und alles was ihm lieb und teuer sei. Danach würde er sich in Ruhe mit dem Vorfahren beschäftigen können. Und sollte dieser Mann ihm dabei im Weg stehen… Nun, er ist schon mit anderen Individuen fertig geworden. Doch im Moment war er der Schlüssel und der Weg zu seiner Rache.
Rache, die er diesmal garantiert bekommen würde.
Kieran musste schmunzeln, als er die Gedanken von Kolya las. Er wandte sich von ihm ab, um nicht Gefahr zu laufen, sich mit einem Lachen selbst zu verraten.
Kolya wusste noch immer nicht wer, oder was er war und doch wusste Kieran, dass dies seine nächste Frage sei.
„Diese Kleidung dort, haben ihre Männer für sie besorgt. Sie können sich dort hinten ankleiden, wenn sie sich kräftig genug dafür fühlen“, sagte Kieran und wies auf einen kleinen Nebenraum.
Während Kolya sich langsam vom Tisch erhob, die kleine Decke, die bisher das nötigste bedeckte, verknotete hatte und mit dem Kleiderstapel im Nebenraum verschwand, wandte sich Kieran seinen nächsten, lang voraus geplanten Schritt zu. Einer Rasur.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis Kolya sich angezogen hatte und nun dem anderen Mann fragendend zusah, wie er sich selbst im Spiegel betrachtete.
„Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wer Sie eigentlich sind.“
Kieran drehte sich zu ihm um, sah ihn aber nur kurz an und ließ dann seinen Blick durch den Raum schweifen, bis er gefunden hatte wonach er suchte. Er streckte die Hand aus und das gesuchte schwebte blitzschnell in zu ihm hinüber. „Mein Name ist Kieran Chaim“, antwortete er endlich und begann, Schaum auf seinen Wangen zu verteilen.
„Wenn Sie all diese Fähigkeiten haben, können Sie sich dann nicht auch einfach ihren Bart… wegzaubern?“, wollte Kolya wissen.
Kieran lächelte wieder. Es amüsierte ihn, dass ein erwachsener Mann, eine solche kindliche Neugier zeigte.
„Das könnte ich tun. Aber ich finde, es gibt gewisse Dinge, die ein Mann selbst tun muss…mit seinen eigenen Händen. Außerdem ist es ein ganz anderes Gefühl“, antwortete Kieran konzentriert, während er die Klinge langsam über die Haut gleiten ließ.
Kolya beobachtete ihn weiterhin neugierig, bis ihm plötzlich ein Gedanke kam. „Woher kommen Sie? Woher haben Sie diese…Kräfte. Wieso habe das Gefühl, dass Sie mir etwas verheimlichen?“
„Wieso Sie dieses Gefühl haben, kann ich Ihnen auch nicht sagen. Ich komme von hier und da, war viel auf Reisen und irgendwann entdeckte ich diesen Außenposten, der einmal den Vorfahren gehörte. Während meinen Reisen habe ich sehr viel gelernt, dabei erlangte ich auch das Wissen, um diese Technologien zu bedienen.“
Kieran hatte zwar nicht gerade gelogen, aber die Wahrheit sagte er auch nicht. Mit seinen Antworten umging er eher die Tatsachen.
„Diese…Kräfte die Sie haben, sollen auch die Vorfahren, die Antiker beherrscht haben… Sie sind selbst der Vorfahre!“, entgegnete Kolya aufgebracht.
Kieran lachte wieder nachdem er den letzten Zug mit der Klinge vollzog. „Glauben Sie das wirklich? Kolya, ich sagte doch, ich war viel auf Reisen und habe viel gelernt, darunter waren auch Studien über die Vorfahren und glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass die Vorfahren nicht die einzigen waren, die solche Fähigkeiten entwickeln konnten.“
Kieran sprach dermaßen eindringlich auf ihn ein, dass er förmlich beobachten konnte, wie Kolya von seiner Aussage überzeugt wurde. Für Kieran war es ein leichtes, Menschen zu beeinflussen und sie bestimmte Dinge sehen und glauben zu lassen, selbst wenn das Gegenteil klar und deutlich zu erkennen war.
Er konnte einem ein X für ein O vormachen. Diese Fähigkeit hatte er schon früher einmal eingesetzt. Beinahe erfolgreich.
Langsam und einsichtig nickte Kolya.
Kieran hatte gerade noch die Kurve gekriegt und seine wirkliche Existenz verschleiern können.
Kolya musste die wahre Identität nicht kennen. Er musste nicht wissen, dass Kieran ebenfalls ein Antiker war, der sogar den Aufstieg geschafft hatte.
Kieran nickte selbst zustimmend, wischte sich den restlichen Schaum aus dem Gesicht und betrachtete sich dann zufrieden im Spiegel. Sein Spiegelbild gefiel ihm nun deutlich besser. Seine kurzen schwarzen Haare waren gepflegt, sein rundes Gesicht wirkte nun schlanker, seine blauen Augen leuchteten nun viel klarer und seine Haut war selbst unter dem Bart leicht gebräunt worden. Er legte das Handtuch zur Seite und ging auf eine der Konsolen zu.
„Ich denke es wird Zeit, dass Ihre Männer Sie begrüßen können“, sagte er und betätigte einen der Knöpfe.
„Einen Toten wieder lebendig machen… bist du verrückt geworden?! Niemand kann das!“, schrie Corben beinahe, als kurz danach eine Stimme aus verschiedenen Lautsprechern zu hören war.
„Euer Kommandant ist so weit. Ihr dürft kommen.“
„Jetzt kannst du dich selbst davon überzeugen“, entgegnete Korran siegessicher und stapfte voraus.
Corben folgte ihm wortlos aber immer noch zweifelnd. Innerhalb der nächsten Minute jedoch, wurden seine Zweifel zerstreut. Kaum dass sie den Raum betraten, standen sie ihrem lebendigen und gesunden Kommandanten Acastus Kolya gegenüber.
„Da siehst du es, Corben. Unser Kommandant ist zurückgekehrt.“
„Bevor ich euch eurer Wiedersehensfreude und eurem Schmieden von Plänen überlasse, muss ich noch auf etwas bestehen…“, sagte Kieran und zog die Aufmerksam wieder auf sich. „… damit unsere Pläne funktionieren, ist es absolut notwendig, dass niemand anderes, außerhalb dieser vier Wände von meiner Existenz weiß oder meinen Namen kennt. Sollte einer von euch reden… werde ich das, was mit eurem Kommandanten geschehen ist, rückgängig machen und ihr werdet ihm ins Grab folgen. Ich hoffe, ich habe mich klar genug ausgedrückt.“
Einige der Männer bejahten, andere nickten nur, aber die meisten schwiegen zustimmend.
Kieran zog sich daraufhin in sein Zimmer zurück, stellte sich ans Fenster und blickte wieder hinaus.
Er musste nicht dabei sein, um zu wissen, worüber Acastus Kolya und seine Männer sprachen.
Zum einen konnte er sich denken und zum anderen wusste er ohnehin genau, dass Kolya nun seine Rache plante. Genau damit rechnete Kieran. Aber dennoch behielt er Kolya und seine Männer im Auge. Der nächste Schritt bedeutete, eine weitere Lebensform zu erschaffen. Nachdenklich blickte er zu einem Tisch, der beinahe die menschliche Körperform besaß.
Silbrig grau schimmerte die darauf liegende, zähflüssige Masse. Die Entstehung dieser künstlichen Kreatur war einfacher und würde nicht so viel Zeit, Kraft und Konzentration kosten.
Atlantis
Alexa und Elisha hatten bereits gefrühstückt, geduscht und sich umgezogen, als sie nun in Woolseys Büro erschienen.
„Misses Thalis, Commander! Ich muss sagen, dass Sie beide mir nun doch schon etwas besser gefallen, als gestern“, begrüße Richard die beiden Frauen und stand aus seine Stuhl am Schreibtisch auf. Auch John und Rodney, die jeweils in ihren Sesseln saßen, standen auf.
„Wie darf ich das verstehen?“, fragte Elisha verwirrt.
„Als Kompliment natürlich. Vielleicht habe ich mich etwas ungeschickt ausgedrückt. Ich meinte, dass Sie schon…viel ausgeruhter und vitaler wirken, als gestern. Immerhin haben Sie beide in der letzten Zeit so einiges mitgemacht, und nach Ihrer letzten Attacke gestern…“, erklärte Woolsey und blickte dabei ständig zwischen den beiden Frauen hin und her, bis sein Blick auf Alexa haften blieb.
„Oh ja, Danke, Mister Woolsey. Es geht uns beiden tatsächlich besser. Etwas Schlaf und ein gutes Frühstück wirken meistens wie ein wahres Wunder“, entgegnete Elisha darauf schmunzelnd und schielte zu ihrer Tochter, die nun auch wieder etwas lächeln konnte.
John und Rodney überließen ihre Sitzplätze den beiden Frauen.
„Das freut mich zu hören…“, erwiderte Richard und setzt sich nun auch wieder. „… nun, wie ich Ihnen bereits sagte, habe ich noch gestern mit Coolidge gesprochen und ihn… sagen wir mal, ihn für das nächste Gespräch etwas an Knigge erinnert.“
„Knigge?“, fragte Alexa.
„Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge. Er war ein deutscher Schriftsteller und Aufklärer. Bekannt wurde er durch seine Schrift `Über den Umgang mit Menschen´. Heutzutage gibt es sogenannte Benimmratgeber, die umgangssprachlich Knigge genannt werden“, erklärte Richard.
„Wirklich? Das ist bestimmt das richtige für Mister Coolidge. Darüber würde ich gerne mehr erfahren. Allerdings gibt es zuvor noch ein anderes Thema, über das ich mit Ihnen sprechen möchte“, antwortete Alexa.
„Schießen sie los“, bat Woolsey.
„Ich würde gerne selbst die Führung bei den Gesprächen beziehungsweise Verhandlungen übernehmen.“
„Sind Sie sicher? Ich meine, sie haben gesehen, was für eine Art und Weise Coolidge an den Tag legt. Er ist ein Diplomat. Wenn auch nicht gerade sehr taktvoll und kompromissbereit.“
„Ich weiß und ehrlich gesagt, gibt es da noch etwas, worum ich Sie bitten wollte.“
„Ich höre.“
„Ich kann mich nur sehr vage an ein paar Vorlesungen über Diplomatie erinnern, die ich damals auf der Akademie besuchen…musste. Ich weiß nicht, ob es an mangelndem Erinnerungsvermögen liegt, oder einfach an der Tatsache, dass ich in den Vorlesungen…meist etwas abgelenkt war, aber…ich wollte Sie fragen, ob… na ja, ob Sie mir da… ich meine, es ist noch etwas mehr als eine Stunde bis Coolidge hier wieder auftaucht und ich wollte diese Zeit gerne nutzen, um…mich, was Diplomatie angeht, etwas vorzubereiten.“
„Warum sagen sie nicht gleich, dass sie Woolsey als ihren Nachhilfelehrer in diplomatischen Dingen wollen?“, fragte McKay amüsiert.
Alexa jedoch, sah ihn nur mit einem scharfen Blick an, bevor sie realisierte, dass er eigentlich Recht hatte. „Ich bin kein Diplomat, ich bin Soldat. Ich hatte so gut wie nie diplomatische Aufgaben zu erfüllen oder solche Gespräche zu führen. Das hat meistens mein Vater getan“, verteidigte sie sich.
„Ja, stimmt Alexa. Aber du warst sehr oft bei solchen Gesprächen anwesend und hast dabei deinen Vater beobachtet. Kannst du dich denn an gar nichts mehr erinnern?“, wollte Elisha wissen.
Alexa schüttelte den Kopf. „Nicht so richtig. Es sind nur Bruchstücke, die mir nicht gerade sehr viel weiter helfen.“
„Ich würde mich freuen, wenn ich Ihnen da weiterhelfen könnte. Wir können die kommende Stunde nutzen, um Ihr Studium wieder etwas aufzufrischen. Und später, während den Verhandlungen bin ich auch dabei. Nur für den Fall, dass etwas sein sollte…als …Protokollführer, so zu sagen“, versprach Woolsey lächelnd.
„Schön. Ich denke wir werden Sie beide dann mal in Ruhe…lehren und lernen lassen“, erwiderte John und machte sich mit McKay im Schlepptau auf den Weg in den Kontrollraum.
„Und ich werde mich währenddessen nach den Dorfbewohnern erkundigen und sehen, ob ich noch etwas für sie tun kann“, meinte Elisha und lies Alexa und Woolsey alleine im Büro zurück.
Richard hingegen stand auf und drehte sich zu seinem Regal um, nahm eines der Bücher heraus und setzte sich zu Alexa. „Also, dann wollen wir mal sehen…“
~~~///~~~
Mittlerweile war es kurz vor zehn und das erneute Treffen mit Coolidge stand kurz bevor.
„Machen Sie sich keine Gedanken, Commander. Wenn irgendetwas sein sollte, bin ich ja auch noch da“, beruhigte er einen leicht nervösen Commander.
„Ich weiß Mister Woolsey, danke. Aber das ist nicht das, was mir Sorge bereitet. Für das was ich vorhabe, könnte ich vor dem Militärgericht landen, wenn mein Vater wieder da ist. Das Dumme daran ist nur, dass mir absolut kein anderer Weg einfällt, um beide Seiten zufrieden zu stellen. Alles was ich will…ist meine Familie. Meine Mutter, meinen Vater und meinen Bruder. Aber um sie wieder zu haben, sie zu bekommen, muss ich wohl so handeln.“ erklärte Alexa.
„Commander…ich kann mir vorstellen, was Sie zu tun gedenken und ich möchte der erste sein, der Ihnen, im Namen aller hier in Atlantis und auf der Erde, dafür dankt… Möglicherweise können wir uns für Sie um eine diplomatische Immunität bemühen.“
Alexa schüttelte mit dem Kopf. „Nein, Mister Woolsey. Wenn mein Vater davon erfährt und er wird es erfahren, wird er mich des Hochverrats beschuldigen. Er wird Ankläger und Richter zugleich sein. Und das ist in unserer Militärrechtsgrundlage durchaus legal. Da wird mir auch diplomatische Immunität nichts nützen.“
Woolsey atmete nachdenklich durch. „Vielleicht halten wir uns einfach an den Rat Ihrer Mutter. Man sollte einen Schritt nach dem anderen machen. Auch wenn es bezüglich Ihres Vaters vielleicht nicht hilfreich ist, möchte ich Ihnen gerne etwas zitieren…“
Alexa sah ihn erwartungsvoll an.
„…Mancher Anklagefaden, mit höchster Akribie eingefädelt, reißt, ehe der Vorgeknöpfte festgenäht ist… Ich weiß, es ist wirklich nichts Hilfreiches aber, sollte es so weit sein, sind wir auch noch da“, versprach er der jungen Frau und versuchte, ihr noch etwas mehr Mut zuzusprechen. Was offensichtlich zu funktionieren schien. Er konnte beobachten, wie Alexa mehrmals tief durchatmete und sich dann straffte.
„Vielleicht haben Sie recht. Ich werde abwarten müssen und dann… wird mein Vater akzeptieren müssen, dass nun vieles anders ist. Höchstwahrscheinlich sind wir die letzten unseres Volkes. Und wenn er von Coolidge und allem anderen erfährt, wird er es vielleicht verstehen.“
„Das denke ich auch. Aber jetzt sollten wir uns langsam in den Konferenzraum begeben, es ist gleich so weit.“
Alexa war gerade dabei, sich einen Kaffee einzugießen, als Colonel Sheppard ebenfalls den Konferenzraum betrat.
„Na, wie lief der Auffrischungskurs in Diplomatie?“
„Sehr gut. Nicht nur die Diplomatie wurde aufgefrischt, ich glaube, die eine oder andere Erinnerung ist zurückgekehrt“, erwiderte Alexa und noppte kurz an ihrer Tasse.
„Großartig, Welche, von denen Sie gleich profitieren könnten?“, wollte John wissen und goss sich selbst eine Tasse Kaffee ein.
„Na das hoffe ich doch, allerdings habe ich gehofft, dass Coolidge mehr davon profitieren könnte.“
„Was soll das denn heißen?“
„Hm, sagen wir einfach, dass ich der Meinung bin, dass gute diplomatische Fähigkeiten und das Wissen darüber, unbedingt weiter gegeben werden müssen.“
Sheppard blickte sie etwas irritiert an, doch er entschied, nicht weiter zu fragen.
Alexa wollte auf ihre Uhr blicken, doch in all der Hektik der letzten Zeit hatte sie ganz vergessen, dass ihre Uhr nicht mehr richtig funktionierte. „Was ist nur mit dieser verdammten Uhr los?“ fluchte sie leise.
„Das war ich, Schatz…“, gestand Elisha endlich. „… ich… habe vorletzte Nacht daran herumgespielt, als du am Schreibtisch eingeschlafen warst. Ich wusste nicht, wie ich sie wieder dazu bekomme, die normale Zeit anzuzeigen.“
Alexa sah sie zunächst überrascht, dann aber entschuldigend an.
„Mutter, tust du mir einen Gefallen? Fass bitte keine Dinge mehr, an du nicht kennst, einverstanden?“, fragte sie schmunzelnd und übergab dabei ihre Uhr an Rodney, der schon fordern aber schweigend die Hand aufhielt, und sich somit bereit erklärte, sie neu einzustellen.
Kaum hatte sie die Uhr übergeben, wurde auch schon Coolidge mitsamt seiner Kollegen und seinem Einsatztrupp in den Konferenzraum gebeamt.
„Pünktlich auf die Minute“, lautete McKays eher abschätzig klingende Bemerkung.
Doch, entweder hatte Coolidge das Kommentar nicht mitbekommen oder er ignorierte es geflissentlich.
„Es ist zehn Uhr und so weit ich mich erinnere, wollten Sie ein Gespräch mit mir“, lautete Coolidges erster Satz.
„Also erst einmal, wünsche ich Ihnen zunächst einen guten Morgen. So viel Zeit für Höflichkeit und Benimm sollte man schon haben. Und was das Gespräch angeht, so wollte ich ein Gespräch ohne einen bewaffneten Trupp“, erwiderte Alexa mit ruhige Stimme und lehnte sich gegen die hinterste Wand.
„Sie glaubten doch nicht, dass ich ohne Schutz nochmal hier kommen würde? Ihre Mutter hatte mich gestern mit Ihrer Waffe bedroht!“, regte sich Coolidge auf.
„Wirklich? Hat sie das?…“
Überrascht sah Alexa zu ihrer Mutter hinüber, diese allerdings zuckte nur entschuldigend mit den Achseln.
„…Sie sollten froh sein, dass es meine Mutter war und nicht mein Vater. Der hätte nämlich gar nicht erst gedroht“, erwiderte Alexa und konnte beobachten wie Coolidges Gesichtsausdruck von Empörung zu Überraschung und dann zu einem eingeschüchtert wirkendem Ausdruck wechselte.
„Bevor ich Mister Woolseys Tipps und Ratschläge befolge und mich in diplomatische Gefilde stürze, möchte ich Ihnen noch gerne etwas sagen… Sollten Sie oder Ihre Männer, sich meiner Mutter, oder mir gegenüber, noch einmal so verhalten, wie Sie es gestern taten, verspreche ich Ihnen, dass Sie Atlantis schneller verlassen, als Sie es betreten haben…aber nicht durch das Gate und auch nicht durch beamen oder mit Hilfe eines Schiffes. Ich hoffe, dass war verständlich.“
„Soll das etwa eine Drohung sein? Laufen so die Verhandlungsgespräche in Ihrem Volk? Eine Drohung als ein…Versprechen zu tarnen? Ehrlich gesagt habe ich etwas mehr von Ihnen erwartet.“, erwiderte Coolidge enttäuscht und schielte zu seinem Trupp.
„Oh, nicht doch, Mister Coolidge. Das ist doch keine Drohung, das ist ein Versprechen. Und zum anderen, wissen wir alle doch, was Sie erwartet haben.“
Alexa sah ihm direkt in die Augen. Sie konnte seinen Blick und seinen Gesichtsausdruck nicht richtig deuten und stellte wieder einmal fest, dass gerade in solchen Momenten ihre neue Fähigkeit mehr als dringend gebraucht wurden nur leider immer noch nicht auf Abruf funktionierten.
Coolidge schien nun in einen gewissen Trotz zu fallen. Dementsprechend fiel auch seine Antwort aus. „Schön! Und was haben sie sich nun vorgestellt, wie soll es weitergehen?“
„Ich dachte mir, ich erzähle Ihnen zunächst, was ich im Fach Diplomatie auf der lantianischen Militärakademie und bei einem Auffrischungskurs bei Mister Woolsey gelernt habe.“
„Hah! Diplomatie!… Das nennen Sie Diplomatie? Ich muss mich von Ihnen doch nicht belehren lassen!“
„Nein Müssen Sie nicht, Mister Coolidge. Sie können auch Atlantis gleich wieder verlassen…unverrichteter Dinge und ohne meine Mutter oder mich. Oder, Sie hören sich an, was ich zu sagen habe und könnten es danach sogar schaffen, ein normales, zivilisiertes und diplomatisches Gespräch mit mir zu führen. Es ist Ihre Entscheidung.“
„Also das ist doch….Mister Woolsey!“, wandte sich Coolidge empört an seinen Kollegen, der aber gleich darauf abblockte.
„Nein, Mister Coolidge. Ich werde mich da raus halten. Commander Thalis hat mich gebeten, selbst die Gespräche und Verhandlungen zu führen. Und ich bin mir sicher, dass Sie durchaus Erfolg haben wird, wenn Sie sich endlich hinsetzen und sich bereit erklären, zuzuhören.“
„Zuhören? Dass ist eher eine Erpressung!“
„Mister Coolidge, ich habe mich bereit erklärt, dem Commander mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und sie in einem Notfall zu berichtigen oder zu korrigieren, sollte einmal ein Missverständnis oder Fehler in ihrer Interpretation von Diplomatie vorliegen und bisher habe ich noch keinerlei Missverständnisse oder Fehler in der Befolgung des diplomatischen Protokolls oder des Verhaltens des Commanders entdeckt. Auch wenn sie sich zugegebenermaßen etwas scharf an der zulässigen Grenze bewegt. Bei Ihnen allerdings habe ich jedoch an Befolgen des diplomatischen Protokolls, ganz besonders aber im Verhalten, seit gestern, bereits mehrere grobe Fehler entdecken können. Die Anschuldigung der Bedrohung und nun auch der Erpressung sind nur mal zwei Beispiele, die ich nennen möchte. Also schlage ich im Interesse aller und auch im Interesse des Vorankommens dieser Gespräche vor, dass Sie endlich Platz nehmen und sich anhören, was sie zu sagen hat. Ich bin sicher dass am Ende diesen Tages, beide Seiten zufrieden sein werden.“
Coolidge schien innerlich zu kochen. Er wollte irgendetwas sagen, aber entweder wusste er nichts darauf zu erwidern, oder seine Worte blieben vor Überraschung oder aber Wut im Halse stecken. Es hatte ihm sprichwörtlich die Sprache verschlagen.
Aber auch John sah stirnrunzelnd zu Woolsey, dann zu Alexa und zum Schluss zu seinem Team. McKay hatte selbst einen überraschten Gesichtsausdruck, sowie Teyla. Nur Ronon hatte ein winziges, schadenfrohes Grinsen aufgelegt. Von Woolsey war er solche Argumentation gewohnt, das war nichts Neues für ihn. Aber über Alexas vorherige Standpauke war er doch etwas erstaunt.
Zugegeben, auch er musste sich beherrschen um nicht gleich in Jubel über Alexas erste gewonnene Runde auszubrechen. Aber dass sie ihm vorhin ein solches Paroli bieten würde, hätte er nicht gedacht.
Und dass diese Standpauke, obwohl sie erst begonnen hatte, bereits Wirkung zeigte, auch wenn es größtenteils Woolsey zu verdanken war, verwunderte ihn ebenfalls.
Es war ausgerechnet einer von Coolidges Kollegen, der als erstes seine Sprache wiederfand und von Vernunft gelenkt, zustimmte. „Ich denke auch, dass es besser ist, langsam zum eigentlichen Thema zu kommen. Ich hatte eigentlich gehofft, mir etwas von dieser schönen und beeindruckenden Stadt ansehen zu können und nicht fast den ganzen Tag Zeuge einer Streitigkeit zwischen zwei eigentlich vernünftigen und zivilisierten Personen zu sein. Also bitte, James, tun Sie uns allen den Gefallen und reißen Sie sich zusammen. Lassen Sie uns setzen und uns anhören, was der Commander zu sagen hat.“
Coolidge atmete tief durch, räusperte sich und setzte sich dann mit seinen Kollegen auf die noch freien Stühle.
„Sehr schön. Ich hoffe nur, ich habe Mister Woolsey nicht bei irgendetwas missverstanden, aber dafür hat er sich gerne dazu bereit erklärt, mich bei den entsprechen Stellen zu unterbrechen und zu korrigieren, also lassen Sie uns anfangen.“
Alexa setzte sich nun selbst an Woolseys rechte Seite. Neben ihr saßen Elisha, dann John und sein restliches Team. An Woolseys linker Seite saßen die Vertreter der IOA. Woolsey und der Konferenztisch dienten praktisch als Pufferzone.
„Meines Erachtens, ist Diplomatie eine Kunst und die Kenntnis im Leiten von Verhandlungen zwischen bevollmächtigten Repräsentanten verschiedener Gruppen oder wie Sie es von der Erde kennen, von Nationen. In unserem Fall bezieht sich der der Begriff eher auf Inter…galaktische Diplomatie, als auf die internationale Diplomatie. Aber dennoch gilt auch hier die Pflege von Beziehungen durch Absprachen über Angelegenheiten wie Friedenssicherung, Kultur, Wirtschaft, Handel und Konflikte. Wie bei internationalen Verträgen auf der Erde, werden nun auch hier, hoffe ich zumindest, von ihnen als Diplomaten, im Sinne von ihren Führungsleuten und Politikern und mir als Vertreterin meines Vaters, Verträge ausgehandelt. Man könnte auch sagen, dass man unter diesem Begriff auch die auf Verhandlungen oder Treffen beruhenden Kontakte zwischen zwei oder mehr Gruppen jedweder Art verstehen kann.“
„Commander, ich weiß sehr wohl, was Diplomatie ist und was sie bedeutet.“
Doch Alexa reagierte nicht auf diese Unterbrechung.
„Kommen wir gleich zum nächsten Punkt. Diplomatisches Verhalten. Ein diplomatisches Verhalten zeugt von Kompromissbereitschaft und den Willen, die Absichten und Wünsche jedes Beteiligten zu berücksichtigen. Diplomatie geht daher mit verbalem Taktgefühl, Höflichkeit und Benimm Hand in Hand einher. Was Sie sich gestern jedoch geleistet haben, Mister Coolidge, zeugte weder von Benimm, noch von Taktgefühl. Von Höflichkeit möchte ich gar nicht erst anfangen…Sie selbst wissen doch, dass alle Diplomatie auf der Basis des verbalen Taktgefühls funktioniert“, sprach sie beinahe mahnend, dennoch hielt sie sich mit Vorwürfen oder gar einer vorwurfsvollen Tonart zurück.
Elisha war in diesem Moment so stolz auf ihre Tochter. Wieder einmal fiel ihr auf, wie viel Ähnlichkeit Alexa doch mit ihrem Vater hatte. Ihre Ausdrucksweise, ihre Gestik, ihre Mimik und viele andere Dinge, all das war ihrem Vater so unglaublich ähnlich, dass sie teilweise glaubte, die Stimme ihres Mannes zu hören, wenn Alexa sprach.
Coolidge hingegen, verdrehte die Augen, antwortete jedoch nicht darauf. Es war ihm sichtlich unangenehm, dass man ihm, einem Diplomaten, erklärte was Diplomatie ist und wie sie funktionieren sollte. Daher waren die Blicke, die auf ihm ruhten und teilweise Amüsiertheit, und Schadenfreude aber auch Verständnislosigkeit zeigten, teilweise viel schlimmer zu ertragen.
„Mister Coolidge…“ Alexa hielt nur kurz inne, bevor sie dann fortfuhr. „…ich denke, ich habe mich nun genug darüber ausgelassen und ich bin überzeugt, dass Sie verstanden haben, was ich ihnen damit mitteilen wollte.“
Doch gerade als Coolidge darauf antworten wollte, kam ihm wieder sein Kollege zuvor und ergriff das Wort. „Sie können versichert sein, dass wir verstanden haben und Sie haben Recht, Commander. In der Diplomatie kommt es ganz und gar auf eine gute und taktvolle Konversation an. Daher möchte ich vorschlagen, dass wir dies nun gleich ausprobieren sollten, einen zweiten Versuch starten und zum eigentlichen Grund unseres…Besuches kommen.“
Alexa betrachtete sich ihre Gegenüber einige Sekunden eindringlich an. Ganz besonders lange blieb ihr Blick allerdings auf James Coolidge haften. Doch auch dieses Mal hielt er ihrem Blick nicht lange stand. Verlegen und irgendwie resigniert blickte er zu seiner Dokumentenmappe herab, die vor ihm auf dem Tisch lag.
Alexa sah kurz zu Woolsey herüber, der einmal ermutigend nickte.
„Mister Coolidge ich würde Ihnen gerne etwas vorschlagen…wie wäre es, wenn sie mir zunächst Ihre Interessen und Wünsche mitteilen. Danach können wir gemeinsam versuchen, herauszufinden, in wie weit ich Ihnen entgegen kommen kann. Eventuell lassen sich sogar einige Kompromisse schließen, die von beiderseitigem Vorteil sind.“
Nachdem nun wirklich alle Blicke erwartungsvoll auf ihm ruhten, dauerte es nicht lange, bis Coolidge stumm, aber einverstanden nickte.
„Gut, dann lassen sie mal hören.“
Einmal noch schluckte Coolidge und räusperte sich, bevor er dann endlich bereit war, seine Interessen mitzuteilen. „Wie Sie sicherlich wissen, wurde die Drohnenkontrollplattform, die wir aus Antarktika haben, bei einem Angriff der Wraith vor etwa einem halben Jahr zerstört. Wir dachten…“
Sein Kollege räusperte sich demonstrativ. „…wir… hatten gehofft, dass Sie uns in dieser Hinsicht…irgendwie behilflich sein könnten.“
„Wie?“
„Wir hofften, Sie könnten uns mit Ihrem Wissen, Ihren Fähigkeiten und ihrer Unterstützung, vielleicht helfen, eine neue Verteidigungsplattform aufzubauen.“
„Ich nehme an, das war nicht alles“, spekulierte Alexa wissend.
„Bitte?“, lautete die Gegenfrage.
„Ach kommen Sie, da ist doch noch mehr.“
Coolidge sah kurz zu seinen Kollegen. „Wir hatten auch gehofft, dass Sie uns auch in anderen Bereichen, hauptsächlich in technologischer Hinsicht, unterstützen könnten. Beispielsweise was die Gatereisen zwischen der Erde und Atlantis betreffen. Denn die finden leider immer noch recht einseitig ab. Zudem sind auch die technologischen Aspekte ihres…ähm…ihres Schiffes da draußen, sehr interessant für uns und…und wir halten es vielleicht für möglich, dass unsere Erdschiffe von der fortschrittlichen Technologie ihres Schiffes profitieren könnten.“
Alexa ließ ihn in aller Seelenruhe aufzählen, doch als er wieder stockte, trieb sie ihn weiter an. „Und?“
„Ebenso…klingen die physiologischen Eigenschaften, die Sie und Ihr Volk haben sollen, sehr interessant. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir mehr darüber erfahren könnten.“
„War das alles?“
„Das waren die wichtigsten…Kriterien, ähm…Punkte…Interessen. Der Rest..wäre Kleinkram“, stotterte Coolidge beinahe.
Alexa nickte leicht. „Sehen Sie, das klang doch schon viel besser als gestern. Ich glaube wir machen Fortschritte“, erwiderte sie und warf ihrem Gegenüber ein ernst gemeintes und offenes Lächeln zu.
Es war so ehrlich und offen, dass sogar Coolidge allmählich auftaute und zaghaft ein verhaltenes Lächeln erwiderte.
„Dann wollen wir doch mal sehen, dass ich Ihnen entgegenkommen kann. Was die Drohnenkontrollplattform angeht… ich kann Ihnen beim Bau einer solchen Plattform nicht helfen.“
„Ja, aber…“
„Ich kann Ihnen nicht helfen, weil ich über diese Technologie und den Aufbau eines solchen Stuhles keine Ahnung habe. Was ich aber habe, ist ein neuer, fertiger und voll funktionsfähiger Kontrollstuhl aus der Forschungseinrichtung. Da er dort wohl kaum gebraucht wird, wäre ich bereit, Ihnen diesen zu übergeben.
„Eine voll funktionsfähige Plattform?“, fragte Coolidge erstaunt und mit weit aufgerissen Augen.
„Ja. Er müsste nur noch zur Erde gebracht und dann in… Area 51 angeschlossen werden.“
„Area 51?“ Das gefiel ihm nun wiederum gar nicht mehr. Hatte er doch in Area 51 kaum eine Möglichkeit, die Regelungen, und Vorgehensweisen des IOA´s durch zu setzen.
Area 51 unterlag ganz und gar der US Air Force und dementsprechend galten dort deren Regeln und Methoden. Das IOA hatte dort nicht allzu viel zu melden. Doch Alexas entschlossener Gesichtsausdruck ließ ihm auch keine Möglichkeit mehr an ihrer Entscheidung zu rütteln.
„Ich denke, dass er da ganz gut aufgehoben ist und glaube auch, dass die dortigen Techniker mit dieser Technologie zurecht kommen werden. Immerhin war der vorherige Stuhl auch da, als er zerstört wurde. Ich wüsste nicht, warum dies nun geändert werden sollte.“
Coolidge willigte zögernd ein.
„Was die Gatereisen zwischen der Erde und Atlantis betreffen, habe ich mir auch schon meine Gedanken gemacht. Auf Celtes waren mehrere Energiemodule, oder wie Sie sagen, ZPM´s. Die Station braucht nur eines, mein Schiff braucht auch nur eines und das dritte wäre für das Stargate-Center vorgesehen. Das vierte bleibt in Atlantis.“
Dieses Mal war das Lächeln des IOA Vertreters keinesfalls verhalten, sondern zeugte von großer und aufrichtiger Freude.
„Ein richtiges und volles ZPM?“, fragte einer seiner Kollegen, der bisher noch kein einziges Wort gesprochen hatte. Selbst am Vortag nicht.
„Ja natürlich ein richtiges und volles ZPM. Was dachten Sie denn?“
„Und was ist mit den anderen Punkten? Wäre da auch… etwas möglich?“
„Sie meinen die Technik der Tristanius?… Das Schiff war als Geburtstagsgeschenk von meinen Eltern gedacht. Sie erwarten doch nicht, dass ich ein Geschenk einfach so…weitergebe?“
„Natürlich nicht. Ich meinte nur… na, dass… ich dachte eher daran, dass man vielleicht etwas über die Technik und die Fähigkeiten erfahren konnte. Sowas wie Informationen über die Funktionsweise von verschiedenen Systemen und Komponenten oder auch Baupläne und der gleichen.“
Wieder nickte Alexa verstehend. „Ich werde mich bei Gelegenheit mit Doktor McKay und seinen Mitarbeitern zusammensetzen und entscheiden, welche Informationen ich Ihnen geben kann. Zuerst muss ich mich selbst noch mit dem Schiff vertraut machen. Schließlich habe ich erst seit gestern. Aber es gibt da etwas was Sie für mich tun könnten.“
Coolidge sah sie überrascht an, sagte jedoch nichts.
„Ich möchte einen Asgard-Datenkern für die Tristanius und für Atlantis. Ich weiß, dass eines Ihrer Raumschiffe, die Odyssey, von den Asgard mit einem solchen Kern ausgestattet wurde. Ich kann mir daher gut vorstellen, dass bereits Kopien des Computerkerns gemacht wurden und auch auf den anderen Erd-Raumschiffen demnächst zum Einsatz kommen werden. Es wäre nur fair, wenn wir hier in Atlantis und auch in unserem Schiff ebenfalls einen solchen Vorteil besäßen.“
„Ähm,…äh…ich weiß nicht. Ich habe diesbezüglich keine genauen Informationen vorliegen. Doch ich kann ja mal sehen, was sich da machen lässt“ erwiderte James Coolidge, doch seine Miene war Ausdruckslos.
Alexa konnte beim besten Willen nicht erkennen, ob er es ernst meinte, oder ob dies nur eine Hinhaltetaktik sein könnte. Sie ging nicht weiter darauf ein und nahm sich stattdessen vor, später selbst noch einmal mit Woolsey und dem Stargate-Center zu sprechen, sollte Coolidge sich irgendwie querstellen. „Was die Forschung über unsere Physiologie und die medizinischen Behandlungsmethoden unseres Volkes angeht…“, sagte Alexa und sah zu ihrer Mutter.
Doch Elisha konnte ihr keinen wirklichen Rat geben. Dennoch entschied auch sie, dem IOA und den Menschen auf der Erde entgegenzukommen. Zustimmend nickte sie ihrer Tochter zu. „… nun, ich bin sicher, dass Ihnen die Doktoren Keller und Beckett da weiterhelfen können. Meine Mutter ist selbst Medizinerin und würde sich bestimmt gerne über Kenntnisse, Behandlungsarten und Forschungen mit den beiden austauschen wollen. Und so weit ich das sehe, waren das wohl alle Punkte, oder gibt es da noch etwas, was Ihnen auf dem Herzen liegt?“
„Nun, äh…eigentlich… waren das alle Hauptpunkte. Der Rest ist reine Formalität.“
„Also, da ich denke, Ihren Willen, ihre Absichten und Wünsche berücksichtigt zu haben und Ihnen, das sollten Sie selbst zugeben, äußerst großzügig entgegengekommen bin, möchte ich Ihnen nun gerne noch einen weiteren Wunsch beziehungsweise Absicht mitteilen.“
Coolidge gab sich nun wesentlich entspannter und kooperativer und machte einen interessierten Eindruck. „Selbstverständlich…bitte.“
„Abgesehen vom Asgard-Datenkern, gibt es da nur noch einen Wunsch, Mister Coolidge. Und der ist, hier bleiben zu können, um nach meiner restlichen Familie zu suchen. Sie können nicht von mir erwarten, dass ich einfach so aufhöre, nach meinem Vater und meinem Bruder zu suchen und mir die Zeit auf der Erde vertreibe, während sie hier irgendwo in dieser Galaxie Gefahr laufen, den Wraith oder sonst wem in die Arme zu laufen. Ich werde nicht…“
Dieses Mal war es Coolidge, der Alexa unterbrach. „Ich weiß, Commander. Ich denke im Rückblick auf das Erreichen eines… wirklich großzügigem Abkommens, ist es wohl nicht länger von Nöten, das Sie uns auf die Erde begleiten. Dennoch möchte ich, dass Sie wissen , dass Sie und Ihre Mutter und hoffentlich auch bald der Rest Ihrer Familie als unsere Gäste herzlich willkommen sind. Wir haben durchaus viele schöne Orte, interessante Kulturen, Religionen und Völker, die auch Sie bestimmt sehr interessant finden könnten.“
„Ich danke Ihnen Mister Coolidge. Bei Gelegenheit werde ich Ihnen mit Sicherheit einen Besuch abstatten, aber im Moment haben andere Dinge für mich Vorrang, das werden Sie sicher verstehen.“, entgegnete Alexa.
„Natürlich. Nun, ich denke, da nun alles geklärt ist, sollten wir unsere Vorgesetzten schnellstmöglich von einem erfolgreichen Gespräch und Abkommen berichten.“
Und damit war die diplomatische Konferenz inklusiver einer Lektion über selbige, beendet.
Mittlerweile stand man im Gateraum und verabschiedete die IOA Delegation. Coolidge hatte sogar Alexa als eine Mitarbeiterin des Stargateprogramms aufnehmen wollen, aber sie wünschte sich mehr Bedenkzeit. Die Apollo war seit gestern wieder auf der Rückreise und somit transportierte die Deadalus den Kontrollstuhl zur Erde. Das ZPM nahm Coolidge persönlich mit.
Da bereits eine Gateverbindung zur Erde aufgebaut worden war, hatte man auch schon General Landry über das ZPM informieren können. Es war nicht zu übersehen, dass er sich sehr darüber freute.
Zu guter Letzt, erklärte Alexa sich einverstanden, weiteres Personal von der Erde für die vielen verschiedenen Forschungsprojekte auf Celtes aufzunehmen.
„Eigentlich gibt es da noch etwas…noch einen Punkt, über den ich mir Ihnen sprechen wollte, Commander, Misses Thalis“, meinte Coolidge und sah dabei zu dem Tor, das bereits mit dem Stargate auf der Erde verbunden war.
„Ich hatte gehofft…dass das gestrige…dass wir unser gestriges und holpriges Kennenlernen vergessen könnten. Ich habe mich durch firmeninterne Politik und berufliche Hürden zu einem Verhalten…herabfallen lassen, dass… dass mir eigentlich nicht entspricht und normalerweise auch nicht zu meinem diplomatischen Kenntnissen und Fähigkeiten gehört.“
Alexa traute ihren Ohren nicht so recht. Sollte das etwa eine Entschuldigung sein? Aber gerade in diesem Moment, schien ihre neue Fähigkeit wieder Purzelbäume zu schlagen und sie glaubte, aufrichtiges Bedauern und Reue zu spüren. Sie überlegte nicht lange, bis sie ihm auch in diesem Punkt entgegen kam.
„Wir können es vergessen, wenn Sie mir versprechen, bei den nächsten diplomatischen Gesprächen Ihre firmeninterne Politik und andere berufliche Hürden außen vor zu lassen.“
„Ich denke, das lässt sich machen… Danke. Und ich wünsche mir für Sie, dass sie Ihre Familie bald gesund und munter finden werden. Wenn wir Ihnen diesbezüglich irgendwie helfen können, dann lassen Sie es mich bitte wissen“, bot Coolidge schlussendlich mit all seinem Charme an.
„Werden wir, danke Mister Coolidge“, bedankte sich Alexa und verabschiedete sich mit einem Händedruck von Coolidge und seinen beiden Kollegen und auch Woolsey ließ es sich nicht nehmen, seinen Kollegen noch einmal kurz zur Seite zu nehmen und einige Worte auszutauschen. Aber auch danach, schüttelten sich bei die Hände und verabschiedeten sich voneinander.
Alexa, Elisha, John und Richard beobachteten, wie die Gruppe im Ereignishorizont verschwand und das Tor sich danach abschaltete. Sheppard und Woolsey gingen wieder ihren Aufgaben nach. Alexa und ihre Mutter blieben noch im Gateraum, als Elisha merkte das irgendetwas Alexa Kummer breitete.
„Dein Vater wäre sehr stolz auf dich“, versuchte sie ihre Tochter aufzumuntern.
Alexa sah bekümmert zu ihr. „Stolz? Wären wir nicht die letzten, dann hätte ich gerade unser eigenes Volk verraten“, antwortete sie und folgte John.
Etwas gab es noch zu regeln. Immerhin mussten noch die Hinweise für ihren Vater und ihren Bruder verstreut werden.
The End