Abgebrochen: John Sheppard-Der Sentinel von Atlantis (2.Versuch)

John Sheppard-Der Sentinel von Atlantis

Dies ist der 2. Versuch/Entwurf- Er ist unfertig und wurde auch abgebrochen. Der 1. ursprüngliche Versuch wurde mittlerweile überarbeitet, fertiggestellt und ist bereits online.
Ich dachte, ich gebe euch trotzdem mal wieder ein wenig was zu lesen

 

Fandom: Stargate Atlantis/Der Sentinel-Im Auge des Jägers

Characters: Sheppard, McKay, Teyla, Ronon, Weir, Lorne, Jackson, Landry, Bates, Sumner, Ford und diverse andere Bekannte des SG(A)-Verse

Genre: Sci-Fi, Action, Mystery

Characters/Pairing: McShepp, diverse andere aus SGA, SG-1 und Der Sentinel

Rating: R-16

Warnungen: Dies ist auf jede erdenkliche Art und Weise ein AU. Ich spiele mit so ziemlich allem herum. Angefangen vom Alter der Charaktere, als auch ihren sonstigen Hintergrund.

Zusammenfassung: John Sheppard ist ein Sentinel ohne Guide. Nach tragischen Ereignissen in Afghanistan ist er aus dem Militär ausgetreten und sehnt sich nach Ruhe und Frieden und einem Leben ohne verschärfte Sinne.

Im Gegensatz zum Sentinel-Guide Institut glaubt Rodney McKay nicht mehr daran, den für ihn bestimmten Sentinel zu finden und flüchtet sich stattdessen lieber in seine Arbeit, die ihn geradewegs ins Stargate-Programm befördert.

Doch dann wird beiden ein Angebot gemacht, das sie geradewegs zueinander führt …

 

. : : Sentinel und Guide : : .

John Sheppard – Sentinel


2002

Andrews Air Force Base, Maryland

Er hätte einfach weiterhin den Mund halten, die Zähne zusammenbeißen und durchhalten sollen.

Das hatte er schon immer gut gekonnt.

Seit er sich mit acht Jahren in diesem verdammten peruanischen Dschungel verlaufen hatte, war nichts mehr so, wie er es kannte. Eine ganze Woche hatte er bei diesem indigenen Volk ausharren müssen, bevor der Suchtrupp, den sein Vater auf die Beine gestellt hatte, ihn gefunden hatte. Diese eine Woche hatte ausgereicht, seine Welt vollkommen auf den Kopf zu stellen, denn kaum war er mit seiner Familie in die Staaten zurückgekehrt, hatten ihn pausenlos Kopfschmerzen geplagt und als sei dies nicht schon schlimm genug, erschien ihm alles zu groß, zu laut, zu grell und zu hell und überhaupt zu viel.

Seine Eltern wussten sich keinen Rat mehr und schleiften ihn von einem Arzt zum nächsten, doch niemand konnte etwas finden oder sich gar einen Reim daraus machen. Von Stress und psychischen Problemen –ausgelöst durch das Verlaufen im Dschungel und getrennt sein von seinen Eltern bis hin zu Überempfindlichkeitsreaktionen hatte man einer Theorie nach der anderen gelauscht, doch weder sein Vater noch seine Mutter glaubten dem hanebüchenem Schwachsinn der Fachärzte, konnten ihrem Sohn jedoch kaum helfen. Einzig seine Mutter hatte sich jeder möglichen und hilfreich erscheinenden Literatur angenommen und versuchte ihrem Sohn trotz der Unwissenheit so gut es eben ging, zu helfen und packte ihn in Watte.

Zu dieser Zeit erkannte er mehr als einmal, dass es besser wäre, kein einziges Wort darüber zu verlieren und auf die Zähne zu beißen und einfach nur durchzuhalten.

John versuchte, ein halbwegs normales Leben zu führen. Etwas, das ihm erst ab dem vierzehnten Lebensjahr gelingen sollte. Seit er zum ersten Mal eine Flugshow sah, wusste John, dass er fliegen wollte, dass er fliegen musste. Von da an hatte er alles getan, um seinen Traum, seinem Ziel immer näherzukommen. Er arbeitete hart an seinen schulischen Noten, nahm wieder an sportlichen Aktivitäten teil, etwas, dass ihm seine Eltern verboten hatten, als sie sahen, dass selbst die sanftesten Berührungen ihm manchmal Schmerzen bereiteten. Er nahm an außerschulischen Aktivitäten teil, die ihm irgendwie nützlich erschienen, und richtete förmlich sein gesamtes Leben seinem übergeordneten Ziel aus. Und als er endlich in die Air Force Academy aufgenommen wurde, glaubte er seinen Traum zum Greifen nah.

Er musste einfach nur weiterhin den Mund halten, die Zähne zusammenbeißen und durchhalten.

Er stellte sich den bekannten und verhassten ärztlichen Untersuchungen, die der Aufnahme in die Air Force und der Academy dienten. Er wurde wieder mit Nadeln traktiert und mal mehr mal weniger sanft angepackt. Doch das machte ihm nicht mehr so viel aus, denn John war mittlerweile durch die vielen Sportprogramme, an denen er über die Jahre hinweg teilgenommen hatte, schon einiges gewohnt und in gewisser Weise abgehärtet. Aber immer, wenn man seine Augen mit Farben, Lichtern und Bildern, sein Gehör mit geradezu infernalischen Tönen traktierte, seine Nase im Training mit Gerüchen und Gasen attackierte, wollte John am liebsten aus seiner eigenen Haut kriechen und schreien. Es hätte im Laufe der Zeit besser werden sollen, aber das tat es nicht. Wann immer es ging, machte John einen großen Bogen um medizinisches Personal und Krankenstationen jeglicher Art. So manche Verletzung kurierte er – wenn irgendwie möglich – ohne medizinische Hilfe aus.

Mit der Zeit wurde es für John immer schwerer und er begann, seine Fähigkeit, besser sehen, hören, schmecken und riechen zu können als jeder andere eher als Fluch zu betrachten und nicht als Gabe, wie seine Mutter es immer genannt hatte. Es schien auch nichts zu nützen, dass seine erweiterten Sinne ein ums andere Mal seines und das Leben seiner Kameraden hatten retten können.

So wurde er immer öfter bezüglich seines Handelns in bestimmten Situationen befragt, doch John schwieg und mimte den braven, gehorsamen und talentierten Soldaten und haderte stattdessen mit seinen Fähigkeiten, weil er sich immer wieder in den Dingen, die er sah, roch oder hörte regelrecht verlor und nur schwer wieder zurück in die Gegenwart und zu sich selbst fand.

Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Irgendetwas fehlte. Ihm fehlte etwas und er konnte einfach nicht herausfinden, was das war.

Bis er Lyle Holland kennenlernte. Der Mann wurde sein Kollege, sein Kamerad und sein Freund und zum Schluss sogar noch mehr als das, was beide in weitere Gefahr brachte. John schenkte ihm sein gesamtes Vertrauen und war einmal mehr bereit, seine Fähigkeiten als eine besondere Gabe anzusehen und zu akzeptieren. Zumal es Lyle Holland offenbar schaffte, John den Rücken frei zu halten oder ihn zu unterstützen, wenn dieser mit seinen Fähigkeiten arbeitete oder haderte. Abgesehen davon beharrte Lyle darauf, irgendwann eine Erklärung für Johns hoch entwickelte Sinne finden zu können. Und das hatte er auch, als er ihn eines frühen Morgen mit einer Kopie einer Dissertation mit dem Titel `Die Wahrheit über den Sentinel´ eines Doktor Blair Sandburg und dutzenden von Berichten, Zeitungsartikeln und anderen Veröffentlichungen diesbezüglich überraschte. Es war eine Erleichterung, die John kaum auszudrücken vermochte, vor allem als die Bekanntgabe über die Existenz von Sentinels und Guides auch die amerikanischen Streitkräfte erreichten sollte.

Doch jener Tag war schicksalsreich. John hatte zwar eine Erklärung für seine hyperaktiven Sinne gefunden, aber Lyle bei einem Routineflug verloren. Zwar hatte er durch seine Fähigkeiten die Absturzstelle von Hollands Helikopter schnell gefunden und konnte die Mannschaft, die überlebt hatte, als auch Lyles Leichnam von den Taliban unentdeckt zurück zum Stützpunkt bringen, doch dann hatte er den Fehler begangen und den Mund aufgemacht. John schüttelte noch immer den Kopf darüber, wie er so einfach ohne eine Anhörung vor dem Kriegsgericht davon gekommen war. Vermutlich machte der Name Sheppard noch immer mehr Ärger, als ihnen die Sache wert war. Sein Vater hatte mit Sicherheit den einen oder anderen Anruf getätigt und einen alten Kameraden oder Bekannten aus dem Bett geworfen und die Begleichung einer alten Schuld eingefordert. Aber er ahnte auch, dass die ganze Sache mit Sentinels und Guides größer war, als er bisher dachte und dass auch das Militär den großen Wellen, die die Wissenschaft, Gesellschaft und Politik schlugen, nicht mehr lange etwas entgegensetzen könne.

John schüttelte mit dem Kopf. Es wäre sinnlos, sich weiter den Kopf über diese Dinge zu zerbrechen. Er hatte einmal den Mund aufgemacht und man hatte ihm nicht geglaubt, man wollte ihm nicht glauben. Lyle hatte vielleicht gerade deswegen sein Leben verloren und er hatte seinen Freund, seine Stütze verloren. Er konnte es weder ungeschehen machen, noch sich selbst jemals verzeihen. Aber einen solchen Fehler würde er kein zweites Mal begehen.

„Colonel Sheppard, Sir.“

Die Stimme des Soldaten ließ John kurz vor seinem Ausstieg innehalten. „Kein Colonel mehr, Sarge. Das ist vorbei“, erklärte er leise und glaubte, einen Moment des Bedauerns in der Miene des Mannes zu erkennen.

„Ja Sir,“, noch einmal sah sich der Soldat um, musterte die schweigenden Blicke seiner Kameraden. „Wir haben uns darüber unterhalten, Sir, und wenn Sie uns fragen, haben Sie richtig gehandelt.“

John zeigte ein zaghaftes Lächeln, nickte dankend und wollte sich wieder dem Ausstieg der Maschine widmen, als der junge Soldat sich abermals meldete. „Sir?

Als John sich nochmals umdrehte, erblickte er die gesamte Crew des Flugzeugs in einer Linie stehend. Salutierend. Nach kurzem Zögern erwiderte er den Salut und verließ nach unzähligem Händeschütteln und Verabschiedungen endlich die Transportmaschine, die auf der Andrews Air Base gelandet war.

Sich durch die halbe Air Base zu manövrieren, stellte sich als einfacher heraus, als auf einem öffentlichen, zivilen Flughafen und dennoch konnte er den Knoten in seinem Inneren nur allzu deutlich spüren. Größere Menschenmengen waren John schon immer unangenehm, auch wenn er glaubte, sich längst daran gewöhnt zu haben. Aber manche Nachrichten verbreiteten sich offenbar schneller als andere und diese Leute hier waren seine Kameraden, seine Kollegen. Manche von ihnen kannte John sogar recht gut und so wusste er, was die Blicke, die man ihm nun zuwarf, bedeuteten. Niemand, außer den Jungs, die ihn zurück in die Staaten gebracht hatten, würde es vor den Augen ihrer Vorgesetzten wagen, mit ihrer Meinung an ihn heranzutreten. Aber John konnte es ihnen nicht verdenken. Er wusste, es war nur eine Frage der Zeit, bis auch das Militär sich nicht mehr länger gegen Tatsachen sträuben konnte. Es war nur bedauerlich, dass so viele gute Männer darunter leiden mussten.

John schleppte sich weiter durch die Halle und entdeckte seinen Vater und Bruder im Wartebereich.

Während Dave noch mehr oder weniger nervös auf und ab ging, die eher ruhige und geordnete Betriebsamkeit beobachtete, lehnte sein Vater sich lässig an eine Säule und widmete sich seinem Handy.

Natürlich wussten auch sie bereits, was geschehen war und nachdem die Vorwürfe, Auseinandersetzungen und Erklärungen endlich vom Tisch waren, hatte John erkennen können, wie sehr es seinen Vater freute, dass sein Ältester nun endlich doch mit in die Firma einstieg. Aber ob er dort glücklich werden könnte?

„John“, grüßte Patrick und steckte sein Handy wieder weg, bevor er die letzten Meter seinem Sohn entgegen stürmte und ihn einer festen Umarmung gefangen hielt. „Willkommen zu Hause, Junge.“

John wunderte sich über diese Intimität, die er zuletzt als Kind erfahren hatte, vergrub dann aber sein Gesicht in der Halsbeuge seines Vaters. „Tut mir leid. Ich … es tut mir leid.“

„Ist okay.“ Patrick streichelte und klopfte sachte auf Johns Rücken. „Das haben wir doch alles schon besprochen und jetzt haben wir auch endlich eine Erklärung, was all die Zeit vor sich ging. Außerdem hast du dir nichts vorwerfen zu lassen.“

John lächelte verhalten, als er sich der Umarmung beinahe widerwillig entzog. „Es ist noch nicht vorbei.“

„Ich weiß“, gab der Senior zurück und tätschelte erneut Johns Nacken in einer unterstützenden und tröstenden Geste. „Aber jetzt bist du erst einmal hier. Zuhause. Um den Rest kümmern wir uns, wenn es so weit sein sollte.“

„Gut, dass du wieder daheim bist“, meinte Dave, als auch dieser seinen Bruder in eine Umarmung zog. „Ich bin dabei alle möglichen Infos und Materialen über Sentinels zusammenzusuchen. Vielleicht können wir ja etwas damit anfangen.“

John war zwar nicht gerade begeistert darüber, aber er ging auch nicht weiter darauf ein und nickte stattdessen nur. „Ich würde ihn gerne besuchen. Ich konnte nicht mal … sie haben mir nicht mal erlaubt …“

„Ich weiß. Es ist schon alles arrangiert. Ein Fahrer bringt uns nach Arlington und dann zum Reagan Airport, wo unsere Maschine bereits wartet … und dann fliegen wir nach Hause“, meinte Patrick, als er einem Arm um Johns Nacken schlang und ihn nach draußen führte, wo bereits ihr Fahrer wartete und John die einzelne Gepäcktasche abnahm und im in den Kofferraum lud. „Ich habe deinen Flügel des Hauses reinigen und gut durchlüften lassen, also dürftest du es da ganz bequem haben. Ich dachte auch daran, ein wenig zu renovieren, aber das kannst du immer noch selbst entscheiden.“ Dann räusperte sich der Vater. „Ich dachte auch daran, mich mit den Hollands in Verbindung zu setzen. Aber in Anbetracht dessen, wie die Air Force reagiert hat und die Bekanntgabe der Sentinels handhabt, weiß ich nicht, ob das eine gute Idee wäre.“

„Vermutlich nicht. Lasst uns einfach von hier verschwinden“, gab John zurück.

Patrick seufzte, nickte dann aber betrübt, bevor er seine Söhne dann in die Limousine scheuchte und sie davon fuhren.

~~~///~~~

Auch Patrick nutze die Gelegenheit, einigen verstorbenen Kameraden und ehemaligen Kollegen, die ihre letzte Ruhe auf dem Arlington Nationalfriedhof gefunden hatten, die Ehre zu erweisen und ein kleines Fähnchen neben ihrem Stein in den Rasen zu stecken. Dann hatte er sich wieder zu Dave gesellt.

„Wenn wir zu Hause sind, werde ich mich mit diesem neuen Sentinel-Guide-Center in Verbindung setzen. Vielleicht haben Sie weiteres Informationsmaterial oder -„

„Lass deinen Bruder erst in Ruhe nach Hause kommen. Außerdem weißt du, wie er dazu steht. Er will damit nichts zu tun haben. Oder nichts mehr.“

„Ich weiß nur nicht, das ist keine gute Idee.“

„Das ist die Entscheidung deines Bruders. Du kannst dir gerne alle Infos holen, von denen du glaubst, dass sie nützlich sein können, aber halte dich mit Namen bedeckt. Ich will nicht wissen, was sich die Air Force einfallen lässt, wenn sie Wind davon bekommen, wie stark er wirklich ist. Es war reines Glück, dass mir jemand einen Gefallen schuldig war, sodass wir John auf diese Weise da raus holen konnten.“

„Was ist mit den Hollands? John will im Moment vielleicht nicht darüber reden, aber wenn dieser Mann wirklich –„

„Das ist wiederum die Entscheidung der Hollands. Du hast gesehen und gehört, welche Anstalten sie machten, als man sie über die Geschehnisse, Johns Bericht und seine Vermutung informierte. Ich will John da raus halten. Es war so schon schlimm genug für ihn, Dave. Du kennst nur die Hälfte dessen, was er durchgemacht hat.“

„Er sagt, er kann sich kaum daran erinnern.“

„Vielleicht ist das auch besser so. Gib ihm einfach Zeit, okay? Dränge ihn zu nichts. Wir haben vielleicht nicht wirklich Ahnung über seine Fähigkeiten, aber du willst auch nicht wissen, was passiert, wenn er in die Enge getrieben wird, glaube mir. Wir kümmern uns jetzt um ihn, aber wir sollten ihm auch genug Zeit und Raum geben, um wieder zu sich selbst zu finden“, bestimmte Sheppard Senior entschieden und beobachtete weiterhin aus einiger Entfernung, wie John schon seit einer kleinen Ewigkeit gedankenverloren vor Lyle Hollands Grabstein hockte, dann aber aufstand und vor dem Grab salutierte.

Es war Zeit, nach Hause zu fahren.

~~~///~~~

Zu Johns eigenem Erstaunen hatte er nicht lange gebraucht, um sich in der Firma seines Vaters einzuarbeiten und sich mit seiner Arbeit vertraut zu machen. Abgesehen davon, dass er durch seine mathematischen Fähigkeiten nicht nur bei seinem Vater und Bruder einen Stein im Brett hatte und auch den gesamten Vorstand in kürzester Zeit von sich überzeugen konnte, kümmerte er sich auch mit Eifer und Freude um die Sicherheit der Anlagen und Firmenkomplexe. Diese Arbeit bereitete ihm den meisten Spaß, entsprach es doch dem, was er am besten konnte und ihn am meisten an seine alten Zeiten in der Air Force erinnerte.

Aber auch sonst ließ John nichts schleifen. Seine mathematischen Fähigkeiten waren schon immer besonders ausgeprägt und so hatte es nicht lange gedauert, bis John sich entschied, auch in diesem Bereich einen Schritt weiter zu gehen. Nach einigen Gesprächen mit seinem Bruder und seinem Vater, wobei er sich mit Letzterem ein Wortgefecht nach dem anderen leistete, eines hitziger als das andere, entschied er sich, der alten Zeiten willen, seine Studien in angewandter Mathematik in Stanford weiterzuführen und seinen Doktor zu machen.

Er musste auch zugeben, das die Idee seines Bruders sein physisches Training wieder aufzunehmen oder besser gesagt weiter zu führen, gar nicht so schlecht war. Nachdem Patrick sich um die Einrichtung eines gut ausgestatteten Fitnessraums im eigenen Heim gekümmert hatte, war John dort beinahe täglich aufzufinden.

Man könnte meinen, dass John aus reiner Gewohnheit tagein tagaus Ergometer, Laufband und anderes beanspruchte, doch Dave war sich sehr schnell klar, dass mehr hinter Johns rigorosem Trainingsplan steckte und so ließ er es sich nicht nehmen, seinem Bruder dabei Gesellschaft zu leisten. Interessanterweise schienen Daves Katas aus seinem Karateunterricht am besten bei John anzukommen und halfen ihm dabei, fokussiert und doch entspannt zu bleiben. Dave wiederum konnte seine Selbstverteidigungstechniken enorm aufpolieren, als sich die Brüder immer wieder auf einige Sparringsrunden einließen.

So konnte Dave zumindest auf diese Weise den Hauch einer Idee bekommen, was John in der Air Force wirklich gemacht und durchgemacht hatte. Aber noch immer weigerte sich John davon zu berichten, selbst wenn die gesamte Familie des Nachts durch Johns Schreie, die durch das Haus hallten, aufgeweckt wurden.

Aber es lief nicht gut für John. Nicht so, wie er es gerne hätte. Er hatte in all den Monaten zwar keinen Grund seine besonderen Fähigkeiten, seine hochsensiblen Sinne einzusetzen, aber er hatte arge Probleme mit plötzlichen Spitzen bezüglich seiner Sinne. John tat sich schwer damit, in sein altes Leben zurückfinden.

Besonders wenn gerade wieder ein weiteres Meeting vor der Tür stand. Nicht nur, dass er wieder Stunden mit Analysen und Berechnungen, Gewinn und Verlust, Umstrukturierungen, Management und allem anderen beschäftigt wäre, dass ein Wirtschaftskonzern wie Sheppard Industries ausmachte, nein er würde sich wieder eine neue Ausrede einfallen lassen müssen, um den meisten Einladungen zu Lunches oder Dinner oder anderen gesellschaftlichen Ereignissen entkommen zu können.

Und dieses Mal sollte es besonders schwierig werden, denn es stand der Besuch einiger ausländischer Investoren an.

Das für ihn lästige und unangenehme Händeschütteln hatte John mühselig hinter sich gebracht und dabei den freundlichen und kompetenten Geschäftsmann gemimt. Er glaubte, dass alles gut lief, bis er sich an den Konferenztisch setzte und die erste Duftspur eines Parfums in die Nase bekommen hatte, das offenbar eine der weiblichen Gäste trug.

~~~///~~~

„Es geht mir gut“, murrte John noch einmal, als sein Bruder ihn wieder in den Sessel zurückdrückte. Er konnte sich einfach nicht daran erinnern, in das Büro seines Vaters gekommen zu sein. Sein Bruder und sein Vater mussten ihn wohl direkt aus dem Meeting hier hineingebracht haben.

„Ich habe fast eine viertel Stunde gebraucht, um dich wieder zurückzuholen“, antwortete Dave, bevor er einen Blick mit seinem Vater tauschte.

„Was war es diesmal?“, wollte Patrick Sheppard wissen.

„Das Parfum der Blonden. Irgendwas ist da drin, dass …“ John schweifte ab und rieb sich den Nacken. Seine Kopfschmerzen brachten ihn fast um.

„So aufdringlich ist es doch gar nicht.“

„Du hast auch eine ganz normale Nase“, maulte John seinen Bruder abermals an, als er sich endlich aus dem Sessel hieven konnte. Er braucht frische Luft und es interessierte ihn herzlich wenig, dass einige Papiere auf dem Schreibtisch davon zu wehen drohten, als er das Fenster des 42. Stockwerks des Sheppard Industries Gebäude öffnete.

„Kommt ihr beide klar?“, fragte Patrick nochmals und erhielt ein Nicken seitens seines jüngeren Sohns, während John nur eine einfach abwinkende Handbewegung machte. „Ich gehe noch mal zurück. Vielleicht kann ich heute noch eine Einigung erreichen.“

„Ich würde nicht darauf wetten, wenn du Madler vertraust“, gab John zurück. „Er lügt, kaum dass er den Mund aufmacht.“

Patrick sah seinen ältesten Sohn für eine geschlagene Minute an, bevor er nickte und sich dann in den Konferenzraum zurückbegab.

„Also sind jetzt nicht nur deine Sinne weiterentwickelt, sondern auch noch deine Instinkte?“, fragte Dave vorsichtig, im Wissen, dass solche Themen seinen Bruder gar nicht gefielen. Und wie erwartet zuckte dieser wieder nur mit den Achseln.

„Wie lange schon?“

„Weiß nicht. Vielleicht waren sie das schon immer.“

Dave setzte sich in den von John verlassenen Sessel. „Ist dir klar, was das bedeuten könnte?“

„Dave, nicht jetzt. Ich habe jetzt wirklich keinen Kopf mit dir darüber zu reden.“

„Wann hast du den schon?“, gab Dave gereizt zurück. „Früher oder später wird der Tag kommen, an dem Dad und ich dir nicht mehr helfen können, auch wenn wir es noch so sehr wollen und dann wirst du dich mit den Tatsachen abfinden müssen, John.“

Dave sprang wieder auf und gesellte sich zu seinem Vater, während John seinen Blick weiterhin schweigend über die Stadt schweifen ließ.

~~~///~~~

Das Geschäftsessen war lange beendet und dank Johns Info über das Lügenmaul Madler hatte Sheppard Industries eine weitere vielversprechende Investition retten und sichern können, ohne dabei über den Tisch gezogen worden zu sein.

Es war später Abend, beinahe Mitternacht als Patrick, Dave und John, der sich doch noch hatte überreden lassen, das Restaurant verließen und sich auf dem Weg zum Parkdeck machten. Doch John schien nervös und Augenblicke später sollte er auch wissen warum, als plötzlich vier vermummte Männer aus dem Dunkeln auf sie zu sprangen.

John wollte schon nach seiner Waffe greifen, doch im Eifer des Gefechts hatte er vergessen, dass er als Zivilist keine mehr trug. So lief es eben auf den guten alten Nahkampf hinaus. Doch die vier Männer glaubten schnell den Schwachpunkt herausgefunden zu haben. Während einer sich auf David und eine anderer auf John konzentrierte, sollte Patrick Sheppard gleich mit zweien fertig werden.

Für den sich im Ruhestand geltenden Captain der U.S.Navy waren zwei Männer allerdings nicht gerade eine enorme Herausforderung, als er einen mit einem gekonnten Haken außer Gefecht setzen konnte. Der zweite wurde jedoch von John gepackt. Erst da konnte Patrick wirklich erkennen, dass John sich ohne Mühe mit drei Männern beschäftigte und das nicht gerade zimperlich. Er hatte es geschafft, seinen Bruder und Vater hinter sich zu bringen uns so den Angriff auf ihn zu ziehen.

„Sie sollten lieber gleich aufgeben, Sheppard“, fauchte einer der maskierten Männer, der mit einem Messer wieder in Stellung ging.

„Wer sind Sie? Was wollen Sie?“

„Wenn Sie keine weitere Szene machen und mit uns kommen, erfahren Sie es früh genug.“

„Ich denke, ich verzichte“, knurrte John, als er spürte, wie die blanke Wut ihn zu übermannen drohte.

„Wenn das so ist …“

Dave und Patrick waren zur Untätigkeit gezwungen und konnten nur zusehen, wie John sich innerhalb weniger Augenblicke und mit einer Schnelligkeit und Kraft, die man einem normalen Menschen niemals zugemutet hätte, gegen drei Männer behauptete. Er hatte alle entwaffnet, einen ernsthaft verletzt, einen weiteren in die Bewusstlosigkeit getrieben und den Dritten nun am Boden liegend, während er auf ihm hockte, ihm das Knie in die Wirbelsäule drückte, die Maske vom Gesicht riss und ihm das Messer an die Kehle hielt.

„Nenn mir einen guten Grund, warum ich das jetzt nicht tun sollte!“, knurrte John dem Mann ins Ohr.

„John!“

„Wer hat euch geschickt?“, wollte John wissen, doch er erhielt keine Antwort. „Du solltest dir besser gut überlegen, mir zu antworten. Ich kann es nicht leiden, zweimal zu fragen. Also, wer hat euch geschickt?“

„John!“, riefen Patrick und Dave nochmals.

„Ob Sie mich töten oder nicht, spielt keine Rolle. Früher oder später hat er Sie.“

„Wer?“ John zog den Mann noch ein wenig höher, hörte das schmerzhafte keuchen des Mannes, dessen Wirbelsäule kaum noch nachgab, während die Klinge des Messers langsam Spuren am Hals des Mannes hinterließ. „Wer?“

„John, die Polizei ist hier!“ Auch diese Information schien kaum zu John durchzudringen. Erst als Patrick und Dave einige Schritte näherkamen und erst recht nachdem Patrick seinem Sohn an der Schulter berührte, ließ John von dem Mann ab, der es nicht wagte, sich zu rühren, als die Mündung seiner eigenen Waffe auf ihn zeigte.

„Ich nehme mal an Sie wissen, dass keiner von uns gänzlich unerfahren im Umgang mit Waffen ist, nicht wahr?“, fragte Patrick nonchalant, doch jeder, der die Sheppards kannte, wusste, dass hinter Patricks zurückhaltender Tonart eine Menge Ärger stecken konnte. „Noch haben Sie die Chance zu reden, bevor die Polizei ausgestiegen ist. Ein einfacher Name reicht“, erklärte Patrick trocken, doch der Mann schwieg.

~~~///~~~

Patrick war müde, als er den Fitnessraum betrat. Von der Polizei befragt zu werden, immer wieder die gleichen Aussagen zu machen, ohne dabei allzu deutlich ins Detail zu gehen, die John gefährlich werden könnten, war schon schlimm genug, doch unglücklicherweise war der schwerste Part, John danach nach Hause zu bringen. Zu behaupten, dass John sich in einer merkwürdigen Stimmung befand, käme der Sache bei Weitem nicht gerecht.

„Wie sieht’s aus?“, fragte Patrick seinen Jüngsten.

„Seit beinahe zwei Stunden prügelt er auf den Sandsack ein und er scheint kein Ende finden zu wollen“, antwortete Dave, der sich das nächste Coolpack auf die Braue legte. „Ich habe ihn noch nie so erlebt. Ich komme auch nicht an ihn ran. Entweder er nimmt mich nicht wahr oder er knurrt mich an wie ein tollwütiger Hund.“

„Ist das ein Veilchen, das du von einem der vier Männer hast, oder warst du so intelligent und wolltest Sandsack für deinen Bruder spielen?“

„Ich bin nicht ganz so lebensmüde, wie du vielleicht meinst. Nein, das Veilchen ist von einem der Kerle. Was John angeht …“ Dave griff hinter sich und überreichte seinem Vater einen nicht zu verachtenden Stapel Papiere, „… glaube ich zu wissen, was los ist.“

„Er ist einem Kampftrieb?“, fragte Patrick stirnrunzelnd.

„Wenn ich das richtig übersetze. Das Sentinel-Guide-Center spricht von einer Feral Episode, einem Combat-Drive. John wurde bedroht, Menschen, die ihm nahe standen wurden, bedroht. Er hat keinen Guide, der auf ihn einwirken kann, also verliert er schneller die Kontrolle als ein Sentinel mit Guide. Es kann ziemlich gefährlich werden, wenn wir ihn jetzt stören. Wir können sogar noch froh sein, dass er sich hier in geschützter Umgebung austobt.“

„Wir können froh sein, wenn er uns nicht angreift“, meinte Patrick. „Wir sollten ihn besser allein lassen.“

„Wir können nicht einfach allein lassen“, platze es Dave.

„Oh doch, das können wir und glaube mir, das sollten wir. Los.“

„Dad –“

„Dave, diskutiere nicht mit mir. Glaube mir, wenn ich dir sage, dass es besser ist, wenn du deinem Bruder nicht im Wege stehst und noch besser ist es, wenn du nicht in seiner Nähe bist“, erklärte Patrick energischer als er Dave nach oben scheuchte und die Tür zum Keller verschloss. „Du kannst froh sein, dass es nur bei einem knurren blieb, als du ihn angesprochen hast. Er weiß, dass wir für ihn da sind. Das ist das einzige, dass deinem Bruder im Moment noch hält.“

Patrick steuerte geradewegs die Bar im Wohnzimmer an, goss sich einen guten Schluck Whiskey ein und leerte das Glas in einem Zug, bevor er sich ein weiteres eingoss. Beide Männer hielten inne als sie Schreie und Poltern aus dem Untergeschoss hörten.

„Ist das in Afghanistan passiert? Hat er die Kontrolle verloren?“, fragte Dave leise, während er seinen Vater beobachtete, wie dieser auch das zweite Glas leerte.

„Dave –“

„Dad! … Was ist in Afghanistan passiert?“

Patrick goss sich ein drittes Mal ein. Das würde eine verflucht lange Nacht werden.

 

Rodney McKay – Guide

Rodney wusste, dass er nicht der typische Guide war. Er war unhöflich, laut, hyperaktiv, ungeduldig, vor allem wenn es um die Dummheit anderer ging, und hatte auch keinerlei Probleme, jemanden von Angesicht zu Angesicht einen Idioten zu nennen.

Rechnete man das alles zusammen, war er eher das glatte Gegenteil dessen, was einen Guide definieren, was ein Guide ausmachen sollte. Es fehlte ihm an Ruhe, Ausgeglichenheit, Geduld und einer sanften Ader, auf die ein Sentinel dringend angewiesen war. Das sollte der Grund sein, warum er bisher noch keinen Sentinel gefunden hatte. So sagte man es ihm. Dutzende Male.

Doch Rodney schob es seinen sogenannten persönlichen Macken und seinem beruflichen Metier zu. Er war weder Lehrer, noch Priester oder Berater, er war kein Arzt oder etwas anderes in diesen Voodoo-Bereichen. Er war ein Astrophysiker mit einer Affinität für angewandte Mathematik und einem weiteren Doktor in Maschinenbau. All diese Dinge reduzierten die Möglichkeit einen geeigneten Sentinel zu finden.

Als er einen Vertrag mit der US-Regierung unterschrieb, glaubte er, seine Chancen, einen anständigen Job zu erhalten und vielleicht auch einen halbwegs geeigneten Sentinel zu finden, seien nennenswert gestiegen, doch am Ende landete er in Area 51 und er musste erkennen, dass seine Möglichkeiten tatsächlich noch gesunken waren, als man sich überhaupt vorstellen konnte. Andererseits wurde er in Bezug auf sein Wissen und seinen Fähigkeiten in Physik und Ingenieurswesen enorm gefordert, denn dort hatte er Zugriff auf Informationen und Equipment, von dem die meisten nur träumen konnten. Hardcore-Verschwörungstheoretiker inklusive. Er war in seinem Element und so war es kein Wunder, dass seine zwischenmenschlichen Fähigkeiten weiterhin auf der Strecke blieben. War er gezwungen sich mit dem einen oder anderen Individuum abzugeben, beschränkte er sich auf das Wesentliche, was seinen Job anging und bediente sich einer profanen nichtssagenden Höflichkeit, die den meisten Kollegen schlimmstenfalls ein Kopfschütteln entlockte. Es interessierte Rodney nicht. Sogar als ihm tatsächlich in dieser sandig-trocken heißen Einöde ein Sentinel über den Weg lief, reichte ein Blick von Rodney und der Sentinel weigerte sich, noch eine Stunde länger mit ihm zu verbringen, wenn es nicht unbedingt sein musste.

Rodney ließ sich nichts anmerken und stürzte sich weiter in seine Arbeit. War er zu Hause leistete ihm seine Katze Gesellschaft, und wenn er spürte, dass seine Schilde allmählich dünn und rissig wurden, half meist gelegentlicher Hohn, ein wenig Sarkasmus, notfalls an falschen Stellen und schon ließ man ihn in Ruhe in seinem Labor brüten.

So gab es in der folgenden Zeit keinen Grund für ihn, sein Verhalten irgendwie zu ändern. Hin und wieder hatte er sich in einer weiteren geheimen Einrichtung, die sich Stargate-Center nannte, zu melden, half mit seinen Kenntnissen die Welt zu retten, kehrte dann aber artig wieder zu Area 51 zurück. Dort tolerierte man ihn, gelegentlich erntete er auch Lob und Anerkennung für seine Theorien oder Lösungen bei Problemen. Aber niemand fragte ihn nach seinem Befinden, seinem Status als ungebundener Guide oder interessierte sich überhaupt dafür ob Rodney ein Guide oder ein Sentinel sein könnte. Auf diese Weise berührte ihn niemand einfach ungefragt, und er ging Sentinels immer mehr aus dem Weg, so wie diese ihn mieden. Als ob das in einer Einrichtung wie Area 51 überhaupt noch möglich sei. Wenn man fünf Sentinels im Jahr über den Weg lief, konnte man dies noch als `viel´ bezeichnen. Größtenteils lag es wohl daran, dass die Enthüllung über die Existenz von Sentinels und Guides gerade mal zwei Jahre her war. Rodney war dies nur recht.

Doch es gab immer wieder Zeiten, in denen er, wenn er alleine war und seine Katze sich selbst nach Ruhe und Frieden sehnte, den Schmerz der Einsamkeit und das Fehlen eines Gegenstücks seiner Selbst mehr als deutlich spürte. Aber er machte unbeirrbar weiter, vergrub all diese negativen Empfindungen und kümmerte sich gänzlich um seinen Job. Er unterdrückte immer mehr die Sehnsucht nach etwas, das er wohl niemals finden würde. Einem Sentinel.

Ja, Rodney war gut im Brüten. Er hatte so lange und gut gebrütet und sich um seine Arbeit gekümmert, dass es sich endlich auszahlen sollte, denn nun hatte er ein Versetzungsangebot, zu dem sein Verstand und sein Ego unmöglich Nein sagen konnten. Unglücklicherweise musste er solche einschneidenden Ereignisse, wie ein neuer Job, ein Umzug oder gar das Finden eines geeigneten Sentinels (als ob ihm das noch jemals gelingen würde) dem Sentinel-Guide-Institut gemeldet werden.

Das einzig Merkwürdige an der Sache war nur, dass er sich im Hauptquartier des amerikanischen Sentinel-Guide-Centers in Seattle melden sollte. Doch Rodney ahnte, was dies zu bedeuten hatte.

Abgesehen von der Meldepflicht über den Wechsel seines Wohnortes und der Tatsache, dass ein hochrangiger Guide des kanadischen Sentinel-Rates, den Rodney glücklicherweise selbst gut kannte, gerade an einer Konferenz im hiesigen Center teilnahm, würde er diesem wahrscheinlich auch wieder Rechenschaft über seine anhaltende Ungebundenheit abgeben müssen. Und dabei würde man wieder versuchen, ihn mit einem minderbemittelten Sentinel zu verkuppeln. Verdammt, wie er das hasste.

Als er noch in Kanada war, hatte Rodney sich ganze drei Mal im Hauptinstitut eingefunden und die letzten beide Male sollten lediglich dazu dienen, einen Sentinel zu finden. Keiner, weder ein weiblicher noch männlicher Sentinel hatten ihn wirklich angesprochen und danach war es ihm ein leichtes, weitere Einladungen zu diesen Eventtreffen abzulehnen. Erst recht, als sein Job ihn in die Staaten zog.

~~~///~~~

Das Sentinel-Guide Center lag außerhalb Seattles und bot durch diese Abgelegenheit gerade empfindlichen und gefährdeten Sentinels und Guides einen Zufluchtsort. Rodney war noch niemals in einem der amerikanischen Zentren, doch er wusste, dass es zu den kanadischen Instituten kaum einen Unterschied gab.

Sobald Rodney das Gebäude betreten hatte, hielten einige der Angestellten in ihrer Tätigkeit inne, drehten sich zu ihm und musterten ihn neugierig. Er war ein starker und ungebundener Guide, und obwohl seine Schilde vollends aufgerichtet und stark waren, merkte er, wie einige der Sentinels zumindest auf mentaler Ebene Interesse an ihm zeigten. Manche mehr und unverhohlener als andere, aber auch mit ihnen würde er schnell fertig werden.

Während er noch an der Rezeption stand und sich anmeldete, hatte er die stursten und begriffsstutzigsten Exemplare bereits abgeblockt, bis auf den Rezeptionisten. Ein Sentinel, der zwar arges Interesse an Rodney zeigte, charakterlich und intellektuell jedoch nicht zu den stärksten zu gehören schien. Doch auch mit ihm sollte Rodney schnell fertig werden, wollte er sich doch prinzipiell nicht mit Sentinels einlassen, deren Level unter einer glatten Fünf lag, ihm aber gerne eine Sechs oder gar mehr (als ob dies überhaupt möglich sei) vormachen wollten. Das Konzept, die Stärke und Fähigkeiten der Sentinels und Guides durch eine Skala und Levels zu unterteilen, war in Kanada zwar nicht gang und gäbe, aber es war ihm auch nicht unbekannt. Nach mehreren Selbsttests in Area 51 wusste Rodney, dass er nach dem US-Standard mindestens ein starker Level Fünf Guide war. Rodney glaubte, dass es zwar schwierig aber nicht gänzlich unmöglich war, irgendwann seinen ebenbürtigen Sentinel zu finden.

„Mister McKay.“ Nicht einmal das Lächeln des Rezeptionisten war seriös, erkannte Rodney und berichtigte ihn sofort.

„Doktor McKay.“

„Natürlich. Mister Weaver hat uns von ihrer Ankunft berichtet und erwartet Sie bereits. Lift Nummer zwei bringt sie direkt zum großen Konferenzzimmer.“ Noch einmal ließ der Mann seinen beinahe lüsternen Blick über Rodney gleiten, bevor sein Lächeln erstarb. „Er scheint ziemlich besorgt über Ihre Ungebundenheit zu sein und fragt sich, ob Sie überhaupt jemals einen Sentinel finden würden.“

„Und Ihre Aufgabe besteht darin, die Sorgen anderer zu teilen, für den ganzen amerikanischen Sentinel-Rat zu sprechen oder sich als mehr auszugeben, als Sie tatsächlich sind? Es würde mich nicht wundern, wenn Sie gerade mal Level drei bestanden hätten“, platzte es barsch aus Rodney, bevor er seinen Worten auch eine mentale Welle der Abscheu zu seinem Gegenüber rüber sandte, was diesen einen Schritt nach hinten taumeln ließ. „Lassen Sie Weaver wissen, dass ich unterwegs bin, wenn das nicht schon zu viel für Sie ist.“

Rodney achtete weder auf die Reaktion des armseligen Würstchens, noch auf die schockierten Gesichtsausdrücke der Zeugen, als er in den Lift trat. Rodney hätte normalerweise kein Problem damit, sich an einen männlichen Sentinel zu binden, aber warum sollte er sich länger als nötig mit einem Mann beschäftigen, der vielleicht gerade so noch auf Level drei eingestuft wurde und mit mehr Glück als Verstand den Highschool Abschluss gemacht hatte, immer noch nicht richtig lesen konnte und offensichtlich nichts anderes im Sinn hatte, als ihn ins Bett zu bekommen? Er hatte selbst drei Doktortitel, verdammt. Er gab sich nicht mit Leuten ab, deren Intelligenz nicht einmal der untersten Norm entsprachen und sie weiterhin dahin gammeln ließen oder deren schlechte Absichten ins Gesicht geschrieben standen.

Als sich die Lifttüren öffneten, fand Rodney sich direkt in einem großen Konferenzraum wieder, der ihm trotz der gerade mal zehn Leuten plötzlich zu klein erschien. Er wusste, acht der zehn Personen waren Sentinel-Guide Paare, auch das unterschied sich nicht groß vom kanadischen Reglement. Doch abgesehen von Weaver, der ihn bereits am Lift in Empfang nahm, saß noch ein weiterer Mann am großen Mahagonitisch und musterte ihn aufmerksam. Rodney wusste sofort, dass es sich um einen Sentinel handelte. Einen recht starken. Aber da war etwas anderes an ihm, dass ihn irritierte. Rodney konnte nur noch nicht genau sagen, was es war.

„McKay.“

„Weaver“, erwiderte Rodney erfreut, wunderte sich aber gleich über die Zurückhaltung seines Gegenübers, was diesem nicht entging.

„Ich würde Sie gern herzlicher begrüßen, ganz wie in alten Zeiten, aber ich fürchte meinen Sentinel würde es arg irritieren.“

„Ihren Sentinel? Sie haben einen Sentinel gefunden?“, fragte Rodney nun mehr als überrascht und ließ sich in einen Sessel gegenüber den Paaren fallen. Es galt als verpönt, gebundene Guides ohne entsprechende Erlaubnis zu berühren. Selbst das einfachste Händeschütteln konnte so manchen Sentinel schlimmstenfalls aus der Bahn werfen und auch viele ungebundene Guides und Sentinels taten sich schwer mit körperlichem Kontakt.

„Eigentlich hatte er eher mich gefunden“, gab Weaver grinsend zurück und Rodney konnte die Zufriedenheit, die Ruhe und Ausgeglichenheit seines Freundes förmlich spüren.

Nur der starre musternde Blick des einzelnen Sentinels durchbrach diesen Hauch von Glückseligkeit und ließ Rodney einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Mann. Er schien nicht Weavers Sentinel zu sein, doch bevor Rodney der Sache genauer auf den Grund gehen konnte, riss ihn Weavers Stimme wieder aus seiner Konzentration.

„Er kann bei dieser Besprechung leider nicht dabei sein. Er beschäftigt sich mit den Testverfahren, die das amerikanische Sentinel-Guide-Center verwendet und uns steht leider nur eine kurze Zeit hier zur Verfügung, bevor wir wieder weiter müssen. Das ist einer der Gründe, warum unser Treffen hier arrangiert wurde.“

„Ich verstehe und ich gratuliere.“ Gerne hätte er noch mehr erfahren, aber selbst ihm erschienen die Fragen, die ihm auf der Zunge lagen, mehr als taktlos.

„Danke. Ich nehme an, dass sich an Ihrem Status nichts geändert hat“, erwiderte Raymond Weaver, als sein erfreutes Grinsen sich in eine sorgenvolle Miene wandelte.

„Und ich nehme an, das ist der Hauptgrund, warum ich hier erscheinen muss“, gab Rodney zurück.

Noch ehe Weaver darauf eingehen konnte, meldete sich eben jener Sentinel zu Wort. „Nun, ihr Zustand ist Grund stetig wachsender Besorgnis auf den administrativen Ebenen. Sie müssen doch selbst zugeben, dass in einem Zeitraum von zwei Jahren, die einfach so verstreichen, einige Fragen aufkommen.“

„Rodney, das ist Sentinel Langdon. Neal Langdon, das neueste Mitglied des amerikanischen Rates“, stellte Raymond den Mann vor, der jedoch nicht viel von Höflichkeit oder Etikette zu halten schien.

„Merkwürdig. Man hat mich nicht darüber informiert, dass ich nun dem amerikanischen Sentinel-Center Rechenschaft schuldig bin. Selbst ihr Rezeptionist da unten sagte mir, dass Sie es seien, der sich Sorgen um meinen Status machte und das Sie bezweifeln, dass ich jemals fündig würde.“

Rodney ah zu Weaver und sah ihm seine Überraschung an.

„So etwas habe ich niemals gesagt. Schon gar nicht einem Rezeptionisten einer ausländischen Verwaltung.“

„Das ist wohl Henrickson gewesen“, erklärte ein anderer Sentinel, der bisher schweigend am Konferenztisch saß. „Nehmen Sie seine Worte bitte nicht so ernst. Offenbar ist dies seine einzige Möglichkeit, sein … Interesse an einer Person kundzutun. Er ist ein Level 2 Sentinel mit … einigen schweren zwischenmenschlichen Handicaps. Er befindet sich im 2. Tiefentraining.“

„Um auf Ihr Problem zurückzukommen … natürlich sind Sie uns keinerlei Rechenschaft schuldig. Aber unseren Erkenntnissen zufolge haben Sie bereits einige Sentinels kennenlernen können, darunter viele hochrangige US-Amerikaner. Doch niemand scheint für Sie angemessen zu sein. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund, für ihre Ungebundenheit?“, fragte Langdon ganz ohne Umschweife.

„Es war mir nicht bewusst, dass ich überhaupt ein Problem habe“, erwiderte Rodney gleichgültig. „Die Bindung an einen Sentinel ist weder Pflicht, noch unterliegt sie meines Wissens nach einer zeitlichen Terminvorgabe, oder irre ich mich? Außerdem entsprachen die paar Sentinels, die ich bisher traf, kaum meinen Fähigkeiten und Begabungen. Ich gehöre zu den stärksten Guides Kanadas, und ich bin nicht bereit, meine Kraft und Konzentration und Zeit an Niedrig-Level Sentinels zu verschwenden.“

„Niedrig Level-Sentinels? Mindestens einer dieser Personen war ein Level 5-Sentinel“, brachte Langdon zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Und zudem recht unzuverlässig, verlogen und gehörte wohl zu einem Nomadenvolk, denn meinen Recherchen zufolge hatte er in den letzten drei Jahren mindestens 5 Mal seinen Wohnort gewechselt. Entweder war er vor etwas auf der Flucht, oder hatte sonstige schwerwiegende Probleme. Die anderen Sentinels waren intellektuell oder emotionell oder aufgrund ihres niedrigen Levels nicht kompatibel. In meinen Augen wäre es die reinste Zeitverschwendung gewesen.“

„Guide McKay-“

„Ich ziehe es vor, mit meinem Titel angesprochen zu werden. Doktor McKay reicht mir vollkommen“, korrigierte Rodney und legte genügend Selbstsicherheit und Überzeugungskraft in seine Stimme, dass er bei den meisten Anwesenden die gewünschte Reaktion sogar erblicken konnte.

„Doktor McKay, wie Können Sie über den Level eines Sentinels spekulieren, wenn in Ihrem Land keinerlei Methoden existieren, um ihre Fähigkeiten und Gaben entsprechend zu bestimmen und einzuordnen?“

„Ich bin Wissenschaftler und Neugier ist eine Voraussetzung für wissenschaftliche Tätigkeiten. Ich machte mich mit den Testmethoden anderer Länder vertraut. Außerdem habe ich Augen und Ohren im Kopf. Ich beobachte, ich höre zu und ich erkundige mich über die Leute, sollten Sie mich aus irgendeinem Grund interessieren.“ Das Rodney auch leicht emphatische Fähigkeiten besaß, behielt er lieber für sich.

„Wo glauben Sie, würde Ihr Level liegen?“, verlangte Langdon weiter zu wissen.

„Ich würde sagen, am oberen Ende des fünften Levels.“

„Dann haben sie sich ganz bewusst dafür entschieden, nie aktiv nach einem Sentinel zu suchen?“

„Das würde ich nicht sagen. Ich bin einem Sentinel durchaus nicht abgeneigt, jedoch sehe ich keinen Grund, mich, meine Arbeit oder meine Interessen gänzlich der Suche und dann einem halbwegs geeigneten Sentinel unterzuordnen. Ich suche eher nach einer … Balance. Warum sollte ich mich mit weniger zufriedengeben? Und außerdem habe ich schon jeher Prioritäten gesetzt und denen folge ich.“

„Ein Romantiker, das lobe ich mir“, schmunzelte Weaver im Versuch, die angespannte Situation wieder etwas aufzulockern. „Wenn ich daran denke, wie Simon und ich uns fanden, kann ich Sie nur ermutigen, Rodney. Es ist nicht unmöglich, den einen oder die eine Sentinel wirklich zu finden.“

„Wenn Ihnen das jedoch aus irgendeinem Grund schwerfallen sollte, sollten Sie vielleicht die Möglichkeit in Betracht ziehen, einen Sentinel in entsprechend geschützter Umgebung kennenzulernen“, erklärte Langdon weiter.

„Sie meinen diese monatlichen Treffen? Nach den ersten zwei Mal kam ich zu der Überzeugung, dass es nichts weiter als der jämmerliche Versuch einer Fleischbeschau unter dem Deckmantel Ihrer Ordnung, Regeln und Gesetze ist. Wenn Sie mich fragen, brauchen sie diese Regeln und Gesetze nur noch ein wenig mehr zu verschärfen und man ist von einem Sklavenmarkt nicht mehr weit entfernt.“

„Doktor McKay!“, hallte die erboste Stimme Langdons durch den Raum und doch konnte Rodney auch das teils empörte und teils schockierte Runen der anderen vernehmen.

„Rodney“, schaltete sich Weaver mit besänftigender Stimme ein und bat mit einer erhobenen Hand um Ruhe und das Wort. „Ich weiß, dass der Unterschied zwischen den Statuten unseres Sentinel-Guide Programms und das der Vereinigten Staaten in manchen Bereichen enorm ist, aber Sie werden sicher zustimmen, dass bereits so mancher Guide oder Sentinel bei einem solchen Treffen fündig geworden ist. Und selbst wenn nicht, konnte er sich zumindest mit Gleichgesinnten austauschen.“

„Ich verwende meine Zeit, Kraft und Konzentration doch lieber auf meine Arbeit, die bahnbrechende Erfolge verspricht. Sollte mir früher oder später ein geeigneter Sentinel über den Weg laufen, versichere ich Ihnen, dass ich weiß, was ich zu tun habe.“

„Ich frage mich gerade, warum Sie sich mit dieser Einstellung haben testen lassen“, meldete sich Langdon abermals zu Wort. „In Kanada besteht keine Pflicht sich dem Sentinel oder Guide Test zu unterziehen. Die Meldepflicht für ungebundene Guides und Sentinels einmal außer Acht gelassen.“

„Oh natürlich!“, platzte es aus Rodney. Auf einmal wurde ihm so einiges klar. „Das muss wohl ein Glücksfalls für Sie gewesen sein, als Sie von mir erfuhren, hm? Warum sonst haben Sie mir mindestens drei Mal einen Sentinel vorbeigeschickt? Doch wohl in der Hoffnung, ich würde auf einen anspringen“, erwiderte Rodney, dessen Geduld erstaunlich schnell erschöpft war.

Weaver war sichtlich irritiert und blickte fragend zu Langdon.“ Sentinel Langdon?“

„Es war lediglich ein Versuch. Mir kamen einige Berichte zu Ohren über einen äußerst begabten und brillanten Wissenschaftler, der zudem ein starker Guide zu sein schien. Guides sind bei uns eher Mangelware. Wir haben einige starke Sentinels, mich selbst dazugerechnet, aber es fehlt an ebenso starken Guides.“

„Und da dachten Sie, dass Sie mit Ihrer … selbst gegebenen Autorität einige der sogenannten starken Sentinels durch die Gegend, ja, sogar in geheime Einrichtungen scheuchen können, um mich auszuspionieren. Wie haben Sie überhaupt davon erfahren? Woher wussten Sie, dass ich dort war?“

„Ich habe meine Quellen, aber es spielt keine Rolle. Es geht hierbei um Sie“, erläuterte Langdon selbstgefällig.

„Nein, tut es nicht. Es geht hierbei um Sie. Die Sentinels die Sie zu mir schickten waren nur Späher. Sie wollten mehr über mich erfahren und nun kommt es Ihnen auch gerade Recht, dass mein Treffen mit Weaver hier im Hauptquartier in Seattle stattfindet oder warum sind Sie sonst ebenfalls anwesend? Meine Meldung über den Wechsel meines Aufenthaltsortes ist für gewöhnlich eine Sache von fünf Minuten und erfordert noch nicht einmal einen Botschafter von Weavers Rang. Schon gar nicht die Anwesenheit vor einem ausländischen Rat. Also, warum sagen Sie uns allen nicht, was der wahre Grund für meine Anwesenheit hier ist?“

Abwartend hatte Rodney ihn mit musterndem Blicken bedacht, doch eine Antwort bekam er zunächst nicht. Aber das erste, das ihm in den Sinn kam, als er versuchte, Langdons Beweggründe irgendwie zu erspüren, war Verlangen. Erst dann hatte er dessen Charakter studieren können und war vollends im Bilde.

Großartig-, dachte Rodney. -Noch einer, der wahrscheinlich noch über Leichen ging, nur um das zu bekommen, was er wollte, ohne darauf zu achten, was er tatsächlich brauchte.-

„Ich bin ein Level fünf Sentinel, Doktor McKay und Sie, wie Sie sagen wahrscheinlich ein Level fünf Guide. Wenn Sie sich hier testen lassen, wird herauskommen, dass wir durchaus gut zusammenpassen könnten.“

Jetzt musste Rodney doch auflachen. „Die Kompatibilität zwischen Guide und Sentinel ist nicht alleine von einem Test abhängig. Ich bin der Meinung, dass der Charakter und die allgemeine Einstellung den größten Teil einer harmonischen Beziehung zwischen beiden ausmachen. Sind diese nicht vorhanden oder total vermurkst, nützt auch der beste Guide nichts mehr.“

„Doktor McKay, Sie schulden -„

„Ich schulde niemandem irgendetwas. Schon gar nicht dem amerikanischen Center. Das sollten Sie nicht vergessen, Sentinel Langdon und sehen Sie das als eine Absage Ihres … überaus schmeichelnden Angebots an. Sie erhalten von mir weder eine Erklärung, wie oder warum mein Status so ist, wie er ist, noch Informationen über meinen nächsten Aufenthaltsort oder wo ich beschäftigt bin oder sonst irgendeine Rechenschaft und ich werde mich auch keinen Tests unterziehen. Und nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich es nicht schätze, wenn man mir hinterher schnüffelt oder sich in mein Leben mischt. Ich mag es auch nicht, mit Sentinels bombardiert zu werden, die mit mehr Glück als Verstand gerade so ihren Highschool Abschluss beziehungsweise das College geschafft haben. Wie sie es geschafft haben, dass man ihnen überhaupt Zutritt zu so einer geheimen Einrichtung verschafft hat, liegt jenseits meines Verständnisses. Ihre Berichte scheinen eher dürftig zu sein, Sentinel Langdon. Andernfalls wüssten Sie, dass ich es nicht ausstehen kann, mich mit dummen oder grenzdebilen Leuten abgeben zu müssen. Ich erwarte ein Mindestmaß an Charakter und Bildung und das nicht nur bei Sentinels. Ich hoffe ich habe mich deutlich genug ausgedrückt und nun entschuldigen Sie mich. Ich habe eine Maschine zu erwischen.“

„Rodney, ich würde Sie gerne nach unten begleiten.“

Rodney sah keinen Grund, Weaver diese Bitte zu verweigern, zumal er in dem Mann lesen konnte wie in einem Buch. Er war mindestens genauso wütend und enttäuscht wie er selbst. Erst als die beiden den Lift betraten, sprach Weaver wieder.

„Gut gesprochen, Rodney“, meinte er leise. „Und ich muss mich entschuldigen. Ich bin selbst über die Handlung meines amerikanischen Kollegen überrascht und muss gestehen, ich bin auch beschämt über das bisherige Verhalten meiner eigenen Leute in Kanada. Ich weiß, wir haben andere Vorgehensweisen, Protokolle und was sonst noch alles, aber ich glaube, dass es zumindest einigen in unserem Rat bekannt sein musste, dass Sie derart beobachtet wurden und man dort ebenfalls mit dem Gedanken eines neuen Tests spielt. Aber ich versichere Ihnen, ich wusste nichts davon. Darüber wurde ich nicht informiert. Ich werde jedoch alles in meiner Macht stehende tun, damit so etwas nicht mehr geschieht und Sie Ihre Zeit in den Staaten in Ruhe genießen können. Ich muss aber auch zugeben, dass ich es gerne sehen würde, wenn Sie einen kompatiblen Sentinel finden. Ich weiß, Sie sehen es als Ihre Privatsache an, aber ganz so einfach ist nicht. Sie sind als Guide gemeldet und es ist unsere Pflicht, uns darum zu kümmern, dass Sie Ihre Fähigkeiten und Begabungen effektiv und zielgerichtet und ohne Hindernisse einsetzen können. Sollte das nicht geschehen, wirft es nun mal Fragen auf.“

„Oh bitte! Die Existenz der Sentinels ist seit gerade mal zwei Jahren bekannt. Sie sollten sich vielleicht mehr um die Guides und Sentinels kümmern, die schon seit Jahren oder Jahrzehnten mit ihren Fähigkeiten und Sinnen hadern müssen, anstatt jemandem die Hölle heißzumachen, der sich nicht mit einem x-beliebigem zufriedengibt.“

„Sie haben recht Rodney, Sie haben recht. Bis vor Kurzem glaubte ich auch, niemals einen passenden Sentinel zu finden und dann traf ich Simon.“ Weavers Blick glitt in die Ferne und doch sprach er weiter. „Es ist am Ende alles eine Frage der Zeit … und für uns heimliche Romantiker auch des Schicksals.“

Rodney und Raymond blickten sich stumm an und lächelten dann. „Ich halte mich eigentlich nicht für einen Romantiker“, meinte Rodney leise.

„Das habe ich auch nie von mir gedacht und jetzt sehen Sie mich an.“

Als sich die Lifttüren im Erdgeschoss wieder öffneten, lachten Rodney und Raymond noch immer und begaben sich gemeinsam zum Ausgang.

„Ich nehme an, Sie möchten das kanadische Institut in Vancouver selbst über Ihr nächstes Ziel informieren.“

„Tut mir leid, aber das habe ich tatsächlich vor.“

„Kein Grund sich zu entschuldigen“, winkte Weaver schnell ab. „Ich werde sicherstellen, dass ein Telefonanruf in diesem Fall genügt.“

„Danke. Und bitte richten Sie Ihrem Simon meine Grüße und Glückwünsche aus. Ich hoffe, dass ich ihn irgendwann einmal kennenlernen kann.“

„Das hoffe ich auch. Ich hoffe, dass Sie Ihren Sentinel bald finden, und dass Sie beide dann einander all das finden, was Sie brauchen und Sie stärkt.“

„Tja, äh … danke.“

„Und Rodney … der Sentinel, der Sie als Guide akzeptiert, kann sich wirklich glücklich schätzen“, wisperte Weaver und bedauerte, dass er schon durch bloßes Händeschütteln seinen eigenen Sentinel vor den Kopf stoßen würde.

Stargate-Center, Colorado Springs, Colorado

 

„Na, schon heimisch eingerichtet?“, ertönte Daniel Jacksons Stimme von der Tür und ließ Rodney gerade beim Aufstellen seiner geliebten Kaffeemaschine innehalten.

Rodneys früheres zeitweiliges Labor wurde zu seinem eigenen permanenten Labor, aber es kam ihm nicht wirklich in den Sinn sich heimisch, wie Jackson es nannte, einzurichten. Ihm genügten einige leistungsstarke Computer, verschiedenste Messinstrumente und anderes Equipment, und eben jene geliebte Koffeinlieferantin. Ohne die ging nichts. Alles andere war nur unnötiger Schnick-Schnack, empfand Rodney.

„Doktor Jackson“, grüßte Rodney zurück, stellte die Kaffeemaschine endlich ab und wandte sich gänzlich seinem Besuch zu. „Ja, das war nicht weiter schwer. Es ist bereits alles da, was ich für meine Arbeit brauche.“

„Verstehe“, gab Daniel zurück und musterte Rodney einen Moment lang, bevor es aus ihn herausplatze. „Sie sind ein Guide!“

Rodney zuckte kaum merklich zusammen, riskierte dann aber selbst einen vorsichtigen Scan seines Gegenübers. „Genau wie Sie.“

„Ja … ja. Tut mir leid, wenn ich zu direkt war. Aber … wow, all die Zeit habe ich nichts gemerkt und dabei sind Sie so stark, dass man sich nicht einmal besonders anstrengen muss.“

Rodney schmunzelte ob dieses Kompliments. „Und Sie sind Level 3 … 4?

„Level 4 sagte man. Aber offensichtlich noch nicht vollständig online. Im Gegensatz zu Ihnen“, erklärte Daniel weiter.

„Ja … es hat alles seine Vor- und Nachteile“, meinte Rodney leise, als er sich um die Installation seines Computers kümmerte.

„Sie haben also keinen Sentinel?“

„Nein. Ist es denn Voraussetzung hier?“, platze es aus Rodney.

„Nein! Gott, nein. Ich war nur neugierig.“

„Wirklich? Nur neugierig oder wurden Sie nicht doch vom amerikanischen Sentinel-Guide-Center geschickt, um mich im Auge zu behalten oder mir den nächsten Sentinel schmackhaft zu machen?“, meinte Rodney knurrend und musterte Daniel noch intensiver.

Natürlich spürte Daniel das durchforsten seines Verstandes und im Normalfall würde es sich sofort zur Wehr setzen oder den Eindringling in seine Schranken verweisen. Aber gerade diese Vorgehensweise McKays verriet ihm, dass er offenbar schlechte Erfahrungen mit dem Sentinel-Guide Center gemacht haben musste. Nur was hatte der Kanadier mit dem amerikanischen Center zu schaffen?

„Wirklich nur neugierig. Als ich herkam, dachte ich, dass wir uns ein wenig besser kennenlernen könnten, mehr nicht. Und jetzt, wo ich weiß, dass Sie ein Guide sind, denke ich, dass wir als Guides eine Menge gemein haben, worüber wir uns austauschen könnten.“

„Oh …“, wisperte Rodney verlegen und sah sich ebenso betreten in seinem Labor um, auf der Suche, nach der nächsten Ablenkung.

„Muss wohl eine ziemlich unangenehme Begegnung mit unserer Sentinel und Guide Gesellschaft gewesen sein“, schlussfolgerte Daniel.

„Das Übliche. Ich schätze, es gibt in jeder Gesellschaft schwarze Schafe.“

„Ah, also ein Einzelner. Hätte mich auch gewundert. Sentinel und Guides sind seit etwa zwei Jahren der Öffentlichkeit bekannt. Zentren gibt es noch nicht so viele, ganz zu schweigen von Leitfäden für den Umgang mit uns und vor allem den Sentinels.“

„Kennen Sie einen Neal Langdon?“, fragte Rodney ohne Umschweife und Daniel überlegte nur kurz.

„Nein, der Name sagt mir nichts.“

„Das neueste Mitglied Ihres Rates und offenbar ziemlich daran interessiert, dass ich einen Sentinel finde.“

„Und am besten noch ihn, hm? Das ist leider sehr verbreitet. Sentinels egal welchen Levels fühlen sich automatisch zu hochrangigen Guides hingezogen. Das ist ebenfalls das Ergebnis fehlender oder falscher Leitfäden für unsere Population. Aber wahrscheinlich werde ich bald von diesem Langdon hören. Ich stehe in ständigem Kontakt mit dem Sentinel-Guide Center, da ich im Moment der höchstrangige Guide auf dieser Basis bin. Bis jetzt. Sie liegen auf der Skala weit über mir.“

„Ist so etwas nicht Aufgabe eines Sentinels?“, fragte Rodney irritiert.

„Schon, aber auf dieser Basis gibt es noch keinen Sentinel. Zumindest keinen, der vollständig online ist ist.“

„Nun, das ist irgendwie erfrischend und beängstigend zugleich. Dennoch glaube ich, dass man sich doch in aller Ruhe seiner Arbeit widmen kann und keine Sorge, ich werde Ihnen Ihren Platz auch nicht streitig machen.“

„Okay“, gab Daniel leise zurück, doch Rodney entging nicht das kleine unterdrückte Bedauern in seinem gegenüber und er fragte sich, was genau er bedauerte.

„Darf ich fragen, warum Sie noch keinen Sentinel haben?“, fragte Rodney leise.

„Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, aus dem Sie noch ungebunden sind. Den Richtigen zu finden, ist wirklich nicht einfach und ihn dann zu einem Test zu überzeugen erst recht nicht.“

Rodney musste sich nicht besonders anstrengen, um die Identität des Mannes herauszufinden, zumal er ihm schon früher während seiner kurzen Besuche im SGC über den Weg lief.

„O´Neill? Sie glauben, O´Neill ist Ihr Sentinel?“

„Ich hege zumindest den Verdacht, dass er einer ist. Aber ich kriege ihn noch dazu, sich einem Test zu unterziehen, spätestens, wenn seine Sinne online kommen.“

 

. : : Das Kennenlernen : : .

-2004-

„Also, damit ich das richtig verstehe –das IOA lässt McKay nicht mit nach Atlantis kommen ,weil er nicht gebunden ist?“, fragte O´Neill stirnrunzelnd. „Wir haben einige Guides und Sentinels in verschiedenen Programmen, die nicht gebunden sind. Daniel hier ist das beste Beispiel.“

„Ich bin aber auch kein Kanadier“, meinte Daniel

„McKay ist ein sehr starker Guide und untersteht dem kanadischen Sentinel-Guide-Institut“, erkläre Elizabeth, als sie sich im Stuhl gegenüber dem General zurücklehnte. Sie ließ ihren Blick über den brütenden Rodney, der an ihrer Seite saß, gleiten. „Das IOA befürchtet wohl eine Problematik mit dem Institut, wenn sie ihn einfach so gehen lassen, ohne dem Institut mitteilen zu können, wohin er denn geht.“

„Das ist doch Blödsinn. Auch dem amerikanischen Sentinel-Guide-Center werden die Aufenthaltsorte so mancher Sentinels und Guides nicht mitgeteilt, wenn es um streng geheime Operationen geht“, platzte es wieder aus O´Neill.

„Ich habe mich lang und breit mit dem Institut unterhalten“, warf Rodney ein. „Sie würden es zwar äußert gerne sehen, wenn ich einen Sentinel finde, aber ich habe ihnen bereit vor zwei Jahren meinen Standpunkt diesbezüglich erklärt. Von ihrer Seite gibt es dennoch keine Probleme. Es ist mehr der Argwohn des kanadischen IOA Botschafters, an dem es scheitern soll.“

„Tja, wenn das so ist … das IOA hat leider mehr Einfluss und Autorität, als es dem SGC lieb ist, also läuft es darauf hinaus, dass Sie sich wohl oder übel doch einen Sentinel suchen müssen, wenn Sie nach Atlantis wollen.“

Rodney antwortete nicht, aber seine verdrießliche Miene erklärte alles.

~~~///~~~

Es kam, wie es kommen musste und wie Rodney von vorne herein wusste. Kein einziger Sentinel schien gut genug zu sein. Dabei erwischte er sich immer wieder, wie er sich selbst fragte, ob er dem kanadischen IOA Repräsentanten vielleicht doch mal einen Besuch abstatten und ihn fragen sollte, warum dieser glaubte, ihm vorschreiben zu können, was er zu tun oder zu lassen, oder wohin er zu gehen oder nicht zu gehen hatte. Oder nahm Rodney es am Ende mit seinen Suchkriterien vielleicht etwas zu streng?

Ja, er hatte noch einige Posten im Wissenschaftlichen Bereich zu vergeben und beabsichtigte, einen Sentinel zu finden, der ihm in akademischen und intellektuellen Bereiche entgegen kam. Doch es traf entweder nur eines der beiden zu oder es gab weitere Probleme, die generell gegen einen Antritt zur Atlantis Mission sprachen. Von den persönlichen Geschichten der Personen ganz abgesehen, die Rodney bestenfalls einen kalten Schauer über den Rücken jagten.

Rodney war es langsam leid und wenn er seine Freunde und Kollegen Sam und Daniel so ansah, schienen zumindest Daniel auch so langsam jeden Lebenswillen zu verlieren, während Sam in einige Personalakten des Militärs vertieft schien, aber auch da nicht wirklich aushelfen konnte.

„Der Mann hat größere Unterhaltszahlung, als seine Doktorarbeit wohl Wörter hatte“, platze es aus Rodney, als er eine weitere Personalakte schloss und sie auf den Stapel zu den anderen warf. „Dass er überhaupt daran denkt, den Planeten und seine Kinder zu verlassen …“

„Vielleicht will er so um die Unterhaltszahlung herum kommen“, meinte Daniel, der es Rodney gleich tat und eine weitere Akte auf den Stapel legte.

„Was nützt ihm das auf Atlantis? Alle Kandidaten wurden darüber informiert, dass es gut möglich ist, dass die Expedition eine Einbahnstraße ist. Zumindest in den ersten sechs Monaten.“ Rodney griff nach seiner Tasse, nur um frustriert festzustellen, dass auch die viert Tasse Kaffee bereits lange kalt war. „Das ist ja beinahe so schlimm, wie die ganzen Sentinels, die euer Center mir mal nach Area 51 schickte.“

„Rodney“, seufzte Daniel, als er die Brille abnahm und ihre Gläser mit seinem Jackenärmel reinigte. „Was spricht gegen einen Soldaten? Wenn du dir wirklich sicher bist, dass dein Sentinel ein Mann ist, werden wir vielleicht in den Personalakten des Militärs fündig. Wir sollten die Suchparameter vielleicht ein bisschen verändern.“

„Ich habe mich schon in ein paar Akten umgesehen. Zumindest soweit mir Zugang gestattet wurde. Es tut mir leid, Daniel, aber ich kann nicht einfach den erstbesten Sentinel nehmen, der mir über den Weg läuft.“

„Ich weiß und glaube mir, ich verstehe dich gut“, meinte Daniel und er verstand es wirklich. Er konnte sich absolut nicht vorstellen, jemals einem anderen Sentinel zu gehören, als seinem einzig wahren. Auch wenn dieser selbst noch nichts von seinem Glück wusste. Oder besser gesagt wissen wollte. Aber Daniel war geduldig. Seine Arbeit im SGC machte es ihm da auch einfach. Rodney hingegen hatte gerade mal noch ein halbes Jahr, um seinen Sentinel zu finden.

„Weißt du was? Wir könnten auch Zugang zu den Akten von Soldaten, die im Moment nicht oder nicht mehr im aktiven Dienst sind, erbitten. Manch einer von ihnen hat auch im akademischen Bereich oder im Ingenieurswesen einiges zu bieten und vielleicht ist dein Sentinel ja unter ihnen zu finden“, schlug Sam vor, als sie selbst die letzte Akte zur Seite legte.

„Wie denn? Man hat erst vor zwei Jahren angefangen, Soldaten auf das Sentinel/Guide-Gen zu untersuchen. Ich glaube nicht, dass es so einfach wird, meinen Sentinel unter den wenigen zu finden.“

„Aber nicht unmöglich. Es wäre doch zumindest einen Versuch wert“, wandte Sam wieder ein und sah mit Daniel flehend aber doch geduldig abwartend zu Rodney, der sich dann an diesen letzten Strohhalm klammern wollte.

~~~///~~~

4 Tage später

„Jack, wir haben ein Problem.“

Jack war es mittlerweile gewohnt, dass Daniel einfach so in sein Büro platzte und sofort darauf los redete. Wenn er ehrlich war, war es etwas, dass niemals wirklich gestört hatte. Der Elan des Mannes hatte ihn von Anfang an fasziniert, geradezu gefesselt. Aber die Tatsache, dass er McKay im Schlepptau hatte, ließ ihm Übles schwanen.

„Ach was?“

„Wir haben uns eingehend mit der Suche nach einem Sentinel beschäftigt, doch es stellte sich schwieriger heraus, als gedacht. Wie du weißt, gibt es generell sehr wenige Sentinels. Am allerwenigsten in akademischen Bereichen, in denen wir uns hauptsächlich umgesehen haben. Die, die wir fanden, waren entweder zu schwach, konnten uns mit ihren Abschlüssen nicht überzeugen oder würden die Sicherheitsfreigabe von vorne herein nicht bekommen oder –“

„Daniel“, mahnte O´Neill geduldig.

„Wir haben unseren Suchbereich ein wenig … ausgeweitet“, fuhr Daniel fort. „Wir haben uns auf Leute mit militärischem Hintergrund konzentriert, aber es gibt auch da recht wenige Sentinels, die entweder bereits gebunden oder nicht stark genug sind, oder aus anderen Gründen für uns nicht in Frage kommen oder wir kommen erst gar nicht an ihre Akten heran. Das Pentagon hat immer noch Probleme mit dem ganzen Konzept von Sentinels und Guides. Sie scheinen alle Hände voll zu tun zu haben, was die Identifikation von Sentinels und Guides angeht. Das Gesetz zur Registrierung bei Eintritt in den militärischen Dienst ist noch neu und daher konzentrieren sie sich hauptsächlich darauf, anstatt derzeitiges Personal zu testen und-“

„Daniel“, mahnte Jack noch einmal.

„Wir stießen auf ihn“, meinte Daniel und überreichte seinem Freund ein Akte, die dieser zunächst überflog.

„Und?“

„Das ist das Problem. Er ist nicht mehr im aktiven Dienst.

„Das ist kein Problem, das ist Pech.“

„Jack, er könnte perfekt sein. Er ist ein Sentinel, ein ziemlich starker sogar und laut Beckett hat er sogar noch ein ziemlich ausgeprägtes Antiker-Gen.“

Jack runzelte die Stirn. Ein Sentinel mit einem Antiker-Gen war so rar, es war beinahe unmöglich.  Wenn man nach Daniel ginge, wäre nur ein einziger Fall bekannt. Jack wusste schon seit längerem, dass er ein starkes Antiker-Gen besaß und Daniel lag ihm nun schon seit Jahren in mit seiner Theorie, dass er auch noch ein Sentinel sei, in den Ohren. Aber Jack hatte sich bisher nicht testen lassen. Vielleicht sollte er sich doch noch einmal den Kopf darüber zerbrechen. Vor allem wenn er bedachte, dass er wieder einmal über die Akte eines ehemaligen und frustrierten US-Soldaten stolperte. Es war eine Schande wie die Verantwortlichen mit diesen Dingen umgingen. Jack studierte die Akte und versuchte krampfhaft, sich nicht an Daniels geradezu ansteckender Nervosität zu stören. Wie der Mann als Guide eingestuft werden konnte, war ihm manchmal schlicht ein Rätsel. „Verstehe. Aber der Mann hatte gegen einen direkten Befehl gehandelt. Was soll ich da jetzt -“

„Als er drei seiner Kameraden das Leben retten wollte, ja. Aber wundert es dich denn nicht, dass er nach einer solchen Befehlsverweigerung einfach so aussteigen konnte?“, fragte Daniel, worauf ihn Jack nur abwartend ansah.

„Du denkst, es hat etwas damit zu tun, dass er ein Sentinel ist?“

„Davon ist wohl auszugehen.“

„Wir alle wissen, dass das Militär dieses Landes sich in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, wenn es um den Umgang mit Sentinels und Guides geht“, meldete sich Rodney zu Wort.

„McKay -“

„Es grenz schon an ein Wunder, dass man seine Blutprobe damals an Beckett schickte und er somit das Sentinel Genom und das Antiker-Gen feststellen konnte. General, Sie haben seine Akte vorliegen und Sie könnten seine Testergebnisse anfordern und herausfinden, was damals wirklich passiert ist. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er noch weit mehr zu bieten hat, als da drin steht. Er wäre ideal für Atlantis. Ein Sentinel mit Antiker-Gen. Sie … Sie könnten ihn wieder reaktivieren.“

„Wenn die Ergebnisse überhaupt noch existieren“, warf Jack müde ein. „Und er sich reaktivieren lässt. Wieso muss ich jetzt –“

„Wir könnten uns an die offiziellen Kanäle wenden, die sich mit diesen Fällen beschäftigen, aber dann warten wir Monate oder vielleicht Jahre auf eine Antwort, geschweige denn auf eine Klärung der Angelegenheit. Du hast Kontakte und Beziehungen und … ich glaube du kommst ohnehin besser an ihn heran, als wir alle zusammen.“

Jack lehnte sich zurück und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht, bevor er für eine ganze Minute zu Daniel und Rodney sah und kapitulierend seufzte. „Na schön. Ich werde einige Fühler ausstrecken und ein paar Gefallen einfordern. Wenn die Informationen, die ich dann vielleicht bekomme, mir ansatzweise gefallen, werde ich ihm einen Besuch abstatten.“

Zwei  Tage später

Los Angeles

Die Gerichtsverhandlung war bereits mehrere Monate her, und die vier Männer, die  die Sheppards eines Nachts angegriffen hatten und ausrauben wollten, sollten für einige Jahre hinter Gittern sitzen, zumal sie bereits ein Vorstrafenregister hatten, das in seiner Länge locker zum tapezieren gereicht hätte. Doch auch die Tatsache, dass John gerademal mit Notwehr davon kam –immerhin hatte er zwei der Männer derart verletzt, dass sie bis ans Ende ihres Lebens auf die eine oder andere Weise behindert  sein würden- beruhigten ihn und seine Familie kaum.

Zumal in beeindruckender Regelmäßigkeit  irgendwelche Agenten des Sentinel-Guide Centers vor der Tür standen und versuchen ihn und seine Familie, aber doch hauptsächlich ihn zu Tests zu überreden. Zum Glück fanden die Tests auf freiwilliger Basis statt, doch John spürte immer öfter, wie schwer es ihm fiel, seine Ablehnung ruhig und freundlich kundzutun.

Und auch Patrick Sheppard hatte nichts unversucht gelassen,  seinen Standpunkt klar zu machen. Das Sentinel Guide Center hatte sich mit den Sheppards arrangiert und verstanden, dass John keinerlei Interesse hatte, sich in naher Zukunft testen zu lassen. John war sich nicht ganz sicher, wie sein Vater  es geschafft hatte, – es würde ihn allerdings nicht wundern, dass der Name Sheppard auch in solch speziellen gesellschaftlichen Einrichtungen seine Kreise zog und an Gewicht gewann – aber seit beinahe zwei Jahren herrschte nun eine respektvolle Zurückhaltung seitens des Centers. Man schickte zwar immer wieder Einladungen zu Treffen und Gesprächsrunden  und auch mit Infomaterial wurde nicht gespart, doch im Großen und Ganzen ließ man John in Ruhe.

Bis es drei Personen  in Patricks Büro seines Firmenhauptsitzes geschafft hatten.

„Mister Sheppard –“

„Doktor Sheppard“, berichtige Patrick die drei, während er hinter seinem schweren Schreibtisch Platz nahm und seine Besucher musterte.

„Doktor Sheppard, ich bin General Jack O´Neill,  Lieutenant Colonel Samantha Carter von der United States Air Force und das ist Doktor Daniel Jackson. Wir würden gerne mit John Sheppard sprechen.“

„In welcher Angelegenheit?“

„In einer … vertraulichen Angelegenheit, Sir“, antwortet Sam.

„Vertraulich? John hat mit der Air Force nichts mehr zu tun. Die einzig vertrauliche Angelegenheit dürfte sich daher wohl auf die Geschehnisse Nahe Kandahār vor etwa zwei Jahren beziehen“, erwiderte Patrick. „Um es gleich auf den Punkt zu bringen, ich bin sehr dafür, dass Sentinels im Militär eine größere Bedeutung beigemessen wird und ich verstehe, dass so mancher Fall einer erneuten Befragung und Überprüfung unterzogen werden muss, aber solche Untersuchungen und Befragungen werden keine anderen Erkenntnisse bezüglich der Ereignisse oder meines Sohnes zu Tage bringen. Man hat ihm damals nicht glauben wollen und ihm die nötigen Untersuchungen und Tests verweigert. Stattdessen legte man ihm praktische nahe, die Air Force zu verlassen, weil sie es wohl zu anstrengend und sinnlos ansahen, das ganze vor Gericht zu bringen. Um ehrlich zu sein, war uns das dann auch mehr als Recht. Nun, zwei Jahre später, erachten wir es nicht als nötig, uns irgendwelchen Tests zu unterziehen. Wenn die Air Force der Meinung ist, meinen Sohn diesbezüglich doch noch belangen zu können, sollten Sie sich an meine Anwälte wenden. Wenn Sie aber denken, etwas bei meinem Sohn wiedergutmachen zu müssen, reicht eine förmliche Entschuldigung. Guten Tag.“

„Das ist wohl mehr, als ich in den letzten Tagen erfahren konnte“, meinte Jack gelassen und sah zu Daniel, der nur zustimmend nicken konnte. In den letzten Tagen hatte er nichts anderes  getan, als sämtliche seiner Kontakte spielen zu lassen und einen Gefallen nach dem anderen bei seinen Freunden, Bekannten und Kollegen einzufordern, nur um dann immer wieder gegen Wände zu laufen. Am Ende war er genau so schlau wie zuvor. Dafür aber umso versessener, endlich herauszufinden, was wirklich geschehen war.

„Wir sind nicht von der Abteilung für Sentinel-Angelegenheiten des Pentagons  und wir kennen die genauen Umstände des damaligen Vorfalles in die Ihr Sohn verwickelt wurde, nicht, aber wir würden dennoch gerne mehr darüber erfahren.“

„Wozu? Um ihm doch noch etwas zur Last zu legen? Brauchen Sie einen Sündenbock?“

„Wir brauchen Ihren Sohn. Wenn er wirklich ein Sentinel ist und seine Handlung dadurch erklärt und nachvollzogen werden kann, hat er doch nichts zu befürchten. Es geht hier hauptsächlich um die Zukunft Ihres Sohnes und um eine Möglichkeit für ihn wieder in den aktiven Dienst zurück kehren zu können.“

„General O´Neill, die Zukunft meines Sohnes bedeutet, besonders, wenn es um die Rückkehr in den aktiven Dienst geht, dass die Vergangenheit zu Tage gebracht werden muss. Mein Sohn ist daran nicht interessiert.“

„Bei allem Respekt, Doktor Sheppard“, wandte Daniel ein, „diese Entscheidung sollte Ihr Sohn selbst treffen. Wir wollen ihn zu nichts zwingen oder ihm Probleme bereiten. Wir wollen nur mit ihm reden.“

Patrick ließ seinen prüfenden Blick über die Besucher gleiten, wobei besonders lange Daniel musterte. „Sie sind ein Guide.“

„Ja. Woher –“

„Menschenkenntnis oder sagen wir einfach, es ist ein Gefühl.“

„Ja …“, wisperte Daniel und glaubte tatsächlich für einen kurzen Moment ein vertrautes Gefühl zu spüren, dass er bisher nur bei Jack oder einem anderen Sentinel gespürt hatte. Es würde ihn nicht wundern, wenn Patrick Sheppard selbst ein Sentinel wäre.

„Was, wenn seine Handlung nicht auf eine Sentinel-Angelegenheiten zurückzuführen ist?“ Patrick wusste, dass er nicht wirklich in dieses Hornissennest stechen sollte, aber er hatte auch nicht gerade ausreichend Auswahlmöglichkeiten wenn es um Johns Schutz und Sicherheit ging.

„Dann ist Ihr Sohn immer noch gut davon gekommen“, gab Jack zurück.

Patrick musterte ihn, Sam und Daniel noch eine ganze Weile bevor er nickte und sich erhob. „Ich werde John fragen, ob er mit Ihnen reden will. Wenn er Sie nicht sehen will, erwarte ich, dass Sie meine Firma sofort verlassen und ihn in Ruhe lassen. John mag ein erwachsener und starker Mann und Sentinel sein, aber ich werde es nicht zulassen, dass man ihn immer wieder mit den Fehlern anderer quält.“

~~~///~~~

Eine Woche später

„Dann hat Weir also tatsächlich ihren Sentinel gefunden?“, fasste Colonel Sumner Jacks kurze Erklärung zusammen, während sich Jack über die schlechte Laune und die abfällige Tonart des Marines wunderte. Mehr noch –er schien Doktor Weir, die direkt neben ihm saß gar nicht beachten zu wollen.

„Das steht noch nicht fest, Colonel. Sheppard wird heute Nachmittag erst einmal eine Führung erhalten und ich werde mich mit ihm unterhalten, weil ich selbst noch einige Fragen an ihn habe.“

„Ich muss sagen, General ich bin nicht gerade von der Idee eines Sentinel unter meinem Kommando angetan.“

„Die Atlantis Expedition ist eine zivile Operation und Doktor Weir hat das Kommando, Colonel. Sie haben das Kommando über das Militärkontingent, vergessen Sie das nicht. Was den Sentinel angeht, werden Sie sicher schnell  merken, wie nützlich er sein kann. Vor allem weil er das Antiker-Gen hat.“

„Das mag auch sein einziger Nutzen sein. In anderen Situationen wird er die Expedition gefährden“, platzte es aus Colonel Sumner. „Ich habe genug über sie gelesen, um zu wissen, dass sie leicht und schnell abzulenken und dann zu nichts mehr zu gebrauchen sind.“

„Sie beziehen sich auf Zone-Outs. Es betrifft Sentinels, mit mangelhaftem bis gar keinem Training“, erklärte Daniel, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte. „Meist jedoch Sentinels ohne Guide. “

„Ein weiterer Grund, warum ich keinen von Ihnen unter meinem Kommando haben will. Ich kann es mir nicht leisten, in brenzligen Situationen Händchen halten zu müssen, weil es ihn aus den Schuhen haut.“

„Das wird wohl kein Problem werden. Es ist gut möglich, dass er hier seinen Guide findet.“

„McKay? Damit verstoßen beide gegen die Verhaltensregeln und untergraben meine Befehlskette. Das ist unakzeptabel, Sir.“

„Vorsicht Colonel! Sie bewegen sich bereits auf dünnem Eis bei mir. Ich schlage vor, Sie beruhigen sich etwas und rufen sich ins Gedächtnis, dass es zum einen noch gar nicht feststeht, ob dieser Sentinel an der Expedition teilnimmt, und zum anderen, dass weder er noch McKay Mitglieder des Militärs sind. Somit unterstünden sie Weirs Kommando.“

„Ja Sir.“

„Die Beziehung eines Sentinels zu seinem Guide, unabhängig von den Geschlechtern der beiden, wird durch Gesetze geschützt, die der Präsident  höchstpersönlich durchgerungen hat und niemand hat das Recht ihre Beziehung zu hinterfragen oder auch nur Spekulationen anzustellen“, erklärte Daniel ruhig und gelassen. „Beide könnten Soldaten sein und nicht einmal das Pentagon würde es wagen, ihre Nase in deren Bett zu stecken.“

„Außerdem wurde Titel 10, § 654 des US Codes außer Kraft gesetzt, Colonel“, erklärte Elizabeth, die es allmählich leid war, von Sumner so abweisend behandelt zu werden. Seit der Mann erfahren hatte, dass die Atlantis-Expedition eine zivile Operation war, brachte der Mann seinen Unmut darüber mehr als einmal deutlich hervor. „Und das gilt für alle Frauen und Männer in Uniform, unabhängig ob sie das Sentinel/Guide-Genom besitzen oder ob sie gewöhnliche Menschen sind. Sheppard ist jedoch Zivilist und wie General O´Neill sagte, ist es mein Kommando und meine Verantwortung. Glauben Sie mir, die Möglichkeit einen starken Sentinel und einen ebensolch starken Guide wie McKay mit seinem Fachwissen und Können als leitender Wissenschaftler bei dieser Expedition dabei zu haben, ist für mich wichtiger, als mir Gedanken über deren Privatleben zu machen.“

Jack konnte sehen, wie sehr sich Sumner gerade auf die Zunge biss, um ein bissigen Kommentar herunter zu schlucken. „Wir sprechen noch einmal darüber, wenn ich mehr Informationen habe. Wegtreten.“

Sumner salutierte pflichtbewusst und verließ auf Jacks Nicken das Büro. Zurück blieben ein verwunderter General, ein ebensolch erstaunter Anthropologe und eine verärgerte Doktor Weir .

„Gut, dass du ihm nicht noch mehr Infos über den Sentinel gegeben hast.“

„Die erfährt er noch früh genug.“

~~~///~~~

Seit beinahe einer halben Stunde saß John nun im Konferenzraum innerhalb des Cheyenne Mountain. Aber die merkwürdige Unruhe die ihn schon befallen hatte, kaum dass er diesen Stützpunkt betreten hatte, war kaum noch auszuhalten.

Bisher bedauerte er es nicht, der Einladung des Generals gefolgt zu sein und er fürchtete sich auch nicht vor möglichen Konsequenzen, die seine Handlung vor etwa zwei Jahren betraf. Wenn man ihn deswegen belangen wollte, hätte man ihn bestimmt nicht die Wahl gelassen, freiwillig einen Fuß in eine Air Force Basis zu setzen und man hätte ihm bestimmt auch keine Führung durch den Stützpunkt gegeben. Aber er wusste, dass es früher oder später zur Sprache kommen würde. Nur wusste John beim besten Willen nicht, ob er jemals bereit wäre, darüber zu sprechen.

Die Tür öffnete sich und John wurden weiteren Personen vorgestellt. Doch in dem Moment, in dem er Doktor Rodney McKay die Hand schüttelte und ihm in die Augen sah, wusste John, was es mit diesem merkwürdigem Gefühl auf sich hatte.

Er konnte nicht mehr gegen diesen merkwürdigen Schwindel angehen, der ihn unbarmherzig in das blaueste Blau zog, dass er jemals in den Augen eines Menschen gesehen hatte. Er konnte sich nicht bewegen, er wollte sich nicht bewegen. Der Schwindel löste sich in einem Meer voller Wärme, Akzeptanz und Sicherheit auf und John wollte niemals wieder diesen Ort verlassen.

Doch dann fand er sich in einem der bequemen Stühle des Konferenzraumes wieder, und spürte die warmen Hände McKays, die Hände eines Guides auf seinem Arm. „Mister Sheppard.“

„Es geht mir gut. Es … es geht mir gut. Danke.“

Rodney nickte nur, ließ seinen prüfenden Blick aber nicht von seinem Gegenüber. „Wie oft sind Sie in den letzten Jahren gezoned?“

„Keine Ahnung. Habe nicht mitgezählt. Aber mit Sicherheit öfter, als mir lieb ist.“

„Sie haben kein Training oder zumindest nicht genug … und Sie haben keinen Guide.“

John senkte den Blick und schüttelte mit dem Kopf. „Nein.“

„Wo wir gerade davon sprechen … warum haben Sie sich nie testen lassen?“, fragte Jack unverblümt.

„Das ist … Privatsache, Sir“, antworte John und setzte sich in seinem Stuhl ein wenig aufrechter hin.

„Dann kann ich annehmen, dass es die gleiche Privatsache ist, die Sie dazu veranlasst hat, die Air Force zu verlassen ohne auf die Tests auf das Sentinel-Genom zu bestehen?“

„Sie sagten mir bei Ihrem Besuch, dass Sie über die Möglichkeit meiner Mitarbeit in ihrem Programm sprechen möchten. Ich kann mir allerdings beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich in der Abteilung für Weltraumradartelemetrie von großem Nutzen sein könnte“, erklärte John ausweichend auf O´Neills Frage.

„Richtig. Die Weltraumradartelemetrie-Geschichte war nur eine Finte, um Sie herzulocken“, erklärte Jack und konnte sofort sehen, wie sich Ärger ins Johns Miene wiederspiegelte. „Wenn Sie diese Verschwiegenheitserklärung unterschreiben, können wir ganz offen und ehrlich miteinander reden.“

„Verschwiegenheitserklärung?“, seufzte John und war kurz davor, aufzustehen und einfach zu gehen.

„Es ist wirklich nicht mehr als das. Sie unterschreiben und verpflichten sich dazu, mit Niemanden über das, was Sie heute hier sehen und erfahren zu sprechen“, erklärte Rodney, der das Misstrauen seines Tischnachbarn spüren konnte.

John sah zu Rodney, fürchtete aber, sich nochmals in den blauen Augen zu verlieren. Dieser Mann war ein Fremder für ihn. Er kannte ihn gerade mal wenige Minuten und zugegeben er hatte ihn gekonnt aus einem Zone-out geholt, aber das war es auch schon. Und doch hatte er Vertrauen zu diesem Mann. Ein Vertrauen, wie er es noch nie bei irgendjemanden gespürt hatte und John fragte sich, ob es damit zu tun hatte, dass dieser McKay ein Guide war. John unterschrieb nach Rodneys zustimmenden Nicken.

„Kommen Sie“, meinte Jack als er sich erhob und John zu sich winkte. Er drückte auf den Kontrollknopf, der das Schott des großen Fensters hochfahren ließ. „Das könnte Ihre Möglichkeit sein, wieder in den aktiven Dienst zurück zukehren.“

John starrte auf den großen, fremdartigen Metallring, der den unteren Raum dominierte. „Was ist das?“

„Das ist das Stargate und der Rest erzählt Ihnen Daniel.“

„1928 haben Forscher das Stargate bei Ausgrabungen in Ägypten gefunden …“, begann Daniel zu erklären und für eine ganze Weile vergaß John alles andere, während er aufmerksam den Erklärungen des Archäologen lauschte.

~~~///~~~

„Sie wollen mir also erzählen, ich sei ein … ein Alien“, entfuhr es John skeptisch.

„Nicht ganz. Sie besitzen das Antiker-Gen, weil sich irgendwann einmal ein Antiker in Ihren Familienstammbaum eingemischt hat“, erklärte Rodney. „Aber Sie sind so menschlich, wie jeder andere von uns.“

„Und woher wissen sie, dass ich dieses Gen habe? Noch wichtiger, woher wissen Sie, dass ich ein Sentinel sein soll?“

„Oh, Sie sind mit Sicherheit ein Sentinel“, bestätigte Jack Johns zweifelnde Frage. „Das hat uns Doktor Beckett bestätigen können. Er beschäftigt sich mit Erforschung des Antiker und Sentinel-Genoms. Vor zwei Jahren, ich gehe davon aus, unmittelbar vor ihrem Ausstritt aus der Air Force, wurde Ihnen eine Blutprobe entnommen. Für Sie gehörte das zum Standartprozedere aber wir haben zu dieser Zeit damit angefangen, Angehörige unserer Streitkräfte nach diesem speziellen Gen zu suchen und Sie waren einer der ersten. Aber aus irgendeinem Grund erreichte uns ein Teil Ihrer Blutprobe erst viel später. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als wir Sie über den üblichen Dienstweg nicht mehr erreichen konnten.“

„Warum melden Sie sich jetzt? Warum ausgerechnet ich?“

„Doktor Weir will unbedingt einen Sentinel  unter den Expeditionsmitgliedern haben und ich persönlich bin ebenfalls der Meinung, dass Sentinels im Stargate-Programm einen unschätzbaren Dienst leisten könnten. Ganz besonders aber in einer fremden Stadt in einer fremden Galaxie wäre ein Sentinel von enormen Vorteil.“

„Und was wären die Nachteile? Was verschweigen Sie mir?“

„Wie kommen Sie darauf, dass wir Ihnen etwas verschwiegen?“, fragte Rodney.

„Ich weiß, wenn man Spielchen mit mir spielen oder mich hinters Licht führen will.“

Überrascht zog Rodney eine Augenbraue hoch. Das schein der erste Hinweis auf Johns tatsächliche Stärke seines Sentinel-Genoms zu sein. Wobei er sich jedoch nicht sicher war, ob John dafür seine fünf Sinne nutze oder ob er vielleicht sogar weitere hochentwickelte Fähigkeiten besaß. Seine eigenen Empfindungen diesem Mann gegenüber waren da sehr verwirrend.

„Die Reise nach Atlantis in der Pegasus-Galaxie könnte sich durchaus als eine Einbahnstraße herausstellen. So viel sollte von vorne herein klar sein. Außerdem … „“ Rodney schluckte und überraschte sich selbst dabei, wie er merkte, dass Atlantis für ihn plötzlich zur Nebensache wurde.

So fühlte es sich also an, den einen, seinen Sentinel zu gefunden zu haben. Rodney konnte nicht wirklich einen klaren Gedanken diesbezüglich fassen und das wollte er auch nicht. Er  wusste nur, dass er lieber die Chance nach Atlantis zu gehen, an sich vorüber ziehen lassen würde, als seinen Sentinel wieder zu verlieren. Aber genau das zwang ihn auch dazu, ehrlich, offen und fair gegenüber diesem Mann zu sein. „Außerdem sind einigen Personen die an dieser Expedition teilnehmen wollen, einige … Auflagen auferlegt worden, die einen Sentinel notwendig machen.“

John blickte ihn für eine ganze geschlagene Minute an, bevor er ratlos nickte. „Was erwarten Sie jetzt von mir?“

„Eine Antwort auf die Frage, ob Sie daran interessiert sind, durch dieses Tor zu gehen und an der Atlantis Mission teilzunehmen“, antwortete Jack.

John stand wieder auf und trat an das Fenster. Nur kurz blickte er zum Stargate hinab und rieb sich dann mit beiden Händen über das Gesicht.

„Wenn ich interessiert wäre, müsste ich mich testen und registrieren lassen.“

„Ja. Rodney muss dem kanadischen IOA Abgesandten einen für sich kompatiblen Sentinel präsentieren und das bedeutet auch eine offizielle Meldung beim kanadischen Sentinel/Guide-Institut. Vorausgesetzt, Sie akzeptieren ihn als Ihren Guide, sind aber nicht registriert, wirft es Fragen innerhalb des Instituts und unseres Centers auf“, entgegnete Daniel.

John lächelte traurig und schüttelte unmerklich mit dem Kopf. Natürlich sollte es nicht so einfach sein. Hatte er anfangs noch geglaubt, irgendwie um die Geschehnisse in Afghanistan herum zu kommen, so würden nun doch Fragen gestellt werden, über die er niemals wieder sprechen geschweige denn nachdenken  wollte.

John wusste, dass er in der Falle saß. Atlantis und die Reisen zu anderen Planeten könnte er vielleicht den Rücken kehren, aber nicht diesem Mann. Nicht McKay, seinem Guide. John hatte niemals einen Gedanken daran verschwendet, sich testen und registrieren zu lassen und einen Guide zu finden, mit dem es ihm vielleicht so viel besser gehen würde, mit dem alles so viel besser wäre. Auch wenn ihm sein Vater und Bruder noch so sehr in den Ohren damit lagen. Aber jetzt gab es ihn, seinen Guide. Sein Guide, der sich nichts sehnlicher wünschte, als nach Atlantis zu gehen, obwohl John wusste, dass Rodney ihn gehen lassen würde, wenn er ablehnte. Und diese Gewissheit schmerzte ihn auf eine Weise, wie er es nie für möglichgehalten hätte.

„Wenn ich mich als Zivilist registrieren lasse …“

„Dann unterstünden Sie auch dem Sentinel/Guide-Center. Dieses würde erfahren, dass Sie, sagen wir als wisschenschaftlicher  oder technischer Berater der Air Force im Cheyenne Mountain eingesetzt werden, aber sie erführen nichts über ihren wahren Einsatzort“, erläuterte Jack weiter.

„Weltraumradartelemetrie“, seufzte John amüsiert.

Jack nickte, selbst ein wenig lächelnd. „Aber auch dann wirft es in Ihrem Fall Fragen auf, wenn man bedenkt, dass Sie bereits eine Vergangenheiten in und mit der Air Force haben.“

„Natürlich“, kam es tonlos von John.

John wusste nicht mehr, ob und wie er aus dieser Situation wieder herauskam. Er wusste nur, dass er auf Rodney nicht verzichten wollte. Verrückt, wenn man bedachte, dass er von dem Mann nicht mehr wusste als seinen Namen und die Tatsache, dass er ein Guide war. John strich sich durch Haar und ließ seine Hand einen Moment in seinem Nacken verweilen. Seien Kopfschmerzen brachten ihn fast um.

„Ich schlage vor, wir machen erst einmal eine Pause und Sie können sich alles durch den Kopf gehen lassen.“

~~~///~~~

John hatte ohne große Mühe die Kantine gefunden, die ihm von Jackson empfohlen wurde, aber selbst die zweite Tasse des gar nicht mal so schlechten Kaffees halfen ihm nicht bei den Kopfschmerzen, die ihn nun schon seit Stunden plagten. Dabei waren diese immer noch das kleinste seiner Probleme.

Eine ganze Weile ließ er seinen Gedanken freien Lauf und beobachtete das Treiben in der Kantine von seinem abseitsliegendem Platz am Tisch hinter der Tür. Niemand schien sich an ihm zu stören.

Er war versucht, seine Sinne intensiver einzusetzen und sich den vielen Gerüchen und Geräuschen zu widmen, die ihn umgaben, aber das hatte ihm in der Vergangenheit immer mehr Probleme als Nutzen bereitet.

Doch  auf einmal vernahm er ein Geräusch, dass für ihn neu und doch schon so vertraut war. Der Herzschlag seines Guides war so stark, beruhigend und erregend zugleich und doch verursachte es eine weitere Pein in ihm, die nur schwer zu ertragen war.

Als John aufsah, glitt sein Blick sofort wieder in die blauen Augen des Mannes. John kämpfte dagegen an, versuchte wegzusehen, aber es war zu spät. Zu schnell verlor John sich ein weiteres Mal in ihnen.

Wieder spürte er McKays Hände, die ihn sanft gegen die Betonwand hinter ihm drückten.

„Danke“, John schluckte und versuchte sich McKays Griff zu entziehen, ohne ihm dabei vor den Kopf zu stoßen. So sehr sich John nach den Berührungen dieses Mannes sehnte und so sehr er ihm half wieder Boden unter den Füßen zu haben, um so schlechter schien es ihm zu gehen. „Ich bin noch nie an einem Tag so oft gezoned, wie heute.“

„Ich kann mir vorstellen, dass die ganze Situation äußerst stressig für Sie ist und ich bin wohl auch nicht ganz unschuldig daran“, erklärte Rodney leise, wohlwissend, dass selbst seine leiseste Stimme seinem Gegenüber nicht gut tat. „Kopfschmerzen?“

John lächelte nur müde, während er sich wieder den Nacken rieb und sah, wie Rodney eine kleine Dose voller Medikamente aus seiner Tasche nahm.

„Diese Schmerzmittel können Ihnen helfen. Sie sind speziell auf Sentinel ohne Guide ausgerichtet.“

„Gibt´s da denn eine Unterschied?“, wollte John wissen,  als er das kleine Döschen musterte. „Sind doch nur Kopfschmerzen.“

„Es ist mehr als das. Die Reaktionen und Symptome die Sie im Moment durchmachen, sind normal, wenn man bedenkt, dass Sie …“

„Dass ich gerade meinen Guide gefunden habe?“, schlussfolgerte John und Rodney lächelte verhalten. „Ich habe mich ein bisschen in die Thematik eingelesen.“

Rodney sah es als ersten Zeichen von Vertrauen, als John eine der Tabletten mit etwas Wasser runterspülte und dabei den Mund angewidert verzog.

„Sie sind nicht gerade ein Leckerbisschen, aber dafür helfen sie recht schnell und gut ohne den Verstand zu benebeln. Wir können aber auch ein bisschen raus an die frische Luft gehen –oben auf den Berg.“

John nickte nur und folgte stumm dem Wissenschaftler nach draußen, wo er einen tiefen Atemzug nahm und sich streckte. Die Kopfschmerzen waren fast schon verschwunden. Verdammt, das Zeug war wirklich gut.

„Hören Sie, Mister Sheppard –“

„John“, berichtigte er den Wissenschaftler, als er sich wieder zu ihm umdrehte. „Nennen Sie mich John.“

„Rodney. Ich möchte nicht, dass Sie denken, wir würden Sie mit dem ganzen Gerede über Aliens und Reisen zu anderen Galaxien und all dem anderen Kram zu etwas zwingen wollen“, platze es aus Rodney.

„Das tue ich nicht, Rodney.“

„Aber trotzdem hadern Sie sehr mit einer Entscheidung.“

„Sie ist auch nicht so einfach zu treffen.“

„Wollen Sie mir erzählen, seit wann Sie wissen, dass Sie ein Sentinel sind?“

John schielte lächelnd zu Rodney. „Wahrscheinlich seit dem gleichen Zeitpunkt, in dem Sie erfuhren, dass Sie ein Guide sind. Ist die Existenz von Guides und Sentinels denn nicht erst vor etwa zwei Jahren offiziell bestätigt worden?“

„Richtig“, stimmte Rodney zu und hockte sich auf einen größeren Felsen gegenüber John. „Aber Ihre Sinne sind schon länger hochsensibel. Sandburgs Theorie besagt, dass die Sinne eines Sentinels erst nach einem traumatischen Ereignis, meistens eine zeitlich begrenzte Isolation derart sensibilisiert werden.“

„Also glauben Sie, dass ich irgendwann in meiner Vergangenheit eine traumatische Erfahrung gemacht habe. Vielleicht in meiner Kindheit?“

„Ich weiß, dass Sie mindestens eine traumatische Erfahrung gemacht haben. Die erste während ihrer Kindheit, alle anderen können Ihrer Zeit im Militär zugeschrieben werden.“

„Wenn Sie das doch schon wissen, warum fragen Sie noch?“, wollte John wissen, ahnte, ein, wusste die Antwort seines Gegenübers bereits.

„Ich dachte das baut ein wenig Vertrauen auf.“

„Ah“, seufzte John leicht lächelnd. „Wo haben Sie ihren Doktor nochmal gemacht?“

„In Astrophysik, Maschinenbau und Luftfahrtechnik. Es sind also drei Doktortitel.“

„Und keiner in Psychologie“, seufzte John amüsiert.

„Da reichte mir ein Master“, antwortete Rodney ebenso amüsiert. „In Verbindung mit Sentinel-Guide Wissenschaften. Ich dachte mir, dass ich mir das selbst schulde, nachdem ich erfuhr, was ich bin und in Anbetracht dessen, dass es irgendwann vielleicht einen Sentinel für mich geben könnte …“

John nickte und schwieg eine kleine Weile, bevor er sich entschloss, seinem Gegenüber die Fragen zu beantworten. Soweit es ihm angenehm war, zumindest. „Sie haben recht. Als Kind gab es einen Moment … eine Zeit, in der ich auf mich selbst gestellt war. Als ich acht Jahre alt war, reiste ich mit meinem Vater nach Südamerika. Er hatte dort geschäftlich zu tun und die Fabrik, um die es ging, lag praktisch mitten im Urwald. Ich habe mich natürlich nicht an seine Anweisung, in der Nähe zu bleiben gehalten und mich stattdessen in diesem Urwald verlaufen. Ich weiß nicht mehr sehr viel davon, aber ich soll eine Woche verschollen gewesen sein, bevor der Suchtrupp mich gefunden hatte. Seitdem …“

„Sind Ihre Sinne derart aktiv“, schlussfolgerte Rodney.

„Meine Eltern haben mich von einem Art zum nächsten geschleppt aber irgendwann nach der hundertsten oder so Erklärung eines posttraumatischem Stresssyndroms gaben sie auf und versuchten auf eigene Faust eine Erklärung zu finden. Zumindest meine Mutter versuchte es.“

„Sie glaubte nicht an die Theorie des Stresssyndroms?“

„Nein“, antwortete John kopfschüttelnd und Rodney konnte auf einmal ein Schleier von Traurigkeit , der über Johns Gesicht lag, erkennen.

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Das war soweit die bisher halbwegs lesbare Version des 2. Versuchs meiner Stargate Atlantis/Der Sentinel AU-Version. Die 1. ursprüngliche Version wurde nach langen Hin und Her und vielem Gedankenkreisen nochmals überarbeitet und fertiggestellt.
Dennoch lässt mich diese Version, auch wenn ich zu jener Zeit arge Schwierigkeiten mit dem weiteren Plot hatte, nicht in Ruhe und der Drang, sie doch noch weiter zu schreiben wird immer größer. Mal sehen wo mich das hinbringt …

 

Home   I   Zurück zum Sentinel-Index


 

Shahar Jones

Meine erste Fanfic schrieb ich über Stargate Atlantis. Mittlerweile mixe ich meine Storys auch gerne mal mit anderen Fandoms, wie dem Sentinel. Aber im Großen und Ganzen hänge ich immer noch in der Pegasus-Galaxie rum. Allerdings liebe ich es auch, die Leute zu überraschen ;)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.